Bericht No 01 (04/2013)

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Bericht No 01 (04/2013)
Ilunda 28. April 2013
Ganz herzliche Grüße aus dem windigen und kalten Ilunda, Tansania.
Seit dreieinhalb Wochen bin ich jetzt in Tansania und denke, es ist an der Zeit mal etwas von mir
hören zu lassen:
Erst jetzt, wo ich etwas „sesshafter“ geworden bin, merke ich, wie sehr ich das Reisen in den
ersten zwei Wochen mit Sr. M. Karin, Sr. Anna-Luisa, Sr. Zeituni, Sr. Rita und unserem Fahrer
Josef genossen habe.
Nach einer ganz herzlichen Begrüßung im Regionalhaus in Mbinga haben wir in den folgenden
Tagen unterwegs zu den verschiedenen Konventen unglaublich viel gesehen: Fantastische
Landschaften, viele Tiere, Felder, den Nyasa See, „große“ Städte und ganz kleine Dörfer. Aber viel
mehr als in Deutschland kann man auch das Leben der Menschen vom Auto aus beobachten.
Ganz viel findet auf der Straße und vor den Häusern, bzw. Hütten statt. Auf allem, was Räder hat,
wird von Holzkohle bis zu Ziegen und Hühnern alles transportiert, was die Menschen zum Leben
brauchen. Unglaublich wie viel auf einem Fahrrad Platz hat. Und auch ein Motorrad kann
problemlos drei Menschen und noch einen Sack Mais über schlechte Straßen bringen. In den
Städten gibt es am Straßenrand alles Mögliche zu kaufen und vor den Hütten auf dem Land wird
das Essen vorbereitet und gekocht, die Kindern spielen zwischen den Hühnern und viele
Tansanier sitzen nur zusammen und reden miteinander. Ich finde, man kann das Leben hier nicht
mit unserem in Deutschland vergleichen. Die Menschen kommen mit viel weniger Dingen aus
und leben wirklich einfach und arm. Ich habe in meinem Leben noch nie so arme Menschen wie
z.T. hier in manchen Dörfern gesehen und es hat mich sehr betroffen und nachdenklich gemacht.
Und es war und ist für mich sehr eindrücklich, wie meine afrikanischen Mitschwestern leben.
Überall wurden wir sehr gastfreundlich aufgenommen - einmal wurde in einer sehr armen
Gegend sogar der Hahn für uns geschlachtet. Ich hab‘ noch gesehen, wie er um sein Leben
gelaufen ist.
Nachdem Sr. M. Karin und Sr. Anna-Luisa wieder zurückgeflogen sind, blieben wir noch vier Tage
in Dar es Salaam, um einiges zu erledigen. Ich konnte es kaum erwarten, dass wir wieder aus Dar
weggefahren sind, da es in Dar unglaublich heiß und schwül ist - auch nachts. Duschen mit
kaltem Wasser ist dort kein Problem, eigentlich total angenehm. Es war zwar sehr interessant,
diese Stadt mit ihrem Verkehrschaos, dem pulsierenden Leben an jeder Ecke, den verschiedenen
Stadtvierteln und den unglaublich vielen Händlern zu erleben, aber als Landei wäre das Dauer
nichts für mich.
Die Fahrt auf einer der großen Verkehrsadern Tansanias ist schon ein kleines Abenteuer: Auf der
Rückfahrt von der Küste in den Süden Tansanias gab es wieder viel zu sehen. Der Stärkere ist auf
jeden Fall der Gewinner - wenn er nicht gerade im Graben landet. Wir sind aber glücklich und
heil hier in Ilunda angekommen. Unterwegs haben wir einige böse Unfälle von Lastwagen
gesehen und brisante Situationen erlebt, aber unser Fahrer Josef hat alles gut gemeistert.
Die Kinder hier im Aidswaisendorf Ilunda sind momentan fast alle erkältet. Aber das wundert
mich nicht. Hier ist es abends und nachts wirklich sehr, sehr kalt und die Kinder haben nicht so
viel zum Anziehen. Die meisten haben z.B. nur kaputte Schuhe ohne Socken an, während ich in
Wollsocken rumlaufe. Aber sie freuen sich alle sehr, wenn ich als „Mzungu“ mir Zeit nehme, um
mit ihnen zu spielen oder sie nur zum Kuscheln auf meinen Schoß zu nehmen. Die älteren
versuchen, mir etwas Kisuaheli beizubringen und lachen sich über meine Aussprache halbtot. Ich
lerne so viel, wie ich in meinen Kopf reinbringe, aber meistens verstehe ich bis jetzt höchstens
mal ein einzelnes Wort.
Unter der Woche bin ich in Wanging’ombe, um mir die Arbeit dort anzuschauen: Eine
Ergotherapeutin aus Moshi, eine Physiotherapeutin auch aus Moshi und mehrere Helferinnen
arbeiten dort ambulant mit mehrfachbehinderten Kindern und hatten diese Woche Mütter und
Kinder da, um ihnen zu zeigen, was sie daheim machen können. Ich fand, dass sie eigentlich sehr
viel wissen und gut arbeiten, aber für die tansanischen Frauen zählt eine spielerische Therapie
halt nicht und so wurde viel durchbewegt und gedehnt. „Viel hilft viel“!? Und die Mütter sind
nicht zimperlich mit ihren Kindern umgegangen. Weinende Kinder und ein strapaziertes
Nervenkostüm von mir waren das Ergebnis. Aber viele Kinder haben auch zum ersten Mal ihren
kranken Arm und die Hand richtig eingesetzt und fanden das toll.
Ich durfte auch schon „ran“ und habe die Arbeit mit den Kindern sehr genossen. Die Arbeit ist
viel einfacher als mit Erwachsenen. Nur sprachlich gibt es noch ziemlich große Probleme.
Einige ausgedehnte „Lernspaziergänge“ habe ich auch schon gemacht und viele Gespräche
geführt. Mal nur kurz auf Kisuaheli, mal länger in Englisch. Einmal wurde ich an eine Hütte
eingeladen und hatte ruckzuck ein total süßes Baby im Arm.
In Wanging’ombe wohne ich bei drei sehr, sehr netten und herzlichen indischen Schwestern, die
für meinen Geschmack etwas viel beten und vor allem ein so schnelles Indisch-Englisch sprechen,
dass ich max. ein Viertel davon verstehe. Am Freitag habe ich erst mal ihre Haustüre repariert
und prompt hat Sr. Vinzi noch mehr Aufgaben für mich im Haus gefunden.
Naja, bei meinen Mitschwestern hier in Ilunda verstehe ich auch noch nicht viel…
Überall bin ich bis jetzt sehr freundlich aufgenommen worden und ich bin selber erstaunt, wie
gut es mir geht, obwohl ich noch so wenig verstehe und kaum was sagen kann. Das Wichtigste
ist, jetzt erst mal Kisuaheli zu lernen. Dank Steffi habe ich schon in Deutschland eine gute
Starthilfe gehabt und bekomme in Wanging’ombe von zwei Schülern etwas Unterricht.
Jetzt möchte ich alle ganz, ganz herzlich grüßen und mich für alle guten Gedanken und vor allem
für das Gebet bedanken. Mir geht es hier sehr gut und ich fühle mich wirklich super und
trotzdem ist es gut zu wissen, dass die „Verbindung“ nach Deutschland steht.
Ihre/Eure Sr. Lucia (jetzt meistens Sister Lucy)
So, der schwierigere Teil wird sein, das Geschriebene irgendwie nach Deutschland „zu bringen“.