Kolloidchemie

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Kolloidchemie
Praktikum II, SS 06
Versuch 5 - 07.04.2006
Kolloidchemie
Zahner Michele ([email protected])
Büchi Luca ([email protected])
Assistent: Joakim Reuteler
18.04.2006
Zusammenfassung
In diesem Versuch wurden keramische Schlicker untersucht. Es wurde TiO2und Al2O3-Pulver verwendet. Ziel war es, die Abhängigkeit der Viskosität der
Schlicker vom Salzgehalt und pH aufzuzeigen sowie die Wirkung von
Adsorbaten zu untersuchen. Am Beispiel des Gemisches Milch und Titanoxid
wurde die Interaktion des Pulvers mit biologischen Systemen (Proteine)
untersucht. Während PEI bei Lösungen mit saurem IEP den IEP stark erhöht und
bei Lösungen mit basischem IEP keine Wirkung zeigt, führt das Zitratanion zur
Absenkung des IEP bei Lösungen mit basischem IEP und zeigt bei Lösungen
mit tiefem IEP keine Wirkung. Milch vermag ebenfalls den IEP einer TiO2-Lösung
zu erhöhen, wahrscheinlich durch Adsorption der Milchmoleküle an der
Partikeloberfläche.
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1. Einführung
unter einem Kolloid versteht man ein Gemisch von Kleinsten Teilchen
(Kolloide) und einem Lösungsmittel. Die Typische Teilchengrösse beträgt
zwischen 1 nm und 1 !m. Als Lösungsmittel und Kolloid sind sowohl
Flüssigkeiten wie auch Gase oder Feststoffe möglich. Ein Beispiel für ein flüssigflüssig-Kolloid ist Milch, für fest-gasförmig Rauch. Im folgenden Versuch
befassen wir uns ausschliesslich mit Keramikpulvern in wässriger Lösung.
Kolloidale Lösungen ähneln echten Lösungen, obwohl sie eigentlich
Dispersionen sind. Dieses Verhalten ist auf die extrem kleinen Abmessungen
der Teilchen zurückzuführen, die eine hohe spezifische Oberfläche implizieren.
1.1. Oberfläche keramischer Partikel
Durch die Luftfeuchtigkeit bzw. dem Kontakt mit Wasser bildet sich auf fast
jeden keramischen Partikeln eine Hydroxidschicht aus. Diese Hydroxidschicht
kann in Wasser durch (pH-abhängige) Protonierung bzw. Deprotonierung
elektrostatisch geladen werden. Der pH-Wert, bei welchem die Nettoladung
der Hydroxidgruppen gleich null ist, heisst point of zero charge (PZC). In Abb. 1
ist der Vorgang dargestellt.
Abb. 1: Ausbildung der Hydroxidschicht und deren Protonierung bzw. Deprotonierung
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1.2. Elektrische Doppelschicht
Das Wasser und die Ionen der kolloidalen Lösung werden mit der geladenen
Oberfläche der Partikel wechselwirken. Dabei ziehen sich ungleiche
Ladungen an und gleichnamige Ladungen stossen sich ab. An der
geladenen Grenzschicht der Partikel bildet sich nun eine Schicht mit einer
höheren Konzentration an Gegenionen, welche die Ladung kompensieren.
Mit zunehmender Entfernung zur Partikeloberfläche nimmt die Konzentration
an Gegenionen exponentiell auf den Durchschnittswert ab. Diese Schicht mit
erhöhter Konzentration an Gegenionen wird elektrische Doppelschicht
genannt und deren Reichweite heisst Zetapotential (Abb. 2). Der Punkt, bei
dem das Zetapotential null ist, heisst isoelektrischer Punkt (IEP). Für Al2O3 liegt
der IEP bei pH 9, bei TiO2 zwischen 2 und 3.
Abb. 2: Elektrische Doppelschicht
und Zetapotential an der
Oberfläche eines Kolloids
Der diffuse Teil der Doppelschicht wird durch mehrere Faktoren beeinflusst:
Wie oben erwähnt, bestimmt der pH der Suspension die Ladung der
Oberfläche. Ist der pH zu nahe beim IEP, ist das Zetapotential so tief, dass
keine abstossenden Kräfte zwischen den Partikeln mehr wirken: Die Viskosiät
nimmt zu und die Suspension koaguliert. Ein anderer wichtiger Faktor ist die
Ionenstärke der Lösung: Befinden sich viele Salzionen in der Lösung, vermögen
diese die Abstossenden Kräfte der geladenen Oberflächen viel besser
abzufangen. Dieser Effekt ist stark mit der Wertigkeit der Ionen korreliert.
1.3. Einfluss von Polyethylenimid (PEI) und Zitronensäure
In einigen teilversuchen wurde PEI bzw. Zitronensäure der Lösung zugegeben,
um den Einfluss von Adsorpzion zu studieren. Es gibt bestimmte Stoffe, die auf
der Partikeloberfläche adsorbieren und somit neben dem pH und dem
Salzgehalt der Lösung die Stabilität des Schlickers ebenfalls beinflussen. PEI ist
ein sogenannter positiver Polyelektrolyt, der auf einer negativ geladenen
Partikeloberfläche adsorbieren kann. In wässriger Lösung reagiert es basisch,
da die Aminogruppen protoniert werden [2] (Abb. 3).
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Abb. 3: polyethylenimid (PEI)
2. Materialien und Methoden
2.1. Materialien
Laborgeräte:
– Bechergläser 100 ml
– Magnetrührer mit Fischen
– Glasstäbe
Materialien:
– Al2O3-Pulver, Teilchendurchmesser ca. 150 nm
– TiO2-Pulver, Teilchendurchmesser ca. 300 nm
– Deionisiertes Wasser
– HCl-Lösung (2 mol/l)
– NaOH-Lösung (2 mol/l)
– Zitronensäure
– Polyethylenimid (PEI)
– Vollmilch, homogenisiert
2.2. Methoden
2.2.1. TiO2- Schlicker
Als erstes wurde der Schlicker aus Titandioxid untersucht. Es wurden folgende
Versuche durchgeführt:
i) Es wurden 8 ml Wasser mit 7 g TiO2-Pulver vermischt, dann tropfenweise
HCl-Lösung zugegeben. Bei pH 1 wurde 1 Tropfen PEI zugegeben.
ii) 8 ml Wasser + 7 g TiO2-Pulver, dann tropfenweise NaOH-Lösung dazu.
iii) 8 ml Wasser + 1 Tropfen PEI, dann 7 g TiO2-Pulver zugemischt. Dazu
tropfenweise HCl-Lösung und dann NaOH-Lösung zugegeben.
iv) 8 ml Wasser + 0.05 g Zitronensäure, + 5 Tropfen NaOH-Lösung, dann 7 g
TiO2-Pulver. Anschliessend wurde tropfenweise HCl-Lösung und dann
NaOH-Lösung zugeben.
Es wurde mit Hilfe von pH-Streifen jeweils der pH der Ausgangslösung und der
pH des Schlickers bei signifikanter Veränderung notiert.
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2.2.2. Al2O3-Schlicker
i) Es wurden 8 ml Wasser + 5 Tropfen HCl-Lösung gemischt, dann 20 g Al2O3Pulver eingerührt. Mit Zugabe der NaOH- bzw. HCl-Lösungen wurde der pH
zuerst auf etwa 13 erhöht und darauf auf pH 4 erniedrigt. Anschliessend
wurde die Lösung wieder auf pH 13 gebracht und eine Spatelspitze CaCl2
dazugegeben.
ii) 0.1 g Zitronensäure + 8 ml Wasser + 5 Tropfen HCL-Lösung gemischt, dann
20 g Al2O3-Pulver eingerührt. Mit den Lösungen wurde tropfenweise der
pH erniedrigt und wieder erhöht.
iii) 1 Tropfen PEI + 8 ml Wasser + 5 Tropfen HCl-Lösung, dann 20 g Al2O3-Pulver.
Dann wurde der pH mit den Lösungen erniedrigt und wieder erhöht.
Auch hier wurde der pH der Ausgangslösung und der pH des Schlickers bei
Zustandsänderung notiert.
2.2.3. TiO2 und Milch
dieser Versuch diente dazu, Die Wechselwirkungen zwischen kolloidalem TiO2
und eines bioloischen Systems (hier Milch) zu untersuchen.
i) Hier wurde versucht, den IEP von Vollmilch zu bestimmen. (20 ml).
ii) 20 ml Milch wurden mit 10 g TiO2 vermischt und das System mit der NaOHund HCl-Lösung untersucht.
iii) Wie ii), jedoch mit Zusatz von 1 Tropfen PEI.
2.3. Berechnungen
Zur Veranschaulichung der Resultate wurden noch einige Daten berechnet:
– Konzentration in Volumenprozent der Schlicker in 1.i), 2.ii) und 3.ii)
Gegeben: !(TiO2)=3.8 g/cm2
!(Al2O3)=3.98 g/cm2
Berechnung:
1.i) VWasser = 8 cm3, VTiO2 = m/! = 1.84 cm3
" 1.i) hat 18,7 Vol% TiO2
2.i) VWasser = 8 cm3, VAl2O3 = m/! = 5.03 cm3
" 2.i) hat 38,6 Vol% Al2O3
3.ii) VMilch = 20 cm3, VTiO2 = m/! = 2.63 cm3
" 3.ii) hat 11,6 Vol% TiO2
– Bedeckungsgrad eines TiO2-Partikels im Schlicker 1.iii) durch das PEI
Annahme: Auf einer Oberfläche adsorbieren 100 ng PEI pro cm2
Ein Tropfen PEI wiegt 0.03 g
Spezifische Oberfläche von TiO2 = 9.54 m2/g
Berechnung:
7 g Pulver = 66.8 m2 Oberfläche
0.03 g / 100 ng/cm2 = 30 m2
" Die Partikeloberfläche ist zu etwa 45% mit PEI bedeckt.
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– Spezifische Oberfläche eines Pulvers mit sphärischen Teilchen in m2/g
Gegeben: Radius r, Dichte !
Berechnung:
OKugel= 4!r2 VKugel =4/3 r3 !
m=V!
2
O
4"r
3
=
=
m 4 "r 3 # $ r # $
3
führt man diese berechnung mit den Literaturdaten[1] der Pulver durch, so
erhält man folgende Werte:
!
TiO2 = 5.26 m2/g (Literaturwert: 9.54 m2/g)
Al2O3 = 10.05 m2/g (Literaturwert: 5.58 m2/g)
3. Resultate
3.1. TiO2- Schlicker
i) Ausgangsbedingungen:
pH0=7
Konsistenz: flüssig, dünn
bei Zugabe von HCl immer dicker, Maximum etwa bei pH 3-4
Bei Zugabe von PEI Schlicker wieder flüssig
ii) Ausgangsbedingungen:
pH0=6
Konsistenz: flüssig, dünn
Bei Zugabe von NaOH bis pH 9 keine Veränderung
Ab pH 9 leichte Zunahme der Viskosität, bei pH 12-13 dick
iii) Ausgangsbedingungen:
pH0=6-7 Konsistenz: flüssig, dünn
Bei Zugabe von HCl -Lösung bis pH 1 immer noch flüssig
Zugabe von NaOH; lange Zeit nichts, dann bei pH 13 dick
iii) Ausgangsbedingungen:
pH0=3-4 Konsistenz: Wie Joghurt
Bei Zugabe von HCl erhöht sich die Viskosität noch weiter, bei pH 1 Probe
fester als bei Versuch i)-ii) (Mayonnaise- bis Gipsartig, siehe Abb. 4)
Zugabe von NaOH; leichte Abnahme der Viskosität, aber nicht mehr so
dünn wie am Anfang
Abb. 4: Aussehen des Schlickers 1.iii)
bei Erreichen des IEP.
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3.2. Al2O3-Schlicker
i) Ausgangsbedingungen:
pH0=5
Konsistenz: flüssig
Um pH 8-9 leichte Eindickung des Schlickers
Bei pH 13 wieder flüssig
Zugabe von HCl: Eindicken bei pH 8
Bei pH 4 wieder flüssig
Zugabe von CaCl2: sofortige Eindickung des Schlickers
Ii) Ausgangsbedingungen:
pH0=0-1 Konsistenz: flüssig
Die Zugabe von NaOH ändert die Viskosität nicht
Zugabe von HCl: Bei pH 3 fest
iii) Ausgangsbedingungen:
pH0=7
Konsistenz: flüssig
Die Zugabe von HCl ändert die Viskosität nicht (bis pH 1)
Zugabe von NaOH: Bei pH 10 fest
3.3. TiO2 und Milch
i) Ausgangsbedingungen:
pH0=7
Konsistenz: flüssig
Zugabe von HCl: Bildung von kleinen Klümpchen, Maximum bei pH 3-4
Konsistenz der Milch aber nach wie vor flüssig
ii) Ausgangsbedingungen:
pH0=6-7 Konsistenz: flüssig
Bestimmung des IEP bei ca. pH 4-5
iii) Ausgangsbedingungen:
pH0=7-8 Konsistenz: flüssig
Bestimmung des IEP bei ca. pH 4
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4. Diskussion
Zu den Berechnungen:
Es ist erstaunlich, wie genau sich das einfache Modell des Pulvers aus lauter
Kugeln auf die Realität übertragen lässt. Die Berechnungen lagen lediglich
um einen Faktor kleiner 2 neben den Literaturwerten. Diese Abweichung ist
einfach zu erklären: Ein TiO2-Partikel hat in Wahrheit eine verfurchtere
Oberfläche als der Idealfall einer Kugel. Das erklärt den zu kleinen
Rechenwert. Im Falle von Al2O3 ist die Partikelform wahrscheinlich eher einer
Kugel ähnlich, jedoch die Grössenunterschiede ziemlich gross: Zwei kugeln mit
Radius 3 und 1 (im Mittel 2) besitzen nämlich eine kleinere spezifische
Oberfläche als zwei Kugeln von Radius 2.
Der errechnete Bedeckungsgrad von PEI sagt aus, dass ein einzelner Tropfen
durchaus ausreichen sollte, um eine nennenswerte Änderung der
Partikeleigenschaften hervorzurufen.
Ergebnisse:
Die erste Versuchsreihe brachte eine Überraschung: Obwohl der Literaturwert
[1] für den IEP von TiO2 bei pH 2-3 liegt, koagulierte die Lösung 1.ii) bei pH 12.
Dies lässt sich entweder über einen Durchführungsfehler erklären (PEI in der
Lösung) oder über den durch das NaOH erzeugten hohen Salzgehalt der
Lösung erklären. Wie erwartet zeigte das auf negative Oberflächen
adsorbierende PEI seine Wirkung in 1.i) und 1.iii) und das negative
Zitronensäureanion in 1.iv) entsprechend keine Wirkung.
In 2.i) fiel die Wichtigkeit der Ionenwertigkeit auf. 2-wertige Ca++-Ionen
vermögen das Zetapotential effektiv abzupuffern, die Lösung erstarrt. in 2.ii)
und 2.iii) zeigten das PEI und das Zitronensäureanion das erwartete Verhalten:
Das auf positven Flächen adsorbierende Zitrat senkte den IEP auf pH 3 ab,
während das PEI keine Veränderung zur Folge hatte.
Versuch 3 lieferte interessante Resultate: der IEP von TiO2 wurde durch die
Interaktion mit Milch um etwa 2 Punkte erhöht und das PEI zeigte keine
Wirkung mehr. Das lässt sich durch eine rasche Adsorption der Milchproteine
auf die Partikeloberfläche erklären: Die Oberfläche ist mit Proteienen besetzt,
so dass sich das PEI nicht mehr anlagern kann. Dieser Annahme nach
reagieren Milchproteine in Wasser, ähnlich dem PEI, leicht basisch, und führen
deshalb zum leicht höheren IEP dieses Systems.
5. Referenzen
[1] Walde, P. und Reuteler, J. (2006), Versuchsanleitung Kolloidchemie
[2] http://de.wikipedia.org/wiki/Polyethylenimin (Stand 11.04.2006)
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