Rund ums Taschengeld - ifs Institut für Sozialdienste
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Rund ums Taschengeld - ifs Institut für Sozialdienste
Zeitschrift des Institut für Sozialdienste Vorarlberg Wir helfen WEITER. P.b.b. / Jahrgang 18 Nr. 3/ Juli 2008 02Z034062 M www.ifs.at Informationen . Aktuelle Berichte . Soziale Reportagen Thema: Umgang mit Geld ß Das Gespräch zum Thema SEITE 4 ß Geldnot macht krank SEITE 12 ß Rund ums Taschengeld SEITE 13 aus dem inhalt Verantwortungsvoller Umgang mit Geld Wir diskutierten mit Dr. Karl Waltle und Peter Kopf über Kreditwesen, Schulden und Gefahren für den Einzelnen. Impressum: Herausgeber, Verleger und Eigentümer: Institut für Sozialdienste, Vorarlberg Interpark Focus, 6832 Röthis Redaktion: Franz Abbrederis, Alexandra Breuß lic.phil. Tel. +43 (0)5523 52176, E-Mail: [email protected] Fotos: Nikolaus Walter, Franz Abbrederis, Jan Koller und photocase Layout: Jan Koller Druck: Teutsch Bregenz 4 Die Zeitschrift ist auch digital lesbar unter: www.ifs.at Vorwort 20 Jahre IfS-Schuldenberatung Zwei Jahrzehnte erfolgreiches Engagement für Schuldensanierungen. 10 Geldnöte machen krank Eine Studie stellt zwei- bis dreifach größeres Gesundheitsrisiko bei Überschuldung fest. 12 Rund ums Taschengeld Tipps für den richtigen Umgang mit Taschengeld. 13 Projekt Brückenschlag TeilnehmerInnen aus Wirtschaft und Sozialbereich wechseln in den jeweils anderen Arbeitsalltag – das Ergebnis sind interessante und verblüffende Erfahrungen. 16 Die Chancen der Migration erkennen Eine Vielfalt an Kulturen und Mentalitäten eröffnet zahlreiche Möglichkeiten. 22 3. IBK-Symposium für Gesundheitsförderung und Prävention IBK-Gesundheitspreis 2008 verliehen. 25 Für das Wohl der Kinder Die IfS-Familienarbeit unterstützt Kinder und Familien. 26 Multiprofessionalität in der IfS-NASA NASA-Arbeit ist anders und das schon seit mittlerweile sieben Jahren. 28 Soziales Netzwerk Wohnen Ein Projekt, um Menschen in Krisensituationen zu helfen. 29 Kurz & bündig Aktuelle soziale News. 31 Was hat das Thema „Umgang mit Geld“ mit sozialen Fragen zu tun? Dies fragte mich kürzlich eine Person, als ich ihr das Schwerpunktthema der aktuellen IfSZeitung erläuterte. Meine Antwort: Sehr viel! Nach dem Lesen dieser IfS-Zeitung ist diese Frage sicher beantwortet. Verschuldung ist in vielen Fällen der Auslöser für weitere soziale Konflikte und Nöte. Deshalb legen wir viel Wert auf Prävention. „Wehret den Anfängen“ lässt sich hier ein altes Sprichwort gut zitieren. Der richtige Umgang mit Geld beginnt zuhause in der Familie, sagen die Fachleute. Ich habe mich schon selbst dabei ertappt: Es ist viel einfacher, dem Kind Geld zu geben, anstatt mit ihm über den richtigen Umgang mit Geld zu diskutieren. Vorerst hat man seine Ruhe, aber längerfristig kann das „Überhäufen mit Geld“ schwerwiegende Folgen haben. Hinweisen möchte ich auf eine aktuelle Studie der IfS-Schuldenberatung zum Thema „Was bewirkt Schuldenberatung?“ (vgl. Seite 15). Zu finden ist diese auf unserer Homepage www.ifs.at. Apropos Internet: Aufmerksam machen möchte ich zudem auf den neuen Auftritt des IfS im Internet. Wir sind noch aktueller mit leichteren Suchfunktionen und noch mehr Service im World Wide Web vertreten. Ihr Feedback würde uns interessieren. Neben dem Hauptthema „Umgang mit Geld“ sind in dieser Ausgabe wieder viele weitere soziale Themen enthalten. Ich wünsche Ihnen einen schönen Sommer. Franz Abbrederis IfS-Reaktion [email protected] Veränderung in der beruflichen Integration von Menschen mit Behinderungen Vor über 30 Jahren hat das IfS – im Auftrag des Landes Vorarlberg – mit der beruflichen Integration von Menschen mit Behinderungen begonnen. Eine (bezahlte) Arbeit war und ist eine gute Grundlage, um Selbständigkeit und Selbstwert aufzubauen und zu erhalten. Sie sichert die existentielle Lebensgrundlage, die soziale Absicherung, gibt sozialen Status, soziale Kontakte, vermittelt die Erfahrung, gebraucht zu werden und etwas sinnvolles zu tun, und strukturiert das Leben. Andere Einrichtungen wie aks, Landeszentrum für Hörgeschädigte, PGD, Lebenshilfe und Caritas etc. sind für ihre je speziellen Zielgruppe(n) diesen Weg ebenso gegangen wie das IfS Vorarlberg. In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten haben wir beim IfS in diesem Arbeitsfeld jährlich konstant mehr als 1000 Menschen mit Benachteiligungen und Behinderungen laufend auf mehr als 600 bis 800 geschützten Arbeitsplätzen und in Kooperation mit über 400 Betrieben des Landes begleitet. Jährlich wurden über 200 neue Arbeitsplätze gefunden, eingerichtet und qualifiziert besetzt. In der breit angelegten und vergleichenden Studie „Geschützte Arbeit“ von Uni. Prof. Christoph Badelt stellt dieser über den Vorarlberger Weg der beruflichen Integration zusammenfassend fest: „Insgesamt kann aus der empirischen Evidenz der Schluss gezogen werden, dass sich die Beschäftigung Behinderter nach den Prinzipien des ‚Supported Employment‘ Konzepts gut bewährt. Zahlreichen Behinderten wird langfristig ein Arbeitsplatz im offenen Arbeitsmarkt gesichert. Im traditionellen Förderinstrumentarium fehlt vor allem die umfassende und fortlaufende Beratung und Hilfestellung der behinderten Menschen aber auch der Unternehmen. [...] Das vorgestellte Vorarlberger ‚Supported Employment‘ Modell überwindet diese Problemfelder und stellt damit eine bedeutende, bisher noch zu wenig beachtete Methode zur Integration behinderter Menschen dar.“ (Chr. Badelt, Sozialpolitische Schriften, Band 2, 1992) In den vergangenen 10 Jahren hat sich dieser Weg der beruflichen Integration unter dem Begriff der „Arbeitsassistenz“ europaweit etabliert und weiter entwickelt. Über finanzielle Mittel aus dem ESF (europäischer Sozialfond) konnten Angebote in diesem Feld auch ausgebaut und ausdifferenziert werden. Mit dem Bundessozialamt (BASB) als „neuem“ Anbieter haben sich die Aufgabenfelder zwischen Land und Bund zunehmend überschnitten. Eine organisatorische und konzeptuelle Klärung und (Neu)Ordung war erforderlich. Land Vorarlberg und das BASB haben jetzt vereinbart, dass die berufliche Integration (mit wenigen Ausnahmen) in die Zuständigkeit des BASB fällt und die soziale Integration, die Informationsund Abklärungsprozesse, die Unterstützung des eigenständigen Lebens usw. primäre Zuständigkeit des Landes wird oder bleibt. In dieser Aufgabenverteilung war es ein Anliegen des BASB, die gesamte Arbeitsassistenz von nur einem Träger umsetzen zu lassen. Trotz des Angebotes der bisherigen Anbieter, einen gemeinsamen Träger zu bilden, hat sich das BASB ohne transparentes Auslobungsverfahren entschieden, diesen Auftrag an einen neuen Träger zu vergeben. Somit mussten wir mit Juni 2008 unsere Tätigkeiten im Bereich der beruflichen Integration weitgehend einstellen und die Zusammenarbeit mit den Betrieben beenden. Ich möchte mich an dieser Stelle bei den (im Laufe der Jahre) mehr als 1000 Betrieben ganz herzlich für die Bereitschaft bedanken, Arbeit für Menschen mit Behinderung zur Verfügung zu stellen und mit uns zu kooperieren. Ich hoffe und bin mir sicher, dass diese auch in Zukunft ein „offenes Ohr“ für die Anliegen dieser Menschen haben werden. Ich möchte mich zudem bei all den MitarbeiterInnen und verantwortlichen Führungskräften in der (alten) IfS-Reha, im IfS-Okay, in der Arbeitsassistenz und der Jugendarbeitsassistenz bedanken. Sie haben eine Methodik und einen Weg der beruflichen Integration entwickelt, der sich bewährt hat und der erfolgreich war. Mehrfach beforscht und evaluiert, vielfach europaweit präsentiert, als „model of good praxis“ ausgezeichnet usw. Und trotzdem mussten wir in den vergangenen Monaten der Neukonzeption und der Neuvergabe erfahren, wie wenig (vergangene) Leistungen zählen, wie wenig (Feld)Erfahrung, Netzwerke, know how usw. zählen in einer Welt, die vor allem auf das Erbringen von Kennzahlen, auf Kernkompetenzen, auf Abläufe und Formalismen schaut. Stellvertretend für die Betroffenen, deren Eltern, für viele Betriebe und für unsere Auftraggeber möchte ich ausdrücklich fest halten, dass die Arbeit gut, qualifiziert und richtig war. Diese IfS-MitarbeiterInnen können stolz sein auf das, was sie an Integration im Land Vorarlberg bewirkt haben. Trotzdem gibt es die Entscheidung für einen neuen Weg. Das ist zu respektieren. Wir wissen, dass viele Betriebe und vor allem Betroffene und deren Eltern irritiert sind, weil die Kontinuität in der Betreuung – bisher ein Erfolgsfaktor – nicht mehr gewährleistet scheint. Wir sind alle – die bisherigen Einrichtungen und die neuen Anbieter – aufgefordert, hier rasch wieder Sicherheit und Klarheit herzustellen. Veränderungen bringen immer auch neue Sichtweisen, neue Herausforderungen und neue Chancen. In Zukunft werden wir vor allem darauf schauen müssen, wo die Lücken in der neuen Systematik sind, wo man die neuen Angebote besser abstimmen oder spezifische Hilfestellungen neu ansetzen muss. Ich erwarte und bin mir auch sicher, dass alle Beteiligten – Auftraggeber und Anbieter – wissen, dass es hier noch einiges zu tun gilt und das auch ernst nehmen. ● Dr. Stefan Allgäuer IfS-Geschäftsführer www.ifs.at Seite 4 Verantwortungsvoller Umgang mit Geld beginnt im Kindesalter Das Gespräch mit Dr. Karl Waltle (Mitte) und Peter Kopf (links) Diese Ausgabe der IfS-Zeitung befasst sich mit dem spannenden Thema „Umgang mit Geld“. Ich möchte beiden Herren danke, dass sie sich zu diesem Gespräch bereit erklärt haben – einerseits Dr. Karl Waltle, Landesdirektor einer großen Bank, andererseits Peter Kopf von der IfS-Schuldenberatung. Es ist ein Faktum, dass Schulden manchmal unumgänglich sind, z.B. beim Kauf eines Eigenheimes. Eingangs folgende Frage: Was muss berücksichtigt werden, wenn sich ein junger Mensch oder auch ein junges Paar in Schulden stürzt? Dr. Karl Waltle: Ich beginne damit, dass es mir eigentlich überhaupt nicht gefällt, dass die Begriffe „Kredit“ und „Schulden“ in einem derartigen Wirrwarr verwendet werden. Auch Sie sprechen nur von Schulden und davon, Schulden zu vermeiden. Ich verwende den Begriff „Kredit“. Das macht einen großen Unterschied. Vergleichen wir einmal den Kredit und das Medikament – es kommt auf die Dosierung an. Ich kann ein Medikament überdosieren, dann wirkt es tödlich. Ich kann dies auch mit einem Kredit machen. Ich kann ein Medikament aber auch richtig dosieren – dann hilft es. Ich werde wieder kräftig, ich werde wieder gesund. Und daher möchte ich nicht von vornherein sagen, dass Schulden etwas Schlimmes, etwas Furchtba- res sind. Klar, wenn ich einen Kredit aufnehme, dann habe ich Schulden. Aber das muss nicht nur negativ sein. Es gäbe in Vorarlberg nicht die Hälfte der Eigenheime, hätten wir nicht die Möglichkeit, Kredite aufzunehmen und damit Häuser zu bauen. Es kommt auf die Dosierung an. Ich habe einen Grundsatz, den ich den Leuten gerne mitgebe: Es muss genug finanzielle Luft bleiben. Denn finanzielle Luft bedeutet Freiheit. Das heißt, ich muss mir sehr gut überlegen, welche Dosierung ich wähle. Was sagt der Schuldenberater dazu? Peter Kopf: Da hat Herr Dr. Waltle vollkommen Recht. Es geht immer um die Dosierung. Aber nicht jede Dosis ist für jeden Menschen die richtige. Darum ist immer der Bezug zu den eigenen Möglichkeiten herzustellen. Wenn jemand einen Kredit aufnimmt und der Spielraum von vornherein ausgereizt ist, dann ist auch ein Kredit für ein Haus, ein Grundstück oder eine Wohnung ein Unsinn. Es geht bei jeder Fremdfinanzierung, bei jeder Anschaffung darum, ob ich mir das leisten kann oder nicht. Darum raten wir bei jeder Anschaffung mit fremdem Geld, zuerst zu rechnen, zu rechnen und noch einmal zu rechnen und vielleicht auch noch zwei oder drei Nächte darüber zu schlafen und dann die Entscheidung zu treffen. Natürlich ist ein Kredit für ein Haus oder für eine Wohnung etwas anderes als ein Kredit für ein Auto oder eine Urlaubsreise. Da kann man auf etwas zurückgreifen, das Bestand hat, wenn es finanziell wirklich nicht mehr weitergeht. Also, wir sind uns einig: Kredite sind im Prinzip etwas Sinnvolles und eine wirtschaftliche Notwendigkeit, z.B. um ein Haus zu bauen. Bei der Verschuldungsfrage geht es aber zu Beginn meist nicht um große Anschaffungen, sondern eher um kleinere Dinge. Wie sieht dies der Vertreter des Bankwesens? Wie kann man beispielsweise jungen Menschen das Thema „Kredit“ oder „Umgang mit Geld“ näherbringen? Dr. Karl Waltle: Herr Kopf hat vorhin etwas ganz Wesentliches gesagt: Es gibt sehr wohl überlegte Kredite – ein Haus kauft man nicht von heute auf morgen und da bleibt einem die berühmte Zeit des „Überschlafens“. Darum übernehmen sich relativ wenige beim Hausbau. Aber diese unüberlegten Kreditaufnahmen sind es, die uns letzten Endes die Probleme bereiten. Wir respektieren in erster Linie die Eigenverantwortlichkeit des Kunden. Aber wir wissen natürlich auch, dass die Eigenverantwortlichkeit vieler Men- www.ifs.at schen eine solche ist, dass sie den Verlockungen der Werbung einfach nicht Stand halten können. Und noch mehr – das wissen wir aus unserer Erfahrung – als es die Werbung ist, die verlockt, sind es die Bekannten und die Freunde, die sich gewisse Anschaffungen leisten können. Man hat das Gefühl, diese Dinge, die man sich eigentlich nicht leisten kann, müsse man selbst auch haben. Vor allem junge Leute können diesen Versuchungen nicht standhalten. Wenn ich unter den Kreditanträgen von jungen Leuten deren finanzielles Vorleben sehe, dann frage ich manchmal: „Könnt ihr mir sagen, wo der Gegenwert ist?“ Das ist für mich eine wesentliche Frage. Wenn die Person bereits 35.000 Euro als Verbindlichkeiten hat – in diesen Fällen rechne ich immer in der alten Währung, denn 35.000 Euro sind 500.000 Schilling oder eine halbe Million, das ist viel Geld! Dann klingt das schon wieder ganz anders. Bei 500.000 Schilling bzw. 35.000 Euro muss doch ein Gegenwert da sein. Junge Menschen bzw. Kunden generell gehen meistens zu mehreren Banken, um Kredite zu erhalten. Gibt es ein Kontrollsystem, um dies zu verbessern? Peter Kopf: Wie so oft gibt es auch hier zwei Seiten. Zum einen die vielen Kontrollsysteme, die vielen Listen, in denen alle gespeichert sind, die je einen Kredit aufgenommen haben oder darum anfragten. Diese Menschen bekommen dann oft tatsächlich keinen Kredit mehr. Aber auf der anderen Seite gibt es einen enormen Druck auf die Konsumenten durch zum Teil unerhörte Werbemaßnahmen. Ich habe gerade heute in der Zeitung eine Werbung für einen Kredit entdeckt, den man offensichtlich innerhalb von 10 Minuten erhalten kann. Und das ist für mich das Bedenkliche, dass von manchen Banken vermittelt wird, „Geld auf Pump“ zu bekommen, sei ein Kinderspiel. Mit diesen Werbebotschaften wird vermittelt: Wer sich Wünsche erfüllen will, der kann sich das immer, überall und zu jeder Tages- und Nachtzeit – innerhalb von ein paar Minuten ist der Kredit fertig. Und damit wird gerade jungen Menschen vermittelt, dass Geld im Überfluss vorhanden ist, man muss es sich nur abholen. Wenn der Kontoüberzug als „Einkaufsreserve“ dargestellt Seite 5 wird, dann ist das eine krasse Verniedlichung von sehr teuren Schulden. Dr. Karl Waltle: Da stimme ich Ihnen zu. Mit solchen Inseraten haben auch wir unsere Probleme. Das Inserat, das Sie ansprechen, ist von einer Bank, die in amerikanischen Besitz übergegangen ist. Hier ist der amerikanische Einfluss deutlich zu spüren. Die Amerikaner denken anders, leben nur auf Pump. Da gibt es keine Spareinlage. Ich wünsche mir aber, dass diese amerikanischen Zustände nicht auch bei uns Alltag werden. Mir ist eine derartige Verschuldung der Bevölkerung – wie sie in Amerika eine Tatsache ist – ein Gräuel. Wir führen bei uns im Vorstand der Bank viele heiße Diskussionen, wie offensiv oder wie aggressiv wir in der Konsumkreditwerbung auftreten „Mir ist eine derartige Verschuldung der Bevölkerung – wie sie in Amerika eine Tatsache ist – ein Gräuel.“ sollen. Ich weiß, Konsumkredite sind für eine Bank durchwegs – auch mit Ausfällen – attraktive Kredite, mit guten Marchen für die Banken. ... und relativ guten Sicherheiten für die Bank. Dr. Karl Waltle: Ja, und das wird bei uns diskutiert. Wollen wir das Feld der Konsumkredite völlig den Amerikanern oder den Versandhauskrediten oder den Teilzahlungsbanken überlassen? Wir haben z.B. als Bank den Markt der Autofinanzierung verloren. Diesen „Krieg“ haben längst die Autohersteller mit ihren eigenen Teilzahlungsbanken gewonnen. Jetzt sind wir natürlich erschrocken und wollen nicht, dass jedes dieser lukrativen Geschäfte an uns vorbeizieht. Als nächstes sind es die Möbel-, die Einrichtungskredite, als übernächstes sind es die mit den Waschmaschinen, Computern etc. Es gibt bei uns immer heiße Diskussionen. Und ich sage meinen jungen Kollegen: Bitte passt mir auf mit der Dosierung der Aggressivität oder Offensivkraft, denn ich will keine allzu sehr verschuldete Bevölkerung haben. Herr Walte, Sie haben vorher das Thema „falsches Konsumverhalten“ angeschnit- ten. Welches sind die größten Fehler, die Menschen aus ihrer Sicht im Rahmen des Konsumverhaltens machen können? Dr. Karl Walte: Für mich sind die häufigsten und die schlimmsten Fehler jene, die den Leuten am nächsten Tag selbst bewusst werden. Das heißt, es sind diese allzu schnellen emotionalen Entscheidungen. Gewissen Verlockungen können viele Leute nicht widerstehen. Sie kommen dann vielfach erst zur Bank, wenn wirklich alles unterschrieben ist und die Rate bereits Probleme bereitet. Wenn ich mich nun auf Jugendliche beziehe: Oft habe ich den Eindruck, dass diese z.B. nicht begreifen, dass telefonieren Geld kostet. Ich sehe kaum einen Jugendlichen, der, wenn er alleine unterwegs ist, nicht telefoniert. Es scheint, als könnten Jugendliche folgende Verbindung nicht herstellen: Beim Telefonieren rinnt einem das Geld aus der Tasche. Dazu kommt noch – und das ist natürlich die Verlockung pur – ich kann heute z. B. über mein Handy die Kinokarte kaufen, das Abendessen dazu buchen usw. Die Abrechnung erfolgt über das Handy. Früher war es mit Bargeld klar: Ich kaufe mir etwas und es kostet etwas. Das ist jetzt bei diesem System, in dem man über das Handy Anschaffungen tätigt, zerrissen. Das Auseinanderfallen zwischen etwas kaufen und es bezahlen müssen – wenn da eine zeitliche Distanz ist, dann ist das für mich eine der Hauptgefahren. Die Jugendlichen müssen spüren: Ich kaufe etwas und die Kohle ist gleich weg. Aus der Sicht der Schuldenberatung? Peter Kopf: Das kann ich nur unterstreichen und übrigens gilt dies auch für Erwachsene: Kaufen und die Folgen spüren, nämlich dass das Geld danach weg ist, das sollte ganz eng zusammen sein. Wenn die Abbuchung erst vier Wochen nach dem Kauf erfolgt, fehlt oft das Bewusstsein dafür, dass ich mir etwas Teures geleistet habe. Wir sehen das ja auch bei den Menschen, die bei uns in der Beratung sind, die häufig überhaupt keinen Bezug mehr zu dem Kredit haben, weil die Ware, die sie damals gekauft haben, schon längst auf dem Schrotthaufen liegt. Natürlich verfügen viele Menschen www.ifs.at Seite 6 das oft nicht wahrgenommen. Damit bin ich bei einem Hauptthema, beim schleichenden Einstieg in die Schuldenfalle. Der passiert sehr oft durch das ständig überzogene Konto, das ja vermeintlich den Eindruck erweckt, also ob immer genügend Geld vorhanden wäre, obwohl mein Einkommen – sei es das Taschengeld, die Lehrlingsentschädigung oder mein Gehalt – schon längst aufgebraucht ist. Und in vielen Familien gibt es das Geldvorbild nicht mehr. Wenn die Vorbilder wegbrechen, woher sollen junge Menschen dann einen guten Umgang mit Geld lernen? Wenn die Vorbilder fehlen, dann braucht es finanzielle Bildung. über eine gehörige Portion Selbstüberschätzung. Man bewegt sich ja gerne eine Stufe über seinem eigentlichen Einkommensniveau, weil man sich eher nach oben orientiert als seitwärts oder nach unten. Das Kaufen hat mittlerweile, verstärkt durch geschickte Werbung, einen derart hohen Stellenwert angenommen, dass es ganz selbstverständlich als Hobby bezeichnet wird. Möglichkeiten, um Geld auszugeben, das ich noch gar nicht habe, gibt es genügend. Und vor allem ist das Ganze zeitlich völlig auseinander gerissen: das Zahlen und das Abbuchen. Und die Ausgaben sind auch nur Zahlen auf dem Bildschirm oder auf dem Kontoausdruck. Das macht viele unsensibel für die wirklichen Kosten. Und außerdem gibt es immer noch Leute, die überhaupt keine finanzielle Bildung haben. Die nicht wissen, was das Soll und das Haben auf dem Konto bedeuten. Und wenn ein Minus vor dem Betrag steht, dann wird Zur Person Peter Kopf, Dipl. Sozialarbeiter 〉 geb. am 28. Februar 1955 〉 Geschäftsführer der IfS-Schuldenberatung Ges.m.b.H. (seit 18 Jahren) 〉 wohnhaft in Hard 〉 verheiratet 〉 Hobbys: Joggen, Lesen, in der Sauna entspannen Wir wissen, dass der Beginn von Verschuldung sehr oft auch der Start für eine Lebenskrise ist. Glauben Sie, dass es gerechtfertigt ist, dass Banken in solchen Fällen noch weiter Geld auf Pump geben? „Das Thema Geld sollte nicht nur den Finanzprofis aus Banken und Versicherungen überlassen werden. Jeder Mensch sollte sich darin profilieren. “ Dr. Karl Waltle: Ich habe vorhin gesagt, dass ich mir hier die amerikanischen Verhältnisse nicht wünsche. Es gibt Familien, die haben ein Haus gebaut, damit haben sie einen Kredit und Rückzahlungen. Jetzt könnte man sagen, die kaufen sich auch noch ein Auto auf Pump. Ich sage dann: Gut – wie schaut das eigentlich mit den Rückzahlungen für das Haus aus? Hat die Familie noch genug finanzielle Luft, um frei zu sein? Und wenn das der Fall ist, dann kann sie sich ohne weiteres auf Pump – wie Sie so schön sagen – ein Auto kaufen. Wobei mir oft lieber ist, jemand kauft sich das Auto auf Pump, als er räumt den letzten Groschen vom Sparbuch. Weil wenn er das Auto auf Pump gekauft hat, dann hat er sich das überlegt und das wird auch bei uns nachkontrolliert, wenn wir unseren Haushaltsplan für ihn erstellen, dass er sich neben der Rate fürs Haus auch die Rate fürs Auto leisten kann. Er hat aber nach wie vor sein Sparbuch, wenn irgend etwas passieren sollte. Weil ich möchte nicht, dass die Waschmaschine kaputt geht und derjenige dann vor dem Nichts steht. Dieses Geld sollte er schon noch auf dem Sparbuch haben. Schlecht ist, wenn sich die Rückzahlungen in einer Größenordnung bewegen, dass sich eine Familie eigentlich gar keine Familie leisten kann. Das heißt, wenn man bei der Berechnung der Rückzahlungen und bei der Berechnung der Einnahmen/Ausgaben sieht, dass sie, wenn nicht beide arbeiten, ins offene Messer laufen. Und das ist dann schon eine sehr gefährliche Situation, das kann dann schon der Beginn einer wirklichen Krise sein. Sehr viele Scheidungen haben eine finanzielle Problematik als Ursache – denn worüber streitet man am Abend, wenn es knapp wird? Man streitet sich über das Geld, meistens weil man sich übernommen hat. Und wenn man jetzt beide Einkommen als unbedingt notwendig für die Bedienung der vorhandenen Raten hernimmt, dann ist das eine gefährliche Sache. Dann ist von Freiheit nichts mehr da. Denn die Frau darf weder schwanger werden, noch darf jemand krank oder vorübergehend arbeitslos werden. Herr Kopf, Sie haben vorhin das Wort „finanzielle Bildung“ in den Mund genommen. Was glauben Sie, was könnte man hier noch verbessern? Anders gefragt, was könnten Leserinnen und Leser unserer Zeitung für sich selbst und für ihre Kinder verbessern? Peter Kopf: Hier in Vorarlberg gibt es ein ganz exzellentes, fundiertes und professionelles Angebot in der finanziellen Bildung: den „Vorarlberger Finanzführerschein“. Exzellent darum, weil der Finanzführerschein ganz bewusst viele Partner miteinbezieht und dadurch ganzheitlich auftritt. In dieser Partnerschaft befinden sich das Land Vorarlberg, die Wirtschaftskammer, die Arbeiterkammer, das AMS und das aha, aber auch die wichtigen Vorarlberger Banken. Das heißt, durch das Eingebunden sein in die Abwicklung und in die Verantwortung für den Finanzführerschein auch von Gläubigern, von Banken, haben wir die Gewähr, dass alle am gleichen Strang und in die gleiche Richtung ziehen. Darüber hinaus bin ich überzeugt, dass in unserer Gesellschaft noch viel zu wenig über Geld geredet wird. Es traut sich niemand zu fragen oder zu sagen, wie viel er/sie verdient. Wenn irgendjemand www.ifs.at etwas einkauft – z.B. ein Auto – dann wird etwas untertrieben, dann wird das Ganze beschönigt. Beim Einkommen wird geschummelt. Wenn es gelingen würde – durch welche Maßnahmen auch immer –, den Tabubereich Geld etwas zu durchbrechen, dann wäre viel gewonnen. Bei den Schulden ist es nicht anders. Die Leute schämen sich ungeheuer, den Fuß über unsere Schwelle zu setzen, weil sie das Gefühl haben, in ihrem Leben völlig versagt zu haben. Und wenn wir über einen Privatkonkurs aufklären, dann beschreiben viele dies als die größte Niederlage, die sie sich nie vorstellen könnten. Dabei wäre es höchste Zeit, eine große Hochachtung vor den Menschen zu haben, die in einen Privatkonkurs gehen, weil sie sich den Problemen stellen, einen Neustart anpeilen und die Durststrecke der langjährigen Entschuldung auf sich nehmen. Das Thema Geld sollte nicht nur den Finanzprofis aus Banken und Versicherungen – die brauchen wir natürlich – überlassen werden. Jeder Mensch sollte sich darin profilieren. Geld als Thema am Familientisch oder unter Freunden. So stelle ich mir das vor. Kinder dürfen ruhig wissen, wie viel die Miete für die Wohnung kostet oder der Strom, das Auto oder der Internetzugang. Es muss auch kein Geheimnis bleiben, was für die Lebensmittel jeden Monat ausgegeben wird. Kinder haben ja oft den Eindruck, dass das Geld aus dem Bankomat kommt. Und solange diese Meinung vorherrscht, dass es nur vier Knöpfe braucht, damit 100 oder 200 Euro herauskommen, läuft etwas schief. Ich bin überzeugt, dass es sehr hilfreich ist, auch schon ganz jungen Kindern ein Taschengeld zu geben, damit sie einen selbstverantwortlichen Umgang mit Geld lernen. Sie dürfen mit diesem Taschengeld auch Fehler machen. Wobei es sich dabei um Fehler aus unserer Sicht handelt. Denn Fehler machen gehört zur Entwicklung und da sind wir, glaube ich, noch viel zu vorsichtig. Dazu hätten wir übrigens noch viele Ideen, die wir umsetzen könnten. Herr Waltle, wie sehen Sie das? Dr. Karl Walte: Mir liegt die Erziehung der Jugendlichen zur finanziellen Eigenverantwortung ganz besonders am Herzen. Denn es scheint mir so etwas wie ein Pflichtfach notwendig, damit Seite 7 die Jugendlichen einen Überblick haben und lernen, mit Geld umzugehen. Diese Erziehung muss in sehr früher Jugend beginnen. Und da ist das Elternhaus gefragt. Denn wenn Kinder nie gelernt haben, wie viel Geld zur Verfügung steht, wie viel ausgegeben werden kann, wenn ein Kind schon immer aus dem Vollen schöpfen kann, dann wird das nicht funktionieren. Also beide Herren sind sich in dem Punkt einig: Man muss bereits als Kind lernen, mit Geld umzugehen. Ich höre noch einen kleinen Widerspruch heraus: Herr Walte sagt, über Geld wird sehr häufig geredet und auch gestritten. Peter Kopf sagt, wir reden viel zu wenig über Geld. Wo liegt hier die Differenz? Peter Kopf: Auch über Sexualität wird bei uns sehr wenig geredet – aber häufig darüber gestritten. Viele Paare können davon ein Lied singen. Wir sind es gewohnt, über heikle Dinge erst „Sehr viele Scheidungen haben eine finanzielle Problematik als Ursache. Man streitet sich über das Geld, meistens weil man sich übernommen hat.“ dann zu reden, wenn sie problematisch werden. Darum bin ich überzeugt, dass das Reden über Geld schon im Guten beginnen muss – genauso wie über Sexualität. Nicht erst dann, wenn’s kracht. Und wenn Geld im Elternhaus gut vermittelt wird, dann ist viel gewonnen. Nur, die Elternhäuser sind mittlerweile oft nicht mehr in der Lage, gut darüber zu reden. Darum glaube ich, dass diese Aufgabe auch in die Schule gehört. Oder eben auch zu uns und zum Finanzführerschein. Weil Eltern sich auch oft ausblenden, einfach weil sie das selbst nicht mehr gelernt haben. Wir brauchen eine Kultur des „über das Geld Redens“, damit die heutigen Kinder und Jugendlichen später auch mit ihren Kindern darüber reden können. Da gilt es etwas nachzuholen. Ich kenne genügend Beispiele von Schuldnern, die das versäumte Reden und die fehlende Auseinandersetzung mit dem Geld oder dem fehlenden Geld, den Schulden, mühsam nachholen mussten – auf der Bank, bei Behörden oder im Gericht, wenn der Privatkonkurs abgewickelt wird. Dr. Karl Waltle: Es ist eine ganz besondere Eigenheit, die wir hier in Österreich, aber auch in Deutschland haben, die es im angloamerikanischen Raum nicht gibt. Bei uns zählt das Einkommen zum finanziellen Intimbereich des Menschen. Deswegen haben wir auch das Bankgeheimnis, das die Amerikaner nicht kennen. Bei uns hat das einfach einen Status, das hat einen Wert. Bei uns redet man nicht darüber, wie viel man verdient. Bei uns weiß doch in der Familie niemand – auch nicht die erwachsenen Kinder – wie viel der Vater verdient. Folglich kann man nur sehr, sehr schwer die Haushaltsrechnung, die notwendig ist, erklären und erläutern. In früheren Zeiten war das Einkommen nicht eine derartige persönliche Wettbewerbssituation. Wenn heute über das Einkommen des Vaters diskutiert und anhand dieses Einkommens der Haushaltsplan erläutert wird, dann disZur Person Dr. Karl Waltle 〉 geb. am 12.10.1945 〉 Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenlandesbank Vorarlberg 〉 wohnhaft in Bregenz 〉 verheiratet 〉 langjähriges Vorstandsmitglied des Vereines „Institut für Sozialdienste“ 〉 Hobbys: Bergsteigen, Skitouren, Segeln und Motorradfahren www.ifs.at kutieren die Kinder am nächsten Tag in der Schule: „Warum verdient dein Vater um 100.000 Euro pro Jahr weniger als mein Vater?“ Lernen könnten wir es nur, indem wir den Kindern sagen, wie sie haushalten sollen. Und ganz wichtig finde ich das mit dem Finanzführerschein. Ganz wichtig ist es in der Schule. So haben die heranwachsenden Kinder zum ersten Mal wirklich mit Geld zu tun. Und da müssen sie das erste Mal spüren, dass Geld nicht unbegrenzt vorhanden ist. Vielleicht noch eine etwas provokante Frage – vor allem an Sie, als Direktor Word-Rap mit Peter Kopf Was fällt Ihnen spontan und kurz zu folgenden Worten ein? Geld: Ein wichtiges Tauschmittel Lieblingsort: Tignale am Gardasee Musik: Vieles aus meiner Jugendzeit Schulden: Nur fürs Wohnen IfS: „Wir helfen WEITER“ Vorarlberg: Ein weiterer Lieblingsort Lieblingsspeise: Käsknöpfle – aber nur mit Kartoffelsalat und viel gerösteten Zwiebeln Welches Land möchten Sie noch besuchen?: Vietnam Kreditkarte: Es ist gut, wenn man sie hat – zum Beispiel im Ausland. Soziale Errungenschaft: Meinungs- und Redefreiheit Seite 8 einer großen Bank: Glauben Sie, dass die Banken die Hauptverursacher der Verschuldung sind? Dr. Karl Waltle: Wenn ich jetzt sage, dass die Banken eigentlich in den meisten Fällen die Letzten in der Schuldenkette sind, dann klingt das vielleicht verwunderlich, aber es ist so. Bleiben wir bei den Hauptverschuldungsursachen der Jugendlichen: Wir erhalten die Handyrechnungen aufs Konto, aber nicht wir sind diejenigen, die die Rechnungen kassieren müssen. Bei uns landet es am Konto. Wir müssen dann entscheiden: Sagen wir nein, so ist das Handy weg. Sagen wir ja, beginnt die Verschuldung. Dies gilt auch für Versandhauskredite etc. Wir sind die Letzten, die entscheiden müssen und damit natürlich automatisch die Schuldigen. Ich gebe zu, es gibt schwarze Schafe unter den Finanzierungsinstituten. Manchen ist es völlig wurscht, wie die Kunden die Raten zurückzahlen. „Wir brauchen eine Kultur des‚ über das Geld Redens‘ “ Stichwort „Finanzierungsinstitute“: Differenzieren Sie zwischen Bank und Finanzierungsinstitut? Dr. Karl Waltle: Ja, ich differenziere zwischen den Teilzahlungsinstituten und zwischen Versandhauskreditgebern und den Banken. Denn ich kenne das Verantwortungsbewusstsein gerade von den Vorarlberger Banken gut. Aber hier liegt auch wieder der große Unterschied. Z.B. sind wir – wie die anderen Vorarlberger Banken – eine regionale Bank. Wir tragen den Menschen in der Region gegenüber Verantwortung. Aber wenn ich meinen Sitz in Mailand oder Frankfurt habe, dann berührt mich da eine ins Verderben verschuldete Familie im Bregenzerwald überhaupt nicht. Und aus der Sicht der Schuldenberatung? Peter Kopf: Mengenmäßig, wenn wir auf unsere Statistik schauen, sind natürlich immer die Banken die größten Gläubiger. Es gehört zum Geschäft einer Bank: Geld von den Sparern hereinzunehmen und an andere auszuleihen. Der Handel mit Geld ist das Kerngeschäft einer Bank. Und Banken sind darüber hinaus natürlich auch sehr wichtige Dienstleister, wenn es um die Abwicklung von Zahlungen, Überweisungen und Rechnungen geht. Was wir uns manchmal wünschen würden, ist, dass eine Bank auch einmal eine Überweisung – zum Beispiel für die Handyrechnung – nicht mehr durchführen würde. Ganz einfach weil das Konto schon heillos überzogen ist. Da sollte dann die Miete vorgehen. Und genau wie Dr. Waltle unterscheiden auch wir sehr genau zwischen Banken und Banken. Bei manchen scheint der Blick auf das schnelle Geschäft die oberste Geschäftsmaxime zu sein. Da kann es dann schon vorkommen, dass Leute, die schon längst überschuldet sind, nach Wien fahren, um dort einen von vorneherein nicht zurückzahlbaren Kredit ausbezahlt zu bekommen. Es stimmt, je weiter weg die Zentrale, umso unpersönlicher die Abwicklung – auch bei Problemen. Wir sind daher froh, hier im Land eine durchwegs gute Gesprächsbasis mit den ansässigen Banken zu haben. Und wenn es Probleme gibt, scheuen wir uns nicht die an- und auszusprechen. ... dann gehe ich zur anderen Bank, da bekomme ich das Geld ... Peter Kopf: Damit wird oft argumentiert: Gibst du mir das Geld nicht, dann hole ich es vom Bankhaus vis-a-vis. Wenn überall die gleichen Regeln gelten würden, wäre dieses Argument schnell vom Tisch. Mich hat letzthin ein Banker gefragt, was ich machen würde, wenn das Konto überzogen ist und jetzt noch die Handyrechnung kommt. Meine Antwort war eine klare: Die Handyrechnung nicht überweisen und zurückschicken. Denn nur wenn der Betroffene die Konsequenzen auch spürt, ist er motiviert, gegenzusteuern. Weil sonst ist er ja im vermeintlich paradiesischen Glauben, dass das Geld endlos zur Verfügung steht und sich über ihn ergießt, wie aus einem Füllhorn. Dr. Karl Waltle: Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter machen in diesem Zusammenhang problematische Erfahrungen. Wenn sie sich am Schalter so verhalten, dann kommt in der nächsten Stunde der Vater und sagt: „Darf ich bitte mein gesamtes Sparguthaben, darf ich mein Wertpapierdepot, darf ich mein Gehaltskonto, das ich seit 10 Jahren bei Ihnen habe, auflösen? Bitte sind Sie so lieb und kündigen Sie mir www.ifs.at Seite 9 das alles – ich übertrage das auf die und die Bank. Sie haben meinem Sohn nicht einmal 21 Euro Handyrechnung überwiesen. Ich will mit Ihnen nichts mehr zu tun haben.“ Das erleben wir – aber nicht nur einmal. Da kommen die Eltern, statt dass sie dem Kind beibringen, gib bitte auf dein Geld acht. Das ist dann ein pädagogisches Problem ... Dr. Karl Waltle: Natürlich, ein pädagogisches Problem. Peter Kopf: Das ist ja das Thema, das wir vorher besprochen haben. Die Eltern wollen oft keine Grenzen mehr setzen. Dr. Karl Walte: Unsere Mitarbeiter, unsere Kolleginnen und Kollegen am Schalter, die sollen dann die Erziehung übernehmen, indem sie sagen, du darfst das nicht tun. „Die Reichen werden reicher und die Armen zahlreicher.“ Wir haben auch vernünftige Eltern, die kommen und sagen: Das war super. Endlich weiß er, dass er zu viel telefoniert. Aber ich muss leider sagen, in der Mehrheit kriegen unsere Leute dann Probleme mit den Eltern, wenn sie es nicht tun. Wir wissen, dass die Zahl der Menschen mit Verschuldungen eindeutig im Steigen ist. Wir wissen, dass die Zahl der Klientinnen und Klienten in der Schuldenberatung immer größer wird. Versuchen wir einmal, an die kommenden 20, 30 Jahre zu denken. Wie sehen Sie das Szenario in 30 Jahren? Dr. Karl Waltle: Wenn man davon ausgeht, dass viele Trends von den USA herkommen, dann schwant mir nicht sehr Gutes. Es könnte aber sein, dass diese WeltFinanzkrise, die derzeit die Börsen und die Märkte erschüttert, die ihren Ausgangspunkt in einer verlogenen, leichtfertigen und unverantwortlichen Kreditvergabe in Immobilienbereichen in den USA hatte, dass diese – das will ich hoffen – zu einem Umdenken geführt hat. Ich glaube, ich fürchte, dass wir in 20, 30 Jahren eher amerikanische Verhältnisse haben werden, was die Privatverschuldung anbelangt, als dass ich glauben möchte, es wird besser sein. Da bin ich pessimistisch. Also eine massive Erhöhung der Verschuldung in Europa? Dr. Karl Waltle: Ich fürchte, wir werden eine massive Verschuldung der Privathaushalte in Europa haben, nach dem amerikanischen Muster. Alles ist auf Pump käuflich. Also kein besonders optimistischer Blick. Herr Kopf, wie sehen Sie das? Peter Kopf: Ich bin überzeugt, wenn ich den Blick auf die Privatkonkurse lenke, dass diese in 10, 20 Jahren mindestens das drei-, vier- oder fünffache von heute ausmachen. Nicht nur, weil die Verschuldung oder die Überschuldung steigt, sondern weil auch mehr Menschen sich trauen, den richtigen Schritt zur Entschuldung zu setzen. Was die Verschuldung oder die Überschuldung betrifft, glaube ich, dass wir uns schon sehr daran gewöhnt haben, Dinge auf Kredit, auf Pump zu kaufen. Wie beurteilen Sie die Frage der Armut? Dr. Karl Waltle: Ich komme durch meine Tätigkeit im ganzen Land und darüber hinaus viel herum und erfahre viel. In Europa sehe ich die größte Armut in den ehemaligen Ostblockländern, wie z.B. in Rumänien. Aber es gibt sie auch hier bei uns. Mir macht es Sorge, dass der sogenannte Mittelstand von der Tendenz her eher abknickt. Es gibt immer mehr Reiche und immer mehr arme Menschen. Dies ist ein gesellschaftliches Problem, das wir alle gemeinsam bekämpfen müssen. Peter Kopf: Dies kann ich nur unterstreichen. Es ist wirklich so, dass die Reichen reicher und die Armen zahlreicher werden. Danke für das interessante Gespräch. Die Fragen stellte Franz Abbrederis von der IfS-Redaktion. Word-Rap mit Dr. Karl Waltle Was fällt Ihnen spontan und kurz zu folgenden Worten ein? Geld: ist Medikament und Gift Lieblingsort: Fliess im Tiroler Oberinntal Musik: Johann Strauss Schulden: müssen in einem gesunden Verhältnis zu Einkommen und Vermögen stehen IfS: Unsere Hochleistungsgesellschaft schüttelt leider viele Menschen ab. Das IfS reicht ihnen die Hand. Vorarlberg: Ein wunderschönes Land mit überdurchschnittlich motivierten Menschen Lieblingsspeise: Waltraud’s Käsknöpfle Welches Land möchten Sie noch besuchen?: Neuseeland Kreditkarte: Praktisch aber verführerisch Soziale Errungenschaft: Unser teures, aber unglaublich hochentwickeltes Gesundheitssystem www.ifs.at Seite 10 Die 20 Jahrfeier der IfS-Schuldenberatung am 8. April 2008 im ORF-Sendezentrum Vorarlberg bot für viele Raum Gespräche. 20 Jahre IfS-Schuldenberatung – Seit zwanzig Jahren arbeitet die IfSSchuldenberatung gemeinsam mit den betroffenen Klienten und Klientinnen an der Lösung von Schuldenproblemen. Zahlungspläne werden erstellt, die nötigen Maßnahmen für erfolgreiche Schuldensanierungen geplant und durch verschiedene Lösungsmöglichkeiten, wie beispielsweise den Privatkonkurs, umgesetzt. Während sich im Gründerjahr 1988 insgesamt 224 Menschen Hilfe suchend an die IfS-Schuldenberatung wandten, so waren es 2007 bereits 2.539 Personen, die in persönlichen Beratungsgesprächen Wege aus der Schuldennot suchten und mit Unterstützung der fachkundigen BeraterInnen größtenteils auch fanden. Jährliche Steigerungsraten zwischen fünf und zehn Prozent sind normal. „Trotz des großen Zustroms handelt es sich bei den Hilfesuchenden jedoch nur um einen Bruchteil jener Personen, die sich tatsächlich in den roten Zahlen befinden“, ist Peter Kopf, Geschäftsführer der IfS-Schuldenberatung, überzeugt - schätzt er doch, dass es in Vorarlberg zwischen fünf- und siebentausend Menschen gibt, die de facto pleite sind. Schicksalsschläge sind nicht planbar Die immer unübersichtlicheren Angebote im Finanzierungsbereich, in der Vermögensveranlagung, bei der Führung eines Gehaltskontos oder bei den Angeboten des Handels überfordern zunehmend auch Menschen aus höheren Bildungsschichten. Diese Überforderung gepaart mit nicht planbaren Schicksalsschlägen wie Arbeitslosigkeit, Scheidung, Unfall oder Krankheit Wir stellen vor: Das Team der IfS-Schuldenberatung v.l.n.r.: Eike Grabher, Claudia Jankovsky, Marie-Louise Hinterauer, Peter Kopf, Elke Werle, Ottmar Krämer, Traudl Großkopff, Robert Walch, Christine Breznik, Marga Moosbrugger, Karlheinz Bonetti www.ifs.at Seite 11 Schicksalsschläge sind nicht planbar kann schnell zu einer unüberwindbaren Schuldensituation führen. „Der Weg von einer noch finanzierbaren Verschuldung in eine nicht mehr bezahlbare Überschuldung ist kurz!“, weiß Peter Kopf aus jahrelanger Beratungserfahrung. Gerade dann ist es nötig, rasche, unbürokratische und gezielte Hilfe anzubieten, ganz nach dem IfS-Motto „Wir helfen weiter.“ Weil Hilfe schnell angeboten werden muss, stehen die BeraterInnen der IfSSchuldenberatung jeden Donnerstag für Sprechtage in Bregenz, Feldkirch und Bludenz zur Verfügung. Ohne Anmeldung, kostenlos und anonym werden die wichtigsten Anliegen gehört und die nächsten Schritte geplant. „Der Sprechtag ist wie ein Navigationsgerät in die Schuldenberatung. Man landet direkt bei einem Berater bzw. einer Beraterin und es kann sofort losgehen“, freut sich Kopf über dieses stark frequentierte Angebot. Auch die anonyme IfS-Internetberatung ist ein Zugang (www.ifs-beratung.vol.at). Mehr Männer – aber die Frauen holen auf Immer noch ist es so, dass mehr Männer als Frauen - in einem Verhältnis von 62 zu 38 Prozent - die IfS-Schuldenberatung aufsuchen. Anders ist die Situation bei den jungen Hilfesuchenden: Beinahe gleich viele junge Frauen wie Männer benötigen Unterstützung. Ein Signal, dass sich die bisherige Formel „Schulden sind jung und männlich“ in den kommenden Jahren ändern wird. Zurückzuführen ist dies auf die zunehmende Selbstständigkeit von jungen Frauen und die damit einhergehenden Wohnkosten, die Kosten für Mobilität, das Auto, den Führerschein und sicher auch durch ein Angleichen von weiblichem, bedachtem Verhalten an männliches, risikofreudiges Verhalten. Etwa zwei Drittel der Beratungen werden erfolgreich abgeschlossen - entweder durch eine schnelle Abklärung und die damit erzielte Neuausrichtung oder durch einen Privatkonkurs, der einen finanziellen Neubeginn verspricht. ● 2.500ster Finanzführerschein überreicht Eine erfolgreiche Initiative zieht Bilanz Bereits nach zwei Jahren kann die erfolgreiche Initiative „Vorarlberger Finanzführerschein - Fit fürs Geld“ ein wichtiges Jubiläum begehen: Landesrätin Dr. Greti Schmid überreichte im Rahmen einer Feier in der Jungen Halle der Dornbirner Frühjahrsmesse den 2.500sten Finanzführerschein an Daniel Madlener, Schüler der Hauptschule Koblach. Der Finanzführerschein ist eine österreichweit einzigartige Initiative, die darauf abzielt, Kindern und Jugendlichen zwischen 11 und 18 Jahren einen richtigen Umgang mit Geld zu vermitteln. In Workshops erfahren die jungen Menschen, wo überall Finanzfallen lauern und werden so „Fit fürs Geld“. Das Foto zeigt Landesrätin Dr. Greti Schmid und die stolzen Besitzer der Finanzführerscheine 2499, 2500 und 2501 Beate Brückler, Daniel Madlener Selina Olipic (SchülerInnen der Hauptschule Koblach), Andrea Burtscher, Raiba Koblach sowie Marga Moosbrugger und Peter Kopf von der IfS-Schuldenberatung. Diese gemeinsame Aktion von Land Vorarlberg, IfS-Schuldenberatung, AK Vorarlberg, AMS, Wirtschaftskammer, „aha - Tipps und Infos für junge Leute“ und vier Vorarlberger Banken zeigt bemerkenswerte Erfolge. Die Jugendlichen berichten, dass sie jetzt besser auf ihr Geldleben vorbereitet sind und vor unbedachten Ausgaben oder Kreditaufnahmen das Gelernte zu Rate ziehen werden. ● www.ifs.at Seite 12 Geldnöte machen krank Zahlungsunfähigkeit betroffen. „Während sich die Unternehmensinsolvenzen durch den konjunkturellen Aufschwung rückläufig entwickeln, steigen die Insolvenzen natürlicher Personen in alarmierender Weise an“, so Curt Wolfgang Hergenröder, Professor an der Universität Mainz und Wissenschaftlicher Leiter des Schuldnerfachberatungszentrums in Rheinland-Pfalz. Beantragten 2005 in Deutschland 68.898 Personen die Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens, so waren es im folgenden Jahr bereits 92.310; ein Anstieg um 33 Prozent. Untersuchungen zufolge waren im Jahr 2006 ungefähr 2,9 Millionen Privathaushalte überschuldet, das heißt etwa 7,3 Prozent aller Privathaushalte sind in Deutschland von einer extremen Ausgabenarmut betroffen. Überschuldete Menschen sind häufiger krank, nehmen aber gleichzeitig das Gesundheitssystem weniger in Anspruch. Wie eine Studie des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz zeigt, leiden von zehn überschuldeten Personen acht zumindest an einer Krankheit, wobei den Betroffenen vor allem psychische Erkrankungen und Gelenk- und Wirbelsäulenerkrankungen zu schaffen machen. „Die Studie zeigt erstmals quantitativ den Gesundheitszustand von überschuldeten Privatpersonen in Deutschland auf“, sagt Stephan Letzel, Direktor des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin und Leiter der Studie „Armut, Schulden und Gesundheit“ (ASG-Studie). „Zusammenfassend müssen wir feststellen: der Gesundheitszustand dieser Personengruppe ist absolut mangelhaft“. Ein immer größer werdender Anteil der Bevölkerung ist von Verschuldung und Dass zwischen Armut und Gesundheit ein Zusammenhang besteht, ist wissenschaftlich eindeutig belegt. Dies trifft nicht nur für Länder der Dritten Welt, sondern auch für westliche Industrienationen zu. „Nur, wie es sich in der speziellen Risikogruppe der überschuldeten Bürger darstellt, darüber war bislang nichts bekannt“, erklärte Eva Münster, Juniorprofessorin für Sozialmedizin und Public Health an der Uni Mainz und Leiterin der ASG-Studie. Mit der Studie „Armut, Schulden und Gesundheit“ liegen nun erstmals Daten über die tatsächliche sozialmedizinische Situation von überschuldeten Privatpersonen vor. Die Erhebung erfolgte zwischen Juli 2006 und März 2007 in Kooperation mit 53 Schuldnerberatungsstellen durch eine schriftliche Befragung. Insgesamt nahmen 666 Personen im Alter zwischen achtzehn und 79 Jahren daran teil. Rund achtzig Prozent der Probanden gaben an, derzeit an mindestens einer Erkrankung zu leiden, im Durchschnitt wurden zwei Erkrankungen pro Person genannt. Psychische Erkrankungen wie Angstzustände, Depressionen oder Psychosen sowie Gelenk- und Wirbelsäulenerkrankungen sind mit jeweils rund vierzig Prozent die häufigsten Beeinträchtigungen – unter denen Frauen übrigens jeweils deutlich häufiger leiden als Männer. Auch von Schilddrüsen- problemen scheinen Frauen eher betroffen zu sein, während Männern häufiger Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen zu schaffen machen: Jeder fünfte überschuldete Mann antwortete auf die betreffende Frage mit „habe ich derzeit“. „Im Vergleich zur nicht überschuldeten Bevölkerung stellen wir bei Überschuldung ein zwei- bis dreifach größeres Risiko fest, an bestimmten Krankheiten erkrankt zu sein. Das ist eklatant“, sagt Münster. „Eine zusätzliche Belastung ist, dass sich bei etwa der Hälfte der Überschuldeten Freunde oder Familie aufgrund der finanziellen Notlage zurückziehen. Das macht dann alles noch schlimmer.“ Zu dem defizitären Gesundheitszustand der überschuldeten Privatpersonen kommt als nächstes das Problem der geringeren Inanspruchnahme medizinischer Leistungen hinzu. 65 Prozent der Befragten haben, nach eigenen Angaben, aus Geldmangel die vom Arzt verschriebenen Medikamente nicht gekauft. Sechzig Prozent haben Arztbesuche unterlassen, weil sie die nötigen finanziellen Mittel für die Zuzahlungen nicht aufbringen konnten. Und auch in anderer Hinsicht kann die untersuchte Personengruppe den Forderungen nach einem gesunden Lebensstil nicht nachkommen: Ungefähr jeder zweite gibt an, sich infolge der Überschuldungsproblematik weniger gesund zu ernähren, und ist zudem weniger sportlich aktiv. „Die ASG-Studie“ legt den eindeutigen Schluss nahe, dass es sich bei der Überschuldungsproblematik nicht ausschließlich um ein ökonomisches oder juristisches Problem der Betroffenen handelt, sondern dass gerade gesundheitliche und soziale Probleme dominieren und eine Einschränkung insbesondere bei der gesundheitlichen Versorgung vorliegt“, so das Fazit der Autoren. Sie raten dringend dazu, fächerübergreifende Präventionsprogramme einzurichten, in die die Sozialdienste der Schuldenberatungsstellen, der Arbeitslosenberatungsstellen und des medizinischen Bereichs einbezogen werden. ● aus: Sozialmagazin, 33. Jg. 4/2008 www.ifs.at Seite 13 Rund ums Taschengeld Kinder und Konsum in Österreich Rund 400 Millionen Euro erhalten Österreichs Kinder und Jugendliche jährlich an Taschengeld. Ein beachtlicher Markt, der von der Wirtschaft auch heftig umworben wird. • Mädchen und Jungen werden gleich behandelt. • Die Höhe des Taschengeldes sollte mit dem Kind bzw. den Kindern besprochen werden. Taschengeld bietet Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit, den Umgang mit Geld zu lernen. Auch durch Fehler. Vorarlberger Jugendliche beziehen im Durchschnitt monatlich rund Euro 37,Taschengeld. Viele unserer Verhaltensweisen werden bereits im Kindesalter geprägt. So auch der Umgang mit Geld. Mit Taschengeld können Kinder lernen, mit Geld umzugehen. Grundsätzliches • anhand ihrer Wünsche, was Geld wert ist. • eigenverantwortliche Entscheidungen zu treffen. • Rücksicht auf die finanzielle Situation der Familie zu nehmen. • wie der Geldbedarf in der Familie geregelt wird! • dass Bedürfnisse nicht immer gleich erfüllbar sind! • dass Geld schnell ausgegeben ist, wenn man es nicht einteilt! Es gibt keinen gesetzlichen Anspruch auf Taschengeld und keine Regel für die Höhe des Taschengelds. Es gibt aber einige Empfehlungen von Fachleuten für den Umgang mit Taschengeld: • Taschengeld sollte dem Kind zur freien Verfügung überlassen werden. • Taschengeld sollte pünktlich und in einem Betrag ausbezahlt werden. • Es gibt keinen Taschengeldvorschuss. • Taschengeld ist nicht für notwendige Anschaffungen bestimmt. • Zu schnell ausgegebenes Taschengeld darf nicht wieder ersetzt werden. • Taschengeld soll nicht aus Strafe gekürzt oder entzogen werden. • Was andere Kinder an Taschengeld erhalten, ist kein Maßstab für die Höhe des Taschengeldes bei den eigenen Kindern. Warum Taschengeld? Kinder lernen ... Wieviel Taschengeld soll ich geben? Empfehlung Die angeführte Tabelle ist ein Hilfsmittel und ein Anhaltspunkt. Hilfreich ist, die Kinder in die Diskussion einzubeziehen. Nehmen Sie sich zum Aushandeln der Taschengeldhöhe und der Vereinbarungen genügend Zeit. Es ist eine Chance, sich intensiv mit dem Thema Finanzen auseinanderzusetzen. ● Alter Betrag in Euro Auszahlung 8 - 10 Jahre 1,50 - 3,00 wöchentlich 10 - 12 Jahre 12,00 - 18,00 monatlich 12 - 14 Jahre 18,00 - 23,00 monatlich 14 - 16 Jahre 23,00 - 30,00 monatlich 16 - 18 Jahre 30,00 - 50,00 monatlich 18 - 20 Jahre 50,00 - 70,00 monatlich 6 - 8 Jahre 0,50 - 1,50 wöchentlich Wenn’s schon eng geworden ist – Tipps für den Umgang mit Geld • Budgetplanung machen! – Es ist nie zu spät! • Führen Sie ein Haushaltsbuch – das kann Einsparungen bis über 20 % bringen. • Versteckte Kosten finden (Zigaretten, Handynutzung, häufige Restaurantbesuche ...). • Kein Überziehungsrahmen auf dem Konto: damit fällt die psychologische Erlaubnis, Schulden übers Konto zu machen. • Abos stornieren: Zeitungen, Mitgliedschaften. • Daueraufträge durchforsten. • Nur einmal pro Monat Geld von der Bank beheben: Vier Kuverts mit den vier Wochenbeträgen – jeden Montag ein neues Kuvert öffnen. • Fixe Kosten sind tabu: Verträge, Abos, ... • Belege immer verlangen: das schafft Überblick und vor allem, Umtausch ist dann möglich. • Überflüssige Versicherungen kündigen – notwendige behalten (Haftpflicht, Haushalt ...). • Auto: nötig? Fahrten: sinnvoll und nötig? • Nur bar bezahlen: Keine Karten! • Nur soviel Bargeld in die Geldtasche geben, wie auch ausgegeben werden kann und darf. • Nie mehr Schnäppchen kaufen! • DVD ausleihen (auch bei Freunden statt in der Videothek) statt ins Kino gehen. • Die Lebenshaltungskosten steigen und sind hoch genug: Nur mit Einkaufszettel einkaufen gehen! • „Private“ Ausgaben überprüfen (Geld für erwachsene/selbst verdienende Kinder). • Telefon: nötig? • Wohnungswechsel möglich? • Lieber Schulden tilgen als Sparen – die Rendite ist immer größer. • Zauberwort: NEIN, DANKE! Bei neuen Angeboten für Versicherungen, Käufen, Krediten ... ● www.ifs.at Seite 14 Richtiger Umgang mit Geld: FachhochschülerInnen erarbeiten Finanzmaterialien die offizielle Übergabe der Materialien an die IfS-Schuldenberatung statt. Neben MitarbeiterInnen der IfS-Schuldenberatung ließen es sich auch Partner des Vorarlberger Finanzführerscheins, der verantwortliche Professor Christian Dorn und der Studiengangleiter Frederic Fredersdorfer nicht nehmen, persönlich zu erleben, was in dieser kurzen Zeit entwickelt wurde. Von den Bedürfnissen bis zum Handy Das Themenspektrum war breit gefächert. Neben Themen, welche die Finanzkompetenz von Jugendlichen schulen, wurden auch Unterlagen erarbeitet, die sich mit Konsum beschäftigen und zu einem erweiterten Bewusstsein führen. Ein kurzer Überblick: Schwerpunkt „Bedürfnisse“ Eine Zusammenarbeit des Vorarlberger Finanzführerscheins mit der Fachhochschule Dornbirn ergänzt das Workshopangebot. Im Sommersemester 2008 setzten sich die StudentInnen des 4. Semesters des Studiengangs Soziale Arbeit im Fach Pädagogik mit dem Vorarlberger Finanzführerschein auseinander. Nachdem die bestehenden Unterlagen von Marga Moosbrugger (IfS-Schuldenberatung) vorgestellt und von den StudentInnen selbst ausprobiert worden waren, machten sich die StudentInnen Gedanken darüber, welche Themen ergänzend hinzugefügt werden können und in welcher Form die Materialien gestaltet sein müssen, damit sie für Jugendliche im Alter von 14 bis 16 Jahren passend sind. Nach intensiver Recherche und Arbeit am Produkt fand am 24. Mai schließlich Die Jugendlichen lernen in diesem Workshop anhand von praktischen Beispielen, worum es sich bei Bedürfnissen handelt und welche Bedeutung diese in ihrem täglichen Leben haben. Hierbei wird die Maslow‘sche Bedürfnispyramide vorgestellt und mit konkreten Beispielen der SchülerInnen erarbeitet. Dadurch lernen sie, bewusst mit Bedürfnissen umzugehen und diesen eine individuelle Gewichtung zu geben. Schwerpunkt „Werbung“ In diesen Einheiten wird der Blick für die unterschiedlichen Werbemechanismen geschärft. Anhand von Beispielen wird vermittelt, wie Werbung das Verhalten der KonsumentInnen nachhaltig beeinflusst. Mittels Rate- und Zuordnungsspielen erkennen die SchülerInnen, wie sehr sie bereits von Werbung geprägt wurden. Werbetechniken werden erläutert und gemeinsam ein Werbespot analysiert. Schwerpunkt „Budgetplan“ Um Jugendlichen zu vermitteln, wie viel das tägliche Leben kosten wird, wendet sich dieser Workshop vor allem an Schü- lerInnen von Polytechnischen Schulen. Anhand des zukünftigen Lehrlingsgehalts wird ein Budgetplan erstellt, der tägliche, wöchentliche und jährliche Ausgaben berücksichtigt. Die erste Berechnung ist gleichzeitig auch Grundlage für eine vertiefende Auseinandersetzung zum Thema „Balance im Budget“. Schwerpunkt „Internet“ Ein Konzept für ein Online-Spiel wurde in dieser Gruppe erarbeitet. Ausgangspunkt war die Erkenntnis, dass Gefahren im Internet am besten direkt im Internet kennen gelernt werden. Das Spiel stellt hierzu einen sicheren Rahmen zur Verfügung. Themen wie Versandhäuser, Auktionshäuser, Online-Games, MusikDownloads, Partnersuche und Erotik können so ohne Gefahr erkundet werden. Eine Umsetzung dieses Konzepts ist geplant und steht dann SchülerInnen und LehrerInnen samt Leitfaden zur Verfügung. Schwerpunkt „Handy“ Weil das Handy unverzichtbarer Begleiter von Jugendlichen ist, werden in diesem Workshop spezifische Kostenfallen und Einsparungsmöglichkeiten thematisiert. Welche Gefahren bergen Paybox und Downloads von Logos und Klingeltönen? Wie kann man diese Fallen umgehen? Wie wähle ich den besten Handytarif für mich aus? Worauf ist besonders zu achten? Diese Fragen werden mit den Jugendlichen bearbeitet und hilfreiche Tipps weitergegeben. Bei der Präsentation in der FH Vorarlberg waren neben Projektleiterin Mag. Marga Moosbrugger auch der Geschäftsführer der IfS-Schuldenberatung Peter Kopf, der Studiengangsleiter „Sozialarbeit“ an der Fachhochschule Prof. Dr. Frederic Fredersdorfer, Franz Abbrederis vom IfS Vorarlberg und zwei Vertreterinnen der Hypobank mit dabei. ● Mag. Marga Moosbrugger www.ifs.at Seite 15 Abendmahl in Teufels Küche Über die Mysterien der Warenwelt Buch tipp von Gabriele Sorgo Styria Verlag, 2006 ISBN 978-3-222-13200-1 Was haben Warenwelt und Religion gemeinsam? Wem diese Verknüpfung etwas wagemutig vorkommt oder um eine Antwort verlegen ist, der kann sich beim Lesen des Buches „Abendmahl in Teufels Küche. Über die Mysterien der Warenwelt“ an die Fersen von Gabriele Sorgo heften und ihren Überlegungen hierzu folgen. Dabei öffnet sie den LeserInnen zum einen die Augen für Wortentlehnungen aus dem Religiösen, die heute für die Beschreibung der Warenwelt herhalten. So wird etwa von Konsumtempeln gesprochen oder, wer die negativen Auswirkungen des Konsumverhaltens betonen will, vor Konsumhöllen gewarnt. Vor manchem Einkaufszentrum könnte man heute staunend in die Höhe schauen, wie es vor einiger Zeit nur vor Kirchen, Kathedralen und Moscheen der Fall war. Zum anderen zeigt Gabriele Sorgo in einem historischen Abriss auf, wie religiöse Orte und Feste schon seit jeher mit Konsum und dionysischen Feiern verknüpft waren. Märkte fanden an Pilgerstätten statt und das Kirchweihfest war stets verbunden mit einem großen Marktfest. Beides war wie selbstverständlich miteinander verknüpft und diente den Menschen, um für eine kurze Zeit aus dem Alltagsleben auszusteigen. Transzendentale Erfahrungen sind nach wie vor bedeutend für die Menschen. Der Unterschied ergibt sich in der Art, wie diese gemacht werden. Generell waren früher transzendentale Erfahrungen stark an die Angebote der Religionen gebunden. Sie hatten hier eine Monopolstellung inne. Das hat sich stark in den Konsumbereich verlagert. Der häufigste Weg, eine transzendentale Erfahrung zu machen, scheint heute der zu sein, sich dem Kaufrausch hinzugeben und auf diese Weise den Alltag für eine bestimmte Zeit zu vergessen. Der größte Unterschied besteht also darin, dass statt einer Orientierung auf etwas Höheres, Größeres und Unerreichbares hin die Verwirklichung aller Wünsche im Jetzt und Sofort im Vordergrund steht. Diese Fokussierung hat den großen Nachteil, dass sie kaum mehr in soziale Strukturen eingebettet ist und im Gegensatz zur Religion der Einzelne für sein Heil selbst verantwortlich ist. Konsum ohne Tradition, ohne rituelle Einbindung ist aber sozial unwirksam, was eine ständige Wiederholung des Vorgangs nötig macht und Kaufhäuser und Produzenten nutzen dieses Potential der Unzufriedenheit. Anstatt von Schuld zu befreien, wie es sich die Religionen zur Aufgabe gemacht hatten, finden sich viele Konsumenten in der Situation wieder, dass sie für das Konsumerlebnis Schulden machen. Eine Verankerung in der Vergangenheit, eine Tradition fehlt somit in der Konsumwelt. Stattdessen steht die Zukunft im Mittelpunkt, die nicht selten durch das Verhalten heute stark vorbelastet ist. Mit dieser kurzen Darstellung zeigt sich, dass Gabriele Sorgo nicht nur die Gemeinsamkeiten von Religion und Warenwelt anspricht, sondern auch auf die Unterschiede eingeht und so von einer besonderen Perspektive aus unsere Konsumkultur definiert. Auf den Punkt gebracht: Ein Abendmahl in Teufels Küche. ● Mag. Marga Moosbrugger IfS-Schuldenberatung IfS-Studie Was bewirkt die IfS-Schuldenberatung? Wie es weitergeht – wenn die Beratung beendet und die Akten geschlossen sind. Häufig stellt sich die Frage nach dem Nutzen der Beratung für den Einzelnen. Wie wirkt sich die Beratung auf den Alltag der KlientInnen aus? Antworten darauf suchte die IfSSchuldenberatung in persönlichen Interviews mit 80 ehemaligen KlientInnen. Rund 90% der Befragten stellen durch die Schuldenregulierung eine nennenswerte Veränderung in ihrem Leben fest. Etwa die Hälfte spricht von einem verbesserten Wohlbefinden und fühlt sich gesünder - vor allem weil der jahrelange Druck durch die Schulden endlich verschwunden ist. Zudem berichtet die Hälfte der KlientInnen davon, ihre Finanzen nun bedeutend besser im Griff zu haben. Auch in persönlichen Lebensbereichen wie Familie, Partnerschaft, Arbeitsplatz und auf der Ebene des eigenen Wohlbefinden lassen sich Verbesserungen feststellen. Laut der Umfrage profitieren Frauen, Berufstätige und Ledige am stärksten von der Schuldenregulierung. Die ausführlichen Ergebnisse der Studie finden Sie auf: www.ifs.at/schuldenberatung.html www.ifs.at Seite 16 Projekt Brückenschlag Beim Projekt „Brückenschlag“ wechseln TeilnehmerInnen aus Wirtschaft und Sozialbereich für einige Tage in den jeweils anderen Arbeitsalltag. Ziel dieser Begegnung ist eine persönliche Horizonterweiterung, der Austausch von Kompetenzen und die bessere Vernetzung der beiden Bereiche. Eine ganz besondere Kombination hat sich mit dem Casino Bregenz und der IfS-Schuldenberatung ergeben: Casinodirektor Josef Semler war bei der Schuldenberatung zu Gast und wurde dort von Peter Kopf und Ottmar Krämer betreut. Auf Gegeneinladung wechselte Ottmar Krämer für einen Tag ins Casino Bregenz. Der ORF interviewte die drei Teilnehmer. ORF: Schuldenberatung und Casino ist eine etwas delikate Kombination. Haben Sie sich die gegenseitig ausgesucht? Semler: Ja, denn ich wusste zwar, dass es die Schuldenberatung gibt, aber das war dann schon alles. Für mich war es sehr interessant, diese Chance zu erhalten und mitzuerleben, wie bei der Schuldenberatung gearbeitet wird. Kopf: Wir haben uns lange überlegt, ob wir jemanden aus einer Institution nehmen, die zum Teil andere Interessen verfolgt als wir. Wir kamen dann aber zu dem Schluss, dass wir hier im wahrsten Sinne des Wortes einen Brückenschlag bewirken können. Als wir auch noch merkten, dass wir auf einer persönlichen Ebene gut harmonierten, haben wir uns gefreut, dass Herr Direktor Semler so offen und interessiert zu uns gekommen ist. ORF: Was für unterschiedliche Ziele sind am augenfälligsten, wenn es um die zwei Institutionen Casino und Schuldenberatung geht? Semler: Beim Thema Schulden gibt es Unternehmen, die als Verursacher da stehen. Zu denen zählen auch wir als Casino. Hier muss ich aber sagen, dass wir auch die Aufgabe haben, mit unseren Gästen verantwortungsvoll umzugehen. Da gehört dazu, dass wir Gespräche führen und auch Besuchsbeschränkungen aussprechen, wenn wir das Gefühl haben, dass unsere Klienten zu oft ins Casino kommen. In diesem Bereich tun wir also fast das Gleiche wie die Schuldenberatung, allerdings nicht so gut, das muss ich zugeben. Kopf: Wir haben in vielen Gesprächen über die unterschiedlichen Ziele unserer Unternehmen gesprochen und das war für mich ein ganz wichtiges Ergebnis dieses Brückenschlags. Wir haben jetzt einen wissenden Partner, auf den wir zugehen können, wenn es Fragen, Anliegen und auch Kritikpunkte gibt. ORF: Herr Semler, hatten Sie anfänglich auch ein wenig Berührungsangst, Menschen gegenüber zu sitzen, die mit Schuldenproblemen kämpfen? Semler: Nein, überhaupt nicht. Wie gesagt, sind wir diesem Problem auch sehr nahe, brauchen aber kompetente und professionelle Partner, an die wir solche Menschen weitergeben können. ORF: Den Gegenbesuch beim Casino hat Ottmar Krämer von der Schuldenberatung absolviert. Wie war diese Erfahrung für Sie? Krämer: Für mich war es sehr interessant, erstens die normalen Casinoabläufe und Spielvarianten mitzuerleben und dann vor allem die internen Sicherheitsstandards und Kontrollmechanismen kennen zu lernen, mit denen man versucht, Kunden vor einer größeren Verschuldung zu bewahren. Man hat mir auch Erfahrungshintergründe geschildert und erklärt, wie sich zum Beispiel bestimmte Charaktere von Spielern herausbilden. ORF: Bei Brückenschlag lassen sich die Betriebe ja sprichwörtlich in die Karten sehen. Gab es da seitens des Casinos Vorbehalte? Semler: Nein, überhaupt nicht. Wir wussten, dass Herr Krämer als Fachmann im Bereich Schuldenberatung zu uns kommt. Wir haben ihm unsere Arbeit daher auch ganz offen vorgestellt, da er sie mit seinem Wissen und seiner Ausbildung sicher anders beurteilen kann als jemand, der mit der Materie Schulden nicht vertraut ist. ORF: Herr Semler, welche wichtigen Erfahrungen haben Sie von Ihrem Brückenschlag mitgenommen? Semler: Für mich war es sehr interessant, in die Rolle des Betroffenen hinüberzuwechseln und die Arbeitsweise der IfS-Schuldenberatung kennen zu lernen: ganz klar und strukturiert auf ein Problem einzugehen und Hilfe anzubieten, ohne dabei Hintergründe zu befragen, Schuld zuzuweisen oder sich emotional zu involvieren. Sich so eines Problems anzunehmen ist etwas Positives, ein Schritt nach vorne und ein Schritt zur Problemlösung. Das zu beobachten war sehr lehrreich und ich habe es auch an meine Mitarbeiter weitergegeben. ORF: Eines der Ziele von Brückenschlag ist der Erwerb bzw. Austausch von Kompetenzen. Soziale Kompetenz für Wirtschaftsbetriebe und wirtschaftliche Kompetenz für Sozialeinrichtungen. Herr Kopf, hat es die Schuldenberatung nötig, wirtschaftliche Kompetenz zu erwerben? Kopf: Wir haben schon mehrmals am Projekt Brückenschlag teilgenommen und Einsätze betreut. Dabei wurde uns von Managern schon oft erstaunt rückgemeldet, wie wirtschaftlich, zielorientiert und effizient wir arbeiten. Das liegt auf der Hand, da unsere Aufgabe ja die Entschuldung unserer Klienten ist. Trotzdem ist es für uns wertvoll zeigen zu können, dass wir Wirtschaftsbetrie- www.ifs.at ben in dieser Hinsicht keineswegs unterlegen sind. ORF: Glauben Sie, dass das Projekt Brückenschlag auch gesellschaftliches Verständnis bzw. Veränderung bewirken kann? Krämer: Ich denke, dass das ein sehr schleichender Prozess ist, der aber durch solche Aktionen durchaus angeregt werden kann. Der größte Nutzen dieses Projekts liegt darin, dass Einblicke in eine andere Welt gewährt werden und eine gewisse Nähe geschaffen wird. Das baut Vorurteile ab, schafft gegenseitiges Verständnis und Ansprechpartner auf der anderen Seite. ● Quelle: ORF – Radio Vorarlberg „Kultur nach 6“ vom 10.1.2008 Das Interview führte Martin Hartmann Seite 17 FiFü-GewinnerInnen auf der Frühjahresmesse Buchtipp Stefan Huber und Stephanie Thaler bei der persönlichen Preisübergabe (mit Peter Kopf und Ottmar Krämer). INFO – Brückenschlag Teilnehmende Unternehmen (Auszug): Etiketten Carini, Rhomberg Bau, Illwerke VKW, Doppelmayr, Erne Fittings, Omicron, Giko Verpackungen, Hirschmann Automotive Teilnehmende Sozialinstitutionen (Auszug): Caritas, IfS, Lebenshilfe, Verein Neustart, DOWAS, Therapiestation Carina, Stiftung Jupident, Gemeinsam Leben Lernen, Vorarlberger Kinderdorf Kontakt Eva Jochum, Projektleiterin Brückenschlag, Kairos – Wirkungsforschung & Entwicklung Anton Walser-Gasse 4, 6900 Bregenz, T 05574 / 58445 E [email protected] Umgang mit dem Medienmix im Familienalltag von Dominique Bühler und Inge Rychener Atlantis, ein Imprint der Orell Füssli Verlag AG, Zürich 2008 ISBN 978-3-7152-1053-7 facts www.brueckenschlag.org • Weiterbildungsprogramm für Führungskräfte aus Wirtschaft, Sozialbereich und Landesverwaltung • Initiative des Büro für Zukunftsfragen im Amt der Vorarlberger Landesregierung • Seit 2002 rund 50 TeilnehmerInnen Handyknatsch, Internetfieber, Medienflut Das Schätzspiel Dieses Jahr war der Vorarlberger Finanzführerschein (FiFü) auf der Dornbirner Frühjahresmesse in der Jungen Halle vertreten. Neben Informationen rund um den Finanzführerschein und über das Thema „Verschuldung bei Jugendlichen“ wurde auch ein Schätzspiel veranstaltet. Zahlreiche TeilnehmerInnen versuchten zu erraten, wie viele Münzen in wie vielen Währungen in dem Glas enthalten waren. Drei Personen kamen mit ihren Tipps der richtigen Antwort schließlich am nächsten. Stephanie Thaler, Stefan Huber und Max Blaßnig freuten sich über ihre Gewinne. ● facts IfS-Schuldenberatung Mehrerauerstraße 3 6900 Bregenz Tel.: 05574/46185 E-Mail: [email protected] Mag. Marga Moosbrugger Koordinatorin E-Mail: [email protected] www.fitfuersgeld.at Eine Welt ohne Medien ist heute undenkbar; neben Büchern, Fernsehen und Radio gehören Mobiltelefone, PC-Spiele und Internet vor allem für Jugendliche zum täglichen Leben. Eltern können sich diesbezüglich kaum auf eigene Erfahrungen abstützen. Umso wichtiger ist es für sie, sich mit den Medien und ihren Möglichkeiten zu befassen. Dieses Buch regt an zur aktiven Auseinandersetzung mit Medien und Inhalten: Wer Medieninhalte interpretieren und eigenständig werten kann, hat Medienkompetenz erlangt – und kann vom Medienkonsum profitieren. Medienkompetenz kann sich bei Kindern und Jugendlichen nur mit einer sachlichen, kritischen und liebevollen Haltung der Eltern entwickeln. Erwachsene sollten sich ihrer Vorbildfunktion bewusst sein, ihre Kinder ernst nehmen und auf ihre Bedürfnisse eingehen. Die verschiedenen Medien werden mit Blick auf ihre Eigenart und Wirkungsweise erläutert. Die Autorinnen zeigen außerdem, wie man im Familienalltag mit Medien experimentieren kann. ● www.ifs.at Seite 18 45 Jahre Institut für Sozialdienste von der Bürgerinitiative zum sozialen Dienstleister de Vorarlberg“ entwickelte sich in den vergangenen 45 Jahren das Institut für Sozialdienste. Der Ausbau der IfS-Beratungsstellen und der Beratungsdienste für verschiedenste Gruppen sowie die Verwirklichung zahlreicher Projekte ließen eine Institution entstehen, deren Einmaligkeit heute, wie Geschäftsführer Dr. Stefan Allgäuer betont, darin liegt „dass unter dem Namen, dem Dach ,IfS‘ viele unterschiedliche Dienstleistungen zusammenfinden, ohne sich gegenseitig einzuengen oder zu behindern.“ Der Name ist Programm Im vergangenen Jahr beging das Institut für Sozialdienste das Jubiläum seines 45jährigen Bestehens. Aus diesem Anlass wurde die vielbewegte Geschichte des IfS von Univ. Prof. Dr. Gerhard Wanner schriftlich aufgearbeitet. Gemeinsam präsentierten nun das Institut für Sozialdienste und die Rheticus Gesellschaft im Palais Liechtenstein das Werk „Die Geschichte des IfS-Vorarlberg – Von der Bürgerinitiative zum sozialen Dienstleister“. Aus der am 22. November 1962 erstmals zusammentreffenden „Arbeitsgemeinschaft zur Betreuung der Jugend im Lan- Im Institut für Sozialdienste ist der Name Programm. Mit „Institut“ wird der Anspruch nach Professionalität und Reflexion unterstrichen, mit „sozial“ im Begriff „Sozialdienste“ wird der Gegenstand definiert. Sozial ist, was dem Menschen und der Gemeinschaft dient. In diesen Dienst stellt das IfS all seine Dienstleistungen, die Unterstützung und Begleitung der KlientInnen stehen im Zentrum der Bemühungen. Auf die Wichtigkeit des IfS-Beratungsangebotes verweisen die kontinuierlich ansteigenden KlietInnenzahlen: Nahmen 1994 insgesamt rund 13.500 Personen die Beratungsangebote des IfS in Anspruch, so waren es im Jahr 2006 bereits 30.300 Menschen – ganz nach dem Motte des IfS Vorarlberg: Wir helfen WEITER. Buchpräsentation im Palais Liechtenstein Unter den zahlreichen Gästen, die während der Präsentation der IfS-Geschichte anwesend waren, befanden sich u.a. Landtagsvizepräsidentin Dr. Gabriele Nussbaumer, Landesgerichtspräsident Dr. Alfons Dür, leitender Staatsanwalt Dr. Franz Pflanzner, Clubobmann Johannes Rauch, LAbg. Olga Pichler, der Präsident der Rheticusgesellschaft LAbg. Dr. Elmar Schallert, Stadträtin Barbara Schöbi-Fink (Feldkirch) , StR. Elisabeth Mathis (Bregenz), Hofrat Dr. Ludwig Rhomberg, Bürgermeister Dr. Heinz Bilz, Bezirkshauptmann Dr. Bernd Salomon, IfS-Vizepräsident Herbert Pruner, Prof. Hans Sperandio, Hofrat Dr. Hermann Girardi (einer der Gründerväter des IfS), Pfr. Elmar Simma, IfS-Geschäftsführer Stefan Allgäuer, Dr. Erika Neumann und Leo Jäger (die damals ersten IfS-Mitarbeiter). Musikalische umrahmt wurde die Veranstaltung durch die erfrischenden „Fiddle Kids“ unter der Leitung von Andrea Holzer-Rhomberg. ● Leserbrief Liebe Redaktion, Ich habe heute die IfS-Geschichte kurz durchgeblättert. Erstaunlich, was ihr alles auf die Füße gestellt habt. Nicht in meinen kühnsten Träumen hätte ich mir zu Beginn so etwas vorstellen können. Ich gratuliere euch allen, an der Front und in der Zentrale. Unser Freund Sperandio hat mit recht darauf hingewiesen, da stecken Schicksale dahinter; persönliches Leid und Verzweiflung. Danke. Herzliche Grüsse Hermann Girardi www.ifs.at Seite 19 Wir helfen WEITER – Unterstützende und begleitende Hilfe für Menschen in Not und Krisen oder mehr sucht als findet - all diese Menschen drohen in der Spirale des ,immer mehr und immer schneller‘ unter zu gehen.“ Hilfe zur Selbsthilfe Präsentation des IfS-Jahrresberichtes in Röthis Erziehungs- und Trennungsprobleme, drohende Armut, Wohnungsverlust und Gewaltschutz sind u.a. Themen, die den IfS-Beratungsalltag im vergangenen Jahr prägten. Insgesamt 30.317 Menschen konnten dahingehend unterstützt werden, Problemlösungen zu erarbeiten und ihr Leben wieder selbständig und selbstbestimmt zu führen. Auch das Jahr 2008 wird ganz im Zeichen der Hilfe für Menschen in schwierigen Lebenslagen stehen. Neuerungen und Innovationen im Rahmen des IfSAngebots dienen der bestmöglichen Unterstützung der Hilfesuchenden. Die Lebenswelten der Menschen werden immer komplexer und bieten vielfältige Chancen und Entwicklungsperspektiven. „Wer jung, fit und gesund ist, für den scheint - fast - alles möglich. Das Tempo ist atemberaubend, die Anforderungen und der Preis für dieses Leben sind hoch“, berichtet IfSGeschäftsführer Dr. Stefan Allgäuer. Immer mehr Menschen können oder wollen mit dieser Dynamik nicht (mehr) mithalten. „Wer langsamer ist, weniger belastbar, nicht gesund oder ‚Job-fit‘, wer ‚kein Glück‘ hat, wer nicht strategisch plant und lebt Traumatische Erlebnisse, das Ende von Beziehungen und die Pubertät stellen im Leben von Menschen Übergänge dar, die in Krisen resultieren können. Aber auch Dauerbelastungen, ungelöste Konflikte oder fehlende Chancen können dazu führen, dass sich Menschen ausgebrannt, krank, überschuldet oder überfordert fühlen. „In solchen Notsituationen bietet das IfS Hilfe und Unterstützung an“, erklärt Allgäuer. „Unser Ziel ist es immer, Menschen zu befähigen, ihr Leben selbständig oder so selbständig wie möglich zu leben.“ 2007 in Wort und Zahl Im vergangenen Jahr fanden insgesamt 30.317 Hilfesuchende im IfS kompetente Unterstützung und entwickelten gemeinsam mit den zuständigen Fachpersonen neue Zukunftsperspektiven. Der Gesamtumsatz des IfS betrug 2007 18,2 Millionen Euro. Aufgebracht wird diese Summe überwiegend aus dem Vorarlberger Sozialfonds, von den Bundesministerien und aus den Eigenerlägen der KlientInnen. Neuerungen 2008 Um die Hilfesuchenden auf ihrem Weg aus der Krise bestmöglich zu unterstützen, werden immer wieder neue Angebote entwickelt und bereits bestehende Angebote den Bedürfnissen der KlientInnen angepasst. So etwa wird der Bereich „IfS-Kinderschutz“ weiter ausgebaut und eine verstärkte Vernetzung mit anderen Institutionen und Opferschutzeinrichtungen angestrebt, um eine bestmögliche Unterstützung der Betroffenen zu garantieren. Aufgrund der großen Nachfrage bezüglich des Beratungsschwerpunktes „Familienberatung bei Trennung/Scheidung“ an der IfS-Beratungsstelle Feldkirch wird dieses Angebot zukünftig auf weitere Regionen Vorarlbergs ausgeweitet. Das Angebot richtet sich insbesondere an Familien, in denen Kinder von der Trennung der Eltern mit betroffen sind. ● Der IfS-Jahresbericht ist auf der IfSHomepage unter www.ifs.at zu finden. www.ifs.at Vorarlberger Kinderschutzeinrichtungen gegen verschärfte Anzeigepflicht bei Kindesmissbrauch Im Sinne der Kinder Die Vorarlberger Kinderschutzeinrichtungen IfS, Vorarlberger Kinderdorf, SOS-Kinderdorf, aks Sozialmedizin und Stiftung Jupident sprechen sich strikt gegen eine verschärfte Anzeigepflicht bei Kindesmissbrauch aus. „Eine sofortige Anzeige kann die dem Missbrauch zugrundeliegenden Probleme niemals lösen. Im Gegenteil, diese Vorgehensweise verhindert einen sensiblen Umgang mit den Opfern und birgt die Gefahr in sich, dass diese sich übergangen fühlen, was eine weitere Verletzung ihrer Grenzen bedeuten würde. Doch vor allem misshandelte Kinder bedürfen einer behutsamen Unterstützung durch fachlich geschulte Personen und vorerst nicht einer polizeilichen Befragung“, so der einstimmige Tenor der GeschäftsführerInnen der genannten sozialen Organisationen. Aus fachlicher Perspektive ist eine Verschärfung der Anzeigepflicht, von der sämtliche Anlaufstellen und demnach auch sämtliche Beratungsstellen für Missbrauchsopfer betroffen wären, abzulehnen. Diese führt dazu, dass Opfer wie auch deren Angehörige nicht mehr wagen, den Schritt in die Beratung zu tun, und somit viele Missbrauchstaten niemals aufgedeckt und Täter geschützt würden. Häufig scheuen sich Betroffene vor einer Anzeige, vor allem wenn der Missbrauch noch nicht als bestätig gilt. Die Opfer und deren Angehörige wünschen sich anfangs beratende Unterstützung und haben Angst davor, sofort Anzeige zu erstatten. „Es ist falsch, aufgrund des tragischen aktuellen Falls in Amstetten Anlassjustiz zu betreiben“, betonen IfS-Geschäftsführer Dr. Stefan Allgäuer, der Geschäftsführer des Vorarlberger Kinderdorf Dr. Christof Hackspiel, Geschäftsführer Manfred Ganahl von der Stiftung Jupident, Mag. Helmut Fornetran, Geschäftsführer von aks Sozialmedizin und Dr. Sabine Juffinger vom SOS-Kinderdorf. ● Seite 20 IfS-Sachwalterschaft: Neue Standorte im Sinne der Seit 30. April 2008 ist die IfS-Sachwalterschaft an zwei Standorten zu finden. Die Leitung sowie die zuständigen MitarbeiterInnen für den Bereich Unterland beziehen neu die Stelle in Dornbirn, Poststraße 2/4, wo auch die IfS-Bewohnervertretung zukünftig zu finden ist. Der Bereich Oberland wird weiterhin durch den Standort in Feldkirch abgedeckt. Lediglich die Büroadresse hat sich dort geändert: Johannitergasse 6. Diese räumlichen Verbesserungen werden dazu führen, dass verstärkt regional und vor Ort gearbeitet sowie die Nähe zu den KlientInnen intensiviert werden kann. Persönliche und kompetente Vertretung Die MitarbeiterInnen der IfS-Sachwalterschaft setzen sich als gesetzliche Vertreter für erwachsene Menschen mit geistiger Behinderung oder psychischer Krankheit ein. SachwalterInnen stehen Personen, die ihre Angelegenheiten nicht ohne Gefahr einer Benachteiligung selbst erledigen können und keine facts IfS-Sachwalterschaft Leitung und Bereich Unterland Poststraße 2/4 6850 Dornbirn T 05572 /90 88 88 F 05572 / 90 88 88 - 43 E [email protected] IfS-Sachwalterschaft Bereich Oberland Johannitergasse 6 6800 Feldkirch T 05522/75191 F 05522/75191-23 E [email protected] IfS-Bewohnervertretung Poststraße 2/4 6850 Dornbirn T 05572/908888 F 05572/908888-43 E [email protected] geeigneten Angehörigen haben, persönlich und kompetent zur Seite. Zudem bietet der Verein IfS-Sachwalterschaft Beratungen und Schulungen für nahe stehende Personen an. Um den hohen KlientInnenandrang zu meistern und zugleich den hohen qualitativen Standard der Arbeit bewahren zu können, setzt die IfS-Sachwalterschaft auf eine Zusammenarbeit von hauptberuflichen und ehrenamtlichen SachwalterInnen. Hauptberuflich tätige SachwalterInnen bringen die erforderliche Fachlichkeit mit in die Arbeit ein. Ehrenamtlich tätige Personen verfügen über ein hohes Engagement und können sich verstärkt intensiv um Einzelpersonen kümmern, sich Einzelschicksalen annehmen. ● ● Anleitung für Kurse in Dornbirn und Feldkirch Sind Sie vom Gericht zum Sachwalter für eine/n Angehörige/n bestellt worden? Oder ist in Ihrer Familie eine solche Aufgabe notwendig? Die IfS-Sachwalterschaft bietet in Kooperation mit der Arbeiterkammer Vorarlberg Kurse in Dornbirn und Feldkirch an. Mit dem Thema Sachwalterschaft werden Angehörige altersverwirrter, geistig behinderter oder psychisch kranker Menschen meist unvorbereitet konfrontiert. „Von einem Tag auf den anderen wird man gesetzlicher Vertreter bzw. Vertreterin eines Menschen, der mit dem Leben alleine nicht mehr zurechtkommt“, weiß Mag. Florian BachmayrHeyda, Leiter der IfS-Sachwalterschaft. Als Sachwalter übernimmt man Verantwortung etwa für die Einkommens- und Vermögensverwaltung, jedenfalls für die soziale Situation dieses Menschen. An zwei Abenden werden rechtliche Grundlagen und Praxisanleitung vermittelt, die Vortragenden gehen auf spezielle Fragen ein und die TeilnehmerInnen www.ifs.at Seite 21 „Ein Kind darf nie ein Schadensfall sein.“ Regionalisierung Gemeinsame Erklärung Erschüttert zeigen sich die Lebenshilfe, das Institut für Sozialdienste und die Caritas Vorarlberg über das jüngste Urteil des Obersten-Gerichtshofs (OGH), das den Eltern eines behinderten Kindes den Ersatz sämtlicher Lebensunterhaltskosten für das Kind zuspricht. „Dieses Urteil stellt die Existenzberechtigung von Menschen mit Behinderungen in Frage und das kann uns, die wir im Dienste der Menschen mit Behinderungen stehen, nur erschüttern“, sind sich IfS-Geschäftsführer Dr. Stefan Allgäuer Caritasdirektor Peter Klinger, und Geschäftsführer Dr. Werner Blum (Lebenshilfe) einig. Ein Kind darf nie ein Schadensfall sein! SachwalterInnen erhalten ausführliches Kursmaterial mit Musterbriefen und -formularen. Kosten für den Kurs: € 25,–. ● Mag. Florian Bachmayr-Heyda Leiter der IfS-Sachwalterschaft Bachmayr-Heyda.fl[email protected] Infos und Anmeldung Termine: Dornbirn: Dienstag 7. und 14. Oktober 2008 Feldkirch: Donnerstag, 6. und 13. Oktober 2008 jeweils 19.00 bis 21.30 Uhr Anmeldung im Bildungs-Center der AK Vorarlberg T 05522/3551 Nähere Informationen zum Thema Sachwalterschaft auch unter www.ifs.at/sachwalterschaft Bei dem aktuellen OGH-Urteil (5Ob148/07 m) geht es um den mittlerweile sechseinhalbjährigen Sohn eines Kärntner Ehepaars. Das Kind wurde mit Meningomyelozele (MMC), einem Defekt der Wirbelsäule, mit einem Wavsserkopf und Klumpfüßen geboren; der OGH sprach den Eltern vollen Schadenersatz in Form der Übernahme sämtlicher Lebenshaltungskosten des Kindes durch den Krankenhauserhalter zu, weil die Behinderung des Buben im Zuge der Pränataldiagnostik nicht erkannt wurde und die Schwangerschaft deshalb nicht abgebrochen worden war. Problematisch ist, dass durch dieses Urteil der Druck auf ÄrztInnen und auf Eltern erhöht wird, pränataldiagnostische Möglichkeiten anzuwenden. Wenn Eltern sich zu einer PND (Pränataldiagnose) entschließen, dann solle bei einem auffälligen Befund der Schwangeren und ihrem Partner genügend Zeit zur Beratung und Entscheidungsfindung zur Verfügung stehen. Vorgeburtliche Diagnosen müssen an eine rechtzeitige, umfassende, qualifizierte und begleitende Beratung mit einer sachlich-wertfreien Information gebunden sein, die von der diagnostizierenden Stelle unabhängig ist, so die Sozialorganisationen. „Wie unsere tägliche Erfahrung zeigt, ist das Leben von Menschen mit Behinderungen ebenso sinnerfüllt, wie das von nicht behinderten Menschen. Menschen mit Behinderungen können ein Leben in der Gesellschaft führen“, betont Blum. „Um dies zu gewährleisten, soll der Staat die Akzeptanz von Menschen mit Behinderungen und den Mut zu diesem Leben fördern“, schließen sich Klinger und Allgäuer an. Die Integration von Menschen mit Behinderung voranzutreiben, anstatt die Verantwortung in die Haftung von ÄrztInnen abzuschieben, sei die Aufgabe von Politik und Gesellschaft. Behinderung ist eine gesellschaftliche Herausforderung, die sich nicht an einem finanziellen KostenNutzen-Denken orientieren darf, sind sich die Sozialorganisationen einig. ● Buchtipp Verborgenes Licht Gedanken für Zeiten der Trauer von Erika WalchSommer und Roswitha Mair Tyrolia-Verlag, Innsbruck 2008 ISBN 978-37022-2907-8 Sparsamkeit, Klarheit und Licht sind die Grundbausteine der Texte dieser kleinen Aufmerksamkeit für Trauernde. Kurze Gedichte fangen Fragen und Hoffnungen auf. Schlichte Worte bündeln die wirren Gedanken, führen sie behutsam in neue Perspektiven. Naturaufnahmen lassen die Seele zur Ruhe kommen und warten mit unvermutet frischen Perlen auf. Da wird es bald leichter ums Herz und Trost und Freude kehren Schritt für Schritt in die Träume zurück. Ein unaufdringliches Geschenk, mit dem man den richtigen Ton trifft. ● www.ifs.at Seite 22 Die Chancen der Migration erkennen Studie Schlechte Integration verursacht hohe Kosten Die heutige Diskussion zum Thema „MigrantInnen“ ist leider all zu oft an Defiziten orientiert und häufig negativ konnotiert. Aber: „Anders sein bedeutet immer auch voneinander lernen können“, betont IfS-Geschäftsführer Dr. Stefan Allgäuer. „Es ist an der Zeit, die Chancen, die mit Migration und Integration verbunden sind und sich aus einer Vielfalt an Kulturen und Mentalitäten ergeben, in den Vordergrund zu rücken.“ Weit über 40 Prozent der Landesbevölkerung haben einen Nicht-Vorarlberger Hintergrund: Tausende Familien stammen ursprünglich aus anderen Bundesländern, aus Südtirol, aus dem Trentino, der Türkei, dem ehemaligen Jugoslawien, aus Deutschland und vielen anderen Ländern. „Vorarlberg hat in der Vergangenheit zahlreiche Zuwanderungswellen nicht nur erlebt, sondern davon auch sehr profitiert. Ohne die Menschen mit migrantischem Hintergrund“, so der IfS-Geschäftsführer, „gäbe es den heutigen Wohlstand für den überwiegenden Teil des Landes nicht in dieser Form. Es ist wichtig, die in Vorarlberg vorhandene Vielfalt als Chance zu erkennen und auch die Akteure in der Politik daran zu erinnern.“ Jeder Mensch braucht Gemeinschaft und das Gefühl der Zugehörigkeit und Vertrautheit. Das Institut für Sozialdienste leistet dabei auf vielen Gebieten Vermittlerdienste. Allgäuer: „Menschen, die aus anderen Ländern kommen und bei uns leben und arbeiten, fühlen sich häufig isoliert und mit ihren Problemen allein gelassen. Sie stoßen oft auf Ablehnung und Unverständnis, wo sie Hilfe brauchen würden: bei Wohnungsund Arbeitssuche, bei Bildung und Erziehung, bei Familien- und Schwangerschaftsproblemen, im Umgang mit Gesetzen und Behörden, im Leben ihrer Kultur und Religion. In unseren IfS-Beratungsstellen helfen muttersprachliche MitarbeiterInnen bei der Verständigung.“ Neben Türkisch und Serbo-Kroatisch werden Beratungen für Menschen aus dem südamerikanischen Raum auch auf Spanisch durchgeführt. Nach dem Bedarf an psychosozialer Unterstützung, der oft am Beginn eines Kontaktes steht, suchen MigrantInnen mittlerweile auch in den Bereichen Erziehungsberatung, Psychotherapie und bei Problemen im familiären Umfeld Hilfe. Ziel dieser Arbeit ist es, konkrete Lebenshilfen zu besprechen und Vorurteile abzubauen. „Denn“, so IfS-Geschäftsführer Dr. Stefan Allgäuer abschließend, „in gegenseitiger Anerkennung miteinander ver- Die unzureichende Integration von Zuwanderern kostet den Staat Deutschland jährlich schätzungsweise 16 Milliarden Euro. Mangelnde Sprachkenntnisse und fehlende soziale Netzwerke erschweren die Integration der Zuwanderer in den Arbeitsmarkt. Dadurch gehen dem Staat Einkommenssteuern und Beiträge in der Renten- und Sozialversicherung verloren. Das ist das Ergebnis einer Studie des Büros für Arbeits- und Sozialpolitische Studien (BASS) im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. Demnach kostet die mangelnde Integration Bund und Länder jeweils 3,6 Milliarden Euro pro Jahr, die der Sozialversicherungen liegen bei 7,8 Milliarden Euro. Während von den weniger integrierten Zuwanderern in Deutschland 16 Prozent arbeitslos gemeldet sind, sind es bei den integrierten 11 Prozent. Die Kosten unzureichender Integration von Zuwanderern werden in der Studie anhand ihrer Arbeitsmarktbeteiligung gemessen. Um Chancen auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu haben, benötigen Zuwanderer gute Sprachkompetenzen und ein gutes Bildungsniveau. Wenn sie sich zudem sozial engagieren und damit in Netzwerke eingebunden sind, hilft dies bei der Arbeitsplatzsuche. Aus Forum 1/08 Bertelsmann-Stiftung traut zu werden, stellt für beide Seiten eine Bereicherung dar, den Horizont zu erweitern.“ ● Dr. Stefan Allgäuer IfS-Geschäftsführer www.ifs.at „Ich bin Österreicherin und Dominikanerin zugleich“ Interview mit einer IfS-Klientin aus der Dominikanischen Republik Frau Villasboa stammt aus der Dominikanischen Republik und lebt seit 20 Jahren in Vorarlberg. Sie ist Mutter von drei Kindern und berufstätig. Frau Villasboa, wie geht es Ihnen in Vorarlberg? Mir geht es gut, danke. Ich lebe gerne in Vorarlberg. Sind Sie integriert? Ich bin schon der Meinung, dass ich gut integriert bin. Ich habe drei Kinder, ich arbeite hier, spreche die Sprache. Ja, ich bin integriert, ich fühle mich fast wie zu Hause. Warum fast wie zu Hause? Fehlt es Ihnen an etwas? Äußerlich bin ich keine Vorarlbergerin. Innerlich ziemlich. Wissen Sie, ich lebe seit über der Hälfte meines Lebens in Vorarlberg, mein Leben findet hier statt. Wenn ich mich zurück erinnere, dann gibt es eine Zäsur – bevor ich nach Österreich kam und danach. Das Davor verbindet mich mit meiner ersten Heimat. Das Danach verbindet mich mit Vorarlberg, meiner zweiten Heimat. Ich vergesse immer wieder meine Herkunft, nicht aber die Umwelt, in der ich lebe. Sie erinnern mich immer wieder, woher ich komme. Sind Sie Österreicherin oder sind Sie eher Dominikanerin? Ja, ich bin Österreicherin. Und ja, ich bin Dominikanerin. Ich bin beides. Manchmal das Eine mehr und manchmal das Andere weniger. Auch wenn es mir schwer fällt angesichts der ewigen Debatten über Integration und Ausländer und die Ausländerfeindlichkeit in der Luft, letztendlich bin ich Wahlösterreicherin. Ich kann mir nicht vorstellen, wieder bzw. überhaupt in der Dominikanischen Republik zu leben. Das Interview führte Sonia Pajon-Jenny. Seite 23 „Hindernisse wegräumen“ Wo steht die Integration von Menschen mit Behinderung in Vorarlberg? Seit fast zwanzig Jahren setzt sich „Integration Vorarlberg“ – ein aus einer Gruppe betroffener Eltern entstandener Verein – beharrlich und konsequent für die Integration von Menschen mit Behinderung in sämtlichen Lebensbereichen ein. Waren in den 90er Jahren Kindergarten und Schule Schwerpunkte der Bemühungen, kam nach und nach das Thema Arbeit im regionalen Umfeld hinzu. Ablösung vom Elternhaus, Wohnen und Freizeitgestaltung warten als große Zukunftsthemen. Viel hat sich in diesen 20 Jahren bewegt. Bilder von Integration zeigen, dass gemeinsames Leben von Menschen mit und ohne Behinderung nicht nur Vision ist, sondern gelebte Wirklichkeit werden kann. Gemeinsam mit dem Institut für Sozialdienste und dem Land Vorarlberg wurde im Juni 2007 im Foyer des Landhauses die Ausstellung „H(k)indernisse wegräumen – Wo steht die Integration von Menschen mit Behinderung in Vorarlberg?“ gezeigt. Nach Präsentation der Ausstellung im „Füranand“ im Zentrum an der Ach, Dornbirn, im Messepark Dornbirn und im neuen Sozialzentrum in Götzis wurde diese Ausstellung vom 5. bis 24. April 2008 auch im Landeskrankenhaus Feldkirch gezeigt. Im Rahmen dieser Ausstellung diskutierten am 14. April 2008 in der Aula des LKH Feldkirch folgende fünf Experten zum Thema: Menschen mit Behinderung: Medizin-Ethik-Moral DiskussionsteilnehmerInnen: Dr. Karoline Artner, Psychologin, Werk der Frohbotschaft, Lehrtätigkeit in München und Vorarlberg Dr. Gabriele Nussbaumer, Landtagsvizepräsidentin, Mutter eines Sohnes mit Behinderung Univ.-Prof. Dr. Volker Schönwiese, Universität Innsbruck, Institut für Erziehungswissenschaften Univ.-Prof. Prim. Dr. Peter Schwärzler, Leiter der Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe im LKH Feldkirch Dr. Johannes Edlinger, Integration Vorarlberg, Vater einer Tochter mit Behinderung Moderation: Mag. Peter Niedermair Reingard Rauch, die Obfrau des Vereins „Integration Vorarlberg“ begrüßte die Gäste und Zuhörer in der Aula des Landeskrankenhauses Feldkirch. Noch immer prägt der medizinische Blick auf Menschen mit Behinderung das Denken im Alltag. Behinderung wird als Krankheit gesehen, als Leid, als Katastrophe. Menschen von Behinderung zu „erlösen“, die Gesellschaft von Behinderung zu befreien sind als kulturelle Konstrukte tief verwurzelt und führten während der NS-Zeit zur systematischen Vernichtung von Menschen mit Behinderung unter dem Titel „lebensunwertes Leben“. Mit den neuen Möglichkeiten der Medizin, u. a. der pränatalen Diagnostik, könnte diese Sichtweise ungewollt verstärkt werden. Je mehr die Medizin dazu im Stande ist, vermeintliche „Garantien“ für ein gesundes Kind zu geben, um so mehr, so ist zu befürchten, wird sich die Abwehr gegenüber geschädigtem oder behindertem Leben verstärken. Der medizinische Fortschritt, der einerseits eine riesige Chance darstellt, Krankheiten und Schädigungen präventiv oder möglichst frühzeitig zu behandeln, birgt auch ein erhebliches Risiko für die gesellschaftliche Akzeptanz von Menschen mit Behinderung. Ärzte und Ärztinnen tragen große Verantwortung für dieses Thema. Sie beraten Eltern in Sachen pränataler Diagnostik, überbringen die Diagnose, beraten Eltern im Falle eines positiven Bescheids, d. h. einer zu befürchtenden Behinderung. Sie sind es auch, die Eltern mit behinderten Kindern medizinisch begleiten. Univ.-Prof. Dr. Volker Schönwiese eröffnete dann die Diskussion mit einem Impulsreferat. Er stellte folgende Fragen in den Raum: Was ist Glück? Was ist ein www.ifs.at glücklicher Mensch? Wer entscheidet, wer ein glückliches/glücklicheres Leben hat? Muss der behinderte Mensch auf sein Leben verzichten, weil es Höhen und Tiefen haben wird? Dr. Schönwiese sieht ein großes Manko in der Begleitung von Eltern nach der Diagnose „Behinderung“ für ihr Kind. Eltern werden mit Informationen bedacht, würden sich aber Begleitung in ihrer Trauer und Verarbeitung wünschen. Univ.-Prof. Prim. Dr. Peter Schwärzler sieht die Ärzte in der Rolle der Überbringer der Hiobsbotschaft. Da Ärzte in ihrer Ausbildung mit dieser Thematik nicht konfrontiert werden, würden sie sich Hilfe wünschen. Sie werden mit der Situation alleine gelassen. Dr. Schwärzler stellt fest, dass das Leben ab dem Zeitpunkt der Geburt geschützt ist, Leben vor der Geburt nicht! Es gibt auch keine Definition dafür, wo Behinderung anfängt. Ist eine Kiefer-Gaumenspalte schon eine Behinderung? Wer entscheidet schlussendlich, was eine Behinderung ist? Er würde sich Beratung schon vor einer Schwangerschaft wünschen, wenn die Diagnose einmal gestellt ist, muss er aus seiner Erfahrung Eltern oft zur Beratung überreden. In einer Gesellschaft, in der es uns so gut geht wie in Österreich, gibt es eine immens hohe Rate an Schwangerschaftsabbrüchen. Das dürfte nicht sein. Sein Angebot, an der Klinik eine Beratungsstelle aufzubauen, würde Dr. Gabriele Nussbaumer sehr begrüßen und sie betont ihre Bereitschaft zur Unterstützung. Sie selbst sei sehr unzufrieden mit der gesetzlichen Situation. Kinder mit Behinderung seien laut Gesetz vor der Geburt weniger Wert als Seite 24 Kinder ohne Behinderung.Neben dem brisanten Thema der Pränataldiagnose diskutierten die TeilnehmerInnen auch die unterschiedlichen Auffassungen von Integration von Kindern mit Behinderung in die Schule. Dr. Nussbaumer betont, dass Vorarlberg stolz ist auf den zweigleisigen Weg, nämlich Kinder in die Regelschulen zu integrieren, gleichzeitig aber ein gut funktionierendes Sonderschulwesen zu haben. Dr. Schönwiese fragt sich, was das denn für eine Einstellung sei, wenn man zwar alles tue, um vorgeburtliches behindertes Leben zu schützen, die Kinder aber später dann in behinderte und nichtbehinderte separiert. Wenn Sonderschulen da sind, müssen sie auch gefüllt werden, das sei eine wirtschaftliche Tatsache. Er spricht von einer „Sonderschulrettungsaktion“. Es gebe keinen empirischen Beweis, dass Sonderschulen besser sind als Integration in die Regelschule. 80 % der Eltern würden sich Integration wünschen, die Beratung gehe aber stark in Richtung Sonderschule. Vorarlberg sei das Schlusslicht in Sachen Integration. Als betroffener Vater reagierte auch Dr. Johannes Edlinger auf die Integrationspolitik des Landes mit Kritik. Er hat als Familie mit einem Kind mit Behinderung die soziale Isolation in der Gesellschaft und im Freundeskreis erfahren. Er erlebt am eigenen Leib, dass Integration in der Gesellschaft nur über direkte Kontakte in Nachbarschaft, Dorf, sozialem Gefüge möglich ist, darum ist es für ihn auch so wichtig, dass sein Kind mit den Nachbarskindern zur Schule geht, neben der Schule mit eben diesen Kindern spielen kann. Denn nur Erwachsene, die als Kinder mit Menschen mit Behinderung in Berührung gekommen sind, sich damit auseinandergesetzt haben, gehen mit einer Selbstverständlichkeit damit um. Für Dr. Karoline Artner ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit das Wichtigste. Probleme lassen sich nur durch Zusammenarbeit aller Beteiligten lösen. Beispiele zeigen, dass Lösungen möglich sind, wenn alle eingebunden sind. Systeme müssen durchlässig sein. Das Kind und seine Eltern stehen im Mittelpunkt. Dr. Schönwiese kritisiert da natürlich auch das starre Schulsystem. Es muss uns auch wichtig sein, dass unsere Kinder lernen, Glück ist nicht Schönheit, Erfolg, Macht, Geld. Glück ist vor allem Zufriedenheit, ein erfülltes, vielfältiges Leben. Und das können Menschen mit Behinderung genauso erleben wie Menschen ohne Behinderung. Wer entscheidet also, welches Leben wert ist, gelebt zu werden? ● facts Der Verein „Integration Vorarlberg“ ist Mitglied beim „Netzwerk Eltern Selbsthilfe“. NETZWERK ELTERN SELBSTHILFE Autistenhilfe Vorarlberg • AG DownSyndrom • ESH für sehgeschädigte Kinder • EV für Menschen mit Behinderung, Bludenz • Integration Vorarlberg Koordinatorin des Netzwerks Eltern Selbsthilfe ist Mag. Marlies Vith. Information: Interpark FOCUS 1, A-6832 Röthis T +43 (05523) 52176 E [email protected] www.ifs.at Seite 25 3. IBK-Symposium für Gesundheitsförderung und Prävention IBK-Gesundheitspreis 2008 verliehen „Gesundheitsförderung und Prävention in der Schule“ heißt das Siegerprojekt, das mit dem 3. IBK-Gesundheitspreis ausgezeichnet wurde. Das Projekt der Schulgemeinde Flawil im Kanton St. Gallen gewann ein Preisgeld in Höhe von 5.000 Euro und eine Skulptur der Jungkünstlerin Anna Waibel aus Hohenems. Die Preisverleihung fand anlässlich des 3. IBK-Symposiums für Gesundheitsförderung und Prävention im voll ausgebuchten Festspielhaus in Bregenz statt. Insgesamt wurden 136 Projekte für den Gesundheitspreis 2008 der Internationalen Bodenseekonferenz (IBK) eingereicht. 20 davon konnten sich nominieren. Unter diesen 20 nominierten Projekten befanden sich 5 aus Vorarlberg: „Im Gleichgewicht bleiben. Tipps und Tricks für ein bewegtes Leben“ (Initiative Sichere Gemeinde, Land Vorarlberg, Institut für Sozialdienste), „Genuss-Detektive. Ein Gesundheitsförderungsprojekt für PflichtschülerInnen“ (aks Gesundheitsvorsorge GmbH), „Gesunde Klasse. Verantwortung tragen – für mich und die anderen“ (BG-Gallus), „S’Kinderzügle. Hänschen auf gesunden Wegen“ (Gemeinde Schwarzach, Kindergärten Dorf und Minderach, plan-b regionales Mobilitätsmanagement) sowie „Mehr Spaß mit Maß“ (Stiftung Maria Ebene). Der erste Preis ging an das Projekt „Gesundheitsförderung und Prävention in der Schule“ der Schulgemeinde Flawil im Kanton St. Gallen. Die Auswahl der drei Siegerprojekte fiel der international besetzten Fachjury nicht leicht, denn nicht nur die Anzahl, sondern auch die Qualität der eingereichten Projekte übertraf bei weitem die Erwartungen der Organisatoren. Deshalb sprach sich die Jury für eine Teilung des zweiten Preises aus. Somit wurden, jeweils mit 2.500 Euro dotiert, zweite Preise vergeben an die Projekte „BIG – Bewegung als Investition in Gesundheit“ vom Institut für Sportwissenschaft und Sport an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen-Nürnberg (Bayern) und an „Gemeinsam für unsere Kinder – Schülerverpflegung an einer Ganztagesschule im ländlichen Raum“ des Vereins Hilfe von Haus zu Haus aus Gaienhofen von der Halbinsel Höri im Bodensee (BadenWürttemberg). Große Probleme pragmatisch gelöst Nach Beurteilung der Fachjury gilt für alle drei Siegerprojekte gleichermaßen, dass sie großen gesellschaftlichen Problemen auf pragmatische Art und Weise begegnen. Zudem zeichnen sie sich alle dadurch aus, dass sie mit der Beteiligung der Betroffenen einerseits und einer strukturellen Verankerung der Projekte andererseits der Nachhaltigkeit hinreichend Rechnung tragen. Und schließlich wurde von der Jury auch das Kosten-Leistungs-Verhältnis der ausgezeichneten Projekte als angemessen beurteilt. IBK-Gesundheitssymposium Die Verleihung des 3. IBK-Gesundheitspreises fand im Rahmen des IBK-Symposiums für Gesundheitsförderung und Prävention statt. Die Preise wurden durch den Vorsitzenden der Internationalen Bodenseekonferenz (IBK) Regierungsrat Erhard Meister, Schaffhausen, Landesstatthalter Markus Wallner, Gesundheitsreferent der Vorarlberger Landesregierung, und Roman Wüst, dem Vorsitzenden der IBK-Kommission Gesundheit und Soziales und Generalsekretär des Gesundheitsdepartementes St. Gallen übergeben. Außer den Preisgeldern erhielten die Vertreter des Siegerprojektes der Schulgemeinde Flawil eine Skulptur, die von der jungen Vorarlberger Künstlerin Anna Waibel aus Hohenems gestaltet wurde. Die Projektträger aller 20 nominierten Projekte wurden ebenfalls zu der Veranstaltung nach Bregenz sowie zu einer zweitägigen Studienreise im Bodenseeraum eingeladen. Das Projekt „Gesundheitsförderung im Bodenseeraum“ wurde bereits 1999 von v.o.n.u.: Die Werkstattbühne bot das richtige Ambiente; Landesstatthalter Mag. Markus Wallner bei der Preisverleihung; alle Gewinner; Roman Wüst (Vorsitzender der IBK), Peter Hartmann („Gesundheitsförderung und Prävention in der Schule“) und Dr. Stefan Allgäuer (IfSGeschäftsführer) - Vertreter Vorarlbergs in der IBK. den Regierungschefs der IBK ins Leben gerufen und fand nach 2001 und 2005 in diesem Jahr zum dritten Mal statt. Mit Best-Practice-Beispielen und der Vernetzung von Anbietern und Multiplikatoren der Gesundheitsförderung soll in der Bodenseeregion der Fachaustausch über länderspezifische Formen der Gesundheitsförderung und Prävention verstärkt werden. Namhafte Referentinnen und Referenten am Symposium Namhafte Referentinnen und Referenten boten an der ganztägigen Veranstaltung, die am 17. April im Festspielhaus in Bregenz stattfand und mit gut 450 TeilnehmerInnen komplett ausgebucht war, interessante fachliche Informationen sowie Anregungen, die den Dialog und die Auseinandersetzung mit aktuellen gesundheitsrelevanten Themen und gesellschaftlichen Entwicklungen weiter fördern. ● www.ifs.at Seite 26 IfS-Familienarbeit Für das Wohl der Kinder Die Familie ist seit jeher ein Ort der Geborgenheit. Hier findet man Verständnis, Unterstützung und kann die Probleme des Alltags teilen. Gemeinsam wird nach Problemlösungen gesucht, man lernt, Rücksicht auf andere zu nehmen. Was aber, wenn die Alltagsprobleme zu groß werden, wenn finanzielle Schwierigkeiten, Konflikte oder Krankheit diesen Ort der Geborgenheit zerstören? „Wenn nichts mehr weiter geht, werden unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aktiv“, so Dr. Hubert Löffler, Leiter der IfS-Familienarbeit. „Wir unterstützen Familien, die es aus eigener Kraft nicht mehr schaffen, das gemeinsame Leben zu meistern. Wir kümmern uns um das Wohl der Kinder, damit diese weiterhin eine unbeschwerte Kindheit in ihrer Herkunftsfamilie erleben dürfen.“ Probleme haben alle – und sie kommen in den besten Familien vor. Aber es gibt auch Lösungen dafür und eine Zukunft, in der Kinder aufwachsen können, ohne unnötig zu leiden. Die Jugendwohlfahrt hat den gesetzlichen Auftrag, sich für das Kindeswohl einzusetzen. Ist das Wohl der Kinder gefährdet, so wird die Jugendwohlfahrt von erfahrenen Fachkräften der IfS-Familienarbeit unterstützt. SozialarbeiterInnen und PsychologInnen suchen die Familien zu Hause auf und unterstützen die Eltern in ihrer Erziehungsarbeit. Für das Wohl der Kinder Die IfS-Familienarbeit bietet ein spezialisiertes Hilfsangebot für Kinder und Familien, ist Ansprechpartner in allen Lebenslagen und hilf in Krisensituationen. Zentrale Aufgabe ist die nachgehende Unterstützung von Familien, in denen die gesunde Entwicklung der Kinder bedroht ist. „Wir kümmern uns beispielsweise um Kinder, die zwar bei deren Eltern leben, doch diese sind krank, psychisch schwer belastet oder sind wenig gebildet, so dass sie nur unzureichend für ihre Kinder sorgen können“, berichtet Löffler. „Oder wir kümmern uns um Kinder, deren Eltern sich getrennt haben und in so großen Konflikten verfangen sind, dass sie nur in beschränktem Maße für ihre Kinder da sein können.“ Zunehmend werden auch Kinder unterstützt, deren Eltern arm und sozial isoliert sind, so dass diese die positive Entwicklung ihrer Kinder nur unzureichend sichern können. im Sinne des Kindeswohls abzugeben. Darüber hinaus werden weitere Projekte für Kinder durchgeführt. ● Hubert Löfler Geschäftsführer der IfS-Familienarbeit loefl[email protected] Mehr als 150 Familien werden unterstützt Die IfS-Familienarbeit kümmert sich laufend um mehr als 150 Vorarlberger Familien. Neben Hausbesuchen, im Rahmen derer die Eltern in ihrer schwierigen Erziehungsarbeit unterstützt werden, organisiert die IfS-Familienarbeit Kindergruppen. In diesen können Kinder gemeinsame Zeit mit anderen Kindern verbringen und Neues lernen. Zugleich werden die Eltern entlastet. Zudem koordiniert die IfS-Familienarbeit ehrenamtliche MitarbeiterInnen im ganzen Land, die sich einzelner Kinder annehmen und sich speziell um diese kümmern. In anderen Fällen erstellen die MitarbeiterInnen Gutachten für Pflegschaftsgerichte, um bei Besuchs- und Obsorgestreitigkeiten eine Empfehlung facts IfS-Familienarbeit Geschäftsführung: Dr. Hubert Löffler E-Mail: loeffl[email protected] IfS-Familienarbeit Feldkirch Ganahl-Areal Schießstätte 14 6800 Feldkirch Tel.: 05522/39566-0 E-Mail: [email protected] IfS-Familienarbeit Bludenz Obdorfweg 1 6700 Bludenz Tel.: 05552/66907 E-Mail: [email protected] www.ifs.at Projekt „ ... trotz allem gesund!“ IfS-Familienarbeit setzt sich für Gesundheit von armutsgefährdeten Menschen ein Armut macht krank – dies ist mittlerweile wissenschaftlich unbestritten. Wer arm ist, stirbt statistisch betrachtet um sieben Jahre früher, erkrankt eher schwer, verunfallt häufiger und ist gesundheitsgefährdenden Umweltbedingungen stärker ausgesetzt. Außerdem stehen finanziell arme Menschen im Berufs- und Familienleben unter höheren physischen und psychischen Belastungen. Das von der IfS-Familienarbeit ins Leben gerufene Projekt „ ... trotz allem gesund!“ hat es sich zum Ziel gemacht, von Armut gefährdete oder betroffene Familien mittels individueller Beratung, Aktivitäten und persönlichen Gesprächen zu gesundheitsbewusstem Verhalten zu motivieren. Viele Familien haben ganz andere Sorgen, als sich um ihre Gesundheit zu kümmern. Sie kämpfen mit finanziellen Schwierigkeiten, innerfamiliären Konflikten oder anderen Problemen. Da Gesundheit und Gesundheitsvorsorge jedoch ein sehr wichtiges Thema sind, hat es sich die IfS-Familienarbeit zur Aufgabe gemacht, diese Familien ganz persönlich in Bezug auf die eigenen Gesundheitsaspekte und besonders auf die ihrer Kinder zu beraten. Motivation zu gesundheitsbewusstem Verhalten Das Projekt „...trotz allem gesund!“ ist ein auf vier Jahre angelegtes Programm, bei dem die MitarbeiterInnen der IfS-Familienarbeit das Bewusstsein für gesunde Ernährung, Bewegung und Prävention auch bei jenen Menschen stärken, welche die herkömmlichen Gesundheitsinformationen kaum wahrnehmen. Von Armut gefährdete Kinder, Jugendliche und Erwachsene werden durch individuelle Beratung, Aktivitäten und persönliche Gespräche zu gesundheitsbewusstem Verhalten motiviert. ● Seite 27 Sicherheit und Freiheit – Sturzprävention im Alter Bericht über ein erfolgreiches Seminar Am 29. April 2008 fand im Bildungshaus Batschuns ein Seminar zum Thema „Sicherheit und Freiheit – ein Spannungsfeld in der Betreuung und Pflege daheim“ statt. Perfekt organisiert von Angelika Pfitscher, Leiterin des Projekts „Rund um die Pflege daheim“, setzten sich betreuende Angehörige und Pflegefachleuten mit bewährten Möglichkeiten zur Verhinderung von Sturzfolgen im Alter auseinander. Schutzmaßnahmen für den Alltag Stürze sind eines der größten Lebensrisiken im Alter, Knochenbrüche am Oberschenkel bedeuten oft Pflegebedürftigkeit bis ans Lebensende. Ganz konkrete Schutzmaßnahmen stellten Experten aus dem Ländle vor: Lucia Hämmerle – O’Mahony zeigte die neuesten Modelle von Hüftprotektoren, zu tragen wie eine Unterhose, bequem und leicht zu reinigen. Hüftprotektoren verhindern ihrer Beobachtung nach über 90 % der hüftnahen Knochenbrüche. Dieter Visintainer referierte zu den Möglichkeiten der erst seit kurzem erhältlichen Niedrig-Pflegebetten, die bis auf 30 cm abgesenkt werden können; Sturzverletzungen aus dem Bett kommen damit praktisch nicht mehr vor. Alexander Feuerstein demonstrierte in Vorarlberg hergestellte Pflegebetten und eine neue Eigenentwicklung – die SeitenschutzAufstehhilfe, mit der viele Pflegebetten nachrüstbar sind und die ein gefahrloses selbstständiges Aufstehen vom Bett ermöglicht. Gertraud Treml überzeugte bei der Präsentation verschiedener Varianten von Sturzmatten, die neben das Bett gelegt werden – ein einfaches aber wirkungsvolles Hilfsmittel, um Verletzungen bei bettnahen Stürzen zu vermeiden. Zum Abschluss führte Dieter Visintainer eine Alarmmatte vor, die unter die Matratze gelegt wird und bei Aufstehbewegungen die Betreuungsperson informiert. Dieses Produkt ist inzwischen ohne lästiges Kabelwerk mit einem Funkemp- fänger und auch für die Pflege zu Hause erhältlich und besser als Babyphones, die jedes Husten übertragen und nur Stress bei der Betreuungsperson erzeugen. Die praktische Vorführung machte die Veranstaltung abwechslungsreich und lebensnah. Was besonders beeindruckte, war die Tatsache, dass es hervorragende Experten der Sturzprävention im eigenen Land gibt, die ihr Wissen und ihre Erfahrung gerne mit einem interessierten Publikum teilten. Informationen und Praxistipps Für die Anwesenden gab es Informationen (was kostet ..., wo gibt es ...) und konkrete Praxistipps: „Verwenden Sie rutschfeste Noppensocken beim nächtlichen WC-Gang, aber nicht die vom Diskonter, sondern die aus dem Sanitätshaus, die halten ewig“. Moderiert wurde der Nachmittag von Herbert Spiess, der auch die thematische Einführung übernahm. In seiner Funktion als Bewohnervertreter beim Institut für Sozialdienste setzt er sich beruflich mit dem Spannungsfeld Freiheitsbeschränkung durch Bettgitter oder Fixierungen versus Alternativen auseinander. Die TeilnehmerInnen lobten den Neuigkeitswert und die Praxisnähe und wünschten sich weitere Veranstaltungen auch für den ambulanten Pflegebereich und für Krankenhäuser. Das Ziel ist, ältere und verwirrte Menschen ohne Verletzungsgefahr und unter Wahrung ihrer Menschenwürde betreuen zu können. ● v.l.n.r.: Gertraud Treml, Alexander Feuerstein, Lucia Hämmerle-O’Mahony, Herbert Spiess, Dieter Visintainer, Angelika Pfitscher www.ifs.at Seite 28 Anruf genügt ... uns nicht Multiprofessionalität in der IfS-NASA* für das eigene Leben zu entdecken und möglicherweise ins eigene Lebenskonzept einzubauen. Der vielfach zitierte erste Schritt in der Sozialpädagogik bedeutet Arbeit an der Beziehung von KlientIn und BetreuerIn. Aber wussten Sie, dass dieser Schritt manchmal sehr nach Kuhmist stinken kann und Gummistiefel empfohlen werden? Wie sozialpädagogische Arbeit aufzubauen ist und welche Themen sie umfassen kann, wird oft in einschlägiger Literatur beschrieben. Damit ein/e NASA-MitarbeiterIn an den Punkt gelangt, um erste Schritte seiner/ihrer Arbeit tun zu können, bedarf es mehr Fertigkeiten, als auf Unis und Fachhochschulen gelehrt werden, und vor allem bedarf es mehr als einen Anruf. Ein/e gewöhnliche/r NASA-MitarbeiterIn setzt außergewöhnliche und individuelle Methoden ein, um möglichst nahe an den Themen der Jugendlichen arbeiten zu können. So reicherte eine NASA-Mitarbeiterin ihre Schuhsammlung mit gelb geblümten Stiefel aus Gummi an, um den Alltag einer zurückhaltenden Jugendlichen zu begreifen. Sie folgt ihr in den Kuhstall ihres Vaters. NASA-Arbeit ist anders und das schon seit mittlerweile sieben Jahren. Das anfängliche Projekt NASA hat sich zu einem fixen und gefragten Bestandteil der Vorarlberger Jugendbetreuung etabliert. So kann auch diese Einrichtung, begonnen mit einer Einzelkämpferin, mittlerweile ein Team von sieben Leuten aufweisen. „Was muass i astella, damit i bei da NASA blieba kann?“ fragte Maria (17 Jahre) bei ihrem Abschlussgespräch. NASA bleibt durch Teamzusammenhalt am Boden, wenn die KlientInnen zum Abflug ansetzen, und ist auf jeden Fall bei der Landung zur Stelle, um genaue Koordinaten durchzugeben. NASA-Arbeit stellt den Inbegriff von Entwicklung dar. Durch mitfühlen, mitdenken, mitgestalten, mitphantasieren und mitwachsen stellt diese einen gemeinsamen Prozess der Betreuung dar, die sowohl Jugendliche als auch deren BetreuerInnen intensiv erleben. Entwicklung wird als Möglichkeit, Weltanschauungen zu verändern oder zu bereichern, verstanden. Auch geht es darum, Neues Manchmal wird der bezeichnende Begriff „nachgehend“ (nachgehende sozialpädagogische Arbeit) im eigentlichsten Sinne des Wortes Zentrum dieser Arbeit und je nach Tempo der Jugendlichen kann dies schon mal ein Nachlaufen werden. Hilfreich stellt sich heraus, wenn Eltern, die diesen Prozess beobachten, Tipps geben können, in welche Richtung wir laufen sollen, um die Jugendlichen greifbar zu machen. Ein verdienter NASA-Mitarbeiter berichtet aus seinem Erfahrungsschatz mit einem anschaulichen Beispiel, in dem er dem Jugendlichen bis ins Kellergeschoß folgte, um mit ihm in Beziehung treten zu können. Das Finden des Jugendlichen bei einem unangeleiteten Versteckspiel im Haus dieser zu betreuenden Familie eröffnete erste Möglichkeiten, um die Arbeit miteinander aufzunehmen. Dadurch sind auch Fitness und Durchhaltevermögen sowie Spaß am Entdecken unabdingbare Eigenschaften des NASATeams. NASA-Arbeit braucht selbstverständlich Fertigkeiten aus Pädagogik, Psychologie, Sozialarbeit, Kommunikationswissenschaften, Mediation und Kreativität, doch das alleine genügt noch nicht, um NASA lebendig zu machen. Auch handwerkliches Geschick und Engagement werden sichtbar, wenn sich eine NASAMitarbeiterin in den blauen Overall wirft und mit Spachtel und Farbe an der dringend notwendigen Renovierung der Wohnung eines Jugendlichen Hand anlegt. Diese Handwerksarbeiten wirken folglich nicht nur in Form von einem gemütlichen Zuhause, sondern auch in Form einer intensivierten Beziehung zum/zur NASA-BetreuerIn nach. ● Mag. Udo Müller, Mag. Sigrid Gruber * Nachgehende sozialpädagogische Arbeit www.ifs.at Seite 29 Soziales Netzwerk Wohnen Wohnen ist ein elementares Grundbedürfnis Eine Wohnung zu haben ist ein wichtiger Bestandteil gesellschaftlicher Integration. Seit mehr als einem Jahr betreiben das Land Vorarlberg und seine Partner das Projekt Soziales Netzwerk Wohnen - ein Sonderwohnbauprogramm, um Menschen aus Krisensituationen herauszuhelfen. „Die bisherigen Erfahrungen sind sehr gut, deshalb wollen wir künftig noch mehr Gemeinden zum Mitmachen bewegen“, so eine erste Zwischenbilanz von Wohnbaulandesrat Manfred Rein und Soziallandesrätin Greti Schmid sowie Koordinatorin Heidi Lorenzi vom Institut für Sozialdienste (IfS). Laut Schätzungen von Fachleuten aus der Wohnungslosenhilfe gibt es in Vorarlberg rund 200 Menschen, für die es sehr schwierig bzw. fast unmöglich ist, am freien und am gemeinnützigen Wohnungsmarkt eine passende und finanzierbare Wohnung zu bekommen. Es handelt sich dabei hauptsächlich um Alleinstehende, die aus verschiedensten Gründen in existenziellen Krisensituationen stecken - nach Arbeitsplatzverlust oder Scheidung, wegen psychischen Erkrankungen, Zugehörigkeit zu einer Rand- oder Problemgruppe oder wegen fehlenden finanziellen Mitteln bzw. mangelnder sozialer Verankerung. Viele dieser Menschen leben derzeit in betreuten Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe, andere in prekären Wohnsituationen. Landesrätin Schmid: „Wir wollen diesen Menschen helfen, wieder Fuß zu fassen. Ihnen die Möglichkeit zu bieten, selbstständig zu wohnen, ist eine wichtige Voraussetzung für jede weitergehende Integration. Denn mit dem Bezug einer eigenen Wohnung verbindet sich ein Stück Normalität, Stabilität, Privatsphäre, Selbstbestimmung und eine neue Lebensperspektive.“ Ziel ist es, die betroffenen Menschen wieder in den regulären Wohnungsmarkt zu integrieren und ihre Selbst- ständigkeit zu stärken. Sie erhalten eine dem individuellen Bedarf entsprechende ambulante Betreuung durch das DOWAS und die Caritas-Wohnungslosenhilfe. Das bedeutet weniger Aufenthalte in den voll betreuten Einrichtungen und damit weniger Sozialhilfekosten. „Für das Sonderwohnbauprogramm werden im gemeinnützigen Mietwohnungsbau zusätzliche Wohnungen mitgebaut“, erläutert Landesrat Rein. Das Projekt ist in den Wohnbauförderungsrichtlinien des Landes verbindlich verankert und das jährliche Neubauförderungskontingent des Landes für gemeinnützige Mietwohnungen wurde von 300 auf 330 erhöht. „Das bedeutet, die Zahl der über die Gemeinden zu vergebenden Wohnungen wird durch das Soziale Netzwerk Wohnen nicht verkleinert“, so Rein. Auch bei Altwohnungen wird bei Wiedervergabe geprüft, ob sie für das Programm in Frage kommen. Denn gerade Altwohnungen sind allein von der Miethöhe her dafür mitunter besonders geeignet. Das Soziale Netzwerk Wohnen ist eine Untergruppe der Arbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe. Vertreten sind die Kolpinghäuser Bregenz und Götzis, die Caritas-Wohnungslosenhilfe, das DOWAS und seit September 2007 auch das Haus der jungen Arbeiter. Die infrage kommenden Wohnungen werden dem „Sozialen Netzwerk“ zur Vergabe zur Verfügung gestellt. Zunächst erfolgt eine Prüfung der sozialen Verträglichkeit der betreffenden Wohnanlage, um möglichst Konfliktsituationen zu vermeiden. Dem Sozialen Netzwerk liegen Listen der Wohnungssuchenden sowie der zur Verfügung stehenden Wohnungen vor. Hauptkriterien für die Belegung einer Wohnung sind die soziale Situation der Bewerberinnen und Bewerber, die Dringlichkeit sowie die Berücksichtigung der Bedürfnisse der Wohnanlage. Die Wohnung wird direkt an die aus- gewählte Person für drei Jahre vermietet. Nach einer gelungenen Integration kann das Mietverhältnis im normalen Prozedere verlängert werden. Bisher nur positive Erfahrungen Im Zeitraum September 2006 bis August 2007 wurden über das Soziale Netzwerk Wohnen insgesamt 18 Wohnungen in sieben Gemeinden (Bludenz, Bregenz, Dornbirn, Feldkirch, Frastanz, Hard, Lochau) vermittelt. Die bisherigen Erfahrungen sind ausschließlich positiv, es gab keine nennenswerten Probleme und keine Kündigungen durch den Wohnbauträger. Bei allen Mietern wurden Entwicklungen zum Guten festgestellt - eine klare Bestätigung für das Konzept. Auch auf die stationären Einrichtungen wirkt sich das Projekt positiv aus. Erstmals ist es möglich, Auszüge in selbstständige Wohnungen besser zu planen. In der nahen Zukunft geht es nun darum, mehr Gemeinden für das Soziale Netzwerk Wohnen zu gewinnen und die Kooperation aller Partner weiter zu verdichten, um das Ziel „jährlich 30 Wohnungen“ möglichst bald zu erreichen, berichtete Heidi Lorenzi als Koordinatorin. ● IfS-Mitarbeiterin Heidi Lorenzi Koordinatorin „Soziales Netzwerk Wohnen“ www.ifs.at Seite 30 Wir helfen WEITER. Neue Wege in der Unterstützung der MitarbeiterInnen in Partnerschaft mit dem Institut für Sozialdienste (IfS) Was verbindet die Hydro Aluminium Nenzing und ein Soziales Dienstleistungsunternehmen wie das Institut für Sozialdienste? Im ersten Augenblick lässt sich diese Frage nicht so schnell beantworten. Bei genauerem Überlegen ist jedoch klar: Hier wie da stehen die Menschen im Mittelpunkt. Eine Firma wie Hydro Aluminium ist auf motivierte und gesunde MitarbeiterInnen angewiesen. Sie sind der Schlüssel zum Erfolg eines jeden modernen Unternehmens. Und dem IfS geht es darum, Menschen in allen erdenklichen psychischen oder sozialen Problemsituationen Unterstützung anzubieten. Das IfS hilft WEITER. Dies bedeutet, dass es im Sinne einer „Hilfe zur Selbsthilfe“ die Menschen soweit unterstützt, bis diese wieder selbst handlungsfähig geworden sind. Verantwortung für den Umgang mit Krisen übernehmen – als Arbeitgeber und als Einzelner „Stellen sich uns unerwartete, negative Ereignisse wie eine chronische Erkrankung, zu hohe Arbeitsbelastung (Burn out), Überschuldung, Ehe- oder Erziehungskonflikte, der Arbeitsplatzverlust, der Tod eines Angehörigen, oder andere persönliche Krisen in den Weg, bekommt unser Leben eine Richtung, gegen die wir uns wehren“, so der Geschäftsführer von Hydro Aluminium Nenzing, Dr. Gerold Trommelschläger. „Gleichgültig was das Schicksal an Überraschungen für uns bereithält: wir besitzen auf jeden Fall einen Einfluss auf unser Befinden und unser Verhalten. Und wenn es nicht mehr weitergeht, sollten wir Hilfe in Anspruch nehmen. Deshalb haben wir in Kooperation mit dem IfS das Projekt „WIR HELFEN WEITER“ ins Leben gerufen. Um unseren MitarbeiterInnen für den Fall der Fälle die notwendige Unterstützung anzubieten.“ Dieses Projekt ist nachhaltig angelegt und es sind zahlreiche Maßnahmen geplant, damit die MitarbeiterInnen die angesprochene Unterstützung erhalten. So wird ein Folder Informationen zum so genannten Psychosozialen Help-Desk geben. Mit diesem soll gewährleistet werden, dass schnell und unbürokratisch geholfen wird. Außerdem sind Vorträge (etwa zu Stress), ein Mailing mit einem „Tipp der Woche“, Supervisionen und Coaching von Einzelpersonen und Teams etc. möglich. Das Projekt soll zunächst mit dem Help-Desk sowie einzelnen Vorträgen starten und dann schrittweise ausgebaut werden. Unser Partner – das Institut für Sozialdienste (IfS) Das Institut für Sozialdienste (IfS) ist bei all dem Partner von Hydro Aluminum. IfS-Beratungsstellen sind in Bludenz, Feldkirch, Hohenems, Dornbirn, Bregenz und Egg zu finden. Über diese wird der oben angesprochene Help-Desk abgewickelt. Einen Termin für ein Beratungsgespräch können KlientInnen telefonisch vereinbaren oder direkt vorbei kommen. Für die Beratungen hat das IfS ein paar wichtige Grundsätze. Dr. Stefan Allgäuer, Geschäftsführer beim IfS, meint dazu: „Vielen Leuten fällt es sowieso schon schwer, sich in professionelle Beratung zu begeben. Uns ist es daher sehr wichtig, dass Personen, welche sich in einer psychosozialen Notsituation befinden, niedrige bis gar keine Barrieren vorfinden. Deshalb sind erste Beratungsgespräche kostenlos und deshalb gibt es auch während der Öffnungszeiten Bereitschaftsdienste, bei denen man sehr rasch einen Termin erhalten kann. Hinzu kommt, dass alle BeraterInnen der gesetzlichen Schweigepflicht unterliegen. Unsere KlientInnen bleiben also anonym.“ Letzteres ist auch Gerhard Salzmann, dem Projektleiter bei Hydro Aluminium ein Anliegen. „Wir wollen nicht wissen, wer unter welchem Problem leidet. Wichtig ist uns, die MitarbeiterInnen bei dessen Lösung zu unterstützen. Deshalb ist die Anonymität unbedingt zu wahren. Zudem übernimmt Hydro Aluminium den Eigenerlag.“ Aufbruch zu einem lebenswerteren Leben „Wir hoffen, dass das Projekt ein Erfolg wird. Mit Erfolg ist hier gemeint, dass ich hoffe, dass sich möglichst viele MitarbeiterInnen, welche in psychosozialen Problemen und Krisen nicht mehr weiterwissen beim IfS professionell WEITER helfen lassen und damit die Türe zu einem lebenswerteren Alltag aufstoßen. Unsere Unterstützung haben sie!“, meint Dr. Gerold Trommelschläger abschließend. ● Buchtipp Richtig Kochen für Problemkinder Ratgeber und Rezepte für Eltern und Fachleute von Cornelia A. Lüthi und Jerry P. Miszak Atlantis, ein Imprint der Orell Füssli Verlag AG, Zürich 2008 ISBN 978-3-71521056-8 Es ist hinlänglich bekannt, dass die Ernährung Verhaltensauffälligkeiten von Kindern und Jugendlichen beeinflusst oder verursacht. Dennoch findet man kaum Informationen über richtige Ernährung bei Verhaltensauffälligkeiten. Vor allem fehlen konkrete Tipps für den Alltag. In diesem Buch geht es um ADHS, Legasthenie, Essstörungen, Übergewicht, Depression, Angststörungen, Autismus oder Schizophrenie. Und es geht um Möglichkeiten, den Heilungsprozess betroffener Kinder mit passender Ernährung zu unterstützen. Der alltagstaugliche und praktische Leitfaden hilft, mit der Ernährung die nötigen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Therapie zu schaffen. Er richtet sich an betroffene Eltern, Lehrbeauftragte, sozial und psychologisch Beratende und ÄrztInnen, die zur medikamentösen Behandlung komplementäre Unterstützung suchen. ● www.ifs.at kurz und bündig Wolfurt: Gemeinde hat ein Ohr für Menschen mit Behinderung Die Marktgemeinde Wolfurt beauftragte die IfS-Assistenz, die Aktion „Barrierefrei Rallye“ in ihrem Ort durchzuführen und zu begleiten. Im Rahmen der „Barrierefrei Rallye“ testen Menschen mit eingeschränkter Mobilität in ihrer Heimatgemeinde Alltagswege, um auf Barrieren und Hindernisse hinzuweisen und Verbesserungen aufzuzeigen. Seite 31 führen. Anderes wird weitergeplant und das Bewusstsein für die Thematik durch Öffentlichkeitsarbeit und eigenes Tun unterstützt und wachgehalten. Auf Zusage des Bürgermeisters soll die Projektgruppe in einem Jahr zu einem Ergebnisgespräch eingeladen werden.◆ IfS-Interventionsstelle – Neue Öffnungszeiten Die Interventionsstelle hat die Öffnungszeiten erweitert. Seit 1. März 2008 gelten folgende Öffnungszeiten: Montag bis Freitag von 08.00 bis 13.00 Uhr, Montag und Donnerstag von 13.00 bis 16.00 Uhr. IfS-Interventionsstelle Drevesstraße 2, 3. Stock 6800 Feldkirch T 05522/82440 E [email protected] Orte des Alltagslebens im Test Die Aktion wurde von den IfS-Mitarbeiterinnen Elisabeth Bösch und Lisbeth Nussbaumer gemeinsam mit Gemeinderätin Elisabeth Fischer durchgeführt. Auf Einladung der Gemeinde beteiligten sich Rollstuhlfahrer und blinde Menschen mit Begleitpersonen an dieser Aktion. Eine Mitarbeiterin des Landeszentrums für Hörgeschädigte brachte die Probleme von Menschen mit Hörbehinderung ein. Es wurden Orte „getestet“, die Menschen im Alltagsleben immer wieder aufsuchen: Postamt, Bank, Rathaus, Cubus, Arzt, Lebensmittelgeschäft, Busund Bahnhaltestelle, Gasthöfe, Kirche, Friedhof u.v.a. Dialog zwischen Betroffenen und Mandataren Im Dezember 2007 wurden die Ergebnisse dieser Rundgänge Bürgermeister Mohr und seinen Gemeinderäten präsentiert. In einer sehr offenen und „hörbereiten“ Atmosphäre fanden ein angeregter Austausch und ein fruchtbaren Dialog mit den Mandataren und den Betroffenen statt. Die Gemeinde signalisierte Bereitschaft und Tatkraft, mögliche Verbesserungen so rasch als möglich durchzu- Lehrgang Individualpädagogik 2008/2009 Individualpädagogik richtet sich auf die Herausbildung der individuellen Lebensfähigkeit bis hin zur Persönlichkeitsentwicklung. Die Lehrgangsteilnehmenden lernen individualpädagogische Projekte zu entwickeln und professionell durchzuführen. Grundlage sind die Erfahrungen des Jugendintensivprogramms des Kooperationspartners Institut für Sozialdienste (IfS). Beginn: 24. September 2008 Dauer: 11 Seminare zu 294 Unterrichtsstunden über 1,5 Jahre Anmeldeschluss: 30. Juni 2008 Anmeldung: Schloss Hofen Zentrum für Wissenschaft und Weiterbildung Veranstaltungszentrum Kapuzinerkloster, Kirchstraße 38, 6900 Bregenz T +43(0)5574/43046 E [email protected] www.schlosshofen.at ◆ Internationales Symposium „Kindheit und Gesellschaft II“ 23. bis 25. Oktober 2008 Festspielhaus Bregenz Zur Thematik der Gesellschaft im Übergang und den Auswirkungen auf die Bildung von Identität stehen 14 Gesprächs- Buchtipp SUSRET ART – Kunst als Therapie von Adelheid Gassner-Briem Bucher Verlag, Hohenems 2007 ISBN 978-3902612-08-3 Susret heißt Begegnung, und vielfältige Begegnungen standen im Zentrum dieses Kunst- und Sozialprojekts: BosnierInnen und VorarlbergerInnen, Flüchtlinge und KünstlerInnen, Politik und Migration, Kunst und Sozialprojekt. Nach Kriegsbeginn im früheren Jugoslawien kamen 1992 schwer traumatisierte Flüchtlinge nach Vorarlberg und fanden durch die Zusammenarbeit mit der Vorarlberger Künstlervereinigung einen Sinn in ihrem neuen Dasein. Initiativ wurde hier vor allem Dr. Gertrud Würbel, langjährige IfSMitarbeiterin. Renommierte Künstler und Künstlerinnen spendeten ihre Entwürfe; Sammler, Architekten und Galerien erteilten Aufträge; die Tapisserien wurden weltweit von bedeutenden Museen und Galerien sowie in Kunstausstellungen präsentiert. Durch die Verknüpfung von Kunst und Therapie wurden die MitarbeiterInnen beruflich und sozial integriert, und aus dem Projekt wurde ein Vorzeigemodell erfolgreicher Migration und heimischer Kulturpolitik. ● partnerInnen aus zehn verschiedenen Ländern zur Verfügung. Das Programm zum Symposium ist im Internet unter www.weltderkinder.at zu finden. ◆ www.ifs.at – im neuen Look IfS-Homepage präsentiert sich in neuem, bedienungsfreundlichem Design. Im Sinne der Benutzerfreundlichkeit wurde die Homepage des IfS – www. ifs.at. – einem modernen Redesign unterzogen. Nun präsentiert sich diese im neuen bedienungsfreundlichen und barrierefreien Design. Die Homepage bieten noch mehr Service, ist aktuel- www.ifs.at Seite 32 ler und beinhaltet eine umfangreiche Suchfunktion. Neben den aktuellen Neuigkeiten ist das gesamte Beratungsangebot des IfS auf www.ifs.at zu finden. Zudem bietet das IfS unter www.ifs-beratung.vol.at anonyme und kostenlose Internetberatung. ◆ Drei Millionen haben Spaß am Ehrenamt Ehrenamt: Millionen Menschen arbeiten unbezahlt in Dienst der Allgemeinheit Rund drei Millionen Menschen engagieren sich durchschnittlich 3,9 Stunden pro Woche bei Rettungs- oder Katastrophenschutzorganisationen, in Vereinen und Initiativen. 44 Prozent der über 15Jährigen ÖsterreicherInnen leisten in irgendeiner Form Freiwilligenarbeit, wie eine Studie der Statistik Austria ergab. Haupttätigkeitsbereiche sind die Nachbarschaftshilfe, Engagement in Kunstund Kulturbereich, in Sportvereinen und bei religiösen Einrichtungen sowie den Katastrophenhilfs- und Rettungsdiensten. Als Grund für die zusätzlichen Tätigkeiten geben die Meisten ganz klar den Faktor „Spaß“ an. Weitere Motivationen sind Aufrechterhaltung sozialer Kontakte, Förderung des Gemeinwohles und das Einbringen eigener Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen. Vor allem Akademiker und Pädagogen arbeiten immer öfter ohne finanziell dafür entlohn zu werden. Besonders hohes Interesse an Freiwilligenarbeit lässt sich auch bei SchülerInnen und StudentInnen beobachten. Neben ihrer Ausbildung leistet fast die Hälfte noch zusätzlich freiwillige Arbeit. www.statistik.gv.at www.freiwilligenweb.at ◆ Landesrätin Dr. Greti Schmid beim Besuch der IfS-Familienarbeit in Feldkirch. Zu einem ausführlichen und informativen Diskurs kam es anlässlich eines Besuchs der Landesrätin Dr. Greti Schmid in der IfS-Interventionsstelle. Im Mittelpunkt des Gesprächs standen u.a. die Beratungs- und Unterstützungstätigkeiten der IfS-Interventionsstelle, die Wirksamkeit von Kooperationen im Gewaltschutzbereich sowie die besondere Situation von Migrantinnen. Familien im Mittelpunk Landesrätin Dr. Greti Schmid besucht IfS-Familienarbeit Kürzlich besuchte Landesrätin Dr. Greti Schmid die IfS-Familienarbeit in Feldkirch. Dieser Besuch bot Raum für ein informatives Gespräch und einen gegenseitigen Austausch. Dr. Hubert Löffler, Geschäftsführer der IfS-Familienarbeit, stellte die Arbeitsschwerpunkte vor und betonte, dass die Zusammenarbeit mit der Jugendwohlfahrt der Bezirkshauptmannschaften sehr gut funktioniere. Familien mit Unterstützungsbedarf werden von der Jugendwohlfahrt oft zu einem frühen Zeitpunkt an die IfS-Familienarbeit verwiesen. So lässt es sich vermeiden, dass Krisensituation eskalieren, und Probleme können einfacher und schneller gelöst werden. Zudem unterstrich Löffler die gute Vernetzungsarbeit zwischen Jugendwohlfahrt und anderen sozialen Institutionen Vorarlbergs. Rund 200 Familien werden betreut Die IfS-Familienarbeit kümmert sich durchschnittlich um 180 bis 200 Vorarlberger Familien. Da die IfS-Familienarbeit im Bundesländervergleich in Vorarlberg etwa doppelt so viele Familien als in anderen Bundesländern betreut, wird häufig mit Kinder- und Familiengruppen gearbeitet. Zudem konzentriert sich die IfS-Familienarbeit auf die Elternarbeit.◆ www.ifs.at Sie haben eine Ausgabe der IfS-Zeitung „www.ifs.at“ in der Hand. Diese Zeitschrift erscheint ca. 4-Mal im Jahr und wird Interessierten gerne kostenlos zugeschickt. Sie müssen lediglich diesen Abschnitt ausgefüllt an unten stehende Adresse senden. Name: Adresse: Bitte schicken Sie mir auch den monatlich erscheinenden IfS-Newsletter per E-Mail: (E-Mail Addresse) Institut für Sozialdienste • Interpark FOCUS 1 A-6832 Röthis • per Fax 05523/52176-21 • oder per E-Mail: [email protected] Erscheinungsort und Verlagspostamt: A-6832 Röthis www.ifs.at