Der grosse Bruder
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Der grosse Bruder
Bellof, Georg (MSa 41/2001) Der grosse Bruder eorg Bellof befällt jedes Mal Traurigkeit, G wenn er im Fernsehen die faszinierenden Formel-1-Duelle zwischen Michael und Ralf Schumacher verfolgt. «So einen Bruderkampf hatten Stefan und ich schon jahrelang im Kartsport», erinnert sich der Deutsche Kart-Meister von 1978 und kurzzeitige Formel-3-Pilot mit Wehmut. «Auch im Formelauto hätten der Stefan und ich sicher viel Spass gekriegt.» Die Fortsetzung kam nie zu Stande, weil Georgs F3-Gastspiel 1979 trotz ordentlicher Resultate nach einer Saison wegen Geldmangels endete. Um diese Zeit startete sein ein Jahr jüngerer Bruder Stefan ins erste Formel-Ford-Jahr. Was folgte, war eine der aussergewöhnlichsten Karrieren in der Historie des deutschen Motorsports. Obwohl beide Bellof-Buben nach Auffassung vieler Experten ein gleich hohes Niveau hatten, entschied der Familienrat, die knappen Eigenmittel ab 1980 auf Stefan zu konzentrieren. «Für beide hat’s einfach nicht gereicht», sagt Georg ohne Bitterkeit, «unsere Eltern waren ja schliesslich keine Millionäre.» Der Ältere konzentrierte sich fortan auf seinen erlernten Beruf als Zahntechniker, begleitete Stefan aber so oft es ging zu dessen Rennen. «Obwohl es sehr weh getan hat, selbst nicht mehr fahren zu können, war sein rasanter Aufstieg für uns alle ein Traum.» Dieser endete am 1. September 1985 jäh: Stefan verunglückte beim Sportwagen-WMLauf in Spa tödlich. Elf Jahre später traf den älteren Bruder der nächste Schicksalsschlag – seine Frau Uta, mit der er 14 Jahre verheiratet war, verlor den Kampf gegen den Krebs. «Das musst du alles erst wegstecken», so Georg, der trotz aller Tiefschläge sein Leben gemeistert hat. Inzwischen ist er 45 Jahre alt und hat als Geschäftsmann Karriere gemacht. In Giessen besitzt der ZahntechnikerMeister ein Dental-Labor, dazu einen Getränke-Grossmarkt und einen Supermarkt, deren Gebäude er auf dem Gelände des früheren Lackierbetriebs der Familie bauen liess. Er spielt leidenschaftlich Golf (Handicap 16) und Senioren-Fussball. Und er pflegt das Familienleben mit Lebensgefährtin Michaela und den Kindern (zwei Mädchen, 14 und 12, ein Sohn, 4). Gelegentlich hat er noch Kontakt zu früheren Rennsport-Gefährten seines Bruders wie Franz Tost, Manfred Jantke oder Masseur Axel Nahmmacher. «Meine Grundeinstellung zum Leben hat sich geändert, ich freue mich über jeden Tag, an dem ich gesund bin, ich geniesse mehr und lebe viel bewusster als früher.» Kartsport-Grösse: Bellof 1978 Tiefschläge gemeistert: Bellof Galt als deutsches Top-Talent: Bellof bei der Kart-WM ’78 in Le Mans