Veröffentlichung Befreiungsbescheid-10102012

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Veröffentlichung Befreiungsbescheid-10102012
Veröffentlichung des Tenors einschließlich der Nebenbestimmungen und der
wesentlichen Gründe des Bescheids der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 20. September 2012 über die Befreiung gemäß § 37 Abs. 1
und Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung von den
Pflichten nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG in Bezug auf die
SYGNIS Pharma AG, Heidelberg (ISIN DE 000A1E9B74)
Die
Bundesanstalt
für
Finanzdienstleistungsaufsicht
hat
mit
Bescheid
vom
20. September 2012 die Genetrix Life Sciences, A.B., Uppsala, Schweden, (nachfolgend die „Antragstellerin zu 1)“) sowie die Genetrix, S.L., Tres Cantos (Provinz Madrid), Spanien, (nachfolgend die „Antragstellerin zu 2)“ sowie gemeinsam mit der Antragstellerin zu 1 die „Antragstellerinnen“) für den Fall des Kontrollerwerbs an der
SYGNIS Pharma AG von den Verpflichtungen des § 35 WpÜG befreit, die Erlangung
der Kontrolle an der SYGNIS Pharma AG gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG zu veröffentlichen und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht gemäß § 35 Abs. 2
Satz 1 WpÜG eine Angebotsunterlage zu übermitteln und diese gemäß § 14 Abs. 2
Satz 1 WpÜG zu veröffentlichen.
Der Tenor des Bescheids einschließlich der Nebenbestimmungen lautet wie folgt:
1.
Die Antragstellerinnen werden für den Fall, dass sie in Folge des Wirksamwerdens der auf der für den 17.10.2012 einberufenen Hauptversammlung der
SYGNIS Pharma AG, Heidelberg, zunächst zu beschließenden Kapitalherabsetzung mit hieran anschließender Sachkapitalerhöhung, gemäß §§ 35, 29 Abs. 2
WpÜG, im Hinblick auf die Antragstellerin zu 2) i.V.m. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1,
Satz 3 WpÜG, die Kontrolle an der SYGNIS Pharma AG, Heidelberg, erlangen,
jeweils gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜGAngebotsverordnung von der Verpflichtung gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG, die
Kontrollerlangung an der SYGNIS Pharma AG, Heidelberg, zu veröffentlichen sowie von den Verpflichtungen nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG, der Bundesanstalt
für Finanzdienstleistungsaufsicht eine Angebotsunterlage zu übermitteln und nach
§ 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG in Verbindung mit § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG ein Pflichtangebot zu veröffentlichen, befreit.
2.
Die Befreiung gemäß vorstehender Ziffer 1 des Tenors dieses Bescheids kann
widerrufen werden (Widerrufsvorbehalt), wenn
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a)
die unter Ziffer 1 des Tenors dieses Bescheids genannte Sachkapitalerhöhung nach einer zuvor erfolgten Kapitalherabsetzung nicht bis zum
23.10.2012 oder, wenn gegen den Beschluss der Sachkapitalerhöhung (und
ggf. auch gegen den Kapitalherabsetzungsbeschluss) bis zum 19.11.2012 eine oder mehrere Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklagen erhoben wurden, nicht
bis zum Ablauf des 19.03.2013 in das Handelsregister eingetragen wurde
und/oder
b)
die Vereinbarung, die die dievini Hopp BioTech holding GmbH & Co. KG,
Walldorf, und die SYGNIS Pharma AG, Heidelberg, am 25.07.2012 geschlossen haben, wonach sich die dievini Hopp BioTech holding GmbH & Co. KG,
Walldorf, unter gewissen unter Ziffer A.VI. dieses Bescheides aufgeführten
Voraussetzungen und zeitlich bis zum 31.12.2013 befristet zur Abdeckung eines eventuellen Liquiditätsbedarfs auf Seiten der SYGNIS Pharma AG, Heidelberg, in Höhe von bis zu € 1,6 Mio. verpflichtet hat, besteht im Zeitraum
der Laufzeit der Vereinbarung unverändert fort und wird nicht - etwa durch
Rücktritt durch Vertrag oder Anfechtung der zum Vertragsschluss führenden
Willenserklärung - seitens der dievini Hopp BioTech holding GmbH & Co. KG,
Walldorf, beendet oder entfaltet dadurch keine Wirkung, dass sich die dievini
Hopp BioTech holding GmbH & Co. KG, Walldorf, im Bedarfsfalle unberechtigterweise weigert, ihrer Verpflichtung nachzukommen
und/oder
c)
3.
die Auflagen gemäß nachstehender Ziffer 3 a) und b) nicht erfüllt werden.
Die Befreiung gemäß Ziffer 1. des Tenors dieses Bescheids ergeht unter folgenden Auflagen:
a)
Die Antragstellerinnen haben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht die Eintragung der Durchführung (jedenfalls) der Sachkapitalerhöhung
gemäß Ziffern 1. und 2. a) des Tenors dieses Bescheids durch Vorlage geeigneter Unterlagen (z.B. Handelsregisterauszug) bis zum 03.12.2012 oder,
wenn gegen den Beschluss über die Sachkapitalerhöhung (und ggf. auch ge-
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gen den Kapitalherabsetzungsbeschluss) eine oder mehrere Anfechtungsoder Nichtigkeitsklagen erhoben wurden, bis zum 03.04.2013 nachzuweisen.
und
b)
Die Antragstellerinnen haben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht jedes Ereignis, jeden Umstand und jedes Verhalten, das den Widerruf
der Befreiung gemäß Ziffer 2. a) bis c) des Tenors dieses Bescheids rechtfertigen könnte, unverzüglich mitzuteilen.
Der Bescheid beruht im Wesentlichen auf folgenden Gründen:
A.
I.
1.
Zielgesellschaft ist die SYGNIS Pharma AG, mit Sitz in Heidelberg, eingetragen
im Handelsregister des Amtsgerichts Heidelberg unter HRB 335706 (nachfolgend
„SYGNIS AG“ oder „Zielgesellschaft“). Das Grundkapital der Zielgesellschaft beträgt € 16.829.504,00 und ist eingeteilt in 16.829.504 Inhaberstammaktien (Stückaktien) mit einem anteiligen Betrag am Grundkapital der Zielgesellschaft in Höhe
von € 1,00. Die Aktien der Zielgesellschaft sind unter der ISIN DE 000A1E9B74
zum Handel im regulierten Markt der Wertpapierbörse Frankfurt am Main (Prime
Standard) zugelassen.
Tochterunternehmen der Zielgesellschaft sind (1.) die SYGNIS Bioscience GmbH
& Co. KG, Heidelberg (nachfolgend „SYGNIS Bioscience“), (2.) die SYGNIS Verwaltungs GmbH, Heidelberg (nachfolgend „SYGNIS Verwaltung“), die zugleich
alleinige Komplementärin der SYGNIS Bioscience ist, (3.) die LION-bioscience
Inc., Needham/MA, USA (nachfolgend „LION-bioscience“), und (4.) die Amnestix
Inc., Needham/MA, USA (nachfolgend „Amnestix“) (die vorgenannten Gesellschaften nachfolgend zusammen die „Tochterunternehmen“; die Zielgesellschaft
und ihre Tochterunternehmen zusammen nachfolgend die „SYGNIS-Gruppe“).
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2.
Die Zielgesellschaft ist operativ nicht tätig, sondern übernimmt für ihre Tochterunternehmen Holdingfunktionen wie strategische Ausrichtung, Rechts- und Patentangelegenheiten, Personal, Business Development, Investor Relations und Risikomanagement. Zudem finanzieren sich die Tochterunternehmen über die Zielgesellschaft. Derzeit findet eine operative Tätigkeit der SYGNIS-Gruppe im Sinne einer Forschungs- und Entwicklungstätigkeit nur auf Ebene der SYGNIS Bioscience
und der LION-bioscience statt. Nach einer Ende 2010 eingeleiteten Restrukturierung hat sich die Geschäftstätigkeit der SYGNIS-Gruppe vor allem auf die Projekte AX200 und KIBRA, die beide auf Ebene der SYGNIS Bioscience betrieben
werden, konzentriert. Die LION-bioscience vermarktet daneben Lizenzrechte an
den sog. Caco-2-Zellinien.
Ein Kernprojekt der Forschungs- und Entwicklungstätigkeit der SYGNIS Bioscience war seit Ende Mai 2009 eine multinationale Phase II Wirksamkeitsstudie mit
dem Medikamentenkandidaten AX200 (AXIS 2-Studie). Ziel der Studie war der
Nachweis der Wirksamkeit von AX200 für die Behandlung von Schlaganfallpatienten. Die Ergebnisse der AX 2-Studie, welche am 15. Dezember 2011 bekannt
gegeben wurden, zeigten keine klinisch relevante bzw. statistisch signifikante
Wirksamkeit in Bezug auf die Behandlung von Schlaganfallpatienten mit AX200 im
Vergleich zu derjenigen Personengruppe, die mit Placebopräparaten behandelt
wurde. Daraufhin wurde die Entwicklung des Wirkstoffs AX200 eingestellt.
Das KIBRA-Projekt befindet sich derzeit noch in einer frühen Forschungsphase,
weshalb sich die Mittelbeschaffung für die weitere Forschung über den Kapitalmarkt aufgrund des phasenbedingt immer noch hohen Projektrisikos schwierig
gestaltet. Ein Partner für die Weiterentwicklung des KIBRA-Projekts, der sämtliche
Kosten des KIBRA-Projekts tragen soll, wird derzeit von der Zielgesellschaft gesucht. Sollte eine strategische Partnerschaft nicht abgeschlossen werden können,
ist beabsichtigt, dass das KIBRA-Projekt vorläufig nicht weitergeführt wird. Der in
diesem Fall notwendige potentielle Abschreibungsbedarf ist in den Planzahlen bereits vorsorglich berücksichtigt.
Aus der Lizenzierung und dem Vertrieb von Caco-2-Zelllinien an Pharma- und
Biotechnologieunternehmen konnte die LION-bioscience in den letzten Jahren
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Umsätze zwischen € 0,2 Mio. und € 0,4 Mio. bei gleichzeitigen Vertriebskosten
von € 0,2 Mio. und € 0,3 Mio. generieren.
II.
Die Antragstellerin zu 1) ist eine nach schwedischem Recht gegründete Kapitalgesellschaft mit beschränkter Haftung und Sitz in Uppsala, Schweden. Ihr Geschäftszweck ist u.a. das Halten von Unternehmensbeteiligungen sowie alle damit
verbundenen Aktivitäten. Sie ist an verschiedenen Unternehmen des Biotechnologiesektors beteiligt, die sich auf die Entwicklung und Vermarktung innovativer
Produkte und Dienstleistungen spezialisiert haben. Die Antragstellerin zu 2) ist eine nach spanischem Recht gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung
und Sitz in Tres Cantos (Provinz Madrid), Spanien. Die Antragstellerin zu 2) fungiert als reine Holdinggesellschaft und hält sämtliche Anteile an der Antragstellerin
zu 1).
III.
1.
Eine unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat im Auftrag der Zielgesellschaft ein Sanierungsgutachten für die Zielgesellschaft in Anlehnung an „IDW ES
6 neue Fassung“ erstellt (nachfolgend das „Gutachten“).
Ausgangspunkt der Arbeiten der Gutachter war das vom Vorstand der Zielgesellschaft vorgelegte Unternehmenskonzept der Zielgesellschaft, wobei die im Unternehmenskonzept beschriebenen Maßnahmen der Zielgesellschaft dahingehend
analysiert und beurteilt wurden, ob sie grundsätzlich für eine erfolgreiche Krisenabwendung geeignet erscheinen (Sanierungsfähigkeit). Zu diesem Zweck wurde
die Finanz- und Ertragslage der Zielgesellschaft untersucht und ihre mittel- bis
langfristige Überlebensfähigkeit sowie die im Unternehmenskonzept aufgeführten
Maßnahmen analysiert.
2.
Für das abgelaufene Geschäftsjahr 2011/2012 weist die Zielgesellschaft in ihrem
Jahresabschluss einen Jahresfehlbetrag von ca. € 50,0 Mio. aus (Vorjahr: Jahresfehlbetrag von rd. € 0,8 Mio.). Die damit einhergehende Erhöhung des Bilanzverlusts von ca. € 252,3 Mio. auf ca. € 302,3 Mio. resultiert insbesondere aus den
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gestiegenen Abschreibungen auf Finanzanlagen und Forderungen. Infolge der
Entwicklung des AX200-Projekts hat die Zielgesellschaft die Anteile an der
SYGNIS Bioscience in Höhe von € 16,2 Mio. sowie die Darlehensforderungen gegenüber der SYGNIS Bioscience in Höhe von € 32,4 Mio. zum 31. März 2012
vollumfänglich außerplanmäßig abgeschrieben.
Ausweislich des Jahresabschlusses verfügte die SYGNIS AG zum 31. März 2012
über Liquidität in Form von Bankguthaben und Wertpapieren in Höhe von rd. € 3,9
Mio. (Vorjahr: € 5,5 Mio.). Den Erlösen aus der Kapitalerhöhung vom August 2011
in Höhe von € 6,2 Mio. standen Auszahlungen aus Darlehensgewährungen an die
SYGNIS Bioscience in Höhe von € 6,6 Mio. gegenüber.
Die Bilanzsumme hat sich dem Jahresabschluss nach insbesondere aufgrund der
vorgenommenen außerplanmäßigen Abschreibungen gegenüber dem Vorjahr von
€ 55,1 Mio. auf € 11,1 Mio. deutlich vermindert. Die wesentlichen Posten auf der
Aktivseite betreffen die Finanzanlagen sowie die sonstigen Wertpapiere und die
liquiden Mittel. Die genannten Vermögenswerte machen zusammen rd. 96 % der
Bilanzsumme aus.
Das Eigenkapital hat sich laut des Jahresabschlusses im Vergleich zum Vorjahr
um € 43,8 Mio. auf € 9,7 Mio. vermindert. Der Rückgang resultiert aus dem Jahresfehlbetrag des abgelaufenen Geschäftsjahres.
Bereits im Lagebericht des Jahresabschlusses hat der Vorstand der Zielgesellschaft darauf hingewiesen, dass „die zum 31. März 2012 zur Verfügung stehenden Finanzmittel der SYGNIS-Gruppe eine Reichweite der Liquidität bis etwa
März 2013 geben […] Zur weiteren Finanzierung und damit zur Unternehmensfortführung ist die Gesellschaft auf neue Finanzmittel für den Zeitraum ab März 2013
angewiesen […]“; somit erfolgte ein Hinweis auf das Vorliegen bestandsgefährdender Risiken, auf welche die Abschlussprüfer der Zielgesellschaft in ihrem Bestätigungsvermerk i.S.d. § 322 Abs. 2 S. 3 HGB nochmals gesondert eingegangen
sind und festgestellt haben, „dass der Fortbestand der Zielgesellschaft aufgrund
angespannter Liquidität bedroht ist“. Ergänzend haben die Abschlussprüfer darauf
hingewiesen, dass die Zielgesellschaft zur Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit im Prognosezeitraum auf den Abschluss der in Vorbereitung befindlichen Un-
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ternehmenstransaktion und auf die Realisierbarkeit von Umsätzen aus der Lizenzvergabe der mit der Unternehmenstransaktion zu erwerbenden Technologie
im Life Science Sektor angewiesen sei.
Auch in dem Gutachten wurde festgestellt, dass sich auf Basis der Liquiditätsplanung der SYGNIS-Gruppe, die zum Ende März 2013 eine Unterdeckung auf Ebene der Zielgesellschaft von rd. € 150.000,00 aufweist, abzeichnet, dass die Zielgesellschaft ohne entsprechende Sanierungsmaßnahmen zu diesem Zeitpunkt
zahlungsunfähig werden würde.
Der bestehende Liquiditätsbedarf der Zielgesellschaft kann gegenwärtig nicht
durch die Inanspruchnahme des bestehenden sogenannten Standby Equity Distribution Agreements (nachfolgend „SEDA“) mit der YA Global Master SPV LTD
(nachfolgend „YA Global“) gedeckt werden. Gemäß der Vereinbarung mit YA
Global vom 19. Oktober 2009, ergänzt durch Vereinbarungen vom 8. Oktober
2010 sowie vom 31. Juli 2012, hat die SYGNIS AG innerhalb der Vertragslaufzeit
(aktuell bis zum 31. Oktober 2015) das Recht, von YA Global den Kauf und die
Zeichnung neuer SYGNIS-Aktien aus genehmigtem Kapital in Tranchen von bis
zu jeweils € 500.000,00 zu verlangen. Der Gesamtwert der Eigenkapitalzusage
beläuft sich auf bis zu € 10 Mio., wobei das Gesamtvolumen der an YA Global
auszugebenden Aktien maximal 9,9% des Grundkapitals der Zielgesellschaft
betragen darf. Der Emissionspreis darf gemäß der mit YA Global bestehenden
Vereinbarung jedoch nicht unterhalb von € 1,00 liegen. Das SEDA kann daher
derzeit nicht in Anspruch genommen werden, weil sich der aktuelle Börsenkurs
unterhalb € 1,00 bewegt und somit die Emissionsvorgaben des SEDA nicht gewahrt sind.
Das Gutachten stuft die Zielgesellschaft gerade vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden Liquiditätsengpässe als ein in der Krise befindliches Unternehmen
ein. Ferner kommt das Gutachten zu dem Ergebnis, dass ohne die Umsetzung
der (bereits geplanten) Sanierungsmaßnahmen bei der Zielgesellschaft von einer
drohenden Zahlungsunfähigkeit i.S.d. § 18 InsO und - damit einhergehend - einer
negativen Fortbestehensprognose für die Zielgesellschaft auszugehen ist.
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IV.
Das Sanierungskonzept der Zielgesellschaft sieht vor, dass im Rahmen der Restrukturierung der Zielgesellschaft die Einbringung sämtlicher Gesellschaftsanteile der X-Pol
Biotech, S.L. Tres Cantos (Provinz Madrid), Spanien (nachfolgend „X-Pol“), in die
Zielgesellschaft erfolgt. Hierzu soll nach vorheriger Herabsetzung des Grundkapitals
der Zielgesellschaft eine Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen erfolgen.
1.
X-Pol ist eine nach spanischem Recht gegründete Gesellschaft mit beschränkter
Haftung. Gesellschaftsanteile in Höhe von nominal € 232.694,46 (dies entspricht
rd. 83,99% der Stimmrechte) des Haftkapitals in Höhe von € 277.063,02 der X-Pol
hält die Antragstellerin zu 1); des Weiteren halten Frau Margarita Salas Falgueras,
Spanien, und Herr Luis Blanco Dávila, Spanien, jeweils Geschäftsanteile in Höhe
von nominal € 22.184,28 (dies entspricht jeweils rd. 8,01% der Stimmrechte). XPol ist spezialisiert auf die Forschung und Entwicklung von biotechnologischen
Anwendungen für DNA-Polymerase und entwickelt Biotech-Tools auf Basis von
Polymerasen mit möglichen Anwendungen in verschiedenen Bereichen wie insbesondere der personalisierten Medizin.
Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft beabsichtigen der Hauptversammlung der Zielgesellschaft am 17. Oktober 2012 vorzuschlagen, zunächst eine Herabsetzung des Grundkapitals der Zielgesellschaft unter Zusammenlegung von
Stückaktien zu beschließen. Dabei ist ein Verhältnis der Zusammenlegung der Inhaberaktien (Stückaktien) von 8:1 vorgesehen. Bei einer derartigen Zusammenlegung im Verhältnis 8:1 würde das Grundkapital der Zielgesellschaft von derzeit
€ 16.829.504,00 um € 14.725.816,00 auf dann € 2.103.688,00 herabgesetzt werden. Die Herabsetzung des Grundkapitals sowie die damit verbundene Zusammenlegung von Aktien sollte in erster Linie dazu dienen, die Kapitalmarktfähigkeit
der Zielgesellschaft zu verbessern, insbesondere das SEDA (wieder) in Anspruch
nehmen und hieraus Liquidität schöpfen zu können.
Ferner soll der Hauptversammlung der Zielgesellschaft vorgeschlagen werden, in
einem zweiten Schritt eine Sachkapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechts der Altaktionäre, mit der das Grundkapital der Zielgesellschaft von
€ 2.103.688,00 um € 7.246.036,00 auf € 9.349.724,00 erhöht werden soll (nach-
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folgend die „Sachkapitalerhöhung“), zu beschließen. Aufgrund der bisherigen
Hauptversammlungspräsenzen sowie der angekündigten Unterstützung der drei
Hauptaktionäre der Zielgesellschaft rechnen die Antragstellerinnen damit, dass
die vorgenannten Kapitalmaßnahmen durch die Hauptversammlung der Zielgesellschaft am 17. Oktober 2012 beschlossen werden.
Eine alleinige Kapitalherabsetzung (und damit verbunden eine Zusammenlegung
von Aktien der Zielgesellschaft) ohne eine nachfolgende zusätzliche Sachkapitalerhöhung erachten die Antragstellerinnen als nicht zielführend. Zwar könne das
SEDA dann (kurzfristig) wieder in Anspruch genommen werden, da der Börsenkurs der Zielgesellschaftsaktie dann mit ca. € 4,60 wieder (deutlich) über € 1,00
liegen würde; allerdings müsse damit gerechnet werden, dass YA Global die erlangten jungen Aktien der Zielgesellschaft schnellstmöglich am Kapitalmarkt platzieren würde, mit der Folge, dass der Aktienkurs aufgrund der geringen Marktkapitalisierung und des geringen Handelsvolumens der Zielgesellschafts-Aktie voraussichtlich drastisch sinken würde, so dass der Aktienkurs womöglich wieder unter € 1,00 fallen würde und die Möglichkeiten zur Inanspruchnahme des SEDA
wieder entfallen könnten.
Als Sacheinlage im Rahmen der Sachkapitalerhöhung sollen sämtliche Gesellschaftsanteile an der X-Pol durch die Antragstellerin zu 1) sowie Frau Margarita
Salas Falgueras und Herr Luis Blanco Dávila (nachfolgend zusammen die „X-PolGesellschafter“)
eingebracht
werden.
Im
Gegenzug
sollen
die
X-Pol-
Gesellschafter zur Zeichnung der neu auszugebenden Aktien im Rahmen der Kapitalerhöhung zugelassen werden.
Nach Durchführung der Sachkapitalerhöhung sollen die X-Pol-Gesellschafter zusammen 77,5% am Grundkapital und den Stimmrechten der Zielgesellschaft halten. Dabei würde die Antragstellerin zu 1) zur Zeichnung und Übernahme von
6.085.664 neuen Aktien an der Zielgesellschaft, mithin insgesamt rund 65,09%,
Frau Margarita Salas Falgueras zur Zeichnung und Übernahme von 580.186 neuen Aktien, mithin rund 6,21%, und Herr Luis Blanco Dávila zur Zeichnung und
Übernahme von ebenfalls 580.186 neuen Aktien, mithin ebenfalls rund 6,21%,
zugelassen werden. Derjenige Teil, der den Einbringungswert der Sacheinlage
übersteigt, soll in die Kapitalrücklage der Zielgesellschaft eingestellt werden.
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2.
Ein unabhängiges, auf die Bewertung von Unternehmen im biotechnologischen
sowie pharmazeutischen Bereich spezialisiertes Unternehmen hat ein Gutachten
über die Bewertung der X-Pol angefertigt („Bewertungsgutachten X-Pol“). Das
Bewertungsgutachten X-Pol kommt auf Basis entsprechender ResearchInformationen, von Informationen und Einschätzungen des Managements von XPol sowie eigener Bewertungen und Prognosen des Markts für Phi 29 DNAPolymerasen, künftigen Mitbewerbern und Marktanteilen zu dem Ergebnis, dass
der Wert der X-Pol unter ausschließlicher Betrachtung des Assets QualiPhi® innerhalb einer Spanne von € 22 Mio. bis € 47 Mio. liegt, wobei im Basisfall (base
case) ein Wert von € 33 Mio. angenommen werde.
Der Vorstand der Zielgesellschaft geht von € 33 Mio. als vorläufigem bilanziellen
Wertansatz von QualiPhi® und somit auch für die X-Pol aus und legt dies seinen
weiteren Planungen zugrunde. Der Vorstand hat außerdem eine Due Diligence
sowie eine Bewertung der X-Pol mit eigenen Mitarbeitern und externen Beratern
durchgeführt.
Wesentliche Umsätze konnten in der Vergangenheit durch die X-Pol (noch) nicht
generiert werden.
Allerdings verfügt X-Pol im Portfolio über eine im Labor häufig eingesetzte Technologie namens QualiPhi®. QualiPhi® stellt die optimierte Weiterentwicklung der
sog. Phi29 Polymerase dar, eines Enzyms, das nach Angaben der Antragstellerinnen weltweit in vielen Laboren zur Vervielfältigung (Amplification) von DNA
verwendet wird. Diese Amplification ist Voraussetzung für weitere DNAUntersuchungen.
Für die Entwicklung des notwendigen Wirkstoffs für QualiPhi® und dessen Vertrieb hat die X-Pol am 19. Mai 2011 mit dem Consejo Superior de Investigaciones
Científicas (nachfolgend „CSIC“) einer spanischen staatlichen Forschungseinrichtung, eine Lizenzvereinbarung hinsichtlich QualiPhi® bis zum Jahr 2030 abgeschlossen, aus der X-Pol verpflichtet ist, jährlich einen gewissen Prozentsatz ihrer
Einnahmen, die aus der vorbeschriebenen Lizenzvereinbarung erzielt werden, an
den CSIC abzuführen.
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X-Pol hat seinerseits eine weitere Lizenzvereinbarung für ihr QualiPhi® Polymerase-Produkt mit der QIAGEN GmbH (nachfolgend „QIAGEN“), Hilden, abgeschlossen. Die QIAGEN-Gruppe ist nach Aussage der Antragstellerinnen einer
der global führenden Anbieter von Probenvorbereitungs- und Testtechnologien. In
dieser Lizenzvereinbarung hat sich die QIAGEN GmbH verpflichtet, QualiPhi® in
ihren Produkten (Test-Kits) zu verwenden und damit an den Endverbraucher zu
vermarkten. Aus der Vermarktung von QualiPhi® werden der X-Pol Lizenzeinnahmen zufließen. Ferner übernimmt X-Pol die Herstellung und Lieferung von
QualiPhi® und erhält hierfür eine kostendeckende Gegenleistung. Der weit überwiegende Zufluss wird durch die Lizenzeinnahmen generiert werden.
3.
Nach Durchführung der vorgenannten Einbringung sämtlicher Geschäftsanteile
der X-Pol in die Zielgesellschaft, wird die X-Pol zu einem 100%igen Tochterunternehmen der Zielgesellschaft. Aufgrund der aktienrechtlichen Vorschriften und des
dann bestehenden Mutter-Tochter-Verhältnisses wäre es der Zielgesellschaft laut
den Feststellungen des Gutachtens möglich, über die an die X-Pol fließenden
Einnahmen, die sich aufgrund der Vermarktung von QualiPhi® im Zusammenhang mit der mit QIAGEN abgeschlossenen Lizenzvereinbarungen ergeben,
durch entsprechende Gewinnausschüttungen zu verfügen. Damit würde die Zielgesellschaft nach Ansicht der Antragstellerinnen über laufende Einnahmen verfügen, mit denen sie in der Lage wäre, ihren eigenen Liquiditätsbedarf sowie den
Liquiditätsbedarf ihrer Tochterunternehmen dauerhaft zu decken. Ferner wäre die
Zielgesellschaft bei Umsetzung der konkreten Maßnahme langfristig finanziert und
ein Vorliegen der Insolvenzgründe aus § 18 InsO könnten vermieden werden.
Das Gutachten führt ferner aus, dass sich die Geschäftstätigkeit der Zielgesellschaft durch die Einbringung sämtlicher Gesellschaftsanteile der X-Pol auf den
Forschungsbereich Polymerasen verlagert und dort Aussicht auf Umsätze und
Profitabilität besteht, so dass sich mithin durch die Einbringung sämtlicher Gesellschaftsanteile der X-Pol auch das Risikoprofil der Zielgesellschaft reduziert. Das
Gutachten hält die Umsatzannahmen des Vorstands der Zielgesellschaft aufgrund
der starken Wettbewerbsposition von QIAGEN und signifikanten Wachstumserwartungen in für QualiPhi® relevanten Bereichen für nachvollziehbar. Das Gutachten beschreibt QIAGEN als weltweit vertretenes Unternehmen mit über 500
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Produkten in über 40 Ländern und Umsätzen von über € 1 Mrd. bei in den letzten
Jahren zweistelligen Wachstumsraten. Das Gutachten zieht auf Basis mehrerer
Studien ferner die Schlussfolgerung, dass die im Bewertungsgutachten X-Pol und
in der Planung der Zielgesellschaft unterstellten Wachstumserwartungen hinsichtlich des Markts für Polymerasen nachvollziehbar sind.
4.
Die künftige Finanzplanung und die Liquiditätsberechnungen der Zielgesellschaft
sind im Gutachten im Einzelnen aufgeschlüsselt und plausibilisiert.
Das Gutachten weist darauf hin, dass die Zahlungsfähigkeit auf Einzelgesellschaftsebene der SYGNIS-Gruppe nach den Planungen des Vorstands der Zielgesellschaft bei Durchführung der geplanten Maßnahmen jedenfalls bis Ende
2014 gesichert ist.
Insgesamt kommen die Gutachter zu der Einschätzung, dass „aufgrund der im
Sanierungskonzept beschriebenen Sachverhalte, Erkenntnisse, Maßnahmen und
der mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eintretenden Annahmen (1.) die gesetzlichen Vertreter der Zielgesellschaft zutreffend von einer positiven Fortbestehends- und Fortführungsprognose ausgehen und (2.) das Unternehmen in überschaubarer Zeit auf Basis der bereits eingeleiteten und noch vorgesehenen Maßnahmen sanierungsfähig ist, d.h. dass auf Basis des Sanierungskonzepts bei objektiver Beurteilung ernsthafte und begründete Aussichten auf eine erfolgreiche
Sanierung bestehen.“
V.
Nach Einbringung der X-Pol in die Zielgesellschaft könnte, während der Markteinführungsphase von QualiPhi®, nach derzeitiger Planung ein Liquiditätsbedarf in
Höhe von bis zu € 1,2 Mio. entstehen, wobei hierbei ein Sicherheitsaufschlag berücksichtigt ist.
Die derzeitige Hauptaktionärin dievini Hopp BioTech holding GmbH & Co. KG hat
sich im Hinblick auf diese potentielle Finanzlücke gegenüber der Zielgesellschaft
verpflichtet, einen eventuellen Liquiditätsbedarf in Höhe von bis zu € 1,6 Mio. zu
decken, sofern dieser nicht durch die Inanspruchnahme des SEDA nach Einbringung sämtlicher Geschäftsanteile der X-Pol in die Zielgesellschaft, durch weitere
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Einsparungen oder auf andere Art und Weise gedeckt werden kann. Die Verpflichtung ist nach Grund und Höhe abhängig vom tatsächlichen Liquiditätsbedarf der
Zielgesellschaft. Sie gilt ferner nur subsidiär und steht unter der aufschiebenden
Bedingung, dass die geplante Transaktion durchgeführt wird und ein eventueller
Liquiditätsbedarf auf Seiten der Zielgesellschaft nicht durch Einsparungsmöglichkeiten, Kollaborationen, die Inanspruchnahme des SEDA oder eine Forfaitierung
künftiger Forderungen der Zielgesellschaft oder deren Tochterunternehmen gedeckt werden kann. Zudem ist die Verpflichtung bis zum 31. Dezember 2013 befristet.
VI.
Die Zielgesellschaft hat von der BASF SE ein der SYGNIS Bioscience gewährtes
Darlehen (nachfolgend „BASF-Darlehen“) erworben. Dieses Darlehen, welches
die Zielgesellschaft zu einem Kaufpreis in Höhe des Verkehrswertes von € 1,00
mit Wirkung zum 31. März 2012 erworben hat, valutierte nach entsprechenden Tilgungsleistungen zuletzt noch mit € 8,0 Mio. Ebenfalls mit Wirkung zum 31. März
2012 hat die Zielgesellschaft am 29. Juni 2012 gegenüber der SYGNIS Bioscience erklärt, dass sie vollumfänglich auf die Rückzahlung des BASF-Darlehens verzichte; die SYGNIS Bioscience nahm diesen Verzicht an.
Nach Ansicht der Antragstellerinnen erfolgten Verkauf und Abtretung des Rückzahlungsanspruchs des BASF-Darlehens in Erwartung und zur Unterstützung der
mit der geplanten Einbringung sämtlicher Geschäftsanteile der X-Pol verbundenen
Neuausrichtung der Zielgesellschaft. Mit Verkauf und Abtretung des Rückzahlungsanspruches des BASF-Darlehens sei insbesondere bezweckt, dass die
SYGNIS-Gruppe im Anschluss an die Einbringung sämtlicher Geschäftsanteile
der X-Pol ohne erhebliche Passivbelastung wirtschaften und die laufenden Lizenzeinnahmen durch die X-Pol zur Deckung ihres Finanzierungsbedarfs verwenden könne.
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B.
Die Antragstellerinnen waren unter Berücksichtigung der Interessen der außenstehenden Aktionäre der Zielgesellschaft gemäß §§ 37 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9
Satz 1 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung zu befreien, da die Erlangung der Kontrolle
einer Zielgesellschaft durch die Antragstellerinnen im Zusammenhang mit der Sanierung der Zielgesellschaft erfolgen wird.
Die zulässigen Anträge der Antragstellerinnen sind begründet.
I.
Mit Einbuchung der neuen Aktien in dem Depot der Antragstellerin zu 1) nach Eintragung der Kapitalerhöhung werden die Antragstellerin zu 1) unmittelbar und die Antragstellerin zu 2) nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG mittelbar die Kontrolle gemäß
§§ 35, 29 Abs. 2 WpÜG an der Zielgesellschaft erlangen.
II.
Die Zielgesellschaft ist ein Sanierungsfall, da bestandsgefährdete Risiken im Sinne
von § 321 Abs. 1 Satz 3 HGB bestehen. Diese ergeben sich aus der drohenden Zahlungsunfähigkeit der Zielgesellschaft.
1.
Nach Einschätzung des Vorstands, der Abschlussprüfer der Zielgesellschaft sowie
dem Ergebnis des Gutachtens liegen Umstände vor, die die Fortführung der Zielgesellschaft in Frage stellen, indem sie insbesondere zum Insolvenzfall führen
können. Sofern die Gefahr einer Insolvenz oder Liquidation eines Unternehmens
besteht, liegen jedenfalls auch bestandsgefährdende Risiken im Sinne von § 321
Abs. 1 Satz 3 HGB vor, welche geeignet sind, die Sanierungsbedürftigkeit einer
Zielgesellschaft zu belegen.
2.
Umstände, die der Einschätzung des Vorstands der Zielgesellschaft, der Abschlussprüfer und des Gutachtens im Hinblick auf die Sanierungsbedürftigkeit der
Zielgesellschaft widersprechen würden, sind nicht ersichtlich. Vielmehr lässt sich
deren Einschätzung anhand der wirtschaftlichen Kennzahlen der Zielgesellschaft
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nachvollziehen. Vor allem aber ist die Liquiditätslage der Zielgesellschaft merklich
angespannt. Nach den Feststellungen der Abschlussprüfer und der Gutachter
zeichnet sich ohne entsprechende Sanierungsmaßnahmen eine weitere Abnahme
der Zahlungsmittel der Zielgesellschaft ab, wobei erstmals zum März 2013 eine
Liquiditätsunterdeckung auftreten dürfte, welche mit € 153.000,00 ausgewiesen
wird. Insbesondere nach den Feststellungen des Gutachtens ist vor diesem Hintergrund von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit der Zielgesellschaft auszugehen.
III.
Das Sanierungskonzept der Antragstellerinnen ist auch geeignet, die drohende Zahlungsunfähigkeit durch Zuführung neuer Liquidität zu beheben und so die Sanierung
der Zielgesellschaft zu gewährleisten.
Nach Ansicht der Antragstellerinnen ist die Einbringung sämtlicher Geschäftsanteile
der X-Pol vor dem Hintergrund des Umsatzpotentials von QualiPhi® auf Basis der Annahmen des Vorstands der Zielgesellschaft und der eigenen Einschätzung im Hinblick
auf den Polymerase-Markt geeignet, um aus den Erträgen, die QualiPhi® vor dem
Hintergrund der Lizenzvereinbarung ab Ende 2013 generieren kann und die sodann
an die Zielgesellschaft ausgeschüttet werden können, das Liquiditätsproblem der Zielgesellschaft zu beseitigen. Denn die Zielgesellschaft würde nach Ansicht der Antragstellerinnen durch die Ausschüttungen der X-Pol durch deren Einnahmen aus QuliPhi® selbst über laufende Einnahmen verfügen, mit denen sie in der Lage wäre, ihren eigenen Liquiditätsbedarf sowie den Liquiditätsbedarf ihrer Tochterunternehmen
dauerhaft zu decken. Diese Einschätzung wird durch die Feststellung des Gutachtens
bestätigt. Die Feststellung des Gutachtens zur Sanierungsfähigkeit der Zielgesellschaft können auch als plausibel angesehen werden. Sie beruhen ausweislich der
Darstellung des Gutachtens wesentlich auf Planungen des Vorstands der Gesellschaft. Insgesamt ist von einer nachhaltigen wirtschaftlichen Gesundung der Zielgesellschaft auszugehen.
Der während der Markteinführungsphase von QualiPhi® möglicherweise entstehende
Liquiditätsbedarf in Höhe von bis zu € 1,2 Mio. kann durch die Veräußerung von Wertpapieren, die Inanspruchnahme von SEDA sowie von Intercompany-Darlehen im Vor-
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griff zu den eigentlichen Ausschüttungen aus der X-Pol wirksam abgedeckt werden.
Zum anderen könnte subsidiär und unter gewissen Bedingungen auf die Verpflichtung
der dievini Hopp BioTech holding GmbH & Co. KG, Liquidität in Höhe von bis zu € 1,6
Mio. an die Zielgesellschaft zur Verfügung zu stellen, zurückgegriffen werden.
Insgesamt lässt sich feststellen, dass im Falle der Realisierung des Sanierungskonzepts zu erwarten ist, dass die zum März 2013 drohende Zahlungsunfähigkeit der
Zielgesellschaft beseitigt wird, so dass das Sanierungskonzept perspektivisch dazu
geeignet ist, die Sanierung der Zielgesellschaft zu bewirken.
Die dievini Hopp BioTech holding GmbH & Co. KG sowie die BASFE SE haben Sanierungshilfen geleistet, die derart zum Bestandteil des Sanierungskonzepts der Antragstellerinnen gemacht wurden, dass sie an diesem teilnehmen.
IV.
Die Erteilung der Befreiung liegt im Ermessen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Für eine Abwägung der Interessen der Antragstellerinnen mit denen der
außenstehenden Aktionäre der Zielgesellschaft, die nach § 37 Abs. 1 WpÜG vorzunehmen ist, ist bei Vorliegen eines Tatbestands aus § 9 WpÜG Angebotsverordnung
grundsätzlich vom Vorrang der Interessen der (potentiellen) Bieter auszugehen. Durch
die Sanierung soll der Fortbestand der Zielgesellschaft gesichert werden, grundsätzlich im Interesse aller Aktionäre der Zielgesellschaft liegt, da sie ansonsten die Folge
einer zunächst noch drohenden, bald aber höchstwahrscheinlich eintretende Insolvenz
der Zielgesellschaft zu tragen hätten.
Da die Antragstellerinnen im Rahmen der Sanierung durch ihre erheblichen Sanierungsbeiträge zum Fortbestand der Zielgesellschaft beitragen, kann ihnen nicht zugemutet werden, den außenstehenden Aktionären der Zielgesellschaft darüber hinaus
noch ein Pflichtangebot unterbreiten zu müssen, das ihnen zusätzliche finanzielle Belastungen in einem erheblichen Umfang auferlegen würde. Ihre Sanierungsbeiträge
sollen vorrangig der Zielgesellschaft und damit mittelbar auch deren Aktionären zu Gute kommen. Daher ist die Befreiung nach § 37 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9
Satz 1 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung grundsätzlich zu erteilen, wenngleich diese
Befreiung auch mit Nebenbestimmungen zu versehen ist.
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Hierzu entgegenstehende Interessen der außenstehenden Aktionäre der Zielgesellschaft, denen unter Berücksichtigung der bereits in § 9 WpÜG-Angebotsverordnung
durch den Gesetzgeber vorweggenommenen Interessenabwägung zudem ein besonderes Gewicht zukommen müsste, sind - abgesehen von dem Interesse, an der Gesundung der Zielgesellschaft teilzuhaben - nicht erkennbar.
Zwar werden die Aktienbeteiligungen der außenstehenden Aktionäre der Zielgesellschaft durch die beabsichtigte Sachkapitalerhöhung verwässert, zumal das Bezugsrecht der bisherigen Aktionäre ausgeschlossen werden soll. Insofern tragen die bisherigen Aktionäre der Zielgesellschaft einen Teil der in der Vergangenheit bei der Zielgesellschaft aufgelaufenen Verluste mittelbar über den Wertverlust ihres Aktienbesitzes
mit. Allerdings profitieren auch die außenstehenden Aktionäre letztlich von der Sanierung der Zielgesellschaft, sofern diese gelingt. Insofern besteht auch für die außenstehenden Aktionäre der Zielgesellschaft die Chance einer positiven Partizipation, welche
geeignet ist, eine Ausnahme von der Angebotspflicht i.S.d. § 35 Abs. 1 Satz 1 und
Abs. 2 Satz 1 WpÜG seitens der Antragstellerinnen zu rechtfertigen.
Rechtsgrundlage für die Widerrufsvorbehalte unter Ziffer 2 a.) bis c.) des Tenors des
Bescheids ist § 36 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG.
Rechtsgrundlage für die Auflagen unter Ziffer 3 a.) und b.) des Tenors des Bescheids
ist § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG.