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PATRIZIA BULLETIN 01|2013 Im Fokus Guter Inhalt richtig verpackt Eine gute Immobilie muss den Bedürfnissen und Ansprüchen des Nutzers gerecht werden. Um aber auch als Kapitalanlage gut zu sein, muss die Immobilie auch den Bedürfnissen und Ansprüchen des Anlegers gerecht werden. Bei indirekten Immobilieninvestitionen kommt es daher stark auf die richtige „Verpackung“ an. Ohne die passende Investmentstruktur ist es Unternehmen sogar oftmals gar nicht möglich, indirekt in Immobilien zu investieren. Seit der Finanzmarktkrise lässt sich bei institutionellen Investoren folgender Trend erkennen: Die Rückbesinnung auf Sachwerte in Verbindung mit klar strukturierten Anlageformen und regelmäßigen Zahlungsströmen. Das gilt für institutionelle Investoren europaweit – allerdings wählen diese sehr unterschiedliche, oft länderspezifische Konstrukte für ihre indirekten Immobilieninvestitionen. Unternehmen, die institutionellen Investoren nicht nur am deutschen Markt, sondern europaweit die ganze Wertschöpfungskette indirekter Immobilieninvestments anbieten wollen, sind daher gut beraten, im Ausland nicht lediglich Niederlassungen vor Ort zu gründen, von denen aus die Heimataktivitäten fortgeführt werden. Vielmehr sollten sie die Investments lokal spezifiziert anbieten. Ein deutscher Investor wird für seine Immobilieninvestments erst einmal eine deut- sche Plattform vorziehen. Und genauso ist es für den Briten und den Skandinavier auch. Insofern wird in der Regel ein Brite dies mit der in Großbritannien üblichen Corporate-Konstruktion realisieren wollen, ein Anleger in Skandinavien die landestypische ABStruktur und ein deutscher Investor häufig den deutschen Spezialfonds wählen. Investieren Anleger aus verschiedenen Nationalitäten zusammen, so bietet sich eine Struktur an, die über Landesgrenzen hinweg verbreitet und international etabliert ist. Sprechen wir von europäischen Investoren, sind es üblicherweise Luxemburger Konstruktionen. Den meisten deutschen institutionellen Investoren ist vor allem der hierzulande übliche Spezialfonds ein Begriff. Einigermaßen vertraut sind viele außerdem mit den Luxemburger Vehikeln. Luxemburger Spezialfonds werden entweder in der Rechtsform einer Investmentgesellschaft als SICAV (Société d'investissement à capital variable) oder als von einer Verwaltungsgesellschaft verwalteter Investmentfonds FCP (Fonds Commun de Placement) aufgelegt. Sowohl SICAVs als auch FCPs sind international bekannte und anerkannte Plattformen. Bei SICAVs erhält der Anleger durch die gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung des Fonds Aktien der Investmentgesellschaft. Kapitalanleger, die später weitere Einlagen leisten wollen, werden eher die SICAV-Variante wählen. Denn hier ist das Kapital im Fortsetzung auf Seite 2 INHALT IM FOKUS Guter Inhalt richtig verpackt 1 IM GESPRÄCH Das Beste aus zwei Welten 3 ZUR SACHE AIFMD: neue Regulierungen für Fonds und ihre Manager 4 AM RANDE Very British 5 PANORAMA PATRIZIA HandelsinvestmentKompass: Gute Geschäfte – Mehr Miete? 6 Zu guter letzt Leben auf der Plattform 8 PATRIZIA Bulletin 01|2013 2 IM FOKUS Fortsetzung von Seite 1 Unterschied zur FCP-Version variabel. Sowohl SICAVs als auch FCPs sind als Gesellschaftsformen freier in der Wahl ihrer Anlagemöglichkeiten als der deutsche Spezialfonds. Obwohl die Luxemburger Konstrukte international einen besonders hohen Stellenwert haben, sind sie auch für international agierende Investoren nicht zwangsläufig die beste Investitionsplattform. Um zu entscheiden, welche Fondskonstruktion letztlich geeignet ist, kommt es auf die spezifischen Bedürfnisse des Kunden an. Der Aufbau von eigenem Know-how für eine Vielzahl von Immobilienmärkten lohnt sich für die wenigsten Unternehmen, insbesondere, wenn eine europaweite Diversifikation der Immobilienanlagen angedacht ist. Vor allem kleinere Häuser sind auf externe Plattformen angewiesen. Viele Unternehmen suchen daher für ihre diversifizierte Strategie in Europa einen Partner. Ihr Anspruch ist dabei in der Regel folgender: Der Partner sollte sich nicht nur in Sachen Asset Management und Akquisition auskennen, sondern jemand sein, von dem sie auch eine steuerlich und rechtlich optimierte Plattformstruktur bekommen. Um dies leisten zu können, ist es notwendig, genau zu prüfen, wie das steuerliche und rechtliche, insbesondere auch das aufsichtsrechtliche Umfeld des Investors aussieht, um ihm anschließend nicht nur das passende Produkt, sondern auch die passende Investmentplattform dafür anzubieten. Interessant ist zum Beispiel: Luxemburgische Fondskonstruktionen bieten eine höhere Flexibilität. Auch Aspekte wie Sicherungsvermögensfähigkeit und Zuordnungen zur Beteiligungsquote beziehungsweise zur Immobilienquote sind für Investoren wichtige Entscheidungsparameter. FCP- und Spezialfonds-Konstruktionen sind meistens sicherungsvermögensfähig – dies ist insbesondere bei Versicherungen und Versorgungswerke sehr wichtig. Bei SICAVs ist das nur unter bestimmten Voraussetzungen gegeben. Da es für die Investment- und Risikoallokation einer Versicherung einen Riesenunterschied macht, ob ein Investment zur Immobilien- oder zur Beteiligungsquote zählt, muss man sich die entsprechenden Schritte vorher genau überlegen. Ein weiteres Beispiel: Ein deutscher Spezialfonds kommt für eine Schweizer Versicherung als indirektes Immobilieninvestment genauso wenig infrage wie ein Luxemburger SICAV oder FCP. Denn eine Schweizer Versicherung darf nur dann indirekt in ausländische Immobilien investieren, wenn sie dies über ein börsennotiertes Vehikel tut. Das ist beispielsweise über eine REIT-Konstruktion oder eine englische Corporate-Struktur möglich. Aber nicht alle Modelle, die sich theoretisch umsetzen ließen, sind sinnvoll. Manche sollte man schon deswegen nicht umsetzen, weil sie zu kompliziert sind oder auch nicht transparent genug. Ziel ist es, eine Struktur für den Investor zu finden, die ihm das optimale Verhältnisse von Nutzen und Aufwand bietet. Neben den reinen Renditekennzahlen sind hier auch die Komplexität, Transparenz und interne Akzeptanz entscheidend. ❙ IMPRESSUM Herausgeber PATRIZIA Immobilien AG | PATRIZIA Bürohaus | Fuggerstraße 26 | 86150 Augsburg | T +49 821 50910-000 | F +49 821 50910-999 | [email protected] | www.patrizia.ag V.i.S.d.P. Andreas Menke | Leiter Kommunikation Autoren dieser Ausgabe Ralf Beunink, Karin Siebels Copyright PATRIZIA Immobilien AG Bildnachweis fotolia | PATRIZIA Immobilien AG Druckerei AZ Druck und Datentechnik, Kempten Verlag vmm wirtschaftsverlag gmbh & co. kg | www.vmm-wirtschaftsverlag.de Layout Anne Gierlich PATRIZIA Bulletin 01|2013 IM GESPRÄCH 3 Das Beste aus zwei Welten Sicher, aber vergleichsweise renditeschwach – das gilt in der Regel für indirekte Investitionen in Wohnimmobilien, vor allem im Core-Bereich. Projektentwicklungen können höhere Renditen erwirtschaften, gelten aber als riskanter – und für deutsche Spezialfonds ist ein Investment in diesem Segment schwer umzusetzen. Das PATRIZIA WohnModul I verbindet die Sicherheit von Bestandsimmobilien mit den Renditechancen von Projektentwicklungen und Revitalisierungen. Jochen Reith, Leiter Institutionelle Kunden bei PATRIZIA, gibt Auskunft über die Plattform, die in dieser Form einzigartig in Deutschland ist. Wie ist die Idee für das PATRIZIA WohnModul I entstanden? Jochen Reith: Wir wollten für unsere Kunden eine Möglichkeit entwickeln, eine höhere Rendite durch ein Engagement am deutschen Wohnungsmarkt zu erzielen als normalerweise üblich. Eine große deutsche Pensionskasse war offen, diesen neuen Weg mit uns zu gehen. Der übliche Weg für einen institutionellen Investor, der in Wohnimmobilien investieren will, ist folgender: Er legt sein Geld in einem Spezialfonds an, der Neubau- oder Bestandsimmobilien in sehr gutem Zustand kauft und diese hält. Das ist ein solides Geschäft, aber die Rendite ist ausbaufähig. Wir haben deshalb vorgeschlagen, zusätzlich auch in Projektentwicklungen und Immobilien mit Investitionsbedarf zu investieren, um eine bessere Rendite zu erzielen. Das fand unser Kunde sehr interessant. Nun ist die Immobilienoptimierung eines der Kerngeschäfte von PATRIZIA. Gab es nicht Bedenken, das als Dienstleistung an Externe anzubieten? Reith: Wir hatten tatsächlich intensive Diskussionen im Haus, ob wir unsere Wertschöpfungskompetenz und damit unser Kerngeschäft für Investoren öffnen wollen, indem wir durch ein Co-Investment andere mit ins Boot holen. Letztendlich haben wir uns dafür entschieden und das Ganze als eigenes Vehikel ausgelagert. Im Jahr 2011 ist das WohnModul I dann mit einem Volumen von 100 Millionen Euro Eigenkapital gestartet. PATRIZIA selbst ist mit knapp zehn Prozent an den Investitionen beteiligt. Was genau ist das Innovative am WohnModul I? Reith: Bis heute gibt es unseres Wissens in Deutschland nur Fonds, die entweder in Bestandsimmobilien investieren oder ausschließlich in Projektentwicklungen. Die Mischung beider Segmente in einem Fonds wie unserem WohnModul I ist in Jochen Reith, Leiter Institutionelle Kunden der deutschen Investmentlandschaft eine echte Produktinnovation. Es deckt die komplette Wertschöpfungskette der Wohnimmobilie ab: Ankauf, Projektentwicklung, Asset-, PropertyManagement, Revitalisierung und Verkauf. Eine weitere Innovation ist die breite Exit-Strategie: Wohnungen können bereits während der Investmentphase verkauft werden. Dabei sind sowohl der Blockverkauf als auch Einzelverkäufe an Privatanleger möglich. Mit welcher Rendite kann der Investor rechnen? Reith: Wir streben eine Gesamtrendite an, die etwa 50 Prozent über der von klassischen Core-Wohnimmobilienfonds liegt. Durch die höheren Renditechancen bei Projektentwicklungen und Revitalisierungen ist das nicht unrealistisch. Gleichzeitig sind die Risiken etwas höher, aber durch die langjährige Erfahrung und Kompetenz der PATRIZIA ist das beherrschbar. Diese Risikostruktur ist aber nicht für jeden institutionellen Investor geeignet. Die Pensionskasse ist allerdings sehr zufrieden mit dem WohnModul I und hat das anfängliche Volumen inzwischen auf 300 Millionen Euro Eigenkapital verdreifacht. Mit Fremdkapital ergibt sich eine recht stattliche Investitionssumme von gut einer Milliarde Euro. Gibt es Pläne, aufgrund des Erfolges dem WohnModul I ein zweites folgen zu lassen? Reith: Konkrete Pläne für ein WohnModul II haben wir zurzeit nicht. So etwas entwickelt sich immer mit dem Kunden zusammen. Prinzipiell möglich wäre das allerdings und zwar nicht nur als Individualfonds wie das WohnModul I, sondern auch als Poolfonds. Solche Konzepte sind übrigens nicht nur bei Wohnimmobilien möglich: Wir arbeiten gerade an einem konkreten Fondsvehikel im Gewerbebereich. Um Interessenkonflikte im Eigengeschäft zu vermeiden, sind Co-Investments ein hervorragendes Geschäftsmodell für die Zukunft. Diese könnten entstehen, wenn wir unser Eigengeschäft im selben Bereich tätigen würden, in dem wir auch für unsere Kunden arbeiten. Wenn wir uns aber mit unserem eigenen Geld an ihrem Investment beteiligen, lassen sich solche Diskussionen im Keim ersticken. ❙ Mit dem PATRIZIA WohnModul I hat sich der Anlagehorizont für institutionelle Investoren in zweierlei Hinsicht erweitert: Zum einen können auch Projektentwicklungen und Revitalisierungsbestände gekauft werden, zum anderen dürfen Wohnungen schon während der Investmentphase veräußert werden – sei es im Wege des Block- oder des Einzelverkaufs. So wurde zum Beispiel vergangenes Jahr 986 Wohnungen und drei Gewerbeeinheiten im Münchner Stadtteil Bogenhausen und Germering für 140 Mio. Euro für das WohnModul I erworben. PATRIZIA Bulletin 01|2013 4 ZUR SACHE Gastbeitrag von Dr. Ulrich Keunecke, Rechtsanwalt, Diplom-Politologe, Partner bei KPMG Law AIFMD: neue Regulierungen für Fonds und ihre Manager Die Buchstaben AIFMD sorgen derzeit für Aufsehen in der Investmentbranche. Als Folge der Finanzkrise hat die EU diese neue Richtlinie für Verwalter alternativer Investmentfonds erlassen. Ab Sommer 2013 gilt die „Alternative Investment Fund Manager Directive“ (AIFMD). Am 22. Juli 2013 beginnt für Verwalter sowohl offener als auch geschlossener Fonds eine neue Zeit: Ab diesem Tag ist die EU-Richtlinie für die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFMD) in den Mitgliedstaaten umzusetzen. Der deutsche Gesetzgeber plant dabei einen großen Wurf: So wird in dem Kernstück des deutschen Umsetzungsgesetzes, dem neuen Kapitalanlagesetzbuch (KAGB), zum einen das bisherige Investmentgesetz (InvG) aufgehen. Zum anderen enthält das KAGB umfassende Regeln für die Verwalter offener und geschlossener Fonds, die weitgehend der AIFMD und den Vorgaben für richtlinienkonforme Investmentfonds entstammen (OGAW-Richtlinie). Spezialfonds wird es künftig auch geschlossene Spezialfonds geben. Dabei wird es künftig mit dem offenen Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen ein Produkt geben, das wiederum dem bisherigen Spezial-Sondervermögen des Investmentgesetzes weitgehend entspricht. Daneben können sowohl offene als auch geschlossene allgemeine Spezial-AIF grundsätzlich in alle Vermögensgegenstände investieren, deren Verkehrswert ermittelbar ist. Einschränkungen gibt es nur wenige: offene Spezial-AIF müssen nach dem Grundsatz der Risikostreuung investieren. Für offene und geschlossene Spezial-AIF gilt zunächst keine festgelegte Begrenzung des Leverage aus dem KAGB. Das regulatorische Zusammenwachsen der offenen und der geschlossenen Fondswelt ermöglicht, alle verfügbaren Anlagevehikel aus einer regulierten Hand anzubieten. Im Laufe des bisherigen Gesetz gebungsverfahrens sind bereits diverse Entwürfe des KAGB veröffentlicht worden. Ungeachtet der laufenden Diskussionen beginnen nun Unternehmen mit Unterstützung der KPMG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH und der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, sich auf die sich abzeichnenden regulatorischen Entwicklungen einzustellen. Die Umbauphase, die auf die gesamte Branche zukommt, läuft also auf Hochtouren. Auch in Zukunft wird es offene Publikums-Immobilienfonds geben können, die dann in der Form des Sondervermögens aufgelegt werden können. Die diesbezüglichen künftigen Gestaltungsmöglichkeiten sollen sich mit leichten Abweichungen an den Regularien des Investmentgesetzes (InvG) orientieren. Neben den bereits bekannten offenen Dr. Ulrich Keunecke Damit profitieren die Investoren von der nach Maßgabe des KAGB eröffneten Produktvielfalt. Das regulatorische Zusammenwachsen der offenen und der geschlossenen Fondswelt ermöglicht, alle verfügbaren Anlagevehikel aus einer regulierten Hand anzubieten. Neben der schon aus dem Investmentgesetz bekannten Investment aktiengesellschaft (InvAG) wird es mit der Investmentkommanditgesellschaft ein neues reguliertes Investmentvehikel geben. Gerade im Hinblick auf deren intendierte steuerliche Behandlung könnte dieses Vehikel geeignet sein, Altersvorsorgevermögen von Konzernen am Finanzstandort Deutschland zu errichten (Pension Asset Pooling). Im institutionellen Investorenbereich ist es damit möglich, weiterhin für einzelne Anleger bis hin zu Investorengruppen spezifische Anlagemöglichkeiten und Dienstleistungsspektren anzubieten. Gerade für diese Anlegergruppen wird es ein breites Spektrum an Anlagemöglichkeiten geben können. Trotz des Inkrafttretens des KAGB und den damit verbundenen Umbaumaßnahmen können die Marktteilnehmer aufgrund angepasster Übergangsvorschriften im KAGB-E ihre Leistungen bei zweckmäßiger Überleitungsplanung und Projektgestaltung ohne bzw. ohne wesentliche Unterbrechungen weiter anbieten und die gegebenenfalls auf die neuen Regularien angepasste Unternehmensstrategie konsequent am Markt platzieren. Gleichwohl ist es eine beachtliche Herausforderung für die Marktteilnehmer, die neuen Bestimmungen zeitnah und zukunftsorientiert umzusetzen. ❙ PATRIZIA Bulletin 01|2013 AM RANDE 5 Very British Auf der Insel ticken die Uhren anders: Die Autos fahren links, Entfernungen werden in Meilen gemessen und Tee ist weitaus beliebter als Kaffee. Auch die Gepflogenheiten bei indirekten Immobilienanlagen unterscheiden sich im Vereinigten Königreich von dem, was deutsche Investoren gewohnt sind. Immobilienfonds im kontinentaleuropäischen Sinne wie deutsche Spezialfonds oder luxemburgische Konstruktionen als Plattformen existieren nicht. Stattdessen werden steueroptimierte und börsennotierte, sogenannte Bermuda- oder Guernsey-Plattformen zur Kapitalanlage genutzt. So müssen beispielsweise auf der Kanalinsel Guernsey ansässige Unternehmen keine Einkommenssteuer zahlen und auch Kapitalertragssteuern fallen nicht an. Um ein solches Investmentprodukt im Vereinigten Königreich aufzulegen, ist zuerst eine Lizenz der britischen Finanzaufsicht FSA erforderlich. Sobald ein Unternehmen bei der FSA als Managementgesellschaft registriert ist, darf es Produkte wie ein börsennotiertes Guernsey-Vehikel anbieten. Dabei sind unterschiedliche Ausgestaltungen und Rechtsformen je nach den konkreten Erfordernissen der Investoren möglich. Die rechtliche Struktur einer solchen Plattform unterscheidet sich also deutlich von einem deutschen Spezialfonds. Inhaltlich haben beide Vehikel allerdings die gleiche Aufgabe: Anleger zeichnen Anteile bzw. kaufen sie an der Börse und das auf diesem Weg eingesammelte Geld wird in Immobilen investiert. In der Regel werden die Anteile auch bis zur Abwicklung des Vehikels gehalten und es gibt nur wenig Handel mit ihnen. Durch die börsennotierte Struktur ergeben sich allerdings zwei wichtige Unterschiede zum Spezialfonds. Zum einen ist die Liquidität der Anlage sehr hoch: Durch die Börsennotierung besteht börsentäglich die Möglichkeit, Anteile zu kaufen oder wieder zurückzugeben. Für einige Investorengruppen wie beispielsweise Versicherungen ist eine hohe Liquidität wichtig, sodass börsennotierte Vehikel für sie attraktiv sein können. Zum anderen sind börsennotierte Vehikel sehr transparent. Zwar wird auch ein Spezialfonds von der Finanzaufsicht kontrolliert und berichtet regelmäßig an diese sowie die Investoren. Bei einer Börsennotierung sind die Berichtspflichten allerdings deutlich umfangreicher und es wird an den gesamten Kapitalmarkt und nicht nur an eine ausgewählte Teilöffentlichkeit berichtet. Diese hohe Transparenz wirkt wie eine zusätzliche Regulierungsebene und wird vor allem von Anlegern aus dem angelsächsischen Raum stark bei der Anlage entscheidung berücksichtigt. Trotz dieser Unterschiede: Das Anlageziel ist bei börsennotierten Vehikeln und Spezialfonds gleich: In der Regel sollen stabile Einkommen durch die Vermietung der gehaltenen Objekte generiert und Wertzuwächse durch aktives Asset Management realisiert werden. ❙ Die Tamar Financial Services Limited (TFSL) als Teil der Tamar Capital Group ist bei der FSA als Managementgesellschaft registriert. Über die Plattform TFSL bietet Tamar seit 2006 ein börsennotiertes Produkt für institutionelle Investoren an: Die Tamar European Industrial Fund Limited (TEIF) ist eine geschlossene Investmentfirma (Limited Liability Company), die auf Guernsey registriert und an der Londoner Börse gelistet ist und durch die TFSL gemanagt wird. Die konkreten Investitionen in die Immobilien werden über eine Tochter der TEIF Limited, eine Luxemburger Sàrl, durchgeführt. Diese wiederum hat jeweils Tochterfirmen in den Ländern, in denen sie Assets hält: Eine norwegische AS, eine schwedische AB und weitere Luxemburger Töchter, welche die Immobilien in Deutschland halten. Der geografische Fokus der TEIF Limited liegt in Frankreich. Darüber hinaus werden Liegenschaften in Deutschland, den Beneluxstaaten sowie in Skandinavien verwaltet. Der Investitionsschwerpunkt liegt auf dem Segment „Light Industrial“. Ende 2012 hat PATRIZIA die Tamar Capital Group übernommen. Bis April 2013 steht die Übernahme noch unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch dei britische Finanzaufsichtsbehörde. PATRIZIA Bulletin 01|2013 6 PANORAMA Gute Geschäfte – Mehr Miete? Geben die Verbraucher viel Geld aus, brummt der Einzelhandel. Da scheint es zunächst logisch, dass in der Folge auch die Mieten steigen müssten – beziehungsweise sinken, wenn die Kaufbereitschaft zurückgeht – zumindest theoretisch. Jedoch ist der Zusammenhang zwischen Konsumneigung und Einzelhandelsmieten keineswegs so eindeutig. Das zeigt eine Untersuchung, in der die PATRIZIA Immobilien AG über elf Jahre für 26 europäische Metropolen die Einzelhandelsumsätze einer Region den Mietpreisentwicklungen im Top-Segment gegenübergestellt hat. Nur in wenigen Städten hatten steigende Handelsumsätze gleichzeitig oder innerhalb von zwei Jahren höhere Spitzenmieten zur Folge beziehungsweise sinkende Umsätze niedrigere Spitzenmieten. Zu diesen Städten gehörten vor allem die Schwellenmärkte der vergangenen Dekade, darunter Warschau, Budapest und Prag. In anderen Märkten, wie zum Beispiel Wien und London, sowie an deutschen Top-Standorten entwickelten sich die Mietpreise dagegen relativ unbeeinflusst vom Handelsumsatz. Insofern sind offensichtlich zumindest Premiumobjekte in 1A-Lagen von den Umsatzschwankungen im Gesamtmarkt wenig betroffen. Ihre Flächenauslastung ist kontinuierlich hoch, die Mieten können dort daher auch in Krisenzeiten ihr Niveau halten. In den Bestlagen europäischer Einkaufsstraßen stiegen die Leerstände seit 2007 marginal von 1,3 Prozent auf heute 2,2 Prozent. In den B-Lagen und bei zweitklassigen Objekten werden dagegen Leerstandsquoten zwischen zwei (Skandinavien) und neun Prozent (Osteuropa) gemessen. Für das Segment des Shoppingcenters im Speziellen scheint in der Größe der entscheidende Wettbewerbsvorteil zu liegen: Europaweit liegen in großen Malls mit über 40.000 Quadratmeter Verkaufsfläche die Leerstände bei rund vier Prozent, in kleinen Malls mit weniger als 15.000 Quadratmeter stehen dagegen über zwölf Prozent der Flächen leer. Das heißt: Einzelhandelsobjekte in den nicht duplizierbaren Lagen der Metropolen und die großen Malls sind auch in Zeiten schwächeren Konsums robust. Den Markt bestimmen hier die internationalen Retailer, für die Präsenz in den etablierten und reifen Märkten Mittel- und Westeuropas eine Pflichtübung ist. An diesem Bewegungsmuster hat sich auch in den Jahren wirtschaft licher Schwäche nichts geändert. Über alle europäischen Standorte betrachtet fällt für 2013 die Prognose bei den Umsätzen dreigeteilt aus: Sechs von 26 europäischen Standorten verlieren demnach Einzelhandelsumsätze, in sieben weiteren bleiben sie stabil, und in 13 Städten soll der Umsatz steigen. Dabei sind die Vorzeichen gegenüber dem Frühjahr in fast allen Städten gleich geblieben. Weiterhin negativ sind die Prognosen vor allem in den rezessionsgeplagten Ländern wie Spanien und Italien. Dagegen stehen in den deutschen Städten die Zeichen nach wie vor auf Umsatzwachstum. In allen 26 der untersuchten Standorte bleiben die Spitzenmieten mindestens auf dem Niveau von 2011, in einigen Märkten konnten sie sogar zulegen: Dies gelang beispielsweise in Paris (+ 6,7 Prozent), Berlin, Hamburg, München (+ 4 bis + 5 Prozent) und London (+ 12,5 Prozent). Für 2013 bleiben die Aussichten ähnlich: Insgesamt werden für fünf der 26 Märkte noch Mietpreissteigerungen erwartet, die anderen bleiben zumindest stabil – und das gilt auch für Städte, in denen die Aussichten für die Umsatzentwicklung aktuell negativ sind. Für das Top-Segment im Einzelhandel kann also trotz der schlechten Stimmung bei vielen europäischen Verbrauchern Entwarnung gegeben werden. Investoren fahren mit solchen Spitzenobjekten nach wie vor einen sicheren Kurs, relativ unabhängig von der „nationalen Lage“. Orientieren sie sich neu und weichen auf Non-Core-Objekte und -Lagen aus, sollten Anschaffungsneigung und Kaufkraft der Konsumenten stärker in den Fokus ihrer Investitionsentscheidung rücken. ❙ 106,6 44,1 MRD. GLASGOW 1,0 % 175–187 €/m2 375 bps 5,3 % - 6,1 % 113,0 30,1 MRD. DUBLIN 101,5 22,1 MRD. MANCHESTER 1,0 % 119 –144 €/m2 400 bps 5,5 % - 5,4 % - 2,6 % 176 – 208 €/m2 550 bps 7,0 % - 2,1 % 18,3 MRD. BIRMINGHAM 102,7 0,7 % 137 €/m2 425 bps 5,8 % -1,3 % MARKTKAPITALISIERUNG 2012 IN MRD. € 1 ZENTRALITÄTSINDEX 2012 2 EINZELHANDELSUMSATZWACHSTUM 2012 IN % 2 MIETSPANNE TOP-SEGMENT 2012 IN €/M2/MONAT BOND-YIELD GAP 2012 IN BPS 3 NETTOANFANGSRENDITE 2012 IN % WERTÄNDERUNGSRENDITE 2012 IN % 4 TREND 2013 ZUNEHMEND STABIL ABNEHMEND 16,7 MRD. LISSABON - 6,7 % 75– 90 €/m2 550 bps 7,0 % 0,0 % 113,4 150,4 MRD. MADRID - 1,5 % 208 – 221 €/m2 330 bps 4,8 % - 3,0 % 103,6 PATRIZIA Bulletin 01|2013 PANORMA 7 119,1 47,9 MRD. STOCKHOLM 3,9 % 122 – 133 €/m2 350 bps 5,0 % 0,0 % 28,4 MRD. KOPENHAGEN 148,4 - 2,7 % 165 €/m2 350 bps 5,0 % 5,4 % 115,2 65,3 MRD. HAMBURG - 0,6 % 192 – 250 €/m2 284 bps 4,3 % 2,2 % 103,9 5,6 % 510 €/m2 250 bps 4,0 % 12,5 % 104,5 MRD. BERLIN 14,8 MRD. BRÜSSEL 120,8 - 1,0 % 138–154 €/m2 311 bps 4,6 % 5,3 % 1,5 % 550– 667 €/m2 264 bps 4,1 % 13,0 % -1,3 % 153 – 180 €/m2 369 bps 5,2 % 4,3 % 124,8 59,0 MRD. MÜNCHEN 56,8 MRD. WIEN -0,2 % 310 – 330 €/m2 238 bps 3,9 % 7,7 % 120,5 0,0 % 200 – 235 €/m2 275 bps 4,3 % 0,0 % 109,3 16,7 MRD. LYON 165,8 123,8 708,6 MRD. PARIS 86,1 MRD. MAILAND 0,2 % 177 – 208 €/m2 362 bps 5,1 % 0,0 % 24,1 MRD. BUDAPEST 142,5 0,4 % 85–90 €/m2 447 bps 6,0 % - 1,7 % 123,7 - 3,0 % 283 – 333 €/m2 330 bps 4,8 % 2 0,0 % 14,8 MRD. MARSEILLE 0,2 % 89 –102 €/m2 362 bps 5,1 % 0,0 % 65,9 MRD. BARCELONA 3,4 % 90 – 95€/m2 540 bps 6,9 % 2,9 % 32,3 MRD. PRAG 0,0 % 260 – 300 €/m2 287 bps 4,4 % 2,0 % 1,04 % 98,1 - 0,3 % 2,2 % 2 2 110 –116 €/m 16 –17 e/m 362 bps bps 437 5,1 % 6,2 % 0,0 % 6,0 % 113,2 173,1 18,4 MRD. WARSCHAU - 0,9 % 235 – 290 €/m2 306 bps 4,6 % 4,4 % 49,9 MRD. FRANKFURT 12,3MRD. MRD. 9,5 LILLE LILLE 107,9 96,5 65,5 MRD. ROM 105,5 - 2,8 % 248 – 292 €/m2 330 bps 4,8 % 0,0 % 105,4 - 3,0 % 181 – 212 €/m2 330 bps 4,8 % - 3,0 % Alle Preis/Wertangaben beziehen sich auf 1A-Einzelhandelsimmobilien. Der Flächenbestand bezieht zusätzlich alle Shoppingcenters mit ein. 1 ø m2 -Preis x Flächenbestand 3 Nettoanfangsrendite abzüglich des risikofreien Zinssatzes der zehnjährigen deutschen Staatsanleihe 2 Nuts 3-Ebene 4 Trendpfeil zeigt die prognostizierte Entwicklung des Kapitalwertes für 2013 an Die angegebenen Werte stellen Erwartungen für das Gesamtjahr 2012, anhand der aktuellen Quartalsergebnisse, dar. Quellen: CBRE, Cushman & Wakefield, JLL, Oxford Economics, PATRIZIA, PMA © PATRIZIA Immobilien AG 643,5 MRD. LONDON 1,9 % 245 – 250 €/m2 287 bps 4,4 % 3,1 % 138,0 44,1 MRD. AMSTERDAM PATRIZIA Bulletin 01|2013 8 zu guter letzt Leben auf der Plattform Die Ölplattform Mittelplate in der Nordsee im Abendlicht Seit mehr als 25 Jahren wird auf Mittelplate Öl gefördert. Die einzige deutsche Bohr- und Förderinsel liegt rund sieben Kilometer vor der schleswig-holsteinischen Nordseeküste mitten im Wattenmeer. Mittelplate ist damit eine Immobilie der ganz eigenen Art, von der aus nicht nur Öl gefördert wird, sondern die auch Wohnraum für rund 100 Mitarbeiter bietet. „Täglich fördern wir rund 3.000 Kubikmeter Öl“, berichtet Derek Mösche, Sprecher des Betreibers RWE Dea. Die Unternehmen RWE Dea und Wintershall halten jeweils 50 Prozent an der Insel aus Stahl und Beton. Mindestens bis zum Jahr 2041 soll die Produktion weitergehen, denn so lange gilt die derzeitige Förderbewilligung. Das gleichnamige Ölfeld Mittelplate ist das mit Abstand größte Deutschlands und noch längst nicht völlig erschlossen. Seit 1987 wurden über 27 Millionen Tonnen Öl gefördert, 23 Millionen Tonnen gelten noch als wirtschaftlich gewinnbar. Derzeit werden hier 55 Prozent des heimischen Erdöls gefördert. Zwischenfälle gab es auf der Insel am Rand des Nationalparks Wattenmeer bislang nicht. Umweltschützer sehen die Ölförderung in dem Gebiet dennoch kritisch. Sie befürchten beim Austreten von Öl eine Öko-Katastrophe. Gebohrt wird auf der Offshore-Immobilie mit einer der modernsten Bohranlagen Europas. Die 10.000 PS starke Anlage unter dem 70 Meter hohen Bohrturm ist so ausgerichtet, dass sowohl Vertikalbohrungen als auch stark abgelenkte Horizontalbohrungen mit einem Radius von 6.000 Metern um die Förderinsel durchgeführt werden können. Das hat den Vorteil, dass von einer kleinen Bohrfläche aus größere Teile der Lagerstätten in den Dogger-Sandsteinschichten in einer Tiefe zwischen 2.000 und 3.000 Metern erschlossen und damit Bohrarbeiten an anderen Stellen reduziert werden können. Der Job auf einer Ölplattform ist alles andere als gewöhnlich. Die Arbeit ist teilweise hart, aber wegen der Wochen end- und Feiertagszuschläge auch gut bezahlt. Die knapp 100 Mitarbeiter auf der Insel Mittelplate, die in Zwölf-Stunden-Schichten rund um die Uhr im Einsatz sind, müssen auf Komfort indes nicht verzichten. Das rund 16 Meter hohe Mittelplate-Wohnquartier verfügt über 48 Doppelkabinen mit 96 Betten. Pro Schicht ist jeweils ein Bett belegt, während der andere Bewohner arbeitet. Nach Ende der Schicht wird gewechselt. 14 Tage dauert der Inseldienst, zwölf Stunden pro Tag, danach haben die Beschäftigten zwei Wochen frei. „Zwei Wochen on, zwei Wochen off“, erläutert Mösche das Prinzip. Wer die 70 Meter breite und 95 Meter lange Offshore-Immobilie zum ersten Mal sieht, denkt nicht unbedingt, dass es sich dort durchaus gemütlich wohnen lässt. Die Ausstattung des Wohntraktes mit hellem Linoleum und Blumen auf dem Empfangstresen erinnern an ein Hotel. „Der Aufbau der Kabinen ist vergleichbar mit denen von Kreuzfahrtschiffen, schließlich wurde das Wohnquartier in der selben Werft hergestellt“, erläutert der Sprecher. Die Post wird täglich mit dem Versorgungsschiff „Sara Maatje 4“ auf die Insel gebracht. Die begrenzte Freizeit können sich die Beschäftigten beispielsweise im Fitnessraum, beim Billard oder mit Fernsehen oder DVDs vertreiben. Auf ein Feierabendbier müssen sie allerdings verzichten. Alkohol ist aus Sicherheitsgründen strikt verboten. Über einen Mangel an Interessenten für den Job kann der Betreiber sich dennoch nicht beklagen. „Die Jobs sind begehrt“, weiß Mösche. Schließlich ist auch immer noch ein Hauch von Abenteuer mit dabei. ❙