Ausgabe Nr. 03, März 2015 - DBB Beamtenbund und Tarifunion
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Ausgabe Nr. 03, März 2015 - DBB Beamtenbund und Tarifunion
3 AiR Aktiv im Ruhestand März 2015 – 66. Jahrgang Partnerschaft im Alter: Späte Heirat nicht ausgeschlossen Seite 8 < BSV-Seminar für Landesseniorenvertretungen: Austausch von Erfahrungen Seite 18 < Soziale Netzwerke für Senioren: Initiative schafft Freunde mit dbb Seiten Aktiv im Ruhestand „Liebe und Partnerschaft im Herbst des Lebens hat für Menschen eine andere Bedeutung als in jungen Jahren. Ältere Menschen sehnen sich nach Teilen, nach Anteilnahmen und auch danach, die Richtung der Gedanken auf einen Partner zu lenken. Etwas ,für jemanden zu tun‘, auf jemanden stolz sein, sind wichtige Beweggründe im Alter, nach einer Partnerschaft Ausschau zu halten. Diese Gründe sind auch in jungen Jahren vorhanden, werden jedoch von anderen Interessen überdeckt und stehen nicht so im Vordergrund des Strebens nach Zweisamkeit.“ << Schwerpunkt: Partnerschaft im Alter Editorial << Nachgefragt << 5 Prof. Dr. Volkmar Sigusch 5 Standpunkt << Entscheidungen in jüngern Jahren – Folgen im Alter 6 Kompakt 6 << Seminar für Mitglieder der Landesseniorenvertretungen8 << 3. Forum Behindertenpolitik 9 Blickpunkt << Lebensmodelle der Senioren: In Eh(r)en alt werden 10 Kompakt 10 << Einkommensrunde 2015 12 << Gespräch mit der BBB-Seniorenkommission 12 Brennpunkt << Partnervermittlung für Senioren: Späte Heirat nicht ausgeschlossen 3 14 Vorgestellt << Dr. Maria Bullermann-Benend 16 Medien << 14 Soziale Netzwerke für Senioren: Initiative schafft Freunde 18 Aus den Ländern Quelle: www.herbstliebe.info > Partnerschaft << << Impressum: AiR – Aktiv im Ruhestand. Magazin des dbb für Ruhestandsbeamte, Rentner und Hinterbliebene. Herausgeber: Bundesleitung des dbb beamtenbund und tarifunion, Friedrichstraße 169/170, 10117 Berlin. Telefon: 030.4081-40. Telefax: 030.4081-5599. Internet: www.dbb.de. Chefredakteur: Dr. Walter Schmitz (sm). Redaktion: Christine Bonath (cri), Jan Brenner (br) sowie Carl-Walter Bauer (cwb) und Cornelia Krüger (cok). Redaktionsschluss: 10. jeden Monats. Beiträge, die mit dem Namen des Verfassers gekennzeichnet sind, geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. „AiR – Aktiv im R uhestand“ erscheint zehnmal im Jahr. Titelbild: © Gennadiy Poznyakov – Fotolia.com Einsendungen zur Veröffentlichung: Manuskripte und Leserzuschriften müssen an die Redaktion geschickt werden mit dem Hinweis auf Veröffentlichung, andernfalls können die Beiträge nicht veröffentlicht werden. B ezugsbedingungen: Preis des Einzelheftes 3,90 Euro inkl. Versandkosten. Jahresabonnement für Nichtmitglieder 36,90 Euro inkl. Porto und Versand. 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Anzeigentarif Nr. 56 (dbb magazin) und Aktiv im Ruhestand Nr. 43, gültig ab 1.10.2014. Druckauflage: dbb magazin 611.770 Exemplare (IVW 4/2014). Druckauflage AiR – Aktiv im Ruhestand 35.500 Exemplare (IVW 4/2014), inkl. Auflagenanteil Seniorenmagazin. Anzeigenschluss: 6 Wochen vor Erscheinen. Herstellung: L.N. Schaffrath GmbH & Co. KG DruckMedien, Marktweg 42–50, 47608 Geldern. Gedruckt auf Papier aus elementar-chlorfrei gebleichtem Zellstoff. ISSN 1438-4841 Notstand in der Altenpflege: Angemessene Löhne tariflich absichern 4 << 16 NBB: Landesseniorenvertetung gewählt 20 BRH NRW: Senioren entdecken das Internet 20 BRH Sachsen: Kontakte kennen kein Alter 21 Satire Gewinnspiel 22 24 dbb < < < < < Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn: dbb begrüßt Durchbruch 25 Gesetz zur Zwangstarifeinheit: Überflüssig und verfassungswidrig 26 Einkommensrunde 2015: Anschluss halten 30 Sozial- und Erziehungsdienst: Ein starkes soziales Netz braucht Pflege 40 Interview: Heike Werner, Vorsitzende der Arbeitsund Sozialministerkonferenz 46 > AiR | März 2015| > brh Inhalt Anteil nehmen ... Aktiv im Ruhestand Notstand in der Altenpflege: © Miriam Dörr – Fotolia.com Angemessene Löhne tariflich absichern Editorial 4 Pflegenotstand: Auch dieser Begriff hätte zum Unwort des Jahres getaugt, denn er bezeichnet einen seit Langem bekannten Missstand, der beschworen, bedauert, bemängelt aber nicht abgestellt, sondern zerredet wird. Doch der Pflegenotstand, bedingt durch die demogra fische Entwicklung, zwingt bereits jetzt und nicht erst in einigen Jahren zum Handeln, wenn die Politik es nicht auf eine Spaltung der Gesellschaft ankommen lassen will. Die schrumpfende Zahl der Jungen will die wachsenden Kosten, die Pflege mit sich bringt, nicht aufbringen, die wachsende Zahl der Alten, die mehr und länger auf Pflege angewiesen sind, haben ihrerseits kein Verständnis dafür, wenn der gesellschaftlichen Bedeutung der Pflegeberufe in keiner Weise Rechnung getragen wird und sich die > AiR | März 2015 dringend benötigten Fachkräfte aufgrund schlechter Arbeits- und Einkommensbedingungen nicht finden lassen. Der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Staatssekretär Karl-Josef Laumann, hat diese „gefühlten“ Diskrepanzen und Ungerechtigkeiten jetzt in einer wissenschaftliche Studie durch das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) „Was man in den Pflegeberufen in Deutschland verdient“ aufarbeiten lassen. Das Ergebnis ist erschreckend und unterstreicht den dringenden Handlungsbedarf: 1 750 Euro brutto verdient eine gelernte Altenpflegefachkraft in Sachsen-Anhalt – auf einer Vollzeitstelle, versteht sich; in BadenWürttemberg sind es knapp 1 000 Euro mehr. Im Bundesdurchschnitt verdienen Altenpflegerinnen und -pfleger bis zu 19 Prozent weniger als andere Fachkräfte, etwa in der Krankenpflege. Zudem hat nur rund jede zweite beschäftigte Pflegefachkraft eine Vollzeitstelle. Bei den Helferberufen in der Pflege liegt die Teilzeitquote teilweise sogar deutlich über 70 Prozent. Laumann fordert angesichts dieser Zahlen, dass alle Beteiligten die richtigen Konsequenzen ziehen: „Wenn in allen Bundesländern die Fachkräfte der Altenpflege gegenüber vergleichbaren anderen Fachkräften bis zu 19 Prozent weniger verdienen, läuft etwas falsch. Wir brauchen in der Altenpflege endlich flächendeckend faire und angemessene Löhne, die von den Sozialpartnern in Tarifverträgen vereinbart werden. Sonst wird es immer schwieriger, junge Menschen für diesen wichtigen und anspruchsvollen Beruf zu begeistern. Und die brauchen wir für eine menschenwürdige Pflege in unserem Land. Ich schlage daher vor, dass künftig die Pflegekassen von allen Trägern der Pflegeeinrichtungen den Nachweis verlangen können, ob ein angemessener Lohn auch tatsächlich bezahlt wird. Die hierfür nötige Gesetzesänderung sollten wir im Pflegestärkungsgesetz II verankern. Vor allem aber brauchen wir starke Gewerkschaften, die für die Pflegekräfte eintreten und die für einen anstän digen Tarifvertrag und für einen fairen Lohn kämpfen. Das ist nicht Sache der Politik.“ Beim dbb und der dbb bundesseniorenvertretung rennt der Pflegebevollmächtigte mit diesen Vorschlägen und Forderungen of fene Türen ein. Der Kommentar des Präsidenten des Arbeitgeberverbands Pflege, Thomas Greiner, zu den Studiengergebnissen grenzt indes an Rosinenpickerei: „Pflegefachkräfte verdienen nach einer aktuellen Erhebung der Bundesregierung bundesdurchschnittlich 2 824 Euro. In der deutschen Pflegewirtschaft werden Pflegefachund Pflegehilfskräfte anständig bezahlt. (...) Es gibt keinen Nachholbedarf mehr.“ Na, dann kann ja nichts mehr schiefgehen. Wie heißt es frei nach Norbert Blüm so schön? „Und eines ist so sicher wie die Rente: die Pflege.“ sm ? Aktiv im Ruhestand Eine Frage an Prof. Dr. Volkmar Sigusch Silver Sex oder Sexualität im Alter? Doch Liberalisierungen haben oft auch eine Schattenseite. War noch zur Zeit der sexuellen Revolution um 1968 für die Heranwachsenden die Sexualität ihrer Eltern ein Tabu, wird seit der neosexuellen Revolution der letzten Jahrzehnte so getan, als könnten und sollten alle Omas und Opas ein üppiges Sexualleben haben, als ginge das Altwerden nicht mit Einschränkungen, Krankheiten und Verlusten einher. Doch die Scheide ist nicht mehr so geschmeidig und der Penis nicht mehr so steif wie in jungen Jahren. In einer Talkshow aber berichtet eine 79-Jährige, sie habe gerade ihr sexuelles Begehren entdeckt und ihren ersten Orgasmus erlebt. < < Prof. Dr. Volkmar Sigusch Wegen des mageren em pirischen Forschungsstandes kann allgemein nur gesagt werden: Es gibt nicht die Alterssexualität wie es auch nicht die Jugendsexualität gibt. Es gibt aber bei Männern wie Frauen einen erheblichen Prozentsatz, der sich mit 70 Jahren oder älter sexuell betätigt. Alles ist möglich und findet statt: Abnahme, Gleichbleiben und Zunahme der Häufigkeit sexueller Aktivitäten, Zunahme und Abnahme der sexuellen Zufriedenheit, Aufnahme neuer Praktiken und Vorlieben wie Ho mosexualität, Aufgeben jeder sexuellen Betätigung und so weiter. Empirisch ist belegt, dass die Beziehungsdauer die Koitusfrequenz stärker be- einflusst als das Alter. In allen Altersgruppen sinkt die Koitusfrequenz mit der Dauer der Beziehung. So sind alte Partner in neuen Beziehungen nicht selten sexuell aktiver als junge Partner in alten Beziehungen. Da Frauen gegenwärtig um etwa sieben Jahre älter werden als Männer, gibt es im hohen Alter einen Männermangel. Bei denen, die 70 bis 79 Jahre alt sind, kommen drei Frauen auf zwei Männer, bei denen, die 80 bis 89 Jahre alt sind, drei Frauen auf eineinhalb Männer. Als Arzt liegt mir daran zu sagen, es gibt im Alter keine Sexualpause wie es bei der Frau eine Menopause gibt. Das bedeutet, physiologisch werden bei Mann wie Frau weder das sexuelle Verlangen noch die sexuellen Reaktionen durch den Alterungsprozess beendet. Ausführlich habe ich auch andernorts begründet, warum eine sexuelle Betätigung ohne Stress für Körper und Seele ein Gewinn ist. Abträglich für das Liebesund Sexualleben der Alten sind die kulturellen Ungerechtigkeiten. Männer seien bei uns als Knaben und als graumelierte Herren schön, Frauen dagegen nur, wenn sie jung sind. Ungerecht ist auch die kulturelle Norm, nach der Frauen in Beziehungen jünger sind als Männer. Doch die Anzahl der „Cougar“ genannten Frauen nimmt endlich zu, Frauen, die sich einen mindestens zehn Jahre jüngeren Partner suchen. << Info Prof. Dr. med. habil. Volkmar Sigusch, Jahrgang 1940, war von 1973 bis 2006 Direktor des Instituts für Sexualwissenschaft der Goethe-Universität Frankfurt/Main. Seit seiner Emeritierung berät und behandelt er in einer Praxisklinik. Der Arzt und Soziologe gilt als Begründer der deutschen Sexualmedizin und ist weltweit einer der renommiertesten Sexualforscher. Zuletzt veröffentlichte er unter anderem die Bücher „Personenlexikon der Sexualforschung“ (2009) und „Sexualitäten. Eine kritische Theorie in 99 Fragmenten“ (2014). > AiR | März 2015 5 Nachgefragt Fragen über Fragen. Passen denn Sexualität und Senioren überhaupt zusammen? Oder ist Sexualität im Alter sogar besser als in der Jugend? Stimmt es, dass Sexualität im Alter einen Gesundheitsgewinn hat? Doch wann beginnt denn heute sexuell das Alter? Ich denke, nicht mit dem Rentenoder Pensionsalter, sondern im Durchschnitt etwa zehn Jahre später. Tatsächlich gilt heute die Großelterngeneration nicht mehr als asexuell, das heißt, sie wird, jedenfalls von der Elterngeneration, nicht mehr ihrer Erotik beraubt. Sexualität und Senioren, das passt heute zusammen. Ein recht schönes Wort dafür ist Silver Sex. AiR: Senioren und Sex passen nicht zusammen. Nie war Sex besser als im Alter. – Was stimmt denn nun, Herr Prof. Sigusch, oder liegt die Wahrheit wie so oft in der Mitte? Gaby Gerster Volkmar Sigusch: Aktiv im Ruhestand Standpunkt: größten Teil ihrer Rente als Beitrag an die GKV zahlen. Es gab mehrere Momente in ihrem Leben, in denen sie die Weichen hätten anders stellen können, wenn sie ausreichend über die späteren Folgen informiert worden wären. Sehr deutlich wird dies an der in der letzten Ausgabe von „Aktiv im Ruhestand“ dargestellten Situation von zwei Beamtenehefrauen, die nicht Mitglied in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) werden können und stattdessen als freiwillige Mitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) den Klar ist damit aber auch, dass Probleme, die sich im Alter auswirken, nicht unbedingt seniorenspezifisch sein müssen, sondern bereits in jüngeren Jahren verursacht werden. Hier haben wir eine der nicht seltenen Schnittstellen zwischen Aktiven und Senioren, bei denen es gilt, gerade für die Alters- und < < Wolfgang Speck Gesundheitsversorgung die richtigen Zukunftsentscheidungen zu treffen. Wohl dem und der, die beziehungsweise der in diesen Momenten Menschen an der Seite hat, die qualifiziert beraten und helfen können. Für die dbb bundesseniorenvertretung heißt dies: Das Kümmern um Seniorinnen und Senioren beginnt nicht erst im Rentenalter, sondern bereits zu dem Zeitpunkt, in dem die Entscheidungen für das Alter getroffen werden. Die hierfür erfor derliche Zusammenarbeit mit den Landesbünden und Fachgewerkschaften bieten wir hiermit ausdrücklich an. Wolfgang Speck, Vorsitzender der dbb bundesseniorenvertrtetung Solidarität leben – Mitglieder werben dbb Werbeaktion Werben Sie für Ihre Fachgewerkschaft ... Robert Kneschke – Fotolia Standpunkt 6 Auch wenn es eine Binsenweisheit ist, offenbar kann nicht oft genug darauf hingewiesen werden: Entscheidungen, die in relativ jungen Jahren getroffen werden, können im Alter fatale Auswirkungen haben. Jan Brenner Entscheidungen in jüngeren Jahren – Folgen im Alter ... und der dbb belohnt Sie mit einem Wertscheck und verlost am Ende der Aktion unter allen Werbern zusätzlich einen attraktiven Sonderpreis. (Aktionsschluss: 29. Februar 2016) 2015 Infos: www.dbb.de/mitgliederwerbung Telefon: 030.4081-40 Fax: 030.4081-5599 E-Mail: [email protected] Friedrichstraße 169/170 10117 Berlin Aktiv im Ruhestand Seminar für Mitglieder der Landesseniorenvertetungen: Kontaktaufnahme und Erfahrungsaustausch Vom 10. bis 12. Februar 2014 fand ein Seminar für Mitglieder der Landesseniorenvertretungen im dbb forum siebengebirge in Königswinter statt. Neben Mitgliedern der Geschäftsführung der dbb bundesseniorenvertretung (BSV) nahmen Seniorenvertreterinnen und -vertreter der dbb Landesbünde teil. Ziel des Seminars waren die Kontaktaufnahme zwischen Landes- und Bundesseniorenvertretungen sowie der Erfahrungsaustausch untereinander. Kompakt aller gefordert. So sei es wünschenswert, dass die Aktivitäten der dbb bundesseniorenvertretung von solchen der Seniorenvertretungen der Landesbünde und Mitgliedsgewerkschaften flankiert würden. Auch die Übertragung der Rente mit 63 nach einer ruhegehaltfähigen Dienstzeit von 45 Jahren werde weiterhin von der BSV gefordert. schaft in der Krankenver sicherung der Rentner. Wolfgang Speck berichtete von den wesentlichen Themen, mit denen sich die BSV in ihrem ersten Jahr beschäftigt habe. Hier sei als erstes die sogenannte Mütterrente zu erwähnen, die lediglich in Bayern, ansonsten bedauerlicherweise jedoch nicht systemgerecht auf das Versorgungsrecht übertragen worden sei. Auch sei eine Absicht hierzu nicht erkennbar. Hier sei die Hartnäckigkeit Besondere Bedeutung habe die Geschäftsführung im ersten Jahr ihrer Amtszeit der Zeitschrift „Aktiv im Ruhestand“ beigemessen. Deren Inhalte seien von größter Wichtigkeit für die Arbeit an und mit der Basis. Die Zeitschrift sei besonders gut geeignet, Probleme an den Schnittstellen zwischen Aktiven und Passiven aufzugreifen, wie zuletzt der Artikel über die Mitglied- Zum Abschluss seines Berichts ging Wolfgang Speck auf die anstehende Tarifrunde ein. Nicht nur, weil das Tarifergebnis auch Auswirkungen auf die Landes- und Kommunalbeamtinnen und -beamten haben werde, sei die Solida rität aller gefordert. > AiR | März 2015 Alexandra Hagen-Freusberg 8 Der BSV-Vorsitzende Wolfgang Speck referierte einleitend über seine Erfahrungen aus einem Jahr dbb bundesseniorenvertretung. Berichte aus den Landesseniorenvertretungen und ein Referat der stellvertretenden BSV-Vorsitzenden Anne Schauer zum Thema „Organisation und Arbeit der Landesseniorenvertretungen“ schlossen sich an. In zwei Arbeitskreisen wurden die Fragen, welche Unterstützung erfahren die Landesseniorenvertretungen in ihrem Landesbund, welchen Stellenwert haben sie sowie welche Unterstützung erwarten die Landesseniorenvertretungen von der dbb bundesseniorenvertretung, erörtert. Weitere Themen waren der Rechtsschutz und das Thema „Senioren als Mitglieder halten oder gewinnen, betreuen und beraten“. < < Gute Kontakte sind wichtig. Beim ersten BSV-Seniorenseminar haben sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kennen- und schätzen gelernt. Auch der Ratgeber „Erbrecht“, den die dbb bundesseniorenvertretung he rausgegeben habe, werde hervorragend angenommen. Die BSV beabsichtige, regelmäßig Ratgeber herauszugeben. Entsprechendes gelte für die Durchführung der Seniorenpolitischen Fachtagung. In den Berichten der Landesseniorenvertreterinnen und -vertreter wurde deutlich, dass diese auf einem guten Weg sind, obgleich manche Landesseniorenvertretungen erst wenige Monate existieren und die Ausgangspositionen durchaus unterschiedlich waren und der Informations- und Erfahrungsaustausch sowie eine möglichst intensive Zusammenarbeit von großer Wichtigkeit sind. Hieran knüpfte Anne Schauer in ihrem Referat an. Sie betonte die Bedeutung der Gewerkschaftsarbeit vor Ort, beispielsweise durch Beratung in Versorgungs-, Renten- oder Beihilfefragen. Dazu komme aktuell die Unterstützung der Landesbünde bei der Durchsetzung ihrer Forderung nach Übertragung des Tarifergebnisses auf Besoldung und Versorgung. Zweckmäßig seien außerdem Seminare, aber auch gesellschaftliche Veranstaltungen wie Tagesaus- Aktiv im Ruhestand Im Arbeitskreis I, der von Wolfgang Speck geleitet wurde, berichteten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über eine insgesamt erfreuliche, dennoch verbesserungsfähige Zusammenarbeit der Landesse niorenvertretungen mit den Landesbünden. Die satzungsmäßige Verankerung der Landesseniorenvertretungen ist aber noch nicht in allen Landesbünden erreicht. Ganz oben auf der Wunschliste der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Arbeitskreises II, der vom stellvertretenden BSV-Vorsitzenden Klaus-Dieter Schulze geleitet wurde, stand der Wunsch, dass alle Senio rinnen und Senioren im dbb die Zeitschrift „Aktiv im Ruhestand“ erhalten sollten, und zwar möglichst kostenlos. Die Seniorenpo- litische Fachtagung solle möglichst einmal pro Jahr stattfinden. Wünschenswert seien außerdem Seminare zur Vorbereitung auf Ruhestand beziehungsweise Rente. Bei diesen sowie weiteren Seminaren auf Landesebene sei die Teilnahme eines Mitglieds der Geschäftsführung der BSV anzustreben. Der Zusammenarbeit und dem Informationsfluss zwischen der BSV und den Landesseniorenvertretungen komme ein hoher Stellenwert zu. Über den Rechtsschutz des dbb informierte Alexandra Hagen-Freusberg, Referentin für Seniorenpolitik in der dbb Bundesgeschäftsstelle. Sie wies darauf hin, dass es sich hierbei um eine freiwillige, satzungsgemäße Aufgabe des dbb handele. Beantragt werden müsse der Rechtsschutz jedoch über die jeweilige Fachgewerkschaft. Neben der Mitgliedschaft in der Fachgewerkschaft zum Zeitpunkt des Entstehens des Rechtsschutzfalls, dem unmittelbaren Berufsbezug des Rechtsschutzan liegens, des vorherigen schriftlichen Rechtsschutzantrags sei auch eine hinreichende Erfolgsaussicht bei Verfahrensrechtsschutz Voraussetzung. Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen werde der Rechtsschutz kostenlos durch die Kolleginnen und Kollegen in den Dienstleistungszen tren Berlin, Bonn, Hamburg, Mannheim und Nürnberg durchgeführt. Das letzte Thema des Seminars „Senioren als Mitglieder halten oder gewinnen, betreuen und beraten“ wurde von Carola Cramer moderiert. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren sich einig, dass die Aufgabe der Seniorenvertretungen nicht mit der der Landesbünde oder Fachgewerkschaften ver- gleichbar sei. Wichtig sei in jedem Fall, für die Mitglieder ansprechbar zu sein, wenn Probleme auftreten. Hierbei müssten die Berater nicht alle Fragen beantworten können, aber möglichst die Personen kennen, die hierzu in der Lage sind. Es sollte die Waage gehalten werden zwischen Informationsvermittlung und Hilfestellung einerseits sowie freizeitgestaltenden Aktivitäten andererseits. Den Mitgliedern müsse vermittelt werden, dass die Landesseniorenvertretungen und die bundesseniorenvertretung für alle Seniorinnen und Senioren da seien. Als besonders wichtiger Zeitpunkt, Mitglieder zu halten, wurde der Übergang vom aktiven Dienst in die Rente beziehungsweise den Ruhestand erkannt. Klaus-Dieter Schulze, Alexandra Hagen-Freusberg 3. Forum Behindertenpolitik: Teilhabe in der Kommune – Nichts liegt näher? Aufgrund der positiven Resonanz des ersten Forums Behindertenpolitik im Jahr 2011 hat der dbb sich entschlossen, die Veranstaltung künftig alle zwei Jahre durchzuführen. Das 3. Forum Behindertenpolitik wird am 28. und 29. April 2015 im barrierefreien dbb forum berlin stattfinden. Das diesjährige Thema lautet „Teilhabe in der Kommune – Nichts liegt näher?“ Dabei wird unter anderem die seit Jahren überfällige Einführung eines Bundesleistungsgesetzes zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen diskutiert. Weil dabei der individuelle Lebensraum von Menschen mit Behin- derung und deren Familien eine wesentliche Rolle spielt, werden verstärkt die kommunalen Akzente beleuchtet. Grußworte werden Gabriele LösekrugMöller MdB, Parlamen tarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, sowie Verena Bentele, Beauftragte der Bundes regierung für die Belange behinderter Menschen, sprechen. Zu den besonders für Seniorinnen und Senioren inte ressanten Themen gehört eine Diskussion am zweiten Tagungstag, die dem Thema „Alter und Behinderung/Pflegebedürftigkeit im Alter“ gewidmet ist. Stellung beziehen werden unter anderem der stellvertretende Vorsitzende der dbb bundesseniorenvertretung, Klaus-Dieter Schulze, und Heinz Pütz, Vorsitzender der AG Behindertenpolitik des dbb. Die behindertenpolitische Arbeit des dbb beschränkt sich nicht nur auf das Forum Behindertenpolitik. Der dbb betreibt im Rahmen seiner AG Behindertenpolitik seit Jahren einen intensiven Diskurs mit Politik und Wissenschaft. << Information: Brigitte Schneider, dbb akademie, Dreizehnmorgenweg 36, 53175 Bonn, Telefon: 0228.8193-187, Fax: 0228.8193-106, E-Mail: b.schneider@ dbbakademie.de > AiR | März 2015 9 Kompakt flüge, Theater oder Museumsbesuche. Aktiv im Ruhestand Lebensmodelle der Senioren: In Eh(r)en alt werden Blickpunkt 10 Die Zeiten ändern sich offenbar langsamer als Soziologen und Demoskopen erwartet haben. Obwohl die Generation der „68er“(Studenten-)Bewegung, die Schluss machen wollte mit der hergebrachten Lebensführung ihrer Eltern und Großeltern, heute selbst Senioren sind, blieb in Sachen Partnerschaft sehr vieles beim Alten. Dazu zählt auch das Fortbestehen des von den „Kommunarden“ und ihren Zeitgenossen gern geschmähten Instituts der Ehe. Deren uneingeschränkte Vorherrschaft als partnerschaftliche Lebensform überhaupt hat sich durch die sinkende Zahl von Eheschließungen und die Zunahme von Scheidungen bei den unter 50-Jährigen zwar abgeschwächt: Für Frauen und Männer, die 60 Jahre und älter sind, bleibt die Ehe aber Lebensmodell Nummer eins. Der 2013 erschienene „Report Altersdaten“, in dem das Deutsche Zentrum für Altersfragen (DZA) auf der Basis statistischer Erhebungen „Familie und Partnerschaft im Alter“ untersucht hat, informiert, dass 60 Prozent der 60- bis unter 80-jährigen Männer und Frauen verheiratet sind. In der Gruppe der über 80-Jährigen sind noch 61 Prozent der Männer, aber nur 22 Prozent der Frauen verheiratet, was allerdings auf deren höhere Lebenserwartung zurückzuführen ist. MEV (2) In den Medien ist viel die Rede davon, welche Lebensmodelle für das Alter taugen und welche stimulierenden Impulse von neuen Gemeinschaftsformen wie Mehrgenerationenhäusern oder selbst gemanagten Senioren-WGs mit impliziertem Anspruch auf gegenseitige Unterstützung im Not- und Pflegefall ausgehen. Die Entscheidung, sich einer dieser eher alternativen Lebensformen zuzuwenden, treffen allerdings nur wenige Ver treter der 60- bis weit über 80-Jährigen. Sie bevorzugen ein Leben in – mehrheitlich ehelicher – Zweisamkeit. Die höhere Lebenserwartung der Frauen ist auch verantwortlich dafür, dass die Zahl der Witwen überwiegt. << Der Tod scheidet häufig, der Anwalt selten Allerdings verzeichnen die Statistiken eine deutliche Trendwende, die sie auf die überdurchschnittlich gestiegene Lebenserwartung bei den Männern und die – im Gegensatz zu den Kriegsgenerationen – relativ ausgeglichenen Jahrgangsstärken beider Geschlechter zurückführen: Während 1991 bei den Frauen zwischen 60 und 70 Jahren noch 27 Prozent verwitwet waren, sank ihre Zahl 2011 auf 15 Prozent. Ähnlich sieht es in den höheren Altersgruppen aus: Bei den 70- bis unter 80-jährigen Frauen sank der Witwenanteil im gleichen Zeitraum von 56 auf 35 Prozent, bei den 80-jährigen und älteren Frauen von 78 auf 64 Prozent. Die in der Gesamtgesellschaft steigende Zahl der Ehescheidungen wirkt sich > AiR | März 2015 in der Gruppe der Senioren nur langsam aus. Etwa zwölf Prozent der „jungen“ Alten zwischen 60 bis unter 70 Jahren sind geschieden, bei den 70- bis unter 80-Jährigen sind es acht Prozent und bei den Hochaltrigen über 80 Jahre etwa fünf Prozent. Zum Vergleich: 1991 waren lediglich fünf Prozent der jungen Alten, vier Prozent der 70- bis unter 80-Jährigen und drei Prozent der Hochaltrigen geschieden. Trotz der Beliebtheit der Ehe als Lebensform sind Eheschließungen im vor gerückten Alter nicht sehr häufig. Laut DZA-Altersreport waren 2010 von allen Eheschließenden nur zwei Prozent der Frauen und vier Prozent der Männer 60 Jahre alt oder älter. Zwei Drittel der älteren Eheschließenden ab 60 Jahren sind Männer, nur ein Drittel Frauen. Diese größere Heiratsbereitschaft der Männer führen die Statistiker auf die besseren Chancen zurück, die den in höheren Altersgruppen zahlenmäßig unterlegenen Männern angesichts Aktiv im Ruhestand der größeren Zahl nicht (mehr) verheirateter Frauen geboten werden. Dass zwei Drittel der älteren Männer und drei Viertel der älteren Frauen als Geschiedene noch einmal zum Standesamt gehen, während Verwitwete, zumeist betagte, sich nur noch selten binden, lassen die Autoren der Studie unkommentiert: Vielleicht, weil das Quäntchen Romantik und die Hoffnung auf eine neue, harmonische Partnerschaft, die eine Entscheidung für die späte Ehe sicher ebenso begleiten wie die Altersvorsorge, statistisch nur schwer fassbar sind. << Jüngere bei später Heirat bevorzugt Präziser werden die Angaben dann wieder, wenn es um das Alter der späten Brautleute geht: 88 Prozent der Männer über 60 vermählen sich mit einer jüngeren Partnerin, die bei 41 Prozent sogar zehn und mehr Jahre jünger ist. Doch auch ältere Frauen heiraten jüngere Ehepartner, wenn auch nicht im gleichen Ausmaß: 39 Pro- zent heiraten jüngere, 54 Prozent ältere Männer. Die höhere Lebenserwartung und die längere Zeitspanne, die heutige Senioren ihr Leben gesund und selbstbestimmt gestalten können, hat auch für einen Anstieg der nicht ehelichen Lebensgemeinschaften gesorgt. Während von den 1924/28 Geborenen im Alter von 50 Jahren nur knapp sieben Prozent wiederverheiratet sind oder eine nacheheliche Paar beziehung führen, waren es von den Jahrgängen 1954/58 im selben Alter knapp 18 Prozent. Bei den jungen Alten lässt sich zugleich ein deutlicher Anstieg nicht ehelicher Folgebeziehungen ausmachen. Von einer spürbaren „Pluralisierung der Lebensformen“, wie sie von den Verfechtern des gesellschaft lichen Umbruchs in den 1968er-Jahren so vehement gefordert wurde, könne jedoch noch keine Rede sein, meinen die Autoren der Studie. Die Zeiten ändern sich wohl wirklich langsamer, als manch einer denkt. cri << Deutsches Zentrum Für Altersfragen (DZA): Report Altersdaten Das Deutsche Zentrum für Altersfragen (DZA) ist ein Forschungsinstitut, das sich zum Ziel gesetzt hat, die Lebensbedingungen älterer Menschen unter Berücksichtigung gesellschafts- und sozialpolitischer Zusammenhänge zu untersuchen. Zweck des Instituts ist laut Satzung, „Erkenntnisse über die Lebenslage alternder und alter Menschen zu erweitern, zu sammeln, auszuwerten, aufzubereiten und zu verbreiten, damit dieses Wissen mit Blick auf die mit dem Altern der Bevölkerung einhergehenden gesellschaftlichen und sozialpolitischen Herausforderungen im Sinne einer wissenschaftlich unabhängigen Politikberatung nutzbar gemacht werden kann“. Die 2013 vorgelegte Studie „Familie und Partnerschaft im Alter“ zum Download im Internet: http://goo.gl/RznjH1 > AiR | März 2015 Aktiv im Ruhestand Jan Brenner Einkommensrunde 2015: Tarifergebnis auf Beamte und Versorgungsempfänger übertragen Die zeit- und inhaltsgleiche Übertragung des Tarifabschlusses auf die Landesbeamten im Zuge der laufenden Einkommensrunde ist unverzichtbar. < < Bereits an den Auftakt-Demos zur Einkommensrunde 2015 am Bayern und Hamburg hätten dies bereits zuge19. Februar in Berlin und Nürnberg haben zahlreiche Seniorinnen sagt, „das setzt die anderen unter Zugzwang“, und Senioren teilgenommen. sagte der dbb Bundesvorsitzende Klaus Dauderderung (5,5 Prozent plus, wert. Die Politik muss Priostädt der „Wirtschaftswoche“ (Onlinesusgabe mindestens aber 175 Euro ritäten setzen: Wie wichtig vom 13. Februar 2015). Kompakt 12 „Taktische Spielchen bei der Beamtenbesoldung sollte sich gerade Nordrhein-Westfalen verkneifen. Den letzten Versuch der dortigen Landesregierung, bestimmte Besoldungsgruppen von einer Erhöhung auszunehmen, hat 2014 bekanntlich das Landesverfassungsgericht kassiert. Wir verkennen nicht die finanziellen Verhältnisse“, betonte Dauderstädt mit Blick auf die ablehnenden Reaktionen der Arbeitgeber. Diese haben die Arbeitnehmerfor- mehr) bereits als zu hoch zurückgewiesen. „Ein Prozent Gehaltszuwachs hat bei den Ländern eine völlig andere Dimension als beim Bund, soviel ist klar. Fakt ist aber auch, dass die Steuerquellen derzeit kräftig sprudeln. Wir wissen, dass wir den Haushalt belasten. Wir sind es aber ist ihr motiviertes Personal? Und wie kann sie angesichts des immer dramatischeren Fachkräftemangels im öffentlichen Dienst mehr Interessenten anlocken? Und da sagen wir: Bestimmt nicht mit mick rigen Lohnabschlüssen“, machte der dbb Bundesvorsitzende deutlich. dbb bundesseniorenvertretung: Gespräch mit der BBB-Seniorenkommission Am 4. und 5. Februar 2015 hat eine Sitzung der Geschäftsführung der dbb bundesseniorenvertretung (BSV) in München stattgefunden, um mit dem Vorstand der Seniorenkommission des Bayerischen Beamtenbundes (BBB) ins Gespräch zu kommen. Der Vorsitzende der dbb bundesseniorenvertretung, Wolfgang Speck, begrüßte am 5. Februar 2015 den Vorsitzenden der BBBSeniorenkommission, Wilhelm Renner, sowie seinen Stellvertreter Willi Wolff zu einem Gedankenaustausch über die Zusammenarbeit zwischen Landes- und Bundesseniorenvertretung. Die Gesprächsteilnehmer, zu denen auf Seiten der BSV auch Anne Schauer, Max Schindlbeck und Klaus-Dieter Schulze gehörten, wa> AiR | März 2015 ren sich einig, dass die sogenannte Mütterrente und deren systemgerechte Übertragung auf die Beamtenversorgung weiterhin auf der Agenda stehe. Aufgabe der dbb bundesseniorenvertretung sei auch, die Probleme an den Schnittstellen von Bundesund Landesrecht aufzugreifen. Bei der Frage der Pflichtmitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) sehe sich die BSV gefordert. Die Behandlung der Ehefrauen von Beamten, die infolge der Kindererziehung nur freiwillig und damit zu sehr hohen Beiträgen Mitglied in der gesetz lichen Krankenversicherung werden könnten, sei nicht hinnehmbar. Großen Raum nahm die von Mitgliedern häufig gestellte Frage ein, aus welchen Gründen sie als Rentnerinnen oder Rentner beziehungsweise Versorgungsempfängerinnen oder -empfänger noch in der Gewerkschaft bleiben sollten und was die Gewerkschaft konkret für sie tun könne. Hierbei wurde deutlich, dass gewerkschaftlicher Rechtsschutz, etwa in Verfahren wegen Feststellung der Pflegestufe, ein sehr hilfreiches Argument wäre. Die Gesprächspartner betonten, dass sich weder die dbb bundesseniorenvertretung noch die BBB-Seniorenkommission in die erfolgreiche Arbeit der Seniorenvertretungen vor Ort einmischen, sondern Angebote zur Unterstützung und zum Informationsaustausch unterbreiten wollten. Aktiv im Ruhestand Partnervermittlung für Senioren: Späte Heirat nicht ausgeschlossen Brennpunkt 14 Die Menschen in Deutschland werden immer älter, und im Alter zunehmend einsamer. 13,4 Millionen Menschen sind den Ergebnissen des Zensus 2011 zufolge alleinstehend, der verschwindend geringe Teil davon aus freier Entscheidung. Über ein Drittel der Singles ist heute bereits älter als 65 Jahre – Tendenz steigend. Die Gründe für das Alleinleben sind vielschichtig: fehlende inte grierende Familien- und Sozialstrukturen, hohe Ansprüche an die Mobilität in der Arbeitswelt, Verstädterung, Individualisierung, Kinderlosigkeit. Dabei würden einer aktuellen Um frage zufolge 83 Prozent aller weiblichen Singles in Deutschland gerne hei raten beziehungsweise eine feste Partnerschaft eingehen. Partnersuche hat denn auch Hochkonjunktur. Knapp sieben Millionen Deutsche aller Altersstufen haben im Jahr 2014 Kontaktanzeigen aufgegeben oder waren im Internet bei Partnervermittlungen aktiv. Die Betonung liegt auf dem Wort „aktiv“. Denn nur wer aktiv daran arbeitet, einen Partner zu finden, kann Erfolg haben. Dazu bieten sich zuerst die Treffen mit Gleichge> AiR | März 2015 © Piero Gentili – Fotolia.com Was der bayerische Milchbauer Josef Unterhuber (52) vor laufenden Kameras geschafft hat, scheint so schwierig nicht zu sein: Er hat eine Frau (48) gefunden, die beiden haben geheiratet und inzwischen eine zweijährige Tochter. Doch so einfach, wie sich das Anbandeln in mehreren Folgen „Bauer sucht Frau“ im Fernsehen anschauen ließ, ist es „im richtigen Leben“ leider nicht. Immer mehr Menschen leben allein, und auch immer mehr Senioren sind infolge der demografischen Entwicklung vom (unfreiwilligen) Single-Dasein betroffen. Doch neue Lebenspartner finden sich im Alter noch schwieriger als in jungen Jahren, und es gilt, einige Hürden zu überwinden, bevor es heißt: Späte Heirat nicht ausgeschlossen ... < < Einer aktuellen Umfrage zufolge geben 64 Prozent der älteren Paare zwar „Liebe“ als Hauptgrund für eine Heirat an, doch für 40 Prozent spielt es auch eine große Rolle, im Unglücksfall finanziell besser abgesichert zu sein. 30 Prozent der Heiratswilligen wollen schlicht Steuern sparen. sinnten bei sportlichen Aktivitäten und Hobbys ebenso an wie beim so zialen Engagement bei der Freiwilligen Feuerwehr oder im Seniorenverband BRH. Kontakte ergeben sich über die gemeinsamen Interessen relativ pro blemlos, und wer weiß, vielleicht ist ein Partner fürs Leben dabei. Aber bleiben Sie in jedem Fall locker. Je unverkrampfter man/frau Chancen erkennt und annimmt, desto besser für das Ego. Ein Nein ist keine Niederlage und schon gar nicht der Beweis für die eigene Unzulänglichkeit und Unattraktivität. Der Topf passt halt nicht zum Deckel, das ist alles. Und wenn aus dem Kontakt eine Freundschaft entsteht, ist bereits viel gewonnen. Fast alle, die im sozialen Umfeld nach einem mög lichen Partner Ausschau halten, sind überdies eif rige Leser der Kontaktanzeigen in den Werbe- und Tageszeitungen: Sie sucht ihn; er sucht sie; sie sucht sie; er sucht ihn. Der NR (Nichtraucher) sucht die NT (Nichttrinkerin) und umgekehrt. Häuslich, mollig, sportlich, mit erotischer Ausstrahlung, vorzeigenswert in Jeans oder Abendkleid, handwerklich begabt, mit Haus und Hof, Aktiv im Ruhestand Dass die angegebene Handynummer tatsächlich Alexandra gehört, ist in über 90 Prozent aller Fälle Irrtum Nummer eins. Irrtum Nummer zwei ist die Annahme, die nette Dame, die sich gemeldet hat, verbindet mit Alexandra. Wortgewandt erklärt sie, dass es jede Menge Spinner und Spanner gebe, und Alexandra geschützt sein wolle. Deshalb habe sie eine Partnervermittlung eingeschaltet, die alle seriösen Angebote überprüfen solle. Warum nicht? Sie sind ja seriös, und schwupps, haben Sie eine Verabredung mit der netten Dame von der Partnervermittlung bei ihnen zu Hause getroffen, um alles zu klären. Das Gespräch verläuft angenehm, Sie füllen einen Bewerbungsbogen aus, lassen Fotos von sich machen und erfahren schließlich, dass Alexandra für Sie zwar nicht infrage komme, aber mehrere genau passende Damen in der näheren Umgebung sich freuen würden, Ihre Bekanntschaft zu machen. Ein Flatrate-Abo für ein Jahr koste 2 000 Euro, bis zu zehn Dates 1 000 Euro und ein Schnupperabo – vier Vermittlungen innerhalb von sechs Monaten – sei für nur 600 Euro zu haben. Je nach Agentur vari ieren diese Leistungen im Preis stark nach oben oder unten, aber im Wesent lichen läuft es auf eine solche Vereinbarung hinaus. Übrigens zahlt Alexandra, oder wie die Dame auch heißen mag, für ihre Vermittlung den selben Betrag, den Sie zahlen. Überlegen Sie sehr genau, ob Sie einen solchen Vertrag tatsächlich abschließen wollen, und prüfen Sie eventuelle Zusatzangebote, zum Beispiel die Herstellung eines Videofilms über Sie zur Verbesserung der Vermittlungschancen, auf (versteckte) Zusatzkosten. Lassen Sie den Vertrag im Zweifel von einem Anwalt oder der Verbraucherzentrale überprüfen, führen Sie das Vermittlungsgespräch mit der Agentur möglichst nicht allein, sondern im Beisein einer Freundin oder eines Freundes. ten Angaben im Partnerbogen entsprechen der Wahrheit. Wer sich als Nichtraucherin ausgibt und beim ersten Rendezvous nach Nikotin stinkt, darf sich nicht wundern, wenn nichts draus wird. Es liegt zumeist an einem selber ... Nicht nur die Inanspruchnahme der klassischen Partnervermittlungen durch Senioren ist in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen, sondern auch die Nachfrage bei Onlinepartnerdiensten – auch durch die Generation 60 plus. Mit wenigen Klicks können kontaktsuchende Senioren – teils kostenlos, teils gegen Gebühr – sich bei einer (Senioren-)Partnervermittlung anmelden und nach dem Registrieren nach potenziellen Partnern stöbern. Zunächst werden via Internet Kontakte geknüpft, Chats eröffnet, Fotos ausgetauscht und schließlich Verabredungen zum Essen, zum Kinobesuch oder zum Bowling getroffen. Doch alles das gibt keine Garantie für einen tatsächlichen Erfolg. Viele kennen die Gepflogenheiten des Internets nicht, sodass ihr Postfach trotz aller Bemühungen leer bleibt. Für solche Fälle bieten gute Onlinepartnerschaftsbörsen sogenannte Coachingdienste oder Singleberatungen rund um das Thema Partnersuche an. Doch eines hat sich trotz aller Geschlechtergleichheit und Gendergerechtigkeit nie wirklich geändert: Die Frau fürs Leben will nicht nur gefunden, sondern (immer noch) erobert werden. Und der Mann sollte bedenken, dass er den Hof, den er einer Frau macht, später auch kehren muss ... sm Das Kontaktieren über Lockangebote kann, muss aber nicht unseriös sein. Ist ein Vermittlungsvertrag geschlossen, erhält man/ frau binnen Kurzem Kontaktdaten, um ein persönliches Kennenlernen zu verabreden. Über Erfolg oder Misserfolg der Treffen muss die Agentur unterrichtet werden. Gute Agenturen verzichten in der Regel auf Vorkasse, sie sind vielmehr mit einer Anzahlung und mehreren Ratenzahlungen einverstanden. Und die vermittelten Damen – oder Herren – passen tatsächlich, vorausgesetzt, die gemach> AiR | März 2015 15 Brennpunkt Auto oder Segelyacht. Es gibt offenbar nichts, was es nicht gibt. Und die Telefonnummern sind meistens auch angegeben. Also nichts scheint leichter als Kontakt zu knüpfen und sich mit „Alexandra (64), 1,69 cm, 63 kg, sportlich elegant, ohne Anhang mit eigenem Pkw und Freude an der Natur“ zu verabreden, denn sie sucht einen alleinstehenden, gut situierten Pensionär bis 70, der auch Freude an der Natur hat, aber auch Kunst, Kino und Kochen liebt. Dr. Maria Bullermann-Benend: Auf Ernährungsmission Vorgestellt 16 „Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen“, sagt ein Sprichwort. Aber was bedeutet das, wenn sich Leib und Seele trennen wollen? Das ist eine Frage, die Dr. Maria Bullermann-Benend umtreibt. Die erfahrene Ernährungswissenschaftlerin unterhält eine Praxis für Ernährungstherapie im niedersächsischen Cappeln, ihre Arbeitsschwerpunkte sind Onkologie und Palliative Care. Bei ihrer Beratung geht es um eine Ernährung, die möglichst bis zuletzt dem Anspruch „Genuss statt Muss“ gerecht wird. Die Palliativmedizin unterstützt Menschen in ihrer letzten Lebensphase, um größtmögliche Lebensqualität zu erhalten. Wenn Heilung nicht mehr möglich ist, soll es doch Linderung geben – schützend (pallium ist das lateinische Wort für Mantel) soll der Patient umhüllt, mit ge eigneter multidisziplinärer Versorgung einfühlsam begleitet und betreut werden. Dazu gehört auch die passende Ernährung, sagt Frau Bullermann-Benend. Deshalb sollten die Teams, die sich um Menschen in ihren letzten Monaten, Wochen, Tagen und Stunden kümmern, interdiszi plinär besetzt sein. Neben Ärzten und Pflegenden sollten auch Seelsorger, Psychologen, Physiothera> AiR | März 2015 peuten, Mitarbeiter psychosozialer Dienste, ehrenamtlich Tätige und eben Ernährungsberater dazu gehören, betont Bullermann-Benend. Sowohl bei Pflegenden in Krankenhäusern und Heimen als auch bei Angehörigen ist die Unsicherheit groß, was in diesem Bereich richtig und was falsch ist. „Hier setzt spezielle Ernährungsberatung an. Im Rahmen von Palliative Care ist sie aktive Lebenshilfe, denn Essen und Trinken hat ganz viel mit einem positiven Lebensgefühl und mit Lebensqualität zu tun.“ Deshalb spricht Dr. Bullermann-Benend von „meinem Auftrag, meiner Mission“: Sie will für ihre Berufsgruppe das Thema Ernährungsberatung und das dazugehörige Berufsbild des Oecotrophologen in die Palliativmedizin „implantieren“. Dafür engagiert sich die 62-Jährige weit über ihre eigene Praxis hinaus. Ihre Seminare über „Ernährung am Lebensende“ bietet sie deutschlandweit für Altenpflegeteams, Sozialstationen, Palliative-Care-Teams und insbesondere für Oecotrophologen an. Lehraufträge über viele Jahre an der FH Osnabrück und zuletzt an der Fachhochschule Gera im Studiengang Bachelor of Science Pflege waren eine gute Vorbereitung. Das Erstaunen über ihr ungewöhnliches und an- spruchsvolles Arbeitsfeld kann Frau Bullermann-Benend nur bedingt nachvollziehen. Sie erinnert sich an ihre Kindheit, die sie – unter anderem vermittelt von ihrer Tante Johanna auf dem elterlichen Bauernhof – mit einem völlig natürlichen Verhältnis zu Lebensmitteln verbindet. „Das prägt“, sagt sie. Ihre damaligen Lieblings essen wie Hühnerfrikassee und Königsberger Klopse („schon ein bisschen exotisch wegen der Kapern“), also eher traditionelle Gerichte, seien ja heute leider ziemlich aus der Mode gekommen, weil die Zubereitung etwas Zeitaufwand und gewisse Kochkenntnisse voraussetze. „Aber gesunde und sehr aromatische Mahlzeiten lassen sich auch in Kurzzeit zubereiten, zum Beispiel köstliche Wok-Gerichte.“ Ihre Freude an gutem, schmackhaften Essen ist geblieben: „Lust am Genuss war immer schon ein Thema in meinem Leben. Und Familie Bullermann hat für ihr Leben gern Gäste.“ Nach ihrem Abitur 1970 in Aachen entschied sich die 18-Jährige für den damals noch jungen Studiengang Ernährungswissenschaften an der Universität Gießen. „Der war angesiedelt irgendwo zwischen Medizin, Landwirtschaft und Tiermedizin.“ 1974 machte sie ihr Examen. In ihrer Doktorarbeit ging sie einem Thema aus der Inneren Medizin auf den Grund. Dabei ging es unter anderem darum, mit welcher Infusionsbehandlung Patienten auf der Intensivstation am besten unterstützt werden können. 1975 heiratete sie, vier Kinder gehörten bald zur Familie. Ihr © mallinka1 – Fotolia.com Aktiv im Ruhestand Aktiv im Ruhestand nicht mehr ausreichend. „Patentlösungen“ gibt es nicht, so Bullermann-Benend. Auch wenn es für die oft gegen eine lebens- und möglicherweise leidens verlängernde Infusions therapie. Dazu kommt: Mit dem Infusionsständer und all den Schläuchen kann man den Menschen auch gar nicht mehr in den Arm nehmen …“ privat Es gilt: So lange wie möglich soll der Patient selbst bestimmen, ob, wann und wie viel Flüssigkeit und Nahrung er zu sich neh<< Patienten men möchte. Das gilt wille zählt im Grundsatz auch für demente MenStationen ihrer schen. Eine vorab Arbeit waren verfasste Patientenvon Schwange verfügung kann helrenberatung bis fen. Liegt keine vor, Geriatrie alle Lemuss der „mutmaßlibensalter analog < che Wille“ des Kran< Maria Bullermann-Benend ist promovierte Ernährungswissenschaftlerin. Sie hat sich darauf zum eigenen ken herausgefunden spezialisiert, Menschen in der letzten LebensLebenslauf. Als werden – etwa aus phase mit der richtigen Ernährung zu begleiten. Dozentin für Erfrüheren Äußerungen, nährungslehre Wertvorstellungen beschäftigte sie sich zuBetreuenden schwer wird: und der Einstellung zu nehmend mit Fragen von „Die sich ändernden Beverschiedenen therapeu Essen und Trinken im Alter. dürfnisse und Essgewohn- tischen Maßnahmen. „Von da kam ich zur Onko- heiten können ein erstes, << Wunschessen logie und schließlich, sehr zu respektierendes Zeiauch nachts spezialisiert, zu Palliative chen des beginnenden Care.“ Seit 2006 hat sie am Abschiednehmens bezieEin paar praktische RatZentrum für Palliativmedi- hungsweise Sterbepro schläge gibt Bullermannzin am Malteser Krankenzesses sein. Angehörige Benend: „Auf den Speisehaus Bonn/Rhein-Sieg zuhaben oft Angst, dass der plan gehört das Wunschnächst einen zweijährigen zu Betreuende verhungert essen – und das auch zu Grundkurs und dann imoder verdurstet. Dabei ungewöhnlicher Tagesmer wieder Fortbildungen wirkt sich Ernährung, auch oder Nachtzeit“, sagt sie. und Aufbaukurse absolkünstliche Ernährung, so viert. „Das macht mir Freuhilfreich sie auch zuvor ist, „Aber Angehörige und Pflegende sollten nicht de und bereichert mein zu diesem Zeitpunkt häu Leben“, sagt die Oecotrofiger belastend als erleich- enttäuscht sein, wenn der Patient die mit Aufwand phologin. ternd aus. Das muss man und Liebe zubereitete Speiakzeptieren.“ Durch FlüsKreativität sei gefragt, sigkeits- und Nahrungsga- se dann doch ablehnt.“ Essen in Gesellschaft könne wenn das Ziel heißt: bestbe können sich Probleme manche Patienten motimögliches Wohlbefinden sogar verstärken – etwa vieren, meint die Expertin. für die verbleibende Zeit Husten, Atemnot, ErbreFür hilfreich hält sie auch zu ermöglichen. Das ist chen. „Wenn wir zum Beisehr kleine Portionen – etnatürlich nicht leicht. Men- spiel für die Angehörigen wa zwei Bissen pro Mahlschen im Endstadium ihres nachvollziehbar machen, zeit auf einem größeren Lebens verlieren oft stark dass Durst und MundtroTeller. „Das empfinden die an Gewicht, leiden an Apckenheit nicht das Gleiche Patienten als weniger ‚bepetitlosigkeit und trinken sind, entscheiden sie sich drohlich‘.“ Zudem zeige die Erfahrung, dass feuchte, weiche und fruchtigfrische Nahrung wie Eis, Obst- oder Gemüsevaria tionen und auch warme Suppen gut geeignet seien. „Selbst Gewohnheiten wie ein Glas Wein zum Essen sollten, wenn der Patient es wünscht, nach Möglichkeit beibehalten werden.“ Aber ganz wichtig sei noch ein anderer Aspekt: „Angehörige und Pflegende sollten sich darauf einlassen, bei der Begegnung mit dem Patienten nicht nur auf das Essen zu setzen. Zuneigung lässt sich auch durch sanfte Körperpflege, Gespräche über schöne Erlebnisse aus der Vergangenheit, Vorlesen, Berührung zeigen. Natürlich darf der Patient dabei nicht überfordert werden.“ Ihr stabil positives und frohes Wesen, sagt Bullermann-Benend, gebe Kraft für ihre Tätigkeit, bei der Leiden, Sterben, Tod als Themen immer mitschwingen. „Ich fühle mich auch sehr gehalten durch meinen Glauben“, fügt die bekennende Katholikin und Ökumene-Fürsprecherin hinzu. So habe sie zu ihrem 60. Geburtstag ihre inzwischen 15-köpfige Familie samt Freundeskreis zu einem „Sonntag mit Maria“ eingeladen: „Zuerst waren wir zur geistlichen Erbauung in der Kirche und hinterher haben wir alles genossen, was sonst noch zu einem frohen, erholsamen Sonntagsverlauf gehört: köstliches Essen, Spaziergang, gute Gespräche, Musik und Theater.“ Fragt man die leidenschaftliche „Omamia“, wo sie auftankt, kommt prompt: „In der Kirche und in der Sauna.“ cok > AiR | März 2015 17 Vorgestellt Mann, selbst Tierarzt und Zahnmediziner, und sie führten für den Nachwuchs das „gelenkte Naschen“ ein: „Es gab eine Schublade mit Süßigkeiten in einem alten Schrank. Jeden Tag nach dem ausgiebigen Mittagessen samt Nachtisch durfte etwas ausgewählt werden …“ Aktiv im Ruhestand Soziale Netzwerke für Senioren: Initiative schafft Freunde Medien 18 Ebenso wie „Tempo“ für Papiertaschentücher und „Jeep“ für „Geländewagen“ steht, ist „Facebook“ das Synonym für soziale Netzwerke im Internet. Zu Recht, denn mit weltweit 1,35 Milliarden Nutzern ist Facebook der Platzhirsch unter den Angeboten. Dabei haben sich die Nutzerzahlen in den vergangenen Jahren deutlich verschoben – zugunsten der Seni orinnen und Senioren, die Facebook immer mehr nutzen, während die Jüngeren dem Dienst zunehmend den Rücken kehren. In den USA waren unter den Facebook-Mitgliedern im Januar 2014 weniger Teenager von 13 bis 17 Jahren als 2011 vertreten. Ihre Anzahl sank um gut 25 Prozent, während der größte Anteil der US-Mitglieder von Facebook zwischen 35 und 54 Jahre alt (31 Prozent aller Mitglieder) war. In Deutschland stieg die Zahl der älteren Facebook-Nutzer über 55 Jahre kontinuierlich von 0,57 Millionen im Jahr 2011 auf 1,98 Millionen im Jahr 2014. Der Anteil der Mitglieder von 45 bis 55 Jahren stieg in diesem Zeitraum sogar von 1,08 auf 4,4 Millionen. Diese Zahlen belegen, dass Facebook bei der älteren Generation sehr beliebt ist, denn die Wahrscheinlichkeit, dort auf Altersgenos> AiR | März 2015 sen zu treffen, ist besonders hoch. Gegen Facebook spricht allerdings die teilweise komplexe Bedienung und die immer undurchsichtiger werdenden allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) sowie die komplizierten Privatsphäreeinstellungen. Beides wird immer wieder von Datenschützern kritisiert, und mit jeder Novelle der AGB versucht Facebook, seine Nutzer ein wenig gläserner zu machen. Mit dem jüngsten Versuch dieser Art beschäftigte sich im Januar 2015 sogar das Bundesjustizministerium. Wer sich hier nicht systematisch abschottet, wird schnell zum Werbe-Spielball der Industrie. Aber es gibt Alternativen, die speziell für Senioren gemacht sind. << Platinnetz.de Eine dieser Plattformen, „feierabend.de“, hat AiR bereits im Oktoberheft 2014 vorgestellt. Die Betreiber des Netzwerks unterhalten quasi als Tochterangebot „platinnetz.de – das Portal für Junggebliebene“, das sich auf die Generation 50plus spezialisiert hat. Dort gibt es neben zahlreichen Beiträgen unter anderem zu Themen wie Reise, Gesundheit, Wohnen und Wellness eine rege Onlinecommunity mit rund 150 000 © photopitu – Fotolia.com Partnerschaft im Alter bezieht sich nicht nur auf die oder den Liebsten. Ebenso wichtig ist es, Kontakt zu Familie und Freunden zu halten. Sind die Kinder nämlich erst einmal aus dem Haus, schlagen die neu gewonnenen Freiheiten für manche leicht in Einsamkeit um. Soziale Netzwerke können helfen, den Kontakt nicht abreißen zu lassen und neue Freunde zu gewinnen. AiR stellt die wichtigsten Plattformen vor. angemeldeten Mitgliedern, eine Chat-Funktion und einem angegliederten Onlineshop. Die Seite macht auch ohne Anmeldung Spaß, denn Themenvielfalt und Qualität der redaktionell erstellten Beiträge müssen sich vor den Angeboten so manchen großen Publikumsmagazins nicht verstecken. << Herbstzeit.de Zu den kleineren Portalen zählt mit rund 9 000 Mitgliedern „herbstzeit.de“. Das kostenlose Informations- und Kommunikationsangebot für Menschen im besten Alter, das sich von bestehenden Angeboten unterscheiden will, orientiert sich an einem mo- dernen Bild des Alterns und möchte das traditionelle Seniorenbild durch ein realistisches und attraktives ersetzen. Die Mitglieder sollen ganz unkompliziert mit anderen in Verbindung treten und Bekannte und Freunde im Chat oder im Forum treffen. Weiter können Nutzer zum Beispiel selbst Texte oder Biografien veröffentlichen und sich über aktuelle Themen, Produkte und Dienstleistungen informieren, die den Alltag erleichtern. Darüber hinaus können Mitglieder „Herbstzeit-Reporter“ werden, um andere über ihre Region zu informieren. Kostenlose Stellen- und Kleinanzeigen runden das Angebot ab. Aktiv im Ruhestand << 50plus-treff.de Einen stärkeren Fokus auf Partner- und Freundschaftssuche legt das Portal „50plus-treff.de“. Nach Angaben der Betreiber tummeln sich dort „über 280 000 niveauvolle und kultivierte Mitglieder“, denen nach der Anmeldung Tausende Kontaktanzeigen von Menschen ab 50 zur Verfügung stehen. Mit der erweiterten Suche kann dort gezielt nach Singles oder nach Menschen mit ähnlich gelagerten Interessen gefahndet werden. Als Besonderheit gibt es dort zahlreiche Regionalgruppen, sodass die Kontaktaufnahme nicht auf das Netz beschränkt bleiben muss. Die Mitglieder der Regional- und Themengruppen organisieren regelmäßige Treffen, um den gemeinsamen Meinungsaustausch auch außerhalb des Internets zu fördern. << Planetsenior.de Das mit rund 1 500 aktiven Nutzern kleine Seniorenportal „planetsenior.de“ führt Best-Ager zu nützlichen Informationen rund um den Alltag. In diversen Rubriken des Onlinemagazins gibt es in Ratgeberform Tipps, Erklärungen und Checklisten zu Themen wie Ernährung, Fitness, Gesundheit, Wellness, Freizeitgestaltung, Reisen und etliches mehr. Ein zentrales Thema auf planetsenior.de ist die Gesundheit: Es finden sich viele Informationen über Gesundheitsvorsorge, Krankheiten und Behandlungsmethoden. Planetsenior bemüht sich nach eigenen Aussagen, die besten Spezialisten und die besten Informationen für den Erhalt der Gesundheit aufzutreiben, damit Seniorinnen und Senioren möglichst lange und sorgenfrei leben können. << Sicherheit geht vor Allen hier aufgeführten Portalen sind Facebookähnliche Grundfunktionen gemeinsam, und mit wenigen grundlegenden Sicherheitstipps kann der Netzwerkspaß beginnen. An erster Stelle sollte die Profilsicherheit stehen: Nutzer können selbst bestimmen, wie viel vom eigenen Anmeldeprofil für Unbekannte sichtbar ist. Am Anfang gilt: je weniger, desto besser. Auch sollten natürlich keine persönlichen oder vertraulichen Daten veröffentlicht werden, mit denen Missbrauch betrieben werden kann. Daher sollte am besten auch nicht der „Klarname“, sondern ein Pseudonym verwendet werden. Auch empfiehlt es sich, das persönliche Profil nicht komplett öffentlich zu schalten, sondern nur für „Freunde“ sichtbar zu machen. Weiterhin ist ein sicheres Passwort wichtig, denn schon oft haben Hacker die Profile von Menschen mit einfach zu knackenden Passwörtern gekapert. Außerdem sollte man vor der Registrierung einen Blick in die Nutzungsbedingungen werfen, damit klar ist, was auf der Plattform erlaubt ist und was nicht, oder ob durch die Benutzung eines Dienstes Kosten entstehen: Grundsätzlich sind alle hier vorgestellten Portale kostenlos. Lediglich 50plus-treff und Platinnetz bieten gegen monatliche Gebühren zusätzliche Premiumdienste an. br > AiR | März 2015 Aktiv im Ruhestand NBB: Landesseniorenvertretung gewählt Als Gast berichtete die stellvertretende Vorsit zende der Bundessenio renvertretung (BSV), Anne Schauer, über die Arbeit der BSV. Themen waren unter anderem Mütterrente, Tarifverhandlungen für die Länder, Durchführung von Seminaren sowie Unterstützung der Lan desseniorenvertretungen. Mit dem Landesvorsitzenden des NBB, Friedhelm Schäfer, wurden weitere gewerkschaftspolitische NBB Wahl ist Jürgen Hüper stimmberechtigtes Mitglied im Landesvorstand des NBB. < < Die neue Geschäftsführung der Landesseniorenvertretung: Vor sitzender Jürgen Hüper (Mitte, BRH) und seine Stellvertreter Martina Pankow (DPhV), Peter Bahr (BLVN), Christian Flemming (DVG) sowie Werner Heilgermann (BTB). Im Bild links der NBB-Vorsitzende Friedhelm Schäfer; Dritte von rechts Anne Schauer, stellvertretende Vorsitzende der dbb bundesseniorenvertretung. Tagesthemen erörtert. Hüper schloss die Versammlung mit der Bitte, die Informationen, die in ausführlicher Weise gegeben wurden, an Kol leginnen und Kollegen weiterzugeben. BRH NRW: Senioren entdecken das Internet Das Internet gibt den äl teren Menschen die Möglichkeit, „dabei zu sein“. Insbesondere dann, wenn sie weniger mobil oder gar ans Haus gebunden sind. Deshalb lässt der Seniorenverband BRH in NRW nicht nach, mit Veranstaltungen in der dbb akademie noch Abseitsstehende zu er muntern, den Einstieg zu wagen: Der beim BRH NRW für diese Seminare zuständige Uwe Neiss (Bad Salz uflen) geht dabei sehr einfühlsam vor und versucht immer wieder, den Einstieg zu erleichtern. Wer aber einmal als älterer Mensch die schier unbegrenzte Angebotsfülle > AiR | März 2015 BRH NRW Aus den Ländern 20 Auf dem Landesgewerkschaftstag des NBB im Dezember 2014 wurde die Landesseniorenvertretung des NBB satzungsmäßig verankert. Die Seniorenvertreter der Mitgliedsgewerkschaften haben am 19. Januar 2015 in geheimer Wahl die neue Geschäftsführung der Landesseniorenvertretung gewählt. Vorsitzender wurde einstimmig Jürgen Hüper (Seniorenverband BRH). Seine Stellvertreter sind Martina Pankow (Philologen Verband), Peter Bahr (BLVN), Christian Flemming (DVG) sowie Werner Heilgermann (BTB). Mit der < < Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Internetprojekt des BRH NRW sind überzeugt: Das Internet bietet älteren Menschen eine Chance zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. von Politik und Bildung über Freizeit und Unterhaltung bis hin zu Einkauf und Dienstleistungen erfahren habe, finde schnell zu der Erkenntnis, dass er ums Internet nicht mehr herumkommt. Eine Einsicht wird beim BRH-Projekt „Senioren entdecken das Internet“ nicht verschwiegen: Auch ein Leben ohne Internet ist weiterhin möglich, weil Ältere auch gerne Menschen um sich haben und mit ihnen sprechen möchten. Doch der BRH meint: „Wer sich von den Enkeln nicht abkoppeln will, muss den Einstieg wagen.“ Die Teilnehmer, die sich beim BRH-Seminar trafen, Aktiv im Ruhestand haben den Einstieg bereits geschafft. Es ging diesmal darum, Wissen und Können zu vertiefen. Und doch war auch bei ihnen die Angst vor der neuen Technik hin und wieder noch zu spüren. Generell waren aber alle bereit, neue Schritte zu wagen. Wie leicht das funktioniert, zeigt seit Jahren Akademie-Dozentin Pia Di Lauro, die immer wieder spannend und hilfreich zugleich vorgeht und den Senioren viel Zeit einräumt, das Gelernte auszuprobieren. Wir haben uns unter den Teilnehmern umgehört. So meinte Willi A. begeistert: „Es ging diesmal um Möglichkeiten der Bild bearbeitung. Und für die meisten Teilnehmer fängt nach dem Seminar erst die ‚Arbeit‘ an, das Erlernte zu Hause kräftig zu üben. Adele I. stellte fest: „Es war eine sehr gute Entscheidung von mir, an diesem Kurs teilzunehmen.“ Klaus R. schaute bereits in die Zukunft:„Ich freue mich heute schon auf den nächsten Kurs.“ Seminarleiter Uwe Neiss plant unter dem Motto „Spaß am PC“ im Oktober 2015 weitere Unterrichtstage im dbb forum siebengebirge. Informationen gibt es dazu im BRH-Landesbüro unter 02573.979145-0. Hans Burggraf, Vorsitzender des BRH NRW Kontakte kennen kein Alter Unsere Mitglieder sind teils 20 Jahre und länger im Verband. Sie schätzen die Kontinuität, mit der Veranstaltungen durch geführt und aktuelle In formationen aufbereitet und weitergegeben werden. Sie wissen, dass sie sich aufeinander verlassen können und lassen auch bei Erkrankungen keinen allein. Man besucht sich und kommuniziert miteinander. Die Grundlage einer jeden Beziehung bildet immer das Gespräch. Nur wer sich mitteilt, kann auch wahrgenommen werden; nur wer zuhört, hat die Möglichkeit, sein Gegenüber zu verstehen. Zugleich ist aber auch Eigeninitiative gefragt: Sind Sie mit einer Situation oder einer Vereinbarung unzufrieden, warten Sie nicht zu lange auf Nachfrage des Gegenübers, sprechen Sie die Probleme selber an. Aber auch die positiven Dinge müssen angesprochen statt als selbstverständlich hingenommen werden. Anerkennung und Wertschätzung des Geleisteten sind wichtiger Bestandteil einer funktionierenden Verbandsarbeit. Ein fairer und respektvoller Umgang miteinander ist eine der Grundlagen dafür, dass man sich „gut versteht“. Im Rahmen der Interessenvertretung ist es hilfreich, gemeinsam Ziele und Wünsche zu er arbeiten und zu formulieren. Was wollen wir gemeinsam erreichen? Wo möchte man sich selbst mehr einbringen? Dabei gilt es, keinen zu überfordern, sondern alle auf ihrem Stand einzubeziehen. So geschehen zumBeispiel bei Mitgliederversammlungen in Freiberg, Chemnitz und Schwarzenberg, in diesen Ortsverbänden wurde kräftig diskutiert zu den Themen: der Koalitionsvertrag CDU/SPD im Freistaat Sachsen, die Notwendigkeit eines Seniorenmitwirkungsgesetzes für unser Land, Rente im Osten und zur politischen Lage in Europa. © Piotr Marcinski – Fotolia.com BRH Sachsen: Wie in allen Lebensabschnitten gilt: Kontakte, Beziehungen, Interessenvertretung bedeuten Arbeit, Reflexion und allem voran Kommunikation – also Arbeit, deren Erfolg Sie dann gemeinsam mit Ihren Mitstreiterinnen und Mitstreitern ernten können. Längst ist die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Beruf nicht mehr mit dem nahenden Lebensende gleichzusetzen. Vielmehr gilt dieses sogenannte „dritte Lebensalter“ als Chance der Neuorientierung oder Neuverwirklichung für eine noch lange verbleibende Zeit. Nutzen Sie die Zeit, um Gleichgesinnte anzusprechen und sie für das Verbandsleben zu gewinnen. Rita Kiriasis-Kluxen, Vorsitzende des BRH Sachsen > AiR | März 2015 Aktiv im Ruhestand Rückspiegel Zolloberamtsrat a. D. Harry Haffka • Medienbeauftragter des Vereins Perfekte Pensionäre e. V. • Havelufer 93, 10777 Berlin Sehr geehrter Dr. Zauderstein, lieber Korbinian, 22 Allerfreundlichst dein Satire © Cello Armstrong – Fotolia.com „Ein süßer Duft von Havanna, verweht in ringelnder Spur. Ich fühle an meiner Susanna erwachend neue Natur.“ Erkennst du Joachim Ringelnatz? Aber sicher doch! Das ist der für mich schönste Teil aus seinem Frühlingsgedicht. Und fiel mir so ganz spontan ein, als ich von deinem Wunsche vernahm, in der aktuellen Ausgabe unseres geschätzten Magazins etwas über die Partnervermittlung für Se nioren zu Papier zu bringen, unter dem eher banalen Arbeitstitel „Späte Heirat nicht ausgeschlossen“. Aber hat das nicht, wie der Schwabe sagen würde, ein „Gschmäckle“? Ich gebe gerne zu, dass mir dieses Thema nicht sehr behagt, das hat so was Kupplerisches an sich. Und auf diesem Gebiet bin ich nun ganz und gar kein Experte. Las ich doch kürzlich bei Heinrich Mann, dass der Alternde unter sich selbst herabsinkt durch Leidenschaften, mit denen er sich noch einmal Jugend vortäuscht. Und so eine Partnervermittlung, ob seriös oder nicht, ist nicht nur eine Tauschbörse, sondern auch eine Täuschungsbörse: Tausche Alleinsein gegen Zweisamkeit und täusche dafür, auch auf die Gefahr hin, getäuscht zu werden. Und dieses Risiko will ich weder eingehen noch meiner Leserschaft empfehlen. Befehlsverweigerung, brummelst du, lieber Korbinian? Dann sei es eben so. Aber letztendlich kapituliere ich dann doch vor deinen diesbezüglichen Anregungen und mixe aus deinen zitronensaueren Vorschlägen eine hoffentlich ganz passable Limonade. Doch bis du mich mit eben diesen Geistesblitzen niederringst, fliehe ich zu Abraham Lincoln: „Halte dir jeden Tag dreißig Minuten für deine Sorgen frei und mache in dieser Zeit ein Nickerchen.“ ORR i. R. Dr. Korbinian Zauderstein, Erster Vorsitzender des Vereins Perfekte Pensionäre e. V. • Fliederweg 17 a • 50555 Hoppenstädt Harry spoorloos – Fotolia.com da schau her: Der Herr Kommunikationschef versteckt sich hinter klugen Sprüchen, mit denen ich sonst zu punkten pflege! Du machst es dir mal wieder sehr einfach: Der Alte wird’s schon richten, wenn ich ihm die Initiative überlasse. Schließlich war es ja seine Schnapsidee. Denkt sich der Herr Harry mal wieder. Okay: Wir beide sind mit Ehegesponsten einigermaßen gut versorgt. Aber das heißt nicht, dass es anderen auch so geht. Und da will ich gerne Hilfestellung geben. Und zwar für beide Seiten. Ich gebe ja zu, dass ich Frauen immer sehr gerne beobachte. Aber das ist reiner Selbstschutz: Damit ich immer weiß, was sie als Nächstes tun. Auf der anderen Seite schlägt mein Herz aber auch für meine Geschlechtsgenossen, die in Partnerschaftsfragen nicht selten mehr als naiv sind. Der Spagat besteht nun darin, das Weibchen mit dem Männchen zu locken. Und das geschieht zum Beispiel hervorragend mit Otto Reutter: „ Schau’n Se nicht so wählerisch. Nur nach dem, der jung und frisch. Nehm’n Se ’n Alten, so ’nen alten wohlbestallten. Kommt dann mal ein Junger her, gönnt er dem sogar den Braten und begnügt sich am Dessert.“ Mit diesem Speck fängst du Mäuse, mein Lieber, das kann ich dir versichern! Und mit Kuppelei hat das auch nichts zu tun. Oder allenfalls ganz am Rande, wo es noch legal ist. Also mach dir nicht ins Hemd, sondern buhle und balze! Ich garantiere dir, dass wir wieder jede Menge Zuschriften und Anfragen bekommen werden und vielleicht gar in der Geschäftsstelle ein kleines Vermittlungsbüro einrichten können. Aber das ist zugegebenermaßen noch Zukunftsmusik. Die spätere Heirat lassen wir aber erst mal unter den Tisch fallen. In unserem Alter ist so was eher lästig und käme Otto Reutter und seiner Weisheit in die Quere ... © Andres Rodriguez – Fotolia.com Lieber Harry, Mach et jut Korbi > AiR | März 2015 cwb Aktiv im Ruhestand Leserbriefe: Seichte Verweise Ohne Altersangaben Standpunkt zur Mediengestaltung von Uta Kramer-Schröder, AiR 10-2014, Seite 6 Kfz-Versicherungen für Senioren: Undurchsichtige Abzocke, AiR 1/2-2015, Seiten 18–19 der jeweilige hauseigene Videotext viel besser. Fast zeitgleich werden uns in den späteren Sendungen jeweils die gleichen Themen oberflächlich präsentiert. Man könnte einen Sender ohne Mangel abschaffen beziehungsweise beide und gleich ins Internet schauen. Die Zwangsgebühren für seichte Verweise auf Internetzugänge sind unnütz. Bleiben Sie dran! Man könnte das Kfz zum Beispiel auf eines seiner Kinder anmelden, vorausgesetzt, man hat welche. Der Schadenfreiheitsrabatt bleibt erhalten. Im Kfz-Versicherungsvertrag muss man dann angeben, wer noch das Fahrzeug fährt. Es kann günstiger werden, wenn man dann als weiteren Fahrer die ältere Person (über 80 Jahre) angibt oder man erklärt, dass unterschiedliche Personen dieses Fahrzeug nutzen – ohne Altersangabe – auch dann ist es noch in der Versicherung günstiger. Siegfried Steen, per E-Mail Dieter Straub, per E-Mail 23 Service Mit Ihrem Artikel treffen Sie genau die Unzulänglichkeit der öffentlichrechtlichen Mangelver sorgung bezüglich der Berichterstattung hin sichtlich der Nachrichten (insbesondere TV). Mit dem dauernden Verweis auf Facebook und Internet (Laufband, Sprecher) machen sich Tagesschau, Heute et cetera selbst überflüssig, da man für das Anhören einer „Überschrift“ nicht einzuschalten braucht. Da ist selbst > AiR | März 2015 Aktiv im Ruhestand _0I10S_3Air_rätsel.pdf; s1; (181.56 x 241.56 mm); 18. Feb 2015 12:48:16; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien früher: 3. Klasse des Gymnasiums Hindernis entwerfen, errichten Baumwollhose sehr klein 3 als Zeuge vor Gericht sprechen bäuerlich, ländlichschlicht starke nervliche Belastung Spion, Spitzel 7 symbolhaftes Schmuckstück franz. Stadt an der Loire ungesetzlich 24 Unterarmknochen Luft einziehen und ausstoßen 10 Kalifenname Musikzeichen Lösungswort: Wirklichkeit Name Gottes im Islam RegelwidrigVerkeit beim brechen Sport leicht Borke bebitter stimmter oder säuerlich Eichen Vorrichtung zum Heizen, Kochen Bürde, Drückendes 2 größte Insel der Großen Antillen länglich runde Baumfrucht 1 schräge Stütze Vertrag; Bündnis das Ich (lateinisch) Rätselfreund eine Verwandte Pflanzenfaser Geliebte des Zeus Schopf, Haarbüschel > AiR | März 2015 Rückbuchung Ernährung, Verpflegung sauber, unbeschmutzt Augenblick ein Apostel 5 Zierlatte Fluss durch Florenz Gesandter des Papstes aktiv, beschäftigt Massenangst Angehöriger eines Indianerstammes harzreiches Kiefernholz nach Abzug der Kosten Schlachttiere reichlich füttern scherzhaft: Ahnung männliches Borstentier kleine Brücke Grill; Kamingitter italienisch: Liebe bayer. Schriftsteller (Ludwig) Musik: schnell, lebhaft auf diese Weise junger Pflanzenspross Kapitalgesellschaft (Abk.) Furchtgefühl Stuhlteil Das Fitness-Armband aus AiR magazin 1-2/2015 hat gewonnen: Tobias Jahn, Bedesbach. Herzlichen Glückwunsch! Das Lösungswort lautete „Rosenmontag“. spanische Baleareninsel Hauptstadt von Tibet leer, unausgefüllt Panasonic Für die richtige Lösung des März-Rätsels bedankt sich die Redaktion mit einem schnurlosen Großtasten-Telefon von Panasonic inklusive Partnertelefon: Schluss mit überflüssigen Funktionen, her mit leichter Bedienung und Robustheit. Das DECT-Telefon KX-TGE222 GN verfügt über einen Anrufbeantworter und ist hörgerätegeeignet. Senden Sie einfach das Lösungswort bis zum 27. März 2015 per E-Mail an [email protected], per Fax an 030.40815599 oder per Post an dbb beamtenbund und tarifunion, Redaktion AiR, Friedrichstraße 169/170, 10117 Berlin. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Die Redaktion wünscht viel Glück! 4 Reisedecke (engl.) Bootsruder weißer Baustoff; Düngemittel harte militär. Nashorn Ausbildung Briefumschlag verringern Stadtteil von Berlin Provinz Kanadas 8 Verlässliche Technik: Großtasten-Telefon gewinnen! indian. Symbol d. EierKlanzuge- kuchen hörigkeit kräftiges Rosa Dichter, Lyriker 6 11 Gewinnspiel Bühnenauftritt Himmelsrichtung Schulfestsaal sehr kurze Kleidung Anhänger einer Weltreligion Fabrik Behälter aus Papier, Plastik Fuge, längliche Vertiefung 9 anhänglich, loyal chemisches Zeichen für Tellur rumän. Währungseinheit dbb Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn: < 80 für alle dbb begrüßt Durchbruch Eine Diskussion über Tempo 80 auf Landstraßen findet die SPD-Bundestagsabgeordnete und dbb Vize Kirsten Lühmann sinnvoll. Vor dem 53. Deutschen Verkehrsgerichtstag in Goslar verwies Lühmann, die verkehrspolitische Sprecherin ihrer Fraktion ist, in der Zeitung „Die Welt“ (Ausgabe vom 29. Januar 2015) auf den Anlass der Diskussionen: eine problematische Spreizung der Geschwindigkeitsbegrenzungen auf deutschen Landstraßen. Nämlich die Spreizung zwischen Pkw und Lkw. Während Pkw laut Vorschrift „unter den günstigsten Bedingungen“ 100 fahren dürfen, gilt für Lkw ab 3,5 Tonnen generell Tempo 60. „Dieser große Unterschied zwischen Pkw und Lkw ist faktisch ein Anreiz zum Überholen“, sagt die gelernte Polizistin Lühmann. Überholen aber sei auf Landstraßen besonders riskant. „Die Leute machen sich nicht klar, wie viel Platz sie für einen Überholvorgang tatsächlich brauchen, sondern vertrauen darauf, dass schon niemand um die nächste Kurve kommen wird.“ Um die Anreize für derart gefährliche Überholmanöver zu reduzieren, wäre es nach Ansicht von Lühmann sinnvoll, „dass auf Landstraßen möglichst einheitliche Geschwindigkeiten gefahren werden“. In allerletzter Minute hatten sich Bahnvorstand und GDLFührung am Sonntag (22. Februar 2015) in Berlin zusammengesetzt und nach über 15 Stunden Verhandlungen dieses wichtige Zwischenergebnis erzielt. Dauderstädt: „Wir sind stolz, dass dieser Durchbruch auch ohne Schlichtung möglich war. Das beweist einmal mehr, dass die Sozialpartner auch in schwierigen Lagen aus eigener Kraft Lösungen finden können.“ Entgeltgleichheitsgesetz: Öffentlichen Dienst einbeziehen Der dbb Bundesvorsitzende Klaus Dauderstädt hat am 19. Februar 2015 in Berlin gegenüber Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig kritisiert, dass beim geplanten Entgeltgleichheitsgesetz der öffentliche Dienst nicht mit einbezogen werden soll. BMFSFJ gen, um Führungspositionen in Teilzeit auszuüben, und für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. < dbb Chef Klaus Dauderstädt (links) forderte von Familienministerin Manuela Schwesig (Fünfte von rechts) die Einbeziehung des öffentlichen Dienstes in das Entgeltgleichstellungsgesetz. Zwar sei die Bezahlung dort grundsätzlich identisch. „Ungleiche Bezahlung gibt es aber trotzdem, etwa durch die un- terschiedliche Bewertung von ‚klassischen‘ Frauen- oder Männerberufsbildern und wegen familiärer Aufgaben unter- 25 aktuell Am 23. Februar 2015 erklärte der dbb Bundesvorsitzende Klaus Dauderstädt hierzu in Berlin: „Wir sind beiden Tarifparteien dankbar, dass sie damit einen monatelangen Streit über Verfahrensfragen beendet haben und ein für die nächsten Tage drohender Streik abgewendet werden konnte. Jetzt kann endlich mit konstruktiven Verhandlungen über die materiellen Arbeitsbedingungen der GDL-Mitglieder begonnen werden.“ MEV Mit Erleichterung und großer Zufriedenheit hat der dbb die Verständigung zwischen Deutscher Bahn AG und der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) zur Struktur künftiger Tarifverträge aufgenommen. brochenen Karrierewegen“, sagte der dbb Chef. Hier gebe es Korrekturbedarf, zum Beispiel durch bessere Regelun- Hintergrund des Gesetzes ist die Verabredung der Großen Koalition, Lohndifferenzen zwischen Männern und Frauen abzubauen. Dabei sollen Berufsfelder, Fähigkeiten, Kompetenzen und Erfahrungen gemeinsam mit den Tarifpartnern neu bewertet werden. Konkret ist beabsichtigt, einen individuellen Auskunftsanspruch für jeden Beschäftigten zu etablieren und Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten zu verpflichten, in ihren Lageberichten Aussagen zur Lohnstruktur und zur geschlechtsbezogenen Verteilung der Arbeitsplätze zu treffen. Mit einem Referentenentwurf ist dem Vernehmern nach bis zur Sommerpause zu rechnen. > AiR | dbb seiten | März 2015 dbb Gesetz zur Zwangstarifeinheit: Mit dem von der Bundesregierung auf den Weg gebrachten Tarifeinheitsgesetz werde zu einem völlig überflüssigen Frontalangriff auf das Grundrecht der Koalitionsfreiheit geblasen. „Das lehnen wir ab“, machte dbb Chef Klaus Dauderstädt in zahlreichen Gesprächen mit Bundes- und Landespolitikern deutlich. < Bundestags-Gutachten bestätigt dbb Position Die dbb Auffassung wird nun auch durch ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages gestützt, der erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) auf den Weg gebrachten Tarifeinheitsgesetzes hegt. Das Gutachten, in Auftrag gegeben von der Abgeordneten Beate Müller-Gemmeke (Bündnis 90/Die Grünen), kommt zu dem Schluss, dass das Gesetz einen Eingriff in die kollektive Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 des Grundgesetzes darstellt, wie MüllerGemmeke gegenüber der Tageszeitung „Die Welt“ (Ausgabe vom 10. Februar 2015) berichtete. > AiR | dbb seiten | März 2015 Dass dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zufolge Arbeitskämpfe als unverhältnismäßig zu interpretieren seien, wenn sie den Abschluss eines Minderheitentarifvertrages bezwecken, hatte der dbb von Beginn an als verfassungswidrigen Eingriff in Streikrecht und Koalitionsfreiheit kritisiert, der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags sehe das ebenfalls kritisch, bestätigte MüllerGemmeke. Eingriffe in Grundrechte könnten den Autoren zufolge zwar möglich sein, aber nur, wenn sie gerechtfertigt seien. Das offizielle Ziel des Gesetzes, die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie zu sichern, reiche dafür nicht aus. Außerdem habe es weder eine bedeutende Zunahme von Ar- < Bei einem Treffen mit Vertretern der Bundestagsfraktion Die Linke am 28. Januar 2015 in Berlin bekräftigte der Zweite dbb Vorsitzende und Fachvorstand Tarifpolitik, Willi Russ, dass der dbb es nicht hinnehmen werde, dass die Tarifautonomie den Profitinteressen der Wirtschaft geopfert werde. Auch Die Linke lehnt eine gesetzliche Tarifeinheit als offensichtliche Verfassungswidrigkeit ab. Im Bild von links der stellvertretende dbb Bundesvorsitzende und Fachvorstand Beamtenpolitik, Hans-Ulrich Benra, der Vorsitzende der Bundestagsfraktion Die Linke, Gregor Gysi, und Willi Russ. beitskämpfen gegeben, seit das Bundesarbeitsgericht 2010 das Prinzip der Tarifeinheit in Betrieben modifiziert hat, noch sei der Betriebsfrieden zunehmend gefährdet, heiße es in dem Gutachten weiter. Die vom Gesetzgeber angeführte Ordnungsfunktion der gesetzlichen Tarifeinheit sei nicht genügend belegt und stelle keinen Grund für einen Eingriff in die Koalitionsfreiheit dar, urteilen laut Müller-Gemmeke die Gutachter. Auch die Betroffenheit Dritter bei Streiks im Bereich der Daseinsvorsorge könne dem Gutachten zufolge die gesetzliche Tarifeinheit nicht rechtfertigen. Jan Brenner aktuell 26 „Gewerkschaftliche Vielfalt ist in Deutschland verfassungsrechtlich garantiert. Das bedeutet zugleich: Tarifautonomie ist ein hohes Gut, das es zu schützen gilt.“ Es gebe hierzulande eine gesunde und stabile Sozialpartnerschaft. „Gesetzliche Einschnitte in das bewährte deutsche Arbeitskampfrecht schaden nur – und sie sind grundgesetzwidrig“, warnte der dbb Chef. Deshalb werde sich seine Organisation mit allen gebotenen Mitteln dagegen zur Wehr setzen. Jan Brenner Überflüssig und verfassungswidrig < Das Thema Tarifeinheit war Schwerpunkt eines Gespräches, zu dem Klaus Dauderstädt am 5. Februar 2015 in Berlin mit Vertretern der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen zusammenkam. Auch die Grünen sprachen sich gegen gesetzliche Regelungen aus. Im Bild von links: Katja Keul, Kerstin Andreae, Grünen-Fraktionsvorsitzender Dr. Anton Hofreiter, dbb Chef Klaus Dauderstädt und Beate Müller-Gemmeke. dbb Chef Klaus Dauderstädt plädierte für eine Veröffentlichung des Gutachtens: „Wir sehen unsere Positionen erneut kompetent und parteipolitisch neutral bestätigt und würden es sehr begrüßen, wenn sich der Deutsche Bundestag für eine Veröffentlichung dieser wichtigen Analyse entscheidet. Immerhin geht es um ein elementares Grundrecht unserer Verfassung, das in Gefahr ist. Insofern besteht ein sehr gut begründetes Interesse der Öffentlichkeit an umfassenden und fundierten Informationen.“ Dauderstädt verwies darauf, dass auch die Freiheitsrechte des Einzelnen mit dem Gesetz beschnitten würden. „Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht darüber zu entscheiden, ob und wie sie oder er sich organisiert. Aber wenn mit gesetzlichen Regelungen ein Streik für kleinere Gewerkschaften per se ausgeschlossen wird, sind diese in ihrer Existenz bedroht. Denn warum sollen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Mitglieder einer Gewerkschaft werden, die man der Möglichkeiten zu wirksamer Interessenvertretung beraubt hat? Zwangstarifeinheit und Koalitionsfreiheit gehen eben nicht zusammen.“ dbb < CSULandesgruppe Bundestag über eine Normen kontrollklage aus dem Parla ment nachzudenken. CSU-Vorschlag unterläuft Betriebsfrieden Als „weiteren Angriff auf die Tarifautonomie“ hatte dbb Chef Klaus Dauderstädt auch den Vorstoß der CSU zur Ein schränkung des Streikrechts kritisiert, den die Partei nach ihrer Vorstandssitzung am 26. Januar 2015 in München vorgestellt hat. Demnach soll es vor Streiks bei der Bahn < Bei einem Treffen mit der CSULandesgruppenvorsitzenden im Deut schen Bundestag, Gerda Hasselfeldt MdB, am 11. Februar 2015 in Berlin unterstrich dbb Bundesvorsitzender Klaus Dauderstädt die ablehnende Haltung des dbb und seiner Mitgliedsgewerkschaften gegenüber dem Entwurf eines Tarifeinheitsgesetzes. und in anderen öffentlichen Be reichen künftig zwingend ein Schlichtungsverfahren geben. Zudem will die CSU gesetzlich festschreiben, dass Streiks in solchen Bereichen mindestens vier Werk tage vorher bekannt gegeben werden müssen. Der CSUVorsitzende Horst Seeho fer kündigte an, das Konzept nun „in die Berliner Gesetzge bung einspeisen“ zu wollen. Jan Brenner Der Entwurf des Tarifeinheits gesetzes stand am 6. Februar 2015 auf der Tagesordnung des Bundesrates. Dieser ließ das Gesetz, das nicht zustim mungspflichtig ist, bei Ent haltung mehrerer Länder, da runter Thüringen, passieren. „Lieber hätte ich mit Nein ge stimmt“, sagte Bodo Ramelow im Gespräch mit der dbb Spit ze. „Das ist nur wegen der Koa lition in Thüringen auch mit der SPD unterblieben.“ Die Ge sprächspartner hielten es für plausibel, bei solchen verfas sungsrechtlichen Bedenken im < Es gibt weder juristisch noch politisch einen Bedarf zur gesetzlichen Re gelung der Tarifeinheit. Darüber waren sich dbb Chef Klaus Dauderstädt (rechts), sein Stellvertreter und Fachvorstand Beamtenpolitik, Hans Ulrich Benra (links), und Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow in einem Gespräch am 6. Februar 2015 in Berlin einig. „Wir lehnen jegliche Einmi schung des Gesetzgebers in das Grundrecht der Tarifauto nomie kategorisch ab. Das gilt für die im Gesetzentwurf vor liegenden Tarifeinheitspläne der Bundesregierung ebenso wie für die jüngsten Vorschlä ge aus Bayern“, machte dbb Chef Dauderstädt am 27. Janu ar 2015 in Berlin deutlich. „Ein ZweiKlassenStreikrecht, wie es die CSU jetzt offenbar pos tulieren will, wäre in dieser ganzen unsäglichen Diskussion noch einmal eine ganz neue ‚Qualität‘ der Grundrechtsbe schneidung und erst recht ver fassungswidrig“, warnte Dau derstädt. „Insbesondere in den Bereichen der Daseinsvorsorge haben die Gewerkschaften in der Vergangenheit immer wie der bewiesen, dass sie sich der hohen Verantwortung bei Ar beitskampfmaßnahmen in jeder Hinsicht bewusst sind und sie sehr ernst nehmen. Das wird auch in Zukunft und ohne gesetzgeberische Eingrif fe in die Tarifautonomie der Fall sein“, betonte der dbb Bundesvorsitzende. zes. In der neuen Berufungs periode stehen neben klas sischen arbeitsbedingten Gesundheitsrisiken auch neue arbeitsmedizinische Fragestellungen auf der Agen da des AfAMed, wie zum Bei spiel die Digitalisierung der Arbeitswelt. Neben dem AfAMed ist der dbb mit Dr. Birgit Corell (BTB) auch im Ausschuss für Biologi sche Arbeitsstoffe (ABAS) ver treten und hat Mitglieder für den Ausschuss für Betriebssi cherheit (ABS) sowie für den Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) benannt. Ausschuss für Arbeitsmedizin: dbb Vertreter berufen Der AfAMed, dem für den dbb Dr. Birgit Lindenthal (BVöGD) angehört, ist ein Beratungs gremium des BMAS, dessen Aufgabe es unter anderem ist, Regeln und Empfehlungen zur Umsetzung der Vorgaben der „Verordnung zur arbeitsmedi zinischen Vorsorge (ArbMed VV)“ zu erarbeiten. Der Aus schuss trägt auf diese Weise dazu bei, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Erkran kungen vorzubeugen und die Beschäftigungsfähigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu erhalten. Gleichzeitig berät der AfAMed das BMAS in allen Fragen des medizinischen Arbeitsschut ©Zerbor – fotolia.com Am 10. Februar 2015 hat sich beim Bundesminis terium für Arbeit und Soziales (BMAS) der Aus schuss für Arbeitsmedizin (AfAMed) neu konstitu iert. In dieser zweiten Berufungsperiode von 2015 bis 2020 wird sich erstmals auch der dbb an der Ausschussarbeit beteiligen. dbb Existenzminimumbericht: Steuerliche Entlastungen überfällig aktuell 28 Der dbb begrüßte die Berechnungen. „Jetzt geht es darum, die notwendigen Anpassungen rasch zu beschließen und vor allem gesetzgeberisch umzusetzen, weil die Steuerzahler hierauf einen Anspruch haben“, sagte der stellvertretende dbb Bundesvorsitzende Thomas Eigenthaler, der auch Bundesvorsitzender der Deutschen Steuer-Gewerkschaft ist. „Hier sehen wir sowohl die ©Gina Sanders – fotolia.com Das Bundeskabinett hat am 28. Januar 2015 den Existenzminimumbericht gebilligt. Dieser gibt vor, in welchem Umfang der steuerliche Grundfreibetrag und der Kinderfreibetrag aus verfassungsrechtlichen Gründen angehoben werden müssten. Über die Höhe soll die Bundesregierung bis Ende März dieses Jahres entscheiden. Große Koalition als auch die Länder im Bundesrat in der Pflicht.“ Nach dem Existenzminimumbericht müsste der sogenannte Grundfreibetrag für Ledige im laufenden Jahr um 118 Euro auf 8 472 Euro erhöht werden. Im Jahr 2016 sei eine weitere Anhebung um 180 Euro auf 8 652 Euro geboten. Der Freibetrag für Kinder müsste um 144 Euro auf 4 512 Euro (2015) und um weitere 180 Euro auf 4 608 Euro (2016) angehoben werden. Vor allem die leichte steuerliche Entlastung für Familien sei überfällig gewesen, so Eigenthaler weiter. „Denn der Kinderfreibetrag war eigentlich schon seit 2014 zu niedrig, wie die Bundesregierung selbst eingeräumt hat.“ Mehr Personal für Jobcenter: Vier-Augen-Prinzip aussetzen Die Jobcenter brauchen dringend mehr Personal, damit Leistungsempfänger nicht noch länger als ohnehin schon auf ihre Bewilligungs- und Änderungsbescheide warten müssen. Das hat dbb Chef Klaus Dauderstädt in einem Brief an Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles gefordert. Hintergrund ist die Anweisung der Bundesagentur für Arbeit, mit Jahresbeginn 2015 anstelle der bisherigen Stichproben für alle kassenwirksamen Entscheidungen im Leistungsbereich der Jobcenter das VierAugen-Prinzip einzuführen. „Das betrifft nicht nur die erstmalige Feststellung oder die Weiterbewilligung von Leistungen, sondern nahezu alle Vorgänge, die in den IT-Verfahren im Leistungsbereich bearbeitet > AiR | dbb seiten | März 2015 werden“, heißt es in dem Schreiben des dbb Chefs. Zwar sei das Vier-Augen-Prinzip nicht generell zu beanstanden, die Umsetzung der Kontrollen sei aber in der gegenwärtigen Aufgaben- und Personalsituation der Jobcenter nicht zu bewältigen. Dauderstädt verweist darauf, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jobcenter sich mitten in der Umstellung auf das neue IT-Verfahren „ALLEGRO“ befinden. Dafür müssen bis 30. Juni dieses Jahres – zusätzlich zum regulären Geschäftsbetrieb – alle Datenbestände zur Leistungsgewährung übertragen werden, was nur von Hand, aber nicht automatisiert möglich ist. „Als Folge der Umstellung müssen die Leistungsempfänger längere Zeit auf ihre Bewilligungs- und Änderungsbescheide warten. Bereits diese Situation ist für alle Beteiligten unzumutbar“, stellt der dbb Chef fest. „Wenn jetzt noch die zusätzliche Prüfungspflicht in Form des VierAugen-Prinzips hinzukommt, wird die ohnehin angespannte Situation in unerträglicher Weise verschärft.“ Als zusätzliche Personalkapazitäten würden die vom Bundesarbeitsministerium angekündigten 400 befristeten Stellen nicht ausreichen, so Dauderstädt. Das Ministerium selbst sei von einem zusätzlichen Bedarf von 380 bis 580 Stellen für die erweiterten Kontrollpflichten ausgegangen. Außerdem müssten die neuen Kräfte zunächst akquiriert und eingearbeitet werden. Der dbb erwarte daher, „dass das Prüfverfahren zumindest so lange ausgesetzt wird, bis die ALLEGRO-Umstellung vollständig und erfolgreich vollzogen ist. Alternativ muss das notwendige zusätzliche Personal – und zwar dauerhaft – zur Verfügung gestellt werden.“ Jetzt erst recht! aktuell 29 Bis zur dritten Runde am 16./17. März wird der dbb des halb seine Protestaktionen und Warnstreiks verstärken, um den Druck auf die Arbeitgeber zu erhöhen: Jetzt erst recht! Denn die Landesbeschäftigten haben eine angemessene Ver besserung ihrer Einkommen und ihrer Arbeitsbedingungen mehr als verdient. Und die Steuerquellen sprudeln. Von Friedhelm Windmüller Nach einem hoffnungsvollen Auftakt der Tarifverhandlun gen für die Länder am 16. Feb ruar ist die zweite Runde am 26./27. Februar 2015 ohne Ge genangebot der TdL zur Ge werkschaftsforderung – 5,5 Prozent, mindestens aber 175 Euro – vertagt worden. Da eine Schlichtungsvereinbarung nicht besteht, bleibt zu hoffen, dass die Arbeitgeberseite nicht auch die dritte Verhandlungs runde zerredet und weiterhin unnötige Tarifrituale auf dem Rücken der Beschäftigten zelebriert. wohlfeil in Sonntagsreden ver packter Wertschätzung können sie nicht leben. dbb Tarifchef Willi Russ appel lierte deshalb erneut an die Arbeitgeber, sich endlich der Realität zu stellen und ein kon struktives Angebotspaket vor zulegen, über das es sich zu verhandeln lohnt. Wird der öf fentliche Dienst stattdessen weiter als lästiges Übel behan delt, geht das nicht nur zulas ten der Beschäftigten, sondern zulasten aller: Steuersünder bleiben unentdeckt, Schwarz arbeiter werkeln am Fiskus vor bei, der Unterrichtsausfall in den Schulen steigt weiter, das öffentliche Gesundheitswesen kollabiert. Die dritte Runde muss ein Ergebnis bringen – für die Beschäftigten, für die Bürger und für mehr Wirt schaftswachstum. Was immer jedoch am Ende als Kompro miss stehen wird: Die zeitund inhaltsgleiche Übertra gung des Tarifabschlusses auf die Beamten und Versorgungs empfänger der Länder ist für den dbb ein Muss. sm > AiR | dbb seiten | März 2015 dbb Jan Brenner < Vor dem Brandenburger Tor in Berlin demonstrierten Kolleginnen und Kollegen für höhere Einkommen ... Einkommensrunde 2015: Anschluss halten! Im Vorfeld der am 27. Februar 2015 ergebnislos vertagten 2. Verhandlungsrunde für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes der Länder in Potsdam hatten Beschäftigte bundesweit Flagge gezeigt. Mit Warnstreiks, Demonstrationen, Kundgebungen und „aktiven Mittagspausen“ machten angestellte und beamtete Kolleginnen und Kollegen aus allen Bereichen des öffentlichen Dienstes klar, dass es ihnen ernst ist mit der Umsetzung der Einkommensforderungen des dbb. Bereits zum Auftakt der Tarifgespräche mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) am 16. Februar 2015 in Berlin war klar, dass die Beschäftigten die Lohnrunde nicht passiv an sich vorüberziehen lassen würden. Sie empfingen die Verhandlungskommission, die schon nach zwei Stunden wieder auseinandergegangen war, mit Transparenten und Bannern. Zwar sei „sehr offen und konstruktiv“ diskutiert worden, sagte der Zweite Vorsitzende und Verhandlungsführer des > AiR | dbb seiten | März 2015 dbb, Willi Russ. Außer der offensichtlichen Bereitschaft der Arbeitgeberseite, auch beim Thema Lehrereingruppierung in den Verhandlungen zu einer tragfähigen Einigung zu kommen, sei aber nichts Wegweisendes kommuniziert worden, insbesondere nicht über lineare Einkommenssteigerungen. < Einkommensabstand aufholen Über 120 Beamte und Arbeitnehmer des Landesdienstes Jan Brenner fokus 30 < Nach knapp zwei Stunden wurden die Auftaktgespräche zur Einkommensrunde am 16. Februar in Berlin vertagt. Mecklenburg-Vorpommern machten am 18. Februar 2015 bei einer Kundgebung in Güstrow deutlich, dass sie die Hinhaltetaktik der TdL nicht hinnehmen. Mehr als 500 Angestellte folgten zudem dem Warnstreikaufruf für Mecklenburg-Vorpommern. Bestreikt wurden unter anderem Straßenmeistereien und Berufsschulen. Beamtinnen und Beamte beteiligten sich in ihrer dienstfreien Zeit an den Aktionen. Willi Russ betonte in Güstrow: „Der ständig wiederholte Verweis der Arbeitgeber auf die niedrige Inflationsrate als Gegenargument gegen eine substanzielle Erhöhung der Ein- kommen zieht nicht. Nachwuchsgewinnung und Wertschätzung sind mehr als der Inflationsausgleich. Die Kolleginnen und Kollegen im Landesdienst leisten hervorragende Arbeit. Wenn das auch in Zukunft so bleiben soll, brauchen wir reale Einkommenszuwächse. Und: Was immer am Ende als Kompromiss steht, der Tarifabschluss muss zeit- und inhaltsgleich auf die Beamten und Versorgungsempfänger der Länder übertragen werden.“ Der dbb Vorsitzende in Mecklenburg Vorpommern, Dietmar Knecht, nannte „5,5 Prozent plus, mindestens aber 175 < „Jeden Cent wert“ „Die Kolleginnen und Kollegen in den verschiedenen Bereichen des öffentlichen Dienstes sorgen dafür, dass Deutschlands Infrastruktur rund um die Uhr funktioniert“, sagte Siegfried Damm, Bundesvorsitzender des Verbandes Deutscher Straßenwärter, vor den Demonstranten in Nürnberg. „Das wissen natürlich auch die Arbeitgeber. Deshalb muss ihnen auch klar sein: Wir lassen uns nicht mit Peanuts abspeisen. Sprudelnde Steuereinnahmen dürfen nicht in Haushaltslöchern und Nebenhaushalten verschwinden, sie müssen in das Personal investiert werden.“ Helene Wildfeuer, Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung, verwies auf die großen Leistungen der Finanzverwaltung: „Frauen stellen dort übrigens mit 54,9 Prozent die Mehrheit. Sie schaffen gemeinsam mit ihren Kollegen die Grundlage dafür, dass die von den Bürgerinnen und Bürgern so wertgeschätzte Infrastruktur Deutschlands finanziert werden kann. Dafür steht ihnen eine gerechte Bezahlung zu.“ < Aktive Mittagspausen Auch in Baden-Württemberg waren Angestellte und Beamte vom 19. bis 24. Februar auf die Straße gegangen und haben in ihren Mittagspausen solidarisch vereint protestiert. Veranstaltet wurden die „Mittagspausenaktionen“ von der DPolG, teilgenommen haben aber Beschäftigte aus allen Bereichen des öffentlichen Dienstes. „Wir haben die Kolleginnen und Kollegen aus anderen BBW-Gewerkschaften und Verbänden aufgerufen, gemeinsam mit uns für gerechten Lohn für gute Arbeit zu streiten“, sagte der DPolG-Landestarifbeauftragte Manfred Riehl und warnte die öffentlichen Arbeitgeber und Dienstherrn: „Wenn die nicht endlich begreifen, dass sie in ihr Personal investieren müssen, sieht es in Deutschland schon bald ziemlich düster aus.“ Die Auftaktveranstaltung fand am 19. Februar 2015 in Karlsruhe statt. Es folgten Stuttgart (20. Februar), Heidelberg (23. Februar) und Freiburg (24. Februar). Gekommen waren Polizisten, Beschäf- Rainer Cordes In Berlin und Nürnberg fanden am 19. Februar zentrale Kundgebungen mit weit über 1 000 Teilnehmern statt. „Der öffentliche Dienst ist jeden Cent wert, nicht nur einen Inflationsausgleich“, sagte Russ in Berlin. „Das ist eine sehr schwierige Tarifrunde, denn wir haben gleichzeitig großen Erwartungs- und Zeitdruck. Ich muss die Arbeitgeber schon jetzt vor taktischen Verzögerungen und ‚Spielchen‘ warnen, denn es gibt keine Schlichtungsvereinbarung. Wird keine Einigung erzielt, stehen die Zeichen auf Streik.“ Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, verwies auf die schwieriger werdende Nachwuchssituation bei der Polizei: „Gerade hier in Berlin haben wir immer größere Rekrutierungsprobleme. Erstens fällt der öffentliche Dienst generell seit Jahren beim Einkommen hinter der Privatwirtschaft zurück, und dann liegt die Bezahlung beim Land Berlin auch noch bis zu 20 Prozent hinter der in anderen Ländern. Hier muss in der Einkommensrunde dringend Abhilfe geschaffen werden.“ < dbb Landeschef Dietmar Knecht (Mitte) unterstützte die Demonstranten in Güstrow. Jan Brenner < Kolleginnen und Kollegen demonstrier- < Straßenwärter sorgten in Berlin für ein farbenfrohes ten in Freiburg. und lautstarkes Spektakel. Friedhelm Windmüller Euro, eine akzeptable Forderung“. Es dürfe kein weiteres Abkoppeln von der im Grundgesetz verbrieften Teilhabe der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes an der allgemeinen Einkommensentwicklung geben: „Wir brauchen jetzt einen nahtlosen Anschluss an den Abschluss bei Bund und Kommunen vom Frühjahr 2014, denn gegenüber dem TVöDBereich beträgt der Einkommensrückstand zum 1. März 2015 minus 3,9 Prozent – das sind durchschnittlich 122 Euro monatlich weniger für die Landesbediensteten.“ < Pfiffe zum Auftakt der Tarifverhandlungen in Berlin. < In Nürnberg zogen Beschäftigte durch die Stadt zur Kundgebung. tigte der Forstverwaltung, aus dem Straßenverkehrsdienst, der Finanzverwaltung, aber auch Lehrer und Beamte aus allen Verwaltungsbereichen. Doch nicht allein die Forderung nach angemessener Bezahlung vereinte Tarifbeschäftigte und Beamte im Schulterschluss. In nahezu allen Bereichen des öffentlichen Dienstes gibt es Klagen über Arbeitsverdichtung, erklärte Riehl. Es fehle an qualifiziertem Personal, und der Mangel an Nachwuchs sei im öffentlichen Dienst längst angekommen. Auch deshalb mahnt Riehl die öffentlichen Arbeitgeber und Dienstherrn eindringlich, den Forderungen der Gewerkschaften nachzukommen. < Lehrkräfte eingruppieren Lehrkräfte und Mitglieder des VBE, der Verbundenen Regionalschule sowie des Gymnasiums Sternberg (MecklenburgVorpommern) haben am 24. Februar 2015 vor Schulbeginn auf die fehlende Eingruppierung und die damit verbundene schlechte Bezahlung der angestellten Lehrerinnen und Lehrer aufmerksam gemacht. Mit Bürgerinfos erläuterten sie Eltern, Schülerinnen und Schülern sowie anderen Kolleginnen und Kollegen ihre Lage. Organisiert hatte den Infomorgen VBE-Mitglied Gottfried Hägele, „weil es nicht reicht, unsere gemeinsamen Ziele nur in den eigenen vier Wänden gut zu finden“. Unterstützt wurde er dabei vom dbb Landeschef in MecklenburgVorpommern, Dietmar Knecht, der klar machte, dass Einkommens- und Lehrereingruppierungsforderung nicht in Konkurrenz zueinander stehen. Rund 200 000 Kolleginnen und > AiR | dbb seiten | März 2015 31 fokus < ... und zogen, angeführt von dbb Tarifchef Willi Russ und dem DPolG-Vorsitzenden Rainer Wendt, zur Kundgebung vor dem Innensenat. dbb Jan Brenner Jan Brenner dbb < Justizbeschäftigte aktivierten ihre Mittagspausen unter anderem in Duisburg ... Kollegen an den allgemeinund berufsbildenden Schulen in Deutschland sind nicht verbeamtet und repräsentieren bereits jeden vierten Lehrer im Schuldienst. Aber die Bezahlung ist nicht ausverhandelt, sondern wird einseitig festgelegt, und ist so von der Willkür der Arbeitgeber in den Ländern abhängig. < fokus 32 Justiz: Wir für mehr Beschäftigte aus dem Justizbereich haben am 24. Februar 2015 bundesweit klargemacht, dass sie geschlossen hinter den Forderungen des dbb für diese Einkommensrunde stehen. Im Rahmen eines „Justiztages“ hatten der dbb und die Deutsche Justiz-Gewerkschaft (DJG) zu Aktionen in sieben deutschen Städten aufgerufen. Hunderte Kolleginnen und Kollegen traten in den Warnstreik und machten in „bewegten Mittagspausen“, oft im direkten Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern, auf die drängenden Probleme in ihrem Arbeitsfeld aufmerksam. Neben Arbeitnehmern kamen auch viele Beamte in ihrer Freizeit zu den Demonstrationen, um das gemeinsame Anliegen zu unterstützen – unter dem Motto: „Wir für mehr“. Einig waren sich alle Beteiligten auch in der Forderung nach einer zeit- und inhaltsgleichen Übertragung des Tarifergebnisses auf den Beamtenbereich.„Ein funktionierender Rechtsstaat braucht nicht möglichst viele und immer neue Gesetze, er braucht motiviertes Personal in ausreichender Zahl“, sagte Willi Russ vor Justizbeschäftigten aus Nordrhein-Westfalen auf der Kundgebung in Köln. „Aktuell stellt sich die Frage, was uns wichtiger ist: Der Rechtsstaat oder die Schuldenbremse? Un- > AiR | dbb seiten | März 2015 < ... Köln ... sere Antwort ist eindeutig.“ Ursula Winkelmann, stellvertretende Vorsitzende des Landesverbandes NRW der DJG, verwies auf den aktuellen Handlungsbedarf: „Die Justizverwaltungen stehen kurz vor dem Kollaps. Nur durch den enormen Einsatz unserer Kolleginnen und Kollegen vor Ort ist überhaupt noch ein halbwegs zuverlässiges und schnelles Bearbeiten in Sinne einer bürgernahen Justizverwaltung möglich. Die Beschäftigten gehen hierbei immer öfter über ihre gesundheitlichen Grenzen. Zudem steigt das Durchschnittsalter in den Behörden und neues Personal lässt auf sich warten.“ Der Tarifabschluss müsse eine angemessene Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen beinhalten, „als Signal einer Wertschätzung für unsere Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst“. In Potsdam machten Kolleginnen und Kollegen aus Brandenburg und Berlin auf ihre Probleme aufmerksam: Arbeitsverdichtung, hoher und langer Krankenstand, Personalabbau. Sabine Wenzel, Landesvorsitzende der DJG Brandenburg, sagte: „Befristete Einstellungen bringen nur eine scheinbare und zeitlich sehr begrenzte Entlastung. Was wir brauchen, ist eine unbefristete Übernahme von ausgebildeten Justizfachangestellten.“ Weitere Forderungen: eine verstärkte Ausbildung von Rechtspflegern und Gerichtsvollziehern und deren Übernahme, eine Anhebung der Wertigkeit von Justizwachtmeisterstellen – nach Ausbildung – in den mittleren Dienst. Niedersächsische Justizbeschäftigte trafen sich in Braunschweig und Hannover. Auch bei ihren „bewegten Mittags- dbb Jan Brenner Bernd Thissen dbb < ... Potsdam ... pausen“ standen als Themen die Arbeitsüberlastung infolge von Stellenabbau und Probleme bei der Nachwuchsgewinnung im Mittelpunkt. Eine angemessene Bezahlung, sagte der Vorsitzende der DJG Niedersachsen, Wolfgang Schmidt, könne hier Abhilfe schaffen und würde von den Kolleginnen und Kollegen auch als Zeichen der Wertschätzung ihrer verantwortungsvollen Arbeit erwartet. „Gerade im Justizdienst, wo viele von uns in den unteren Einkommensgruppen oder im einfachen Dienst sind, ist vor allem der Mindestbetrag wichtig“, sagte Klaus Plattes, Landesvorsitzender der DJG Nordrhein-Westfalen, in Duisburg. Zudem müsse der Justizdienst attraktiver für Berufsanfänger werden. „Das ist nur möglich, wenn sich die Länder wie gute Arbeitgeber verhalten, also einen sicheren Job mit guten Karrierechancen bieten. Sonst kommen keine Bewerber, und es heißt bald: Der Letzte macht das Licht aus“, mahnte Plattes. In Koblenz verdeutlichte Margot Scherer, stellvertretende Landesvorsitzende der DJG in Rheinland-Pfalz, wie wichtig ein Einkommensplus für die Kolleginnen und Kollegen im Justizbereich ist. „Wir organisieren zu fast 80 Prozent die unteren Einkommensgruppen von E 2 bis E 6 des Tarifvertrages der Länder. Hier geht es um Bruttoeinkommen von 2 330 bis 2 370 Euro.“ Im Beamtenbereich sehe es nicht viel rosiger aus. Zudem seien in den vergangenen Jahren immer mehr Aufgaben an das Personal übertragen, zugleich aber mehr und mehr Stellen abgebaut worden. Das passe nicht zusammen. „Wenn der öffent- liche Dienst auch künftig qualifiziertes Personal gewinnen und binden will, muss sich das auch in einer leistungsgerechten Bezahlung widerspiegeln.“ Auf den schon jetzt „akuten Personalmangel“ in der saarländischen Justiz wies der Vorsitzende des Landesverbandes Saar der DJG, Rudi Weber, in Saarbrücken hin. Größte Probleme verursache die prekäre Haushaltssituation des Landes. Demnach solle im öffentlichen Dienst bis 2020 nur noch etwa jede dritte frei werdende Stelle neu besetzt werden. „Mit noch weniger Personal werden wir eine funktionierende Rechtspflege kaum noch aufrechterhalten können“, warnte Weber. Hinzu komme als neue Herausforderung die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs. „Dafür wäre in der Einführungsphase auch weit mehr Personal nötig als zur Verfügung steht.“ < Gutes Geld für guten Nachwuchs Am 25. Februar 2015 kam es in mehreren Bundesländern erneut zu ganztätigen Warnstreiks im öffentlichen Dienst. In Berlin und Erfurt fanden Demonstrationen statt, in Sachsen waren Schulen in mehreren Städten betroffen. Im niedersächsischen Vechta und im nordrhein-westfälischen Hagen gab es Kundgebungen vor den dortigen Finanzämtern. An der Demonstration in Berlin nahmen über 1 000 Beschäftigte, überwiegend aus dem Bereich des Straßenbetriebsdienstes, teil. Siegfried Damm, stellvertretender Vorsitzender der dbb Bundestarifkommission, sagte dort: „Wenn die Länder guten Nachwuchs wollen, müssen sie auch gutes Geld < < Aktive Mittagspause in Vechta. und konkurrenzfähige Arbeitsbedingungen bieten. Außerdem brauchen wir Übernahmegarantien für die jungen Leute, sonst steht der öffentliche Dienst als Verlierer im Wettbewerb um die besten Köpfe bereits fest.“ Damm, der zugleich Bundesvorsitzender der Fachgewerkschaft der Straßen- und Verkehrsbeschäftigten (VDStra) ist, betonte zudem: „Arbeitsverdichtung durch Personalabbau, Investitionsrückgang, Dienst zu ungünstigen Zeiten und fehlender Gesundheitsschutz sind die Früchte der Sparpolitik auf Kosten der Kolleginnen und Kollegen im Straßenbetriebsdienst.“ < Besoldung darf kein Flickenteppich sein Bei den von der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DSTG) organisierten Kundgebungen vor den Finanzämtern in Vechta, Hagen und Siegen stellten die Redner die Bedeutung der Tarifverhandlungen auch für die Beamtinnen und Beamten heraus: „Das Tarifergebnis muss zeit- und inhaltsgleich auf die Beamten und Versorgungsempfänger der Länder und Kommunen übertragen werden“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der dbb Bundestarifkommission, Karl-Heinz Leverkus, vor rund 200 Beschäftigten in Vechta. „Die Beamtenbesoldung ist in Deutschland längst zu einem Flickenteppich verkommen. Das muss ein Ende haben. Die Länder wären gut beraten, ihre Sparpolitik auf Kosten der Beschäftigten zu beenden.“ Friedhelm Windmüller Gute berufliche Perspektiven für die Jugend forderte auch Helmut Liebermann, Vorsitzender des tbb beamtenbund und tarifunion thüringen, bei der Demonstration in Erfurt mit mehreren hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmern: „Die Herausforderungen der Zukunft anzunehmen bedeutet auch, die Nachwuchsproblematik im öffentlichen Dienst in den Griff zu bekommen.“ Die Einkommensrunde sei die erste Herausforderung für die neue rot-rot-grüne Lan- desregierung in Thüringen, die „beweisen muss, dass sie die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, die unser Land 24 Stunden täglich am Laufen halten, angemessen an der wirtschaftlichen Entwicklung beteiligen will“. < „Das war eine komplizierte und schwierige Verhandlungsrunde ohne große Fortschritte,“ kommentierte Willi Russ, am 27. Februar 2015 in Potsdam die erneute Vertagung der Tarifverhandlungen. „Es fällt mir schwer, auf dem jetzigen Verhandlungsstand Kompromisslinien zu erkennen“, erklärte Russ und forderte für die entscheidende dritte Runde konstruktive Vorschläge, wie man sowohl bei den Lineareinkommen, als auch bei der Lehrereingruppierung zu tragfähigen Kompromissen kommen könne. Verbesserungen erreicht Bei der Anhörung zum Gesetzesentwurf zur Weiterentwicklung des Personalrechts der Beamtinnen und Beamten der früheren Deutschen Bundespost am 23. Februar 2015 im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages in Berlin konnten der stellvertretende dbb Bundesvorsitzende Hans-Ulrich Benra und der Bundesvorsitzende der DPVKOM, Volker Geyer, noch eine Reihe von Verbesserungen erreichen. Sie betreffen den unterwertigen Einsatz und die Zuweisung für die betroffenen Beamtinnen und Beamten der Postnachfolgeunternehmen. 33 < Hans-Ulrich Benra (links) und Volker Geyer bei der Anhörung im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags am 23. Februar 2015 in Berlin. „Anders als in der ersten Fassung des Gesetzentwurfs sind Zuweisungen nicht mehr unbefristet möglich, Widerspruch und Anfechtungsklage haben wieder aufschiebende Wirkung. Ein unterwertiger Einsatz von Beamten ohne deren Zustimmung ist nunmehr an eine klare zeitliche Begrenzung gebunden“, erklärte dbb Vize Hans-Ulrich Benra. Kernproblem bleibe aber die künftig kaum noch eingrenzbare Ausweitung der Dienstherrenbefugnisse durch die deutliche Erweiterung der Beleihungsmöglichkeiten über die im Postumwandlungsgesetz genannten drei Aktiengesellschaften Deutsche Post, Deutsche Postbank und Deutsche Telekom hinaus, die im Wege einer reinen Verordnungsermächtigung erfolgen soll. DPVKOM-Chef Volker Geyer kritisierte erneut die geplante Übertragung von Dienstherrneigenschaften auf andere Unternehmen als Post, Postbank und Telekom. Benra und Geyer kritisierten zudem, dass eine letztlich grenzenlose Beleihungsmöglichkeit mit der Sondernorm im Grundgesetz, Art. 143 b, nicht vereinbar sei. Aber auch losgelöst von den Verfassungsvorbehalten bedeute der Gesetzentwurf einen „Dammbruch“: „Hierdurch wird der Weg für weitere Ausgliederungen geebnet“, so Benra. Bei den Postnachfolgeunternehmen (PNU) der Deutschen Bundespost sind derzeit noch rund 100 000 Bundesbeamtinnen und Bundesbeamte beschäftigt. Der Bund trägt für sie als Dienstherr die Verantwortung. Die eigentliche Weiterbeschäftigungs- und Kostentragungspflicht obliegt dagegen den Postnachfolgeunternehmen. > AiR | dbb seiten | März 2015 aktuell < ... und Koblenz. Anhörung zum Postpersonalrechtsgesetz: Jan Brenner Thomas Frey Frank Wollinger dbb dbb Transatlantisches Freihandelsabkommen TTIP: dbb unterstützt Bürgerdialoge „Chancen und Risiken liegen bei TTIP nah beieinander. Mehr Transparenz würde den teils hitzig geführten öffentlichen Diskussionen gut tun“, erläutert der stellvertretende dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach mit Blick auf den bisherigen Verhandlungsverlauf. Ein besserer Einblick in die zur Diskussion stehenden Themen sei notwendig. Auch der dbb spricht sich klar für vertrauensbildende Maßnahmen für den > AiR | dbb seiten | März 2015 Jan Brenner spezial 34 Seit Herbst 2014 können Bürgerinnen und Bürger bei den Bürgerdialogen im offenen Austausch mit Experten und Interessensvertretern über die Vor- und Nachteile von TTIP diskutieren. Die überparteiliche Europa-Union als Veranstalterin will, so heißt es in der Beschreibung der Veranstaltung, „eine faire und sachliche inhaltliche Auseinandersetzung“ mit TTIP ermöglichen. Sowohl Kritiker als auch Befürworter kommen gleichermaßen zu Wort und können ihre Argumente präsentieren. Den bisherigen Bürgerdialogen in Kiel, Nürnberg, Leverkusen und Pforzheim folgen weitere Veranstaltungen am 19. März in Hannover und am 12. Mai in Dortmund. Darüber hinaus sind mehrere Termine in Planung. Europa-Union Wenige Fakten, unzählige Meinungen. So wirkt bisweilen die öffentliche Diskussion zum transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP. Bis vor Kurzem war nicht einmal das Verhandlungsmandat der Kommission bekannt. Trotzdem oder vielleicht auch gerade deshalb wurde wohl nie zuvor so emotional und mit so großer Beteiligung über ein multilaterales Handelsabkommen diskutiert. Teils verdichtet sich die Debatte auf Schlagwörter – Chlorhühnchen! – die allerdings an den tatsächlichen Herausforderungen vorbeigehen. Die Europa-Union Deutschland ruft seit Ende des Jahres zu Bürgerdialogen auf, um die Diskussion zu versachlichen. Der dbb ist als Partner dabei. < dbb Vize Ulrich Silberbach fordert mehr Transparenz im Ablauf der Verhandlungen. weiteren Verlauf der Verhandlungen aus: „Wir bedauern die fehlende Transparenz. Sie herzustellen mag in internationalen Verhandlungen kompliziert sein. Demokratische Legitimation geht aber nicht ohne Transparenz“, bekräftigt Silberbach. Das sei notwendig, um die Debatte besser auf Grundlage von Fakten führen zu können. Einen wichtigen Beitrag zur Transparenz leisteten die europäischen Staats- und Regierungschefs im Herbst 2014, als sie der Offenlegung des Verhandlungsmandats der Europäischen Kommission zustimmten. Zuvor waren die Dokumente allerdings bereits teilweise an die Öffentlichkeit gelangt. Einzelne konkrete Zwischenergebnisse aus den Verhandlungen werden hingegen nicht systematisch veröffentlicht. Der dbb Vize fordert daher, dass schon vor dem Ende der Verhandlungen einige besonders kritische Fragen beantwortet werden müssten. „Aus kommunaler Sicht besteht dringender Klärungsbedarf, ob das Abkommen die Organisationsfreiheiten von Kommunen beispielsweise in der Ver- und Entsorgung aushöhlt. Leistungen der Daseinsvorsorge darf TTIP nicht infrage stellen.“ Der stellvertretende Vorsitzende des bayerischen Beamtenbunds (BBB), Hermann Benker, sprach sich während eines Bürgerdialogs in Nürnberg im Dezember zudem für große Vorsicht bei den Verhandlungen aus: „Sozial-, Gesundheits- und Umweltstandards müssen sich am Gemeinwohl orientieren und von demokratisch gewählten Gremien legitimiert werden. Diese Regularien dürfen keinesfalls durch internationale Verträge ausgehebelt werden, ebenso wenig wie Arbeitnehmerrechte.“ Position des dbb sei weiterhin, mitzugestalten und sich nicht der Diskussion zu verweigern. Dennoch dürften keine roten Linien überschritten werden. ▶ < Webtipp Aktuelle Termine und Berichte zu bereits beendeten Bürgerdialogen finden sich hier: http://www.europa-union. de/ttip-buergerdialoge/ Eine Onlinediskussion zu den aktuellen Themen und den Positionen der an den Bürgerdialogen beteiligten Partner wird auf Publixphere geführt:https://publixphere.net/i/publixpherede/category/125 Das Verhandlungsmandat der Europäischen Kommission steht seit Oktober 2014 online: http://data.consilium. europa.eu/doc/document/ ST-11103-2013-DCL-1/en/pdf dbb < Hintergrund TTIP: Europa-Union Seit 2013 verhandeln die Europäische Union und die Vereinigten Staaten von Amerika über ein transatlantisches Freihandelsabkommen (englisch: Transatlantic Trade and Investment Partnership – TTIP). Ziel des Abkommens soll der möglichst weitgehende Abbau von Handelshemmnissen sein. Der Handel zwischen den beiden Wirtschaftsräumen umfasst schon jetzt fast ein Drittel des weltweiten Handelsvolumens. Befürworter des Abkommens glauben, dass insgesamt bis zu zwei Millionen neue Arbeitsplätze auf beiden Seiten des Atlantiks entstehen könnten. Kritiker zweifeln hingegen, ob es überhaupt messbare positive Effekte geben wird. Gegenstand der Verhandlungen sind hauptsächlich die Öffnung öffentlicher Aufträge, Lebensmittelgesetze und Gesundheitsstandards,Umweltstandards, Industriestandards und die Deregulierung des Finanzsektors. < Der stellvertetende Vorsitzende des Bayerischen Beamtenbundes, Hermann Benker (links), stand Moderator Thomas Viewegh beim TTIPBürgerdialog in Nürnberg Rede und Antwort. Klar sprechen sich Silberbach und Benker gegen die Einführung von neuen Schiedsverfahren aus. Der dbb Vize sagt dazu: „Wir haben unabhängige Gerichte in der EU und den USA und einen klar geregelten Rechtsstaat. Wozu bedarf es dieser Schiedsgerichte?“ Silberbach warnt außerdem davor, TTIP könne sich zu sehr am Ideal der freien und unregulierten Märkte orientieren. „Was freie und ungezügelte Märkte anrichten können, in denen staatliche Regulierung nicht ausreichend greift, hat die Wirtschafts- und Finanzkrise gezeigt.“ sy Drei Fragen an EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström zum Thema TTIP: ? Malmström: In erster Linie geht es natürlich um den wirtschaftlichen Nutzen, den wir für Europa erwarten. Heute hängen in Europa etwa 30 Millionen Arbeitsplätze vom Export ab, sieben Millionen davon in Deutschland. Handel ist der Grundstein des europäischen Wohlstandes. Es ist unbestritten, dass TTIP neue Exportmöglichkeiten und damit auch Wachstum und Arbeitsplätze schaffen kann. Genau diese Effekte haben wir im Übrigen in unseren Abkommen, die wir in letzter Zeit abgeschlossen haben, etwa mit Korea, bekommen. Die gesamte deutsche Automobilindustrie, ein beträchtlicher Arbeitgeber in Deutschland, sieht TTIP als eine großartige Gelegenheit. Außerdem – und das ist spezifisch für TTIP – wird das Abkommen insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen nutzen. Es kostet Unternehmen gerade aus dem EU-Kommission Was sind die Chancen des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP für Deutschland? < Die Schwedin Cecilia Malmström ist seit Februar 2010 Mitglied der EU-Kommission. Mittelstand viel Zeit und Geld, zusätzlich zu den europäischen auch die amerikanischen Regeln und Richtlinien zu erfüllen. Oft ist das eine bürokratische Doppelanforderung. Wichtig ist aber auch, dass TTIP uns Europäern helfen wird, unsere Werte und Standards in einer unsicheren Welt zu schützen. Indem wir unsere Partnerschaft mit den Vereinigten Staaten stärken, können wir Vorbild für andere sein und unsere Werte bezüglich Handel, Arbeitsrechten und Umweltschutz bewerben. Das hat für mich eine strategische Dimension, in der es auch um die aktive Gestaltung der Globalisierung geht. Die Herausforderungen für Europa sind ernst, und TTIP ist eine ernste Antwort auf diese Herausforderungen. lichen Ausschreibungen in den USA beteiligen zu können, und umgekehrt. Aber es gibt Befürchtungen, dass damit die öffentliche Daseinsvorsorge in Deutschland bedroht sein könnte. Was ist da dran? Wo sehen Sie in den Verhandlungen rote Linien? Was darf nicht in das Abkommen, was läge nicht in europäischem Interesse? Malmström: Diese Sorgen sind unbegründet. Die öffentliche Daseinsvorsorge ist fest in den europäischen Verträgen verankert und ist ein Gut, das die Kommission bisher in allen Handelsabkommen klar verteidigt hat. So wird es auch in TTIP sein. Übrigens hat auch die amerikanische Seite betont, dass für sie öffentliche Dienstleistungen nicht infrage gestellt werden sollten. ? Malmström: Ich verstehe jeden, der unsere Werte schützen will. Auch ich möchte das und werde das tun. Daher würde ich nie ein Abkommen aushandeln, das unsere strikten Standards bei Lebensmittelsicherheit, Gesundheit oder Umweltschutz senken würde. Oder eines, das die Daseinsvorsorge gefährden würde. Oder eines, das Produkte im europäischen Markt zulassen würde, die heute nicht verkauft werden dürfen. ? Für europäische Firmen ist es sicher sehr attraktiv, sich zu fairen Bedingungen an öffent- < Info Das ausführliche Interview mit der EU-Handelskommissarin online in dbb europathemen aktuell: http://www.dbb.de/file admin/pdfs/europathemen/ dbb_europathemen_ 150102.pdf > AiR | dbb seiten | März 2015 35 spezial Ich verstehe jeden, der unsere Werte schützen will der der Hauptversammlung der dbb bundesfrauenvertre tung ein außergewöhnlicher Punkt auf der Agenda. Zur Er frauenvertretung darstellt. Während der Sitzung fanden erste Dreharbeiten zu diesem sammlungsmitglieder mit viel Engagement und vollem Ein satz debattierten und Stich punkte aus der frauen und Willen: „Gar nicht so einfach, dbb locker zu bleiben, wenn die Kamera läuft …“ seb Anerkennung von Kindererziehungszeiten im Beamtenrecht: Systemgerechtigkeit unverzichtbar Dass der Bund und die große Mehrzahl der Länder sich wei gern, Maßnahmen des Renten < Die Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung begrüßte dbb Chef Klaus Dauderstädt am zweiten Tag der Hauptversammlung in Königswinter. versicherungsleistungsver besserungsgesetzes auf die Beamtinnen und Beamten zu übertragen – sowohl beim ab schlagsfreien Zugang mit 63 als auch bei der Kindererzie hung – sei ungerecht, so die Kritik des dbb Chefs. Er bekräf tigte seinen bereits auf der Jahrestagung des dbb Anfang Januar in Köln gemachten Vor schlag, das Thema gegebenen falls zu vertagen, bis der Bun destag sich ohnehin wieder mit Fragen der Beamtenversor gung beschäftigt. Dies sei al lerspätestens 2017 der Fall. Die Vorsitzende der dbb bun desfrauenvertretung, Helene Wildfeuer, sagte: „Es ist gut und richtig, dass der dbb beam tenbund und tarifunion sich ge meinsam mit uns für eine sys temgerechte und eigenständige Anerkennung der Kindererzie hungszeiten in der Versorgung der Beamtinnen und Beamten einsetzt. Aus meiner Sicht wäre eine Verdopplung der Anrech nungszeiten bei der ruhege haltfähigen Dienstzeit für vor 1992 geborene Kinder auf zwölf Monate das richtige Sig nal. Der Freistaat Bayern zeigt uns, dass es geht. Kindererzie hung muss gesellschaftlich wertgeschätzt werden, egal, ob die Mütter Angestellte oder Beamtinnen waren und sind.“ 37 spezial Dauderstädt erinnerte daran, dass „das Modell der ‚wir kungsgleichen Übertragung‘ zwischen Arbeits und Sozial recht einerseits und Beamten recht andererseits vom dbb im mer dann akzeptiert wurde, wenn Eingriffe ohne Übermaß und systemkonform vollzogen wurden“. So habe der dbb auch keine EinszueinsÜbertra gung der Mütterrente gefor dert, sondern eine systemkon forme Fortentwicklung der Anerkennung von Kindererzie hungszeiten im Beamtenver sorgungsgesetz. Sandra Elena Brauckmann „Systemgerechtigkeit bleibt für den dbb unverzichtbar.“ Dies gelte sowohl für die Übertragung der Ergebnisse von Einkommensrunden als auch für die Übernahme sozialpolitischer Vorlagen. Das hat Klaus Dauderstädt, der Bun desvorsitzende des gewerkschaftlichen Dachverbandes, deutlich gemacht. Vor der Hauptversammlung der dbb bundesfrauenvertretung in Königs winter sagte er am 31. Januar 2015, diese Haltung werde der dbb trotz der Widerstände in der Politik nicht preisgeben. dbb Tarifeinheitsgesetz: Auf tönernen Füßen fokus 38 In Aussicht gestellt wird zudem die „Wahrung des Betriebsfriedens“ in vielen Großunternehmen: Denn bestimmte kleine Berufsgruppen mit spezialisierten Jobs in unverzichtbaren Schlüsselstellungen, wie etwa Lokführer, Piloten oder Ärzte, sollen sich mit ihren schlagkräftigen Spartengewerkschaften bei Tarifverhandlungen nicht länger ein überproportional großes Stück vom Verteilungskuchen sichern können, sodass infolge für die anderen Beschäftigten des Unternehmens weniger übrig bleibt – so wird jedenfalls in der Begründung des Entwurfes argumentiert. Für viele Funktionäre der Wirtschaft – wie auch für Verfechter der Einheitsgewerkschaft – ist die Welt nicht mehr in Ordnung, seit das Bundesarbeitsgericht (BAG) 2010 den bis dahin gültigen Grundsatz der Tarifeinheit aufgegeben und verschiedene Tarifverträge konkurrierender Gewerkschaften für dieselbe Beschäftigtengruppe ermöglicht hat. Was Schwarz-Gelb trotz des Versprechens der Kanzlerin an die Wirtschaft nicht gelang, soll nun eine SPD-Arbeitsministerin reparieren: Die vom > AiR | dbb seiten | März 2015 BAG gekippte Tarifeinheit per Gesetz wiederherstellen und nur der Gewerkschaft bei Tarifrunden das Verhandlungsrecht zubilligen, die unter den Beschäftigten die meisten Mitglieder hat. Juristisch steht das Vorhaben auf tönernen Füßen. Das Grundrecht, sich in Gewerkschaften oder Vereinigungen zu organisieren, wie auch das Streikrecht sind hohe Verfassungsgüter. „Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig“, heißt es dazu im Grundgesetz (Art. 9 Abs 3). Vergessen wird bei der Auseinandersetzung allerdings zu leicht, dass die Arbeitgeber das Zerfleddern der deutschen Tariflandschaft in den vergangenen Jahrzehnten erheblich mit forciert haben: Tarifflucht von Unternehmen, Zerteilung von Großunternehmen in immer mehr kleinere, organisatorisch selbstständige Betriebseinheiten, zudem die Gründung von zahlreichen „Töchtern“, um den inzwischen als zu teuer empfundenen Tarifvertrag des Stammhauses unterlaufen ©virtua73 – fotolia.com Die Versprechungen von Bundesregierung und Koalition klingen für viele zunächst verheißungsvoll: Der Gesetzentwurf zur Regelung der Tarifeinheit soll die in jüngster Zeit häufig als nervig empfundenen Streiks bei der Bahn und im Flugverkehr eindämmen, das überkommene Prinzip „Ein Betrieb – ein Tarifvertrag“ wiederherstellen und letztlich Tarifkollisionen zwischen konkurrierenden Gewerkschaften vermeiden. zu können – und nicht zuletzt im öffentlichen Dienst die Privatisierung oder Teilprivatisierung von immer mehr Einrichtungen der Daseinsvorsorge. Alle diese grundsätzlichen Probleme geht der Gesetzentwurf leider nicht an. Sprachlich „abrüsten“ in dem Konflikt sollten aber auch kleinere Gewerkschaften, wie die Gewerkschaft der Lokführer (GDL), die jetzt einen Vernichtungsfeldzug beschwört und gar einen totalen Angriff auf ihre Existenz sieht. Auch vor dem BAG-Urteil hatte es Spartengewerkschaften und andere Berufsvertretungen neben den Großgewerkschaften gegeben. Richtig ist allerdings: Eine kleine Gewerkschaft, die wegen ihrer geringen Mitgliederzahl für bestimmte Beschäftigtengruppen nicht eigenständig Tarifverhandlungen führen und auch zum Streik aufrufen kann, verliert an Attraktivität. Ein Ende der Organisation muss das aber noch lange nicht bedeuten – wie die Geschichte vieler kleinerer Berufsvertretungen in Deutschland zeigt. Nicht alle Beschäftigten sehen in Großgewerkschaften die Identität ihres speziellen Berufes widergespiegelt. Dass es auch anders geht, machen dbb beamtenbund und tarifunion und ver.di seit Jahren mit ihrer freiwilligen Tarifgemeinschaft für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes erfolgreich vor. Für viele liegt auf der Hand: Dieser Gesetzentwurf wird angesichts zerklüfteter Unternehmensstrukturen auch künftig eigenständige Tarifverhandlungen für bestimmte Beschäf tigtengruppen nicht verhindern können. Denn: Ohne Lokführer fährt kein Zug. Da mag der Schaffner noch so viel kontrollieren und alle Weichen richtig gestellt sein. Karl-Heinz Reith < Info Der Autor, Jahrgang 1949, ist Journalist und Fachautor in Berlin. Bis Ende 2014 war er über drei Jahrzehnte als bundespolitischer Korrespondent der Deutschen Presse-Agentur dpa mit den Schwerpunktthemen Sozial-, Bildungs- und Familienpolitik tätig. dbb ©Spectral-Design – fotolia.com Glosse: Private und öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten sind sich nicht grün, aber hinsichtlich der Grundversorgung der Zuschauer mit Pseudo-RealityTV à la Sex & Crime ziemlich einig: Munter wird auf allen Kanälen gestohlen und betrogen, gemordet und geraubt. Die Kommissare im Einsatz, von der Hafenkante bis zur Soko Alpenglühen, hetzen von Tatort zu Tatort, und die Richter Salesch und Hold kommen mit ihren Urteilssprüchen kaum noch nach. Selbst die Bergretter stehen im Dauerkampf gegen geballte kriminelle Energie, und der Landarzt kittet am Ende oft genug die gebrochenen Herzen und Seelen. All das geschieht selbstredend nicht von unge- fähr, sondern gehorcht einer geheimen Absprache zwischen den Programmmachern und den politisch Verantwortlichen in den Rundfunk- und Fernsehräten, die ganz genau wissen, was die sie entsendenden gesellschaftlich relevanten Bevölkerungsgruppen sehen oder hören sollen: Soaps. Die Soaps (Seifen/Reinigungen) haben nämlich still und leise die Funktion der Katharsis (griechisch: Reinigung) der antiken Tragödie übernommen: Das gegen die Gesellschaft gerichtete unmoralische Handeln der Hauptfiguren führte damals wie heute durch Enttarnung und Bestrafung zur „Reinigung“ von bestimmten Affekten, zur Läuterung der Seele. Will sagen, wem tagtäglich vor Augen geführt wird, dass es sich in keiner Situation seiner Lebenswirklichkeit lohnt, Böses zu tun, weil am Ende stets das Gute obsiegt, der wird schließlich das stille Glück im Winkel, sprich dauerhaft vor der Flimmerkiste, suchen und ein verantwortungsbewusstes Mitglied der Gesellschaft werden. Der Clou: Weil schließlich alle per se brav und ehrlich sind, benötigen wir weniger Polizisten, weniger Justizbedienstete, weniger Steuerfahnder oder weniger Schwarzarbeitskontrolleure. Vielleicht benötigen wir sogar weniger Politiker, denn es reicht allemal, wenn die überschaubare Schar der Talkshow erprobten Politikagitatoren ihre meinungsbildenden Debatten vor laufenden Kameras abhalten, statt im Bundestagsplenum vor gerade mal 600 Zuschauern. Auch politische Katharsis braucht breites Publikum. sm 39 spezial Der Clou > AiR | dbb seiten | März 2015 dbb Sozial- und Erziehungsdienst: Unsere Gesellschaft diversifiziert und beschleunigt sich zunehmend. Der Leistungsdruck steigt. Immer weniger Beschäftigte müssen immer mehr Aufgaben immer schneller erledigen. Von der „Generation Überforderung“ ist in den Medien bereits die Rede. Schon Kinder werden zwi- Langfristig müssen die Ursachen und vor allem mögliche Lösungen für diese Problematik diskutiert werden. Neben den Gewerkschaften ist hier die Politik gefragt, gesamtgesellschaftliche Prozesse anzustoßen, die geeignet sind, um Druck aus dem Kessel zu nehmen. Das wird nicht inner- reparieren zu helfen, die die Gesellschaft verursacht. Deswegen ist es jetzt an der Zeit, ihre Arbeit deutlich aufzuwerten, was die öffentliche Wertschätzung, aber auch, was die Einkommens- und Arbeitsbedingungen betrifft. < Vielfältiges Spektrum Es sind nicht nur die offensichtlichen Berufe, die den Wert des Sozial- und Erziehungsdienstes ausmachen. Erzieherinnen und Erzieher zum Beispiel stehen im Fokus des öffentlichen Interesses, weil sie Eltern ermöglichen, ihrem Broterwerb nachzugehen, während sie in den Kindertagesstätten den Kleinsten ei- nen gangbaren Weg in ein kompliziertes Leben ebnen. Dass sie die Kinder nicht nur gut verwahren, sondern dabei pädagogische Höchstleistungen abliefern, sieht kaum jemand. Von der Kita zur Schule: Angesichts steigender Zahlen von Schulabbrechern hat die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Brunhild Kurth, jüngst mehr Sozialarbeiter an Schulen gefordert. „Die Lehrer allein können es nicht richten. Denn Schüler ohne Hauptschulabschluss stammen meist aus schwierigen Familien, sie brauchen besondere Begleitung, weil die Eltern das nicht leisten können. Dazu sind auch Sozial- < dbb Mitglieder aus dem Sozial- und Erziehungsdienst diskutierten im Rahmen der Wertschätzungstage mit dbb Verhandlungsführer Andreas Hemsing, hier am 23. Januar 2015 in Brandenburg an der Havel ... schen Erziehung, Schule und elterlich verordneten Freizeitaktivitäten zerrieben. Wer mithält, bekommt ein dickes Stück vom Kuchen ab. Auf der anderen Seite fallen immer mehr Menschen durch das Raster, die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich weiter. > AiR | dbb seiten | März 2015 halb von Monaten oder wenigen Jahren möglich sein. Bis dahin wird die Arbeit der Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst nicht leichter, aber immer wichtiger, denn die Kolleginnen und Kollegen versuchen oft nichts weniger, als die Schäden am Individuum Friedhelm Windmüller spezial 40 Sie arbeiten hart für unsere Gesellschaft, haben eine aufwendige Ausbildung genossen und engagieren sich täglich für Bürgerinnen und Bürger. Viele von ihnen arbeiten direkt in sozialen Brennpunkten und sorgen dafür, dass Menschen wieder auf die richtige Bahn kommen. Damit leisten sie einen unschätzbaren Dienst am Gemeinwohl. In ihrer Vergütung spiegelt sich das allerdings nicht wider. Im Dezember 2014 sind die Eingruppierungsregelungen für die rund 722 000 Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst gekündigt worden. Zeit, etwas zu bewegen. Friedhelm Windmüller ©Ennira – fotolia.com Ein starkes soziales Netz braucht Pflege < ... und am 27. Januar in Aachen. dbb Auch für die Arbeitswelt ist der Sozial- und Erziehungsdienst unverzichtbar: Arbeitserzieher arbeiten mit Menschen mit und ohne Behinderungen, um ihnen die Integration in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Bei ihnen stehen Resozialisierung und Rehabilitation im Fokus, während sich Fachkräfte zur Arbeits- und Berufsförderung zum Beispiel darum kümmern, dass Menschen mit Behinderungen im Idealfall wieder in den primären Arbeitsmarkt integriert werden können. In Behindertenwerkstätten wagen sie den Spagat zwischen betriebswirtschaftlichem Ansatz und behindertenpädagogischem Anspruch, was ihnen ein Höchstmaß an Flexibilität und Kraft abverlangt. Viele medizinische Berührungspunkte haben auch die Erzieherinnen und Erzieher in Krankenhäusern und Psychiatrien. Ihnen geht es darum, den Heilungsprozess besonders von Kindern und Jugendlichen mit psychischen oder somatischen Erkrankungen zu begleiten. Ähnlich wie Heilpädagogen, die sich bemühen, die gesellschaftliche Teilhabe beeinträchtigter Menschen zu gewährleisten, arbeiten sie dabei eng mit Ärzten und Pflegern zusammen. Heilerziehungspfleger sind sozialpädagogisch und pflegerisch ausgebildete Fachkräfte, die assistieren, pflegen, beraten und bilden, womit sie eine ganzheitliche, auf das Handicap des einzelnen abgestimmte Behandlung garantieren. Flankiert von den Kolleginnen und Kollegen in der offenen Jugendarbeit, den Erzieherin- Wenn einem das Leben über den Kopf wächst Es sind nicht nur Kinder und Jugendliche, die Hilfe brauchen. Auch vielen Erwachsenen wächst das Leben mittlerweile über den Kopf. Beschäftigte der Lebens- und Konfliktberatung stärken mit ihrer Arbeit zum Beispiel Familien in kritischen Situationen wie Scheidungen oder bei Verschuldung. Sie beraten Migranten im Asylrecht, sie helfen bei der Prävention drohender Obdachlosigkeit oder unterstützen Menschen bei der Beantragung von Sozialleistungen. Lothar Drechsel < < Gerade junge motivierte Kräfte im Sozial- und Erziehungsdienst suchen berufliche Perspektiven und finanzielle Anerkennung, wie hier auf dem Wertschätzungstag am 28. Januar 2015 in Saarlouis. < DBB NRW Landeschef Roland Staude (links) und dbb Verhandlungsführer Andreas Hemsing (rechts) betreuten den Wertschätzungstag in Mönchengladbach. Hier mit Sandra van Hermskerk (komba, zweite von links) und Marieluise Baumeister, Vorsitzende des FB Erziehung der komba gewerkschaft nrw. nen und Erziehern an Ganztagsschulen, bei der Lebensund Konfliktbewältigung, bei den sozialen Diensten nach SGB XII und den Sozialdiensten an Krankenhäusern ist diesen Berufsgruppen neben ihrem sozialen und gesellschaftlichen Engagement ein weiteres Merkmal gemeinsam: Der für die harte Arbeit zu geringe Verdienst. Nachdem die Gewerkschaften Ende Dezember 2014 die Eingruppierungsvorschriften für den Sozial- und Erziehungsdienst gekündigt haben, wird 2015 neu mit der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) verhandelt. < Jetzt Einkommen verbessern Für die bevorstehenden Tarifverhandlungen zum Sozial- und Erziehungsdienst hat die Bundestarifkommission (BTK) des dbb in ihrer Sitzung am 18. Dezember 2014 eine echte Wertschätzung und bessere Bezahlung der Berufe im Sozial- und Erziehungsdienst gefordert und entsprechende Eckpunkte beschlossen. Neben der grundsätzlichen Höhergruppierung der Berufe in der S-Entgelttabelle beinhaltet das Forderungspaket des dbb unter anderem die Erweiterung der S-Entgeltgruppe, die volle Anerkennung der Vorbeschäftigung bei einem Stellenwechsel, die stufengleiche Höhergruppierung, die Berücksichtigung von Zeiten für Vor- und Nacharbeit im Erziehungsdienst und die eingruppierungswirksame Anerkennung von Masterabschlüssen. Darüber hinaus sollen alle Tätigkeitsmerkmale überprüft und aktualisiert werden, ebenso wie die Berufe, Berufsbezeichnungen, Abschlüsse und Einrichtungen einer Überprüfung unterzogen werden sollen. Weiter arbeitet der dbb darauf hin, dass Zusatzqualifikationen besser berücksichtigt werden und fordert Neuregelungen für die Leitungspositionen. So sollen zum Beispiel die Eingruppie- > AiR | dbb seiten | März 2015 41 spezial Dieses Beispiel verdeutlicht die immense Wichtigkeit der Schulsozialarbeit: Die Beschäftigten wirken als Vermittler zwischen Schülern, Lehrern und Eltern. Besonders an Schulen mit hohem Migrantenanteil oder vielen sozial schwachen Schülern tun sie dies in einem immer rauher werdenden Umfeld und verhindern damit bestenfalls, dass später ihre Kollegen ans Werk müssen, etwa die der Jugendgerichtshilfe. Diese arbeiten noch enger an gesellschaftlichen Schnittstellen, bei denen viele gern wegsehen, wie der Jugendgerichtshilfe: Sie betreuen straffällig gewordene Jugendliche ab 14 Jahren nicht nur während des Strafverfahrens, sondern kümmern sich auch um den weiteren Weg des jungen Menschen nach dem Urteil. Ziel der anspruchsvollen Aufgabe ist es, Jugendliche weg vom Rand der Gesellschaft zurück in ein geordnetes Leben zu bringen. Friedhelm Windmüller arbeiter gefragt. Schule allein kann nicht die Reparaturwerkstatt der Nation sein“, sagte sie dem Handelsblatt. Statt eines breit angelegten Bundesprogramms für mehr Sozialarbeiter befürwortet Kurth eine Aufstockung der Bildungshaushalte der Länder, finanziert zum Beispiel aus den Einsparungen von rund 1,2 Milliarden Euro, die der Bund durch die Übernahme der BAföG-Mittel generiert. dbb Der sich abzeichnende Personalmangel wird nicht nur dazu führen, neues und gut qualifiziertes Personal gewinnen zu müssen. Maßgebend wird auch sein, dem vorhandenen Personal gute Rahmenbedingungen zu bieten, damit dieses ein Erwerbsleben lang gesund und einsatzfähig bleibt. Der dbb Verhandlungskommission für den Sozial- und Erziehungsdienst wurde das Recht zur detaillierten Ausgestaltung und Ergänzung der Forderung für die Tarifverhandlungen zum Sozial- und Erziehungsdienst eingeräumt. < spezial 42 Wertschätzung für Mitglieder vor Ort Im Januar 2015 sind diese Beschlüsse mit den Mitgliedern vor Ort im Rahmen der Wertschätzungstage vermittelt worden. Mit Veranstaltungen in Brandenburg an der Havel am 23. Januar, Aachen am 27. Januar, Saarlouis am 28. Januar und Mönchengladbach am 4. Februar 2015 wurden die „Wertschätzungstage“ des dbb und seiner Mitgliedsgewerkschaften beendet. Dort diskutierten die Beschäftigten aus dem Bereich des Sozial- und Erziehungsdienstes die von der dbb bundestarifkommission beschlossenen Eckpunkte für die im Frühjahr 2015 startenden Tarifverhandlungen für verbesserte Beschäftigungsbedingungen. „Im Leben von jedem Menschen kann es Momente geben, in denen man auf besondere Unterstützung angewiesen ist. Dafür gibt es in Deutschland zum Glück viele Einrichtungen. Wir stellen die Frage, was der Gesellschaft dieses starke Netz wert ist. Denn ohne angemessene Bedingungen für die Beschäftigten vor Ort wird es auf Dauer löchrig werden“, sagte dbb Verhandlungsführer Andreas Hemsing. In den bisherigen Gesprächen sei deutlich geworden, dass besonders über eine faire Eingruppierung geredet werden müsse, um die Berufe im Sozial- und Erziehungsdienst auch finanziell attraktiver zu machen. „Neben diesen grundlegenden Dingen gibt es aber noch viele weitere Themen, die die Beschäftigten bewegen: Da geht es etwa um die Anerkennung von Fortbildungen, längere Erholungsphasen, besseres < Was ist Eingruppierung? Die Eingruppierung regelt die Zuordnung der auszuübenden Tätigkeit zu einer Entgeltgruppe. Die richtige Entgeltgruppe bestimmt sich dabei nach dem Grundsatz der Tarifautomatik: Allein aufgrund der Tatsache, dass die auszuübende Tätigkeit die Tätigkeitsmerkmale einer Entgeltgruppe oder Vergütungsgruppe erfüllt, haben Beschäftigte einen Anspruch auf Bezahlung nach eben dieser Entgeltgruppe. Die Eingruppierung ist somit eine Rechtsanwendung und nicht etwa ein rechtsgestaltender Akt, wie beispielsweise die Willenserklärung des Arbeitgebers. Aufgrund dessen „sind“ Beschäftigte eingruppiert. Der leider gelegentlich noch immer genutzte Sprachgebrauch, nach dem Beschäftigte eingruppiert „werden“, ist tarifrechtlich falsch. Die Eingruppierung ergibt sich für den Geltungsbereich des Tarifvertrages für die Länder (TV-L) nach § 12 TV-L, für den Geltungsbereich des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) nach den §§ 17 TVÜ und 22 BAT/BAT-O. Die Eingruppierungsmerkmale finden sich für den Geltungsbereich des TV-L in der Entgeltordnung zum TV-L, für den Geltungsbereich des TVöD bestimmt sich – mangels einer eigenen Entgeltordnung – die Eingruppierung noch immer nach den Anlagen 1 a/1 b zum BAT (Bundes-Angestelltentarifvertrag) und etwaigen landesbezirklichen Eingruppierungsregelungen. Dies ergibt sich aus § 17 Abs. 1 Satz 1 TVÜ i. V. m. § 22 Abs. 1 BAT. Gesundheitsmanagement, mehr Zeit für die Vor- und Nachbereitung und – das ist ganz besonders wichtig für die Nachwuchsgewinnung – ein Ende der Befristungen von Stellen“, erklärte Hemsing. Die Berufsbilder müssten insgesamt attraktiver werden: „Wenn die Belastungen weiter steigen, bekommen wir immer größere Probleme. Erstens werden die Beschäftigten früher aus dem Beruf ausscheiden, weil sie Ausschuss für Arbeitsmedizin: dbb Vertreter berufen Am 10. Februar 2015 hat sich beim Bundesminis terium für Arbeit und Soziales (BMAS) der Aus schuss für Arbeitsmedizin (AfAMed) neu konstitu iert. In dieser zweiten Berufungsperiode von 2015 bis 2020 wird sich erstmals auch der dbb an der Ausschussarbeit beteiligen. Der AfAMed, dem für den dbb Dr. Birgit Lindenthal (BVöGD) angehört, ist ein Beratungs gremium des BMAS, dessen Aufgabe es unter anderem ist, Regeln und Empfehlungen zur > AiR | dbb seiten | März 2015 Umsetzung der Vorgaben der „Verordnung zur arbeitsmedi zinischen Vorsorge (ArbMed VV)“ zu erarbeiten. Der Aus schuss trägt auf diese Weise dazu bei, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Erkran kungen vorzubeugen und die Beschäftigungsfähigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu erhalten. Gleichzeitig berät der AfAMed das BMAS in allen Fragen des medizinischen Arbeitsschutzes. In der neuen Berufungs periode stehen neben klas sischen arbeitsbedingten Gesundheitsrisiken auch neue arbeitsmedizinische Fragestellungen auf der Agen schlicht nicht mehr können. Zweitens werden sich potenzielle Nachwuchskräfte eher für andere Bereiche entscheiden. Der Trend ist schon erkennbar: Es fehlen nicht nur Stellen, um die Aufgaben qualitativ hochwertig zu erledigen. Zunehmend können vorhandene Stellen auch nicht besetzt werden, weil die Bewerber fehlen. Das zeigt: Es ist höchste Zeit zu handeln.“ br ©Zerbor – fotolia.com rungsmerkmale von Leiterinnen und Leitern sowie Stellvertreterinnen und Stellvertretern im Erziehungsdienst von Kopfzahlen als alleiniges Kriterium entkoppelt werden. da des AfAMed, wie zum Bei spiel die Digitalisierung der Arbeitswelt. Neben dem AfAMed ist der dbb mit Dr. Birgit Corell (BTB) auch im Ausschuss für Biologi sche Arbeitsstoffe (ABAS) ver treten und hat Mitglieder für den Ausschuss für Betriebssi cherheit (ABS) sowie für den Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) benannt. dbb kulisse: ©Diana Kosaric –fotolia.com Kriminelles finale 44 Leiche im Kofferaum? – Der Notruf bei der Schweriner Polizei setzte unverzüglich eine Verfolgung in Gang. Im Kofferraum einer schwarzen Mercedes-Limousine liege ein Mann. Der Fahrer habe den Kofferraumdeckel verriegelt und sei dann zügig losgefahren. Die besorgte Anruferin nahm die Verfolgung auf und gab der Polizei per Handy stets den aktuellen Standort des Wagens durch. In Lankow konnten die alarmierten Polizeibeamten den Pkw anhalten und fanden im Kofferraum tatsächlich einen Mann. Wie sich herausstellte, handelte es sich um einen Kfz-Mechatroniker, der „Klappergeräusche“ lokalisieren wollte, die nur auf Kopfsteinpflaster auftreten würden. Sein Engagement brachte ihm eine mündliche Verwarnung ein, doch trotz der Aufregung bei der Verfolgung des „Tatfahrzeugs“ endete der Polizeieinsatz mit einem allgemeinen Schmunzeln. < Nomen est omen? – Hoffentlich nicht, denn die beliebtesten Vornamen in Deutschland sind so langweilig und konservativ wie seit Jahren nicht mehr: Emma, Mia, Marie, Sophie und Astrid heißen 2014 die meisten Mädchen; bei den Jungs stehen Leon, Ben, Paul, Jonas und Luca ganz oben auf der Hitliste. Auch der Trend zum Doppelnamen hat 2014 abgenom- > AiR | dbb seiten | März 2015 men. Doch wenn Doppeloder gar Dreifachnamen vergeben werden, dann kennt die Kreativität deutscher Eltern offenbar keine Grenzen mehr: Die Kinder heißen Gloria-Princess, Kimberly-Edith, Emily-Chayenne, Aiden-Jason, Noah Henri Bennedikt oder Caroline Beate Maria. Wer glaubt, es gebe keine kreativen Einzelnamen, der irrt. Die Standesbamten registrierten unter anderem auch Diamond, Chanel, Lifted, Harmonie, Treasure, Mikado oder Fanta. Abgelehnt wurden allerdings Pfefferminze oder Borussia. < Wilde Verfolgungsjagd? – Tatort Mönchengladbach, Korschenbroicher Straße. Der BMW raste mit gut 100 Stundenkilometern, erlaubt sind 50, in Richtung Erzberger Straße, dabei überholte er sowohl rechts als auch links fahrende Pkw, ohne sich um die Verkehrssicherheit zu kümmern. Da in der Nähe zufällig eine Verkehrskontrolle durchgeführt wurde, konnte das Fahrzeug gestoppt werden. Der 28-jährige Fahrer zeigte sich indes völlig uneinsichtig, obgleich mehrere aufgebrachte Verkehrsteilnehmer ebenfalls angehalten hatten und sich als Zeugen für sein verkehrsgefährdendes Verhalten meldeten. Im Besitz einer Fahrerlaubnis war der Raser nicht, die hatte er bereits aufgrund eines vollen Punktekontos in Flensburg eingebüßt. Hauptgrund: zu schnelles Fahren. < Gewerbsmäßiger Pfandbetrug? – Flaschen sammeln und gegen Pfand eintauschen, ist das eine; Strichcodes kopieren, um mit pfandfreien Flaschen Geld zu machen, ist das andere. Ein Rentner aus Bochum hatte jedenfalls mit seinem Betrugsversuch um 25 Cent kein Glück. Die Kassiererin eines Supermarktes bemerkte die Fälschung und alarmierte die Polizei. Der Mann versuchte zwar noch, das kopierte Etikett abzuziehen und zu vernichten, doch die Beamten stellten die Beweise sicher. Obgleich es sich nur um einen Bagatellbetrag handele, müsse die Polizei die Sache verfolgen, weil Anzeige erstattet worden sei, teilte ein Polizeisprecher mit. Die Staatsanwaltschaft werde den Fall wohl wegen Geringfügigkeit einstellen, obgleich der Versuch, Pfandcodes im großen Stil zu fälschen, den Supermärkten inzwischen große Probleme bereite. < Schätze im Stausee? – Polizeitaucher führten im Dezember 2014 in der Glörachtalsperre bei Breckerfeld in Nordrhein-Westfalen Tauchübungen durch und wurden in 25 Metern Tiefe an der Staumauer fündig: Zwölf Panzerschränke, eine Registrierkasse und ein Motorrad holten sie nach und nach an die Oberfläche. Die Herkunft von drei Tresoren ist mittlerweile geklärt, sie stammen aus Einbrüchen in Lüdenscheid und Wesel. Ein Geldschrank ist sogar noch unversehrt und trägt den Aufkleber einer Hilfsorganisation. Offenbar dient der Stausee seit Längerem einer Einbrecherbande zur Entsorgung von ausgeschlachtetem Diebesgut. Viellecht wäre die Montage einer gut getarnten Überwachungskamera bei der Entlarvung der Panzerknacker hilfreich. ©Stockdonkey – fotolia.com < dbb Sozial- und Erziehungsdienst: Wertschätzung lässt sich nur durch gute Tarifverträge erreichen < dbb magazin Heute – so die Einschätzung der ASMK – wirke sich der Fachkräftemangel in Deutschland vor allem in bestimmten Regionen und Branchen aus, spätestens in 20 Jahren werde es ein flächendeckendes Problem sein, qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen. Was kann, was muss bis dahin getan werden, um beispielsweise den drastisch wachsenden Personalbedarf in der Kranken- und Altenpflege zu decken? < Heike Werner Die Problemlage in der Kranken- und Altenpflege in Thüringen ergibt sich aus den demografischen Entwicklungen einerseits und einem wachsenden Mangel an geeignetem Personal andererseits. Bedarf und Angebot werden zunehmend in einem Missverhältnis stehen, wenn nicht in geeigneter Weise gegengesteuert wird. Bereits heute schon fehlt entsprechend qualifiziertes Personal. Ein großer Teil der Pflegekräfte wandert nach dem Abschluss der Berufsausbildung nach Westdeutschland ab. Ein wesentlicher Grund dafür ist das höhere Lohnniveau. Zudem liefern sich die Pflegebetriebe einen Wettbewerb um die günstigsten Pflegeangebote. Das geht im Ergebnis auch stark zulasten der Beschäftigten. Darum müssen sich hierzulande in der Pflege sowohl die Arbeitsbedingungen als auch die Entlohnung verbessern. Ich setze mich darum für einen Branchentarifvertrag Pflege ein, der Allgemeinverbindlichkeit erlangen soll. > AiR | dbb seiten | März 2015 TSK – U. Koch aktuell 46 < Interview mit der Vorsitzenden der ASMK, Heike Werner, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie in Thüringen < dbb magazin Die abschlagsfreie Rente mit 63 haben bis zum Jahresbeginn bereits knapp 210 000 Menschen, davon besonders viele in den neuen Bundesländern, in Anspruch genommen. Konterkariert diese Entwicklung nicht Ihre Bemühungen, ältere Fachkräfte länger im Job zu halten? < Heike Werner Ich befürworte die Möglichkeit eines vorzeitigen abschlagsfreien Renteneintritts, gerade für besonders geforderte Beschäftigte. Fachpersonal länger im Beruf halten zu wollen, steht dem nicht entgegen, Arbeitgeber können dafür auch etwas tun, zum Beispiel in den Bereichen Gesundheitsmanagement, Anpassung bei Arbeitszeiten oder mit alterssensiblen Arbeitsbedingungen. Die Erwerbstätigkeit über das Regeleintrittsalter in die Rente hinaus muss aber auf freiwilliger Basis erfolgen. Es darf nicht sein, dass jemand bis ins hohe Alter hinein arbeiten muss, weil er seine Existenz nicht anders sichern kann. dbb Die Umsetzung sozialpolitischer Entscheidungen etwa im öffentlichen Gesundheitswesen oder im Verbraucherschutz beziehungsweise der Lebensmittelüber wachung erfordert neben hochwertigen modernen Arbeitsmitteln qualifiziertes Personal, doch frei werdende Stellen können nicht nachbesetzt werden, weil die Arbeits- und Einkommensbedingungen für Ärzte, Techniker oder Chemiker in der Wirtschaft wesentlich attraktiver sind als im öffentlichen Dienst: Sparen wir zulasten der Volksgesundheit, Frau Werner? < Heike Werner Verwaltungsmodernisierung, Personalabbau, demografischer Wandel, steigende Aufgabenfülle und die Situation öffentlicher Haushalte beeinflussen das Verwaltungshandeln. Fehlende Fachkräfte sind allerdings kein exklusives Problem des öffentlichen Dienstes. Der Fachkräftebedarf wird in allen Branchen steigen. Natürlich steht die Verwaltung dabei auch in Konkurrenz zur Wirtschaft. Im Fokus stehen dabei häufig die Verdienstund Karrieremöglichkeiten. Hier gibt es gerade im Osten stellenweise noch einiges aufzuholen. Dennoch sollten die Arbeits- und Einkommensbedingungen im öffentlichen Dienst nicht kleingeredet werden. Nicht nur in wirtschaftlich bewegten Zeiten bietet eine Anstellung in der Verwaltung Sicherheit und Planbarkeit, dazu kommen eine bessere Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf oder flexible Arbeitszeitregelungen. Handlungsbedarf besteht aber mit Blick auf die demografische Zusammensetzung der Belegschaften oder bedingt durch den stetigen Druck auf die Personalausgaben in öffentlichen Haushalten. Klar ist aber auch, dass die Aufgaben bestmöglich erfüllt werden müssen. < dbb magazin Soziale Politik gestalten, heißt jeden mitzunehmen. Doch das wird angesichts des fehlenden oder am Limit arbeitenden Personals in Kitas, Behinderteneinrichtungen oder in der Jugendarbeit immer schwieriger. Die sozialen Berufe bedürfen dringend größerer Wertschätzung. Durch welche Maßnahmen lässt sich das erreichen, Frau Ministerin? < Heike Werner Wertschätzung erfolgt in erster Linie durch gute Arbeitsbedingungen. Die lassen sich verbindlich nur durch eine höhere Tarifbindung und gute Tarifverträge erreichen, die sich am öffentlichen Dienst orientieren. In der Thüringer Sozialwirtschaft besteht da ein erheblicher Nachholbedarf. Im Bereich der sozialen Arbeit und der Altenpflege liegen wir thüringenweit gerade einmal bei knapp sieben Prozent Tarifbindung. Der Thüringer Sozialwirtschaftsbericht und die 2014 erschienene Prognos-Studie zur Fachkräftesicherung durch gute Arbeit haben den Handlungsbedarf deutlich aufgezeigt. Aus diesem Grund haben wir beispielsweise bei den neuen Förderrichtlinien des Europäischen Sozialfonds Mindesteingruppierungen auf der Grundlage des Tarifvertrags der Länder verankert, und wir wollen auch einen Branchentarifvertrag in der Pflege, der Allgemeingültigkeit erlangen soll. < dbb magazin Die ASMK ist auch für Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit zuständig. Bisher ging es dabei überwiegend um technische Gefahrenquellen und Unfallvermeidung. Zunehmend sind die Beschäftigten im öffentlichen Dienst aber auch gewalttätigen Übergriffen von Bürgern ausgesetzt, die sich ungerecht behandelt fühlen oder ihre Aggressionen gegenüber dem Staat an Polizisten, Feuerwehrleuten, Zugbegleitern oder Arbeitsvermittlern auslassen. Muss „Arbeitsschutz“ neu definiert werden? < Heike Werner Auf der einen Seite hat der Einsatz neuer Technologien in vielen Bereichen schwere körperliche Belastungen reduziert. Demgegenüber stehen neue negative Beanspruchungen wie eine zunehmende Arbeitsverdichtung, erhöhter Stress und Zeitdruck, Überforderung, Informationsdefizite und so weiter, die zu erhöhten psychischen Belastungen und gesundheitlichen Risiken bei den Beschäftigten geführt haben. Die Herausforderungen durch das Nebeneinander von Beruf, Familie und Pflege gehören häufig ebenso dazu. Ein nachhaltiger Arbeits- und Gesundheitsschutz ist daher auch in der öffentlichen Verwaltung zu integrieren. Bei physischen Belastungen durch die normalen Arbeitsabläufe haben wir im Arbeitsschutz in Deutschland ein gut ausgebautes solides Fundament. Zunehmend Sorge bereiten uns hingegen die psychischen Belastungen am Arbeitsplatz. Dazu tragen auch Bürgerinnen und Bürger bei, die sich ungerecht behandelt fühlen und daraufhin aggressiv oder sogar übergriffig gegenüber den Beschäftigten werden. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung müssen die Dienststellen jeweils sachgerechte Lösungen entwickeln. Die Gemeinsame Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) thematisiert auch traumatisierende Ereignisse beziehungsweise den Umgang mit schwierigen Kunden, die damit verbundene potenzielle Gefährdung sowie das Gefühl der Bedrohung durch Unfälle oder Übergriffe. Davon betroffene Tätigkeiten erfordern entsprechende Beurteilungen und Präventionsmaßnahmen, die im erforderlichen Umfang umzusetzen sind. < Heike Werner ... ... Jahrgang 1969, absolvierte nach dem Abitur von 1987 bis 1989 ein Praktikum bei der FDJ-Kreisleitung Zwickau. Anschließend studierte sie von 1989 bis 1991 Philosophie, wechselte 1991 das Fach und studierte bis 1999 Erziehungswissenschaften und Soziologie mit Unterbrechung wegen Erziehungsurlaub. Seit 2002 studiert Werner Politikwissenschaft an der Fernuniversität Hagen. Im Jahre 1999 trat sie in die PDS ein und ist nun Mitglied in der Nachfolgerpartei Die Linke. Von 1999 bis 2014 war sie Mitglied des sächsischen Landtages, gleichzeitig war sie von 1999 bis 2004 Sprecherin für Hochschulpolitik und stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Schule und Sport. Von 2004 bis 2009 war Heike Werner Sprecherin für Hochschule und Gleichstellung und stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Von 2009 bis 2014 war sie Mitglied des Präsidiums, Familienpolitische Sprecherin und Vorsitzende des Ausschusses für Soziales und Verbraucherschutz. Seit 2009 ist sie Mitglied des Kreistages Landkreis Leipzig, dort wurde sie zur Fraktionsvorsitzenden der Kreistagsfraktion Die Linke gewählt und ist außerdem Mitglied im Ausschuss Bildung, Kultur und Sport, Mitglied im Jugendhilfeausschuss, im Kreisausschuss und im Ältestenrat. Seit 2014 ist sie Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie in Thüringen. Seit Anfang 2015 hat sie auch das Amt der Vorsitzenden der Arbeits- und Sozialministerkonferenz inne. Werner ist verheiratet und hat zwei Kinder. > AiR | dbb seiten | März 2015 47 aktuell dbb magazin TMASGFF <