- Landtag Baden Württemberg

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Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 13 /
13. Wahlperiode
09. 09. 2002
1304
Mitteilung
des Präsidenten des Landtags
Gesetz über den Abbau der Fehlsubventionierung
im Wohnungswesen;
hier: Anhörung zu dem Gesetzentwurf der Fraktion
der SPD – Drucksache 13/1126
Gemäß § 50 a Abs. 2 der Geschäftsordnung habe ich im Einvernehmen mit
den Antragstellern die Landesregierung gebeten, zu dem Gesetzentwurf der
Fraktion der SPD – Drucksache 13/1126 – die nach Artikel 71 Abs. 4 der
Landesverfassung notwendige Anhörung der kommunalen Landesverbände
durchzuführen und auch die Verbände der Wohnungsunternehmen mit einzubeziehen.
Die Stellungnahmen der kommunalen Landesverbände sowie der Verbände
der Wohnungsunternehmen sind nachstehend abgedruckt.
09. 09. 2002
Der Präsident des Landtags
Straub
Eingegangen: 09. 09. 2002 / Ausgegeben: 17. 09. 2002
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Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 13 / 1304
Stellungnahmen der kommunalen Landesverbände
Schreiben des Gemeindetags Baden-Württemberg vom 27. August 2002:
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Gemeindetag weist seit jeher darauf hin, dass die Fehlbelegungsabgabe
praktisch kaum Auswirkungen auf das Mobilitätsverhalten der Wohnungsinhaber hat und sie daher völlig ungeeignet ist, die Verzerrungen im Fördersystem des sozialen Wohnungsbaus im Nachhinein zu korrigieren. Deshalb ist
durch ein geeigneteres Fördersystem sicherzustellen, dass die Probleme der
Fehlbelegung erst gar nicht entstehen.
Der vorliegende Gesetzentwurf verfolgt zwar dieses Ziel, beschränkt sich dabei aber auf die Abschaffung der Fehlbelegungsabgabe. Nachdem die letzte
Rechtsänderung erst knapp eineinhalb Jahre zurückliegt sollte die Zeit bis zur
sowieso notwendigen Diskussion um die Fehlbelegungsabgabe für eine solche
gesamtheitliche Betrachtung genutzt werden. Dabei sollten die unterschiedlichen Interessen der Gemeinden und damit die kommunalpolitische Meinungsbildung bei der Fehlbelegungsabgabe berücksichtigt werden. Dazu gehören Überlegungen, den Gemeinden das Recht einzuräumen, auf die Erhebung der Abgabe zu verzichten. Der Gemeindetag ist insoweit offen gegenüber Überlegungen, die Fehlbelegungsabgabe abzuschaffen.
Der Gemeindetag sieht aber derzeit keinen Änderungsbedarf.
Das Anhörungsverfahren mit seiner in der Ferienzeit liegenden Äußerungsfrist verstößt gegen das Anhörungsrecht der Kommunen. Eine notwendige
Beteiligung unserer Gremien ist nicht möglich.
Diese Stellungnahme ergeht vorbehaltlich der Meinungsbildung in unseren
Gremien.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Steger
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Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 13 / 1304
Schreiben des Städtetags Baden-Württemberg vom 12. August 2002:
Sehr geehrte Damen und Herren,
aufgrund des Gesetzentwurfes der Fraktion der SPD zur Fehlbelegungsabgabe haben wir eine repräsentative Umfrage bei den am meisten betroffenen
Mitgliedstädten gemacht.
Als Ergebnis ist festzuhalten, dass die überwiegende Anzahl der befragten
Städte sich ausdrücklich für eine Beibehaltung der Fehlbelegungsabgabe aussprechen, auch wenn in den letzten Jahren in der Regel die Entwicklung des
Bestands öffentlich geförderter Mietwohnungen und damit auch der Umfang
der Fehlbelegungsabgabe rückläufig ist.
Trotz zurück gehender Einnahmen ist derzeit beispielsweise in den Städten
Mannheim, Karlsruhe, Freiburg, aber auch in Baden-Baden und Sindelfingen,
von einem nennenswerten Uberschuss nach Abzug der Verwaltungskosten auszugehen. Da gleichzeitig das Volumen des Landeswohnungsbauprogrammes jedes Jahr ständig abnimmt, der Bedarf an preisgünstigen Mietwohnungen aber
gerade in den Ballungsräumen unvermindert steigt, ist für die meisten der befragten Städte diese zweckorientierte Einnahmequelle zur Schaffung neuen
Wohnraums immer noch von großer Bedeutung. Die Stadt Mannheim verzeichnet immer noch einen Überschuss bei den Einnahmen, der dem Dreifachen des
durch die Erhebung entstehenden Verwaltungsaufwands von knapp 200.000 €
entspricht. Durch die Fehlbelegungsabgabe konnte in Mannheim in den vergangenen elf Jahren unter Verwendung des Aufkommens aus der Fehlbelegungsabgabe immerhin ein Gesamtbetrag von 38,3 Mio. DM erzielt werden.
Wir möchten zudem betonen, dass die immer wieder genannten Wegzüge aus
einem bestimmten Stadtgebiet allenfalls sekundär mit der Erhebung der Fehlbelegungsabgabe zusammenhängen. Aus den uns zugegangenen Stellungnahmen zeigt sich, dass es in der Regel gerade andere Gründe sind (Arbeitsplatzwechsel/Zustand der Wohnung/Verkehrsbelastung oder sonstiges Wohnumfeld), die zu einem Auszug aus der jeweiligen Wohnung führen.
Mit der Regelung des § 3 Abs. 3 des Gesetzes über den Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen für Baden-Württemberg wurde für Kommunen
die Möglichkeit geschaffen, zum Zwecke des Erhalts oder der Wiederherstellung sozial gemischter Belegungsstrukturen für Wohngebäude oder einzelne
Wohnungen von der Erhebung der Fehlbelegungsabgabe abzusehen.
Unsere Umfrage ergab, dass diese Regelung nur in wenigen Städten zu praktikablen Lösungen führt. Um die dort genannten Voraussetzungen zu erfüllen, muss
zumindest eine Vorstufe eines problematischen Wohnquartiers erreicht werden,
um keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz zu begründen. Dieses Problem wurde uns vor allem auch von der Stadt Stuttgart, die sich für die Abschaffung der Fehlbelegungsabgabe ausspricht, genannt. Aus ihrer Sicht besteht ein
nicht unerhebliches Prozessrisiko bei der Abgrenzung der verschiedenen Stadtgebiete gegen den Gleichheitsgrundsatz des Artikel 3 Grundgesetz zu verstoßen.
Auch wenn wir uns darüber im Klaren sind, dass aufgrund der Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1988 dies problematisch sein
dürfte, es den Kommunen alleine zu überlassen, ob sie eine Fehlbelegungsabgabe erheben, wäre zu überlegen, ob nicht als Kompromisslösung eine vergleichbare Regelung wie im Bereich der Zweckentfremdungsbestimmungen
denkbar ist. In jedem Fall müssten die Kommunen rechtzeitig mehr Einfluss
auf die Wohnungsbaupolitik auf ihrer Gemarkungsgrenze haben.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Erhard Klotz
Oberbürgermeister a.D.
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Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 13 / 1304
Schreiben des vbw Verband baden-württembergischer Wohnungsunternehmen e. V. vom 19. August 2002:
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Vorstand des vbw Verband baden-württembergischer Wohnungsunternehmen e.V. hatte diesen Gesetzesantrag in seiner letzten Sitzung beraten.
Wir sind danach der Auffassung: die Fehlbelegungsabgabe ist abzuschaffen.
Diese Forderung wurde vom vbw schon seit Jahren erhoben.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Wolfram Mutschler
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Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 13 / 1304
Schreiben des LFW Landesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen Baden-Württemberg e. V. vom 30. Juli 2002:
Sehr geehrte Damen und Herren,
besten Dank für Ihr Schreiben vom 18.07.2002 und die Zusendung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD über den Abbau der Fehlsubventionierung
im Wohnungswesen.
In der Begründung zum Gesetzentwurf wird darauf hingewiesen, daß in den
letzten Jahren die Fehlbelegungsabgabe immer stärker zu einem Wegzug von
finanziell besser gestellten Mietern aus dem sozialen Wohnungsbau geführt
hat.
Hierzu ist anzumerken, daß die Zielgruppe des sozialen Mietwohnungsbaus
nun einmal nicht die finanziell besser gestellten Mieter sind, sondern vielmehr Haushalte, die in der Wohnungsversorgung auf staatliche Hilfe angewiesen sind. Nachdem viel mehr ältere Sozialmietwohnungen aus der Bindung fallen, als neue errichtet werden, stehen immer weniger Sozialmietwohnungen zur Verfügung. Um so wichtiger ist es, daß Fehlbeleger Wohnungen
für sozial schwache Haushalte räumen oder über die Fehlbelegungsabgabe
zur Verbesserung der Wohnungsversorgung von Haushalten mit geringem
Einkommen beitragen.
Das Gesetz über den Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen
für Baden-Württemberg in der Fassung vom 2. März 2002 sieht in § 3 ausdrücklich Ausnahmen vor. Von der Erhebung der Fehlbelegungsabgabe kann
für Wohngebäude oder einzelne Wohnungen ganz oder teilweise abgesehen
werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dies dem Erhalt
oder der Wiederherstellung sozial gemischter Belegungsstrukturen dient. Der
Gesetzgeber hat also den Bedenken bereits Rechnung getragen, die in der Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD genannt werden.
Zu prüfen wäre aus unserer Sicht, wie sich der mit der Erhebung der Fehlbelegungsabgabe verbundene bürokratische Aufwand reduzieren ließe. Weiter
wären mehr Transparenz und eine striktere Eingrenzung bei der Verwendung
der eingenommenen Ausgleichszahlungen wünschenswert. Nach unserer
Auffassung sollte ein gezielter Einsatz dieser Mittel für die Wohnungsversorgung sozialer Randgruppen oder Menschen und Haushalte erfolgen, die von
Obdachlosigkeit bedroht oder betroffen sind.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Lutz Wentlandt
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Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 13 / 1304
Schreiben der Vereinigung baden-württembergischer kommunaler Wohnungsunternehmen vom 27. August 2002:
Sehr geehrter Herr Langheinrich,
wir möchten uns bei Ihnen bedanken, daß Sie uns Gelegenheit geben, zu dem
Gesetzentwurf über die Abschaffung der Fehlbelegungsabgabe eine Stellungnahme abgeben zu dürfen.
Wie bekannt, hat unsere Vereinigung schon vor mehreren Jahren darauf hingewiesen, daß sich die Fehlbelegungsabgabe insbesondere in unseren Wohnungsbeständen als „Vertreibungsabgabe“ auf wirtschaftlich, und in der Regel somit auch auf sozial besser gestellter Mieter auswirkt.
Die Entscheidung der Landesregierung von vor gut einem Jahr, die Zielgruppe für die Fehlbelegungsabgabe durch Anhebung der Einkommensgrenzen etc. zu verkleinern, wurde damals daher von uns begrüßt.
Auch haben wir darauf hingewiesen, daß durch diese Entscheidung der Aufwand, der mit der Erhebung der Fehlbelegungsabgabe verbunden ist, kaum
noch mit dem daraus zu erwartenden Ertrag gerechtfertigt werden könne.
Wenn nunmehr der Landtag die Absicht hat, die Fehlbelegungsabgabe abzuschaffen, möchten wir die ausdrücklich begrüßen.
Wie bei verschiedenen Gelegenheiten vorgetragen, konzentrieren sich spätestens seit Aufhebung der Wohnungsgemeinnützigkeit Anfang der neunziger
Jahre, wirtschaftlich und sozial schwache Gruppen bzw. Haushalte in den Beständen der kommunalen Wohnungsunternehmen, was durch die Fehlbelegungsabgabe zusätzlich gefördert wurde. Selbst wenn durch die Fehlbelegungsabgabe Erträge erwirtschaftet wurden, so halten wir die sozialen Folgekosten aus der Konzentration von wirtschaftlich und sozial schwachen Haushalten in bestimmten Wohngebieten für weitaus schwerwiegender.
Abschließend betonen wir nochmals, daß wir die Abschaffung der Fehlbelegungsabgabe einhellig begrüßen.
Wir würden uns freuen, wenn unsere Bewertung des Gesetzesvorhabens in
die Entscheidung einfließen würde.
Mit freundlichen Grüßen
Fichtner
– Vorsitzender –
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