Vincent van Gogh – Die Farben der Nacht

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Vincent van Gogh – Die Farben der Nacht
Rundbrief 64
Juni 2009
Vincent van Gogh
1853 bis 1890
Vincent van Gogh im Jahre 1871 während seiner Assistenzzeit bei Goupil & Cie
Kunstgeschichte e. V.
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Malerei
Margret Schmidt
Vincent van Gogh – Die Farben der Nacht
Ausstellung im Van-Gogh-Museum in Amsterdam in Verbindung mit dem Museum of Modern Art (MOMA) New York
Liebe Kunstfreunde, liebe Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft,
nachstehend versuche ich, meine Eindrücke vom Besuch der vorgenannten Ausstellung wiederzugeben und bitte im Voraus um Nachsicht, wenn ich eventuell das eine
oder andere Bild nicht dem jeweiligen Thema richtig zugeordnet habe, gezeigt wurden sie jedenfalls alle.
Es ist eine wunderbare Ausstellung, und ich bin noch immer begeistert aber auch innerlich berührt, wenn ich an das armselige Leben dieses genialen Künstlers denke.
1. Teil - Landschaften bei Dämmerlicht
Die Ausstellung beginnt mit einem Gemälde von Rembrandt: „Die heilige Familie
am Abend“, dessen Lichteffekte van Gogh zu seinem Gemälde „Die Kartoffelesser“
inspiriert haben soll. Er war ja ein großer Verehrer von Rembrandt und bewunderte
seine Kunst mit dem Spiel des Lichts. Weitere Abendbilder folgen von Vertretern der
„Schule von Barbizon“ Camille Corot, Theodore Rousseau, Jules Dupré, CharlesFrancois Daubigny und nicht zuletzt Jean-Francois Millet mit seinem Bild: „Sternennacht“. Aber auch Georges Seurat ist mit seiner „Singenden Frau in einem Café
Chantant“ sowie dem Gemälde „Abend, Honfleur“ vertreten. Dieses Bild fällt durch
seine Maltechnik, kleine Tupfer in unvermischten Farben aufzubringen, auf und wirkt
dadurch viel heller als die Vorhergehenden.
Von van Gogh sind folgende Bilder zu sehen: „Pappelallee bei Sonnenuntergang“,
„Landschaft am Abend“, „Landschaft mit Torfhaufen und Bauernhäusern“, „Landschaft bei Abenddämmerung“, „Das Pfarrhaus in Nuenen am Abend“ u. a..
In einem Schaukasten sind Zeichnungen ausgestellt, „Die Minenarbeiter“ von van
Gogh, die das harte Leben der damaligen Menschen zeigen sowie das Lokal „Au
Charbonnage“, von dem er sagte: „Diese kleine Zeichnung ist nicht viel Besonderes,
aber dass ich sie so unwillkürlich machte, liegt daran, dass man hier so viele von diesen Leuten sieht, die in den Kohlen arbeiten und ein eigenartiges Volk sind. Dieses
Häuschen steht nicht weit vom Leinpfad entfernt, es ist eigentlich eine kleine Schenke und gehört zu der großen Arbeitsstätte, wo die Arbeiter in ihrer Essenszeit ihr Brot
essen und ein Glas Bier trinken“.
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Malerei
Von Gustave Doré ist „Der Schlafsaal“ ausgestellt, in dem die Menschen dicht an
dicht in einer Reihe liegen und der ob seiner Trostlosigkeit ein Schaudern erzeugt.
Des weiteren sind japanische Holzschnitte ausgestellt, die van Gogh sammelte, so
„Die Shohei-Brücke“ des Malers Utagawa Hiroshige, wo der Vollmond über einer
tief verschneiten Landschaft steht.
2. Teil - Das Bauernleben
Hier sehen wir das erste große Meisterwerk: „Die Kartoffelesser“, das er in den Monaten April/Mai 1885 schuf, als er bei seinen Eltern in Nuenen wohnte. Dieses Bild
ist ein Sinnbild für viele verschwundene Dinge, wie z. B. das vertraute Zusammensein der Familie beim Abendessen. Van Gogh war ein Mann vom Lande und liebte
die althergebrachten Traditionen, das einfache Leben. Er fühlte sich mit diesen Menschen verbunden und malte sie und ihre Arbeit, die im Einklang mit der Natur standen, immer wieder. „Die Hütte“ von 1885 nennt er „Menschennestchen“, in der zwei
Familien leben und sich einen Kamin teilen.
Strohhütte bei Einbruch der Dämmerung
Öl auf Leinwand, 65,5 x 79 cm, Nuenen, Mai 1885
Amsterdam, van Gogh Museum
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Malerei
Als er in Saint-Remy weilte, schuf er auch das Bild „Erinnerung an Brabant“, dass
ich wegen seiner leuchtenden Farben besonders großartig finde. Hinzufügen möchte
ich hier, dass keine Reproduktion, auch kein digital bearbeitetes Bild, dem Original
an Farben gleichkommt.
Er kopierte in dieser Zeit eine Serie mit Holzschnitten von Millet in Ölfarbe, (Die
vier Tageszeiten, 1860), darunter „Abend“, wo ein Ehepaar bei Lampenschein zusammensitzt, die Frau nähend, das Kind schlafend in der Wiege und der Mann mit
einem Werkzeug beschäftigt, die Katze schläfrig vor dem Ofen.
Auch das Bild „Abend: Das Ende des Tages“ nach Millet zeigt einen Bauern, der sich
anzieht, um heimzugehen, die Pferde laufen bereits dem Stall zu, die Grabegabel liegt
neben dem gefüllten Kartoffelkorb, der wohl das Abendessen enthält. In der Ferne
liegen die Häuser im purpurnen Abendsonnenglanz.
Abendstunde ( nach Millet)
Öl auf Leinwand, 74,5 x 93,5 cm, Saint-Remy, Ende Oktober 1889
Amsterdam, van Gogh Museum
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Malerei
3. Teil - Die Stimme des Korns, ein Nachtstück
Van Gogh war ein großer Bewunderer Millets und wohnte einer Auktion seiner Gemälde und Zeichnungen in Paris bei. Von Millets „Sämann“, von dem er auf der
Auktion ein Pastell gesehen hatte, fertigte er eine Kopie an. Man sagt, dieses Meisterwerk hätte ihn sein Leben lang verfolgt.
Auf der Ausstellung werden 3 „Sämänner“ von van Gogh gezeigt: Aus dem KröllerMüller-Museum Otterlo, der Sammlung E.G. Bührle aus Zürich und dem Van-GoghMuseum selbst, dazu Skizzen und Entwürfe wie in dem Brief an Emile Bernard vom
Juni 1888.
Er experimentierte bei seinem ersten „Sämann“ mit Farben (aus dem Kröller-MüllerMuseum, siehe 2. Umschlagseite). Das Ergebnis befriedigte ihn nicht, er malte seinen
zweiten „Sämann“ (aus Zürich) und fand ihn farbenmäßig gelungen. Auch hatte er
mit der Fläche experimentiert und einen Baum in den Vordergrund gestellt, um das
Bild interessanter zu machen. Zu diesem zweiten Bild malte er eine kleinere, dritte
Version, was er oft bei gelungenen Bildern tat.
Sämann bei untergehender Sonne
Öl auf Jute auf Leinwand, 73,5 x 93 cm, Arles, November 1888
Zürich, Stiftung Sammlung E. G. Bührle
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Malerei
Im Sommer 1888 schuf er das Gemälde „Sonnenuntergang bei Arles“. Auch von diesem Gemälde schickte er eine Skizze an Bernard und schilderte, wie er bei starkem
Wind (Mistral) seine Staffelei mit einem Stift im Boden befestigt hatte. Weil ihm das
Bild gefiel, signierte er es und gab ihm einen Namen. Doch im Oktober des gleichen
Jahres schickte er es Bernard im Tausch gegen eines von dessen Arbeiten.
Als er im Sommer 1889 in der psychiatrischen Anstalt von Saint-Rémy untergebracht
war, malte er eine Serie von Bildern eines ummauerten Feldes, das er von seinem
Fenster aus sehen konnte. Eines seiner Bilder hieß: „Ummauertes Feld mit Garben
und aufgehendem Mond“. Zu sehen ist ein Kornfeld und das nahegelegene AlpillesGebirge bei Nacht. Sein letztes Kornfeld bei Abendlicht war „Die Grabenden“ im
Frühjahr 1890.
4. Teil - Poesie der Nacht
„Ein Sternenhimmel zum Beispiel, das ist etwas, das ich gern malen würde”“ so
schrieb Vincent an seinen Bruder Theo.
Hier treffen die beiden „Sternennächte“ aufeinander. „Sternennacht über der Rhone“,
das Gemälde, das in Paris im Musée d’Orsay hängt und die „Sternennacht“, die im
Juni 1889 in Saint-Rémy entstand und dem Museum of Modern Art in New York gehört.
Ich bin fasziniert von der „Sternennacht über der Rhone“. Die Lichter spiegeln sich
im Wasser, so ein Funkeln, Glitzern und Leuchten, wie kann man das überhaupt malen? Über dem Wasser die strahlenden Sterne, der „Große Wagen“. Unten am Strand
geht ein verliebtes Pärchen. Ganz anders und doch ähnlich wegen der riesigen Sterne
das andere Gemälde. Unten, ruhig im Tal an die Hügelhänge geschmiegt, liegt das
schlafende Dorf. Und oben, in einem furiosen Wirbel die Wolken, überstrahlt von
den Sternen und dem Mond. Eine Zypresse als Wächter steht links im Vordergrund.
Gezeigt werden noch folgende Bilder: „Eugène Boch, der Dichter“ sowie eine Skizze
mit Brief an ihn, „Der Tanzsaal in Arles“, Skizze von „Landstraße mit Zypressen“ in
einem Brief an Gauguin, „Frau mit Besen“, „Paul Gauguins Stuhl“, „Der Garten der
Anstalt von Saint-Paul“, „Landstraße mit Zypressen bei Nacht“, dann drei Skizzen
von van Gogh in Postkartengröße: „Tanzendes Paar“, „Tanzsaal“, „Zwei Frauen in
einer Loge“.
Ich bin glücklich, diese Ausstellung gesehen zu haben.
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Malerei
Tanzsaal in Arles, Öl auf Leinwand, 95 x 81 cm,
Arles, Dezember 1888, Paris, Musée d'Orsay
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ANHANG - Die ausgestellten Werke
Sternennacht über der Rhone, 1888
Eugène Boch (Der Dichter), 1888
Skizze, in einem Brief an Boch, Okt. 1888
Mondlicht, Camille Corot, um 1855
Paris, Musée d’Orsay
Paris, Musée d’Orsay
Amsterdam, Van Gogh Museum
Den Haag, Museum Mesdag
Heiligabend - Der Landmann kehrt vom Markt zurück, 22.12.1855,
gemalt von Myles Birket Foster
Amsterdam, Van Gogh Museum
Die Shohei-Brücke, U. Hiroshige II, 1862
Abendstunde, Jules Dupré, 1875 - 1880
Abend, Honfleur, Georges Seurat, 1886
Amsterdam, Van Gogh Museum
Den Haag, Museum Mesdag
New York, Museum of Modern Art
Singende Frau in einem Café Chantant
ebenfalls Seurat, 1887
Amsterdam Van Gogh Museum
Heilige Famlie am Abend,
Rembrandt van Rijn (Werkstatt) 1638-40
Amsterdam, Rijksmuseum
Sternennacht, J.-F. Millet, um 1851
New Haven, University Art Gallery
Der Tanzsaal in Arles, 1888
Paris Musée d’Orsay, LeibrentenSchenkung v. M.u.Mme. André
Meyer
Das Lokal: Au Charbonnage, 1878
Unterwegs, 1881
Vor dem Kaminfeuer, 1881
Brief an Theo, 14. Aug. 1882
Skizze von Landstraße mit Zypressen
in einem Brief an Gauguin, ca. 17.6.1890
Frau mit Besen, 1885
Die Kartoffelesser, 1885
Der Sämann, 1888
Der Sämann, 1888
Amsterdam, Van Gogh Museum
Amsterdam, Van Gogh Museum
Amsterdam, Van Gogh Museum
Amsterdam, Van Gogh Museum
Der Sämann, 1888
Die Sternennacht, 1889
Amsterdam, Van Gogh Museum
Otterlo, Kröller-Müller-Museum
Amsterdam, Van Gogh Museum
Otterlo, Kröller-Müller-Museum
Zürich, Stiftung Sammlung
E.G. Bührle
Amsterdam, Van Gogh Museum
New York, Museum of Modern Art
Dämmerung, Bauernhäuser in Loosduinen bei Den Haag, 1883
Utrecht, Central Museum
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Malerei
Landschaft in Drenthe, 1883
Amsterdam, Van Gogh Museum
Landschaft mit Torfhaufen und Bauernhäusern, 1883
Amsterdam, Van Gogh Museum
Pappelallee bei Sonnenuntergang, 1884
Landschaft am Abend, 1885
Bornemisza
Gegen Abend, 1885
Sonnenuntergang am Montmartre, 1887
Kohlenschuten in Arles, 1888
Bornemisza
Landschaft bei Abenddämmerung, 1890
Abend (nach Millet), 1889
Abend: Das Ende des Tages (n.Millet)1889
Kopf einer Frau, 1885
Die Hütte, 1885
Zwei Studien einer Hütte, 1885
Erinnerung an Brabant, 1890
Otterlo, Kröller-Müller-Museum
Madrid, Museo Thyssen-
Amsterdam, Van Gogh Museum
Amsterdam, Van Gogh Museum
Komaki, Menard Art Museum
Otterlo, Kröller-Müller-Museum
Amsterdam, Van Gogh Museum
Amsterdam, Van Gogh Museum
Amsterdam, Van Gogh Museum
Skizze des Sämanns in einem Brief
an Emile Bernard, ca. 19.06.1888
New York, Thaw Collection,
The Morgan Library & Museum
Skizze in einem Brief an E.Bernard, 1888
Arles bei Sonnenuntergang
New York, Thaw Collection,
The Morgan Library & Museum
Das Pfarrhaus in Nuenen am Abend,
Rückseite, 1885
Privatsammlung, als Leihgabe im
Museum ‘sHertogenbosch
Paul Gauguins Stuhl, 1888
Amsterdam, Van Gogh Museum
Caféterrasse auf der Place du Forum, 1888
Rote Feder und Tinte über Bleistift
Dallas Museum of Art
Der Garten der Anstalt Saint-Paul, 1889
Landstraße mit Zypressen bei Nacht, 1890
Amsterdam, Van Gogh Museum
Otterlo, Kröller-Müller-Museum
Utrecht, Central Museum
Amsterdam, Van Gogh Museum
Madrid, Museo Thyssen-
Tanzendes Paar, 1885, schwarze, rote und blaue Kreide
Tanzsaal, 1885, auf Velinpapier,
Zwei Frauen in einer Loge, 1885
alle Amsterdam, Van Gogh Museum
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Malerei
In diesem Brief an Emile Bernard erläuterte van Gogh seine Experimente mit Farben
Quellenangaben:
Vincent van Gogh – Die Farben der Nacht
Katalog zu den Ausstellungen:
Museum of Modern Art , New York 21.9.2008-4.1.2009 ·
Van Gogh Museum, Amsterdam 13.2.-7.6.2009
Hatje Cantz Verlag, ISBN: 978-3-7757-2265-0
Seite 20:
Seite 40 (4. US):
Werk 80, Katalog-Seite 117
Werk 84, Katalog-Seite 121
Kunstgeschichte e. V.
Vincent van Gogh
Der Sämann bei Sonnenuntergang
Öl auf Leinwand, 64 x 80,5 cm, Arles, Juni 1888
Otterlo, Rijksmuseum Kröller-Müller
Der Garten des Hospitals Saint-Paul
Öl auf Leinwand, 73,1 x 92,6 cm, Saint-Rémy: November, 1889
Essen, Museum Folkwang
Zu dem Artikel auf den Seiten 12 bis 20
Kunstgeschichte e. V.
Vincent van Gogh
Ansicht von Arles: In diesem Brief erklärt van Gogh Emile Bernard
wie er seine Staffelei mit einem Stift im Boden befestigte.
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