IDEAS Governance, Organization and Management Academy (GOMA)

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IDEAS Governance, Organization and Management Academy (GOMA)
Jahresbericht IDEAS 2007
Das erste Jahr seit 2001 zurück in der Schweiz! Das Feldprojekt im Kosovo ist zu Ende. Die
Themen der Jahresberichte zuvor waren fast ausschliesslich Berichte über das aktuelle
Projektgeschehen. Auch in diesem Jahr hat der Kosovo noch einen beträchtlichen Platz. Das
Projekt wirkt noch weit ins Jahr 2007 hinein.
Den grössten Raum aber haben wir 2007 der Arbeit an den Fundamenten von IDEAS
eingeräumt. Endlich wieder haben wir unseren Gründungsauftrag in den Fokus unserer
Arbeit stellen können. Wir freuen uns sehr, haben wir dazu auch Ende Jahr ein motiviertes
Expertenteam gewinnen können. Mit frischem Elan hat unser Präsident Jan Stiefel zwei
Projekte mit Unterstützung des Teams zum Laufen gebracht. Und nicht zu letzt stellen wir
hier den ersten IDEAS Jahresbericht online vor.
2007 stand also einerseits im Zeichen der Auswertung des Kosovo-Projektes und
andererseits in der Weiterentwicklung unserer Gründungsidee.
Auswertung des LUKO-Projekts im Kosovo 2001-2006
Im Januar ist die Ratifizierung sämtlicher Eigentumsdokumente sowie aller bereits Ende
2006 ausgehandelter Konditionen abgeschlossen. Die gesamten Rechte und Pflichten am
Unternehmen LUKO werden anfangs Februar durch den Repräsentanten der Luxemburger
Regierung in Pristina rechtskräftig an die ortsansässigen Aktionäre übergeben.
Nach vier Jahren harter Arbeit haben wir LUKO als intakten Betrieb mit funktionierender
Produktion, laufendem Vertrieb, mit einem professionellen Qualitätsmanagement und mit
geschultem Personal übergeben. 24 Familien, darunter Roma und Bosniaken können mit
ihrer Arbeitskraft ein Einkommen finden. Etwa 100 Bauern haben einen neuen Absatz für
Kartoffeln. Viele Frauen sind im Team und können anstelle ihrer arbeitslosen Männer ihre
Familien ernähren.
Wir sind dennoch froh und erleichtert, können wir den Kosovo verlassen. Das schwierige
Umfeld und vor allem die lokale Mentalität hat uns äusserste Disziplin abverlangt. Zurück
blicken wir auf so manche Überwindung von unlösbar scheinenden bürokratischen und
institutionellen Schwierigkeiten. Im direkten Umfeld wurden die Geschäfte von nicht wenigen
Betrügereien und Gewalttätigkeiten überschattet. Wenn Zwängeln keinen Erfolg hatte oder
Erpressungsversuche nicht gelangen, scheute man sich auch nicht dem Projektleiter und
Manager mit Morddrohungen zu begegnen.
Und auch heute noch geht es dort unter den Aktionären von LUKO in diesem Stil weiter. Wir
können es auch nicht mehr verhindern. Wie es sich unverzüglich nach Handhabe der
Dokumente herausstellt, gedenkt der neue Hauptaktionär Agro Burimi sich keineswegs an
die Verträge zu halten. In wahrscheinlich von Anfang an geplanter Aktion ignoriert er
sogleich die übrigen 30% partnerschaftlichen Aktionärsgruppen. In den nächsten Tagen
schliesst er die Arbeiter aus und stellt die Produktion ein. Gleichzeitig fährt er fort, falsche
Behauptungen in der Kosovo Trust Agency KTA und der Steuerbehörde TAK zu streuen.
Letzte hatte schon Ende 2006 mit einer kleinen Delegation eine Art Revision der LUKOBuchhaltung begonnen. Ihre Prüfungsmethoden zeigten sich höchst eigenwillig und
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unprofessionell, nicht zu vergleichen mit einem Standard hierzulande. Die Übung mündete in
eine Bussforderung von etlichen zehntausend Euro. Wir vermuteten schon zu jener Zeit als
Drahtzieher hinter dem Auftreten der TAK besagte Agro Burimi.
Was wir aus dem ganzen Hergang lernten: Diese Gruppierung war nur zum Schein gebildet
worden, um so in den Besitz der gesamten Fabrik als Spekulationsobjekt zu gelangen.
Diese erneute Eigenmächtigkeit können wir auch über die Landesgrenzen hinweg nicht ohne
weiteres hinnehmen. Wir intervenieren von hier aus. Ausführlich kommunizieren wir den
Sachverhalt mit diversen führenden Vertretern der internationalen Gemeinschaft im Kosovo,
insbesondere mit dem IMF1-Repräsentanten und dem (D)SRSG2. Wir legen Beschwerde bei
der KTA3 und einen umfassenden Rekurs bei der Tax Administration Kosovo (TAK) ein.
Die Aktivitäten zu LUKO sollen sich insgesamt noch bis Ende Jahr hinziehen. Entscheidend
ist hier festzuhalten: Die Darlegung unserer Erfahrungen ist bei allen Vertretern der
internationalen Gemeinschaft auf offene Ohren und vor allen Dingen auf mehr oder weniger
offen ausgesprochene Bestätigung gestossen. Sämtliche Angesprochenen haben inoffiziell
erhebliche Mängel im bestehenden Steuer- als auch im allgemeinen Rechtssystem und in
seiner Anwendung eingeräumt. Auch haben sie auf anstehende Entlassungen von
inkompetenten Beamten, u.a. dem Direktor der TAK Pristina, hingewiesen in einer Weise,
dass wir annehmen können, unser Fall habe dabei eine Rolle gespielt. An das TAK hatten
wir den Steuerrekurs adressiert.
Exemplarisch veranschaulicht das Schicksal des eben übergebenen Unternehmens, dass
halbwegs komplexe und nicht unmittelbar im humanitären, sondern im wirtschaftlichen
Sektor angesiedelte EZA-Projekte im Kosovo extrem schwer umsetzbar sind, wenn
überhaupt. Die Mentalität ist noch zu sehr im Denken verhaftet, zuerst das leicht erreichbare
an sich zu reissen, und das langfristige Interesse erst danach zu sehen, wenn überhaupt.
Entsprechend inkohärent und unzuverlässig sind die Verwaltungsstrukturen immer noch.
LUKO war bescheiden finanziert. Es war mit niedrigen Kosten geplant, um ein ermutigendes
Zeichen für Kleininvestoren zu setzen. Ein Hauptergebnis aber war: Ohne langdauernde und
enge Leitung und Kontrolle lässt sich hier ein modernes Unternehmen nicht aufbauen. In
Folgeprojekten müsste das hohe Interventionsrisiko im Kosovo mit entsprechenden
personellen und finanziellen Risikoreserven bedacht werden. Ausländische private
Investoren müssen wissen: Investitionen im Kosovo sind sehr teuer, und die Risiken sehr
gross!
Mitte 2007 werden die Verhandlungen zur Unabhängigkeit des Kosovo in der
Weltöffentlichkeit fokussiert. Aufgrund unserer Felderfahrung ist uns Mitsprache
diesbezüglich nicht unwichtig. Mit Artikeln und Interviews gelangen wir an Schweizer und
internationale Medien, wie BBC, Spiegel, NZZ, Tages-Anzeiger, RSR und das SF. Dem
Aussendepartemant EDA und den Aussenpolitischen Kommissionen der Räte reichen wir
eine Stellungnahme zum Geschehen ein.
1 International Monetary Fund, Internationaler Währungsfonds der UN
2 (Deputy) Special Representative to the Secretary General; Bezeichnung für die höchste UN-Verwaltungsstelle
im Kosovo
3 Kosovo Trust Agency, Treuhandanstalt zur Privatisierung von Staatseigentum
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Weiterentwicklung der IDEAS-Gründungsidee
Paradigmawechsel in der EZA?
Nach intensiver praktischer Feldarbeit legen wir den Schwerpunkt unserer Arbeit wieder auf
den elementaren Anspruch unserer IDEAS-Charta und Gründungsidee: Der vergleichenden
Bewertung von Auswirkungen in der Entwicklungszusammenarbeit EZA. Wir entwickeln das
AidRating weiter. Die theoretischen Grundlagen dazu wurden seit 1994 mit den Mitgliedern
erarbeitet und liegen seit 2001 in anwendbarer Fassung vor.
Wurde 1994, also bei Gründung von IDEAS, die Frage nach Wirkung und Vergleichen in der
EZA– obgleich bereits damals schon würdig gestellt zu werden- noch eher belächelt und
stiefmütterlich abgehandelt, hat sie im Lauf der Jahre immer mehr an Bedeutung gewonnen.
Die Fragen nach Wirkung, Relevanz und Transparenz von EZA dringen inzwischen bis in die
breite Öffentlichkeit vor.
Wir sind überzeugt, die Thematik verlangt einen sensiblen Umgang, der den Bedürfnissen
der Öffentlichkeit mehr Rechnung trägt als bisher. Die entwicklungspolitische Szene und der
Anspruch der entwicklungspolitisch Interessierten verändert sich. Wir sehen uns gerade jetzt
in unserem Gründungsauftrag bestärkt, daran mitzuwirken.
Mit der Verfeinerung des AidRating-Konzepts wollen wir einen Standard zu einer machbaren,
praktischen Wirkungsanalyse in EZA-Projekten erreichen, der konkrete Auswirkungen
anschaut und vergleichbar macht. Dies im Sinne der Bereicherung der
entwicklungspolitischen Diskussion und der Schaffung von wirklich unabhängiger
Betrachtung.
Wir stellen das Konzept auch verschiedenen Experten vor, die sich im speziellen mit
Auswirkungen in der EZA befasst haben. Mehrere haben an der Kohärenzstudie zur DEZA
mitgewirkt. Die Verantwortlichen von NADEL-ETH, mit denen wir erneut in Kontakt zu
kommen versuchten, sind weiterhin nicht interessiert. Aber neue Interessenten und
Mitstreiter gewinnen wir immerhin. Im Dezember ist das Konzept auf einen publikationsreifen
Stand gebracht.
Zur nötigen Finanzierung seiner Veröffentlichung und der Folgekosten stellen wir einen
Finanzierungsantrag an Städte und Kantone. Ergebnisse zum Gesuch werden im nächsten
Jahr erwartet.
Pilotprojekt
Im Rahmen des Projektes starten wir Ende 2007 ein Pilotprojekt. Thema: Spendensammlung
durch die Schweizer Hilfswerke. Sämtliche Hilfswerke rufen in der Vorweihnachtszeit
vermehrt zu Spenden auf. Das AidRating- Kernteam hat begonnen, Proberatings zur
Transparenz von Spendeprojekten zu machen. Arbeitsquellen sind die Informationen aus
Jahresberichten, Jahresrechnungen und Projektbeschrieben, die die Hilfswerke ins Internet
stellen. Von uns ausgewählt werden nach dem Zufallsprinzip jeweils eine gleiche Anzahl
Projekte, die wir dann nach einem eigens entwickelten Fragenkatalog analysieren. Geratet
wird jeweils im mindestens 4-Augensystem.
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Die Arbeit ist aufwendiger als angenommen und die ersten Ergebnisse sind erstaunlicher als
erwartet. Es sieht immer mehr danach aus, dass ein Ergebnis unverzüglich eine oder
mehrere weitere Fragen nach sich zieht, bzw. weitere Bereiche auftut, die völlig im Unklaren
liegen.
Um dennoch eine Qualität zu erbringen, die unseren Ansprüchen an uns selber entspricht,
sind wir veranlasst, die Arbeit weit ins nächste Jahr zu leiten. Die Ergebnisse sollen 2008 zu
konkreten Nachfragen an die Hilfswerke genutzt werden.
Events 2007
Februar: SOFI, internationaler Wirtschaftskongress in Zürich
-
Juli und September: Institut für Föderalismus Fribourg, Expertenaustausch zum
Thema Kosovo
-
August: FH Olten, Expertenaustausch zum AidRating
-
August: St. Gallen, Expertenaustausch zum Thema AidRating
-
September: Schweizerische Tagung für Geschlechter
Historischen Seminar in Basel zum Genderthema
-
September: DEZA-Tag in Genf zum Thema Jugend in der EZA
-
Oktober: Expertenaustausch AidRating Basel
-
Oktober: Rundschau-Interview zum Thema LUKO
-
Dezember: LUKO in Rundschau auf Sendung
und
Geschichte
am
Interna
An der Mitgliederversammlung am 29.September 2007 wird ein Präsidiumswechsel gut
geheissen. Jan Stiefel, Gründer und langjähriger Präsident von IDEAS, tritt vom Amt des
Präsidenten zurück und ist fortan als Sekretär sowie Projektleiter des AidRating tätig. Wir
danken ihm herzlich für sein unermüdliches und wegweisendes Engagement und schätzen
seine zukünftige Tatkraft.
Die Präsidentschaft wird Elvira Prohaska, seit 2001 im Vorstand, übertragen. Als
hauptberufliche Hebamme mit Ethnologiestudium hat sie sich in die Themen der EZA
eingearbeitet und 3 Jahre Aufgaben im Kosovo-Projekt übernommen. Elvira hat sich
aufgrund ihrer Vita neben ihrer Sachkenntnissen auch einen publikumsnahen Blick bewahrt.
Fazit und Ausblick
Das Jahr 2007 schliesst durchaus vielversprechend. Es ist uns gelungen, ein
Kommunikationsnetz mit Fachleuten und Medien aufzubauen. Wir haben einen ersten
wichtigen Schritt in den sich anbahnenden Wandlungsprozess innerhalb der
Entwicklungszusammenarbeit getan und wollen mit dem AidRating an seiner Gestaltung
aktiv mitwirken. Unser unabhängigen Status lässt uns die Möglichkeiten, dies zu tun.
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Wir freuen uns, in diesem Jahr 3 Neumitglieder begrüssen zu können. Insgesamt haben wir
nun 21 Mitglieder und hätten nichts einzuwenden, gesellte sich ein Team aus nationalen und
internationalen Fachleuten in nächster Zeit dazu. Dies ist ein Ziel, auf das wir hinarbeiten.
Die Publikation des AidRating sowie die Ausarbeitung des Pilotprojektes liegen uns am
Herzen und werden unsere Arbeit auch im nächsten Jahr bestimmen.
Herzlichen Dank an alle, die geholfen haben, dieses Jahr so erfolgreich zu gestalten!
Elvira Prohaska
Präsidentin
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