Praxisbericht: ROAR`n Doris Blau (pdf/60-KB)

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Praxisbericht: ROAR`n Doris Blau (pdf/60-KB)
Praxisaufenthalt in der Abteilung II des Bundesverwaltungsamtes vom
02.01. bis 31.03.2012
Meine „Basisstation“ innerhalb der Abteilung II „Zuwendungen; Kultur- und Sportförderung“ unter der
Leitung von Abteilungspräsidentin Bechtold war das Referat II A 7 „Zuwendungen aus dem Bereich des
BMFSFJ“. Der Referatsleiter, ORR Frank, hat mich mit den Zuständigkeiten der Abteilung II im Allgemeinen und des Referates II A 7 im Besonderen vertraut gemacht. Er hatte stets ein offenes Ohr für
meine vielfältigen Fragen gehabt und mir die Tür zu allen anderen Stationen der Abteilung geöffnet.
Innerhalb des insgesamt dreimonatigen Aufenthaltes habe ich alle in Köln und Bonn ansässigen Referate der Referatsgruppe II A (Leiter: Ltd. RD Deckenbrock) kennen gelernt. Lediglich das Referat II A 8
mit Sitz in Bramsche habe ich nicht besucht, konnte aber mit seinem Referatsleiter, Herrn Lumme, in
Köln ein Fachgespräch führen.
Besonders erfreulich war, eine große Anzahl von Absolventinnen und Absolventen des FB AIV zu treffen. Sie freuten sich, mir ihren Arbeitsplatz vorstellen zu können. Häufig begannen sie ihre Tätigkeit im
Zuwendungsbereich mit der Prüfung von Verwendungsnachweisen, ehe sie auch mit Aufgaben der Bewilligung von Förderanträgen betraut wurden. Sie hielten alle die Prüfung von Verwendungsnachweisen
für eine gute Vorbereitung auf die spätere Bewilligungstätigkeit, denn immer mehr Bundesministerien
geben auch die Erstellung der Zuwendungsbescheide nach und nach an das BVA ab, insbes. im Bereich
der Projektförderung (z.B. AA). Idealerweise können hier die Sachbearbeiter, die bislang Verwendungsnachweise in diesem Bereich geprüft haben, ihre dadurch erworbenen Kenntnisse der Projektträger für die Bescheiderstellung umsetzen.
Ebenso positiv war, mehrere Absolventinnen und Absolventen namentlich in Akten des Bundesverwaltungsamtes zu finden, die an den „Schaltstellen“ der Zuwendungen sitzen, also mit der Feststellung des
„erheblichen Bundesinteresses“ bei den Bundesministerien, die die Erstellung der Zuwendungsnachweise an das Bundesverwaltungsamt abgegeben haben, betraut sind.
Es war eine sehr lehrreiche Zeit mit viel Abwechslung. Ich habe die bunte Landschaft der Zuwendung
mit den vielen Facetten auch anhand von Aktenstudium kennen lernen dürfen. Das Bundesverwaltungsamt prüft in großem Umfang sog. „abgeschichtete“ Verwendungsnachweise der Bereiche, die die Bearbeitung des Antrages auf Gewährung einer Zuwendung über die Bescheiderstellung bis hin zum Mittelabruf selbst bearbeiten und nur die Prüfung des Verwendungsnachweises an das Bundesverwaltungsamt
abgegeben haben. So prüft alleine das Referat II A 7 Zuwendungen des BMFSFJ (incl. Anhörungsschreiben, Beratung von Zuwendungsempfängern und Vor-Ort-Prüfungen) im Umfang von rd. 180
Mio.€. Daneben hat das BMFSFJ in nicht viel geringerem Umfang andere Teile seiner Zuwendungsprogramme (z.B. Kinder- und Jugendplan, Bundesaltenplan, Gleichstellungspolitik, Bundesstiftung MutterKind) dem BVA zur weiteren Bearbeitung übertragen. Hier sind nach Feststellung des erheblichen Bundesinteresses durch das Ministerium die Zuwendungsanträge zu prüfen, zu bewilligen und auszuzahlen
sowie während der gesamten Laufzeit der Zuwendung zu überwachen, ggf. zu ändern, um dann anschließend ebenfalls die Verwendungsnachweisprüfung vorzunehmen.
Es werden institutionelle Förderungen (z.B. Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in
Deutschland aus der Haushaltsstelle 0602/68504 oder die Bayreuther Festspiele aus den Haushaltsstellen 0405 684 21 und 894 21), Projektförderungen (z.B. Deutscher Musikrat aus 0405/684 21) oder Förderung des Baus von Sportstätten für den Spitzensport (0602/882 11) und quasi-institutionelle Förderungen, eine vom BMF geduldete und insbesondere im Bereich des BMI und BKM anzutreffende Zuwendungsart (z.B. Leo Baeck Institut aus 0602/685 04) ausgesprochen. Einen weiteren Bereich stellen
die Globalzuschüsse als Sonderform der institutionellen Förderung (Haushaltsstelle 0602/685 02) an die
politischen Stiftungen (z.B. Konrad-Adenauer-Stiftung, Heinrich-Böll-Stiftung) dar. Hier ergänzen Be-
wirtschaftungsgrundsätze des Bundesministeriums des Innern die Allgemeinen Nebenbestimmungen für
Zuwendungen zur institutionellen Förderung (ANBest-I).
In vielen Bereichen ist der Bund nicht der alleinige Zuwendungsgeber. So wird etwa das AbrahamGeiger-Kolleg institutionell durch den Bund gefördert im Weg einer Festbetragsfinanzierung, zusätzlich
durch die KMK der Länder, das Land Berlin und den Zentralrat der Juden, der seinerseits Zuwendungsempfänger ist. Auch abwicklungstechnisch gibt es erhebliche Unterschiede. Während die Bayreuther
Festspiele zu je 1/3 vom Bund, dem Freistaat Bayern und der Stadt Bayreuth finanziert werden und von
jedem Zuwendungsgeber einen Einzelzuwendungsbescheid (mit Geltung der entsprechenden Zuwendungsvorschriften) erhält, wird das Bach-Archiv ebenfalls zu je 1/3 vom Bund, dem Land Sachsen und
der Stadt Leipzig gefördert, erhält aber nur 1 Zuwendungsbescheid durch die Stadt Leipzig mit Geltung
der Zuwendungsvorschriften des Landes Sachsen.
Manche Zuwendungen gründen auf Staatsverträgen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den
Bundesländern (Bsp.: Rundfunkstaatsvertrag zur Gewährung eines Zuschusses in Höhe von
11,871Mio€ an die Rundfunk-Orchester und Chöre GmbH aus 0405/685 22). Andere Zuwendungen
werden nicht als Verwaltungsakt (Regelfall) erlassen, sondern durch Abschluss von privatrechtlichen
Werkverträgen ausgesprochen. Hierzu ist dann eine ausdrückliche Aufnahme der Ausnahme in den
Haushaltsplan erforderlich: „Aus diesem Titel dürfen auch sächliche Verwaltungsausgaben geleistet
werden.“ (Bsp.: BMG Haushaltsstelle 1502/686 05, Werkverträge mit Unikliniken nach erfolgter Ausschreibung etwa zur Anfertigung einer Projektskizze zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit)
Außerdem gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher nachrangiger Vorschriften: So bestehen neben Förderrichtlinien, die mit BMF und BRH abzustimmen sind, auch Fördergrundsätze (z.B. Denkmalpflege,
BKM) oder Förderfibeln (Mischung aus Fördergrundsätzen, Förderprogramm und Antragsvoraussetzungen, Bsp.: Initiative Musik, BKM) sowie Bewirtschaftungsgrundsätze für Zuschüsse des Bundes an
die politischen Stiftungen.
Ein Teil der gewährten Zuwendungen werden nicht vom Zuwendungs(erst)empfänger bewirtschaftet,
sondern mittels privatrechtlichen Vertrag an Dritte weitergeleitet. Die Zuwendung wird der Zentralstelle
bewilligt und ausgezahlt. Diese bleibt für die ordnungsgemäße Verwendung der Gesamtsumme verantwortlich. .
Soweit sinnvoll (etwa bei Förderung von Stellen im Ausland) können Mittlerorganisationen eingeschaltet werden. So ist bei der Förderung von deutschen Minderheiten im Ausland die Deutsche Gesellschaft
für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) oder die Mittlerorganisation Baden-Württemberg International
federführend tätig. Aufgrund eines Angebotes der Mittlerorganisation wird ein Auftrag erteilt zur
Durchführung eines Projektes (z.B. Fördermaßnahme zugunsten der Angehörigen der deutschen Minderheit in Nordwest-Russland, 0640/684 22). Nach bestehender Rahmenvereinbarung werden der Mittlerorganisation die angemessenen Kosten für ihre Tätigkeit vergütet und die Verwaltungsgemeinkosten
mit einem vereinbarten festen Satz vergütet. Die Mittlerorganisation rechnet ihre Leistungen und die
Leistungen der Unterauftragnehmer entsprechend der Regelungen für Verwendungsnachweise ab.
Eine nicht unumstrittene haushalterische Besonderheit, die ich bislang auch nie im Unterricht erwähnt
habe, da sie mir nur im Bereich der Bundeswehrverwaltung bekannt war, ist mir u.a. im Referat II A 2
begegnet: Die Selbstbewirtschaftungsmittel. Von dieser Möglichkeit macht u.a. der BKM regen Gebrauch, weil dadurch die direkte Buchung von Rückflüssen aus gewährten Zuwendungen beim Ausgabetitel möglich ist unabhängig vom Jahr der ursprünglichen Zahlung und zudem nicht verbrauchte Ausgabemittel überjährig verfügbar bleiben. Das Thema Selbstbewirtschaftungsmittel wird also demnächst
auch Gegenstand der Lehrveranstaltungen sein.
Während eines mehrtägigen Abstechers in die Referatsgruppe II B habe ich die Erstattungen nach dem
Europäischen Sozialfonds (ESF) kennen gelernt. Die ESF-Mittel stellen insoweit eine Besonderheit
gegenüber den (bundesdeutschen) Zuwendungen dar, als dass diese nur auf Nachweis entstandener
Ausgaben gezahlt werden können. Am Beispiel des Förderprogramms XENOS – Integration und Vielfalt hat mir Herr Sandvoß die Vielschichtigkeit der ESF-Mittel im besonderen und der staatlichen Beihilfen nach Art. 107 des Vertrages zur Arbeitsweise der europäischen Union (AEUV) im allgemeinen
eingehend erläutert. Im Programm XENOS werden Maßnahmen zur Unterstützung der Integration insbesondere benachteiligter Jugendlicher und junger Erwachsener mit und ohne Migrationshintergrund in
den Arbeitsmarkt und in die Gesellschaft gefördert. Die Maßnahmen werden stets kofinanziert mit max.
15% Bundesmittel und mind. 10% Eigenmittel des Zuwendungsempfängers einschl. anderer nationaler
Finanzierungsgeber. Die Komplexität der Beantragung von ESF –Mittel kommt schon dadurch zum
Ausdruck, dass im BVA aufgrund europäischer Vorgaben neben der Verwaltungsstelle (Referate II B 1
und 2) noch die Bescheinigungsstelle (Referat II A 6, zwingend zu trennen von Verwaltungsstelle) und
die Prüfstelle im Referat VIII 7 eingerichtet werden mussten.
Vertieft wurden die neuen Erkenntnisse auch durch den Besuch des Referates II B 2, dem personenmäßig größten Referat in der Abteilung II. Aktuell werden hier Zuwendungen aus dem Programm „Bürgerarbeit“ erteilt. Hier können zusätzliche und im öffentlichen Interesse stehende Arbeiten nach positiver Stellungnahme durch die Jobcenter (Grundsicherungsstellen) im Umfang von 20 bzw. 30 Stunden/Woche gefördert werden. Da es hier um die Bewältigung von Massenanträgen geht, erfolgt die Bearbeitung nach stark strukturierten Vorgaben, aufbauend auf den Erfahrungen aus dem ausgelaufenen
Programm „Kommunal-Kombi“. Die ESF-Mittel werden nach erfolgter Auszahlung zu bestimmten
Stichtagen über das BMAS bei der EU beantragt.
Insgesamt wurden mir die vielgestaltigen Schwerpunkte und Probleme bei der Bearbeitung von Anträgen auf Zuwendung sehr deutlich. Wichtig für die Ausbildung ist es, Grundlagenwissen hinsichtlich der
anzuwendenden Rechtsvorschriften, der Finanzierungsformen und –arten sowie des typischen Ablaufs
eines Zuwendungsantrags bis zur Prüfung des Verwendungsnachweises zu vermitteln. Hierzu habe ich
wichtige Erkenntnisse gewonnen und diverse Unterlagen und Kontaktdaten mitgenommen.
Ein herzliches Dankeschön an alle Kollegen und Kolleginnen der Abteilung II, die ich während meines
Praxisaufenthaltes kennen gelernt habe und die mir wichtige Impulse für meine Tätigkeit als Dozentin
gegeben haben.
Doris Blau
Dozentin für öffentliche Finanzwirtschaft