Die weibliche Darstellung im Werk Cindy Shermans - Freiherr

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Die weibliche Darstellung im Werk Cindy Shermans - Freiherr
Freiherr-vom-Stein-Schule Hessisch Lichtenau
Die weibliche Darstellung im Werk Cindy Shermans

Im Fach Kunst, bei Frau Seiler
Von
Antonia Lenz
Rommerode, den 04.03.2013
Inhaltsverzeichnis
1. Vorwort
Seite 2
2. Über Cindy Sherman
Seite 3
3. Verschiedene Werke
Seite 4
3.1. Centerfolds
Seite 4
3.2. History Portraits
Seite 4
3.3. Sex Pictures
Seite 5
3.4. Clowns
Seite 6
4. Untitled Film Stills
Seite 7
4.1. Was sind Film Stills?
Seite 7
4.2. Wieso gerade Film Stills?
Seite 7
4.3. DieUntitled Film Stills
Seite 8
4.4. Selbstdarstellung und Weiblichkeit
Seite 9
4.4.1. Historischer Hintergrund in Bezug auf Frauen
5. Bildbeschreibung
Seite 10
Seite 12
5.1. Untitled Film Still #10
Seite 12
5.2. Untitled Film Still #16
Seite 13
6. Nachwort
Seite 15
7. Literaturverzeichnis
Seite 16
8. Bildquellen
Seite 17
9. Internetquellen
Seite 19
2
1. Vorwort
Nachdem ich mich für ein Fach entschieden hatte, in dem ich meine Jahresarbeit
schreiben wollte, wusste ich erst einmal nicht weiter. Welches Thema sollte es denn
sein? Ich hatte keine Vorstellungen, außer der, dass ich mich mit Fotografiebeschäftigen
wollte, nachdem im Unterricht hauptsächlich Gemälde behandelt wurden, was, wenn
man mal ehrlich ist, nach einiger Zeit keinen Reiz mehr hat.
Mir wurde eine Auswahl verschiedener Fotografen vorgeschlagen, deren Werke ich mir
alle kurz anschaute. Cindy Sherman beeindruckte mich sofort und als ich herausfand,
dass sie selbst Modell für all ihre Bilder war und ist, wusste ich, sie sollte Thema
meiner Arbeit werden.
Schnell fand ich aber auch Bilder von ihr, auf denen nackte Puppen in den seltsamsten
Stellungen zu sehen waren1 sowie Bilder, die für mich aussehen, als hätte sie
Erbrochenes fotografiert2 . Ich musste mein Thema
eingrenzen.
Ich entschied mich für die Untitled Film Stills, mit denen
Cindy Sherman berühmt geworden ist. Da auf all diesen
Bildern sie selbst-eine Frau- zu sehen ist, kam in
Abbildung 2
Absprache mit meiner Lehrerin schnell das Thema der Darstellungsweise der
Weiblichkeit zustande. Wie stellt Cindy Sherman sich selbst dar, was denkt, was fühlt,
was erzählt sie in dem Moment der Aufnahme über sich selbst und damit über die Welt
der Frauen zu ihrer Zeit?
Das Beantworten dieser Frage wurde jedoch von Seite zu Seite, die ich gelesen habe,
schwerer: Cindy Sherman hat gar nicht die Absicht, Missstände aufzuzeigen oder gar
dagegen zu protestieren. Aufgrund dessen wollte ich ihr nicht etwas unterstellen, was
sie gar nicht will. Meine möglichen Deutungen sind genauso, wie Sherman ihre Fotos
bezeichnet: vage.
Warum Sherman häufig als Feministin bezeichnet wird, das „richtig Weibliche“,
versuche ich daher erst am Ende mit zwei Bildbeschreibungen zu verdeutlichen.
1
2
Gemeint sind die Sex Pictures, siehe Seite 5
Gemeint sind die Disasters ,siehe Abbildung 1 (hier nicht weiter beschrieben)
3
2. Über Cindy Sherman3
Die 1954 im amerikanischen New Jersey geborene Cindy Sherman ist schon früh
regelrecht fasziniert von Filmen und den darin beschriebenen Charakteren, die sich für
sie wie unfertige Puzzles darstellen.
Später besucht sie das State College in Buffalo, wo sie sich zunächst mit dem
Fachbereich der Malerei beschäftigt. Diese wird für Cindy Sherman jedoch immer
weniger
interessant; sie fängt an, für einen Experimentalfilmer zu arbeiten, lernt
verschiedene Filmemacher kennen und dreht einen eigenen kurzen Film.
Ihre ersten Fotos macht sie, als sie sich für eine Party verkleidet, um diese Verkleidung
festzuhalten. Bald fängt sie an, sich aufwendiger zu verkleiden, sich in verschiedenen
Posen zu fotografieren und aus den so entstandenen Figuren kleine Szenarien zu
basteln, kleine Geschichten abzubilden.
Als sie 1977 nach New York zieht, begegnet sie einer anderen Art von Bild. Einer Art
von Bild, die den Anstoß zu einer Geschichte gibt, gleichzeitig jedoch alles offen lässt.
Cindy Sherman gefällt das vage in den Bildern. Des Weiteren ermöglichen diese Bilder
ihr, alleine zu arbeiten, da jegliche Bezugspersonen der „HauptdarstellerIn“ außerhalb
des Bildausschnittes agieren. Cindy Sherman würde somit gleichzeitig Modell, als auch
Fotograf sein, was ihr sehr gefällt.
Eine Anstellung als Empfangsdame in einer Kunstgallerie ist für sie „der perfekte
Einstieg in die Kunstszene“4 .Im gleichen Jahr beginnt sie mit ihrer Arbeit an den
„Untitled Film Stills“, mit denen sie berühmt wird.1980 beendet Cindy Sherman ihre
Arbeit an den Film Stills und beginnt neue Werke, wie die „Centerfolds“, „History
Portraits“, „Sex Pictures“ oder „Clowns“5 .Alle diese Werke sind Inszenierungen und
sollen als solche auch erkannt werden. Wenn das oft auch erst auf den zweiten Blick
klar wird.
Cindy Sherman lebt und arbeitet noch immer in New York, heute gilt sie als
„herausragende Künstlerin der inszenierten Fotografie“6 .
3
Vgl. Cindy Sherman, The Complete Untitled Film Stills, Schirmer-Mosel-Verl ag, 2003; S. 4ff
A.a.O. S. 7, Z. 14f
5
Alle hier genannten Werke werd en im Folgenden kurz beschrieben
6
http://www.cindys herman.de/biografie/ ; Zeile 15f (15.2.13, 17:00Uhr)
4
4
3. Verschiedene Werke
3.1. Centerfolds7
Die Centerfolds entstehen 1981 8 im gleichen Stil, in
dem Playboy-Ausklappfotos aufgebaut sind. In
horizontalen Formaten zeigen sie auf den ersten
Blick erotisch wirkende Frauen in entsprechend
Abbildung 3
aufreizenden Haltungen. Bei näherem Hinsehen
aber erkennt der Betrachter, dass er sich irrt, die Frau in einem „ sehr privaten [oder gar]
schrecklichen Moment“9 beobachtet. Sherman will den „männlichen Blick“ zu einem
scheinbar erotischen Gefühl leiten, dieses dann aber in Scham umkehren. Sie selbst sagt
darüber: „Es geht darum, dass man sich schlecht dabei fühlt, das Foto als Anmacher
empfunden zu haben. Ich bestrafe den Betrachter dafür, solche Vorurteile über die Pose
oder den Look einer Frau zu haben.“10 Die Centerfolds sollen also ein Schuldgefühl
vorwiegend im männlichen Betrachter hervorrufen, der die Frauen sofort als Sexobjekt
wahrnimmt.
In dieser Fotoreihe zeigt Cindy Sherman nur einen kleinen Ausschnitt der Geschichte.
Die Bilder sind vage Andeutungen, haben unendlich viele Bedeutungsmöglichkeiten.
Die Frauen sind
ganz bei sich, eine weitere Bezugsperson außerhalb des
Bildausschnittes gibt es hier oft nicht, was den Eindruck, sie in einem sehr intimen
Moment zu beobachten, noch verstärkt.
7
Vgl. Kunst heute Nr. 14, Ci ndy Sherman im Gespräch mit Wilfried Dickhoff, Kiepenheuer&Witsch, 1995;
S. 26ff
8
http://www.cindys herman.de/1980_rear-screen-proj ections_centerfolds_pink-robes_fashion-fotos/
(16.2.13, 18:00 Uhr)
9
Kunst heute Nr. 14, Cindy Sherman im Gespräch mit Wilfried Dickhoff, Kiepenheuer&Witsch, 1995;
S. 26, Z. 32f
10
A.a.O. S. 27, Z. 6ff
5
3.2. History Portraits11
Die so genannten History Portraits entstehen in den Jahren 1988 bis 1990. 12
Hier geht es weniger um Frauen als um die Verdeutlichung des
„fakes“ in historischen Portraits. Portraits stellen die Personen
meist schöner und mächtiger dar, als sie wirklich sind.Cindy
Sherman greift das auf und kehrt es um. Sie zeigt die Personen
wie sie „wirklich“ sind, womit sie sozusagen eine Fälschung von
der Fälschung herstellt und dieses Falsche auf den zweiten Blick
auch sichtbar macht. Die Inszenierung ist klar erkennbar.
Abbildung 4
Die Bilder sollen zeigen, dass es in den originalen Portraits keine innere Wahrheit gibt,
keine Bedeutung; dass, entgegen der vorherrschenden Meinung,auch die Portraitmalerei
nicht zwangsläufig die Wahrheit zeigt.
3.3. Sex Pictures 13
Die Sex Pictures entstehen 1992. 14 Cindy Sherman will
schon länger eine Fotoserie über Sexualität und Nacktheit
machen, ohne ihren eigenen oder andere reale Körper zu
fotografieren. Um dem Grotesken, das alle ihre Arbeiten
durchzieht, gerecht zu werden, benutzt sie schließlich
medizinische
Studienartikel.
Diese
weisen
keinerlei
erotische Atmosphäre auf.Cindy Sherman zwingt den
Körperteilen durch verschiedene Erotikartikel eine sexuelle
Note auf, die jedoch noch immer sehr seltsam und fehl am
Abbildung 5
Platze wirkt.
11
Vgl. a.a.O. S. 33ff
http://www.cindys herman.de/1985_fairy-tales-und-disasters _history-portraits/(16.2.13, 18:00 Uhr)
13
Vgl. Kunst heute Nr. 14, Ci ndy Sherman im Gespräch mit Wilfried Dickhoff, Kiepenheuer&Witsch,
1995; S. 63ff
14
A.a.O. S. 63, Z. 9
12
6
Dadurch, dass hier krampfhaft versucht wird, Erotik zu erzeugen, geht diese verloren
und zeigt nur noch eine „absolut leidenschaftslose Nacktheit“15 ; die „Abwesenheit von
Sex und Erotik“16 wird überdeutlich.
Der menschliche Körper wird durch Nachbildungen als das gezeigt, was er wirklich ist
und nicht als Sexobjekt oder erotisches Mittel, zu dem unsere Gesellschaft ihn scheinbar
immer mehr macht.
3.4. Clo wns17
Die Clownserie entsteht 2003 18 und zeigt, wie der Titel schon
sagt, Clowns. Man erkennt jedoch deutlich, dass diese Clowns
ihr Lächeln wirklich nur auf geschminkt haben. Man hat das
Gefühl, sie müssten etwas repräsentieren, das sie nicht (mehr)
sind. Der Ausdruck des Pessimismus und der Mutlosigkeit
Abbildung 6
unter demMake-Up steht in komplettem Gegensatz zu dem
fröhlichen, verspielten Gemüt eines Clowns. Das Innere bildet einen starken Kontrast
zum äußeren Auftreten.
Vielleicht stellt Cindy Sherman den Ernst des Erwachsenenlebens dar, in dem es nur
noch wenig zu lachen gibt, vielleicht das unvermeidbare Schlüpfen in eine bestimmte
Rolle, sobald man das Zuhause verlässt. Vielleicht aber auch beides und mehr. Denn
auch hier findet sich das Vage, das für jegliche Interpretationen Offene, und vor allem
das Groteske, Widersprüchliche, auf das Cindy Sherman in allen Bildern anspielt.
15
A.a.O. S. 64, Z. 30f
A.a.O. S. 64, Z. 31f
17
Vgl. The Cindy Shermans: inszenierte Identitäten: Fotogeschichten von 1840 bis 2005, Böhlau, 2006;
S. 312ff
18
A.a.O. S. 313, Z. 39
16
7
4. Untitled Film Stills
4.1. Was sind Film Stills? 19
Die so genannten Film Stills entstehen normalerweise beim
Dreh eines Films. Ein Standfotograf hat die Aufgabe,
verschiedene Situationen
zu fotografieren,
in denen
möglichst alle Hauptdarsteller zu sehen sind, und die
Abbildung 7
wichtigsten Elemente des Films einzufangen. Die so
entstandenen Bilder dienen später als Kinoplakate und sind wichtig für Zeitungs- und
Zeitschriftenartikel. Film Stills sollen den Betrachter anlocken und für den
angepriesenen Film interessieren.
Cindy Sherman wandelt die Film Stills ein wenig ab, indem sie nur eine einzelne Person
abbildet und andere Bezugspersonen lediglich außerhalb des Bildausschnittes existieren
lässt. Normalerweise zeigen die abgebildeten Personen eine Fülle an Gefühlen, die
Situationen sind eindeutig. Sherman reduziert die dargestellten Gefühle und die
Eindeutigkeit der Situationen, bis sie selbst zufrieden ist.
4.2. Wieso gerade Film Stills?
Cindy Sherman entdeckt im Atelier eines Freundes 20 stapelweise Fotos für eine
Zeitschrift, für die dieser arbeitet. Fotos im Storyboard-Format, die auf sie wie ein
kleiner Comic wirken. Cindy Sherman gefällt daran, dass die Bilder nicht viel aussagen,
sie sind sehr vage und lassen Raum für eigene Interpretationen.
Vermutlich hat sich Sherman letztlich auch für die Film Stills entschieden, da sie schon
als Kind Filme liebte21 . Durch die leichte Abwandlung in Anlehnung an die Fotos des
Freundes, die sie an der Art der Film Stills vornimmt, kann sie zudem ihr größtes
Problem beheben: Cindy Sherman arbeitet nur sehr ungern mit anderen zusammen,
dabei würde sie zu viele Zugeständnisse machen und machen müssen22 , sie sieht sich
nicht in der Lage, „in [ihrem] Studio auch nur eine einzige Assistentin, geschweige
19
Vgl. http://www.filmstills.at/aktuell1.htm (18.2.13, 18:00 Uhr)
Gemeintist David Salle (Cindy Sherman, The Complete Untitled Film Stills, Schirmer-Mosel-Verlag,
2003; S. 6, Z. 27)
21
Cindy Sherman, The Complete Untitled Film Stills, Schirmer-Mosel-Verl ag, 2003; S. 4, Z. 1f
22
A.a.O. S. 12, Z. 16f
20
8
denn Schauspieler […] zu koordinieren“23 .Ihre Art der Films Stills kann ihr also
gleichzeitig ein selbstständiges Arbeiten ohne jegliche Partner sowie das, im
übertragenden Sinne, Produzieren eines Filmes bieten, ohne das gewollte Vage zu
verlieren.
4.3. DieUntitled Film Stills
Die Untitled Film Stills entstehen in den Jahren 1977
bis 1980, mit ihnen wird Cindy Sherman berühmt.
Modell für die Untitled Film Stills sowie für alle
weiteren und vorhergehenden Fotoserien ist Cindy
Sherman selbst. Manche Motive der Untitled Film
Stills sind realen Frauen nachempfunden24 , andere sind
Abbildung 8
vollkommen fiktiv. Dann verkleidet sich Sherman als eine Schauspielerin, die ihre Rolle
spielt. Gleichzeitig möchte sie so wenige Emotionen wie nur möglich darstellen, um
einen weiteren Kontrast zu den eigentlichen Film Stills zu setzen, auf denen „immer
übertrieben“25 wird.
Zunächst weiß Cindy Sherman nicht, worauf sie hinauswill und spielt ein bisschen
herum. Sie denkt sich mögliche Geschichten für ihre Figuren aus, zeigt sie immer in
Situationen, in denen sie von irgendwoher kommen und irgendwo anders hingehen,
ohne den oder die Orte zu definieren. Sie stellt starke, rebellische Frauen dar, ist sich
dessen zunächst jedoch nicht bewusst26 . Erst später merkt
Sherman, „dass die Figuren etwas in Frage [stellen] – vielleicht
die Tatsache, dass man sie in eine bestimmte Rolle [zwingt]“27 .
Allerdings sind diese Frauen nicht real, sie sind „nur“
Filmrollen. Sherman schafft so ein Gewirr aus möglichen
Geschichten, Persönlichkeiten und Rollen, das ihr behagt, viele
Abbildung 9
jedoch verwirrt und dazu veranlasst, eine feministisch-
23
Kunst heute Nr. 14, Cindy Sherman im Gespräch mit Wilfried Dickhoff, Kiepenheuer&Witsch, 1995;
S. 69, Z. 10f
24
Cindy Sherman, The Complete Untitled Film Stills, Schirmer-Mosel-Verl ag, 2003; S. 8, Z. 13ff
25
A.a.O. S. 8, Z. 36
26
A.a.O. S. 9, Z. 30
27
A.a.O. S. 10, Z. 1f
9
politische Intention hinter den Bildern zu sehen. Sie hat nicht die Absicht, etwas
auszusagen und beteuert immer wieder, keine feministischen oder politischen
Intentionen zu haben. Cindy Sherman möchte schlicht, dass ihre Bilder eine Doppeloder sogar Mehrdeutigkeit besitzen28 . Der Betrachter kann sich so leichter mit der
Person auf dem Foto identifizieren und vielleicht sogar etwas über sich selbst
herausfinden. Das ist ihre Absicht: Jeder Betrachter soll sich seine eigene Geschichte zu
dem Foto ausdenken können ohne von Vorgaben daran gehindert bzw. davon gelenkt zu
werden.
Eine
Besonderheit
der
Untitled
Film
Stills
entwickelt
sich
zu
einemErkennungsmerkmal aller Bilder Shermans: Cindy Sherman will ihren Fotos
keine Titel geben, da dies ihnen eine Bedeutung aufzwängen würde, was sie ja auf
keinen Fall will. Zur besseren Identifizierung nummeriert die Galerie „Metro Pictures“
die Bilder. Die Nummerierung erfolgt willkürlich und durch späteres Hinzufügen oder
Entfernen von Bildern sind die Nummern auch nicht fortlaufend 29 .
Sherman beendet ihre Serie, als sie das Gefühl hat, sich in ihren Fotos zu
wiederholen. Jetzt, so meint Sherman, ist es Zeit für etwas Neues, „[sie hat] genug
Figuren erfunden“30 .
4.4. Selbstdarstellung und Weiblichkeit
Immer wieder betont Cindy Sherman, sie stelle sich nicht selbst dar. Sie benutze
lediglich ihren Körper als Modell31 . Ihre Bilder seien keinesfalls Selbstportraits 32 . Eher
sind es, wie Sherman selbst sagt, „personifizierte Bilder
spezifischer Gefühle […], die sich selbst portraitieren“33 .
Eher zufällig bildet sie stereotype Frauenbilder ab, zeigt
damit wunde Punkte unserer Gesellschaft auf und
beschwört Ängste, Hoffnungen und Wünsche in den
Abbildung 20
Betrachtern. Die Bilder thematisieren das heutzutage in
28
Kunst heute Nr. 14, Cindy Sherman im Gespräch mit Wilfried Dickhoff, Kiepenheuer&Witsch, 1995;
S. 19, Z. 6ff
29
Cindy Sherman, The Complete Untitled Film Stills, Schirmer-Mosel-Verl ag, 2003; S. 7, Z. 31
30
A.a.O. S. 16, Z. 50
31
Kunst heute Nr. 14, Cindy Sherman im Gespräch mit Wilfried Dickhoff, Kiepenheuer&Witsch, 1995;
S. 9, Z. 17ff
32
A.a.O. S. 15, Z. 14
33
A.a.O. S. 16, Z. 5f
10
Frage stehende; u.a. den männlichen Blick, die soziale Persönlichkeit und alltägliche
Vorurteile zwischen den Geschlechtern34 .
Der Betrachter kann eine gewisse Demaskierung der Frau heraus sehen, also die
Anfänge der Befreiung aus gesellschaftlichen Zwängen und geltenden Normen.
Besonders zur Zeit der Entstehung der Untitled Film Stillsentstanden deshalb viele
„falsche“ Deutungen.
Natürlich kann das Wort „falsch“ hier nicht in seinem eigentlichen Sinne genutzt
werden, denn Cindy Sherman provoziert ja regelrecht unzählige verschiedene
Deutungen ihrer Werke. Sie will jedoch nicht, dass ihr unterstellt wird, sie habe eine –
in den meisten Fällen feministische – Intention gehabt, was sehr häufig trotzdem
geschieht. Mit der Bezeichnung „falsch“ sind also Deutungen, die eine feministischpolitische Intention unterstellen, gemeint.
Cindy Sherman versucht vielmehr der in den Filmen dieser Zeit sehr
eindimensional und „einfach gestrickt“ dargestellten Frau eine ihr angemessenere
Ambivalenz zu schenken. Durch das gewollt Vage in den Bildern wird der Frau eine
Fülle an möglichen Gefühlen mitgegeben, die das vorherrschende Bild dieser Zeit ihr
untersagt 35 .
4.4.1. Historischer Hintergrund in Bezug auf die Frauen 36
Trotz dass das Gesetz die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau besagt, sieht die
Realität in den 1960/70 Jahren ganz anders aus. Eine verheiratete Frau hat das zu tun,
was der Mann ihr sagt, sie muss ihn, als wäre sie eine Minderjährige, um Erlaubnis
fragen, etwas tun zu dürfen. Die Frau, sollte sie auch die gleiche Arbeit verrichten,
verdient weniger als der Mann. Werden eine Frau oder ihr Kind/ihre Kinder vom Mann
misshandelt, so gilt das als Privatsache und ist somit ganz legal. Uneheliche
Schwangerschaften sind eine Schande, eine Scheidung bringt die Frau nicht selten in
Existenznöte.
34
Vgl. Kunst heute Nr. 14, Ci ndy Sherman im Gespräch mit Wilfried Dickhoff, Kiepenheuer&Witsch,
1995; S. 10, Z. 7ff
35
Vgl. a.a.O. S. 26, Z. 6ff
36
Vgl. http://www.planet-wissen.de/all tag_gesundheit/frauen/frauenbewegung/index.jsp
(23.2.13, 20:45 Uhr)
11
In den 1960ger Jahren beginnen die Frauen, sich überall auf
der Welt zu wehren, und erklären: "Wir entscheiden nun
selbst, wie wir leben, lieben und aussehen wollen!"37 . Sie
erkennen, dass sie sich nicht nur um die Bedürfnisse des
Mannes kümmern sollten, dass sie „nicht von Natur aus
unterwürfig, unselbstständig und hilflos“38 sind, sondern von
klein auf dahin erzogen werden. Frauen beginnen, die
Abbildung 11
Bestätigung der Männer abzulehnen und stattdessen auf sich
selbst zu vertrauen. Sie fangen an zu rebellieren, verbrennen ihre BHs, Kneifen
öffentlich Männern in den Po, veranstalten Demonstrationen. Und bald folgen auf
Aufstände und Forderungen auch Taten. Es werden Frauenhäuser gebaut, um
misshandelten Frauen eine sichere Unterkunft zu gewährleisten, Notrufnummern
werden eingerichtet, sowie Zeitungen, Festivals, Ausstellungen und Konzerte
organisiert. Manche dieser Projekte existieren auch heute noch.
37
38
A.a.O. Abschni tt „Büstenhalter brennen“
A.a.O. Abschni tt „Büstenhalter brennen“
12
5. Bildbeschreibung
Im Folgenden werden hier zwei ziemlich gegensätzliche Bilder der Untitled Film Still
Reihe beschrieben. Der hier sehr wichtige Deutungsschwerpunkt liegt auf dem Versuch,
zu verdeutlichen, weshalb Cindy Sherman häufig als Feministin bezeichnet wird.
5.1. Untitled Film Still #10
Auf dem Untitled Film Still #10 aus dem Jahr
1978 sieht man eine Frau auf dem Boden
hocken. Hinter ihr erkennt man Teile eines
Küchenschrankes und eines Herdes. Vor ihr auf
dem Boden liegt eine zerrissene Einkaufstüte,
aus der sie gerade eine Schachtel Eier aufhebt,
weitere Dosen liegen in der offenen Tüte.
Abbildung 13
Jemand scheint ihr gegenüber zu stehen, denn
sie sieht schräg nach oben aus dem Bild heraus. Über ihrer Schulter hängt ein
Männerjackett, das ihren linken Arm verdeckt.
Aus dem Gesicht der Frau kann man kaum Gefühle herauslesen. Sie schaut sehr neutral,
vielleicht defensiv und abwartend. Klar erkennt der Betrachter nur, dass sie nicht
fröhlich oder glücklich ist.
In der rechten unteren Ecke des Bildes lugt ein Kabel unter dem Jackett hervor, das bis
außerhalb des Bildausschnittes reicht. Hier erkennt man das Selbstauslöserkabel, das
Cindy Sherman benutzt hat, sehr gut.
Es liegt hier sehr nahe, eine von ihrem Mann unterworfene Frau zu sehen. Der
Betrachter kann sich leicht vorstellen, dass es gerade einen Streit gab, die Einkaufstüte
dabei herunterfiel. Doch zu dieser Geschichte passt das schützende Jackett über den
Schultern der Frau nicht. Ist das wohl nicht das Jackett ihres Mannes, sondern eines
anderen?
Oder ist sie nicht verheiratet und hat ihren Freund/Geliebten vor sich, der sie von oben
herab anschaut und vermutlich aus der gleichen Position behandelt?
Der Bildausschnitt ist zu klein, um Klarheit zu schaffen; genau so also, wie die
Künstlerin es haben möchte.
13
Doch diese erste, naheliegendste Deutung lässt vermuten, dass Sherman die Missstände
des (Ehe-)Lebens einer Frau dezent aufzeigen will, dass sie aber (noch) nicht den Mut
hat, dies offen und zweifellos zu tun.
Feministinnen sehen unter anderem dieses Bild als einen Anfang zur Veröffentlichung
des unterwürfigen Lebens der Frau; als eine Protestaktion, die unterschwellig ihre
Botschaft verbreitet, anstatt offensiv zu handeln.
Doch Cindy Sherman hat keine solche Absicht. Sie zeigt lediglich eine inszenierte
Geschichte, die nur durch dieses eine Bild vertreten wird. Dadurch, dass der Betrachter
das Selbstauslöserkabel sehen kann, wird deutlich, dass Sherman nicht die Absicht hat,
so naturgetreu und wahrheitsgemäß zu fotografieren, wie nur möglich; es wird viel
mehr ihre Absicht des Inszenierens klar. Das Kabel ist der Beweis dafür, dass das Bild
erfunden ist, dass die Frau darauf womöglich niemals in dieser Situation war, dass das
Bild eben nur ein Bild ist, ohne wahre Hintergrundgeschichte.
5.2. Untitled Film Still #16
Das ebenfalls 1978 entstandene Untitled Film Still #16
zeigt eine auf einem Stuhl sitzende Frau, vor einer weiß
gestrichenen Mauerwand.
Der Hintergrund ist sehr kahl, bis auf ein kleines
gerahmtes Foto von einem Mann an der rechten Seite
der Wand. Auf einem dunklen Teppich steht ein
sesselähnlicher Stuhl mit Armlehnen. Eine elegant in
schwarz gekleidete Frau sitzt aufrecht und
mit
erhobenem Kopf darauf. In der linken, über die
Abbildung 14
Armlehne herausgestreckten Hand
hält sie einen
gläsernen Aschenbecher; in der rechten Hand eine Zigarette. Zu ihrem knielangen Kleid
oder Rock trägt sie helle, offene Absatzschuhe mit Schleifen über den Zehen.
Fast direkt davor muss die Kamera gestanden haben. Man sieht die Frau aus einer sehr
niedrigen Position, sieht sie von unten an, was ihr sehr viel Macht verleiht. Das leicht
erhobene Kinn verstärkt diesen Eindruck noch.
Diese Frau wirkt, als hätte sie sehr viel Einfluss auf die Menschen in ihrer Umgebung,
sie scheint skrupellos und stark zu sein. Vielleicht ist sie ein wenig intrigant und
hintergeht ihren Mann, der ihr von seinem Platz als Foto an der kahlen Wand aus
14
zuschaut. Womöglich hat allein sie die Fäden in der Hand, anstatt sich ihrem und allen
anderen Männern zu unterwerfen und an dem Bild der unterwürfigen, hilflosen Frau zu
orientieren. Sie, so könnte man es interpretieren, verkörpert die emanzipierte Frau. Sie
ist stark, selbstständig und vollkommen unabhängig von anderen. Sie macht nur das,
was sie auch will und was sie glücklich macht. Sie ist ihr eigener Boss.
Dieses Bild könnte die freudige Zukunft dargestellt haben, in der Frauen emanzipiert
sind. Es stellt das Ende einer langen Reihe von Protesten und Kämpfen dar, ja sogar den
„Sieg“ über die Männerwelt.
Doch kann das sein? Die kahle weiße Wand im Hintergrund passt nicht wirklich zu der
scheinbaren Geschichte dieser Frau. So eine mächtige Frau würde wohl kaum in so
einem schäbigen Haus Verhandlungen führen, geschweige denn darin wohnen. Diese
Frau auf dem Foto, sie spielt nur die große, starke Frau. Sie setzt ihre Körperhaltung
und den Blickwinkel des Betrachters so ein, dass sie so wirkt, als wäre sie emanzipiert,
als hätte sie das (ihr?) Ziel erreicht.
Am Ende passt im Bild nicht viel zusammen. Feministische Gruppen sehen die
Hoffnung auf das Erreichen ihrer Ziele bildlich dargestellt, doch sie verdrängen, dass
dieses Bild eine reine Inszenierung ist, dass seine einzige Absicht ist, eine inszenierte,
eine ausgedachte Geschichte zu erzählen.
15
6. Nachwort
Cindy Sherman war für mich am Anfang eine sehr interessante Person, da sie sich
selbst, ihre eigene Persönlichkeit unter all ihren Masken und Geschichten versteckt. Ich
hatte gehofft, im Laufe der Jahresarbeit ein wenig ihrer eigenen Persönlichkeit zu
erhaschen, doch ich wurde enttäuscht.
Cindy Sherman gilt zu Recht als eine sehr gute Fotografin in der inszenierten
Fotografie. Es hat den Anschein, als inszenierte sie sich selbst sobald sie das Haus
verlässt. Sie erfindet eine Fülle an meistens weiblichen Charakteren – einfach weil es
ihr Spaß macht!
Sherman wehrt sich gegen Vorwürfe der feministisch-politischen Intentionen in ihren
Bildern, doch jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher, ob sie mit der Zurückweisung
dieser Vorwürfe nicht gegenteiliges bewirken will, also die immer nähere und tiefere
Behandlung solcher feministisch-politischen Bedeutungsmöglichkeiten.
Die Spekulationen in meinem Bekanntenkreis reichen sogar so weit, dass Sherman eine
mögliche Mitgliedschaft in einer geheimen Feministinnengruppe zugesprochen wird,
deren Erkennungszeichen das Entblößen der rechten Brust ist 39 ...
Nach wie vor ist sie in jeglicher Hinsicht eine einzige Frage für mich. Die Hoffnung,
etwas über die wahre Persönlichkeit einer so interessanten Frau, die so viele erfundene
Persönlichkeiten besitzt, herauszufinden, bildete am Anfang der Jahresarbeit einen
großen Reiz für mich. Doch Sherman spielt ihre Rollen sehr gut. Ihre eigene
Persönlichkeit geht für die Öffentlichkeit im Gewirr anderer Rollen unter.
Mir stellt sich hier die Frage, ob Sherman selbst noch weiß, wer sie selbst ist und
welche
Eigenschaften
nur
erfunden
sind,
einer ausgedachten Persönlichkeit
entstammen.
Insgesamt war das Thema meiner Arbeit sehr interessant, ich habe nur das
Gefühl, dass ich jetzt, nach dem Bearbeiten, genauso wenig weiß, wie vorher, was für
mich beweist, dass Cindy Sherman ein wahre Meisterin im Verkleiden und sich selbst
Inszenieren ist.
39
Wi e z.B. auf demHistory Portrait #216
16
7. Literaturverzeichnis
Im Werk angegebene

Cindy Sherman, The Complete Untitled Film Stills, Schirmer-Mosel-Verlag,
2003
o ISBN 3-8296-0116-6

Kunst heute Nr. 14, Cindy Sherman im Gespräch mit Wilfried Dickhoff,
Kiepenheuer&Witsch, 1995
o ISBN 3-462-02478-7

The Cindy Shermans: inszenierte Identitäten: Fotogeschichten von 1840 bis
2005, Böhlau, 2006
o ISBN 978-3412307059
Weitere Werke

Wahre Weibeskünste? Zur Problematik einer femininen Ästhetik in der
zeitgenössischen Kunst: Cindy Sherman, Rosemarie Trockel und Rebecca Horn.
/ Monika Laue, scaneg-Verlag München, 1996
o ISBN 3-89235-109-0
17
8. Bildquellen

Abbildung 1: Untitled Film Still #58
http://marciaminersroomwithaview.blogspot.de/2010/11/cindy-sherman.html

Abbildung
2:
Disaster
#175http://www.moma.org/interactives/exhibitions/2012/cindysherman/galle
ry/audio/2-175.php

Abbildung 3: Centerfold #92
http://www.handelsblatt.com/panorama/kunstmarkt/cindy-shermanweiblichen-archetypen-im-fokus/6309402.html

Abbildung 4: History Portrait #216
http://www.altertuemliches.at/termine/ausstellung/female-trouble

Abbildung 5: Sex Picture #253
http://www.christies.com/lotfinder/photographs/cindy-sherman-untitled5558042-details.aspx

Abbildung 6: Clown #131
http://sarahsvisualexplorations.blogspot.de/2012/03/blog-post_03.html

Abbildung 7: Film Still aus „Twilight“
http://www.fanpop.com/clubs/twilight-series/images/6408503/title/hqfilmstills-photo

Abbildung8: Untitled Film Still #3
http://imageobjecttext.com/2012/01/19/in-the-kitchen-with-cindy/

Abbildung 9:Untitled Film Still #15
http://www.masters-of-photography.com/S/sherman/sherman_15_full.html

Abbildung 10: Untitled Film Still #12
http://www.christies.com/lotfinder/photographs/cindy-sherman-untitled4985529-details.aspx

Abbildung 11: Demonstrierende Frauen in der Walpurgisnacht
http://www.planetwissen.de/alltag_gesundheit/frauen/frauenbewegung/index.jsp
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
Abbildung 12: Untitled Film Still #10
http://www.masters-of-photography.com/images/full/sherman/
sherman_untitled_10.jpg

Abbildung 13: Untitled Film Still #16
http://www.moma.org/interactives/exhibitions/1997/sherman/
untitled16.html
9. Internetquellen
http://www.cindysherman.de/biografie/
Cindy Sherman, geboren 1954 in Glen Ridge einem Vorort von New York, wuchs als
jüngstes von 5 Kindern in Huntington, Long Island auf. Ihr Vater war Ingenieur, die
Mutter Lehrerin.
Von Künstlern wie Salvadore Dali und Picasso inspiriert, studierte sie nach der High
School in den Jahren 1972-1976 Kunst an der State University of New York at Buffalo.
Zunächst studierte sie Malerei, dann wechselte sie jedoch recht schnell zur Fotografie.
Während ihrer Studienzeit traf sie den Künstler Robert Longo, der entscheidenden
Einfluss auf ihr Leben hatte.
Zusammen mit Robert Longo und Charles Clough, einem befreundeten Künstler, schuf
Cindy Sherman einen Raum für unabhängige Künstler, Hallwalls genannt. Hier konnten
junge Künstler ihre Fotoarbeiten ausstellen. Auch heute sind die Hallwalls noch
existent.
Nach Abschluss ihres Studiums im Jahre 1976 beschloss sie, sich in New York
niederzulassen. Mit dem Vidiokünstler Michel Auder war sie zweimal verheiratet. Beide
Ehen
wurden
jedoch
geschieden.
Im Jahre 1977 begann sie sich selbst zu fotografieren und zu inszenieren. Noch heute
lebt und arbeitet Cindy Sherman in New York und wird als eine herausragende
Künstlerin der inszenierten Fotografie beschrieben.
http://www.cindysherman.de/1980_rear-screen-projections_centerfolds_pinkrobes_fashion-fotos/
19
Centerfolds – 1981
Mit der Serie Centerfolds im Jahre 1981 entstanden provokativere Aufnahmen, wobei
hier
Aus
der
der
Blick
der
Kamera
Vogelperspektive
entstanden
für
diesen
Nahaufnahmen
Eindruck
von
sorgte.
Frauenrollen
in
verschiedenen Verkleidungen und Posen. Die Konzentration liegt hier besonders auf
dem Modell und der damit verbundenen Verwandlung durch Make-up, Frisur und
Kleidung.
Der Eindruck von der Dominanz der Kamera, bestärkt durch die gewählte Perspektive
und einem unterwürfig wirkenden Modell, erinnerten stark an Aufnahmen des PlayboyCenterfolds,
was
durchaus
beabsichtigt
war.
Diese Aufnahmen greifen das Prinzip der Mittelseiten bestimmter Unterhaltungs- und
Modemagazine auf. Das Magazin Artforum, welches Cindy Sherman beauftragte ein
Bild für eine Doppelseite herzustellen, lehnte letztendlich die Serie ab.
http://www.cindysherman.de/1985_fairy-tales-und-disasters_history-portraits/
History Portraits – 1988-1990
Die Serie History Portraits entstand in den Jahren 1988-1990. Diese Arbeiten sind noch
größer als die Fashion- Fotos und in der Regel hinter Plexiglas montiert. Schon
hierdurch
wird
der
kunsthistorische
Bezug
geschaffen.
In dieser Serie inszenierte sich Cindy Sherman als historisches Gemälde nach Art der
Alten
Meister.
Sie verwendete oft historische Gemälde als Vorlage, wie die von Jean Fouquet oder
Caravaggio. Jedoch sind nicht in allen Fällen konkrete Vorlagen identifizierbar.
Sie setzt sich hier selbst an die Stelle der oder des Dargestellten und verfremdet sowohl
Wirkung
als
auch
Aussage
des
ursprünglichen
Werkes.
Ihr zentrales Thema ist dabei die Kostümierung und das Rollenspiel bezogen auf die
Kunstgeschichte.
Der Bezug zur Rolle der Frau in der Geschichte der Kunst, also Frauen als Modelle des
Malers
wird
deutlich.
Cindy Sherman setzt auch in dieser Serie Accessoires wie Perücken und Prothesen ein,
die
das
Abbild
teilweise
ins
Komische
verzerren.
Sie demontiert auch hier die einstige Aussage des Portraits, welches Idealisierte. Der
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damalige Schritt in Richtung der Veredelung und Verschönerung des Körpers, findet
bei Cindy Sherman, durch die Verwendung von Prothesen, seine Entsprechung zum
Grotesken hin. Die Darstellungen sprechen die Idealisierung der Portraitmalerei an,
zeigen aber auch die Kluft zwischen einem Ideal und dem wirklichen Körper mit seinen
Mängeln.
Sie könnte auf das ausgeprägte Schönheitsideal der heutigen Zeit verweisen und es
dadurch in Frage stellen.
http://www.filmstills.at/aktuell1.htm
ÜBER STANDFOTOGRAFIE
DER GANZE FILM AUF EINEM BILD
Der Standfotograf ist das einzige Teammitglied, das nicht unmittelbar mit der Herstellung
des Filmes zu tun hat. Meistens ist er auch nicht ständig am Set anwesend, es genügen ihm
etwa zwei Drittel der Drehzeit, um alle entscheidenden Szenen zu fotografieren. Das
wichtigste Ergebnis des Standfotografen sind die Stills – eben jene Standfotos, die später in
Schaukästen der Kinos sowie bei der Filmberichterstattung in Zeitungen und Zeitschriften
zu
sehen
sind
und
den
unentschlossenen
Besucher
überzeugen
sollen.
Da sich diese Fotoauswahl letztendlich auf zwei Dutzend Fotos beschränkt, steht der
Standfotograf vor einer großen Aufgabe: Mit wenigen Fotos müssen die entscheidenden
Elemente der Geschichte eingefangen werden, dabei müssen alle Hauptdarsteller zu sehen
sein, die wichtigsten Szenenbilder und eventuelle spektakuläre Ereignisse wie Stunts,
Spezialeffekte
und
Massenszenen.
Um die Geschichte des Filmes auf Fotos richtig wiedergeben zu können, muss der
Standfotograf den Look des Filmes imitieren, d.h. er verwendet in etwa die gleichen Filter,
wie sie die Kameraabteilung benutzt und versucht außerdem, seine Bilder im gleichen Licht
in Szene zu setzen. Dafür stehen ihm drei Möglichkeiten zur Verfügung: Entweder nutzt er
die Probe für seine Fotos oder er wartet, bis die Szene gedreht ist, und stellt dann mit den
Darstellern die wichtigsten Positionen nach. Oder er verfügt über eine „geblimpte“ , also
schallgedämpfte Kamera, die es ihm erlaubt, auch während des Drehs der Szene zu
fotografieren. Das Problem bei den ersten beiden Möglichkeiten: In der Probe fehlt
vielleicht noch das perfekte Licht, und nach dem Dreh der Szene soll schnell umgebaut
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werden - wer hat da Zeit für Standfotos? Doch auch die Fotografie während des laufenden
Takes hat Nachteile, der Fotograf kann kaum den Standort wechseln und muss den idealen
Standpunkt der Filmkamera überlassen.
Es ist also nicht ganz leicht, ein gutes
Arbeitsergebnis zu erzielen, und am Ende wird der Fotograf alle drei Möglichkeiten etliche
Male in Anspruch genommen haben. Die Kunst seines Metiers besteht vor allem darin, die
Stimmung des Filmes auf die Fotos zu bannen und dies muss nicht unbedingt anhand der für
den Film wichtigsten Szenenbestandteile geschehen. Manchmal sagt ein Gesichtsausdruck
oder ein Stillleben viel mehr über eine Geschichte aus als eine Fotosammlung sämtlicher
Ereignisse des Filmes. So ist der Standfotograf immer auf der Jagd nach dem einen,
repräsentativen
Foto,
das
den
ganzen
Film
in
einem
Bild
wiedergibt.
Bei eigentlich jedem Filmprojekt finden so genannte Foto-Vorproduktionen statt. Hierbei
wirkt der Fotograf dann unmittelbar am Film mit, handelt es sich doch um Fotorequisiten,
die für den Film extra produziert werden müssen. Wenn die Hauptdarstellerin im Film als
große Konzertpianistin präsentiert wird, werden Plakate benötigt, auf denen sie am Klavier
zu sehen ist, und in ihrem Wohnzimmer sollen Fotografien von ihr herumstehen. Ihre
Filmfigur hat Kinder und viele Geschwister, in Wirklichkeit ist die Schauspielerin
Einzelkind und kinderlos – also müssen all diese Fotos „besetzt“ und erst einmal hergestellt
werden. Ehe das nicht geschehen ist, können die Szenen im Wohnzimmer der Pianistin nicht
gedreht
werden.
Eine weitere Aufgabe der Standfotografie umfasst die Arbeitsfotos, die die Dreharbeiten
fotografisch dokumentieren. Einige dieser Fotos werden schon während der laufenden
Dreharbeiten zur Veröffentlichung in der Presse genutzt, die meisten davon kommen in
Vorbereitung des Kinostarts zum Einsatz, als Pressematerial , aber auch für die
Verleihpublikationen, z.B. auf den Internetseiten des Verleihes bzw. des Filmes; dies gilt
natürlich auch für die Standfotos.
http://www.planet-wissen.de/alltag_gesundheit/frauen/frauenbewegung/
index.jsp
Frauenbewegung - der Kampf für Gleichberechtigung
"Wir sind die Frauen-Befreiungs-Front!"
riefen in den 1970er Jahren die
rebellierenden Frauen von New York bis Berlin: Sie hatten es satt, von Männern
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bevormundet zu werden. Sie wollten ihr Leben selbst in die Hand nehmen. Sie kämpften
für eine Welt, in der Frauen und Männer wirklich gleichberechtigt sind. Und in der es
Spaß macht, eine Frau zu sein.
Der Herr im Haus
1949 setzte die sozialdemokratische Abgeordnete Elisabeth Selbert durch, dass die
Gleichberechtigung in das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland aufgenommen
wurde. Artikel 3 lautet somit: "Männer und Frauen sind gleichberechtigt". In der
Realität jedoch waren die Frauen in den 1950er und 60er Jahren alles andere als
gleichberechtigt. Ein uneheliches Kind war für die Frau gesellschaftlich eine
Katastrophe, seine Mutter erhielt nicht einmal das Sorgerecht. Das Ehe- und
Familienrecht bestimmte den Mann zum Alleinherrscher über Frau und Kinder. Eine
Ehefrau musste ihrem Mann jederzeit sexuell zur Verfügung stehen. Wenn er sie und die
Kinder misshandelte, galt das als Privatsache. Verheiratete Frauen durften nur dann
arbeiten gehen, wenn der Mann es ihnen erlaubte. Noch in den 1970er Jahren gab es
die sogenannten "Leichtlohngruppen". Und auch wenn eine Frau dieselbe Arbeit
verrichtete, wie ein Mann, bekam sie dafür viel weniger Geld.
Büstenhalter brennen
Die sogenannte erste Welle der Frauenbewegung entstand ab Mitte des 19.
Jahrhunderts in den USA und kämpfte damals unter anderen für das Frauenwahlrecht.
In den 1960er Jahren begann nun die zweite Welle - und zwar an vielen Orten
gleichzeitig. In den USA schrieb Betty Friedan 1963 ihren Bestseller "Der
Weiblichkeitswahn", in dem sie mit der typischen Frauenrolle abrechnete. In
Frankreich verfasste Simone de Beauvoir schon 1949 "Das andere Geschlecht", das
unzählige Frauen in aller Welt zu ihrer "Bibel" machten. Die Philosophin und
Schriftstellerin erklärte in diesem Buch: "Man wird nicht als Frau geboren, man wird
dazu gemacht". Und meinte damit: Frauen sind nicht von Natur aus unterwürfig,
unselbständig und hilflos. Sie werden nur von klein auf dazu erzogen. Aber sie können
auch anders. Das machte den jungen Frauen in den späten 1960er Jahren Mut. Und
bald erklärten sie öffentlich: "Wir entscheiden nun selbst, wie wir leben, lieben und
aussehen wollen!" In den USA verbrannten Aktivistinnen der Frauenbewegung
öffentlich ihre BHs. In Amsterdam kniffen die "Dollen Minnas" Männer in den Po. Und
in Rom sangen Frauen auf einer Demonstration: "Tremate, tremate, le streghe son
tornate!" ("Zittert, zittert, die Hexen sind zurückgekehrt!").
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Tomaten fliegen
Die Studentinnen, die im SDS, dem Sozialistischen Deutschen Studentenbund aktiv
waren, stellten fest: Die marxistische Theorie, die sie so begeistert verschlangen,
stammte fast ausschließlich von Männern - und Frauen kamen darin nicht vor. Sie
ärgerten sich darüber, dass ihre Genossen zwar alle Völker dieser Erde befreien
wollten, nur nicht ihre eigenen Gefährtinnen. Denn auch die 68er Revolutionäre
wünschten sich Frauen, die ihnen die Wäsche wuschen, die Flugblätter tippten und
dabei möglichst attraktiv aussahen. Im September 1968 tagte in Frankfurt der
Bundeskongress des SDS. Und wieder einmal wollten die Genossen nicht hören, was die
Frauen zu sagen hatten. Da holte die Berliner Delegierte Sigrid Rüger drei Tomaten
aus ihrer Tasche und warf sie in Richtung Podium. Zwei davon trafen - und klatschten
einem der "Obergenossen" ins Gesicht.
"Mein Bauch gehört mir"
Anfang der 1970er Jahre entstanden von Kiel bis Konstanz Frauengruppen und
Frauenzentren. Sie alle nahmen gemeinsam den Kampf gegen den Paragrafen 218, den
Abtreibungsparagrafen, auf. Der Schwangerschaftsabbruch war verboten, er musste
heimlich
durchgeführt
werden,
war
teuer,
erniedrigend
und
manchmal
lebensgefährlich. Männer entschieden darüber, ob eine Frau ein Kind bekommen sollte
oder nicht. Die Frauenbewegung aber sagte: Weder Richter, noch Ärzte, geschweige
denn Theologen haben das Recht, über den Körper und das Leben einer Frau zu
bestimmen. Und sie forderten: Der Paragraf 218 muss ersatzlos gestrichen werden.
1974 trat eine Neuregelung des Paragrafen 218 nach dem Indikationsmodell in Kraft,
das einen Schwangerschaftsabbruch unter bestimmten medizinischen, sozialen oder
ethischen Gründen erlaubte. Seit 1995 ist die Fristenlösung gültig, die einen Abbruch in
den ersten drei Schwangerschaftsmonaten zulässt, wenn vorher eine Beratung
stattgefunden hat.
Selbst ist die Frau
Von der Auseinandersetzung mit Abtreibung und Schwangerschaft war es nicht weit zur
Beschäftigung mit den Themen Ehe, Mutterschaft, Sexualität. Die Frauen stellten fest,
dass sie über ihren eigenen Körper kaum Bescheid wussten. Sie fragten sich: "Wie
gehen wir mit uns selber um, und was tun wir uns an? Was ist Schönheit? Was sind
unsere eigenen Bedürfnisse, und wann erfüllen wir nur die der Männer?" Und die neue
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Frauenbewegung beschränkte sich nicht aufs Reden und Fordern. Sie schritt auch
selbst zur Tat. Als die Feministinnen herausfanden, wie viele Frauen von ihren
Männern misshandelt werden, schufen sie "Häuser für geschlagene Frauen", kurz
"Frauenhäuser" genannt. Sie richteten "Notrufe" ein, in denen Vergewaltigungsopfer
Beistand fanden. Und sie sorgten dafür, dass der sexuelle Missbrauch von Mädchen
(und Jungen) nicht mehr stillschweigend hingenommen wurde. Sie gründeten Verlage,
Buchhandlungen, Zeitungen, Archive und Gesundheitszentren. Sie veranstalteten
Ausstellungen, Konzerte, Filmfestivals. Viele dieser Projekte und Initiativen gibt es
auch heute noch.
Die Erfolge
Die neue Frauenbewegung hat viel erreicht. Frauen haben mehr Selbstbewusstsein und
bessere berufliche Chancen als vor 30 Jahren. Sie sind rechtlich endlich in allen
Bereichen den Männern gleichgestellt. Ein uneheliches Kind ist keine Schande mehr.
Scheidungen stürzen Frauen nicht mehr in Existenznot. Ehemänner, die ihre Frauen
und Kinder schlagen, müssen (wenn die Frau das will) die Wohnung verlassen.
Vergewaltigung in der Ehe ist nicht mehr rechtens. In Kinderbüchern (und im wahren
Leben) sind Mädchen häufig mutig klug und ganz schön frech. Es gibt Pfarrerinnen und
Museumsdirektorinnen,
Pilotinnen
und
Chefärztinnen,
Schreinerinnen
und
Webdesignerinnen.
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