Erfolgreiche Umsetzung der zuver
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Erfolgreiche Umsetzung der zuver
Kommunale Abwasserbehandlung 635 Fachbeiträge Erfolgreiche Umsetzung der zuverlässigkeitsorientierten Instandhaltung (RCM) bei Emschergenossenschaft und Lippeverband Angelika Kraft, Wolfgang Preiß, Deetje Wiese, Andreas Najelski (Essen) und Hans-Jürgen Taag (Monheim) Zusammenfassung Abstract Die Emschergenossenschaft (EG) und der Lippeverband (LV) sind seit 1899 bzw. 1926 der regionale Träger der Wasserwirtschaft im Einzugsgebiet von Emscher und Lippe. Die Unternehmen haben bei einem Anlagevermögen von ca. 3,0 Milliarden Euro einen Jahresumsatz von ca. 300 Millionen Euro. Neben dem Erhalt und optimalen Einsatz von Vermögenswerten liegt der Fokus auf einem nachhaltigen, risikominimierten und gleichzeitig wirtschaftlichen Betrieb der Anlagen. Die Instandhaltung der Anlagen hat dabei für EG/LV einen hohen Stellenwert, da die Aufwendungen einen Anteil von über 30 % an den Gesamtbetriebskosten ausmachen. Die RCM-Methode (Reliability-centered Maintenance ⫽ zuverlässigkeitsorientierte Instandhaltung) wird bei EG/LV eingesetzt, um die Zuverlässigkeit der Betriebsanlagen (Kläranlagen und Pumpwerke) sicherzustellen, den Aufwand für Wartungen und Inspektionen auf das notwendige Maß festzulegen, das Wissen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu dokumentieren und allgemein verfügbar zu machen. Des Weiteren werden durch die Anwendung dieser Methode die Instandhaltungsstrategien im gesamten Gebiet von EG/LV vereinheitlicht, die Entscheidungen gerichtsfest dokumentiert und eine spätere übergreifende Auswertung des Instandhaltungsaufwands erreicht. In vielen Bereichen konnten bisher unerkannte Risiken aufgezeigt und durch entsprechende Maßnahmen begrenzt bzw. abgestellt werden. Municipal Wastewater Treatment Successful Implementation of Reliability-Centered Maintenance (RCM) at the Emscher River and Lippe River Associations Schlagwörter: Abwasserreinigung, kommunal, Wirtschaft, RCM, Instandhaltung, Kläranlage, Pumpwerk DOI: 10.3242/kae2012.07.002 Since 1899 and 1926 respectively, the Emscher River Association (EG) and the Lippe River Association (LV) are the competent regional bodies responsible for water management in the river basins of the Emscher and Lippe Rivers in Northrhine Westphalia (Germany). With their combined capital assets amounting to about 3 billion Euros the two associations have an annual turnover of approximately 300 million Euros. In addition to preserving their capital assets and putting them to optimal use, both associations focus on sustainable, low-risk and economic operations of their plants. The maintenance of their plants is of great importance for both associations, since these costs amount to more than 30 percent of their total operating expenditure. EG/LV are using the RCM method (reliability-centered maintenance) in order to guarantee the reliability of their equipment and assets (wastewater treatment plants and pumping station), to determine the necessary amount of maintenance work and inspections, to document the knowledge of their staff and make it available to everybody. Furthermore with this method maintenance strategies throughout the entire area of EG/LV can be standardized, decisions can be documented in a manner that will stand up in court and a comprehensive evaluation of maintenance efforts will be possible. In many areas, hitherto unknown risks could be identified and curbed or eliminated. Key words: wastewater treatment, municipal, economy, RCM, maintenance, wastewater treatment plant, pumping station 1 Einführung Die Emschergenossenschaft ist seit 1899 und seit dem Zusammenschluss mit dem Lippeverband im Jahr 1926 der regionale Dienstleister einer ganzheitlichen Wasserwirtschaft im Einzugsgebiet von Emscher und Lippe. In einem Raum von 4145 km² mit ca. vier Millionen Einwohnern und einer Abwassermenge aus Industrie und Gewerbe von weiteren drei Millionen www.dwa.de/KA 635-640.indd 635 Einwohnergleichwerten betreibt das Unternehmen rund 460 Betriebsstandorte. Die Instandhaltungsschwerpunkte sind 60 Kläranlagen mit Ausbaugrößen von 500 bis 2,4 Millionen Einwohnerwerten, mehrere hundert Kilometer Gewässer und Abwassersammler, Hochwasserrückhaltebecken und in den bergbaubedingten Poldergebieten Deichanlagen und ca. 230 Pump- KA Korrespondenz Abwasser, Abfall · 2012 (59) · Nr. 7 21.06.12 10:12 636 Kommunale Abwasserbehandlung Fachbeiträge Abb. 1: Verbandsgebiete und Kennzahlen von Emschergenossenschaft und Lippeverband werke unterschiedlicher Größe und Ausstattung (Abbildung 1). Diese Anlagen wurden über viele Jahrzehnte erbaut, nach Bedarf erweitert oder angepasst bzw. erneuert, sodass die technischen Einrichtungen den sehr unterschiedlichen technischen Stand der Maschinen- und Elektrotechnik aus den jeweiligen Jahren der Errichtung widerspiegeln. Die öffentliche Vergabepraxis bei Ausschreibungsverfahren schränkt die Möglichkeit zur Vereinheitlichung der Anlagen weiter ein, sodass jederzeit eine große Hersteller- und Typenvielfalt bei der Ausrüstung der Anlagen zu finden ist. Während sich die im Gebiet verteilten drei Zentralwerkstätten der Instandhaltungsabteilung (Abbildung 2) auf hochwertige, komplexe Instandsetzungen und größere Revisionen spezialisiert haben, werden die technischen Anlagen einschließlich der Durchführung des überwiegenden Teils der Wartungen und Inspektionen dezentral von 30 Meistern verantwortlich betrieben. Diese Wartungs- und Inspektionsmaßnahmen sind bisher von den Meistern selbst entwickelt, festgelegt und optimiert worden. Dabei spielten die Herstellerangaben, die gesetzlichen Vorgaben und die betrieblichen Bedingungen eine wesentliche Rolle, genauso aber auch persönliche Erfahrungen mit Anlagenausfällen und deren Folgen sowie eigene Risikoeinschätzungen, die naturgemäß unter anderem durch die Berufsausbildung oder individuelle Risikobereitschaft beeinflusst waren. Einheitliche, objektiv definierte Regeln für die notwendigen regelmäßigen Instandhaltungsmaßnahmen zur Sicherung der gewünschten Verfügbarkeit der Anlagen waren somit nicht gegeben. Abb. 2: Einzugsgebiete der Werkstätten von Emschergenossenschaft und Lippeverband KA Korrespondenz Abwasser, Abfall · 2012 (59) · Nr. 7 635-640.indd 636 Darüber hinaus basierten die vorhandenen Wartungs- und Instandhaltungspläne auf den langjährigen Erfahrungen der Mitarbeiter mit den Anlagen und waren daher uneinheitlich dokumentiert, zum Beispiel in Ordnern oder Karteien, auf Plantafeln, als Excel-, Access- oder Word-Dateien oder im SAPPM-Modul. Auch die Detailtiefe der Tätigkeitsbeschreibung war entsprechend den Bedürfnissen der Mitarbeiter individuell sehr unterschiedlich gewählt. Aufgrund dieser Situation lag nicht überall eine optimale Abwicklung der Wartungs- und Inspektionsmaßnahmen vor. Eine einheitliche, übergreifende Auswertung war nicht möglich. Um dem ständig wachsenden Kostendruck zu begegnen, war es also erforderlich, diesen Bereich des Betriebsaufwands bei gleichbleibender Anlagensicherheit zu optimieren. Einerseits galt es, Wartungs- und Inspektionsarbeiten zu eliminieren, die nicht die Anlagensicherheit verbessern, andererseits aber diese Tätigkeiten gerade dort gezielt und intensiviert durchzuführen, wo durch solche Maßnahmen ein Ausfall einer Anlagenfunktion bereits im Vorfeld wirksam verhindert werden kann. Dies betrifft beispielsweise sich langfristig anbahnende Schäden von Aggregaten oder verdeckte Ausfälle von Überwachungsinstrumenten, die bei Eintritt eines Schadens der überwachten Funktion weitreichende Folgen für die Anlage, die Umwelt oder die Menschen haben können. Darüber hinaus sind in den letzten Jahren immer weniger Mitarbeiter für immer mehr Anlagen verantwortlich geworden. Damit ist zwangsläufig verbunden, dass die vertiefte Kenntnis der Anlagenfunktionen durch jahrelange Erfahrung und intensive Beobachtung beim einzelnen Mitarbeiter zurückgegangen ist. Gleichzeitig hat die Komplexität der maschinen- und elektrotechnischen Anlagen ständig zugenommen. Funktionszusammenhänge zu erkennen, Fehler zu beheben oder Abläufe anzupassen, erfordert mittlerweile eine qualifizierte Ausbildung und unter Umständen nicht unerheblichen Zeitaufwand. Ein großer Verlust an Erfahrungswissen ist gerade in den nächsten Jahren auch durch eine hohe altersbedingte Mitarbeiterfluktuation bei EG/LV zu erwarten. Rund 30 % der Mitarbeiter werden bis 2020 in den Ruhestand treten, ihr Know-how steht dem Betrieb zukünftig nicht mehr zur Verfügung und ist soweit möglich zu dokumentieren und den jungen Mitarbeitern verfügbar zu machen. 2 Projektziele Abgeleitet aus der oben beschriebenen, über Jahre gewachsenen Situation wurden folgende Ziele im Rahmen des Projektes „Einführung einer zuverlässigkeits-orientierten Instandhaltung bei EG/LV“ formuliert: 1. Wartungs- und Inspektionsmaßnahmen auf den Anlagen werden nach einheitlichen, objektiven Regeln festgelegt. Dabei sind bisher nicht erbrachte, notwendige Tätigkeiten aufzunehmen und redundant oder unnötiger Weise erbrachte Tätigkeiten zu eliminieren. Die Beschreibung der Arbeiten wird inhaltlich hinsichtlich der Detailtiefe und in der Form mittels Vorlageschlüssel im SAP-PM-Modul vereinheitlicht. Angestrebt werden damit eine Vergleichbarkeit des Aufwands einzelner Anlagen sowie eine anlagenübergreifende Auswertung nach Tätigkeiten und Kosten. Durch die automatische Terminverfolgung der zeit- oder betriebsstundenabhängigen Wartungs- und Inspektionspläne im www.dwa.de/KA 21.06.12 10:12 Kommunale Abwasserbehandlung 637 Fachbeiträge Rührwerke Wasser- und Abwasserreinigung: Rühr- und Begasungssysteme 3 Methode der zuverlässigkeitsorientierten Instandhaltung Die oben beschriebenen Ziele hinsichtlich Wissenstransfer, optimierter Instandhaltung und gerichtsfester Dokumentation wird durch die RCM-Analyse (Reliability-centered Maintenance) erreicht. RCM ist entsprechend der Norm SAE (Society of Automotive Engineers) JA 1011 /1012 „Beurteilungskriterien für RCM Prozesse“ [1] ein Verfahren zur Ermittlung der Instandhaltungsmaßnahmen, die nötig sind, damit jede technische Anlage das tut, was deren Besitzer fordern unter den momentanen Betriebsbedingungen. RCM2 ist die Weiterentwicklung der für die US-Luftfahrtindustrie entwickelten Methode RCM zur Anwendung im sonstigen industriellen Umfeld. Im RCM-Prozess wird jede einzelne Maschine im Produktionsablauf nach sieben Kriterien analysiert [2]: 䊳 1. Welche Funktionen erfüllt die Maschine? Fehler-Möglichkeits- und Einfluss-Analyse 2. In welcher Weise kann die Maschine bei der Erfüllung dieser Funktionen gestört sein? 3. Wodurch wird jede dieser einzelnen Funktionsstörungen verursacht? 4. Was passiert, wenn jede dieser einzelnen Störungen auftritt? 5. Macht es etwas aus, wenn jede dieser Störungen auftritt? Membran-Belüftungssysteme Softwareprodukte 䊴 SAP-PM-Modul wird die Durchführung der notwendigen Arbeiten an den Anlagen gesichert. Die gerichtsfeste Dokumentation einer ordnungsgemäßen Instandhaltung wird zukünftig durch die Rückmeldung und den technischen Abschluss der Arbeiten gewährleistet. Aufgedeckte Schwachstellen sind gezielt durch konstruktive Maßnahmen zu beseitigen, um somit nachhaltig die Instandsetzungskosten zu optimieren und die Betriebssicherheit zu verbessern. 2. Die Betriebsmitarbeiter sollen intensiv alle Anlagenfunktionen und die Folgen möglicher, auch bisher noch nicht aufgetretener Störungen, kennenlernen. Damit werden bisher nicht beachtete Risiken aufgedeckt, mögliche Bedienungsfehler vermieden und spezifisches Erfahrungswissen aus den verschiedenen Meisterbereichen allgemein verfügbar gemacht. Der regionale und generationsübergreifende Wissenstransfer soll angestoßen werden, ebenso soll die Instandhaltungserfahrung der Werkstätten in die Ergebnisse einfließen. 3. Den Anforderungen an ein gerichtsfestes Unternehmen ist auch bei der Instandhaltungsplanung nachzukommen. Die Entscheidungen, warum welche Instandhaltungsmaßnahmen wie oft geplant wurden, sollen begründet und nachvollziehbar entwickelt und dokumentiert werden. Damit wird dem Betriebsverantwortlichen in hohem Maße Sicherheit für seine Festlegungen gegeben. Die korrekte und vollständige Erledigung von geplanten Instandhaltungsmaßnahmen ist ebenfalls zu dokumentieren, um ein ordnungsgemäßes Handeln belegen zu können. Systemlösungen INVENT ® Excellence in Water Wasser ist der Ursprung und Quell allen Lebens. Die Bereitstellung von Wasser in hoher Qualität und die Reinigung verschmutzten Wassers ist eine der wichtigsten Aufgaben unserer Zeit. INVENT entwickelt, produziert und vertreibt weltweit innovative Maschinentechnik und verfahrenstechnische Anlagen zur Reinigung und Aufbereitung von Wasser. i n n o v a t i o n f o r n a t u r e ® u m w e l t INVENT Umwelt- und Verfahrenstechnik AG • Am Pestalozziring 21 91058 Erlangen Fon 0 91 31/ 6 90 98-0 Fax 0 91 31/ 6 90 98-99 Http:// www.invent-uv.de • www.dwa.de/KA 635-640.indd 637 • • www.invent-uv.de u n d v e r f a h r e n s t e c h n i k KA Korrespondenz Abwasser, Abfall · 2012 (59) · Nr. 7 21.06.12 10:12 Kommunale Abwasserbehandlung 7. Was ist zu tun, wenn eine Störung weder vorhersehbar noch ihr vorzubeugen ist? 䊳 6. Was kann getan werden, um die Störung vorherzusehen oder ihr vorzubeugen? Festlegung Instandhaltungsmaßnahmen Fachbeiträge 䊴 638 Die Bedeutung dieser Kriterien wird im Folgenden erläutert [3]: Funktion und gewünschte Leistung Wenn der tiefere Sinn von Instandhaltung darin besteht, die Funktion und Leistungsfähigkeit einer Maschine zu erhalten, dann muss erst einmal eine Bestandsaufnahme darüber stattfinden, welche Funktion die Maschine überhaupt erfüllt und was die gewünschte Leistung ist. Funktionsstörungen Wenn eine Maschine dem Einsatzzweck angemessen konstruiert wurde, dann ist das einzige, was sie vom Funktionieren abhalten kann, eine Funktionsstörung. Störungsarten Wenn erst einmal alle Funktionsstörungen analysiert sind, ist der nächste Schritt die Suche nach den wahrscheinlichen Gründen für das Auftreten einer jeden Funktionsstörung. Störungsauswirkungen gen, noch beeinflussen sie die Produktion. Sie verursachen lediglich Reparaturkosten. Mit den Fragen 1 bis 5 führt man die sogenannte Fehler-Möglichkeits- und Einfluss-Analyse (FMEA) durch. Zur Festlegung geeigneter Instandhaltungsmaßnahmen und deren Intervalle (Fragen 6 und 7) gibt es drei wesentliche Kriterien: ● Gibt es für die Störungsursachen eine bekannte Lebens- dauer, dann erfolgt eine turnusmäßige Überholung (Wiederherstellung des Abnutzungsvorrats eines Teils nach einer Ausfallhäufigkeit 2 mal pro Jahr oder öfter Häufigkeitsklasse h3 B A A weniger als 2 pro Jahr bis 1 mal pro 5 Jahre Häufigkeitsklasse h2 C B A seltener als 1 pro 5 Jahre Häufigkeitsklasse h1 C B A 12 Std. und mehr Auswirkungsklasse a1 2 bis 12 Std. Auswirkungs klasse a2 weniger als 2 Std. Auswirkungsklasse a3 Gemeinsam mit den Fehlerursachen werden auch die Auswirkungen aufgezeichnet, die eine Funktionsstörung nach sich zieht. Mit den Fragen 1 bis 4 führt man die sogenannte FehlerMöglichkeits- und Einfluss-Analyse (FMEA) durch. Folgen von Störungen Nachdem jede technische Anlage nach ihrer Funktion, ihrer Leistung, den denkbaren Fehlfunktionen und ihren Ursachen determiniert wurde, umfasst der nächste Schritt im RCM-Prozess eine quantitative und qualitative Bewertung der Folgen von Störungen (Frage 5). Es geht im Endeffekt um die Frage, ob eine Fehlfunktion unter allen Umständen vermieden werden muss oder ob man ihr Auftreten abwarten kann. RCM unterscheidet vier Gruppen von Störungsfolgen [2]: ● Verdeckte Folgen: Sie haben keine direkte Auswirkung auf den Funktionsablauf, es besteht jedoch die Gefahr einer multiplen Störung mit oft ernsthaften Folgen. Versteckte Störungsauswirkungen betreffen häufig Sicherheitseinrichtungen, die selbst ausfallen können. ● Sicherheits- und umweltrelevante Folgen: Eine Funktionsstörung hat sicherheitsrelevante Folgen, wenn sie Personenschäden verursachen kann. Sie ist umweltrelevant, wenn sie dazu führen kann, dass Grenzwerte hinsichtlich des Umweltschutzes überschritten werden. ● Betriebliche Folgen: Dies sind Folgen, die die Produktion beeinträchtigen können (Ausstoß, Qualität, Lieferfristen, unerwünschte Folgekosten, Kundenzufriedenheit). ● Betriebsunabhängige Folgen: Störungen, die in diese Kategorie fallen, tangieren weder Sicherheits- und Umweltfra- KA Korrespondenz Abwasser, Abfall · 2012 (59) · Nr. 7 635-640.indd 638 Kriterium: Verschlechterung der Ablaufwerte Risiko: A-hoch, B-mittel, C-gering Ausfallhäufigkeit 2 mal pro Jahr oder öfter Häufigkeitsklasse h3 B A A weniger als 2 pro Jahr bis 1 mal pro 5 Jahre Häufigkeitsklasse h2 C B A seltener als 1 pro 5 Jahre Häufigkeitsklasse h1 C B A marginal Auswirkungsklasse a1 kritisch Auswirkungsklasse a2 sehr kritisch Auswirkungsklasse a3 Kriterium: Folgekosten Risiko: A-hoch, B-mittel, C-gering Abb. 3: Risikomatrix: Ablaufwerte und Folgekosten für Kläranlagen www.dwa.de/KA 21.06.12 10:12 Kommunale Abwasserbehandlung 639 Fachbeiträge festen Zeitspanne unabhängig vom Zustand) bzw. ein turnusmäßiger Austausch (Austausch eines Teiles nach einer festen Zeitspanne, unabhängig vom Zustand). ● Bei einer potenziellen Störung oder einem nutzbarem PF-Intervall (Zeitraum vom Auftreten der potenziellen Störung bis zur Funktionsstörung) erfolgen zustandsabhängige Maßnahmen. ● Bei einer verdeckten Störung muss eine turnusmäßige Störungssuche durchgeführt werden (zum Beispiel Funktionstest). Ist keine geplante Instandhaltung möglich, lässt man die Störung eintreten. In diesem Fall muss eine Reserve vorhanden sein, die die Funktion aufrecht erhalten kann bzw. das entsprechende Ersatzteil muss im Lager vorrätig sein. Bei Bedarf werden einmalige Konstruktionsänderungen erforderlich. Die Durchführung der RCM-Analyse erfolgt im Team aus Moderator, Anlagenbetreiber (⫽ Betriebsmeister) und Instandhalter sowie gegebenenfalls einem Spezialisten (zum Beispiel Elektriker). Hierbei übernimmt der speziell in der RCM-Analyse ausgebildete Moderator folgende Aufgaben: ● Prüfung der Vollständigkeit der aufgenommenen techni- schen Anlagen, ● Einhaltung des RCM-Prozesses, ● Moderierung der Gespräche zur Erzielung eines Konsenses hinsichtlich konkreter Maßnahmen, konkretem Intervall der Maßnahmendurchführung und konkreter Zuständigkeit für die Durchführung der Maßnahmen zwischen den Teammitgliedern, ● methodische Beratung bei der abschließenden Festlegung der Analyseergebnisse, ● Dokumentation der Entscheidungen. ● Arbeitsteam: Durchführung der RCM-Analyse im Team be- stehend aus Moderator, Mitarbeiter(n) des Betriebes und gegebenenfalls der Instandhaltung. Die Teammitglieder erhalten eine Ausbildung zu der Systematik der zuverlässigkeits-orientierten Instandhaltung mit unterschiedlichem Umfang. Um das Projekt bei Emschergenossenschaft und Lippeverband in einem vertretbaren Zeitraum bearbeiten zu können, wurden bei der Emscher Gesellschaft für Wassertechnik mbH (EW) insgesamt fünf Moderatoren unterschiedlicher Fachrichtungen (Maschinenbau-, Bauingenieurund Sicherheitsingenieurwesen, Naturwissenschaften) ausgebildet. Zur weiteren Optimierung des Aufwands wird bei der Analyse einer Kläranlage im Team zunächst eine einheitliche Risikoabschätzung durchgeführt, um zu einer abgestuften Vorgehensweise bei der Analyse der einzelnen Verfahrensstufen zu kommen [5]. Hierbei wird die Auswirkung der Störung bzw. des Ausfalls der jeweiligen Verfahrensstufe auf die Ablaufwerte sowie auf die Kosten betrachtet (Abbildung 3). Für Verfahrensstufen mit hohem Risiko bei Eintritt der Störung erfolgt die oben beschriebene RCM-Analyse, für Verfahrensstufen mit niedrigem Risiko wird die Detailtiefe der Analyse etwas reduziert, indem eine Instandhaltungsmaßnahmen-Analyse (IMA) durchgeführt wird. Die RCM-Analysesitzungen finden wöchentlich mit einer Dauer von ca. drei bis vier Stunden statt. Für die vollständige Analyse eines Pumpwerks werden bis zu sechs Gespräche, für eine mittelgroße Kläranlage bis zu 15 Gespräche geplant [5]. Mit zunehmender Routine der Teammitglieder der RCM-Analyse nimmt die erforderliche Anzahl der Gespräche pro Anlage ab. 5 Ergebnisse Projektes hinsichtlich zeitlichem Rahmen und übergreifender Entscheidungen, ● Projektteam (Projektleitung und Moderatoren): monatlicher Erfahrungsaustausch zu den RCM-Analysegesprächen, Sicherstellung der unternehmensweiten Vereinheitlichung von Maßnahmen, Entwicklung von Vorlagen zur Anlagenanalyse, inhaltliche Projektleitung, ● Expertenteam: Bearbeitung von speziellen fachlichen Fragestellungen, www.dwa.de/KA 635-640.indd 639 Vergaberichtlinien Vergabe Qualitätsvorgaben, Dokumentation, Inbetriebnahme, Einweisung Bauausführung Betrieb Betriebliche Tätigkeiten, Instandhaltung Wartungs- und Inspektionsplan Betriebs- und Instandhaltungserfahrung ● Lenkungskreis: verantwortlich für die Gesamtsteuerung des Technische Regeln, Konstruktion Instandhaltungskonzept, Redundanz Planung Schadensereignisse Mitte des Jahres 2007 haben die Emschergenossenschaft und der Lippeverband in Form eines Pilotprojektes mit der Umsetzung der zuverlässigkeitsorientierten Instandhaltung begonnen. Als Experte wurde die MSC Maintenance Strategy Consult GmbH hinzugezogen, die Mitglied des weltweiten Netzwerks von Beratern zum Thema Reliability-centered Maintenance, Aladon, ist. Die Erfahrungen aus dem Pilotprojekt wurden ausgewertet und das Verfahren zur Durchführung des unternehmensweiten Projektes optimiert. Die Organisation des Projektes setzt sich aus folgenden Teams zusammen [4]: Emschergenossenschaft und Lippeverband werden die „ErstAnalysen“ für ihre Kläranlagen und Pumpwerke im Wesentlichen Ende 2012 abschließen. Insgesamt wurden bisher 1900 RCM-Gespräche durchgeführt, für rund 220 technische Anlagen die RCM-Analyse abgeschlossen und für 120 Anlagen die Wartungs- und Inspektionspläne im SAP-PM-Modul umgesetzt (Stand: Ende 2011). gewünschte Zuverlässigkeit Betriebsbedingungen / - anforderungen 4 Umsetzung der zuverlässigkeitsorientierten Instandhaltung bei Emschergenossenschaft und Lippeverband Zuverlässigkeitskonzept nach RCM-Methode Risikoanalyse FMEA Maßnahmenintervall Abb. 4: Wissenstransfer aus der RCM-Methode KA Korrespondenz Abwasser, Abfall · 2012 (59) · Nr. 7 21.06.12 10:12 640 Kommunale Abwasserbehandlung Fachbeiträge Durch die oben beschriebene Projektorganisation konnte sichergestellt werden, dass viele Maßnahmen standardisiert (wie zum Beispiel Vereinheitlichung von Prüfintervallen von Mittelspannungs- und Niederspannungsschaltanlagen, Optimierung von geplanten Ölwechseln) und in allen Betriebsbereichen über die Erstellung von Vorlagen einheitliche (RCM-) Regeln zur Maßnahmenfindung angewendet wurden. Insgesamt wurden 14 Vorlagen zur Anlagenanalyse mit rund 1500 Instandhaltungsmaßnahmen entwickelt [6]. Des Weiteren wurden spezielle Erkenntnisse der unterschiedlichen Betriebsbereiche in das Projekt- und Expertenteam zurückgespiegelt und hierüber wiederum an alle Betriebsbereiche unter anderem über Infobriefe weitergegeben. Hierdurch wurde bereits ein umfangreicher Erkenntnistransfer zwischen den einzelnen Meisterbereichen erzielt. Neben vielen weiteren Einzelmaßnahmen zur besseren Absicherung und Überwachung kritischer Funktionen wurden auch erhebliche Einsparungen realisiert. Schon bei vorsichtiger Abschätzung können durch zuverlässigkeitsorientierte Wartungs- und Inspektionstätigkeiten jährlich rund 500 000 Euro eingespart werden. Demgegenüber steht ein einmaliger Aufwand für die Analysegespräche von ca. 1,6 Million Euro für Eigenleistung und externe Unterstützung der Moderation [5]. Finanziell nicht bewertbar ist die einheitliche Dokumentation der Entscheidungsfindung und die daraus entwickelten Wartungs- und Inspektionspläne im SAP-PM-Modul, die hiermit verbundene Rechtssicherheit durch einheitliche Bewertung unter Berücksichtigung gesetzlicher Anforderungen sowie vermiedene Folgeschäden durch verhinderte Anlagenausfälle und als Folge hieraus gegebenenfalls zu zahlende erhöhte Abwasserabgabe [5]. Die zuverlässigkeitsorientierte Instandhaltung erweist sich zudem als gutes Instrument, um den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Anlagenfunktionen zu erläutern, Risiken zu erkennen und die notwendigen Maßnahmen zur Sicherstellung der erforderlichen bzw. gewünschten Zuverlässigkeit der Anlagen einzuleiten. Dies gilt insbesondere für neue komplexe Anlagen und Technologien. Die im Kapitel 2 beschriebenen Projektziele konnten somit im vollen Umfang erreicht werden. 6 Ausblick EG/LV führt inzwischen auch für in der Planung befindliche technische Anlagen RCM-Analysen (Reliability-centered Maintenance) durch mit folgenden nachhaltigen Effekten: ● Alle Funktionen werden ermittelt und besprochen und zwar vor der Abnahme oder Inbetriebnahme der Anlage. ● Die Bediener lernen, wie die Anlage funktionieren soll. ● Konstruktionsfehler werden rechtzeitig erkannt und gege- benenfalls beseitigt, bzw. bei der Planung vermieden. ● Wartungs- und Ersatzteilempfehlungen des Herstellers bzw. des Lieferanten werden kritisch hinterfragt. Die dauerhafte Implementierung der zuverlässigkeitsorientierten Instandhaltung hat starken Einfluss auf den kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Sie greift über die Optimierung von technischen Regeln, Qualitätsvorgaben, Dokumentationen usw. bereits in die Planung von technischen Anlagen ein (Abbildung 4). Somit ist eine regelmäßige Überprüfung und gege- KA Korrespondenz Abwasser, Abfall · 2012 (59) · Nr. 7 635-640.indd 640 benenfalls Aktualisierung der RCM-Analysen zwingend erforderlich, um veränderte betriebliche Anforderungen bei den Maßnahmen zu berücksichtigen und so langfristig einen optimalen Anlagenbetrieb zu gewährleisten. Diese Revisionen der RCM-Analysen sind mit einem minimalen Aufwand durchführbar und stehen vom Umfang her in keinem Vergleich zur ErstAnalyse. Literatur [1] SAE (Society of Automotive Engineers) JA 1011/1012: Evaluation Criteria for Reliability-Centered Maintenance (RCM) Processes, 2009, (Beurteilungskriterien für Reliability-centered Maintenance (RCM) Prozesse), [2] J. Moubray: RCM – Die Hohe Schule der Zuverlässigkeit von Produkten und Systemen, mi, Verlag moderne Industrie, Landsberg, 1996 [3] H.-J.Taag: Reliability-Centred Maintenance, VGB Kraftwerkstechnik 12/1999, 77–81 [4] A. Hermans: Umsetzung der RCM-Methodik im Projekt bei Emschergenossenschaft/Lippeverband, Praxis-Tag Instandhaltung „Risikoorientierte Instandhaltung in der Abwassertechnik“, Lünen, 2010 [5] A. Kraft, W. Preiß: „Reliability-Centered Maintenance“ at Emschergenossenschaft and Lippeverband, International Water Association 4th Leading-Edge Conference on Strategic Asset Management, Mülheim, 2011 [6] A. Najelski: Welchen Nutzen bringt der RCM-Ansatz einem Abwasserverband?, Norddeutsche Instandhaltungstage, Bremen, 2011 [7] J. Kordus: Umsetzung der Ergebnisse in SAP-PM, Praxis-Tag Instandhaltung „Risikoorientierte Instandhaltung in der Abwassertechnik“, Lünen, 2010 [8] A. Kraft: Instandhaltungsplanung bei Emschergenossenschaft/Lippeverband, Praxis-Tag Instandhaltung „Risikoorientierte Instandhaltung in der Abwassertechnik, Lünen, 2010 [9] W. Preiß: Ergebnisse der RCM-Analysen, Praxis-Tag Instandhaltung „Risikoorientierte Instandhaltung in der Abwassertechnik“, Lünen, 2010 [10] W. Preiß et.al.: Instandhaltung von Kläranlagen, DWA-Themen, Hennef, 2009 [11] W. Preiß: Ziele der Emschergenossenschaft/Lippeverband für Wartung und Inspektion; Praxis-Tag Instandhaltung „Risikoorientierte Instandhaltung in der Abwassertechnik“, Lünen, 2010 [12] H.-J.Taag: Grundlagen von RCM Reliability-centered Maintenance, Praxis-Tag Instandhaltung „Risikoorientierte Instandhaltung in der Abwassertechnik“, Lünen, 2010 Autoren Dr. Angelika Kraft, Dipl.-Ing. Wolfgang Preiß Emschergenossenschaft/Lippeverband Kronprinzenstraße 24 45128 Essen Dipl.-Ing. Deetje Wiese, Dipl.-Ing. Andreas Najelski Emscher Gesellschaft für Wassertechnik mbH Brunnenstraße 37 45128 Essen Dipl.-Ing. Hans-Jürgen Taag MSC Maintenance Strategy Consult GmbH Hindemithstraße 12 40789 Monheim E-Mail: [email protected] A www.dwa.de/KA 21.06.12 10:12