Skript Teil 2

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Skript Teil 2
Sommersemester 2015 - Steuern und Unternehmensentscheidungen, Teil 2
Teil 2
Die relevanten Steuerarten der Unternehmensbesteuerung
Inhalt:
1
Einkommensteuer - Grundzüge und Systematik ....................................................... 2
1.1 Einleitende Bemerkungen .................................................................................................... 2
1.1.1 Leistungsfähigkeitsprinzip .......................................................................................... 2
1.1.2 Aufbau des Einkommensteuergesetzes .................................................................... 3
1.2 Steuersubjekt ......................................................................................................................... 4
1.3 Steuerobjekt - sachliche Steuerpflicht ................................................................................ 5
1.3.1 Einleitende Bemerkungen .......................................................................................... 5
1.3.2 Die sieben Einkunftsarten nach § 2 Abs. 1 EStG ...................................................... 6
1.3.3 Einkünfte und die Bedeutung ihrer Abgrenzung ........................................................ 7
1.3.4 Einkünfte aus Land- und Fortwirtschaft ..................................................................... 9
1.3.5 Einkünfte aus Gewerbebetrieb................................................................................... 9
1.3.6 Einkünfte aus selbständiger Arbeit........................................................................... 11
1.3.7 Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit .................................................................. 11
1.3.8 Einkünfte aus Kapitalvermögen ............................................................................... 12
1.3.9 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ........................................................... 13
1.3.10 Sonstige Einkünfte ................................................................................................... 13
1.4 Steuerbemessungsgrundlage und Einkunftsermittlungsmethoden.............................. 13
1.4.1 Als Einleitung: Schema zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage (zu versteuerndes
Einkommen) ............................................................................................................. 13
1.4.2 Die Einkunftsermittlungsarten und die Bemessungsgrundlage im Detail ................ 15
1.5 Steuertarif............................................................................................................................. 20
1.5.1 Indirekte und direkte Progression der Einkommensteuer ........................................ 20
1.5.2 Spezielle Tarifregelungen bei der Einkommensteuer .............................................. 21
2
Körperschaftsteuer - Grundzüge und Systematik ....................................................24
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
3
Gewerbesteuer - Grundzüge und Systematik............................................................28
3.1
3.2
3.3
3.4
3.5
4
Einleitende Bemerkungen .................................................................................................. 24
Steuersubjekt ....................................................................................................................... 25
Steuerobjekt und Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer ............................... 25
Steuersatz - proportionaler Tarif der Körperschaftsteuer............................................... 27
Körperschafsteuersystem und Besteuerung von Gewinnausschüttungen.................. 27
Einleitende Bemerkungen - Objektcharakter der Gewerbesteuer.................................. 28
Steuersubjekt ....................................................................................................................... 28
Steuerobjekt ......................................................................................................................... 28
Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ..................................................................... 29
Steuersatz - Tarif der Gewerbesteuer................................................................................ 30
Sonstige Steuerarten - Grundzüge.............................................................................31
4.1
4.2
4.3
4.4
Erbschafts- und Schenkungssteuer als Vermögensübergangssteuer.......................... 31
Grundsteuer als Vermögensbesitz bzw. Substanzsteuer ............................................... 32
Die Grunderwerbsteuer als Verkehrssteuer ..................................................................... 32
Umsatzsteuer ....................................................................................................................... 33
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Sommersemester 2015 - Steuern und Unternehmensentscheidungen, Teil 2
1
Einkommensteuer - Grundzüge und Systematik
Die Einkommensteuer ist nicht ausschließlich eine Steuer der Unternehmensbesteuerung i. e. S., sondern umfasst auch Besteuerungselemente, die nicht unmittelbar
bezogen auf die Unternehmenstätigkeit sind (z. B. Werbungskostenabzug, sonstige
Einkünfte, Rentenbesteuerung usw.). Im Folgenden werden die für die Unternehmensbesteuerung relevanten Grundzüge und Systematiken vorgestellt.
1.1
Einleitende Bemerkungen
1.1.1 Leistungsfähigkeitsprinzip
Bevor mit der detaillierten Besprechung der Einkommensteuer (ESt) anhand des 4-FragenSchemas begonnen wird, sind folgende Merkmale der Einkommensteuer herauszustellen:
- Die ESt ist eine Personensteuer; (subjektiv) steuerpflichtig sind natürliche Personen
mit den von ihnen erzielten Einkünften (§ 1 Abs. 1 EStG);
- Die ESt will ausschließlich die Vermögensmehrungen erfassen, die durch eine Erwerbstätigkeit am Markt erwirtschaftet werden (z. B. nicht Lottogewinn);
- Die ESt orientiert sich am sog. Leistungsfähigkeitsprinzip. Das ist ein steuerjuristisches Prinzip (Ableitung aus dem Grundgesetz - GG), das sich auf die Bemessungsgrundlage (z. B. steuerfreies Existenzminimum) und den Tarif (z. B. progressiver Tarif) auswirkt;
Leistungsfähigkeitsprinzip der Einkommensteuer
Sachliche Komponente
Persönliche Komponente
Berechnung der Summe der Einkünfte (≠
zu versteuerndes Einkommen) nach objektiven Kriterien
Ermittlung des disponiblen Einkommens,
das von den persönlichen Lebensumständen abhängt
Einnahmen und Ausgaben,
die mit einer steuerpflichtigen Tätigkeit in
Zusammenhang stehen, die mit der Absicht
ausgeübt wird, auf Dauer Überschüsse zu
erzielen (≠ Liebhaberei)
über die rein objektiven Einnahmen und
Ausgaben hinaus werden persönliche Faktoren berücksichtigt (z. B. Familienstand,
Zahl der Kinder, private Notlagen) sowie
strukturell-subjektive Elemente bei der ESt
berücksichtigt (z. B. Grundfreibetrag, Progression usw.)
Ziel: Erfassung des am Markt erwirtschafteten Vermögenszuwachses
Ziel: Berücksichtigung persönlicher Elemente der Leistungsfähigkeit
Abbildung 1: Leistungsfähigkeitsprinzip
-
-
Die ESt beruht auf dem Individualprinzip, d. h. jede natürliche Person ist für sich subjektiv steuerpflichtig und ermittelt ihre Einkünfte für sich und nach den o. g. objektiven
Vorgaben;
Das Aufkommen für die Einkommensteuer wird zwischen Bund, Ländern und Gemeinden aufgeteilt (Art. 106 Abs. 3 GG - Ertragshoheit). Bund und Länder erhalten
jeweils die Hälfte am ESt-Aufkommen, soweit es nicht den Gemeinden zusteht. Auf
der Grundlage der Ertragshoheitsanteile der Gemeinden zeigt sich folgendes Bild.
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Aufkommensverteilung nach Art.
106 Abs. 3 GG iVm § 1 Gemeindereformgesetz
Gemeinden
Lohnsteuer und veranlagte ESt
15,0 %
42,5 %
42,5 %
Kapitalertragsteuer auf bestimme
Einnahmen aus Kapitalvermögen
12,0 %
44,0 %
44,0 %
Länder
Bund
1.1.2 Aufbau des Einkommensteuergesetzes
Ordnet man den Aufbau des Einkommensteuergesetzes (EStG) dem 4-Fragen-Schema zu,
zeigt sich folgende Übersicht; die wesentlichen Inhalte mit Bezug zur Unternehmensbesteuerung sind fett hervorgehoben.
4-Fragen-Schema
Steuerpflicht - Steuersubjekt
§§ 1, 1a EStG
- Festlegung, wer der Einkommensteuer
unterliegt
§§ 2, 2 EStG
- Beschreibung der Einkünfte, die der ESt
unterliegen
- Begriffsbestimmung und Behandlung
negativer Einkünfte
§§ 3 bis 3c EStG
§§ 4 bis 7k EStG
- Aufzählung der steuerfreien Einnahmen
- Ermittlung des Gewinns als eine Einkünfteermittlungsart
- Ermittlung des Überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten
- Einkommensermittlungsvorschriften wie
Sonderausgaben, Zuflusszeitpunkt,
nicht abziehbare Ausgaben
Einkünfte - Steuerobjekt
Einkommen - Bemessungsgrundlage
§§ 8 bis 9a EStG
§§ 10 bis 12 EStG
Einkünfteabgrenzung Steuerobjekt / Bemessungsgrundlage
Tarif - Steuertarif
§§ 13 bis 24 EStG
- Abgrenzung des objektiven Inhalts der
sieben Einkunftsarten;
- Was wird von der jeweiligen Einkunftsart
einkommensteuerlich erfasst?
§§ 31 ff. EStG
- Höhe des Steuersatzes, Familienleistungsausgleich
- Sondersteuersatz für Einkünfte aus
Kapitalvermögen (Abgeltungssteuer)
- Begünstigung der nicht entnommenen
Gewinne bei Gewinneinkünften
§ 32 d EStG
§ 34c EStG
Steuerermäßigungen Steuertarif
§ 35 EStG
§§ 35a, 35b EStG
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- Anrechnung von im Ausland gezahlter
Steuern; internationale Doppelbelastung
- Steuerermäßigung bei Einkünften aus
Gewerbebetrieb (pauschaler Ausgleich
für „Doppelbelastung mit GewSt)
- Sonstige Ermäßigungsvorschriften
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Verfahrens- und sonstige Vorschriften
Veranlagung (Verfahrensvorschriften)
§§ 25 bis 28 EStG
Veranlagungszeitraum, Steuererklärungspflichten usw.
Steuererhebung
§§ 36 bis 46 EStG
- Erhebung der ESt
- Pauschalierung der ESt in bestimmten
Fällen
- Steuerabzug bei Arbeitslohn (Lohnsteuer)
- Steuerabzugs beim Kapitalertrag usw.
Steuerabzug bei Bauleistungen
§§ 48 bis 48 EStG
Sondervorschriften des Steuerabzugs bei
Bauleistungen
Besteuerung beschränkt
Steuerpflichtiger
§§ 49 bis 50a EStG
Umfang der Besteuerung und Erhebungsverfahren bei von im Ausland ansässigen
natürlichen Personen mit ihren inländischen Einkünften
Sonstige Vorschriften,
Ermächtigungs- und
Schlussvorschriften
§§ 50b bis 58 EStG
Einführungsvorschriften, Übergangsvorschriften, Besonderheiten bei Doppelbesteuerungsabkommen, Umsetzung von
EU-Richtlinien usw.
Kindergeld
§§ 62 bis 78 EStG
Vorschriften zur Festsetzung des Kindergeldes dem Grunde und der Höhe
Altervorsorgezulage
§§ 79 bis 99 EStG
Vorschriften zur Altervorsorgezulage im
Zusammenhang mit der sog. RiesterRente.
Abbildung 2: Aufbau des EStG und 4-Fragen-Schema
1.2
Steuersubjekt
Der deutschen Einkommensteuer unterliegen nur natürliche Personen (§ 1 EStG). Mit Blick
auf die Unternehmensbesteuerung sind zwei (nahezu selbstverständliche) Kernaussagen
wichtig:
-
Bei der Unternehmensbesteuerung wird im Endergebnis immer auf die natürliche
Person abzustellen sein. Damit wird die Einkommensteuer zur „endgültigen“ Steuer
bei der Unternehmenstätigkeit. Denn jegliches unternehmerisches Handeln ist auf ein
Individuum zurückzuführen. Das Individuum, die natürliche Person, ist der Ausgangspunkt jeglichen ökonomischen und unternehmerischen Handelns, also auch der
Ausgangspunkt der Unternehmenstätigkeit und damit der „Endpunkt“ der Unternehmensbesteuerung. In diesem Zusammenhang spricht man vom Methodologischen Individualismus, vgl. hierzu Schneider (1992), Investition, Finanzierung und
Besteuerung, 7. Aufl. Wiesbaden.
-
Kapitalgesellschaften als ein mögliches Rechtskleid der unternehmerischen Tätigkeit sind keine natürlichen Personen. Sie sind juristische Personen und als solche
„eigenständig“ steuerpflichtig. Für sie gilt das Körperschaftsteuergesetz (KStG). Mit
der Körperschaftsbesteuerung ist jedoch nur eine „Interimsbesteuerung“ erfolgt, denn
Unternehmer ist das „dahinter stehende“ Individuum als ökonomisch agierende Person (z. B. als Kapitalgeber).
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-
Personengesellschaften sind keine juristischen und selbstredend keine natürlichen
Personen. Gewinne respektive Einkünfte einer Personengesellschaft werden ausschließlich den Gesellschaftern (natürliche oder juristische Personen) zugerechnet
und von diesen versteuert (sog. Transparenzprinzip).
Zur persönlichen Steuerpflicht gehört die Unterscheidung in unbeschränkte und beschränkte
(persönliche) Steuerpflicht. Dieser zufolge gibt es unbeschränkt und beschränkt steuerpflichtige Personen nach dem EStG.
Persönliche Steuerpflicht nach dem EStG
Unbeschränkte Steuerpflicht
Beschränkte Steuerpflicht
Natürliche Personen, die
- im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben (§ 1 Abs. 1
EStG).
- die unbeschränkte Steuerpflicht umfasst
(objektiv) das gesamte Welteinkommen.
- Die unbeschränkte Steuerpflicht beginnt
mit der Geburt (bzw. Zuzug aus dem
Ausland) und endet mit dem Tod (bzw.
dem Wegzug aus Deutschland)
Natürliche Personen, die
- sowohl ihren Wohnsitz als auch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben
(persönliches Merkmal) und
- inländische Einkünfte iSd § 49 EStG erzielen (sachliches Merkmal).
- Die beschränkte Steuerpflicht endet idR mit
dem Wegfall des sachlichen Merkmals = inländische Einkünfte.
Anmerkung:
das Nebeneinander von beschränkter und unbeschränkter Steuerpflicht besteht in der überwiegenden Mehrzahl der Staaten. Die damit verbundenen Steuerfragen sind wichtiger Untersuchungsgegenstand der Internationalen Steuerlehre.
1.3
Steuerobjekt - sachliche Steuerpflicht
1.3.1 Einleitende Bemerkungen
Nach dem deutschen EStG Steuerobjekt soll der sachliche Maßstab zur Messung der objektiven bzw. sachlichen Leistungsfähigkeit sein. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, zwischen
1. Einkommensentstehung bzw. -erzielung und
2. Einkommensverwendung
zu unterscheiden. Die Einkommenserzielung ist einkommensteuerlich bedeutsam und - nach
der Konzeption des EStG - Ausdruck der objektiven Leistungsfähigkeit. Die Einkommensverwendung, d.h. die Verwendung des Einkommens für Konsumzwecke ist hingegen einkommensteuerlich nicht relevant.
Fazit:
1. Die Höhe des steuerpflichtigen Einkommens (das Steuerobjekt und die Bemessungsgrundlage) wird ausschließlich von Vorgängen beeinflusst, die mit einer wirtschaftlichen, mit Einkunftserzielungsabsicht ausgeübten Tätigkeit im Zusammenhang stehen.
2. Die Verwendung des am Markt erwirtschafteten Vermögenszuwachses darf sich auf
die Höhe der steuerpflichtigen Einkünfte nicht auswirken; die Verwendungsebene ist
grundsätzlich dem nicht steuerbaren Bereich zuzuordnen.
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Einkommenserzielung
Einkommensverwendung
Vermögenszuwachs
Verwendung des zugewachsenen Vermögens
Ebene der Einkommensentstehung
Ebene der Einkommensverwendung
Sachlicher Bereich der Einkommensbesteuerung
Sachlicher Bereich der Konsumbesteuerung
Steuergegenstand bzw. Steuerobjekt der
Einkommensteuer
Steuergegenstand bzw. Steuerobjekt der Konsumsteuer(n)
Abgrenzung der Ebene der Einkommensentstehung (-erzielung) von der Ebene der (privaten) Einkommensverwendung
Abbildung 3: Konzeption der Einkommensbesteuerung
Um die Abgrenzung (Ermittlung) des sachlichen Bereichs der Einkommensbesteuerung festzulegen, muss definiert werden, die das am Markt erzielte Einkommen (Vermögenszuwachs)
ermittelt wird. Es geht um die Konkretisierung des Einkommensbegriffs. Dafür können aus
steuerwissenschaftlicher Sicht zwei unterschiedliche Konzepte herangezogen werden.
Theorien / Konzepte zum Begriff des Einkommens
Quellentheorie
- Einkünfte, die aus regelmäßigen Einkunftsquellen fließen, also
nicht
- Unregelmäßig entstehende Einkünfte und
reine Wertveränderungen des Vermögens
gehören nicht zum
Einkommen, z. B.
- Veräußerungsgewinne
- Lotteriegewinne
- Wertveränderungen
des Vermögens, z. B.
Minderung des Werts
Reinvermögensänderungstheorie
Einkünfte, die aus regelmäßigen Einkunftsquellen fließen und sonstige Wertänderungen des Vermögens; erfasst werden alle wertmäßigen Vermögensänderungen
Gesamtvermögensvergleich
Einzelvermögensvergleich
Kassenvermögensvergleich
Gewinn und Wert
des Zukunftserfolgs des Vermögens
Quasi bilanzierende Methode mit
Abgrenzung und
Periodisierung von
Wirtschaftsgütern
Einkommen als
reiner finanzwirtschaftlicher
Zahlungsüberschuss ohne
periodische Abgrenzungsnotwendigkeiten
Abbildung 4: Einkommenstheorien bzw. -konzepte
Vorstehende steuerwissenschaftliche Theorien sind wichtig für das konzeptionelle Verständnis der Einkunftsarten des deutschen EStG.
1.3.2 Die sieben Einkunftsarten nach § 2 Abs. 1 EStG
Das deutsche EStG orientiert sich beim Einkommensbegriff nicht an einer einheitlichen Linie
mit Blick auf obige Theorien. Es kommen unterschiedliche Bestandteile unterschiedlicher
Theorien zur Anwendung. Die Einkunftsdefinition ist eher pragmatisch oder praktisch orienFrischmuth
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tiert. Die Ab- und Eingrenzung der sieben Einkunftsarten als wesentliche Bestimmungsmerkmale des Steuerobjekts unterscheiden sich nach der Herkunft der Einkünfte in praktischer Sicht. Innerhalb der sieben Einkunftsarten werden wiederum unterschiedliche Einkommenstheorieelemente angewendet. So kennt das deutsche EStG sog. Gewinneinkunftsarten in Anlehnung an die Reinvermögensänderungstheorie und sog. Überschusseinkunftsarten, die sich eher an der Quellen- verbunden mit der Kassenvermögensvergleichstheorie anlehnt.
Einkunftsarten nach § 2 Abs. 1 EStG) und Einkommenstheorien
Gewinneinkunftsarten
das am Markt erwirtschaftete Einkommen
wird durch die Ermittlung des Gewinns nach
EStG bestimmt
Überschusseinkunftsarten
das am Markt erwirtschaftete Einkommen
wird durch die Ermittlung des Überschusses
der Einnahmen über die Ausgaben ermittelt
Reinvermögensänderungsvergleichstheorie
Quellen- und Kassenvermögensvergleichstheorie
Gewinn- und ggf. bilanzorientiert
Zahlungs- bzw. zu- und abflussorientiert
⇓
Einkünfte aus …
⇓
Einkünfte aus …
Land- und Forstwirtschaft
Nichtselbständiger Arbeit
Gewerbebetrieb
Kapitalvermögen
Selbständiger Arbeit
Vermietung und Verpachtung
Sonstige Einkünfte iSd § 22 EStG
Summe der Einkünfte als Ausgangspunkt zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage = zu versteuerndes Einkommen
Abbildung 5: Einkunftsarten und Summe der Einkünfte
1.3.3 Einkünfte und die Bedeutung ihrer Abgrenzung
Obwohl die Einkunftsarten und die damit verbundenen Einkünfte (= Gewinn oder Überschuss
der Einnahmen über die Ausgaben) zu einer Summe der Einkünfte zusammengefasst werden, ist die Abgrenzung und die Zuordnung von Einkünften zu den jeweiligen Einkunftsarten
sehr bedeutend.
Anknüpfungspunkte und
Unterscheidungsfolgen
Bedeutung / Erläuterung
(1) Steuerbarkeit des
Vermögenszuwachses
Die Festlegung und Konkretisierung des sachlichen Umfangs der
Einkunftsarten bestimmt den Umfang der Steuerbarkeit des Vermögenszuwachses; was von der Definition einer Einkunftsart nicht erfasst ist, ist nicht steuerbares Einkommen, z. B. Belohnung bei der
Ergreifung eines Straftäters, Lotteriegewinne.
(2) Art der Ermittlung der
Einkünfte
Bei den Gewinneinkünften werden regelmäßig auch Wertänderungen
des Vermögens erfasst, während bei den Überschusseinkünften die
Einkunftsermittlung zahlungsorientiert erfolgt. Damit kommt es zu
Periodenverschiebungen bei der Versteuerung von Einkommen. Daneben wird zusätzlich festgelegt, ob bestimmte Vermögenszuwächse
(Einkommen) innerhalb einer Einkunftsart oder in einer zusätzlichen
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Einkunftsart erfasst werden.
Beispiel: Gewinne aus der Veräußerung von Beteiligungen innerhalb
der Gewinneinkünfte versus außerhalb von selbstständigen Einkünften.
(3) Einkünfteerzielungsabsicht
Diese wird bei den einzelnen Einkunfstarten stellenweise unterschiedlich behandelt und „definiert“. Besonders relevant ist hier die
Abgrenzung zur sog. Liebhaberei, die nicht steuerbar ist, weil ihr aufgrund von „Dauerverlusten“ keine Einkunftserzielungsabsicht zugrunde gelegt werden kann.
Beispiel: Ein Unternehmer übt als „Hobby“ eine Pferdezucht aus, die
er als Gewerbe angemeldet hat. Allerdings erwirtschaftet diese Pferdezucht keine positiven Einkünfte; das Finanzamt qualifiziert diese
Tätigkeit als „Liebhaberei“ mit der (steuerlichen) Folge, dass die Verluste steuerlich nicht geltend gemacht werden können.
(4) Anwendung von Sondersteuersätzen
Hierbei ist die Abgeltungssteuer mit einem pauschalierten Steuersatz
von 25 % bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (z. B. Gewinnausschüttungen einer Kapitalgesellschaft) zu beachten.
(5) Steuerliche Begünstigungen
- Unterschiedliche Freibeträge für unterschiedliche Einkunftsarten
(z. B. besonderer Freibetrag bei LuF)
- Ausgaben / Werbungskosten-Pauschbeträge
- Steuerbegünstigung von nicht-ausgeschütteten gewerblichen Gewinnen (§ 34a EStG)
- Sonderbesteuerung von a. o. Gewerbegewinnen
- Anrechnung der Gewerbesteuer bei gewerblichen Einkünften (§ 35
EStG)
(6) Besteuerungszeitpunkte
Bei den Gewinneinkünften erfolgt die Einkommensermittlung nach
den Bilanzierungsvorschriften des HGB, insbes. Realisations- und
Imparitätsprinzip. Die hier ermittelten Gewinne unterscheiden sich
von den Einkommen der Überschussermittlungseinkünfte, die auf das
Zu- und Abflussprinzip abstellen. Damit kommt es zu einer zeitlichen
Verschiebung des steuerlichen Einkommens auf der Zeitachse der
Lebensdauer eines Unternehmens.
(7) Verlustausgleichsumfang
Die Verlustverrechnung ist nach dem EStG an vielen Stellen beschränkt (z. B. Mindestbesteuerung, Verlustausgleichsverbote). Die
Intensität der Beschränkung hängt auch davon ab, ob die Verluste
innerhalb oder außerhalb einer Einkunftsart entstehen (interner versus externer Verlustausgleich).
Beispiel; §§ 2a, 15 Abs. 4, 15a, 17 Abs. 2, § 20 Abs. 6 EStG usw.
(8) Art der Steuererhebung
Es gibt besondere Erhebungsverfahren für bestimmte Einkunftsarten,
so v. a. die Erhebung der Kapitalertragsteuer bei Einkünften aus Kapitalvermögen „direkt an der Quelle“ (Abgeltungssteuer)
(9) Auswirkungen auf andere Steuerarten
Die Einkommensermittlungsvorschriften bestimmter Einkunftsarten
sind für andere Steuerarten maßgeblich; deren Bemessungsgrundlagen knüpfen hinsichtlich ihrer Wertungen an die Bemessungsgrundlage (BMG) der jeweiligen Einkunftsart an.
Beispiel: Für die Ermittlung der BMG der Gewerbesteuer (Gewerbeertrag) bilden die für EStG-Zwecke festgestellten Einkünfte aus Gewerbebetrieb die Ausgangsgröße (§ 7 S. 1 GewStG)
(10) Umfang der beschränkten Steuerpflicht
Die Zuordnung von Einkommen (Vermögenszuwachs) zu einer bestimmten Einkunftsart entscheidet darüber, ob der „Steuerausländer“
beschränkt steuerpflichtig ist in Deutschland (§ 49 EStG).
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1.3.4 Einkünfte aus Land- und Fortwirtschaft
Die Einkünfte aus Land- und Fortwirtschaft (EaLuF) sind eine spezielle Art von Unternehmenseinkünften und insoweit auch Gegenstand der Unternehmensbesteuerung. Bei den
EaLuF gibt es unterschiedliche Arten von landwirtschaftlichen Betrieben, die EaLuF erwirtschaften sowie unterschiedliche Arten von EaLuF.
Im Rahmen der hier betrachteten Unternehmensbesteuerung ist die Abgrenzung der EaLuF
von den Einkünften aus Gewerbebetrieb (EaG) bedeutend, weil für EaLuF besondere steuerliche, auch Vereinfachungsvorschriften gelten.
Vgl. hierzu näher Scheffler , a. a. O. (Band I), S. 52 f.
1.3.5 Einkünfte aus Gewerbebetrieb
Die bei der Unternehmensbesteuerung wichtigste Einkunftsart sind die Einkünfte aus Gewerbebetrieb (EaG). In diesem Zusammenhang werden zwei Arten von Gewerbebetriebe
unterschieden:
Arten und Merkmale eines Gewerbebetriebs
Gewerbebetrieb kraft gewerblicher Betätigung iSd § 15 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 1 EStG
Gewerbebetrieb kraft gewerblicher Prägung
iSd § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG
Tätigkeitsmerkmale
Personengesellschaft, bei der ausschließlich
eine oder mehrere Kapitalgesellschaften
persönlich haftende Gesellschafter sind
(z. B. GmbH & Co. KG)
(1) Selbständigkeit
(2) Nachhaltigkeit
(3) Gewinnerzielungsabsicht
(4) Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr
(5) Keine land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit
(6) Kein freier Beruf oder sonstige selbständige Tätigkeit
(7) Keine (nur) reine Vermögensverwaltung
⇓
analoge Tätigkeitsprüfung bei (gewerblich)
tätiger Personengesellschaft (§ 15 Abs. 3
Nr. 1 EStG)
Abbildung 6: Arten des Gewerbebetriebs
Bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb (EaG) kann zwischen Einkünften aus laufender Tätigkeit und aperiodischen Geschäftsvorfällen unterschieden werden.
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Gewerbliche Einkünfte aus laufender Tätigkeit
Einkünfte aus gewerblichen Einzelunternehmen
§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG
Einzelunternehmer ist
Steuersubjekt
Einkünfte aus der Beteiligung an einer gewerblichen Personengesellschaft, sog. Mitunternehmerschaft
§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG
Einkünfte eines persönlich
haftenden Gesellschafters
einer KGaA
§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG
PersG ist nicht steuerpflichtig, sondern der Gesellschafter = Mitunternehmer
Gewerbliche
Einkünfte
bestehen aus
- Gewinnanteil und
- Sondervergütungen*)
Beispiele: Handwerker,
Fabrikanten, Händler
Beispiele: OHG, KG,
GmbH & Co. KG
*) Vergütungen, die ein Gesellschafter von der Personengesellschaft bezieht. Aufgrund des Transparenzprinzips sind diese auch als Einkünfte (des Mitunternehmers) aus Gewerbebetrieb qualifiziert.
Die PersG als Ganzes bildet den Gewerbebetrieb.
Abbildung 7: Gewerbliche Einkünfte aus laufender Tätigkeit
Bei den gewerblichen Einkünften aus aperiodischen Geschäftsvorfällen kann folgende Unterscheidung getroffen werden.
Gewerbliche Einkünfte aus aperiodischen Geschäftsvorfällen
Veräußerung und Aufgabe
eines Gewerbebetriebs
Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften
Veräußerung / Aufgabe
eines
Gewerbebetriebs
oder Teilbetriebs; dazu
gehört auch die Veräußerung Mitunternehmeranteil
Veräußerung
eines
100 %-Anteils
im
Betriebsvermögen = Teilbetrieb (siehe links)
Anteil an KapG, die dem
Privatvermögen zuzuordnen sind mit mind. 1%
Beteiligungsumfang
§ 16 EStG
§ 16 EStG
§ 17 EStG
Steuerliche Sondervorschriften inkl. Freibeträge und ermäßigte
Steuersätze
Veräußerungserfolge gelten als gewerbliche Einkünfte; diverse Sondervorschriften
Abbildung 8: Gewerbliche Einkünfte aus aperiodischen Geschäftsvorfällen
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1.3.6 Einkünfte aus selbständiger Arbeit
Einkünfte aus selbständiger Arbeit werden in § 18 EStG bestimmt, wobei diese Bestimmung
durch eine beispielhafte Aufzählung erfolgt. Hiernach sind insbesondere die sog. Freiberufler zu erwähnen. Das sind selbständig (unternehmerisch) ausgeübte wissenschaftliche,
künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeiten. Daneben
sind noch die sog. Katalogberufe von praktischer Bedeutung wie z. B. Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer usw. Bei all diesen Tätigkeiten handelt es sich um selbständig ausgeübte und demnach unternehmerische Tätigkeiten.
Eine wichtige Frage ist die Abgrenzung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit (EasA) gegenüber den Einkünften aus Gewerbebetrieb (EaG, vgl. oben). Dabei ist zu beachten, dass
auch bei EaS folgende Merkmale erfüllt müssen: Selbständigkeit, Nachhaltigkeit, Gewinnerzielungsabsicht und Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr.
Diese vier Merkmale sind mit den positiven Beschreibungsmerkmalen bei den EaG identisch.
Allerdings werden EaG in der Weise definiert, dass sie nicht EasA sein dürfen. Das bedeutet, dass EaG nur vorliegen, wenn nicht EasA vorliegen. Es liegt unmittelbar nahe, dass diese Abgrenzung häufig praktische Schwierigkeiten bedeutet insbesondere, wenn nicht die
oben eindeutig aufgeführten Katalogberufe vorliegen.
Die Abgrenzung der EasA von den EaG ist aber wichtig, weil unterschiedliche Besteuerungsfolgen nach dem EStG und dem Gewerbesteuergesetz mit einer entsprechenden Festlegung
der Einkunftsart verbunden sind:
(1) Die Gewinnermittlungsvorschriften sind unterschiedlich und von unterschiedlicher Intensität.
- Bei EasA erfolgt die Gewinnermittlung regelmäßig durch die praktisch einfachere Ermittlung des Überschusses der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben (§ 4
Abs. 3 EStG); sog. Einnahmen-Überschuss-Rechnung (vgl. Kassenvermögensvergleichstheorie)
- Be EaG erfolgt die Gewinnermittlung regelmäßig durch einen sog. Betriebsvermögensvergleich (Steuerbilanz, § 5 EStG); vgl. Reinvermögensänderungstheorie.
(2) Die Begünstigung für thesaurierte Gewinne kann nur in Anspruch genommen werden,
wenn der Gewinn nach Betriebsvermögensvergleich (Steuerbilanz, § 5 EStG) ermittelt
wird; vgl. § 34a Abs. 2 EStG.
(3) Gewerbesteuer fällt nur an, wenn ein Gewerbebetrieb vorliegt; demnach unterlieget die
selbständige Tätigkeit nicht der Gewerbesteuer.
1.3.7 Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit
Diese Einkunftsart ist nicht unmittelbar der Unternehmensbesteuerung zuzuordnen, obwohl
man nach dem weiten Unternehmerbegriff auch die selbständige Tätigkeit als unternehmerische Tätigkeit qualifizieren kann; vgl. hierzu Schneider (1992), Investition, Finanzierung und
Besteuerung, 7. Aufl. Wiesbaden, S. 3 f.
Zudem wird die Unternehmenstätigkeit eines Arbeitgebers (z. B. einer AG oder GmbH) durch
steuerliche Pflichten berührt, die aus dem Konzept der Besteuerung der Einkünfte aus nicht
selbständiger Arbeit („Arbeitslohn“) rührt. Das sind im Wesentlichen die Lohnsteuereinbehaltungspflichten eines Arbeitgebers bei der Bezahlung von Arbeitslohn. Diese Steuerpflichten
führen zu administrativen Aufwendungen und steuerlichen Risiken (Compliance), wenn diese
steuerlichen Pflichten nicht eingehalten werden.
Insofern weisen auch die Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit einen sachlichen Bezug
zur Unternehmensbesteuerung auf, insbesondere wenn sich eine natürliche Person entschließt, die Unternehmung in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft auszuüben. Die naFrischmuth
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türliche Person als Unternehmer wird in diesem Fall regelmäßig Arbeitnehmer „seiner“ Kapitalgesellschaft (z. B. als Geschäftsführer). Insofern ist er als Unternehmer sowohl Kapitalgeber als auch Arbeitnehmer; vgl. hierzu das spätere Kapitel „Rechtsformwahl“.
1.3.8 Einkünfte aus Kapitalvermögen
Den Einkünften aus Kapitalvermögen (EaKV) liegt ein gemeinsames Merkmal nach § 20
EStG zugrunde: EaKV werden erwirtschaftet aus der Überlassung von privatem Geldkapital zur Nutzung; EaKV sind insoweit Geldkapitalnutzungsentgelte nach § 20 Abs. 1 EStG
(z. B. Dividenden, Gewinnanteile, Zinsen) und Geldkapitalwertänderungen nach § 20 Abs. 2
EStG.
Einkünfte aus Kapitalvermögen sind als Gegenleistung für die Kapitalnutzungsüberlassung
anzusehen und gliedern sich in vier Gruppen.
Einkünfte aus Kapitalvermögen als laufende Gegenleistung für Kapitalnutzungsüberlassungen
nach § 20 Abs. 1 EStG
Einkünfte aus
der Beteiligung
an KapG
Gewinnanteile aus
der Vergabe gewinnabhängiger
Darlehen und
stiller Beteiligungen
Entgelte aus
sonstigen Kapitalforderungen
inklusive bestimmter Lebensversicherungen
Stillhalteprämien
bei der Einräumung von Optionen
§ 20 Abs. 1 Nrn. 1
und 2 EStG
§ 20 Abs. 1 Nr. 4
EStG
§ 20 Abs. 1 Nrn. 5
bis 8 EStG
§ 20 Abs. 1 Nr. 11
EStG
z. B. Dividenden
und so. offene und
verdeckte
Gewinnausschüttungen
z. B. Zinsentgelte
sowie Erträge aus
bestimmten Kapitallebensversicherungen
Abbildung 9: Einkünfte aus Kapitalvermögen - laufende Nutzungsüberlassungsentgelte
Neben den laufenden Entgelten umfassen die EaKV auch Gewinne aus der Veräußerung
von Kapitalanlagen. Diese Besteuerungsobjekte sind in § 20 Abs. 2 EStG umfassend geregelt. Demzufolge gehören zu den EaKV auch
- Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft;
- Gewinne aus der Veräußerung von Beteiligungen als stiller Gesellschafter
- usw.
Hier zeigen sich Abgrenzungsnotwendigkeiten zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, die
als Einkunftsart innerhalb der Unternehmensbesteuerung auch die Veräußerung und Aufgabe von Gewerbebetrieben sowie die 1%-Beteiligungsgrenze des § 17 EStG regeln und umfassen. In diesem Zusammenhang wird eine 100%-Beteiligung als Teil(gewerbe)betrieb qualifiziert und unter § 16 EStG, d. h. als EaG, erfasst.
Bei den EaKV ist bereits an dieser Stelle eine Besonderheit anzumerken: EaKV unterliegen
der sog. Kapitalertragsteuer (§ 43 EStG); diese beträgt grundsätzlich 25 %. Zudem gilt für
EaKV ein gesonderter Steuertarif von 25 % (§ 32d EStG). Weil der Sondersteuersatz der
Kapitalertragsteuer entspricht, müssen EaKV nicht mit in die Veranlagung zur Einkommensteuer einbezogen werden; über die Kapitalertragsteuer gilt die Einkommensteuer auf EaKV
als abgegolten; sog. Abgeltungssteuer.
Frischmuth
Seite 12
Sommersemester 2015 - Steuern und Unternehmensentscheidungen, Teil 2
Dieser Abgeltungssteuer stehen Besonderheiten der Besteuerung von Dividenden bei unternehmerischer Beteiligung gegenüber. Gesellschafter, die an einer Kapitalgesellschaft unternehmerisch beteiligt sind, haben die Option, die Dividenden nach dem sog. Teileinkünfteverfahren („60%-Versteuerung“) zu besteuern (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG). Eine unternehmerische Beteiligung liegt vor:
- der Gesellschafter ist mit mind. 25 % an einer Kapitalgesellschaft beteiligt oder
- der Gesellschafter ist zu mind. 1 % an einer Kapitalgesellschaft beteiligt und ist zugleich für diese Gesellschaft beruflich tätig (z. B. Gesellschafter-Geschäftsführer).
Vgl. zu alledem Scheffler, a. a. O. (Band I), S. 77 ff.
1.3.9 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
Vgl. hierzu Scheffler, a. a. O. (Band I), S. 82 ff. und hierbei insbesondere die Abgrenzung zu
den Einkünften aus Gewerbebetrieb.
1.3.10 Sonstige Einkünfte
Vgl. hierzu Scheffler, a. a. O. (Band I), S. 85 ff.
1.4
Steuerbemessungsgrundlage und Einkunftsermittlungsmethoden
1.4.1 Als Einleitung: Schema zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage (zu versteuerndes Einkommen)
Die Bemessungsgrundlage setzt sich vor dem Hintergrund der vorstehend besprochenen
Einkunftsarten wie folgt zusammen und umfasst folgende wichtigen Aspekte bezogen auf die
Unternehmensbesteuerung.
Ermittlungsart oder Anmerkungen
Einkünfte aus Land- und
Forstwirtschaft - EaLuF
i. d. R. Gewinn nach Durchschnittssätzen (§ 13a EStG), insoweit
Abgrenzung zu EaG wichtig
+
Einkünfte aus Gewerbebetrieb - EaG (§ 16, § 17
EStG)
i. d. R. Gewinn nach Betriebsvermögensvergleich (Steuerbilanz, § 5
i. V. m. § 4 Abs. 1 EStG); ausnahmsweise Einnahmen-ÜberschussRechnung nach § 4 Abs. 3 EStG; bei Ausübung der Unternehmenstätigkeit in der Rechtsform der PersG gelten alle leistungsbeziehungen zwischen Gesellschafter (Mitunternehmer) und Gesellschaft als EaG
+
Einkünfte aus selbständiger Arbeit - EasA (§ 18
EStG)
i. d. R. Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung gem. § 4
Abs. 3 EStG
+
Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit - EansA
(§ 19 EStG)
Arbeitslohn unter Berücksichtigung von Werbungskosten usw.;
wichtig bei Ausübung der Unternehmenstätigkeit in der Rechtsform
der KapG
+
Einkünfte aus Kapitalvermögen - EaKV (§ 20
EstG)
Kapitalerträge abzüglich Werbungskosten; wichtig wichtig bei Ausübung der Unternehmenstätigkeit in der Rechtsform der KapG
+
Einkünfte aus Vermietung
und Verpachtung - EaVV
(§ 21 EStG)
Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten; gewerbliche
Vermietung und Verpachtung kann einschlägig sein (EaG)
+
Sonstige Einkünfte iSd
§ 22 EStG
Überschusse der Einnahmen über die Werbungskosten
=
Summe der Einkünfte (§ 2 Abs. 1 EStG)
Frischmuth
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Sommersemester 2015 - Steuern und Unternehmensentscheidungen, Teil 2
./.
Altersentlastungsbetrag (§ 24a EStG)
./.
Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 24b EStG)
./.
Freibetrag für Land- und Forstwirte (§ 13 Abs. 3 EStG)
=
Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 2 Abs. 3 EStG)
./.
Verlustabzug (Verlustrücktrag, Verlustvortrag gem. § 10d EStG)
./.
Sonderausgaben (§ 10 bis § 10c, § 9c Abs. 2, 3 EStG)
./.
Außergewöhnliche Belastungen (§ 33 bis § 33b EStG)
./.
Steuerbegünstigungen für zu eigenen Wohnzwecken genutzte Baudenkmale sowie für schutzwürdige Kulturgüter (§ 10f, § 10g EStG)
=
Einkommen (§ 2 Abs. 4 EStG)
./.
Freibeträge für Kinder usw.
Härteausgleich nach § 46 Abs. 3 EStG, § 70 EStDV
=
Zu versteuerndes Einkommen (§ 2 Abs. 5 EStG)
Abbildung 10: Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (§ 2 Abs. 5 EStG)
Zwei wesentliche Begriffskategorien sind auf der Ebene der Berechnung der Einkünfte von
elementarer Bedeutung; sie konkretisieren das Steuerobjekt (die Einkunftsarten):
Gruppen von Einnahmen nach dem EStG
Steuerpflichtige
Betriebseinnahmen
Steuerpflichtige
Einnahmen
Einnahmen, die
bei den Gewinneinkunftsarten erfasst werden
(EaLuF, EaG,
EasA)
Einnahmen, die in
Zusammenhang
mit den Überschusseinkünften
stehen (EansA,
EaKV, EaVV, soE)
Steuerfreie Betriebseinnahmen
bzw. steuerfreie
Einnahmen
Nicht steuerbare
Einnahmen
Einnahmen, die
als Vermögenszuwachs zwar
steuerbar sind,
aber aufgrund
einer speziellen
Norm steuerfrei
gestellt sind
Einnahmen, die
keiner der sieben
Einkunftsarten
zugeordnet werden können; sie
bleiben einkommensteuerlich
unberücksichtigt
Abbildung 11: Gruppen von Einnahmen nach dem EStG
Diese Einnahmen bilden den Ausgangspunkt für die Gewinn- oder Überschussrechnung und
werden um folgende Ausgaben vermindert:
Frischmuth
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Sommersemester 2015 - Steuern und Unternehmensentscheidungen, Teil 2
Gruppen von Ausgaben nach dem EStG
Betriebsausgaben
(BA)
Vermögensminderungen bzw. Ausgaben, die bei den
Gewinneinkünften
abziehbar sind
Werbungskosten
(WK)
Ausgaben, die bei
den Überschusseinkünften abziehbar sind.
Nicht abziehbare
BA bzw. nicht
abziehbare WK
Sonderausgaben
und außergewöhnliche Belastungen
Ausgaben, die bei
einer Einkunftsart
entstehen, aber
für steuerliche
Zwecke nicht abgezogen werden
dürfen
(eigentlich) privat
veranlasste Ausgaben, die jedoch
wegen der persönlichen Komponente des Leistungsfähigkeitsprinzips für steuerliche Zwecke abziehbar sind
nicht steuerbare
Ausgaben
Ausgaben, die keiner
Einkunftsart zuzuordnen sind
Abbildung 12: Gruppen von Ausgaben nach dem EStG
1.4.2 Die Einkunftsermittlungsarten und die Bemessungsgrundlage im Detail
a)
Die Gewinnermittlungsarten bei der unternehmerischen Tätigkeit
Bei der Ermittlung der Einkünfte nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) gilt das sog. objektive Nettoprinzip, das Ausdruck der objektiven Komponente des Leistungsfähigkeitsprinzips ist. Das Nettoprinzip gilt für alle Einkunftsermittlungsarten, wie sie im EStG geregelte
sind (siehe hierzu später).
Ausgangspunkt:
Erwerbsinnahmen (Betriebseinnahmen, Einnahmen aus EaKV)
./.
Abzug von Erwerbsaufwendungen (Betriebsausgaben, Werbungskosten)
./.
NETTOPRINZIP
Verlustausgleich (innerhalb eines
Veranlagungszeitraums)
./.
Verlustabzug (über mehrere
Veranlagungszeiträume hinweg)
Abbildung 13: Das (objektive) Nettoprinzip bei der Einkunftsermittlung
Frischmuth
Seite 15
Sommersemester 2015 - Steuern und Unternehmensentscheidungen, Teil 2
Im Einkommensteuergesetz gibt es aufgrund der Vielfalt und der Merkmal der sieben Einkunftsarten unterschiedliche Einkunftsermittlungsarten (Vgl. auch § 2 Abs. 1 und 2 EStG)
Einkunftsermittlung nach dem EStG
Betriebsvermögensvergleich
nach § 4 Abs. 1
EStG
Betriebsvermögensvergleich
nach § 5 EStG
Gewinnermittlung
auf der Grundlage
des steuerlichen
BV-Vergleichs
Betriebsvermögensvergleich auf
der Grundlage des
handelsrechtlichen Jahresabschlusses (Maßgeblichkeit)
Überschuss der
Betriebseinnahmen über die Betriebsausgabe
Gewinneinkunftsarten
Überschussrechnung
Sonderformen der
Einkunftsermittlung
(1) Nach Durchschnittssätzen
(§ 13a EStG,
EaLuF)
(2) Schätzung nach
§ 162 Abs. 1 AO
Überschuss der
Einnahmen über
die Werbungskosten
Überschusseinkunftsarten
Gewinneinkunftsarten
Abbildung 14: Einkunftsermittlung nach dem EStG
Betrachtet man im Rahmen der Unternehmensbesteuerung die Gewinneinkunftsartmittlungsarten näher zeigen sich folgende Zusammenhänge:
Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG sowie § 5 EStG
Betriebsreinvermögen („Eigenkapital“) am Schluss des Wirtschaftsjahrs
./.
Betriebsreinvermögen („Eigenkapital“) zu Beginn des Wirtschaftsjahres (= zum Schluss des
vergangenen Wirtschaftsjahrs)
=
Veränderung des Betriebsreinvermögens = Eigenkapital
+
Wert der Entnahmen ( Verwendung der Gewinns)
./.
Wert der Einlagen ( kein am Markt erzielter Gewinn, sondern Vermögenseinlage)
=
(Bilanzieller) Gewinn des Wirtschaftsjahres nach § 4 Abs. 1 EStG
./.
steuerfreie Betriebseinnahmen (= Vermögensänderungen)
+
nicht abziehbare Betriebsausgaben (= Vermögensminderungen)
=
Steuerpflichtiger Gewinn (inkl. steuerliche Korrekturen steuerbilanzieller Gewinn)
Beachte: die Berechnungen zu den steuerfreien Betriebseinnahmen und den nicht abziehbaren Betriebsausgaben sind sog. Berechnungen (Korrekturen) außerhalb der Bilanzrechnung
bzw. Betriebsvermögensermittlung.
Während vorstehende Gewinnermittlung eine bilanzielle Berechnung des steuerlichen Gewinns voraussetzt, sieht die sog. Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG
eine reine Ermittlung des Überschusses der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben
vor. Sie orientiert sich an reinen Zahlungsvorgängen und erfordert demnach nicht:
Frischmuth
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Sommersemester 2015 - Steuern und Unternehmensentscheidungen, Teil 2
-
Laufende Buchführung
Durchführung eines steuerlichen Betriebsvermögensvergleichs bzw.
Aufstellung eines Jahresabschlusses mit Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung.
Ausnahmen von der reinen Orientierung an Zahlungsvorgängen (Zu- und Abflussprinzip
nach § 11 EStG)ist hier lediglich die Beschaffung von bestimmten Anlagegütern, die auch bei
der Einnahmen-Überschuss-Rechnung bestimmten Abschreibungsvorschriften unterliegen.
Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG
Summe der Betriebseinnahmen (zuflussorientiert)
./.
Summe der Betriebsausgaben (abflussorientiert; Ausnahme: Abschreibungen / AfA)
=
(zahlungsorientierter) Gewinn des Wirtschaftsjahres nach § 4 Abs. 3 EStG
./.
steuerfreie Betriebseinnahmen (= „zugeflossene Betriebseinnahme“)
+
nicht abziehbare Betriebsausgaben (= „abgeflossene Betriebsausgabe“)
=
Steuerpflichtiger Gewinn (inkl. steuerliche Gewinnkorrekturen)
Die Gewinnermittlungsarten nach der Durchschnittsmethode und auf der Grundlage von
Schätzungen nach § 162 AO werden im Rahmen der Vorlesung nicht weiter vertieft.
Zum Anwendungsbereich der jeweiligen Einkunftsermittlungsarten vgl. nochmals die Übersicht in Scheffler, a. a. O. (Band I), S. 102.
Ein abschließendes Beispiel:
Der Einzelunternehmer Johannes Töpper mit seinem Unternehmen TOPGUN ist zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG verpflichtet. Folgende Ausgangsdaten sind im Rahmen
der Gewinnermittlung zu beachten:
Betriebsvermögen zu Beginn des Jahres 2010
Betriebsvermögen am Ende des Jahres 2010, allerdings vor Berücksichtigung der folgenden Sachverhalte
noch nicht berücksichtigte Sachverhalte
- TOPGUN erhält eine steuerfreie Investitionszulage in 2010
- TOPGUN hat Forderungen an Kunden
- TOPGUN führt einen Prozess mit einem Wettbewerber, voraussichtliche Kosten in 2011
- TOPGUN muss noch Bewirtungen von Geschäftsfreunden verbuchen
- Töpper entnimmt für private Zwecke
TEUR
1.000
1.200
+50
+100
-30
-70
-40
a) Berechnen Sie den steuerpflichtigen Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG.
b) Wie hoch wäre der steuerpflichtige Gewinn in 2010 nach den Gewinnermittlungsvorschriften des § 4 Abs. 3 EStG.
Von diesem steuerpflichtigen Gewinn werden in Richtung der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens als Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer weitere Einkünfte
dazugezählt (= Summe der Einkünfte) und insbesondere Größen als Ausdruck des subjektive Komponenten des Leistungsfähigkeitsprinzips abgezogen. Diese kann durch eine wiederholte Darstellung eines Ausschnitts aus Abbildung 10 verdeutlicht werden.
Frischmuth
Seite 17
Sommersemester 2015 - Steuern und Unternehmensentscheidungen, Teil 2
…
=
Summe der Einkünfte (§ 2 Abs. 1 EStG)
./.
./.
./.
=
Altersentlastungsbetrag (§ 24a EStG)
Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 24b EStG)
Freibetrag für Land- und Forstwirte (§ 13 Abs. 3 EStG)
Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 2 Abs. 3 EStG)
./.
./.
./.
./.
Verlustabzug (Verlustrücktrag, Verlustvortrag gem. § 10d EStG)
Sonderausgaben (§ 10 bis § 10c, § 9c Abs. 2, 3 EStG)
Außergewöhnliche Belastungen (§ 33 bis § 33b EStG)
Steuerbegünstigungen für zu eigenen Wohnzwecken genutzte Baudenkmale sowie für schutzwürdige Kulturgüter (§ 10f, § 10g EStG)
=
Einkommen (§ 2 Abs. 4 EStG)
./.
Freibeträge für Kinder usw.
Härteausgleich nach § 46 Abs. 3 EStG, § 70 EStDV
Zu versteuerndes Einkommen (§ 2 Abs. 5 EStG)
=
Diese einzelnen Komponenten sind nicht unmittelbares Interesse der Unternehmensbesteuerung, weil sie nicht der Ebene der Unternehmenstätigkeit zugeordnet sind. Regelmäßig sind
diese Einkommenskomponenten nicht durch steuerliche Handlungsalternativen (z. B.
Rechtsformwahl) der Höhe nach beeinflussbar. Steuerliche Handlungsalternativen im Rahmen der Unternehmenstätigkeit wirken in der Regel auf der objektiven Ebene, d. h. bis zur
Ermittlung der Summe der Einkünfte, so z. B. die Unterschiede zwischen Gewerblichen Einkünften nach § 15 EStG bei z. B. einer Personengesellschaft versus Einkünfte aus nicht
selbständiger Arbeit (§ 19 EStG) und / oder Kapitalvermögen (§ 20 EStG) bei z. B. einer Kapitalgesellschaft.
Deshalb werden z. B. Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens nicht vertiefend besprochen. Ihre wesentlichen
Merkmale und ausgewählte Beispiele werden mit den Übungsfragen am Ende diese Kapitels
besprochen; vgl. hierzu Scheffler, a. a. O. (Band I), S. 116-129.
Innerhalb des Einkommensermittlungsschemas ist jedoch eine Position von Relevanz - auch
- für die Unternehmensbesteuerung: der Verlustabzug. Dies insbesondere, weil zu analysieren ist, ob, inwieweit und zu welchem Zeitpunkt Verluste aus unternehmerischer Tätigkeit
steuerliche Berücksichtigung finden.
b)
Die Berücksichtigung von Verlusten aus unternehmerischer Tätigkeit
(Grundzüge)
Betrachtet man Abbildung 13 oben, zeigt sich, dass das objektive Nettoprinzip folgende Verlustverrechnungsarten enthält:
Frischmuth
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Sommersemester 2015 - Steuern und Unternehmensentscheidungen, Teil 2
Verlustverrechnungsarten nach dem EStG
Verlustausgleich
Verlustabzug
negative Einkünfte werden innerhalb derselben Periode, in der sie entstehen, mit positiven Einkünften derselben Periode verrechnet
es handelt sich um einen interperiodische
Verlustverrechnung: nicht im Rahmen des
Verlustausgleichs ausgeglichene negative
Einkünfte werden mit positiven Einkünften
einer vor- oder nachgelagerten Periode ausgeglichen
interner, horizontaler Verlustausgleich
externer, vertikaler
Verlustausgleich
Verlustrücktrag
Verlustvortrag
negative Einkünfte
werden in ihrer
Entstehungsperiode mit positiven
Einkünften innerhalb derselben
Einkunftsart verrechnet
negative Einkünfte
werden in ihrer
Entstehungsperiode mit positiven
Einkünften einer
anderen Einkunftsart verrechnet
negative Einkünfte
werden mit positiven Einkünften
vergangener Perioden (rückwirkend,
nachträglich) verrechnet
negative Einkünfte
werden mit positiven Einkünften
zukünftiger Perioden verrechnet;
also in die Zukunft
vorgetragen
(Verbindliche) Reihenfolge der Anwendung der Verlustverrechnungsverfahren
Abbildung 15: Verlustverrechnung nach dem EStG
Besonderheiten beim Verlustabzug - interperiodische Verlustverrechnung nach
§ 10 EStG
1) Verlustrücktrag: dieser ist zeitlich und betragsmäßig begrenzt.
- Zeitliche Begrenzung auf ein (Rücktrags-) Jahr
- Betragsmäßige Begrenzung auf 511.500 Euro (Zusammenveranlagung 1.023.000
Euro)
- Wirkung: sofortige zahlungswirksame Steuerrückerstattung im Zeitraum der Verlustentstehung
2) Verlustvortrag
- Keine zeitliche Beschränkung des Vortragszeitraums
- Betragsmäßige Begrenzung je Vortragsjahr in folgenden Stufen:
1. Sockelbetrag: 1 Mio. Euro
2. 60 % des nach Abzugs des Sockelbetrag verbleibender Gesamtbetrag der Einkünfte
= sog. Mindestbesteuerung (= obwohl der bestehende Verlustvortrag in der
Vortragsperiode eigentlich zu Einkünften von 0 Euro führt, wird mittels des nur
anteilsmäßigen Verlustabzugsabzugs von 60 % ein „Mindesteinkommen“, also
40 % versteuert.
- Wirkung: zahlungswirksame Steuerrückerstattungen erst in zukünftigen Perioden,
d. h. in den Vortragsperioden, die mit der Mindestbesteuerung tendenziell weiter in
die Zukunft verschoben werden.
Vgl. zu alledem die Beispiele in Scheffler, a. a. O. (Band I), S. 131 und 135 ff.
Frischmuth
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Sommersemester 2015 - Steuern und Unternehmensentscheidungen, Teil 2
1.5
Steuertarif
1.5.1 Indirekte und direkte Progression der Einkommensteuer
Auf die Bemessungsgrundlage „zu versteuerndes Einkommen“ ist die tarifliche Einkommensteuer zu berechnen. Die tarifliche Einkommensteuer mündet in die festzusetzende Einkommensteuer. Die Zusammenhänge lassen sich wie folgt darstellen:
Tarifliche Einkommensteuer nach dem EStG
Normaltarif
Einkommensteuertarif mit
fünf Tarifzonen
(§ 32a EStG)
Tarifbesonderheiten
Sondertarif
für EaKV
Progressionsvorbehalt
Ermäßigter
Steuersatz
vgl. später
Die BMG wird
nicht besteuert,
aber bei der
Ermittlung des
Steuersatzes
berücksichtigt
Fünftelungsregelung bei
„geballten“
Einkünfte wie
z. B. Aufgabegewinne
Thesaurierungsbegünstigung
Vgl. später
./. Steuerermäßigungen: v. a. Steuerermäßigung bei gewerblichen Einkünften
= festzusetzende Einkommensteuer
Abbildung 16: Tarifliche und festzusetzende Einkommensteuer
Der Normaltarif der Einkommensteuer (Einkommensteuertarif) setzt sich nach § 32a iVm
§ 52 Abs. 41 EStG aus fünf Tarifzonen wie folgt zusammen. Aus dieser Zusammensetzung
zeigt sich ein direkt-progressiver Einkommensteuertarif mit einkommensabhängigen, steigenden Grenzsteuersätzen, die „direkt“ oder „unmittelbar“ - über die Tarifformel - zu steigenden Durchschnittsteuersätzen bei zunehmendem Einkommen führen (müssen). Hingegen
ergibt sich eine indirekte Progression nicht durch steigende Grenzsteuersätze, sondern
(allein) durch den Grundfreibetrag, dessen betragsmäßige Bedeutung mit steigendem Einkommen relativ abnimmt, weshalb der Durchschnittssteuersatz indirekt (das bedeutet: auch
ohne steigende Grenzsteuersätze) mit zunehmender Bemessungsgrundlage steigt.
Bitte betrachten Sie den Einkommsteuertarif nach § 32a EStG.
Frischmuth
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Sommersemester 2015 - Steuern und Unternehmensentscheidungen, Teil 2
1.5.2 Spezielle Tarifregelungen bei der Einkommensteuer
Wie oben angedeutet, werden an dieser Stelle folgende speziellen Tarifregelungen der Einkommensteuer kurz besprochen:
(1)
Gesonderter Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen
(2)
Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG
(3)
Steuerermäßigungen bei gewerblichen Einkünften
Zu (1): Gesonderter Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen
Für EaKV gilt ein gesonderter Steuertarif von einheitlich 25 %. Dieser liegt deutlich unter
dem Spitzensteuersatz von derzeit 45 % und entspricht einem Grenzsteuersatz in der dritten
Tarifzone.
Dieser Sondersteuersatz wird technisch dergestalt umgesetzt, dass die Steuerschuld bei
EaKV mit der Erhebung der Kapitalertragsteuer iHv 25 % abgegolten ist (§ 43, §43a EStG).
Diese Einkünfte werden im Rahmen der Veranlagung nicht angesetzt, weshalb die Steuer
insoweit abgegolten ist = Abgeltungssteuer.
Dieser Sondersteuertarif ist bei der Unternehmensbesteuerung von Relevanz, wenn die
Rechtsform der Kapitalgesellschaft einer steuerlichen Analyse - im Vergleich zur Personengesellschaft - unterzogen wird.
Zu (2): Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG
Grundsätzlich verfolgt das EStG den Grundsatz, strikt zwischen Einkommensentstehung und
Einkommensverwendung zu trennen. Demzufolge ist es der Grundsystematik nach unerheblich, ob ein Unternehmer im Rahmen seines Gewerbebetriebs Gewinne entnimmt oder nicht;
vielmehr werden Gewinnentnahmen für Zwecke der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG
oder § 5 EStG neutralisiert, um beim Betriebsvermögensvergleich das am Markt erwirtschaftete Einkommen zu ermitteln. Diese Grundsätze gelten auch für die Besteuerung von Mitunternehmern einer Personengesellschaft.
Diese Besteuerungsregeln verkennen jedoch den Umstand, dass die Ausübung der Unternehmenstätigkeit im Rechtskleid einer Kapitalgesellschaft eine Trennung zwischen Gewinnentstehung und -verwendung (= Ausschüttung) kennt. Hiernach unterliegen die nicht
ausgeschütteten Gewinne der Körperschaftsteuer zzgl. Solidaritätszuschlag und der Gewerbesteuer.
Beispiel: Eine KapG hat ihren Sitz in einer Gemeinde mit einem Hebesatz von 355 %. Insoweit unterliegt die KapG folgender Steuerlast bei Thesaurierung:
Körperschaftsteuer
15 %
Solidaritätszuschlag
5,5 % bezogen auf 15 %
Gewerbesteuersatz
12,425 % Hebesatz 355 % x Messzahl 3,5
(vgl. später)
Gesamtsteuerlast = 15 % + 5,5 % x 15 % + 12,425 % = 28,25 %
Kommt es zur Ausschüttung des Gewinns der Kapitalgesellschaft an die Anteilseigner (natürliche Person als Unternehmer), fällt die Abgeltungssteuer auf EaKV iHv 25 % auf die Ausschüttung an.
Beispiel: Die obige KapG schüttet ihren Gewinn (nach Steuern) an die Anteilseigner (natürliche) Person aus. Die (Abgeltungs-) Steuer beträgt insoweit 25 % von 71,75 %, also
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weitere 17,94 %. Die Gesamtbelastung der von der KapG ausgeschütteten Gewinne beträgt insoweit 46,19 %.
Diese Überlegungen der Ungleichbehandlung von thesaurierten und ausgeschütteten Gewinnen bei Kapitalgesellschaften ist der Grundgedanke der Thesaurierungsbegünstigung
nach § 34a EStG für Einzelunternehmer und Mitunternehmer von Personengesellschaften.
Im Prinzip geht es um die Herstellung der steuerlichen Gleichbehandlung von Gewinnverwendungsalternativen, die bei unterschiedlichen Rechtsformen und den ihnen zugrundeliegenden Besteuerungskonzeptionen - KapG: Trennungsprinzip und PersG/EU: Einheitsprinzip - nicht besteht.
Es ist festzuhalten, dass der Thesaurierungssatz von 28,25 % pauschaliert festgelegt ist und
selbstredend den faktischen Gegebenheiten des betreffenden Personenunternehmens
( gewerbesteuerlicher Hebesatz) nicht Rechnung trägt.
Daneben ist festzuhalten, dass die Begünstigung nicht entnommener Gewinne nur dann von
Vorteil ist, wenn
1. der persönliche Steuersatz des Steuerpflichtigen deutlich über 28,25 % liegt und
2. die Gewinne über einen langen Zeitraum im Unternehmen verbleiben.
Der Steuervorteil aus der Beschränkung der Einkommensteuer auf den Sondersteuersatz
von 28 % muss den negativen Steuersatzeffekt aus der Nachversteuerung überkompensieren, ansonsten führt die Thesaurierungsbegünstigung zu keiner vorteilhaften Alternative verglichen mit der sofortigen „Normalversteuerung“.
Zu (3): Steuerermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb nach § 35 EStG
Vgl. zum Schema „Von der tariflichen zur festzusetzenden Einkommensteuer“, Scheffler,
a. a. O., (Band I), S. 152.
Innerhalb dieses Schemas ist für Zwecke der Unternehmensbesteuerung die Steuerermäßigung nach § 35 EStG herauszustellen. Die grundsätzlichen Inhalte und Wirkungen dieser
Steuerermäßigung sind die folgenden:
Grundsätzliche Konzeption
Die Gewerbesteuer ist für Gewerbetreibende (Einzelunternehmer, Mitunternehmer) im Vergleich zu anderen Einkunftsarten eine Zusatzbelastung. Diese Zusatzbelastung soll beseitigt
werden, indem die Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer angerechnet wird.
Diese Anrechnung erfolgt in pauschaler Form in der Weise, dass eine pauschalierte Gewerbesteuer in Höhe des 3,8-fachen des Gewerbesteuer-Messbetrags (= Steuermesszahl x
Gewerbeertrag, vgl. weiter unten) auf die Einkommensteuer angerechnet wird, maximal jedoch die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer.
Anmerkung: Die Gewerbesteuer ist von der Höhe des Gewerbesteuerhebesatzes abhängig, der in
den Gemeinden unterschiedlich festgelegt wird. Dieser Hebesatz wird mit dem GewerbesteuerMessbetrag multipliziert, woraus sich die Gewerbesteuer ergibt. Der Gewerbesteuer-Messbetrag
ergibt sich gemeindeunabhängig aus § 11 GewSt durch Multiplikation der GewerbeSteuermesszahl mit dem Gewerbeertrag.
Insoweit unterstellt § 35 EStG einen pauschalen gewerbesteuerlichen Hebesatz von 380 % bzw.
3,8. Vgl. demgegenüber die pauschalierte Annahme nach § 34a EStG bei der Thesaurierungsbegünstigung.
Vor alledem ergibt sich insofern folgender Berechnungszusammenhang, der auf eine ausschließliche Belastung von Einkünften aus Gewerbebetrieb mit Einkommensteuer zielt:
Beispiel
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+
Gewerbesteuer
 3,8 x 3,5 % x 100 GE
13,30 GE
+
Einkommensteuer ./. Steuer
 (45 % - 3,8 x 3,5 %) x 100 GE
31,70 GE
=
Einkommensteuer (Gesamtsteuer)
45,00 GE
Im vorstehenden Beispielsfall ist exakt die Einkommensteuerbelastung (ohne Solidaritätszuschlag) hergestellt.
Übungsbeispiel: Berechnen Sie die Wirkungen der Steuerermäßigung nach § 35 EStG in vereinfachter Form (wie oben) für folgende Fälle:
a) gewerbesteuerlicher Hebesatz 450 %
b) gewerbesteuerlicher Hebesatz 300 %
Beurteilen Sie die berechneten Ergebnisse und Wirkungen kritisch
Zu den weiteren Aspekten und zur Würdigung diese Steuerermäßigungsvorschrift vgl.
Scheffler, a. a. O. (Band I), S. 154 ff.
Frischmuth
Seite 23
Sommersemester 2015 - Steuern und Unternehmensentscheidungen, Teil 2
2
Körperschaftsteuer - Grundzüge und Systematik
2.1
Einleitende Bemerkungen
Folgende wesentlichen Aspekte sind bei der Körperschaftsteuer zu beachten:
Merkmal
Erläuterung
Personensteuer
Steuerpflichtig sind juristische Personen mit dem von ihnen erzielten zu
versteuernden Einkommen
Charakter der KSt
Die KST ist die Einkommensteuer für juristische Personen, insbesondere Kapitalgesellschaften (KapG). Diese sind eigenständig steuerpflichtig, weil die Besteuerung an die zivilrechtliche Qualifikation (= juristische
Person) anknüpft. Insoweit sind die Steuersubjekte Kapitalgesellschaft
und Anteilseigner (Gesellschafter) steuerlich getrennt zu beurteilen
(Trennungsprinzip)
Ertragsabhängige Personensteuer (der KapG)
- Persönliche Steuerpflicht - unbeschränkt und beschränkt (analog
EStG)
- Bemessungsgrundlage ist das zvE, dessen Ermittlung sich weitestgehend nach den Vorschriften des EStG bestimmt
Trennungsprinzip
vgl. oben: Trennung zwischen der betrieblichen (Gesellschafts-) Sphäre
und der Sphäre des Gesellschafters (gesellschaftsrechtliche Sphäre);
die Besteuerung dieser beiden Sphären ist strikt zu trennen.
Leistungsfähigkeitsprinzip
und Nettoprinzip
- Das subjektive Leistungsfähigkeitsprinzip ist selbstredend nicht zu
beachten; es gilt zudem ein proportionaler Steuersatz von 15 %, der
nicht von der Höhe des zvE abhängt.
- Das objektive Nettoprinzip (Besteuerung des am Markt erwirtschafteten Einkommens, Betriebseinnahmen abzgl. Betriebausgaben) gilt
bezogen auf die Kapitalgeselslchaft uneingeschränkt
Besteuerung von ausgeschütteten Gewinnen
- Thesaurierte Gewinne unterliegen ausschließlich der Körperschaftsteuer (zzgl. SolZ) und der Gewerbesteuer
- Ausgeschüttete Gewinne unterliegen zusätzlich der Gesellschafterbesteuerung, d. h. Gewinnausschüttungen (z. B. Dividenden) sind
eigenständige Einkünfte der Gesellschafter (Trennungsprinzip)
- Insoweit kommt es zu systembedingten, trennungsprinzipbedingten
Doppelbelastungen:
- Ausschüttung an natürliche Personen: Abmilderung der Einkommensteuerlast (shareholder relief)
1. Anteile im Privatvermögen: Sondersteuersatz von 25 % als
Abgeltungssteuer
2. Annteile im Betriebsvermögen: Teileinkünfteverfahren =
Reduzierung der Bemessungsgrundlage auf 60 % der
Gewinnausschüttungen
- Ausschüttung an Kapitalgesellschaften: Freistellung der Gewinnausschüttung auf Ebene der empfangenden KapG nach
§ 8 Abs. 1 KStG
Zum Aufbau des Körperschaftsteuergesetz vgl. Scheffler, a. a. O. (Band I), S. 180 f.
Frischmuth
Seite 24
Sommersemester 2015 - Steuern und Unternehmensentscheidungen, Teil 2
2.2
Steuersubjekt
Auch im Körperschaftsgesetz wird zwischen unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht
unterschieden.
Persönliche Steuerpflicht nach dem KStG
Unbeschränkte Steuerpflicht
Juristische Personen, die
- im Inland ihre Geschäftleitung oder ihren
Sitz haben (§ 1 Abs. 1 KStG).
- die unbeschränkte Steuerpflicht umfasst
(objektiv) das gesamte Welteinkommen.
- Die unbeschränkte Steuerpflicht beginnt
mit der Gründung und Ende mit der
rechtswirksamen Liquidation der juristischen Person
Beschränkte Steuerpflicht
1. Organisationen mit Ort der Geschäftsleitung und Sitz im Ausland
sofern inländische Einkünfte iSd
§ 49 EStG
2. Sonstige Körperschaften, die dem inländischen Steuerabzug unterliegen (§ 2
Nr. 2 KStG); Steuerabzug in Höhe der
Kapitalertragsteuer mit Abgeltungswirkung (25 %)
Anmerkung:
das Nebeneinander von beschränkter und unbeschränkter Steuerpflicht besteht in der überwiegenden Mehrzahl der Staaten. Die damit verbundenen Steuerfragen sind wichtiger Untersuchungsgegenstand der Internationalen Steuerlehre.
2.3
Steuerobjekt und Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer
Bei (insbesondere) Kapitalgesellschaften gelten alle Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer ist das zu versteuernde Einkommen
gem. § 7 Abs. 1 KStG; dieses entspricht idR dem Einkommen nach § 8 Abs. 1 KStG. Bei der
Definition und der Ermittlung des Einkommens richtet sich das KStG im Wesentlichen nach
den (Gewinnermittlungs-) Vorschriften des EStG; vgl. § 8 Abs. 1 KStG.
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass Kapitalgesellschaften nach den Vorschriften des HGB einen Vermögensvergleich (Bilanz) und eine Gewinn- und Verlustrechnung
durchführen müssen. Insofern ist der handelsrechtliche Jahresabschluss maßgeblich für den
steuerlichen Betriebsvermögensvergleich (Steuerbilanz) und die steuerliche Gewinnermittlung (vgl. § 5 EStG).
Es besteht insoweit folgender Gewinnermittlungszusammenhang:
Frischmuth
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Sommersemester 2015 - Steuern und Unternehmensentscheidungen, Teil 2
Steuerliche Gewinn- bzw. Einkommensermittlung nach dem KStG
Gewinn aus der Handelsbilanz § 238 bis § 289 HGB
Steuerliche Gewinnermittlung / Betriebsvermögensvergleich unter Berücksichtigung steuerlicher Sondervorschriften (§ 5 Abs. 1 EStG, § 4 bis § 7k EStG)
=
vollumfänglich: Einkünfte aus Gewerbebetrieb
(§ 8 Abs. 1 KStG, § 2 Abs. 1 Nr. 2 EStG)
Steuerliche Einkommensermittlung (§ 7 Abs. 2 KStG, § 8 Abs. 1 KStG)
Ermittlung zu versteuerndes Einkommen (§ 7 Abs. 1 KStG)
Abbildung 17: Steuerliche Gewinn- und Einkommensermittlung nach dem KStG
Dabei sind insbesondere die Gewinn- und Einkommensvorschriften zu beachten, die
1. Transaktion zwischen der Gesellschafts- und Gesellschafterebene bei der Abgrenzung zwischen Gewinnentstehung und -verwendung sowie andere gesellschaftsrechtliche Vorgänge regeln. Es geht um die sachgerechte Darstellung des am Markt
erwirtschafteten Einkommens.
2. Steuerfreie Betriebseinnahmen und nicht abzugsfähige Betriebsausgaben, die durch
steuerliche Sondervorschriften außerhalb des Betriebsvermögensvergleichs nach
§ 5 EStG geregelt sind.
Diese Aspekte lassen sich wie folgt und zusammengefasst darstellen:
Betriebsvermögensvergleich und Gewinndefinition nach § 5 EStG iVm § 8 KStG
Betriebsreinvermögen („Eigenkapital“) am Schluss des Wirtschaftsjahrs
./.
Betriebsreinvermögen („Eigenkapital“) zu Beginn des Wirtschaftsjahres (= zum Schluss des
vergangenen Wirtschaftsjahrs)
=
Veränderung des Betriebsreinvermögens = Eigenkapital
+
Offene Gewinnausschüttungen, verdeckte Gewinnausschüttungen, Kapitalrückzahlungen im
betreffenden Wirtschaftsjahr  Gewinn- oder Eigenkapitalverwendung
./.
Kapitalerhöhungen, sonstige Gesellschaftereinlagen, verdeckte Einlagen  Kapital- bzw.
Vermögenszuführungen, die kein Markteinkommen darstellen
=
(Bilanzieller) Gewinn des Wirtschaftsjahres nach § 4 Abs. 1 und § 5 EStG
./.
steuerfreie Betriebseinnahmen, z. B. von anderen KapG erhaltene Gewinnausschüttungen
+
nicht abziehbare Betriebsausgaben, hier: gem. § 4 Abs. 5 EStG und nach § 19 KStG, z. B.
50 der Aufsichtsratsvergütungen
=
Steuerpflichtiger Gewinn (Einkommen) einer Kapitalgesellschaft (= EaG)
Verfeinert man dieses Schema nochmals, kann die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens für Kapitalgesellschaften nach dem KStG wie folgt dargestellt werden.
Frischmuth
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Sommersemester 2015 - Steuern und Unternehmensentscheidungen, Teil 2
Schema zur Ermittlung des zu versteuernden Einkommens bei Kapitalgesellschaften
Veränderung des Eigenkapitals laut Handelsbilanz
+/
Korrektur gesellschaftsrechtlicher Vorgänge (offene Gewinnausschüttungen, offene Kapitaleinlagen, Kapitalerhöhungen und -rückzahlungen)
=
Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag in der Handelsbilanz
+/-
Korrekturen aufgrund steuerlicher Sondervorschriften - Anpassung der Handelsbilanz an steuerliche Bilanzansätze (§ 60 EStDV)
=
Gewinn- / Verlust laut Steuerbilanz gem. § 4 Abs. 1, § 5 EStG
+/-
Korrektur von verdeckten Gewinnausschüttungen und Einlagen gem. KStG
+
Zinsaufwendungen, die nicht als Betriebsausgabe abziehbar sind (sog. Zinsschranke)
+
nicht abziehbare Aufwendungen nach § 4 Abs. 5-7 EStG (z. B. anteilige Bewirtungsaufwendungen)
+
nicht abziehbare Aufwendungen aufgrund spezieller Vorschriften des § 10 KStG (z. B. 50% der
Aufsichtsratsvergütungen)
+
Zuwendungen (Spenden und Mitgliedsbeiträge) nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG („alle“)
./.
Steuerbefreiungen für bestimmte Beteiligungserträge (z. B. Dividenden, von einer anderen
KapG bezogen); § 8 Abs. 1 KStG
+
Nicht abziehbare Betriebsausgaben im Zusammenhang mit Beteiligungserträgen (§ 8 Abs. 3, 5
KStG)
…
=
Steuerlicher Gewinn
./.
abziehbare Zuwendungen (Spenden und Mitgliedsbeiträge) nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG
+/-
zuzurechnendes Einkommen / zuzurechnende Verluste von sog. Organgesellschaften ( deutsches Konzernbesteuerungssystem, § 14 f. KStG)
=
Gesamtbetrag der Einkünfte
-
Verlustabzug (§ 8 Abs. 1 KStG iVm § 10d EStG)  analog EStG-Vorschriften
=
Einkommen
./.
Freibetrag für bestimmte Körperschaften (§ 24, 25 KStG)
=
Zu versteuerndes Einkommen
2.4
Steuersatz - proportionaler Tarif der Körperschaftsteuer
Für die Körperschaftsteuer gilt ein einheitlicher Steuersatz iHv 15 % gem. § 23 Abs. 1 KStG;
die ermittelte Körperschaftsteuer ist Bemessungsgrundlage des Solidaritätszuschlags iHv
5,5 %.
2.5
Körperschafsteuersystem und Besteuerung von Gewinnausschüttungen
Zu den Auswirkungen des Körperschaftsteuersystems unter Berücksichtigung der Doppelbesteuerung auf Gesellschaftsebene und Gesellschafterebene vgl. die Teile 3 und 4 der Vorlesung; dazu in den Grundzügen Scheffler, a. a. O. (Band I), S. 200 ff.
Frischmuth
Seite 27
Sommersemester 2015 - Steuern und Unternehmensentscheidungen, Teil 2
3
Gewerbesteuer - Grundzüge und Systematik
3.1
Einleitende Bemerkungen - Objektcharakter der Gewerbesteuer
Die wesentlichen Eigenschaften der Gewerbesteuer lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Merkmal
Erläuterung
Real- oder Objektsteuer
- Bei der GewSt wird nicht auf eine natürliche oder juristische Person abgestellt.
- Besteuert wird die Ertragskraft eines Objekts: die Ertragskraft des Gewerbetriebs, d. h. die (dahinter stehende) Person soll keinen Einfluss auf die (Höhe
der) Gewerbesteuer haben.
Ertragsteuer
Die GewSt knüpft an den Erfolg eines Unternehmens an; Bemessungsgrundlage
ist der Gewerbeertrag (§ 6 GewStG), deren Ermittlung wiederum auf die Vorschriften zur Ermittlung des Einkommens nach dem EStG und dem KStG
Neutralitätsstreben der GewSt
als Objektsteuer
- Rechtsformneutralität: die Gewerbesteuerlast soll unabhängig von der gewählten Rechtsform (EU, PersG oder KapG) sein
- Finanzierungsneutralität: die Gewerbesteuerlast soll unabhängig davon sein,
ob das Betriebsvermögen mit Eigen- oder Fremdkapital finanziert ist, oder ob
im Betrieb eigene oder gemietete/geleaste Wirtschaftsgüter eingesetzt werden.
- Gewinnverwendungsneutralität: die Gewerbesteuerlast soll unabhängig davon
sein, ob die Gewinne aus Gewerbebetrieb ausgeschüttet oder thesauriert werden.
- Diese Neutralitätsaspekte sind wesentliche Ursachen für die Kürzungen und
Hinzurechnungen zum Einkommen nach EStG/KStG.
Gemeindesteuer
Die Gewerbesteuer ist eine Gemeindesteuer (§ 1, § 4 GewStG), woraus sich ihr
eindeutiger Inlandscharakter ableitet. Insoweit unterliegen nur inländische Gewerbebetriebe mit ihrer inländischen Ertragskraft der GewSt (§ 1 Abs. 1 S. 1 GewStG). Dieses Inlandsprinzip löst diverse Kürzungen des Einkommens nach
EStG/KStG aus
Der Aufbau des Gewerbesteuergesetzes findet sich bei Scheffler, a. a. O. (Band I), S. 240 f.
3.2
Steuersubjekt
Das Steuersubjekt im engeren Sinne ist bei der Gewerbesteuer, die eine Real- oder Objektsteuer ist, kein steuersystematischer Anknüpfungspunkt.
3.3
Steuerobjekt
Der Gewerbesteuer unterliegt jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben
wird (§ 2 Abs. 1 S. 1 GewStG). Als Gewerbebetrieb und damit Steuerobjekt der Gewerbesteuer gelten:
Gewerbebetriebe als Steuerobjekt der Gewerbesteuer
Gewerbliche Unternehmen iSd EStG
Gewerbebetriebe kraft
Rechtsform
1. kraft gewerblicher Betätigung (siehe ESt)
2. kraft gewerblicher Prägung (siehe ESt)
Gewerbebetriebe kraft
wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb
insbesondere
Kapitalgesellschaften
z. B. LuF mit gewerblich
geprägtem Teil
§ 2 Abs. 1 GewStG
§ 2 Abs. 2 GewStG
§ 2 Abs. 3 GewStG
Abbildung 18: Gewerbebetriebe als Steuerobjekt nach GewStG
Frischmuth
Seite 28
Sommersemester 2015 - Steuern und Unternehmensentscheidungen, Teil 2
Zum Beginn und zur Beendigung der Gewerbesteuerpflicht vgl. Scheffler, a. a. O. (Band I),
S. 246 f.
3.4
Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer
Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag nach § 6 GewStG. Der
Gewerbeertrag wird aus den Vorschriften des EStG und des KStG abgeleitet (§ 7 GewStG).
Er ist durch gewerbesteuerliche Korrekturen (Hinzurechnungen und Kürzungen) nach § 8
und § 9 GewStG zu modifizieren; diese Modifikationen haben folgende Funktionen:
Funktionen der gewerbesteuerlichen Modifikationen nach § 8 und § 9 GewStG
Gewährleistung
des Objektcharakters der GewSt / Neutralitätspostulate
Sicherstellung
des Inlandscharakters der GewSt
Verhinderung der
GewStDoppelbelastung
oder der Nichtbesteuerung
Vermeidung der
Doppelbelastung
von GewSt und
GrSt als Objekt
steuern
Umsetzung von
politischen Zielsetzungen und
Motiven
Abbildung 19: Funktionen der gewerbesteuerlichen Modifikationen nach § 8 und § 9 GewStG
Die gewerbesteuerlichen Modifikationen nach § 8 und § 9 GewStG lassen sich detailliert im
Schema zur Ermittlung der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage - dem Gewerbeertrag - darstellen.
Schema zur Ermittlung des Gewerbeertrags nach dem GewStG
Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Einkommen) nach den Vorschriften des EStG und KStG;
§ 7 GewStG
+/
Gewerbesteuerliche Hinzurechnungen (§ 8 GewStG); Auszug:
ein Viertel (25 %) bestimmter Finanzierungsaufwendungen, soweit einen Freibetrag von
100.000 Euro übersteigend (Finanzierungsneutralität), z. B.
Entgelte für Schulden
20 % der Miet- und Pachtzinsen (Leasingraten) von beweglichen Wirtschaftsgütern des
Anlagevermögens im Eigentum anderer
65 % der Miet- und Pachtzinsen (Leasingraten) von unbeweglichen Wirtschaftsgütern
des Anlagevermögens im Eigentum anderer
25 % der Aufwendungen für Nutzungsüberlassungen wie z. B: Lizenzen und sonstige
Rechte
Gewinnausschüttungen einer in- oder ausländischen Kapitalgesellschaft unter bestimmten
Voraussetzungen (Beteiligungsquote < 15%)
Anteile am Verlust einer inländischen oder ausländischen PersG
…
./.
Gewerbesteuerliche Kürzungen (§ 9 GewStG); Auszug
Grundstückskürzungen; 1,2 % des um 40 % erhöhten Einheitswerts der zum Betriebsvermögen gehörenden Betriebsgrundstücke
Anteile am Gewinn einer in- oder ausländischen Personengesellschaft
Anteile am Gewinn einer inländischen Kapitalgesellschaft
Gewerbeertrag einer ausländischen Betriebsstätte
Anteile am Gewinn einer ausländischen Kapitalgesellschaft
…
Frischmuth
Seite 29
Sommersemester 2015 - Steuern und Unternehmensentscheidungen, Teil 2
=
Gewerbeertrag vor Verlustabzug, Abrundung und Freibetrag (für PersG)
./.
Gewerbesteuerlicher Verlustvortrag gem. § 10a GewStG mit dem § 10d EStG analogen Regelungen zur Mindestbesteuerung
./.
Abrundung des Gewerbeertrags auf volle 100 Euro (§ 11 Abs. 1 GewStG)
./.
Freibetrag von 24.500 Euro (nur für EU und PersG; § 11 GewStG)
=
Gewerbeertrag nach § 6 GewStG
Ausführliche Erläuterungen insbesondere zu den gewerbesteuerlichen Modifikationen finden
sich bei Scheffler, a. a. O. (Band I), S. 248 ff.
Ein erläuterndes Beispiel zur Ermittlung des Gewerbeertrags wird in der Vorlesung oder
Übung vorgestellt.
3.5
Steuersatz - Tarif der Gewerbesteuer
Die Gewerbesteuer wird auf der Grundlage der folgenden Komponenten ermittelt:
-
Steuermessbetrag: dieser ist Ausgangspunkt der Gewerbesteuerberechnung; er ermittelt sich aus der Multiplikation des Gewerbeertrags mit der Steuermesszahl.
-
Steuermesszahl: die Steuermesszahl beträgt einheitlich 3,5 %.
-
Hebesatz: der Hebesatz ist ein Prozentsatz, der von der hebeberechtigten Gemeinde
zu bestimmen ist. Der einschlägige Hebesatz wird auf den Steuermessbetrag angewendet.
Tabellarisch zeigt sich dieser Zusammenhang wie folgt:
Beispiel
Gewerbeertrag (§ 6 bis § 9 GewStG)
./.
Freibetrag nach § 11 Abs. 1 GewStG iHv 24.500 Euro für EU
und PersG
=
Maßgebender, steuerpflichtiger Gewerbeertrag
x
Steuermesszahl iHv 3,5 % (§ 11 Abs. 2 GewStG)
=
Steuermessbetrag der Gewerbesteuer (§ 14 GewStG)
x
Hebesatz der Gewerbesteuer (§ 16 GewStG), z. B. 400%
=
Festzusetzende Gewerbesteuer
Frischmuth
100,00
./.
100,00
3,50
14,00
Seite 30
Sommersemester 2015 - Steuern und Unternehmensentscheidungen, Teil 2
4
Sonstige Steuerarten - Grundzüge
4.1
Erbschafts- und Schenkungssteuer als Vermögensübergangssteuer
4-FragenSchema
Erläuterungen
1.
Steuersubjekt
2.
unbeschränkte Steuerpflicht: ein Inländer (natürliche oder juristische Person)
ist am Vermögensübergang beteiligt; sie erstreckt sich auf den gesamte (inund ausländische) Vermögensanfall
beschränkte Steuerpflicht: es ist kein Inländer beteiligt, es geht jedoch inländisches Vermögen über
Steuerobjekt
Die Erbschaft- und Schenkungssteuer kennt vier steuerpflichtige Vorgänge (§ 1
ErbStG)
1. Erwerb von Todes wegen
2. Schenkung unter Lebenden
3. Zweckzuwendungen
4. Erbersatzsteuer (betrifft Stiftungsvermögen)
Bemessungsgrundlage
Es finden verschiedene Bewertungen für unterschiedliche Arten von Wirtschaftsgüter und Vermögensarten Anwendung. Deshalb ist eine Abgrenzung zwischen
den steuerrechtlichen Vermögensarten erforderlich:
1. Land- und forstwirtschaftliches Vermögen: gemeine Wert des betreffenden
LuF-Vermögens
2. Grundvermögen: gemeine Wert des Grundvermögens auf der Grundlage von
Bodenwerten und Ertragswerten bebauter Grundstücke
3. Anteile an Kapitalgesellschaften: gemeine Wert der Anteile an KapG, d. h.
Börsenkurs oder aus Verkäufen fremder Dritter abgeleiteter Wert oder ertragswertorientierte Bewertungen (3-stufiges Verfahren)
4. Betriebsvermögen: umfasst alle in der Steuerbilanz aktivierten oder passivierten Wirtschaftsgüter; es geht um den gemeinen Wert des Betriebsvermögens analog der Anteile an KapG (allerdings nicht Börsenkurs).
Beachte: sachliche Begünstigung bzw. Befreiung von Unternehmensvermögen
5. Übrige Vermögenswerte: z. B. Bargeld, Kapitalforderungen, Bankguthaben
usw.; hier z. B. Nennwert, Rückzahlungswert usw.
6. Abziehbare Belastungen als „Negativvermögen“
- Erlasserschulden, z. B. Schulden der vererbenden Person zum Bewertungsstichtag
- Erbabfallschulden, z. B. Vermögensauflagen, Pflichtanteile anderer Erben
- Erbfallkosten, z. B. Bestattung des Erblassers
Tarif
Diverse Steuerklassen und zusätzlich persönliche Freibeträge in Abhängigkeit des
Verwandtschaftsgrads; Steuersatz zwischen 7 und 50 %.
Frischmuth
Seite 31
Sommersemester 2015 - Steuern und Unternehmensentscheidungen, Teil 2
4.2
Grundsteuer als Vermögensbesitz bzw. Substanzsteuer
4-FragenSchema
Erläuterungen
Steuersubjekt
Real- oder Objektsteuer, weshalb die besitzende Person (natürliche oder juristische Person) steuersystematisch unbedeutend ist; der Eigentümer ist „lediglich“
Steuerschuldner der Grundsteuer
Steuerobjekt
Steuergegenstand ist der inländische Grundbesitz. Es handelt sich um eine Substanzsteuer, die nicht von der Ertragskraft des Unternehmens abhängt und insoweit eine sog. Kostensteuer ist. Sie mindert die wirtschaftliche Zielgröße eines
Unternehmens vor Ertragsteuern ( demgegenüber ist die GewSt eine ertragsabhängige Objektsteuer)
Bemessungsgrundlage
sog. Einheitswert des Grundbesitzes, wobei hier Bodenrichtwerte und Ertragswerte zur Anwendung kommen und Besonderheiten für bestimmte Grundvermögen
z. B. in der Land- und Forstwirtschaft bestehen.
Der Steuersatz der Grundsteuer errechnet sich aus der Kombination von Steuermesszahl und Hebesatz, der von der hebesatzberechtigten Gemeinde festgelegt
wird ( vgl. die Analoge zu Gewerbesteuer).
Tarif
Die Steuermesszahl hängt von der Art des Grundbesitzes ab; zwischen 2,6 % und
6 %.
4.3
Die Grunderwerbsteuer als Verkehrssteuer
4-FragenSchema
Erläuterungen
Steuersystematisch unbedeutend; im Vordergrund steht die Steuerschuldnerschaft:
Steuersubjekt
- Grundsätzlich die an der Transaktion, dem Erwerbsvorgang beteiligten Personen
- Vertraglicher Regelfall: der Erwerber übernimmt die Grunderwerbsteuer allein
Steuerobjekt
Rechtsgeschäfte, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen, auch
wenn die Rechtsträgerschaft mittelbar über einen Verkauf von KapG-Anteilen
übergeht.
Bemessungsgrundlage
Grundsätzlich der Wert der Gegenleistung für den Erweb des Grundstücks; ausnahmsweise nach dem (gemeinen) Wert des Grundstücks, sofern kein Erwerbsvorgang vorliegt (z. B. Fusion von KapG mit Grundstücksbesitz = Rechtsträgerwechsel)
Tarif
Einheitlicher Steuersatz von 3,5 %, der von den Bundesländern abweichend festgelegt werden kann ( nur Berlin mit 4,5%.
Frischmuth
Seite 32
Sommersemester 2015 - Steuern und Unternehmensentscheidungen, Teil 2
4.4
Umsatzsteuer
Die Umsatzsteuer ist eine sehr umfassende und für die unternehmerische Tätigkeit eine sehr
bedeutende Steuer, weil der Umsatzsteuer Lieferungen und Leistungen unterliegen, die
ein Unternehmer gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens erbringt.
Die Umsatzsteuer soll nach dem Willen des Gesetzgebers nur den privaten Konsum, also
die privaten Verbraucher belasten. Der private Endverbraucher ist Steuerdestinatär (Steuerträger); der Unternehmer soll lediglich die Umsatzsteuer „mit in Rechnung stellen“ und die
Steuer an die Steuerbehörden abführen respektive bezahlen (Steuerzahler).
Daraus folgt, dass bei Umsätzen zwischen Unternehmen (die mit gleichfalls mit Umsatzsteuer in Rechnung gestellt werden) eine Entlastung erfolgen muss. Diese erfolgt durch den sog.
Vorsteuerabzug, d. h. die Unternehmen können die Umsatzsteuern, die von Unternehmen
auf der vorgelagerten Stufe (z. B. Lieferanten) in Rechnung gestellt werden, gegen die Umsatzsteuerzahllast aus eigenen Umsätzen verrechnen. Insoweit ist die einem Unternehmen
in Rechnung gestellte Umsatzsteuer ein „durchlaufender Posten“.
Wenn man den Wert einer Vorleistung (z. B. 100 GE) mit entsprechender Umsatzsteuer
(z. B. 19 %, also 19 GE) der eigenen Unternehmerleistung (z. B. 150 GE) mit entsprechender Umsatzsteuerzahllast (z. B. 28,5 GE) gegenübergestellt, muss das in der Wertschöpfungskette letzte Unternehmen nur die Umsatzsteuer auf die Differenz (z. B. 9,5 GE) an die
Steuerbehörde abführen. Insoweit unterliegt im Unternehmenssektor „netto“ nur die Wertschöpfung (z. B. 50 GE) der Umsatzsteuer. Der Konsument, der das Endprodukt zum Endverbraucherpreis zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer (z. B. 150 GE zzgl. 28,5 GE) kauft,
kann die Umsatzsteuer (z. B. 28,5 GE) nicht weiterbelastet; er trägt diese als Steuerdestinatär wirtschaftlich. Diese Form der Umsatzsteuer, wie sie in Deutschland geregelt ist, nennt
man Allphasen-Nettoumsatzsteuer mit sofortigem Vorsteuerabzug oder Mehrwertsteuer.
4-FragenSchema
Steuersubjekt
Steuerobjekt
Erläuterungen
Steuerpflichtige respektive Steuerzahler sind Unternehmer iSd des Umsatzsteuergesetzes
Der Umsatzsteuer unterliegen (§ 1 UStG)
1. Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer gegen Entgelt
im Rahmen seines Unternehmens ausführt
2. die Einfuhr von Gegenständen aus dem Drittland in das Inland (Einfuhrumsatzsteuer)
3. der innergemeinschaftliche Erwerb
Steuerbefreiungen
1. aufgrund sozial-, kultur- und wirtschaftspolitischen Überlegungen
2. aufgrund des im deutschen UStG umgesetzten Bestimmungslandsprinzips
(vgl. auch oben 2. und 3.)
- steuerfreie Ausfuhrlieferungen in das Drittland
- steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen
Bemessungsgrundlage
Grundsatz: das Entgelt vermindert um Preisnachlässe, erhöht um Nebenkosten;
daneben diverse Sondervorschriften bei besonderen Lieferungen und Leistungen,
auch solchen ohne Entgelt, z. B. unentgeltliche Abgabe von Gegenständen oder
Zollwert bei Einfuhren aus dem Drittlandsgebiet
Tarif
Der Regelsteuersatz beträgt 19 %; der ermäßigte Steuersatz hingegen 7 %. Der
ermäßigte Steuersatz folgt regelmäßig sozial-, wirtschaftlichen oder sonstigen
politischen Überlegungen, z. B. ermäßigter Steuersatz für Zeitschriften, Bücher,
bestimmte Lebensmittel usw.
Frischmuth
Seite 33
Sommersemester 2015 - Steuern und Unternehmensentscheidungen, Teil 2
Übungsaufgaben Teil 2:
Einkommensteuer
1. Was versteht man dem Leistungsfähigkeitsprinzip der Einkommensteuer? Erläutern Sie
die mit den relevanten Komponenten verbundenen Ziele.
2. Welche Besonderheiten bestehen beim Steuersubjekt der Einkommensteuer, wenn man
sich unterschiedliche rechtliche Handlungsformen der Unternehmenstätigkeit vergegenwärtigt? Welche Rolle spielt dabei der methodologische Individualismus?
3. Was unterscheiden die unbeschränkte und die beschränkte Steuerpflicht?
4. Weshalb ist im Rahmen der Einkommensbesteuerung die Trennung zwischen Einkommensentstehung und -verwendung bedeutend. Gehen Sie dabei auch die Zielsetzung der
Besteuerung nach der objektiven Leistungsfähigkeit ein. Nennen Sie Beispiele der Gewinnverwendung im unternehmerischen Bereich. Gehen Sie dabei auf unterschiedliche
Gesellschaftsformen ein.
5. Nennen und erläutern Sie die theoretischen Konzepte zur Erfassung und Berechnung
des Einkommens.
6. Stellen Sie die Unterschiede der Gewinn- und Überschusseinkunftsarten nach dem EStG
dar und nennen Sie die unterschiedlichen Einkunftsarten. Bringen Sie diese mit den Einkommensermittlungstheorien in sachlichen Zusammenhang.
7. Stellen Sie dar, weshalb eine Abgrenzung der Einkunftsarten von steuerlicher Bedeutung
ist und wie sich diese Abgrenzungen auswirken. Verwenden Sie hierbei geeignete Anknüpfungspunkte.
8. Welche Arten von Gewerbebetrieben werden nach dem EStG unterschieden. Stellen Sie
deren Merkmale dar und nennen Sie die wesentlichen Unterschiede zu den anderen
Gewinneinkunftsarten.
9. Was versteht man unter einem Mitunternehmer und einer Mitunternehmerschaft und in
diesem Zusammenhang unter dem steuerlichen Transparenzprinzip? Was sind sog.
Sondervergütungen?
10. Kategorisieren Sie Einkünfte aus Kapitalvermögen in geeigneter Weise und prüfen Sie,
ob und inwieweit diese Einkünfte aus Kapitalvermögen relevant für die Unternehmenstätigkeit sind. Gehen Sie dabei aus die unterschiedlichen Rechtsformen der Unternehmenstätigkeit ein.
11. Erläutern Sie kurz, was unter der sog. Abgeltungssteuer bei Einkünften aus Kapitalvermögen zu verstehen ist.
12. Erläutern Sie die Begriffe „Summe der Einkünfte“ und „Einkommen“ und „zu versteuerndes Einkommen“.
13. Stellen Sie die unterschiedlichen Rubriken von Einnahmen nach dem EStG dar und bringen Sie diese mit Einnahmen und Ausgaben der Unternehmenstätigkeit (Betriebseinnahmen) in sachlichen Zusammenhang. Nennen Sie geeignet Beispiele.
14. Welche Gruppen von Ausgaben nach dem EStG kennen Sie? Erläutern Sie diese unter
Verwendung geeigneter Beispiel kurz.
15. Welche Komponenten sind Bestandteile des sog. Nettoprinzips?
16. Welche Formen der Einkunftsermittlung kennt das EStG. Ordnen Sie diese den Einkunftsarten zu und erläutern Sie die wesentlichen Unterschiede der Ermittlungsformen
kurz.
17. Stellen Sie die Struktur des Betriebsvermögensvergleichs nach § 4 Abs. 1 und § 5 EStG
dar. Gehen Sie dabei auf Aspekte der Einkommensentstehung und -verwendung ein.
Frischmuth
Seite 34
Sommersemester 2015 - Steuern und Unternehmensentscheidungen, Teil 2
18. Was sind die wesentlichen Unterschiede zwischen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1
EStG und § 4 Abs. 3 EStG?
19. Stellen Sie die Verlustverrechnungsarten nach dem EStG dar und erläutern Sie deren
wesentliche Unterschiede. Was versteht man unter der Mindestbesteuerung nach § 10d
EStG?
20. Erläutern Sie den Einkommensteuertarif nach dem EStG und gehen Sie dabei auf die
unterschiedlichen Tarifzonen ein.
21. Was versteht man unter direkter und indirekter Progression?
22. Erläutern Sie die für die Unternehmensbesteuerung drei wichtigen besonderen Tarifregelungen bei der Einkommensteuer. Ordnen Sie diese Tarifregelungen den relevanten Einkunftsraten zu und übertragen Sie ihre Überlegungen auf Aspekte der Rechtsformwahl.
Körperschaftsteuer
1. Stellen Sie die wesentlichen Eigenschaften der Körperschaftsbesteuerung anhand ausgewählter, geeigneter Merkmale dar.
2. Was versteht man unter unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht nach dem KStG?
3. Stellen Sie die steuerliche Gewinn- und Einkommensermittlung nach dem KStG auf der
Grundlage des Betriebsvermögensvergleichs (Bilanzierung) dar.
4. Was versteht man unter offenen und verdeckten Gewinnausschüttungen sowie offenen
und verdeckten Einlagen?
5. Erläutern Sie die sog. Zinsschranke kurz.
6. Nennen Sie Beispiele nicht abzugsfähiger Betriebsausgaben nach dem EStG und dem
KStG und erläutern Sie diese kurz.
7. Stellen Sie an einem einfachen Berechnungsbeispiel (Gewinn der KapG = 100,00 GE)
die Besteuerung der KapG und ihrer Anteilseigner (natürliche oder juristische Person)
dar. Verzichten Sie bei diesen Berechnungen auf die Gewerbesteuer.
Gewerbesteuer
1. Charakterisieren Sie die Gewerbesteuer anhand ausgewählter Merkmale kurz. Weshalb
wird die Gewerbesteuer als ertragsabhängige Objektsteuer bezeichnet?
2. Nenne und erläutern Sie kurz die Steuerobjekte der Gewerbesteuer.
3. Stellen Sie dar, wie sich die gewerbesteuerliche Bemessungsgrundlage auf der Basis der
Gewinnermittlung nach dem EStG und dem KStG ermittelt.
4. Welche steuersystematischen Funktionen haben die gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen und Kürzungen?
5. Erläutern Sie die Systematik des Steuertarifs bei der Gewerbesteuer. Gehen Sie dabei
auf die Tarifermittlungsbestandteile ein.
6. Modifizieren Sie die Berechnungen unter Punkt 7. bei der Körperschaftsteuer um den
Einbezug der Gewerbesteuer (Hebesatz = 380). Stellen Sie diese Berechnungen auch
für ein Einzelunternehmen im Vergleich dar.
Frischmuth
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Sommersemester 2015 - Steuern und Unternehmensentscheidungen, Teil 2
Sonstige Steuern
1. Stellen Sie die folgenden Steuerarten unter Verwendung des 4-Fragen-Schemas kurz
vor. Erläutern Sie jeweils abschließend, weshalb diese Steuerarten von Bedeutung für
die Besteuerung der Unternehmenstätigkeit sind:
-
Erbschafts- und Schenkungssteuer
-
Grundsteuer
-
Grunderwerbsteuer
2. Nennen Sie ein geeignetes Beispiel für die Einschlägigkeit der Grundsteuer und der
Grunderwerbsteuer, wenn Sie sich an der zahlungsstromorientierten Definition von „Investition“ orientieren, die eine Grundstücksinvestition (Erwerb) enthält. Warum spricht
man in diesem Zusammenhang von Kostensteuern.
3. Erläutern Sie den Begriff der Netto-Allphasen-Umsatzsteuer. Warum spricht man in diesem Zusammenhang von der Mehrwertsteuer?
4. Zeigen Sie auf, auf welchen Ebenen und wie ein Unternehmen von der USt betroffen ist.
5. Erläutern Sie die Grundzüge und die Systematik des Steuerobjekts der USt auch unter
Verwendung der Begriffe „Lieferung“, „Sonstige Leistung“ und „Bestimmungslandsprinzip“.
6. Stellen Sie die Grundzüge des Tarifs der Umsatzsteuer dar.
Frischmuth
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