Vom sozial gestörten Arbeitshund zum Familienhund - Freiherr

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Vom sozial gestörten Arbeitshund zum Familienhund - Freiherr
Freiherr- vom -Stein Schule, Hessisch Lichtenau
Thema:
Vom sozial gestörten Arbeitshund zum Familienhund
verfasst von Ines Hübner
Betreuender Lehrer: Herr Siebert- Gittermann
Fürstenhagen, den 13.04.2008
1
Inhaltsverzeichnis
Fachbegriffverzeichnis………………………………………………....S.3
Vorwort : ………………………………………………………………...S. 4
1.Vorstellung des Hundes
1.1 Rassenprofil………………………………………………………...S.5-6
1.2 Abstammung des Hundes…….......................................................S.6-7
1.3 Allgemeine Erziehung von Hunden..............................................S.7-8
1. 4 Mimik und Gestik des Hundes (speziell
für den Fall: Aggression und Angst)……………………………S.9-10
2.Vorgeschichte des Versuchstiers und ihre
Verhaltensauffälligkeiten:
2.1Vorgeschichte
und Herkunft(Atlanta)………………………………………………...S.11
2.2 Darstellung des problematischen Verhaltens…………………..S.12-13
2.3 Analyse der Verhaltensauffälligkeiten………………………….S.13-15
2.4 Wie gehe ich mit diesen Verhaltensauffälligkeiten
als Hundehalter um? Fehler, die bei dem Umgang
mit geschädigten Tieren passieren können.................................S.15-16
2.5 Erziehungsmaßnahmen bei Atlanta…………………………….S.16-18
3.Wie geht der Hund, wie geht die Familie
mit den neuen Regeln um?
3.1 Umsetzung der eingeführten Regeln……………………………S.18-20
3.2Vergleich zwischen damaligem Verhalten
und heutigem Verhalten.
Was hat sich deutlich verändert?........................................................S.20-21
3.3 Darstellung der gewonnen Bindung
von Atlanta zur Familie………………………………………………S. 21-22
Nachwort………………………………………………………………..S.23
2
Fachbegriffverzeichnis:
Canis Lupus : Wolf
Olfaktorisch :Wahrnehmung von Gerüchen
Intraspezifisch : innerartlich
Alphatier: Tier, welches in einer Rudelgemeinschaft an erster Stelle steht, meist wird
ein Wolfsrudel von einem Alphapaar geführt.
3
Vorwort:
Ich habe mich speziell für die Untersuchung des Fehlverhaltens von Atlanta
entschieden, da es für mich persönlich sehr ansprechend war, mehr Einblicke in die
Verhaltenswelt unseres Hundes zu bekommen. Außerdem denke ich, dass mir mit
dem Schreiben dieser Arbeit klar werden wird, warum sich unser Hund so verhielt,
wie er es in der Vergangenheit getan hat. Und auch warum er heute bestimmte
Verhaltensmuster an den Tag legt. Somit kann ich, im späteren Umgang mit dem
Hund, besser mit ihm arbeiten und ihn verstehen.
Mir war es wichtig herauszubekommen, ob es möglich ist, eine strikte
Verbindungslinie zwischen Atlantas Vergangenheit und ihrer Persönlichkeit zu
ziehen, um damit ihr Verhalten plausibel zu begründen und somit einen besseren
Weg zu finden, es möglichst tiefgreifend zu „kurieren“ und dieses gewonnene
Wissen im späteren Alltag positiv zu nutzen.
Dies bedeutet, sich mit einer neuen „Fremd-Sprache“ zu beschäftigen, welche sich
weniger mit Worten und Lauten befasst, eher mit Mimiken und Körpersprache. Ich
muss mich auf die Suche nach einem weitaus genaueren und klareren Einblick in die
Psyche unseres Hundes begeben und es ist wichtig, dass ich mich viel konkreter mit
ihren Problemen auseinander setzte als zuvor. Woher stammt das auffällige
Verhalten? Was ist in ihrer Vergangenheit mit ihr passiert? Welche Möglichkeiten
habe ich ihr Verhalten zu ändern bzw. zu verbessern?
Außerdem kann man mit der Analyse der vielen Problematiken Fehler aufdecken,
die man selber macht, an einigen Verhaltensmustern nicht immer nur der Hund
allein schuld ist. Auch die Hundehalter begehen viele Fehler, die sie bei der
Erziehung vermeiden müssen.
Somit arbeitet man auch an sich selbst und wird ein besserer Halter für das Tier. Also
ist nun der Mensch dafür verantwortlich, dass der Hund sich falsch verhält?
4
1.Vorstellung des Hundes
1.1 Rassenprofil des zu untersuchenden Hundes1:
Das vorgestellte Tier (Hündin) ist ein deutscher Jagdterrier, welches weiblichen
Geschlechts ist und Atlanta heißt. Ihre Größe beträgt ca. 34 cm Schulterhöhe und sie
hat ein Gewicht von
10 kg. Die Farbe des Fells ist schwarz
mit
Abzeichnungen
hellen
an
Augenbrauen,
Läufen, im Gesicht,
am After und um ihre Schnauze
herum. Ihr Kopf ist
keilförmig und gestreckt, ihre Augen
sind haselnussbraun,
oval und ausdrucksstark. Die Ohren
sind
liegen leicht an und sind V-förmig.
Kippohren,
Jagdterrier wurden speziell zur Jagd gezüchtet und haben deshalb einen
ausgeprägten Jagdinstinkt und Jagdtrieb, gerade bei Katzen und anderen Kleintieren
reagieren Jagdterrier äußerst aufgeregt und würden, wenn sie sie zwischen die
Zähne bekämen, diese Tiere auf der Stelle töten. Dieser Jagdtrieb kommt bei Atlanta
sehr stark zum Vorschein, gerade bei Katzen und Nagetieren, welche sie regelmäßig
verfolgt oder sogar erbeutet (meistens Mäuse).
Jagdterrier sind sehr mutig, zäh, temperamentvoll, furchtlos, starrköpfig und haben
eine ausgesprochen gute Nase, was gerade für Jäger ausgezeichnete Arbeitqualitäten
darstellen. Eine Haltung nur als privates Haustier/ Begleithund wird durch diese
speziellen Eigenschaften des Tieres sehr erschwert und bei Stadtwohnungen ist von
einer Anschaffung dieser Rasse vollkommen abzuraten. Gerade wenn man einen
Jagdterrier als Begleithund wählt, muss man sich auf lange Spaziergänge (am besten
Leinen los) einrichten, da diese Hunde ohne viel Bewegung schnell unterfordert
sind. Zusätzlich muss man bei deutschen Jagdterriern beachten, dass sie viel
Kopfarbeit brauchen. Ohne diese werden diese Hunde schnell verhaltensauffällig, da
sie sich langweilen und beginnen aus dieser Unterforderung heraus (zum Beispiel)
Möbel zu zerstören oder anderes auffälliges Verhalten zu entwickeln. Bei Atlanta
zum Beispiel verwenden wir zwei Becher und legen unter einen der Becher ein
1
Bezieht sich auf Informationstext eines anderen Jagdterrier Besitzers,
www.deutscher-jagdterrier.purespace.de/Seite4.htm
5
Leckerchen. Dies muss der Hund unter dem Kommando Sitz beobachten und es,
sobald man ihr die Erlaubnis erteilt hat, suchen.
Wenn der Hund einmal in die Familie integriert ist, entwickelt er ein sehr
ausgeprägtes Revier-(verteidigungs-) verhalten. Außerdem muss man bei anderen
Hunden vorsichtig sein, da Jagdterrier eher weniger verträglich sind.
Trotz seiner kleinen Gestalt ist der Jagdterrier kein „Schmusehund“, denn diese
Rasse lässt sich nicht unbedingt in jeder Situation bedenkenlos streicheln. Sobald es
dem Hund genug wird, macht er dies auch deutlich. Deshalb sollte man gerade bei
Anwesenheit von Kindern sehr vorsichtig sein.
Für diese Rasse ist außerdem wichtig, dass sie eine Person braucht die ihm seine
Grenzen zeigt („eine starke Hand“ 2), da diese Hunde sehr zur Dominanz neigen. Auf
diese eine Person ist der Hund zusätzlich stark fixiert. „Der Rest der Familie wird zwar
akzeptiert, aber eher selten vom Hund mit einer freundlichen Geste, wie Schwanz wedeln,
begrüßt“3.
In unserer Familie ist diese Person mein Vater, den sie am meisten
respektiert und dem sie am besten gehorcht (Rang höchster).
1.2 Die Abstammung des Hundes
Bei der Untersuchung der auffälligen Verhaltensmerkmale eines Hundes, ist es als
allererstes wichtig, sich mit seiner Herkunft auseinander zusetzten, um besser
verstehen zu können, wie ein Hund „funktioniert“. Außerdem sollte man, alle
wichtigen Grundverhaltesmuster eines Hundes verstehen lernen, um sich stärker mit
den eigentlichen Problemen des Hundes (in diesem Fall aggressives Verhalten
gegenüber Nichtangehörigen des „Rudels“ und unbekannten Menschen, wie zum
Beispiel dem Postboten oder Besuchern der Familie) auseinander setzen zu können.
Es ist sehr wichtig, dass man sich als Hundeleiter/Hundeführer nach den
Verhaltensweisen der Tiere richtet und überlegt, wie wohl der Hund handeln und
denken würde. Man sollte nicht das Verhalten des Tieres mit dem der Menschen
vergleichen, da ihre Lebensweisen und ihr Sozialverhalten doch sehr starke
Unterschiede zu den unseren aufweisen.
2
3
www.deutscher-jagdterrier.purespace.de/Seite4.htm.
www.deutscher-jagdterrier.purespace.de/Seite4.htm.
6
„Da es Hunden niemals möglich sein wird unsere Sprach zu erlernen sollten wir uns doch
die Mühe machen und versuchen ihre Sprache zu verstehen und deuten zu können, um so
bessere Erziehungserfolge zu erhalten.“ 4
„Weltweit sprechen alle Hunde nur eine einzige Sprache“5.Diese haben sie von ihrem
Vorfahren vererbt bekommen. Der Vorfahre des Hundes ist der Wolf (Canis Lupus).
Von diesem Vorfahren haben alle Hunde bestimmte Merkmale (Gestik, Mimik und
Sozialverhalten) übernommen, die es leichter machen einen Hund zu erziehen und
richtig zu führen. Außerdem kommt hinzu, dass der Canis Lupus ein Rudeltier ist.
Diese Rudeltiere besitzen eine „hierarchisches System“6 ein Rudelsystem, welches
einen Ranghöchsten besitzt, der das Rudel anführt, verteidigt und versorgt. Dieses
hierarchische System haben die heutigen Haushunde von ihren Vorfahren vererbt
bekommen und sie richten sich auch in Familien nach diesem System. Diese
Information über den Hund bildet ein wichtiges Hintergrundwissen für jeden
Hundehalter. Da sie sich im Klaren sein müssen, dass der Hund diese Rangordnung
auch in der Familie sehen wird und man sich nun um eine funktionierende
Rangordnung kümmern muss. „Ein Hund muss allen Mitgliedern seiner Familie
gehorchen“7. Da er der letzte der Rangordnung ist und somit allen anderen unterlegen
ist.
1.3 Allgemeine Erziehung von Hunden:
Wie schon oben angesprochen sollte man sich als aller erstes über die herrschende
Rangordnung im Kopf der Hundes klar werden. Diese liegt im Instinkten des
Hundes und spielt eine große Rolle in seinem Sozialleben. Wird dem Hund seine
Stellung innerhalb der Familie nicht klar gemacht überfordert dies das Tier oft
deutlich. Der Hund darf nicht das Gefühl haben, dass er in der Position ist, die
Familie zu leiten und anzuführen. 8“Die Tiere brauchen nie für sich selbst zu sorgen.
Deshalb dürfen wir ihnen niemals die Verantwortung von Alphatieren eines Rudels
überlassen, weil sie dieser nicht gewachsen sind und mit dieser Aufgabe nicht fertig werden.“
Also sollten die Besitzer dafür sorgen, dass ihr Hund stets den letzten Rag in der
4
Literatur : „Mit Hunden sprechen“; S.73
Literatur : „Mit Hunden sprechen“; S.73
6
Literatur: „Mit Hunden sprechen“; S.74
7
Literatur: „Hunde richtig erziehen“, Bruce Fogle; S.17
8
Literatur: „Mit Hunden Sprechen“; S.77
5
7
Rangordnung besitzt und auch nicht versucht sich dominant aus diesem in einen
höheren Rang zu drängen. Der Hund sollte sich stets beschützt und geliebt fühlen,
die „ Alphatiere oder -menschen“ sollten daher immer freundlich, tolerant und klug
handeln“9. Sobald ein menschlicher Führer versucht, sein Tier mit Schreien und
Schlagen zu erziehen, wird auch der Hund ihn als schlechten Führer ansehen.
„Erziehung sollte daher nichts mit Härte, Gewalt und Strafe zu tun haben sondern mit
Konsequenz und Lob ausgeführt werden“10. Nur so kommt man, ohne seinen Hund
seelisch von sich zu distanzieren und zu verstören, zum Erfolg.
Dazu kommt zusätzlich, dass es für einen Hund wichtig ist einen geregelten
Tagesrhythmus zu schaffen, um ihn besser in die Familie zu integrieren und ihm eine
Sicherheit zu schaffen die er gerade am Anfang (beim Einzug in sein neues „Rudel“)
braucht.
All diese wichtigen Vorkenntnisse und Regeln sind notwendige Bestandteile um
unseren Hund Atlanta einen guten Einstieg in unsere Familie zu ermöglichen.
Gerade weil sie ein verhaltensauffälliger Hund ist, muss man alle meine oben
angesprochenen
Verhaltensmerkmale
und
Bedürfnisse
sowie
Erziehungsmaßnahmen berücksichtigen und einhalten. Für die Erziehung des
Hundes gibt es außerdem wichtige äußerliche Anzeichen, die dem Besitzer seine
Gefühlslage verdeutlichen und so auch weitere Hilfsmittel bei der Erziehung sind,
die so genannte Sprache der Hunde.
1.4 Mimik und Gestik des Hundes speziell auf Aggression und Angst bezogen 11:
Die Sprache der Hunde besteht, neben akustischen Ausdrucksverhalten und
olfaktorischer Kommunikation, aus bestimmten optischen Merkmalen, welche die
Mimik und die Gestik bilden. Auf diese muss man ständig achten, wenn man mit
seinem Hund zusammen lebt und arbeitet. Merkmale der Mimik bilden z.B.
verlängerter Augenkontakt, welcher zwischen Mensch und Hund auf gleicher Ebene
9
Informationsblätter der Tierheilkundlerin A. Kohlberger (Spezialistin im Verhaltenstraining); Erziehung der
Hundes
10
Informationsblätter der Tierheilkundlerin A. Kohlberger (Spezialistin im Verhaltenstraining); Erziehung der
Hundes
11
erarbeitet aus einer Zusammenstellung von Informationen von unserer Tierheilpraktikerin (Spezialistin im
Verhaltenstraining) A. Kohlberger
8
gehalten wird, wirkt auf den Hund herausfordernd (Gleiches kann man auch bei
Artgenossen beobachten). Wendet der Hund sein Gesicht direkt seinem Gegenüber
zu, bedeutet dies, dass er Interesse sowie Selbstsicherheit besitzt, soll aber auch als
Drohung verstanden werden. Diese Haltung soll dem Gegenüber einfach eine
gewisse Überlegenheit symbolisieren.
Ein weiteres Merkmal der Mimik, welche man als Drohung versteht, ist die Biegung
des Kinns zur Brust des Hundes (Das Gesicht, die Ohren und das gesträubte
Rückenfell sind nun deutlich sichtbar).
Unsicherheit wird hingegen durch verschüchtertes Drehen des Kopfes symbolisiert
und kommt häufig dann vor, wenn man den Hund anschaut oder streicheln möchte.
Der Hund fühlt sich in seiner Situation nicht wohl. Eine weitere Steigerung dieser
Unsicherheit ist die Unterwerfung und Angst, welche sich durch einen gesenkten
Nacken und ein gehobenes Kinn ausdrücken.
Abb.1 : aktive Unterwerfung (gesenkter Nacken, gehobenes Kinn)
Auch mit der Gestik drücken Hunde sehr deutlich
bestimmte Gefühlslagen aus. Wenn sich der Hund
sehr selbstsicher fühlt, Interesse zeigt oder droht,
zeigen beide Ohren nach vorne.
Wenn die Ohren jedoch nach hinten stehen,
Deutliches
Zeichen für
Unsicherheit
von Atlanta.
Ihre Ohren
stehen nach
hinten, der Blick
ist gesenkt.
bedeutet dies oftmals Unsicherheit des Tieres, kann aber auch eine freundliche und
friedliche Einstellung ausdrücken.
Eine sehr wütende Stimmung lässt sich an einer nach oben gezogenen Oberlippe,
welche so die Zähne entblößt, erkennen.
Dies lässt sich jedoch noch mal in zwei unterschiedliche Stimmungen einteilen. Ist
der Hund wirklich böse, zeigt er lediglich die vorderen Zähne, ist er unsicher und
ängstlich, entblößt der Hund die gesamte Zahnreihe. Dazu kommen auch noch
andere Körpersignale wie das Gangbild eines Hundes, die Haltung der Rute sowie
die Lautäußerung eines Hundes. Im Fall Atlanta sprechen wir von einem sehr
unterwürfigen Tier mit potenziellem Aggressionsverhalten, hierbei ist deutlich zu
9
erkennen, dass der Hund „den Blick meidet, seinen Schwanz einklemmt und in sich
zusammen sinkt wenn sich jemand ihm nähert“12.
Abb.2 Körperhaltung symbolisiert Angst,
gut zu erkennen an der stark eingeklemmten Rute und der
zusammen gefallene Körperhaltung,
die Ohren stehen leicht
nach hinten.
Abb.3 Körperhaltung symbolisiert den
Angriff, die Rute steht aufrecht vom
Körper weg, die Ohren
sind aufgerichtet
Rutenhaltungen:
Abb.4
1.Vertrauen
2.Drohung mit Selbstvertrauen
3.Selbstsichere Haltung (Alphawölfe)
4.Normale Haltung
5.Drohend, aber unsicher
6.Normale Haltung, z.B. bei der
Nahrungsaufnahme
7.Entmutigung
8.Drohung, Verteidigungsbereitschaft
9.Aktive Unterwerfung,
Schweifwedelnd
10.Totale Unterwerfung (Omegawölfe)
►(blau gekennzeichnet sind die Rutenstellungen,
welche Atlanta bei ihren Verhaltensauffälligkeiten
auch schon zeigt)
2. Vorgeschichte des Versuchstiers und ihre
Verhaltensauffälligkeiten
2.1 Vorgeschichte und Herkunft von Atlanta:
Atlanta bekamen wir im Jahr 2005. Bei der Anschaffung entschieden wir uns gegen
einen Züchter und holten sie aus dem Tierheim (Wau-Mau-Insel Kassel).
Wenn man sich für diesen Weg entscheidet, einen Hund aus einem Tierheim in eine
Familie zu bringen, muss man sich im Klaren sein, dass Probleme auf einen als
Hundehalter zukommen, da diese Tiere meist eine schreckliche Vergangenheit
hatten, welche sie prägt und in ihrem Verhalten verändert.
12
Literatur: „Hunde richtig erziehen“, Bruce Fogle; S. 17 (Unterwürfigkeit)
10
So war es auch bei Atlanta.
Ursprünglich ist Atlanta aus Ungarn nach Deutschland gekommen, wie man uns
berichtete. Dort wurde sie aufgefunden, nachdem sie während einer Jagd die Gruppe
verließ und wahrscheinlich mehrere Tage im Wald umherirrte. Bei ihren früheren
Besitzern wurde sie mit großer Wahrscheinlichkeit, nicht wie heutzutage familiär
gehalten, sondern als reines Arbeitstier gebraucht. Ihr damaliger äußerlicher Zustand
wies außerdem auf Misshandlungen hin (Über ihr gesamtes Hinterbein erstreckt sich
eine sehr große Narbe, welche schlecht versorgt wurde, außerdem ist ihre Rute
kupiert, also verkürzt worden).
Von Ungarn gelangte Atlanta nach 3 Monaten nach Kassel in die Wau- Mau- Insel
und blieb dort weitere 2 Monate. Schließlich nahmen wir Atlanta im Sommer 2005 in
unsere Familie auf.
Anfangs war Atlanta zwar etwas scheu aber sonst nicht weiter auffällig in ihrem
Verhalten gegenüber uns als Familienmitgliedern und auch nicht gegenüber
Fremden. Später dann entwickelte sie ein auffällig aggressives und ängstliches
Verhalten nicht nur unbekannten Menschen gegenüber, sondern auch bei
Familienmitgliedern (sehr stark gegenüber meiner kleinen Schwester).
11
2.2 Darstellung des problematischen Verhaltens:
Zu den Auffälligkeiten, welche Atlanta im Alltag zeigt, gehörten: nervöses
Abb.5:
Hund weist gleiches
Verhalten, bei einem
Fremden, auf wie
Atlanta.
Eingezogene Rute,
gebückte Haltung
und zeigen der
Zähne.
Verhalten, Einklemmen der Rute, Knurren
bei
Berührungen
oder
zu
dichtem
Herantreten an ihren Schlafplatz und auch
an sie selbst, wenn sie sich außerhalb ihres
Korbes/Schlafplatzes befindet, bis zum
Zeigen
ihrer
Zähne
und
aggressivem
„Anfallen“ (ohne Beißen) beim Vorbeigehen. Oftmals ist dieses Knurren anfangs mit
Schwanzeinklemmen und Kopf zur Seite drehen und Ohren nach hinten ziehen
verbunden, außerdem zittert Atlanta oft am ganzen Körper. Sobald ihre Reaktionen
sich vom ängstlichen Knurren (verbunden mit Schwanz einklemmen) zu aggressiven
Reaktionen steigern, nimmt Atlanta eine ganz bestimmte gebückte und niedrige
Körperhaltung
einem
an
Abb.6:Atlanta in
einer unsicheren
Situation, sie fühlt
sich bedroht da
jemand fremdes
sich ihrem Korb
nähert.
sich
Löwen,
vollkommen
(vergleichbar
mit
heranschleichenden
gleichzeitig
aber
unsicher
und
eingeschüchtert).
Auch wenn Menschen am Fenster vorbei gehen, an dem sich ihr Schlafplatz befindet,
oder das Grundstück betreten, zeigt Atlanta sehr starke Aggressionen.
Gegenüber ihrer Familie äußert Atlanta in ganz bestimmten Situationen ihr
unangebrachtes Verhalten. Sobald sie sich zum Schlafen hingelegt hat, sollte man es
vermeiden sie zu streicheln, da sie sonst leicht gereizt reagieren wird. Man erkennt
den Moment, in welchen man sie in Ruhe lassen sollte, an ihrem eingerollten Körper.
Wenn sie diese Körperhaltung eingenommen hat, beginnt ihre Schlafphase, ihre
Ruhephase.
Außerdem
knurrt
Atlanta,
wenn
sie
zum
Beispiel
neben
gewissen
Familienmitgliedern auf der Couch sitzt und ein weiteres Familienmitglied sich
daneben setzt und sie streicheln will.
Alle oben genannten Verhaltensauffälligkeiten zeigte Atlanta erst nach ca. 2 Wochen.
12
In dieser Abbildung erkennt man einmal bei den drei
Köpfen der der zweiten Reihe(2.) und auch bei den
Köpfen der der dritten Reihe (3.), eine aggressive
Mimik, welche man auch schon bei Atlanta erkennen
konnte.
Abb.6
Viele Gesichtsformen drücken eine Mischung aus Angst (zunehmend von
links unten nach
links oben) und Angriff (zunehmend von links unten nach rechts unten)
aus.
1.
2.
3.
2.3 Analyse der Verhaltensauffälligkeiten:
Nun muss man eine gewisse Differenzierung zwischen artspezifischem und
angeeignetem Verhalten machen, da ihre Vergangenheit nicht unbedingt für alle
Verhaltensauffälligkeiten der Grund ist.
Zum einen haben Jagdterrier einen sehr klaren und starken Charakter, wie ich schon
im Rassenprofil angesprochen habe. Dazu gehört einmal das ausgeprägte
Revierverteidigungsverhalten, welches Atlanta klar zeigt, wenn fremde Personen das
Grundstück betreten oder außerhalb der Wohnung an ihrem Schlafplatz
vorbeilaufen. Hierbei handelt es sich um intraspezifisches13 Verhalten, der Hund
verteidigt sein Revier und sendet hierbei Signale aus, welche einschüchternd wirken
sollen. „Drohen statt kämpfen“14.
Zum anderen zeigt sie eine eher distanzierte Haltung gegenüber fremden Menschen,
wobei man hier jedoch Überschneidungen ziehen muss, zwischen der generellen
Distanzierung von der Rasse Jagdterrier zu Fremden
und dem ausgeprägten
aggressiven, nebenbei aber auch unterwürfigen Verhalten, welches Atlanta
entwickelt hat.
Das sich später zeigende ängstliche und manchmal auch aggressive Knurren sind
Aggressionen, die der Hund durch ein fehlerhaftes Verhalten seines Vorbesitzers
13
www.biologie-online.eu/verhaltensbiologie/verhalten-tier-mensch.php#Instinkt Aggressionsverhalten bei
Tieren
14
www.biologie-online.eu/verhaltensbiologie/verhalten-tier-mensch.php#Instinkt; Aggressionsverhalten
(allgemein)
13
angeeignet hat. „Aggressionen sind keine angeborenen Verhaltensweisen. Sie werden durch
Erziehung erworben“15.
Ihr untypisches Verhalten und ihr aggressives Auftreten kommen aus einer falschen
und nicht artgerechten Erziehung. Hierbei wurde Atlanta mit sehr großer
Wahrscheinlichkeit von ihrem früheren Halter sehr isoliert gehalten und konnte so
kaum soziale Erfahrungen sammeln. Ihr ganzes Sozialverhalten ist somit sehr
gestört.
Ihre einzige Bezugsperson war der Jäger, wobei man sich nicht sicher sein kann, ob
Atlanta überhaupt eine Bezugsperson während ihrer Zeit als Jagdhund hatte.
Deswegen entwickelte sich bei ihr eine ängstliche Haltung gegenüber jedem
Menschen, welcher ihr unbekannt ist. Es ist schwierig für Atlanta eine soziale
Bindung aufzubauen und Vertrauen in ihre sie ständig begeleitenden Menschen zu
gewinnen.
Dies merkte man in der Anfangszeit, als sie in unsere Familie kam, sehr. Sie verhielt
sich, geäußert durch bestimmte Gestiken, ängstlich bei Berührungen und
präsentierte sich oft in einer so genannten passiven Demutshaltung. Sobald man sie
jedoch in dieser Position berührte begann sie wieder zu knurren. Diese
Demutshaltung ist ein weiteres Signal, neben ihrer äußeren Erscheinung, darauf,
dass Atlanta unter körperlicher Gewalt (Misshandlung) gelitten haben muss. Die
Haltung sollte ihrem Vorbesitzer symbolisieren, dass sich Atlanta unterworfen hatte.
Dieser erkannte ihre Haltung jedoch nicht oder wollte sie nicht erkennen und schlug
weiter auf sie ein.
Dies erklärt warum Atlanta ärgerlich/aggressiv reagiert, wenn sie eine Person in
dieser Haltung berührt. Die Misshandlungen bzw. die Anwendung von Gewalt hatte
sehr tief greifenden Einfluss auf Atlantas Verhalten und ihren sozialen Umgang mit
Menschen. Man merkt ihr selbst nach der Eingewöhnung in unsere Familie und
nach den Erziehungsmaßnahmen noch ein leichtes Unwohlsein an, wenn man sie
streichelt.
Ihr ganzer Körper verkrampft oft und auch ihre Kopfhaltung symbolisiert in
manchen Momenten, dass Atlanta sich nicht sehr wohl fühlt.
15
www.biologie-online.eu/verhaltensbiologie/verhalten-tier-mensch.php#Instinkt; Aggressionsverhalten bei
Tieren
14
Diese ganzen Auffälligkeiten waren in den ersten zwei Wochen, in denen Atlanta zu
uns kam, nicht festzustellen, da es bei verhaltensauffälligen Hunden üblich ist, sich
erstmals unauffällig und gehorsam zu zeigen, um festzustellen, ob man (der Hund)
eine feste Position in der Familie besitzt und um auf jeden Fall in das „Rudel“
integriert zu werden. Als Atlanta bewusst war, dass sie ein festes Mitglied unserer
Familie ist, begann sie ihr eigentliches Verhalten zu zeigen.
Abb.7
Bild zeigt die Körperhaltung einer „passive Demutshaltung“
2.4 Wie gehe ich als Hundehalter mit diesen Verhaltensauffälligkeiten um? Fehler,
die bei dem Umgang mit geschädigten Tieren passieren können:
Nun
muss
man
sich
als
Hundehalter
überlegen,
wie
man
mit
diesen
Verhaltensauffälligkeiten umgeht. Zum einen ist es wichtig, den Hund nicht zu sehr
zu verwöhnen. So kann es dazu kommen, dass der Hund schnell den Eindruck
gewinnt, er sei die Spitze der Rangordnung. Bei diesem Verhalten dem Hund
gegenüber, tritt nicht die gewünschte Verbesserung des Verhaltens ein, sondern es
ist in fast allen solchen Fällen, eine Verschlechterung zu erkennen. (Der Hund
nimmt neben seinem ängstlichen Verhalten zusätzlich eine sehr dominante Haltung
der Familie gegenüber ein). „Er bleibt der überhütete Mittelpunkt, der alle Ängste
behält“16. Was auch ein falscher Weg ist, den Hund von seinen Ängsten und seinen
Aggressionen zu befreien, ist zu autoritär zu handeln. Es ist nicht gut den Hund zu
streng und vollkommen ohne Liebe zu erziehen und zu handhaben. Dies hat genau
den gleichen Effekt, wie das zu starke „Bemuttern“ und Verwöhnen des Hundes. Die
Verhaltensauffälligkeiten bleiben und verschlimmern sich im schlimmsten Fall sogar.
Man muss also eine ausgewogene Handhabung zwischen einem einfühlsamen
Verhalten gegenüber dem Hund finden, um ihm seine Angst zu nehmen. Außerdem
16
www.jagdhund-ad.de/32_angst_allg.htm; Eine Schräglage der hundlichen Persönlichkeit erfordert mitunter
ebenso „schräg gelegte“ Korrekturmethoden
15
muss man sich trotzdem durchsetzen und den Hund
in der Rangordnung
unterordnen. „Zudem muss der Besitzer seine Körpersprache und emotionale Stressreaktion
erst vermeiden lernen, denn das merkt der Hund sofort und ist in seiner Angst bestärkt“17.
Wichtig ist außerdem, dass man Angst oder Aggressionsverhalten, nie alleine
versuchen sollte zu beheben. Der Rat und die Unterstützung einer fachkundlichen
Person sind hier ein Muss, da sonst nur Fehler passieren werden und einer
Verschlechterung, statt einer Verbesserung der Angst und Aggression sind die Folge.
2.5 Erziehungsmaßnahmen von Atlanta:
Erziehungsmaßnahme
Beschreibung
Der Hund muss seinen Platz bzw. Korb
aufsuchen und darf diesen nicht verlassen
Atlanta ist es nicht gestattet ihren Platz/Korb
zu verlassen, wenn die Familie gerade beim
Essen ist oder Besuch das Haus betritt.
Alle fremden und Besucher des Hauses
müssen Atlanta ignorieren. Das heißt sie
dürfen sich nicht von oben herab zu ihr
herunter beugen, um sie zu streicheln. Auch
wenn sich Atlanta den Besuchern nähert,
müssen diese sie vollkommen ignorieren.
Sobald Atlanta bösartig und aggressiv
reagiert,
ob
bei
Besuchern
oder
Familienmitgliedern,
wird
eine,
mit
klappernden Gegenständen gefüllte, Dose vor
Atlanta geworfen.
„Rudeloberhaupt“ bestimmt feste Fresszeiten.
Außerdem nimmt der Hund nicht mehr aktiv
am Essen der Familie teil.
Ignoranzmethode
Schreckmethode
Feste Fresszeiten
18
Bei Atlanta haben wir in der Erziehung anfangs genau den von mir oben
angesprochenen Fehler gemacht und sie zu sehr verwöhnt und bemitleidet. Ihr
wurde es gestattet ohne Aufforderung auf dem Sofa sowie auf dem Sessel zu sitzen
und auch sonst hatte sie alle Freiheiten, wie Fressen wann immer sie wollte und auch
wenn wir gerade am Essen waren, durfte Atlanta unter dem Tisch liegen bleiben und
sobald sie bettelte, bekam sie etwas vom Tisch zu essen. Aus diesem lockeren
Umgang entwickelte sich von Atlanta nun bald ein dominantes Verhalten gegenüber
17
„ Verhaltensbiologie für Hundehalter“, Dr. Udo Gansloßer; S.69 (Therapiemöglichkeiten)
Blau sind Erziehungsmaßnahmen zur Sicherung der Rangordnung. Mit der Farbe Orange sind die
Erziehungsmaßnahmen gekennzeichnet, die ihr Aggressionsverhalten therapieren sollen.
18
16
meiner jüngeren Schwester. Atlanta versuchte sich in der Rangordnung einen Platz
höher zu schieben und reagierte immer wieder ungehorsam und leicht aggressiv auf
meine Schwester. Außerdem veränderte sich nicht im Geringsten etwas an ihrer
ängstlichen und aggressiven Haltung gegenüber fremden Menschen und es wurde
schwer Atlanta zurückzuhalten, sobald jemand an der Tür war oder das Haus betrat.
Als Atlantas dominante Haltung gegenüber Familienmitgliedern und Fremden
überhand nahm, entschlossen wir uns, eine Tierheilpraktikerin (Frau A. Kohlberger)
zu Rate zu ziehen. Diese gab Hilfestellung und vermittelte, was wir in der Erziehung
mit Atlanta falsch gemacht hatten. Es wurden feste Regeln eingeführt an die sich
Atlanta halten musste. Bei Besuch von Fremden ist es Atlanta nur kurz gestattet
ihren Korb zu verlassen, um von Anfang an zu vermeiden, dass Atlanta aggressiv
wird. Dies bedeutete, dass auch die Besucher unseres Hauses sich an der Erziehung
von Atlanta beteiligen müssen. Hierbei ist es wichtig, dass alle Besucher Atlanta
möglichst ignorieren, sobald sie an der Haustür auf sie zugeht. (Also von
euphorischen Streichel- und Freudeschüben ist abzusehen).
Sie sollte die Möglichkeit haben den „Eindringling in ihr Revier zu beschnuppern
und sich dann aber ruhig in ihren Korb begeben.
Außerdem nutzen wir neben der eben angesprochenen „Ignoranzmethode“ auch die
„Schreckmethode“.
Hierbei wurde Atlanta eine Dose vor die Füße geworfen, wenn sie sich mal wieder
sehr in ihr aggressives Verhalten hineinsteigerte. Diese Dose war gefüllt mit
klappernden Gegenständen, welche gerade auf Atlanta (durch ihre schlechte
Vergangenheit und ihre damit verbundene Unsicherheit) eine sehr einschüchternde
Wirkung hatte. Der Hund war damit in der Situation von seiner angriffsbereiten
Haltung abgelenkt und verschwand eingeschüchtert in seinen Korb. Nebenbei war
ihr klar, dass ihr Verhalten in dieser Situation nicht richtig war.
Zusätzlich wurden feste Zeiten für sie eingeführt, wann sie ihren Napf zum Fressen
zur Verfügung hat und wann nicht.
Atlanta muss, wenn unsere Familie gerade beim Essen ist, ebenfalls ihren Korb
aufsuchen. Diese Maßnahmen zeigen dem Hund, wo er in der Rangordnung steht, es
soll ihm symbolisieren: „Wenn das Rudel am Fressen ist, habe ich nichts dazwischen
17
zu suchen.“ Außerdem legt das „Rudeloberhaupt“ fest wann es Futter gibt und
wann nicht.
3. Wie geht der Hund, wie geht die Familie mit den neuen Regeln um?
3.1 Umsetzung der eingeführten Regeln:
An erster Stelle stand, die nicht mehr klar strukturierte Rangordnung innerhalb der
Familie wieder herzustellen. Dazu war es notwendig Atlanta ihre Grenzen zu zeigen
und ihr nicht mehr alle Offenheiten zu lassen. Dies bedeutete für alle
Familienmitglieder, Atlanta in ihre Schranken zu weisen, wenn sie sich zum Beispiel
auf dem Sofa nur von bestimmten Menschen streicheln ließ und jeden Anderen
anknurrte. Sobald so eine Situation eintritt, ist es wichtig, Atlanta sofort in ihren
Korb zu schicken und auf keinen Fall mehr auf sie zu zugehen. Der Rangniedrigere
ist dafür zuständig, sich bei dem Ranghöheren zu „entschuldigen“, seinen Fehler
einzugestehen.
Außerdem soll sie bei jeder Mahlzeit ihren Platz im Korb einnehmen und diesen
ohne Ausnahme nicht mehr verlassen solange, das Essen nicht beendet ist. Dies war
Anfangs schwierig, da sie sich meistens kurz vor dem Ende des Essens unter den
Tisch schlich und sich dort vor die Füße meines Vaters legte, welcher sie dann dort
liegen bleiben ließ, manchmal sogar streichelte. Trotz dieser anfänglichen lockeren
Handhabung, mit den für den Hund wichtigen Regeln, ließ sich Atlanta im Laufe der
Zeit darauf ein und bleibt mittlerweile auch auf ihrem Schlafplatz (mit einigen
Ausnahmen) bis alle mit dem Essen fertig sind. Nachdem Atlanta ein sicherer Platz
in unserer Familiengemeinschaft gesichert war, war es wichtig, Atlantas
Aggressionen in den Griff zu bekommen. Gerade dieses Problem machte unserer
Familie schwer zu schaffen und es gab auch Überlegungen den Hund wieder
abzuschaffen, wenn sie diese negative Eigenschaft nicht schnellstmöglich ablegte. Als
Aggressionstherapie führte Frau Kohlberger die „Schreckmethode“ ein. Sie war zu
dem damaligen Zeitpunkt die einzige, schnellstmögliche und beste Art, um Atlantas
Aggressionen zu „kurieren“, da diese Methode einen sehr tiefen Eindruck auf
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Atlanta hinterließ. Wichtig war es jedoch sie nicht in jeder Situation zu
„missbrauchen“, sondern sie ausgewählt, lediglich dann einzusetzen sobald Atlanta
bei Fremden oder Familienmitgliedern aggressiv knurrte, oder schlimmer noch, eine
fremde Person angreifen wollte. Diese Methode kam nur sehr selten zum Einsatz
hatte jedoch immer den gewünschten Erfolg. Meistens war die Dose am falschen Ort
aufbewahrt, sodass man sie erst später gebrauchen konnte. Dies war aber nicht Sinn
der Sache, da die Dose immer wenige Sekunden nach dem Vorfall zum Einsatz
kommen musste. Wird sie erst wenige Minuten später gebraucht, kann der Hund das
Werfen der Dose nicht mit seinem Fehlverhalten verbinden und die Dose erfüllt
nicht
den
gewünschten
Effekt.
Atlanta
war,
beim
Einsatz
dieser
Dose,
eingeschüchtert, verstand aber schnell, dass ihr Verhalten unangebracht war.
Das führte dazu, dass sie relativ schnell unter Kontrolle gebracht werden konnte und
ihre anfängliche Angriffslustigkeit verflog bis heute vollständig. Das Knurren in
manchen Situationen blieb jedoch. Um dies in Schach zu halten, kam weiterhin die
„Ignoranzmethode“ zum Einsatz. Die Dose hatte ihren Zweck erfüllt und wird von
uns heutzutage nicht mehr gebraucht.
Bis jetzt war es und ist es auch weiterhin wichtig, mit Atlanta immer weiter an ihrer
unruhigen Art und ihrem Knurren zu arbeiten. Die Wahrscheinlichkeit, dass Atlanta
diese Eigenschaft aufgibt, ist eher gering, es ist aber möglich sie unter Kontrolle zu
halten. Innerhalb der Familie ist ein friedliches Zusammenleben mit Atlanta Alltag
geworden und das Knurren gegenüber Familienmitgliedern hat sich bis auf einige
kleine Ausnahmen sehr verbessert und ist zurückgegangen.
3.2 Vergleich zwischen damaligem Verhalten und heutigem, was hat sich
verändert ?:
Anfangs hatten wir sehr große Schwierigkeiten mit Atlanta umzugehen und sie
richtig zu verstehen. Mit Einführung der festen Regeln und einem geregeltem
Tagesablauf, hat sich Atlanta weiter entwickelt und verändert.
Sie geht viel offener mit allen Situationen um und gerät weitaus weniger häufig in
Stresssituationen. Früher machte ihr jegliche Veränderung, sei es spontaner Besuch
oder der Aufbruch zum geplanten Sommerurlaub, stark zu schaffen und sie wurde
unruhig, verkrampft und fing schnell wieder an ihre ängstliche und knurrige Art zu
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zeigen. Außerdem verhielt sie sich jedem Fremden gegenüber sehr abweisend und
bösartig. Heutzutage ist es für sie nicht mehr so belastend, wenn sich die ganze
Familie zur Familienfeier trifft oder jemand Fremdes sich länger als wenige Minuten
im Wohnzimmer, in der Nähe ihres Ruheplatzes aufhält.
Bei Atlantas Ankunft in unsere Familie war sie durch ihre ständigen früheren
Ortswechsel (von ihrem früheren Besitzer ins Tierheim, dann nach Deutschland,
u.s.w.) in ihrer Vergangenheit doch sehr verunsichert und fühlte sich für lange Zeit
nicht wirklich bei uns angekommen. Ihre ganze Körperhaltung signalisierte jederzeit
ein Unwohlsein des Hundes, jeder einzelne Muskel in ihrem Körper war angespannt
und sie selbst war sehr unberechenbar. Keiner konnte ihre nächste Reaktion
voraussehen. Auf der einen Seite verhielt sie sich unterwürfig, auf der anderen Seite
wurde sie aggressiv, wenn man sie in so einer Situation berührte. Mittlerweile hat
sich Atlanta sehr eingelebt und auch wir haben uns auf sie eingestimmt. Man kann
ihr nun genau ansehen, wann ihr etwas nicht passt und auch die passive
Unterwerfungshaltung hat sie weitgehend aufgegeben. Begibt sie sich wieder in
diese Haltung wird sie einfach ignoriert. Auch wenn Besucher in unseren Alltag
kommen, reagiert Atlanta weitaus ruhiger als am Anfang. Sie ist zwar oft vorsichtig,
lässt sich aber in manchen Ausnahmesituationen sogar von diesen Unbekannten
streicheln, was in der Vergangenheit noch undenkbar schien.
Man
kann
im
Allgemeinen
sagen,
dass
Atlanta
eine
fast
vollständige
Charakteränderung, in den drei Jahren in denen sie bei uns ist, gemacht hat. Vom
ängstlichen, unsicheren und teilweise sehr aggressiven Hund zum selbstsicheren,
weitgehend verträglichen und (familienintern) sehr verschmusten Begleithund.
3.3 Darstellung der gewonnen Bindung von Atlanta zu unserer Familie:
Während der ganzen Erziehungszeit, die wir bis heute mit Atlanta verbracht haben,
konnte man eine immer fester werdende Beziehung
zwischen Atlanta und der
Familie beobachten, welche sich nach und nach entwickelte. Diese Bindung zeigt
Atlanta in ganz bestimmten Situationen, die man erst versteht, wenn man sich mit
der Psyche des Tieres (des Hundes) beschäftigt hat. Diese Situationen sind zum
Beispiel Momente, in denen Atlanta sofort auf einen Pfiff reagiert und selbst wenn
Wildgeruch in ihre Nase steigt, sie sofort auf diesen Pfiff hört. Dies kostet den Hund
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starke Überwindung, seinem natürlichen Jagdtrieb nicht nachzugeben, sondern
seinem Familienmitglied zu folgen. Außerdem lässt sie bei Ermahnung sofort von
ihrer Beute ab, wenn sie z.B. eine Maus gefangen hat. Auch dies zeigt, dass ihr ihr
Herrchen wichtiger ist, als ihre Jagdtrophäe. Auch das widerspricht eigentlich ihrem
Jagdinstinkt und zeigt besonders starkes Verhältnis zu uns als ihre „Besitzer“.
Außerdem entfernt sich Atlanta, während des Spazierganges, nur innerhalb der
Sichtweite von mir und den Rest der Familie. Sie bleibt immer in Kontakt mit uns, ob
es visuell oder physisch ist.
Genau diese Bindung war sehr wichtig für Atlanta, weil sie in ihr Sicherheit fand
und sich bei uns geborgen fühlt. Dies machte es im Laufe der Zeit deutlich einfacher
mit Atlantas Problemen gegenüber Fremden zu arbeiten. „Bindungen sind etwas
Exklusives. Eine Bindung ist ein Bestreben nach Aufrechterhaltung der Nähe zu einem
spezifischen Partner, der nicht von einem anderen der gleichen sozialen Kategorie ohne
weiteres ersetzt werden kann. Diese Bindungen haben die Fähigkeit zur Reduktion von Stress
und anderen Belastungserscheinungen“19.
Exakt diese Funktion bildet die Bindung von Atlanta zu unserer Familie.
Sie fühlt sich bei uns geborgen, sicher und lässt sich bei Stress und
Belastungssituationen meist von einem Familienmitglied ablenken oder sucht bei uns
Schutz. Eine gewisse Intensität dieser Bindung hat sich wahrscheinlich daraus
entwickelt, da Atlanta in ihrer Vergangenheit nicht die Möglichkeit hatte eine
Bindung
zu
irgendeiner
Person
aufzubauen,
sie
war
lediglich
als
„Gebrauchsgegenstand“ im Einsatz und gehörte nicht wie heute vollwertig zu einer
intakten Gemeinschaft. Jetzt hat sie diese Gemeinschaft und zeigt, dass sie diese nicht
mehr missen möchte. Genau dieses Rudel verteidigt Atlanta oft. Man merkt, dass sie
sehr schnippisch und „knurrig“ wird, wenn jemand aus unserer Familie einen
anderen Hund streichelt oder dieser sich zu einem Familienmitglied legt. Sie wird
dann oft eifersüchtig und versucht diesen „Eindringling“ mit Knurren zu vertreiben.
Diese bestimmte Bindung und ihre innige Liebe drückt Atlanta so aus, wie es ein
Hund am besten kann. Mit Unterdrückung des Jagdtriebs, Hören auf Rufen trotz
interessanter Fährte, also sehr intensivem Gehorsam und ihrem starkem Instinkt
Familienmitglieder „bis aufs Blut“ zu schützen.
19
„Verhaltensbiologie für Hundehalter“, Dr. Udo Gansloßer; S.116
21
Atlanta, wie sie Menschen von ihrem
Platz aus, außerhalb unseres Hauses
beobachtet und anknurrt.
22
Nachwort
Zusammenfassend kann ich sagen, dass mir diese Arbeit neue Einblicke in das
Verhalten unseres Hundes geschaffen hat. Es war spannend einzelne Dinge heraus
zu finden und zu erleben und eine zwar lang andauernd aber trotzdem eintretende
Verbesserung der Situation zwischen Atlanta und der Familie zu erkennen.
Trotzdem bin ich der Meinung, dass es weiterhin wichtig ist, mit ihr und an ihr zu
arbeiten und sich ständig mit Atlanta auseinanderzusetzen. Viel konnte man in der
kurzen Zeit leider nicht erreichen, welche ich für die Jahresarbeit hatte. Außerdem
war es sehr schwer als Laie, was die Hundeerziehung betrifft, Methoden zu finden,
welche es mir ermöglichen, Atlanta von ihren Verhaltensproblemen zu befreien.
Ohne die eingeführten Regeln der Tierheilkundlerin A. Kohlberger ( ,die schon lange
vor dem Schreiben der Jahresarbeit in die Erziehung von Atlanta eingeführt
wurden), wäre es mir und dem Rest der Familie unter keinen Umständen gelungen,
eine Verbesserung von Atlantas Verhalten zu erreichen. Meiner Meinung nach geht
es vielen Hundehaltern so, dass sie die Probleme ihres Hundes falsch interpretieren
und so mehr Schaden anrichten, als vorher schon vorhanden war. Gerade das Thema
Aggressionen ist schwierig ohne Hilfe von Fachkräften zu analysieren, da es viele
verschiedene Arten von Aggressionen geben kann. Bücher können einem zwar
Anreize geben, trotzdem können sie einem nicht raten, was man tun soll, wenn die
vorgeschlagenen Erziehungsmaßnahmen nicht fruchten.
Abschließend kann ich
doch sagen, dass Menschen der Grund für Fehlverhalten darstellen, weil sich
manche Menschen nicht im Klaren sind, dass man einen Hund nicht wie ein Kind
oder einen Partner behandeln kann.
23
Literaturverzeichnis und Bildverzeichnis:
Literatur:
Fennell, Jan: „Hunde besser Verstehen“. Berlin 2005, 1. Auflage 2007, Ullstein Verlag
Fennell, Jan : „Mit Hunden Sprechen“. Berlin 2004, 11. Auflage 2007, Ullstein Verlag
Fogle, Bruce : „Hunde Richtig Erziehen“. Schritt für Schritt zum idealen
Familienhund. München 2002, 4. Auflage 2003, BLV Verlag
Gansloßer Dr. Udo : „Verhaltensbiologie für Hundehalter“. Verhaltensweisen aus
dem Tierreich verstehen und auf den Hund beziehen. Stuttgart 2007, Kosmos Verlag
Bilder:
Abb.1,2,3,4,6 : http://www.irish-red-setter-zucht.de/Gestik_Mimik.pdf
Abb.5 : Fogle, Bruce :„Hunde richtig erziehen“ S.142
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Verzeichnis Andere Quellen:
Internetquellen:
http://www.deutscher-jagdterrier.purespace.de/Seite4.htm
http://www.jagdhund-ad.de/32_angst_allg.htm
http://www.biologie-online.eu/verhaltensbiologie/verhalten-tiermensch.php# Instinkt
http://www.hundekosmos.de/biologie/verhalten/dieangst/index.html
Sonstige Quellen:
Informationsblätter,
Anett
Kohlberger
,
Homöopathie- Verhaltenstraining- und Beratung
25
Tierheilpraktikerin–
Klassische

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