V3 Das Ei im Essigbad

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V3 Das Ei im Essigbad
V3
Das Ei im Essigbad
Fach
Klasse
Überthema
Feinthema
Zeit
Chemie
Q1
Alkansäuren
Ethansäure
1h
und ihre
Derivate
Zusammenfassung
Ein Ei wird in ein Glas mit Essigessenz gegeben, sodass sich dessen Schale auflöst.
Anschließend wird die zurückgebliebene klare Lösung mit Sodalösung versetzt und
Calciumcarbonat ausgefällt.
Einordnung in den Unterricht1
Der Versuch ist nach dem hessischen Lehrplan G8 der Qualifikationsphase QI
zuzuordnen. Dort lässt er sich zum verbindlichen Unterrichtsinhalt 4. Alkansäuren und
ihre Derivate durchführen.2 Der Versuch kann als Einstiegsversuch aufgegeben
werden, denn um ihn durchzuführen, müssen keine Vorkenntnisse über die Struktur der
Carbonsäuren und die damit verbundenen Eigenschaften besessen werden. Allerdings
wäre es gut, wenn die Schüler und Schülerinnen (SuS) die Säure-Base-Konzepte
beherrschen, damit sie eine hypothetische Reaktionsgleichung aufstellen können.
Natürlich kann der Versuch auch zum Vertiefen von bereits erarbeiteten Inhalten zu
Struktur und Eigenschaften von Carbonsäuren durchgeführt werden.
1
2
Vgl. Hirt, A.: Lehrplan Chemie (2010).
Vgl. Hirt, A.: Lehrplan Chemie (2010).
Der Versuch
Die Durchführung3
Abbildung 1: Die für den Versuch benötigten Geräte und Materialien.
Zuerst wird ein rohes Ei hartgekocht. Währenddessen wird eine Sodalösung mit
Haushaltssoda angesetzt. Danach wird das hartgekochte Ei in einem Wasserglas
vollständig mit Essigessenz bedeckt. Nach dem Auflösen der Schale wird das Ei
entnommen und die zurückbleibende Lösung mit der hergestellten Sodalösung versetzt.
Anschließend wird filtriert und der Filterkuchen getrocknet.
Die Beobachtung
Abbildung 2: Links: Gasentwicklung zu Beginn des Versuchs. Mitte: Beginnende Ablösung der
Eischale. Rechts: Ablösung der Schale nach 1 Stunde.
Vgl. Schwedt, G.: Experimente mit Supermarktprodukten – Eine chemische Warenkunde, Zweite
korrigierte und aktualisierte Auflage. Wiley-CVH Verlag. Weinheim 2003. S 105.
3
Sobald das Ei in die Essiglösung eintaucht, ist die Entwicklung von Gasbläschen an der
Eierschale zu erkennen. Mit der Zeit entwickeln sich immer mehr dieser Bläschen,
sodass sich das Ei zu bewegen beginnt.
Nach und nach ist immer weniger von der Eierschale um das Ei herum zu erkennen, bis
sie sich nach 1 ½ Stunden völlig aufgelöst hat. Wird das Ei aus der Lösung entnommen,
so bleibt eine klare Lösung zurück. Um das Ei herum befindet sich nur noch eine dünne
Schalenhaut und es sieht aus, als wäre es geschält worden.
Abbildung 3: Links: Ei mit vollständig aufgelöster Schale. Rechts: Versuchsaufbau des Folgeversuchs. In der
Mitte befindet sich das Essigbad nach der Reaktion.
Wird nun die Lösung, in die zuvor das Ei getaucht war, mit etwas Soda-Lösung versetzt,
so bildet sich ein weißer Niederschlag. Der Niederschlag kann abfiltriert werden und
bildet nach dem Trocknen ein weißes festes Pulver.
Abbildung 4: Links: Zufüllen der Sodalösung zur Essiglösung, in der die Schale des Eis aufgelöst wurde. Mitte:
Bei Zugabe fällt zusehends ein weißer Feststoff aus. Links: Weißer Feststoffe, nachdem abfiltriert worden ist.
Entsorgung
Die Reste der Lösungen können mit viel Wasser in den Abfluss geschüttet werden. Alle
Feststoffabfälle werden in den Hausmüll entsorgt.
Fachlicher Hintergrund
Essigsäure ist in vielen Lebensmitteln enthalten. Informiere dich über Essigsäure.
Die Essigsäure zählt zu den organischen Säuren, den sogenannten Carbonsäuren. Sie
sind in der Natur weit verbreitet, was sich auch in ihrer Namensgebung wiederspiegelt:
Tabelle Fehler! Kein Text mit angegebener Formatvorlage im Dokument.-1: Übersicht über einige in der Natur
vorkommende Alkansäuren.4
IUPAC-System
Trivialname
Vorkommen
Methansäure
Ameisensäure
-
In Giftdrüsen von Ameisen
Brennhaare von Brennnesseln
In anderen Pflanzen, Insekten
und Früchten
Ethansäure
Essigsäure
-
In Essig
Entsteht durch die
Essigsäurebakterien, die Ethanol
katalytisch zu Essigsäure
oxidieren
Butansäure
Buttersäure
-
Durch das Ranzig werden von
Fetten
In Butter enthalten
Hexadecansäure
Palmitinsäure
-
Gebunden in Naturfetten, z.B.
Palmfett, Olivenöl, Kokosöl,
Schmalz und Kakaobutter
Octadecansäure
Stearinsäure
-
Gebunden in Naturfetten, in
Kerzenwachs, in Hopfen, im
menschlichen Gehirn
Die funktionelle Gruppe der Carbonsäuren ist die Carboxy-Gruppe. Der Rest R, der an
dieser anschließt, kann verschieden sein. Je nach Rest werden die Carbonsäuren
eingeteilt. Entspricht R einem gesättigten Alkylrest, handelt es sich um eine Alkansäure.
Langkettige Alkansäuren werden als Fettsäuren bezeichnet. Besitzt R mindestens eine
Doppelbindung, zählt sie zu den ungesättigten Carbonsäuren oder bei langen Ketten zu
Vgl. Arndt, B., Arnold, K., Dietrich, V., Finke, L., Krüger, K., Stachel, S.: Chemie plus- Gymnasium Klasse 9
Thüringen. Berlin 2005. S. 143.
4
den ungesättigten Fettsäuren. Zudem können sich die Carbonsäuren in der Anzahl der
Carboxy-Gruppen unterscheiden. Von einer Monocarbonsäure ist die Rede, wenn sie nur
eine COOH-Gruppe enthält. Dicarbonsäuren weisen zwei COOH-Gruppen auf;
Tricarbonsäuren drei usw. Enthält eine Carbonsäure noch zusätzlich eine HydroxyGruppe, so wird sie als Hydroxycarbonsäure bezeichnet.5
Die sauren Eigenschaften der Carbonsäuren sind auf die Carboxy-Funktion
zurückzuführen. Diese besteht sozusagen aus einer Carbonyl- und einer HydroxyGruppe.
O

R


Carbonyl-Gruppe
H
O
Hydroxyl-Gruppe
Obwohl das saure Wasserstoffatom wie bei Alkoholen der Hydroxy-Gruppe entstammt,
sind die pKs-Werte der Carbonsäuren deutlich niedriger. Der Unterschied liegt in der
Carbonyl-Gruppe, die an die Hydroxy-Gruppe gebunden ist. Dadurch entsteht ein positiv
polarisierter Kohlenstoff, der einen negativ induktiven (elektronenziehenden) Effekt
ausübt. Die OH-Bindung wird noch stärker polarisiert und dadurch die Acidität erhöht.
Zudem wird das entstehende Carboxylat-Ion resonanzstabilisiert.6

-
O

+

R
O
O
OH
H2O
R
-
O
R
O
+
+
H3O
zwei gleichwertige Grenzstrukturen des Carboxylat-Ions
Die beschriebene Säurestärke nimmt in der homologen Reihe der Alkane ab. Dies hängt
mit dem +I-Effekt des an die Carboxy-Gruppe gebundenen Restes zusammen. Die
positive Partialladung am Carbonyl-Kohlenstoff wird verringert und gleichzeitig die OHBindung weniger polarisiert. Das Proton kann schlechter abgespalten werden.
Vgl. Seilnacht, T.: Carbonsäuren. In: Naturwissenschaftliches Arbeiten. Seilnachts Didaktik der
Naturwissenschaften. URL: http://www.seilnacht.com/Lexikon/carbons.html. letzter Zugriff am:
21.10.2011.
6 Vgl. Vollhardt, K.P.C., Schore, N.P.: Organische Chemie. S.967f.
5
Essigsäure ist eine stechend riechende Flüssigkeit und ist aufgrund der überwiegenden
Polarität der Carboxy-Gruppe und des kurzen Restes gut in Wasser löslich. Sie wirkt auf
der Haut, auf Schleimhäuten und Augen ätzend und ist leicht entzündlich.7
Aus was besteht die Schale eines Eis?
Die Schale eines Hühnereis besteht zu 95 % aus Kalk und zu 5 % aus Eiweiß. 8 Mit dem
Begriff Kalk ist chemisch gesehen Calciumcarbonat, CaCO3(s), gemeint. Die Eierschale
entsteht
auf
der
Matrix
von
Proteinfäden
der
darunterliegenden
äußeren
Schalenmembran eines Eis. Dort kristallisiert das Calciumcarbonat als Calcit aus, bis die
Zwischenräume der Proteinfäden ausgefüllt sind.
Abbildung 5: Oben links: Beginn der Kalkablagerung an der Mamillenschicht der äußeren Schalenmembran
(Blick von innen, Vergrößerung 50fach).Oben rechts: Abscheidung des Calcit auf dem Netzwerk aus feinen
Proteinfäden der äußeren Schalenmembran mit anschließender Kristallisation, wodurch die
Palisadenschicht gebildet wird (Blick von innen, Vergrößerung 500fach). Unten links: Abbildung der äußerst
dünnen Kalkschicht, die mit einer Proteinschicht (Cuticula) überzogen ist (Blick von außen, Vergrößerung
50fach), was die glatte, glänzende Oberfläche eines Eis bewirkt. Unten rechts: Darstellung der Poren, welche
die gesamte Eierschale durchziehen. (Vergrößerung 1500fach). Diese werden von der Cuticula nicht
vollständig bedeckt, sodass ein Gasaustausch möglich ist.9
Vgl. Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung: Ethansäure. In: GESTIS
Stoffdatenbank. URL: http://biade.itrust.de/biade/lpext.dll?f=templates&fn=main-hit-h.htm&2.0. Letzter
Zugriff: 17.07.2011.
8 Vgl. Bode, A., Grebe, M.: Quarks Skript, Skript zur Sendereihe „Quarks und Co“. In: WDR Fernsehen;
Wunder Ei. 2003. URL: http://www.wdr.de/tv/quarks/global/pdf/Q_Ei.pdf. Letzter Zugriff am:
18.07.2011.
9 Roth, K.: Eine Oologische-chemische Osterbetrachtung. Allerlei vom Frühstücksei. In: Chemie in unserer
Zeit. 43/2009. S. 105.
7
Diese Schicht wird ca. 10 m dick und geht dann in die Palisadenschicht über, über der
dann die eigentliche Kristallschicht liegt.
Abbildung 6: Übersicht über den Aufbau der Eierschale.10
In der Eierschale können sich bis zu 17 000 Poren mit einem Durchmesser zwischen 1060 m befinden. Diese dienen dem Gasaustausch mit der Umgebung, sind aber so klein,
dass weder Mikroorganismen noch Schmutz ins Innere des Eis eindringen können.
Demnach stellt die Eierschale eine Schutzschicht dar nicht nur gegen Keime, sondern
auch als Schutz vor Austrocknung. Um die Kalkschicht zu bilden, muss eine Henne 5 g
Calciumcarbonat ausscheiden. Folgende Reaktion läuft dabei ab:
Ca
2+
(aq) +
-
HCO3 (aq)
+
CaCO3(s) + H
Für die Bildung der Schale benötigt die Henne viel CO2 und Futter. Eine Henne mit Ei im
Uterus atmet ungefähr doppelt so viel die Minute, wie eine Henne ohne Ei11. Die
vermehrte Abgabe von CO2 dient zudem dazu, den pH-Wert im Blut zu erhöhen. Dieser
sinkt durch die Bildung von Calciumcarbonat ab, da dabei gleichzeitig Protonen
entstehen.12
Roth, K.: Eine Oologische-chemische Osterbetrachtung. Allerlei vom Frühstücksei. In: Chemie in unserer
Zeit. 43/2009. S. 105.
11 Zur Herstellung der Eierschale werden 50 mMol benötigt. Zum Vergleich: eine 1,7 kg schwere Henne
besitzt ein CO2 Reservoir von 13 mMol.
12 Vgl. Roth, K.: Eine Oologische-chemische Osterbetrachtung. Allerlei vom Frühstücksei. In: Chemie in
unserer Zeit. 43/2009. S. 100-114.
10
Die Reaktion von Essigsäure mit der Eierschale
Beim Einlegen des Eis in Essigessenz löst sich das Calciumcarbonat unter Bildung von
CO2 auf. Das erklärt auch das beobachtete Aufsteigen der Bläschen bei der
Versuchsdurchführung.
O
CaCO3(s) +
O
2
Ca
H3C
OH (aq)
H3C
-
2+
(aq)
H2O
+
+
CO 2(g)
O
2 (aq)
Ethansäure
Calciumcarbonat
Calciumacetat
Was geschieht bei der Zugabe von Soda?
Wird nun Soda, Na2CO3, zu der Lösung des Calciumacetats gegeben, so verschiebt sich
das Gleichgewicht der Reaktion wieder auf die Seite des Calciumcarbonats, da das
Angebot an Carbonationen steigt.
O
H3C
O
-
Ca
2+
(aq)
+ CO 32- (aq) + 2 Na+(aq)
O
+ 2 Na
H3C
2 (aq)
Calciumacetat
+
CaCO 3(s) +
O
-
(aq)
2 (aq)
Calciumcarbonat
Calciumacetat
Warum darf Marmor nicht mit Essig gereinigt werden?
Marmor besteht zum größten Teil aus Calciumcarbonat.13 Wird Essigsäure auf Marmor
gegeben, so reagiert diese wie zuvor beschrieben mit dessen Oberfläche. Die Folge
davon ist, dass die Oberfläche stumpf wird.
13
Vgl. Lieber, W.: Mineralogie in Stichworten. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Kiel 1979. S. 40.

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