Stellungnahme des Sozialverband VdK e.V. Rheinland

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Stellungnahme des Sozialverband VdK e.V. Rheinland
Stellungnahme des Sozialverband VdK e.V. Rheinland-Pfalz
zum Entwurf des
Landesgesetzes zur Weiterentwicklung der Beratungs- und
Koordinierungsarbeit in Pflegestützpunkten
Sozialverband VdK Rheinland-Pfalz e.V.
Kaiserstraße 62
55116 Mainz
Telefon: 06131 66970-0
Telefax: 06131 66970-99
1. Ausgangssituation und Zielsetzung des Gesetzentwurfs
Das 2005 beschlossene und 2006 in Kraft getretene Landesgesetz zur Sicherstellung und Weiterentwicklung der pflegerischen Angebotsstruktur (LPflegeASG) ist infolge der zahlreichen Änderungen des Elften Buches Sozialgesetzbuch anzupassen.
Aufgrund des demografischen Wandels ergeben sich auch Änderungsbedarfe bei
den Angeboten und Nachfragen, die bei der Strukturplanung hinsichtlich der Beratungs- und Koordinierungsstellen in Rheinland-Pfalz entsprechend zu berücksichtigen sind.
Ziel ist der Ausbau und die Sicherstellung einer leistungsfähigen pflegerischen Versorgungsstruktur einschließlich der erforderlichen Beratungsangebote mit öffentlicher
Förderung.
Bei dem Gesetzentwurf soll an dem bisherigen System der Beratung und Koordinierung in Rheinland-Pfalz grundsätzlich festgehalten werden.
2. Allgemeine Bewertung
Der Sozialverband VdK Rheinland-Pfalz e. V. begrüßt das Anliegen, das Landesgesetz zur Sicherstellung und Weiterentwicklung der pflegerischen Angebotsstruktur
entsprechend der Änderungen des Elften Buches Sozialgesetzbuch zu evaluieren.
Zum Bedauern des Sozialverbands VdK kann keine endgültige allgemeingeltende
Stellungnahme zum Landesgesetz zur Weiterentwicklung der Beratungs- und Koordinierungsarbeit in Pflegestützpunkten abgegeben werden, da noch Folgeänderungen in der Landesverordnung zur Durchführung des Landesgesetzes zur Sicherstellung und Weiterentwicklung der pflegerischen Angebotsstruktur vorzunehmen sind
(Inkrafttreten 1. Januar 2017) und ein gegenseitiger Bezug so nicht möglich ist.
Zudem sieht der Sozialverband VdK es kritisch, dass auf Änderungen der Regelungen zur Pflegestrukturplanung und zu den Regionalen Pflegekonferenzen vorerst
verzichtet wird, um den Ergebnissen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe nicht vorzugreifen. Die Stärkung der Steuerungs- und Planungskompetenz für die regionale Pflegestruktur kann nach Ansicht des Sozialverbands VdK nicht losgelöst von der Weiterentwicklung der Beratungs- und Koordinierungsarbeit in Pflegestützpunkten im Rahmen dieses Gesetzentwurfes betrachtet werden. Wenngleich Rheinland-Pfalz mit
den bisherigen Regelungen zur Pflegestrukturplanung und den Regionalen Pflegekonferenzen sowie der erfolgten Unterstützung der Landkreise und kreisfreien Städte
bei der Strukturplanung im Bundesvergleich eine innovative Stellung inne hat, sollten
Stärkung und Ausbau der Rolle der Kommunen bei der Pflege zeitnah erfolgen. Ein
Austausch im Rahmen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe ist sinnvoll, Bedenken hat der
Sozialverband VdK allerdings, was den zeitlichen Rahmen sowie die Einigung auf
gemeinsame Regelungen anbelangt.
Positiv bewertet der Sozialverband VdK, dass das Änderungsgesetz der Entwicklung
der Beratungs- und Koordinierungsstellen hin zu einem flächendeckenden und
wohnortnahen System von Pflegestützpunkten im Sinne der §§ 7a und 92c SGB XI
Rechnung trägt und die Fachkräfte der Beratung und Koordinierung in Pflegestützpunkten nicht zuletzt in Hinblick auf eine neutrale Beratung als wichtige Bestandteile
der pflegerischen Angebotsstruktur betrachtet werden.
Schließlich begrüßt der Sozialverband VdK neben einer Öffnung der möglichen Anstellungsträgerschaft von Fachkräften der Beratung und Koordinierung über ambulante Pflegedienste hinaus die Verbesserung der finanziellen Rahmenbedingungen
für die Förderung der Fachkräfte. Die vorgesehene Erhöhung der Personalkosten für
eine vollzeitbeschäftigte Fachkraft oder eine entsprechende Anzahl teilzeitbeschäftigter Fachkräfte von derzeit 50.590 Euro auf 57.500 Euro ist aufgrund der gestiegenen
Qualitätsanforderungen an die Beschäftigten dringend erforderlich. Auch die Möglichkeit von Teilzeitbeschäftigungen muss in Hinblick auf eine angestrebte Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf eingeräumt werden. Die voraussichtlichen durchschnittlichen Mehrkosten je Pflegestützpunkt von bis zu rund 650 Euro pro
Jahr für die Landkreise und kreisfreien Städte infolge der Änderung der Sachkostenpauschale sind angesichts der Wichtigkeit einer sichergestellten qualitativen Versorgung angemessen.
3. Zu einzelnen Regelungen des Gesetzentwurfs „Landesgesetz zur Weiterentwicklung der Beratungs- und Koordinierungsarbeit in Pflegestützpunkten“
Artikel 1 – Änderung des Landesgesetzes zur Sicherstellung und Weiterentwicklung der pflegerischen Angebotsstruktur
§ 1 LPflegeASG
Der Sozialverband VdK bewertet es als positiv, dass die Angebotsstruktur unter Berücksichtigung der Grundsätze der Qualitätssicherung und der Wirtschaftlichkeit der
Leistungserbringung sowie neuer Wohn- und Pflegeformen weiterzuentwickeln ist,
verweist jedoch auf die Voraussetzung der Finanzierbarkeit, da Qualität ausreichende finanzielle Mittel voraussetzt.
So ist aus Sicht des Sozialverbands VdK die Berücksichtigung der unterschiedlichen
Bedürfnisse von pflegebedürftigen Menschen aufgrund ihrer ethnischen oder kulturellen Herkunft, ihres Alters, ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität im Rahmen der Leistungsangebote und -erbringung unverzichtbar. Hier stellt sich jedoch die
Frage nach der Umsetzung dieses Ziels und eine Konkretisierung hinsichtlich des
entsprechenden Bedarfs an Fachpersonal und Wohn-/ Einrichtungsformen wäre
wünschenswert.
Im Zuge des demografischen Wandels ist die Einbeziehung ehrenamtlich tätiger
Menschen in der Pflege unverzichtbar. Insbesondere im sozialen Bereich können sie
wichtige Tätigkeiten übernehmen, ohne die das Land Rheinland-Pfalz sowie die
Kommunen deutlich mehr belastet würden. Insoweit begrüßen wir die Regelungen,
wonach pflegende Angehörige, soziale Netzwerke einschließlich der Nachbarschaften und in der Pflege bürgerschaftlich engagierte Menschen als wesentlicher Teil der
Angebotsstruktur zu unterstützen sind. Allerdings sollte an dieser Stelle näher ausgeführt werden, wie und mit welchen Mitteln die Unterstützung erfolgen soll. Zudem
sollte die qualitative Sicherstellung der pflegerischen Versorgung Hauptaufgabe der
Politik beziehungsweise bei der Umsetzung durch Hauptamtliche bleiben, ehrenamtlich Tätige sollten nur ergänzend zu einer ausreichenden Versorgung beitragen und
adäquat begleitet werden.
Der Sozialverband VdK schätzt die Anzahl und Verteilung der 135 Pflegestützpunkte
in Rheinland-Pfalz, die auch künftig eine kostenlose Beratung und Unterstützung
pflegebedürftiger Menschen und ihrer Angehörigen gewährleisten. In Hinblick auf
ältere und multimorbide Menschen betrachtet der Sozialverband VdK insbesondere
die aufsuchende Beratung in Form von Hausbesuchen als positiv. Die Beratung,
Koordinierung und Unterstützung sollte „aus einer Hand“ unter dem Dach der Pflegestützpunkte, aber vor allem unabhängig von Interessen der Leistungsträger sowie
der Leistungserbringer durch entsprechende Fachkräfte erfolgen.
Angesichts der Tatsache, dass die meisten Menschen mit Pflegebedarf in ihrer häuslichen Umgebung verbleiben möchten, unterstützt der Sozialverband VdK die gesetzliche Festschreibung, dass der Weiterentwicklung neuer Wohn- und Pflegeformen ein
besonderer Stellenwert zukommt. An dieser Stelle sollte jedoch konkretisiert werden,
dass die entsprechenden Angebotsformen auch für Betroffene mit geringerem Einkommen und Vermögen bezahlbar sowie gut erschlossen und sozial integriert sind.
Artikel 2 – Weitere Änderung des Landesgesetzes zur Sicherstellung und Weiterentwicklung der pflegerischen Angebotsstruktur
§ 5 LPflegeASG – Förderung von Fachkräften der Beratung und Koordinierung
in Pflegestützpunkten
Der Sozialverband VdK begrüßt die Festsetzung der in § 5 Absatz 3 Satz 2
Nummer 2 LPflegeASG geregelten Sachkostenpauschale ab dem 1. Januar 2016 auf
einen Betrag in Höhe von 5.000 Euro. Eine Änderung der Sachkostenpauschale ist
dringend erforderlich, um die Betriebskosten der Pflegestützpunkte, in denen die
Fachkräfte der Beratung und Koordinierung ihren Arbeitsplatz haben, zu decken. Angesichts der Stadt-Land-Unterschiede hinsichtlich der Mietkosten, aber auch der hohen Kosten für Fort- und Weiterbildungen, kann der festgesetzte Betrag zu niedrig
sein, sodass sich der Sozialverband VdK für flexiblere Umsetzungsinstrumente in
Einzelfällen ausspricht.
Der Sozialverband VdK befürwortet die Förderung der Personal- und Sachkosten
einer Beratungs- und Koordinierungsstelle in Form einer Stellenerhöhung für die
Wahrnehmung von Schwerpunktaufgaben, etwa die Gewinnung bürgerschaftlich en-
gagierter Menschen für die Betreuung pflegebedürftiger Menschen sowie die Entlastung der Angehörigen. Hierbei geht es weniger um die pflegerische Versorgung an
sich, derart alltagsentlastende Unterstützungsangebote stellen aber insbesondere in
den ländlichen Regionen eine wichtige Ergänzung dar.
Der Sozialverband VdK spricht sich für die im neuen § 5 Absatz 3 LPflegeASG vorgesehene enge Zusammenarbeit der Fachkräfte der Beratung und Koordinierung mit
den Diensten und Einrichtungen, den Anbietern komplementärer Hilfen und den
sonstigen an der Pflege Beteiligten aus. Hinsichtlich der Ergänzung der Zusammenarbeit mit den Landkreisen und kreisfreien Städten im Rahmen der Pflegestrukturplanung hält der Sozialverband VdK eine Konkretisierung der Kooperationsformen für
sinnvoll. Angesichts der bereits derzeit bestehenden personellen Engpässe auch in
den Landkreisen und kreisfreien Städten stellt sich die Frage nach der Umsetzung in
Bezug auf die Verortung qualifizierter Ansprechpartner.