Entwicklungspsychologie der Lebensspanne : Theoretische Leitsätze

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Entwicklungspsychologie der Lebensspanne : Theoretische Leitsätze
Psychologische Rundschau, 1 9 9 0
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Entwicklungspsychologie der Lebensspanne :
Theoretische Leitsätze *
Paul B. Baltes
Ein zentraler Aspekt der entwicklungspsychologischen Forschungsarbeiten, die in der Perspekti1Je
der Lebensspanne (Llfe-span-Psychologie)
entstanden, ist ihr Bezug auf eine neue allgemeine,
metatheoretische Konzeptualisierung des
Entwicklungsbegnffs. Dieser metatheoretische
Zugang der Llfe-span-Psychologie 1st durch die
Verbindung folgender Gesl'chtspunkte gekennzeichnet: Berücksichtigung der Multidirek tionalität ontogenetÜcher Veränderungen, Einbeziehung altersabhängiger und altersunabhängiger
Entwicklungsfaktoren, Herausarbeitung des
ständigen, dynamischen Wechselspiels zwischen
UYachstum (Gewinn) und Abbau (Verlust),
Betonung der hIstonsehen Eingebundenheit der
Entwicklung und Erforschung anderer struktureller
Kontexteinflüsse auf die Entwicklung sowie
Forschungen zur Spannbreite der Plastizität von
Entwicklungsprozessen. Am Beispiel der
intellektuellen Entwicklung wird die Anwendung
dieses metatheoretischen Netzwerkes
veranschaulicht. Auf zwei neuere Gesichtspunkte
wird dabei besonderer Wert gelegt. Der eine 1st der
methodologische Standpunkt, daß sich die
Plastl:zität von Entwicklungsprozessen am besten
mit der. Forschungsstrategl'e des Testing-the-Limits
(Austesten der Verhaltensgrenzen) untersuchen läßt.
Der andere 1st die theoretIsche Annahme, daß
jeglicher EntwickItmgsprozeß sowohl einen Gewl'nn
(Wachstum) alr auch einen Verlust (Abbau) an
Adaptationsfähigkeit darstellt.
Einer der entwicklungspsychologischen Schwerpunk le, zu denen
deutsche Wissenschaftler entschei dend beiget ragen haben
(Überblickspublikationen , siehe Baltes,
1 C)8 3 ; Baltes &
Eckensberger, 1979; Goulet
& Baltes, 1970; Groffmann, 1970; Lehr, 1980; Mon tada, 1987;
Reinen,
1979;
Thomae,
1959,
1979),
ist die
Entwicklungspsychologie der Lebensspanne
. In der
Entwicklungspsychologie der Lebensspanne
(Life spanPsychologie) lassen sich grob zwei Ans ätze unterscheiden . I m
ersten wird lediglich der Gegen standsbereich der
Enrwicklungspsychologie auf alle Al tersstufen des Lebenslaufes
erweitert . Bei diesem Ansatz blieb bislang die Chance ungenutzt .
eine f ür das Forschungsgebiet spezifische, eigenst ändige und
möglicherweise innovative Enrwicklungskonzeption vorzulegen .
Im Gegensatz dazu zielt ein zweiter An s atz darauf ab, die
Erforschung des gesamten Lebens laufs in ihren
enrwicklungstheoretischen Implika tionen zu erfassen und die
Neuformulierung
grund legender
Konzepte
der
Entwicklungspsychologie vor anzubringen. Dieser zweite
Zugang, in dem das metatheoreti sche Ziel einer Life -spanPsychologie hetvortritt, ist Gegenstand des vorliegenden
Beitrags.
Mit diesem Aufsatz werden zwei miteinander ver bundene
Zielsetzungen verfolgt . Nach einer kurzen Einf ührung in das
Gebiet der Entwicklungspsycholo gie der Lebensspanne sollen
zuerst einige "prototypische" Charakteristika des LebensspannenAnsatzes dargestellt werden, die sich aus entwicklungspsycho .
logischer Perspektive herauszusch älen beginnen . Als zweites
sollen diese Charakteristika an hand von Forschungsarbeiten aus
einem speziellen Gebiet, n äm lich dem Bereich der intellektuellen
Entwicklung, illustriert werden. Es sei vorab darauf hingewiesen,
Anschrift des Verfassers : Prof. Dr. Paul B. Balles.
Max -Planck-Institut für Bildungsforschung, Lel llzeallee 94, 1000
Berlin 33 .
. Teile dieses Aufsatzes wurden aus einer englischspra chigen
PublikatiolJ (Bahes, 1987) übernommen und neu bearbeitet . kh
danke Frau Dr . JUlta Herkhausen, Herrn Dr . Gottfried Pfeffer,
Frau Dr . Doris Sowarka und Frau Dr . Ursula M. Slaudingrr fÜr
ihre Hilfe bei der Bearbeitung sowie f ür wichtige inhaltliche
Anregungen.
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2
Paul B. Baltes
daß die in der Entwicklungspsychologie der Lebensspanne
erarbeiteten Konzepte auch in anderen Forschungssrrängen
der Entwicklungspsychologie eine gewisse Entsprechung
finden (Hetherington, Lerner & Perlmutter, 1988; Oener &
Montada, 1987; Scarr, 1986). Allerdings unterscheiden sich
die theoretischen Leitsätze einer Life -span-Psychologie von
solchen Ansätzen durch die Ausgeprägtheit und die
kohärente An der Argumentation.
Über die bisher in der Life -span-Literatur vorzufindenden Thesen hinaus werden in dem vorliegenden
Aufsatz zwei weitere thesen ähnliche Überlegungen
vorgestellt, die aus dem theoretischen Rahmen der
Lebensspannen-Perspektive abgeleitet wurden. Zum einen
handelt es sich um die Auffassung, daß sich jeder
Entwicklungsprozeß durch ein dynami sches Wechselspiel
zwischen Wachstum und Abbau kennzeichnen läßt.
Dementsprechend
ist
das
Wesen
jedes
Entwicklungsprozesses nicht allein in seinen Merkmalen
des Wachstums oder der Progression darzustellen. Zum
andern wird der Standpunkt dargelegt, daß sich das
Ausmaß der möglichen Plastizität in der intellektuellen
Entwicklung am besten durch eine Strategie des Austestens
der Verhaltensoder Leistungsgrenzen (" testing-thelimits") bestimmen läßt.
Was bedeutet Entwicklung
über die Lebensspanne ?
In der Life-span-Psychologie wird angenommen, daß sich
ontogenetische Prozesse von der Empfängnis bis zum Tod,
also über den gesamten Lebenslauf hinweg, erstrecken.
Ontogenese wird als lebenslanger Prozeß betrachtet. Die
Beschreibung, Erklärung und Modifikation (Optimierung)
solcher ontogenetischer Prozesse, auch in ihren
interindividuellen
Ähnlichkeiten
und
Verschiedenanigkeiten,
ist
das
Ziel
einer
Entwicklungspsychologie der Lebensspanne (Baltes, Reese
& Nesselroade, 1977).1
1 In diesem Beitrag werden die Begriffe Lebensspanne und
Lebenslauf synonym verwendet . Seit dem Beginn der West- Virginia-
Konferenz-Serie (Goulet & Baltes, 1970), bevorzugen vor allem
anglo-amerikanischen Psychologen den Begriff "LebenHPanne "
(vgl. allerdings Bühler, 1933), während Soziologen hauptsächlich den
Begriff "Lebenslauf" verwenden. Der Autor sieht allerdings auch
eine inhaltliche Unterscheidung in den beiden Begriffen. In seinen
Arbeiten definiert er die Leuenslaufpsychologie (wegen ihrer
Konzentration auf die biographische Gesamtheit) als ein Untergebiet
der Lebensspannenpsycholugie. lebcnsspalllle iSl also der
übergeordnete Begriff.
Vor allem in der anglo-amerikanischen Psychologie ist
die Annahme weit verbreitet, daß der Schwerpunkt der
Entwicklungspsychologie von Anfang an auf der Kindheit
und nicht auf der gesamten Lebensspanne lag. Eine Reihe
historischer Literaturübersichten zeigt jedoch, daß eine
solche
Generalisierung
wichtige
Ausnahmen
unberücksichtigt läßt (Baltes, 1983; Groffmann, 1970;
Reinert, 1979). So sind mit den bedeutenden historischen
Vorläufern
einer
wis senschaftlichen
Entwicklungspsychologie die Arbeiten von Tetms (1777),
Carus (1808) und Quetelet (1835) eng verbunden, und diese
Arbeiten waren im wesentlichen auf die gesamte
Lebensspanne und nicht nur auf den Zeitraum der Kindheit
bezogen. Eine auf die lebenslange Entwicklung gerichtete
empirische Forschung setzte jedoch erst vor etwa zwei
Jahrzehnten in der Nachfolge von Psychologen wie
Charlotte Bühler (1933), Erik H. Erikson (1959), G. Stanley
Hall (1922), H. L. Hollingworth (1927) und Carl G. Jung
(1933) ein. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich in
Deutschland vor allem die Forschergruppe um Hans
Thomae um die Entfaltung einer Entwickungspsychologie
der Lebensspanne verdient gemacht. Wahrscheinlich hat
diese mit dem Wirken von Thomae (und seiner Schülerin
Ursula Lehr) verbundene sogenannte "Bonner" Schule
verhindert, daß sich der internationale Trend einer vor allem
auf das Kindes- und Jugendalter bezogenen Entwicklungspsychologie im deutschsprachigen Raum durchgesetzt
hat.
Drei Sachverhalte scheinen für das steigende Interesse
an der Lebensspannen-Perspektive in jüngster Zeit
besonders relevant zu sein: (1) demographische
Veränderungen in der BevölkerungsstfuktUf, die einen
erhöhten Anteil älterer Personen bedeuten; (2) die
gegenwärtige Entwicklung der Gerontologie in Richtung
auf eine Forschung, die nach den frühen Anzeichen des
Alterns im Lebenslauf sucht (Birren & Schaie, 1985; Lehr
& Thomae,1987); und schließlich (3) das "Altern" von
Untersuchungspersonen und Forschern, die an klassischen,
in den zwanziger und dreißiger Jahren begonnenen
Längsschnitt-Studien zur Entwicklung im Kindesalter
beteiligt waren.
Weitere Impulse und Begründungen für eine Life -spanPerspektive der Ontogenese stammen auch aus anderen
Disziplinen. Insbesondere in der Soziologie wird dem
Studium des Lebenslaufs und dem aus verschiedenen
Altersgruppen und Generationen verflochtenen sozialen
Netzwerk ebensoviel Aufmerksamkeit gewidmet wie in der
Psychologie (Brim & Wheeler, 1966; Clausen, 1986;
Dannefer, 1984; Eider, 1985; Featherman, 1983; Kohli,
1978; Mayer & Müller, 1987; Neuganen & Datall, 1973;
Riley, 1985). Ein weiterer Grund für das Interesse an der
gesamten Lebensspanne liegt in der Bedeutung, die
•...
Entwicklungspsychologie der Lebensspanne
die Gesellschaft und ihre Mitglieder von jeher dem
Lebenslauf beigemessen haben, und die in alten Bildern und
Metaphern anschaulich zum Ausdruck kommt (Gö rlitz,
1988; Sears, 1986). In den Geisteswissenschaften konnte
zum Beispiel gezeigt werden, daß es ein auf die gesamte
Lebensspanne bezogenes Denken seit vielen Jahrhunderten
gibt und daß dieses auch in die alltäglichen Betrachtungen
über die Struktur und die Funktion der menschlichen Existenz einfließt. Bestimmte Vorstellungen und Aussagen
über das Wesen von Veränderungen im Lauf des Lebens
und ihre Einbettung in die nach dem Alter gegliederte
Gesellschaftsstruktur finden sich beispielsweise im
jüdischen Talmud, in der griechischen und römischen
Philosophie (z. B. bei Solon und Cicero) sowie in
literarischen Werken wie denen Shakespeares, Goethes oder
Schopenhauers. Besonders anschauliche Beispiele fü r die
gesellschaftlich tradierten Vorstellungen über den
Lebenslauf sind in der bildenden Kunst zu finden. In den
Kunstwerken der letzten Jahrhunderte wurde häufig die
Metapher der Treppe oder der Leiter verwendet, um den
Lebenslauf abzubilden Ooerißen & Will, 1983).
Solche Beispiele aus der Philosophie, der Kunstgeschichte und dem Bereich der gesellschaftlichen
Vorstellungen zeigen, daß das Thema der lebenslangen
Entwicklung keineswegs erst mit der Entwicklungspsychologie entstanden ist. Vielmehr entspricht das
Auftauchen der lebenslangen Entwicklung als Thema der
Psychologie in jüngster Zeit einem eher verspäteten
Versuch der Psychologen, sich einen Aspekt der
menschlichen Natur zu erschließen, der schon lange
Gegenstand des kulturell überlieferten Wissens ist. Solche
gesellschaftlich tradierten Vorstellungen sind zudem ein
Hinweis darauf, daß der Lebenslauf eine Art natürliche
soziale Kategorie fü r das Verständnis der Ontogenese und
der menschlichen Existenz darstellt.
Theoretische Leitsätze
einer Entwicklungspsychologie
der Lebensspanne
Welches theoretische Spektrum repräsentiert die Entwicklungspsychologie der Lebensspanne? Ist sie eine in
sich geschlossene Theorie, eine Ansammlung von
Subtheorien oder eher eine allgemeine theoretische
Perspektive? Sicherlich zielt das anfängliche Interesse an
einer Entwicklungspsychologie der Lebensspanne auf eine
übergreifende, einheitliche Theorie ab. Eriksons (1959)
Theorie kommt beispielsweise die sem Interesse entgegen.
Allerdings ist aufgrund der gegenwärtigen Forschungslage
zu vermuten, daß
3
zumindest in nächster Zukunft die Entwicklungspsychologie der Lebensspanne kaum durch eine einzige
Theorie repräsentiert werden könnte. Daher handelt es sich
bei der gegenwärtigen Life-span-Psychologie auch eher um
eine theoretische Perspektive als um eine integrative
Theorie.
Das Fehlen einer umfassenden Life -span-Theorie
bedeutet jedoch nicht, daß die Entwicklungspsychologie der
Lebensspanne keine theoretische Ausrichtung aufzuweisen
hätte. Vielmehr hat eine Reihe von Life-spanEntwicklungspsychologen sich um die theoretische Klärung
der Frage bemüht, ob die auf die gesamte Lebensspanne
ausgedehnte Forschung eine besondere metatheoretische
Sichtweise (Lerner, 1984; Reese & Overton, 1970)
erforderlich macht. Der aus diesen Bestrebungen
hervorgegangene theoretische Ansatz wird im Zentrum der
weiteren Ausführungen stehen.
Nach Ansicht vieler Forscher sind mit der Life spanPerspektive einige prototypische Leitsätze verknüpft. Diese
bilden in jeweils unterschiedlicher Ge wichtung und
Verknüpfung einen Zusammenhang von Grundannahmen,
der
insgesamt
eine
kohärente,
metatheoretische
Konzeptualisierung des Entwicklungsbegriffs darstellt. Die
Bedeutung der einzelnen Leitsätze ist hierbei weniger
wichtig als die Gestalt, die sie zusammen herstellen. In der
Tat enthält keine dieser Annahmen für sich allein
genommen eine neue, richtungsweisende Aussage, was
manche Kritiker zu der Behauptung bewogen haben mag,
die Lebensspannen-Perspektive habe wenig Neues zu bieten
(Kaplan, 1983). Für die Life-span-Psychologie ist jedoch
gerade der Gesamtzusammenhang und die komplexe Gestalt
ihrer Grundannahmen und deren Anwendung auf die
Erforschung der Entwicklung von maßgeblicher Bedeutung.
Wie sehen nun die für die Lebensspannen-Perspektive
charakteristischen Grundannahmen aus? In Tabelle 1 sind
sieben thesen ähnliche Grundannahmen als Leitsätze
zusammengefaßt,
die
von
vielen
Life-spanWissenschaftlern geteilt werden. Die Annahmen finden sich
vor allem in der psychologischen Literatur zu diesem
Thema (Baltes & Reese, 1984; Baltes, Reese & Lipsitt,
1980; Honzik, 1984; Lerner 1984; Oerter, 1978; Sherrod &
Brim, 1986; Thomae, 1979); sie stehen aber auch im
Einklang mit sozio logischen Arbeiten zum Lebenslauf
(Eider, 1985; Featherman, 1983; Riley, 1985). Im folgenden
wird das Netzwerk der Grundannahmen vor allem anhand
der Forschung zur intellektuellen Entwicklung im Erwachsenenalter illustriert, da dieser Forschungsstrang bisher
den Hauptgegenstandsbereich und das Forum der
entwicklungspsychologisch
relevanten
Forschung
dargestellt hat. Darüber hinaus wird gezeigt, daß die hier
vertretene metatheoretische GrundeinsteIlung
4
Paul B. Baltes
------------------------------ . -.--------- . -. ----------------- _. _------------ ~---~
Tabelle 1 Zusammenfassung der charakteristischen Leitsat:u zu einer ErltwÜ'k/ungJpsych%gie der Lebems/Jarlnt?
Konzept
Annahme
Lebenslange Entwicklung
Ontogenetische Entwicklung ist ein lebenslanger Prozeß. Keine Altersstufe nimmt bei der
Bestimmung dessen, was Entwicklung ist, eine Vorrangstellung ein. Während der gesamten
Entwicklung (d. h. in allen Phasen der Lebensspanne) kÖnnen sowohl kontinuierliche (kumulative)
als auch diskontinuierliche (innovative) Prozesse auftreten.
M ultidirektionalität
Die Richtung der ontogenetischen Veränderungen variiert nicht nur beträchtlich zwischen
verschiedenen Verhaltensbereichen (z. B. Intelligenz versus Emotion), sondern auch innerhalb
derselben Verhaltenskategorie. In ein und demselben Entwicklungs abschnitt und Verhaltensbereich
können manche Verhaltensweisen Wachstum und andere Abbau zeigen.
Entwicklung als Gewinn
und Verlust
Plastizität
Geschichtliche Einbeuung
Kontextualismus
Multidisziplinäre Betrachtung
Entwicklung bedeutet nicht nur einen Zuwachs in der Kapazität oder einen Zuwachs im Sinne einer
höheren Effizienz. Über die gesamte Lebensspanne hinweg setzt sich vielmehr Entwicklung immer
aus Gewinn (Wachstum) und Verlust (Abbau) zusammen.
Psychologische Entwicklung ist durch eine hohe intraindividuelle Plastizität (Veränderbarkeit
innerhalb einer Person) gekennzeichnet. Der Entwicklungsverlauf einer Person variiert in
Abhängigkeit von ihren Lebensbedingungen und Lebenserfahrungen. Die Hauptaufgabe der
entwicklungspsychologischen Forschung liegt darin, das mögliche Ausmaß der Plastizität sowie
deren Grenzen zu untersuchen.
Ontogenerische Entwicklung variiert auch in Abhängigkeit von historisch-kulturellen Bedingungen.
Der Ablauf der ontogenetischen (altersbedingten) Entwicklung ist stark von den vorherrschenden
sozio-kulturellen Bedingungen einer geschichtlichen Ära und deren spezifischem Zeitverlauf
geprägt.
In konzeprucller Hinsicht resultiert jeder individuelle Entwicklungsverlauf aus der Wechselwirkung
(Dialektik) dreier Systeme von Entwicklungseinf1üssen: altersbedingten, geschichtlich bedingten
und nicht-normativen. Das Zusammenspiel und die Wirkungsweise der drei Systeme kann innerhalb
der metatheoretischen Prinzipien des Kontextua[ismus charakterisiert werden.
Psychologische Entwicklung muß multidisziplinär gesehen werden, also auch im Kontext anderer
Disziplinen (z. B. Anthropologie, Biologie, Soziologie), die sich mit menschlicher Entwicklung
beschäftigen. Die Offenheit der Lebensspannen-Perspcktiven für eine multidisziplinäre Sicht weise
impliziere, daß die "rein" psychologische Betrachtung der lebensumspannenden Entwicklung Jiese
immer nur ausschnittsweise repräsentieren kann.
auch im Hinblick auf die intellektuelle Entwicklung üj ngerer
Altersgruppen neue Perspektiven eröffnen kann.
Lebenslange intellektuelle Entwicklung
und Multidirektionalität
Die ersten beiden Leitsätze einer Life-span-Psychologie (siehe
Tabelle 1) besagen, daß Prozesse der Verhaltensveränderung, die
im weitesten Sinne als "Ent-
wicklung" bezeichnet werden, zu jedem Zeitpunkt zwischen
Empfängnis und Tod auftreten können. Darüberhinaus wird
angenommen, daß die lebens~ langen Verläufe solcher
Entwicklungen verschiedene Richtungen nehmen können.
Das Konzept der lebenslangen Entwicklung beinhaltet zwei
Aspekte. Zum einen ist dies die allge meine Vorstellung, daß sich
Entwicklung über die gesamte Lebensspanne erstreckt. Zum
zweiten geht es um den Aspekt, daß die lebenslange Entwicklung
auch Veränderungspcozesse umfassen kann, die nicht mit der
Geburt, sondern erst in sp äteren Phasen der
Entwlcklung'ipsychologie der Lebemspanne
Lebensspanne beginnen. Als Ganzes betrachtet ist daher die
lebenslange Entwicklung als ein System zu bestimmen, das
vielfältige Veränderungsmuster um · fa ßt. Dabei k önnen
einzelne Enrwicklungsmuster zum Beispiel im Hinblick auf
ihre zeirliche Er streckung (Beginn, Dauer, Ende ), ihre
!{ichrung und Abfolge unterschieden werden. t-lollingworrh
(1927) war wohl der erste, der eine derartige Sichtweise über
die lebenslange Entwicklung in gro ßer Deutlichkeit vertteten
hat.
Diese Auffassung von lebenslanger Enrwicklullg läßt
sich verdeutlichen, wenn man an die verschiede · nen
Anforderungen und M öglichkeiten denkt, mit denen eine
Person im Laufe ihres Lebens konfronriert wird . Das auf
Havighurst (1972; Oerrer, 1986; Thonne, 1975)
zurückgehende
Konzept
der
Enr wicklungsaufgabe
veranschaulicht vielleicht beson ders gut, wie man dieses
System lebenslanger Anfor derungen und M öglichkeiten
theoretisch begreifen kann. Enrwicklungsaufgaben beziehen
sich nämlich auf die Abfolge von Problemen,
Herausforderungen oder lebensverändernden Siruationen, die
sich jeweils aus dem Zusammenspiel von biologischer Ent wicklung, gesellschafrlichen Etwartungen und indivi duellen
Handlungen ergeben. Diese Probleme "change through life
and give direction, force, and substance to ... developmenr"
(Havighurst, 1973,
S. 11).
Die verschiedenen Entwicklungskurven, die die
lebenslange Entwicklung konstituieren, k önnen in diesem
Sinne als Ausdruck der Auseinandersetzung mit
verschiedenen Entwicklungsaufgaben aufgefa ßt werden.
Manche Entwicklungsauf gaben, etwa die in Havighursts
Taxonomie genannten, sind in hohem Ma ß normativ und mit
bestimmten chronologischen Alterssrufen verkn üpft.
Allerdings gibt es auch, wie sp äter noch gezeigt wird,
Entwicklungsaufgaben, die sich aus historischen und
idiographischen (nichtnormativen ) Einflußsystemen heraus
bilden.
Zu den Kernkonzepten einer Entwicklungspsy chologie
der
Lebensspanne
geh ören
die
Begriffe
der
Multidimensionalität
und
Multidirektionalit ät.
Als
Schlüsselbegriffe umschreiben sie verschiedene regel hafte
Facetten, die bei Enrwicklungsverl äufen hervortreten und
diese kennzeichnen. Die Begriffe ent halten außerdem die
theoretischen
Bestimmungs stücke
f ür
einen
Entwicklungsbegriff, der nicht allein durch die Kriterien des
Wachstums oder der Zunahme gekennzeichnet ist.
Anhand von Untersuchungen zur psychometri schen
Intelligenz lä ßt sich zeigen, da ß ein multidimensionales und
multidirektionales Entwicklungskonzept theoretisch fruchtbar
ist. Ein besonders gutes Beispiel liefert hierzu die
psychometrische Theorie zur tluiden und kristallisierren
Intelligenz,
5
die (attel! (1l)71) lind Horn (1 \l70) aufgestellt haben (siehe
Abb. 1). Nach dieser Theorie setzt sich Intelli genz aus
mehreren Kornponcmen zusammen, wobei die fluiden und
kristallisierten Intelligenzkomponenten theoriegellläß als die
beiden wichtigsten fäh igkeitsbündel bestimmt werden. Ein
solches MehrkoI11ponenten-Model! der Intelligenz entspricht
dem Konzept der ,Hultidwzet'lJlonalität. Weiterhin wird in
der Theorie von Cattell und Horn angenom men, daß sich die
beiden Fähigkeitsbündel in ihren Enrwicklungsverläufen und
-richtungen unterscheiden. Fluide Intelligenz steigt demnach
bis zum frühen Etwachsenenalter an und geht danach in eine
Periode der Stabilität über. Mit dem Beginn des mittleren
Lebensalters setzt dann eine Phase des gra duellen
Altersabbaus ein. Dagegen weist die kristallisierte Intelligenz
nach dieser Vorstellung auch
über das mittlere
Erwachsenenalter
hinaus
eine
ansteigen de
Entwicklungsfunktion
auf.
Diese
unterschiedli chen
Entwicklungsverläufe der fluiden und kristalli sierten
Intelligenz illustrieren das Konzept der Multidlrektionalität.
!\1 ultidimensiooalität M
ultidirektionalität
Ver'l'hiedene Formen der
Intelligenz
Pra~matik ( Kri .. • 1 alli .. • iNte
Ih'ispit'k:- -----
Intdligcnl)
........••.. S p r: .u:h t ,
SUli .• lc
Intellige 1'
I
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,,,
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I
I
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L .
ca. 25
ca. 70
Alter
Abbzldung 1 Eine der bekanntesten psychometrischen
Suukturtheorien der I ntelligenz ist die Theorie von Raymond B .
Cartell und John L. Horn.
(F ür die beiden Hauptfähigkeitsb ündel dieser Theorie, die fluide
und kristallisierte Imelligenz,
wird postuliert, daß sie i m Lebensverlauf
unterschiedlichen Enrwicklungsrichtungen folgen.)
Inzwischen sind noch weitere theoretische Ans ätze
vorgelegt worden, die sich mit der intellektuellen
Entwicklung im Lauf des Lebens befassen und hier bei
berücksichtigen, daß multidimensionale und multidirektionale
Veränderungen auftreten können. Berg und Stern berg (1985)
haben zum Beispiel an hand von Stern bergs triadischer
Theorie der Intelli genz den Gedanken vertreten, da ß die
Altersverlä ufe der drei in Sternbergs Theorie postulierten
Intelli· genzkomponenten (Prozesse, Kontexte, Erfahrun-
6
Paul B . Baltes
gen) wahrscheinlich verschiedene Enrwicklungsrichtungen
aufweisen. Ähnliche Überlegungen träfen vielleicht auch
auf
das
von
Jäger
(1967,
1982)
vorgelegte
Intelligenzmodell
zu.
Schließlich
dürften
solche
Überlegungen sich auch auf den eher denkund
wissenspsychologisch angelegten Bezugsrahmen der
Arbeitsgruppe um Dörner (in Druck) ausweiten lassen.
Die am Berliner Max-Planck-Institut für Bildungsforschung im Rahmen der Lebensspannen-Perspektive
durchgeführten Arbeiten zur multidimensionalen und
multidirektionalen
Intelligenzentwicklung
(Baltes,
Dittmann-Kohli & Dixon, 1984; Dixon & Baltes, 1986)
zielen auf eine Erweiterung des Intelligenzmodells von
Cattell und Horn ab. Unrer dieser Zielrichtung werden die
Verbindungen dieses Intelligenzmodells mit der kognitionsund wissenspsychologischen Forschung herausgearbeitet.
Gleichzeitig wird ein Entwicklungsbegriff verwendet, der
die Leitvorstellung eines multidirektionalen Entwicklungsverlaufs berücksichtigt. Aus heuristischen Gründen wurden
zwei Kognitionsbereiche unrerschieden: die "fluide"
Mechanik und die "kristallisierte" Pragma tik der Intelligenz.
Der Begriff der Mechanik der Inrelligenz bezieht sich auf
die
grundlegende
Architektur
eines
informationsverarbeitenden Systems . Das architektonische
Gerüst dieses mechanischen Teilsystems der Intelligenz
wird von solchen Basisoperationen und -strukturen gebildet,
wie
sie
beispielsweise
bei
elementaren
Gedächtnisoperationen (Kliegl & Baltes, 1987; Klix, 1984)
oder
bei
der
Lösung
von
Induktionsund
Klassifikationsaufgaben angewendet werden müssen. Der
zweite Begriff, die Pragmatik der Intelligenz, bezieht sich
auf die konrext - und wissensgebundene Anwendung der
Inrelligenzmechanik. Unter dem Begriff der Pragma tik der
Inrelligenz werden folgende Aspekte subsumiert: (a)
allgemeine Systeme des deklarativen und prozeduralen
Wissens, wie zum Beispiel das Wissenssystem der
kristallisierten Inrelligenz; (b) spezielle Systeme des
deklarativen und prozeduralen Wissens, wie zum Beispiel
berufliches Expertenwissen; und (c) Wissen in bezug auf
Fähigkeiten und Fertigkeiten (Heutismus, Strategien), die
bei der Ausführung von intelligenzfordernden Handlungen
wichtig sind und die sich besonders bei der Aktivierung von
Intelligenz in Problemlösesituationen auswirken. Für die
explizite Bestimmung der pragmatischen Anteile der
Inrelligenz ist es daher (ebenso wie bei Stern bergs
Anliegen,
konrextuelle
und
erfahrungsbezogene
Komponenren in Inrelligenzdefinitionen aufzunehmen)
unumg änglich, die im Verlauf des Lebens sich
verändernden Strukturen und Funktionen von Wis senssystemen zu beachten (vgl. auch Featherman, 1983;
Keating & Marlean, 1988; Labouvie-Vief,
1985; Perlmutter, 1988; Rybash, Hoyer & Roodin, 1986;
Salthouse, 1985; Sternberg, 1988; Weinen, Knopf &
Schneider, 1987).
Bilden sich im mittleren und höheren Erwachsenenalter
tatsächlich neue Formen der Intelligenz heraus? Können
also innovative Formen der Inrelligenz auch noch in
späteren Lebensabschnitten auftreten - so wie es als erster
Klaus Riegel (1973, 1976) mit Verve vorgeschlagen hatte?
Hinter dieser theoretischen Entschiedenheit bleiben jedoch
die entsprechenden empirischen Nachweise deutlich zurück.
Ob es tatsächlich gelingen wird, die Existenz der späten
innovatorischen
Enrwicklungsprozesse
empirisch
nachzuweisen, bleibt daher vorerst noch ungewiß. Zu den
klassischen Beispielen fü r die späte Herausbildung eines
kognitiven Systems zählen die Reminiszenz und der
Lebensrückblick (Butler, 1963; Staudinger, 1988). Die
rückblickende Rekonstruktion und Bewertung des eigenen
Lebens wird vornehmlich dem höheren Erwachsenenalter
zugeschrieben. Ein weiteres Beispiel, das die in späteren
Lebensabschnitten ausgebildeten mentalen Systeme veranschaulichen könnte, wäre das Phänomen des autobiographischen Gedächtnisses (Stru be, 1985; StrU be &
Weinert, 1987).
Speziell für den Bereich der Intelligenz bleibt allerdings
nach wie vor die Frage offen, ob sich im mittleren und
höheren Erwachsenenalter neue Formen und neue
Entwicklungsrichtungen (directionality) der Intelligenz
herausbilden oder ob sich die Inrelligenzentwicklung in
dieser Lebensphase eher durch Kontinuität und durch
quantitative (nicht aber qualitative) Veränderungen der
vorhergehenden Imelligenzformen kennzeichnen läßt.
Einerseits gibt es kognitiv-strukturalistische Ansätze wie
die von Flavell (1970) und Piaget (1972), die die weitere
strukturelle Evolution oder Transformation eher als
horizonrale decalage zu bestimmen suchen. Beide Autoren
gehen ja davon aus, daß die Entwicklung der grundlegenden
kognitiven Operationen mit dem Erreichen des frühen
Erwachsenenalters im wesenrlichen abgeschlossen ist. Nach
ihrer
Auffassung
verändern
sich
vom
frühen
Erwachsenenalter an nur noch die Inhaltsbereiche, in denen
die bereits ausgebildeten kognitiven Strukturen angewendet
werden. Andererseits gibt es auch Forschungsansätze, die
sich programmatisch dem Ziel verpflichtet haben, nach
qualitativ oder strukturell neuen Formen der Erwachsenenintelligenz zu suchen (z. B. Commons, Richards
& Armon, 1984). Die von Basseches (1984), Labouvie-Vief
(1982, 1985), Kramer (1983) und anderen Autoren (z. B.,
Keating & MacLean, 1988) vorgelegten Arbeiten über das
dialektische Denken und die postformalen Operationen
stellen in diesem Zusammenhang wichtige Beiträge dar.
Ein weiterer Ansatz, der die Analyse der Intelligenzentwicklung im Erwachsenenaltcr voran bringen kann,
läßt
sicb
aus
Verbindungen
zwischen
einer
neofllnktionalistischen Perspektive (Dixon & Baltes, 1986)
und
den
wissenspsychologischen
Ansätzen
der
Kognitionspsychologie
herleiten.
Innerhalb
dieses
Forschungsansatzes nehmen Modelle über Expertenwissen
und Wissenssysteme (Glaser, 1984; Klix, 1984; Mandl &
Spada, 1988; Tack, 1987) einen wichtigen Stellenwert ein.
Für diese Ansätze ist es von geringer Bedeutung, ob es sich
bei der Entwicklung einer Expertise um eine "strukturelle",
qualitativ neue Entwicklungsstufe handelt. Im Brennpunkt
des neofunktionalistischen Ansatzes stehen Veränderungen
in deklarativen und prozeduralen Wissenssystemen , die in
theoretischer Hinsicht mit der Entwicklung der
"kristallisierten", pragmatischen Anteile der Intelligenz
verknüpft sind. Das von Cattell und Horn entwickelte
Konzept der kristallisierten Intelligenz mu ß allerdings
erweitert werden, damit es Wissensbereiche und
Wissensformen umfassen kann, wie sie für die
Lebenszusammenhänge des höheren Erwachsenenalters
charakteristisch sind.
Dieser Forschungsansatzläßt sich anhand des Begriffs
Expertise, einem in der kognitiven Psychologie und
Entwicklungspsychologie (Ericsson, 1985; Glaser, 1984;
Hoyer, 1985; Weinen, Schneider & Knopf, 1988)
momentan viel diskutierten Konzept, näher erläutern. Der
Begriff "Expertise" oder Expertenkompetenz bezeichnet
sehr hoch entwickelte und eingeübte Fähigkeiten sowie das
damit verbundene Wissen. Der Erwerb und der Erhalt von
Expertise wurde vor allem im naturwissenschaftlichen
Bereich, im Schachspiel und in bezug auf berufliche Fertigkeiten (z. B. Maschinenschreiben) untersucht. Vergleichbare
Fertigkeiten werden wahrscheinlich von vielen Menschen
irgendwann im Laufe ihres Lebens erworben. Daher ist auch
zu erwarten, daß sich intellektuelle Fähigkeiten gerade in
solchen Bereichen weiterentwickeln, in denen das
Individuum bis ins hohe Alter hinein tätig bleibt und
kontinuierliche Anstrengungen für die Erweiterung sowohl
seines prozeduralen als auch seines deklarativen Wissens
~nternimmt (Denney, 1984; Dixon & Baltes, 1986;
Featherman, 1987; Hoyer, 1985; Rybash et al., 1986). Um
es anders auszudrücken: Die Expertise in ~inem speziellen
Wissensgebiet, das der Pragmatik 1er Intelligenz
zuzuordnen ist, kann in der zweiten ~ebenshälfte dann
beibehalten, transformiert oder ;ogar neu erworben werden,
wenn es zu einer selekiven Optimierung im
gebietsspezifischen Wissens;ystem kommt .
Bisher kommt insbesondere zwei Wissensgebieen eine
mögliche Schlüsselstellung für positive Verinderungen der
pragmatischen Intelligenz während
der zweiten Lebenshälfte zu. Dabei handelt es silh um die
praktische IOlelligenz (Stern berg & Wagner, 1986) und um
das Wissen in bezug auf Fragen des Lebens
(lebenspraktische Fragen), das vor allem 111 Untersuchungen
zur sozialen Intelligenz und zur Weisheit verdeutlicht wird
(Baltes, Smith, Staudinger & Sowarka, in Druck; Cantor &
Kihlstrom, 1987; Clayton & Bieren, 1980; Dittmann-Kohli,
1984; Dittmann-Kohli & Baltes, in Druck; Holliday &
Chandler, 1986; Meacham, 1982). Hierbei ist dem
Weisheitskonzept ein besonderer Stellenwert beizu messen.
Weisheit kann nämlich als ein Prototyp der pragmatischen
"Altersintelligenz " gelten, da sie sich vor allem im
Erwachsenenalter herausbildet und möglicherweise bis ins
hohe Alter weiterentwickelt.
Solche Grundvorstellungen zum Weisheitsbegriff
prägen auch den Forschungsansatz, den eine Arbeitsgruppe
um Paul Baltes und Jacqui Smith (Baltes, Smith, Staudinger
& Sowarka, in Druck; DittmannKohli & Baltes, in Druck;
Dixon & Baltes, 1986; Smith, Dixon & Baltes, in Druck;
Sowarka, 1987; Staudinger , 1988) am Berliner MaxPlanck-Institut für Bildungsforschung programmatisch
weiterentwickelt. Innerhalb des Forschungsansatzes wird
Weisheit als "Expertise in den grundlegenden Fragen und
der Pragmatik des Lebens" definiert und untersucht. Zur
Erfassung von Weisheit wurden Untersuchungspersonen
verschiedenen Alters zum Beispiel gebeten, sich zu
konkreten Problemen der Lebensplanung und des
Lebensrückblicks zu äußern. Das in den Antwortprotokollen
enthaltene Wissenssystem zu Aufgaben der Lebensplanung
und des Lebensrückblicks wird anhand mehrerer
theoriegeleiteter Kriterien für Weisheit beurteilt. Die ersten
empirischen Befunde dieses Untersuchungsansatzes (Smith
et al., in Druck) weisen darauf hin, daß erwartungsgemäß
ältere Personen über ein sehr gut entwickeltes Wis senssystem in bezug auf grundlegende Fragen und die
Pragmatik des Lebens verfügen. Im Gegensatz zu den
Untersuchungen, die den altersbezogenen Abbau im Bereich
der Intelligenzmechanik belegen (Kliegl & Baltes, 1987),
befinden sich sogar manche älteren Menschen im
Spitzenbereich von Verteilungskurven, die sich auf das
Wissen in Weisheitsaufgaben beziehen. Bezeichnenderweise
weisen ältere Personen gerade dann ein höher elaboriertes
Wissenssystem auf als jüngere Personen, wenn es um relat
iv seltene und ungewöhnliche Lebensplanungsprobleme
älterer Menschen geht.
Die empirische Untersuchung der Weisheit steht noch
am Anfang. Daher ist es noch ungewiß, ob das Konzept
"Weisheit" empirisch so umgesetzt werden kann, daß die
einzelnen
empirischen
Schritte
auch
in
eine
wohlspezifiziene psychologische Weisheitstheorie überführt
werden können. Man kann insofern
8
Paul B . Balles
optimistisch sein, als auch in der kognitiven Psycho logie
zunehmend mit Aufgaben und Denkproble men gearbeitet
wird, die sich in ähnlicher Weise kennzeichnen lassen wie die
Probleme, deren Lösung Weisheit erfordert. Das bedeutet, daß
die verwende ten Aufgaben ein hohes Ma ß an
wirklichkeitsnaher Komplexität aufweisen und da ß die
Aufgabenbearbeitung sowohl relativistische Stellungnahmen
als auch Urteile unter Unsicherheit erfordert (Dörner, in
Druck; Neisser, 1982). Für den vorliegenden Aufsatz sind
Arbeiten zum Weisheitsthema deshalb wichtig, weil Weisheit
den Prototyp eines Denksystems dar stellt, in das man die
positiven Entwicklungsschritte im Erwachsenenalter und im
höheren Altern einbe ziehen könnte.
Intellektuelle Entwicklung
als dynamisches Wechselspiel
zwischen Wachstum (Gewinn)
und Abbau (Verlust)
Neben Multidimensionalitä t und Multidirektionalität ist für
die Life-span Perspektive auch die Annah me wichtig (vgl.
Tabelle 1), daß jeglicher Entwicklungsprozeß sowohl
Wachstum (Gewinn) als auch Abbau (Verlust) bedeutet. Da
diese These telativ neu ist, konnte sie bisher allerdings weder
theoretisch noch empirisch hinreichend untermauert werden.
Historisch gesehen gab es im wesentlichen zwei Gr ünde
dafür, sowohl Gewinn- als auch Verlustphänomene in den
Entwicklungsbegriff einzubezie hen. Zum einen sah man sich
vor die Aufgabe ge stellt, da ß die Definition des
Entwicklungskonzepts den Prozeß des Alterns einschlie ßen
sollte. Zum anderen konnte mit dem Konzept der
Multidirektionalität
bewiesen
werden,
da ß
Entwicklungsverläufe komplexer sind, als es die aus der
Biologie übernommene bloße Wachstumsperspektive
(growth) nahelegt .2
Zunächst zur Definition von Aitern im Verh ä ltnis zu
Entwicklung: traditionellerweise vertreten in der Gerontologie
vor allem Biologen (Kirkwood, ] 985) den Standpunkt, da ß
Altern ausschlie ßlich als Abbau (d. h. als unidirektionaler
Prozeß des Abbaus adapti ver Kapazität) zu definieren sei.
Psychologen tendie2 Neben diesen vor allem durch gerontologische For schungen
motivierten Argumentcn gibt es ein drittcs, das vor allem aus neuro biologischen Forschungsans ätzen und der psychologischen
Expertiseforschung Slammt (siehc unten) Das Argumcnt besagt, da ß
jeder Entwicklungsschritt prinzipiell eine An Kanalisierung (Selektion )
und Spezialisierung impliziert .
ren dagegen aufg rund ihrer verhaltenswissenschah lichen
Theorien und empirische Befunde dazu, die Definition von
Altern als unidirektionalen Abbauprozeß abzulehnen. für die
verhaltenswissenschaftlich ausgerichteten Psychologen ist es
daher von theoretischem Interesse, ob der Begriff des Alterns
in ein umfassenderes Entwicklungskonzept integriert werden
kann.
Wie kann man sich diese Integration vorstellen?
Und wie bringt man den um das Altern erweiterten
Entwicklungsbegriff mit traditionellen Definitionen in
Einklang, die Entwicklung mit Wachstum und Altern
hauptsächlich mit Abbau verknüpfen? Hierzu schlagen die
Life-span-Forscher vor, den Entwick lungsbegriff über das
biologische Konzept von Wachstum (growth) oder
Weiterentwicklung (progression) hinaus zu erweitern .
Entwicklung sollte da nach nicht nur Wachstumsprozesse
umfassen, sondern auch solche Prozesse, die sich im
Lebenslauf in anderer Richtung ver ändern (Baltes, 1983;
Baltes & Sowarka, 1983; Labouvie -Vief, 1980; Thomae,
1959). Dementsprechend wurde in der Leben sspannenPerspektive Entwicklung definiert als jegliche (positive oder
negative) Veränderung in der adapti ven Kapazitä t eines
Organismus. Diese Erweiterungen stehen im Einklang mit
anderen Modellvorstellungen. So wurde zum Beispiel in der
sozialen Lerntheorie (Bandura, 1982) ebenfalls auf die
direktionale "Offenheit" ontogenetischer Entwicklungspro zesse hingewiesen.
Es gibt einen zweiten Grund, ein Verhältnis von Gewinn
und Verlust bei Entwicklungsprozessen zu thematisieren : Er
bezieht sich auf die Begriffe der Multidimensionalitä t und
Multidirektionalität, die im Zusammenhang mit der
lebensumspannenden Intelligenzentwicklung ausdifferenziert
wurden. Für das Konzept der Multidirektionalität stellte sich
dabei die Frage, ob es über die beschreibende Erforschung der
unterschiedlichen Entwicklungsverläufe der Intelligenz hinaus
auch auf das dynamische Wechselspiel
zwischen
verschiedenen Subsystemen bezogen werden k önnte. Vor
allem wäre zu entscheiden, ob ein neues Entwicklungskonzept
erforderlich ist, wenn multidirektionale Verä nderungen gleichzeitig in verschiedenen Komponenten desselben Systems (z.
B. einerseits in der fluiden, andererseits inder kristallisierten
Intelligenz) auftreten. Hierzu wurde vorgeschlagen,
Entwicklung stets als eine Art Gewi nn-Verlust-Beziehung zu
betrachten (siehe auch Baltes & Kliegl, 1 C)86; Labouvie-Vief,
1981, 1982; Perlmutter, in Druck). Unrer diesem Blickwinkel
ist Entwicklung zu allen Zeitpunkten im Lebenslauf ein gemei
nsames Prod u kt von Wachs tums- (Gewinn) und
Abbauprozl"ssen (Verlust). \X1eiterentwicklung schlie ßt
demnach neben der
Entwicklungspsvchc,logie der Lebensspalll1e
Zunahme immer auch den Verlust von adaptiver Kapazität ein.
Kein Entwicklungsschritt im Leben bedeutet nur Gewinn.3
Versteht man Entwicklung als einen Prozeß mit Gewinnund Verlustanteilen, so bedeutet das nicht, daß das quantitative
Verhältnis von Gewinn und Verlust im Verlauf des Lebens
gleich bleibt. Vielmehr ist anzunehmen, daß die
Gewinn/Verlust-Bilanzierung systematischen, altersabhängigen
Veränderungen unterliegt. Eine mögliche Variante des
Wechselspiels zwischen Gewinnen und Verlusten im
Lebensverlauf ist in Abbildung 2 dargestellt. Die Abbildung
zeigt, daß sich der Anteil möglicher Gewinne und Verluste an
adaptiver Kapazität mit zunehmendem Alter verschiebt.
LclwnS\'criauf
Abbzfdung 2 Eine der theoretischen Erwartungen bez;ehl
mh auf den durchschnittlichen Verlauf
von Gewinn-Verlust-Verhältnissen; es wird erwartet, daß
sich deren Proportionen im Lebensverlauf verändern .
Im Alter erhält diese Dynamik zwischen Wachstum und
Abbau eine zunehmende Intensität, da wegen der im
fortgeschrittenen
Alter
reduzierten
Bandbreite
der
Kapazitätsreserve und auch der durch vorangegangene
Entwicklung "verstellte" Optionen (Baltes, 1984; Baltes &
Baltes, 1989; Kliegl & Baltes, 1~87) die Zahl der
Verlustereignisse im Vergleich zu Entwicklungsgewinnen
immer größer wird. Diese mit dem Alter einhergehende
zunehmende negative
3 Die Gleichsetzung von Auf- und Abbau mit Gewinn und
Verlust ist Sicherlich eine verkürzte Darlegung eines
Arguments, das im Rahmen von Arbeiten über den Begriff der
optimalen Entwicklung weiter auszudifferenzieren ist. Wie
beispielsweise Brandtstädter, Krampen und Heil (1986) auf der
Ebene subjektiver EntwickJungsbilanzen ausgeführt haben,
betrifft diese Unterscheidung immer auch wertungsbezogene
Argumente beziehungsweise die implizite oder explizite
Bestimmung von "pay-off"Funktionen.
C)
Bilanzierung findet ihre Entsprechung in subjektiven
Erwartungen in bezug auf den Lebenslauf. Wenn man
Erwachsene befragt, was sich normalerweise im
Erwachsenenleben verändert, ergibt sich genau dieses Bild
(Heckhausen, Dixon & Baltes, in Druck). Je später der
Lebensabschnitt , umso mehr unerwünschte und umso weniger
kontrollierbare Veränderungen werden erwartet. Gleichzeitig
gibt es aber bis ins hohe Alter hinein immer noch einige
positive Erwartungen, beispielsweise die Erwartung, daß ältere
Menschen "weiser" werden.
Das Interesse an der Entwicklungsdynamik zwischen
positiven (Gewinn) und negativen (Verlust) Veränderungen hat
im Rahmen der Life-span Perspektive eine Reihe neuer
Untersuchungsansätze angeregt. Ein Beispiel dafür ist der
Versuch,
einen
allgemeinen
Adaptationsprozeß
zu
spezifizieren, der die lebenslange Entwicklung im Kontext
einer Gewinn /Verlust-Bilanzierung abbildet. In einigen
neueren Arbeiten (M. Baltes, 1987; Baltes & Baltes, 1989;
Baltes, Dittmann-Kohli & Dixon, 1984) wurden diese
Entwicklungsdynamik zwischen Gewinn und Verlust und der
damit zusammenhängende Adaptationsvorgang theoretisch
expliziert . Tabelle 2 illustriert am Beispiel des kognitiven
Alterns
einen
wahrscheinlich
prototypischen
Entwicklungsmechanismus des "erfolgreichen Alterns" - die
Optimierung durch Selektion und Kompensation.
Der Schlüsselbegriff "selektive und kompensatorische
Optimierung" beschreibt einen allgemeinen Vorgang der
Adaption, der wahrscheinlich auf die meisten Lebensvorgänge
zutrifft. Die Prozesse der Selektion, Optimierung und
Kompensation erhalten allerdings im Alter aufgrund des
Verlustes an biologischen, mentalen und sozialen
Kapazitätsreserven eine neue Gewichtung und Dynamik. Im
Modell der selektiven und kompensatorischen Optimierung
(Baltes & Baltes, ] 989) werden drei zusammenwirkende
Elemente und Prozesse unterschieden. Das erste Element ist
das Ph änomen der Selektion. Entwicklung ist, wie erwähnt,
immer auch Spezialisierung in Inhalt und Form. Das zweite
Element, die Optimierung, bezieht sich auf die Annahme, daß
Personen ihre einmal eingeschlagenen Lebenswege in
Quantität und Qualität zu verbessern versuchen.
Plastizitätsforschung hat gezeigt, daß ältere Menschen
durchaus in der Lage sind, diesen Prozeß der optimierenden
Lebensbewältigung und Lebensgestaltung - dank ihres
weiterhin beträchtlichen Lernpotentials - bis ins hohe Alter
voranzutreiben. Das dritte Element der Modellvorstellung
bezieht sich auf KompensationJprozesse, die aufgrund der
objektiven und subjektiv erlebten Einschränkungen in der
Bandbreite des adaptiven Potentials einsetzen. Diese
Einschränkung der Plastizität wird besonders deut-
10
Paul B. Baltes
Tabelle 2 Selektive Optimierung mit Kompensation: Ein prototypireher Prozeß adaptiver lebenslanger Entwicklung am Beispiel
kognitiver funktionen
- Ein generelles Merkmal lebenslanger Entwicklung ist die mit dem Alter zunehmende Spezialisierung (Selektion) motivationaler
und kognitiver Ressourcen und Fähigkeiten.
- Zwei Eigenarten kennzeichnen kognitives Altern:
(a) Verminderte Kapazitätsreserve für Maximalleistungen in fluider Intelligenz (Mechanik der Intelligenz);
(b) Weiterentwicklung und Erhaltung von Höchstleistungen in manchen Wissenssystemen (Pragmatik der Intelligenz).
- Wenn bei einer Person im Prozeß des Alterns Kapazitätsgrenzen (Schwellen) überschritten werden, hat dies für die Entwicklung
folgende Konsequenzen:
(a) Wachsende Selektion (Kanalisierung) und weitere Verminderung der Anzahl von Hochleistungsbereichen ; (b)
Entwicklung kompensatorischer und loder substitutiver Mechanismen.
Anmerkung: Dieses Modell ist eine Weiterentwicklung der erstmals von Baltes und Baltes (1980) vorgestellten Überlegungen.
lieh, wenn man vom einzelnen ein breites Spektrum an
Aktivitäten und Höchstleistungen fordert . Kompensation ist
eine besondere Form der Optimierung. Sie setzt dann ein,
wenn das übliche Verarbeitungssystem so stark beeinträchtigt
ist, daß bestimmte Verhaltenskapazitäten ausfallen bzw. unter
einen funktionsadäquaten Schwellenwert zurückgehen. Für
diese Schwächung wäre es unter Umständen möglich, sie
durch zusätzliche Anstrengungen und kompensatorische
Maßnahmen abzufangen.
Durch selektive Optimierung mit Kompensation können
also viele ältere Menschen sich weiterhin bestimmten, für sie
wichtigen Lebensaufgaben widmen, obwohl ihre biologische
Energie und ihre mentalen Reserven zurückgehen mögen.
Während der Vorgang der selektiven und kompensatorischen
Anpassung eine hohe Allgemeingültigkeit beanspruchen
dürfte, kann dagegen die individuelle Ausgestaltung, je nach
Interessen-, Gesundheits - und Umweltlage, beträchtlich
variieren. B. F. Skinner (1983) hat zum Beispiel in einem
autobiographischen Bericht dargestellt, wie und unter welchen
Bedingungen er selbst kompensatorische und substirutive
Fähigkeiten entwickelt hat, um die verminderte Effizienz in
einzelnen Bereichen intellektueller Kapazität auszugleichen.
Für Sozialwissenschaftler , die an der Erforschung des
sozialen Wandels und der Idee des Fortschritts interessiert sind
(Nisbett, 1980), ist das Gewinn/Verlust-Argument eine
Binsenwahrheit. Nur wenige würden behaupten, daß jegliche
gesellschaftliche Entwicklung als Fortschritt zu sehen ist.
Wie steht es nun in dieser Hinsicht mit anderen
enrwicklungspsychologischen Fragestellungen? Ist
vielleicht die in der Life-span-Forschung aufgestellte
Perspektive von allgemeinerer Bedeutung? Bei näherem
Hinsehen scheint dies in der Tat zuzutreffen. Die Vorstellung,
daß jegliche ontogenetische Veränderung Ergebnis eines
dynamischen Wechselspiels zwischen Gewinn und Verlust ist,
findet sich nämlich auch in biologischen Konzeptionen, wie
Waddingtons (1975) Arbeiten zur Ontogenese als Differenzierung und Spezialisierung (Kanalisierung) zeigen. Schon bei der
Zelle und der ontogenetisch frühen Entwicklung neuronaler
Verbindungsnetze (Cotman, 1985; Edelman, 1987; Lerner,
1984; Singer, 1987) bringt eine bestimmte Form der
Differenzierung immer auch den Verlust alternativer
Möglichkeiten der Zelldifferenzierung mit sich. In analoger
Weise wird in der Soziologie davon ausgegangen, daß der
Lebenslauf durch zunehmende Spezialisierung im Sinne von
Verpflichtungen
und
Engagement
in
einzelnen
Lebensbereichen gekennzeichnet ist (Featherman, 1983,1987;
Mayer, 1986). Diese im Lebenslauf zunehmende
Spezialisierung bedeutet auch den Verlust alternativer
Entwicklungsmöglichkeiten .
Läßt sich ein Entwicklungskonzept , das sowohl Gewinnals auch Verlustphänomene als inhärent für Entwicklung
einbezieht, auch auf die kognitive Entwicklung in üj ngeren
Altersgruppen anwenden I Seit längerer Zeit ist bekannt, daß
die kognitive Entwicklung nicht immer nur Fortschritte mit
sich bringt. Ein konkretes Beispiel dafür sind die Arbeiten von
Weir (1964). Sie veranschaulichen Entwicklungsprogressionen
als Übergang von Maximierungs- zu Optimierungssrrategien
bei nicht perfekt zu lösenden Wahrscheinlichkeitsaufgaben . So
zeigen Weirs Untersuchungen, daß höher entwickelte kognitive
Enrwicklungspsychologie der Lebensspanne
------------------- ------- .---
Prozesse (in diesem Falle die sogmannte Optimierungssrrategie) auch ihre Kosten haben, und zwar dann, wenn
die zu bearbeitende Aufgabe keine perfekte Lösung hat.
Speziell dann, wenn eine kognitive Aufgabe logisch nicht zu
lösen ist, werden bei jüngeren Kindern höhere Leistungen
verzeichnet als bei älteren Kindern und Erwachsenen. Denn
ältere Kinder und Erwachsene nehmen an, daß es eine logisch
perfekte Lösung gibt; nach einer solchen suchen sie und zeigen
deshalb ein für diese Aufgabe inadäquates Lösungsverhalten .
Ein weiteres Beispiel sind die Untersuchungen von Ross (1981)
zur Entwicklung von Entscheidungsheuristikeil. Ross konnte
zeigen, daß bei bestimmten Problemlösungsaufgaben später
entwickelte und "reifere" Heuristiken weniger effizient sein
können. Ein anderes Beispiel ist der Zweitsprachenerwerb .
Wenngleich noch Uneinigkeit darüber besteht, welche
Mechanismen diesem Gewinn /Verlust-Phänomen genau
zugrundeliegen, scheint doch die eine Tatsache akzeptiert zu
sein : die zunehmende Beherrschung der Muttersprache geht mit
der zunehmenden Schwierigkeit einher, eine zweite Sprache zu
erlernen (Davies, Criper & Howatt, 1984; Kellerman & Smith,
1986). Über ähnliche Phänomene sich wechselseitig
ausschließender beziehungsweise inkompatibler
Entwicklungsverläufe ist auch in Forschungen zum
Säuglingsalter berichtet worden (Rauh, 1987).
Die Gewinn/Verlust-Idee findet sich auch in Piagets
Theorie, die von vielen - wohl irrtümlich - als prototypische
Konzeption einer als Wachstum verstandenen Entwicklung
angesehen wird. Beispielsweise beschreibt Piaget (1969) in
seinen Untersuchungen zur altersbezogenen Entwicklung
visueller Täuschungen solche, die mit dem Alter abnehmen,
und andere, die mit dem Alter zunehmen. Die altersgebundene
Zunahme der optischen Täuschungen, die den Verlust an
visueller Genauigkeit bedeuten, führte Piaget auf den
Fortschritt in der kognitiven Entwicklungsstufe zurück. Ein
anderes Beispiel ist der von Piaget als "Repression"
bezeichnete Effekt, der sich begrifflich auf die Dynamik
zwischen Wahrnehmung und kognitiven Operationen bezieht
(vgl. Chapman, in Druck). Piaget hat bei sieben- bis achtjährigen Kindern festgestellt, daß ihre realitätsangemessene
Wahrnehmung dann gehemmt war, wenn sich ihre (in diesem
Fall nicht realitätsangemessenen) konzeptuellen Schemata
weiterentwickelten. Kraft dieses Fortschritts wurde die
Wahrnehmung von der Kognition unterdrückt. In diesem Fall
war also der Verlust des realitätsangemessenen perzeptuellen
Urteils der Preis für die kognitive Entwicklung.
Die Idee, daß jeglicher kognitiver Entwicklungsfortschritt
positive wie negative Veränderungen in
..
---------. -.-----
11
-.-----
der adaptiven Kapazität mit sich bringt, eröffnet ein
fruchtbares Forschungsfeld. Um es zu bearbeiten, scheinen
größere Anstrengungen lohnend zu sein . Auf lange Sicht sollte
hier auch die Frage erörtert werden, ob und wie sich die
psychologische Konzeption zur adaptiven Kapazität mit den
evolutionsbiologischen Konzepten der adaptiven Fitness und
lokalen Adaptation verbinden läßt. In dieser Diskussion könnte
auch der Standpunkt weiter begründet werden, daß die
Ontogenese - ähnlich wie es die Arbeiten von Gould und
Lewontin für die Evolution belegen (Lerner, 1984) grundsätzlich
keine
generelle
Zunahme
der
Adaptationsfähigkeit mit sich bringt. In dem Maße, in dem
spezifische Denk- und Verhaltensformen im Verlauf der
Ontogenese fü r die Aktivierung und das Wachstum selektiv
wirken, steigt die Wahrscheinlichkeit, daß gleichzeitig andere
adaptive Kapazi täten geringer werden. Ob sich die auf das
Kapazitätsspektrum bezogenen Veränderungen langfris tig
auswirken, dürfte von den Anforderungen abhängen, die sich
das Individuum im weiteren Lebensverlauf selbst stellt und die
es in der Umwelt antrifft. Hier gibt es also möglicherweise
eine Parallele zwischen evolutionsbiologischen und enrwicklungspsychologischen Prozessen der Selektion und Adaptation,
die bisher nur unzureichend erkannt und ausgearbeitet wurde
(vgl. Labouvie-Vief, 1981).
Plastizität der Entwicklung
Ein weiterer Leitsatz der Lebensspannen-Perspektive (vgl.
Tabelle 1) betrifft die Plastizität lebenslanger Entwicklung.
Plastizität bezieht sich dabei auf die intraindividuelle
Variabilität und bezeichnet das Potential, das Individuen zu
verschiedenen Verhaltensformen und Entwicklungsverläufen
befähigt (Brandtstädter, 1984; Gollin, 1981; Lerner, 1984).
Würde sich dasselbe Individuum unter anderen Bedingungen
anders
entwickeln?
Selbstverständlich
sind
Entwicklungspsychologen schon seit langem dieser
spannenden Frage zur Plastizität der Entwicklung
nachgegangen. Ein vergleichbar hoher Stellenwert wird ihr
auch in neueren entwicklungsbiologischen (z. B.Corman,
1985) und entwicklungssoziologischen (Featherman & Lerner,
1985) Arbeiten zugemessen.
Für die Lebensspannen-Perspektive wurde der
Plastizitätsgedanke zentral, als zunehmend argumentiert
wurde, daß das grundlegende kognitive Potential älterer
Menschen im Vergleich zu jüngeren Altersgruppen
wahrscheinlich stärker unausgeschöpft sei. Ursprünglich war
die Idee der Entwicklungsplastizität an die Frage geknüpft, ob
sich das intellektuelle Altern einfach durch unaufhaltsame
(irre-
12
Paul B . Balres
versible) Abbauprozesse kennzeichnen läßt (Baltes & Schaie,
1976; Horn & Donaidson, 1976). Für diese Fragestellung boten
Interventionsstudien einen passenden methodischen Zugang.
Seit den frühen siebziger Jahren ist eine Reihe von
Forschungsprojekten der Frage gewidmet, inwieweit sich
beobachtete Altersverluste in fluider Intelligenz auf der
intraindividuellen Ebene als Plastizität simulieren lassen, wenn
man Übung als Performanzfaktor einführt. Zum Beispiel
wurden ältere Personen in der Lösung von Aufgaben zur
fluiden Intelligenz trainiert (Baltes, 1984; Baltes & Kliegl,
1986; Baltes & Lindenberger, 1988; Willis, 1985). Dabei
wurde angenommen, daß ältere Personen im Normalfall zwar
über eine geringe Testerfahrung verfügen, aber die
Kapazitätsreserve (d. h. die latente Kompetenz) besitzen, um
ihr Leistungsniveau auf das jüngerer Erwachsener anzuheben.
Solche mit älteren Erwachsenen durchgeführten
Trainingssrudien lieferten den Nachweis, daß auch im Alter ein
beträchtliches Maß an Kapazitätsreserve , an Plastizität,
vorhanden ist. Nach einem relativ kurzen kognitiven
Trainingsprogramm hatten viele ältere Personen (im Alter
zwischen 60 und 80 Jahren) ein Leistungsniveau erreicht, das
mit dem vieler junger, untrainierter Erwachsener vergleichbar
war. Diese Ergebnisse wurden auch für andere Kognitionsbereiche immer wieder repliziert (z. B. Den ney, 1984;
Knopf, in Druck; Labouvie-Vief, 1985). Mittlerweile ist die
empirische St ützung des Plastizitätsbefundes von bis dato
querschnittlichen auch auf longitudinale Vergleiche erweitert
worden (Schaie & Willis, 1986).
Diese Studien illustrieren die in der LebensspannenForschung wachsende Überzeugung, daß es eine beträchtliche
Entwicklungsplastizität gibt. Deshalb werden Erkenntnisse
hinsichtlich
der
intraindividuellen
Plastizität
von
Intelligenzleistungen heute für ebenso bedeutsam gehalten wie
Erkenntnisse
hinsichtlich
des
durchschnittlichen
altersabhängigen Entwicklungsverlaufs. Will man zu einem
umfassenden Verständnis eines gegebenen Entwicklungsprozesses, etwa der intellektuellen Entwicklung, kommen, so muß
man sich der Analyse der Bedingungen zuwenden, die den
interindividuellen Unterschieden im Entwicklungsverlauf
zugrundeliegen, und gleichzeitig das Potential aufzeigen, das
der einzelne für alternative Entwicklungsverläufe besitzt.
Daraus folgt, daß jeglicher beobachtete Altersverlauf der
Intelligenz nur einen von vielen möglichen Entwicklungsverläufen abbildet (Brandstädter , 1984; Lerner, 1984). Es
ist deshalb zu einem Hauptanliegen der Life-span-Forschung
geworden, die intraindividuelle Variationsbreite und die
Leistungsgrenzen des einzelnen zu bestimmen. Plastizität ist
natürlich nicht
grenzenlos. Wie Brandtstädter (19!:l7) gezeigt hat, unterliegt
unser Wissensstand über das Ausmaß von Plastizität sowohl
praktischen als auch logischen Beschränku ngen.
Neuere Arbeiten zur Plastizität lebenslanger intellektueller
Entwicklung haben den Blickwinkel erweitert, unter dem
kognitive Trainingsstudien bis her gesehen wurden. Der
Schwerpunkt hat sich vom Plastizitätsnachweis als solchem auf
eine Strategie verlagert, die die Grenzen der
Entwicklungsplastizität aufzuzeigen versucht (Kliegl & Baltes,
19!:l7). Diese Strategie ist dem in der Kinderpsychologie
verwendeten Paradigma der "Zone der proximalen
Entwicklung" verwandt (Ferrara, Brown & Campione, 1986).
Die Lebensspannen-Forschung zur Entwicklungsplastizität
konzentriert sich daher nicht nur auf den Normalbereich des
intellektuellen Verhaltens. Die Untersuchung von Verhaltensund
Leistungsgrenzen
ist
zu
einem
neuen
Forschungsparadigma geworden (Kliegl & Baltes, 1987). Die
Forschungsstrategie, die zur Untersuchung der verschiedenen
Aspekte von Plastizität und ihrer Grenzbedingungen herangezogen wurde, wird als Testing-the-Limits bzw. Austesten der
Leistungsgrenzen bezeichnet (M. Baltes & Kindermann, 1985;
Guthke, 1982; Schmidt, 1971; Wiedl, 1984). Testing-theLimits ist jedoch nicht eine einzige, homogene Strategie,
sondern bedeutet ein Bündel von Strategien. Hierzu zählen die
Anwendung von (a) verschiedenen Strategien der Kapazitätserfassung, (b) Interventionsmethoden zur Identifikation
latenter Kapazitätsreserven und (c) Strategien zur
Spezifizierung der Mechanismen, die dem Wachstum und
Abbau zugrundeliegen .
Unsere Forschung über die alterskorrelierten Grenzen
intellektueller Leistungen bietet ein Beispiel für die
Verwendung eines Testing-the-LimitsAnsatzes (Kliegl &
Baltes, 1987). Dabei unterscheiden wir drei Aspekte von
Plastizität: (a) Ausgangsleistung , (b) AusgangsKapazitätsreserve und (c) Entwicklungs-Kapazitätsreserve. Die
Ausgangs/eistung kennzeichnet den anfänglichen Leistungsstand, den eine Person ohne Intervention und spezielles
Training in einer bestimmten Aufgabe erzielt. Die AusgangsKapazitätsreserve bezeichnet die obere Grenze des
Leistungspotentials einer Person, die dann sichtbar wird, wenn
aufgrund bestimmter Be dingungen alle verfügbaren
Ressourcen zur Leistungsoptimierung aktiviert werden. Die
Ausgangs-Kapazitätsresetve wird an hand von Tests zut
"maximalen" Leistung erhoben. Von Entwick/ungsKapazztiitsreserve schließlich sptechen wir, wenn sich die
Ausgangs-Kapazitätsreserve einer Person durch geeignete
Interventionen (oder durch Entwicklung) erhöht:n läßt.
Emwicklungspsycho[ogie der Lehens5p,lllnC
Die Unterscheidung dieser drei Plastizitätsaspekte erlaubt
es, sowohl die Plastizität als auch deren Grenzen zu
untersuchen (Keil, 1981). Die Suche nach derartigen Grenzen
ist dem vergleichbar, was Verhaltensgenetiker als
Reaktionsnorm bezeichn<:t haben (siehe Lerner, 1984).
Konzepte wie das der Leistungsgrenzen oder der
Reaktionsnorm beziehen sich auf die biologische und soziokulturelle Spannbreite , in deren Rahmen sich
Verhaltensweisen herausbilden und entwickeln. Auf lange
Sicht zielt daher die Bestimmung der maximalen
Kapazitätsreserve darauf ab, zu den biologischen und soziokulturellen Grenzen von Enrwicklungsplastizirät vorzustoßen.
Man mu ß sich allerdings vor Augen halten, daß der maximale
Leisrungsbereich und das maxi male Leistungsniveau ihrem
Wesen nach unbestimmbar sind und daß ihre Bestimmung
allenfalls annähernd möglich ist. So scheint es prinzipiell
immer möglich zu sein, daß neue Bedingungen oder Mittel
entdeckt werden, die bisher nicht beobachtete intellektuelle
Leistungsniveaus und -formen erreichbar werden lassen.
Gcdächtnisrescn'cn und
Tcsling-Ihc-Limits
40
.Jün~l·fl'
En\ al'h~l'n ('
.1 5
.
I
1
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.- =
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"<:
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Er "i1r h "il'ne
-'
• . .• . . "
-
1
I
I
.\
Abbddung 3 Expertise in der Methode der Orte:
Mittelwerte und Reichweite beim Erinnern von 40 Wörtern in zwei
Unrersuchungsgruppen, die sich aus jüngeren und älteren Erwachsenen
zusammensetzen.
Im Forschungsparadigma des Testing-the-Limits wird
davon ausgegangen, daß entwicklungsbedingte Unterschiede
um so stärker hervortreten und sich vielleicht sogar als
irreversibel (Wohlwill , 1973) herausstellen, je näher man an
die absoluten Leistungsgrenzen herankommt . Umgekehrt
können altersbezogene Entwicklungsunterschiede sehr leicht
verdeckt bleiben oder modifiziert werden, wenn sie nur im
"normalen" Leistungsbereich untersucht werden. Abbildung 3
illustriert, wie die Strategie des T estingthe-Limits verwendet
werden kann, um die Bandbreite und Grenzen von
Entwicklungsplastizität im Erwachsenenalter zu erforschen.
I
Die in Abbildung 3 dargestellten Daten stammen von
verschiedenen 1\llersgruppen, die an ausgedehnten,
längsschnittlich
angelegten
Interventionsstudien
zum
Gedächtnisbereich teilgenommen haben. In diesen Studien
wurde ein im Labor durchgeführtes Trainingsprogramm
eingesetzt, das die Höchstleistung beim Gebrauch einer
mnemonischen Technik gezielt und kontrolliert herstellt. Im
einzt:!nen nahmen die Untersuchungspersonen an 20--30
Sitzungen teil, in deren Verlauf sie mit Hilfe der Methode der
ürte Höchstleistungen im Behalten von Zahlen und Wörtern
erzielten (Kliegl, Smith & Baltes, 1986; Kliegl, Smith &
Baltes, in Druck). Die Ergebnisse dieser Studien demonstrieren
erwartungsgemäß die Doppelnatur der empirischen Befunde,
die besonders beim Austesten von Leistungsgrenzen sichtbar
werden sollte. Einerseits zeigte sich auch für die höheren
Altersgruppen ein beträchtliches Maß an Plastizität. Alle
Altersgruppen wiesen eine substantielle Kapazitätsreserve auf,
die den einzelnen Probanden dazu befähigte, sehr lange
Zahlen- und Wortreihen zu erinnern. Andererseits waren deutliche Altersunterschiede vorhanden, die sich auf die Grenzen
der Kapazitätsreserve beziehen und diese kenntlich machen.
Testet
man
Untersuchungspersonen
unter
immer
anspruchsvolleren Bedingungen, die zum Beispiel durch
längere Trainingsprogramme und schnellere Präsentationsraten
zu erzeugen sind, so vergrößern sich die Altersunterschiede im
Sinne eines Schereneffektes . In der genannten Studie waren
die Altersunterschiede so stark vergrößert, daß sich die
Leisrungsverteilungen der in ihren IQWerten vergleichbaren
jungen und älteren Untersuchungspersonen am Ende des
Testing-the-LimitsVerfahrens kaum mehr überlappten.
Mit diesen Studien zu den Grenzen der Entwicklung hat
die Erforschung der Plastizität eine neue Dimension
bekommen.
Dabei
hat
sich
das
ursprüngliche
Forschungsinteresse, das auf den Nachweis der
Entwicklungsplastizität gerichtet war, auf den Fokus verlagert,
sowohl das Entwicklungspotential (die Kapazitätsreserve ) als
auch seine Beschränkungen aufzuzeigen.
Die Strategie des Testing-the-Limits hat einen breiten
Bereich möglicher Anwendungen. Sie ist nicht nur für
Untersuchungen zur intellektuellen Entwicklung relevant,
sondern auch für andere Forschungsgebiete, wie zum Beispiel
das der Verhaltensund Entwicklungsgenetik. So könnte man
argumentieren, daß sich die genetische Regulierung der interindividuellen Unterschiede am besten an den Leistungsgrenzen
untersuchen ließe. Ein weiteres Beispiel wäre das Aufspüren
entwicklungsbedingter Funktionsstörungen. Ebenso wie die in
der Medizin und Biologie eingesetzten Streßtests (M. Baltes &
;- "
14
Paul B . Baltes
Kindermann, 1985; Coper, Jänicke & Schulze, 1986; Guthke,
1982; Wiedl, 1984) eignen sich möglicherweise T esting -theLimits- Verfahren dazu, beginnende Funktionsstörungen (wie
z. B. Depression, Alzheimersche Krankheit oder
Leseschwierigkeiten ) nicht nur leichter aufzudecken, sondern
auch das verbleibende Entwicklungspotential präziser zu
erfassen.
Entwicklung ist durch eine Vielzahl von
Einflußsystemen bestimmt
Die fünfte und sechste Annahme der Lebensspannen Perspektive (historische Ein bindung, Kontextualismus)
erweitern das Spektrum der Einflußgrößen, die bei der
erklärenden
Analyse
von
Entwicklungsprozessen
berücksichtigt werden. Es hat sich eine neue, erweiterte
Taxonomie von Einflußsystemen herausgebildet, die über das
hinausgeht, was in der bisherigen Forschung zur
psychologischen Ontogenese als Erklärungssystem erkannt
war.
Ontogenese und Kontextualismus
Die These zur historischen Einbindung von Entwicklung
bezieht sich auf das Verhältnis zwischen individueller und
kultureller Entwicklung (Baltes, 1983; Dannefer, 1984;
Featherman & Lerner, 1985; Nesselroade & von Eye, 1985;
Riegel, 1976). Individuelle Entwicklungsprozesse werden
sowohl durch ontogenetische Prinzipien als auch durch
Faktoren bestimmt, die mit den gleichzeitig ablaufenden biokulturellen Veränderungsprozessen verknüpft sind. Ontogenese
und bio-kultureller Wandel bilden daher die beiden
Hauptantriebe für Entwicklung. Ebenso wie sich Individuen
entwickeln, verändert sich auch die Gesellschaft, in die
individuelle Entwicklungen eingebettet sind (Riegel, 1976).
Ihren theoretischen Stellenwert als Einflußgröße auf die
individuelle Entwicklung erhielt die sich verändernde Kulrur
anfänglich vor allem im Zusammenhang mit der Life-spanForschung über Kohorrenunterschiede (Bahes, 1968; Schaie,
1965). Später, als Konzepte zur Dialektik und zum
Kontextualismus (Lerner, 1984; Lerner & Kauffman, 1985,
1986; Riegel, 1976) an entwicklungstheoretischer Bedeutung
gewannen, wurde die Rolle des gesells chaftlichen Wandels als
Entwicklungseinfluß zunehmend stärker berücksichtigt. In
Untersuchungen zu Kohorteneffekten wird die altersbezogene
Entwicklung mehrerer Geburtenjahrgänge verglichen. Die
dabei angewendeten Untersuchungsdesigns sind die Querschnitts - und die Längschnitt5sequenz.
In der Lebensspannen-Forschung wurden seque-ntielle
Methoden vielfach angewendet (siehe Baltes, Cornelius &
Nesselroade, 1979; und Nesselroade & von Eye, 1985). Die
empirischen Untersuchungen bezogen sich zunächst auf das
mittlere und höhere Erwachsenenalter und wurden in der Folge
auch auf frühere Abschnitte der Lebensspanne ausgedehnt.
Schaie (1979, 1983) konnte beispielsweise für die
Intelligenzenrwicklung
im
mittleren
und
höheren
Erwachsenenalter zeigen, daß sich ein Großteil der Varianz in
querschnittlich erfaßten Altersunterschieden vor allem durch
historische Faktoren und weniger durch das chronologische
Alter aufklären läßt. Was das Jugendalter angeht, konnten
Nesselroade und Baltes (1974) nachweisen, daß die Art und
Richtung der Persönlichkeitsentwicklung amerikaniseher
Jugendlicher ebenso stark vom historischen Kontext (in diesem
Fall dem Vietnamkrieg) wie von altersabhängigen Fakroren
geprägt war. Ebenso überzeugend belegen die Studien von
EIder (1974), die sich auf den Entwicklungsverlauf von
Kindern und Jugendlichen aus der Zeit der Rezession (Great
Depression)
beziehen,
daß
dieser
hisrorische
Entwicklungskontext die spätere Persönlichkeitsentwicklung
im Erwachsenenalrer beeinflußt. Hinsichtlich der frühen Kindheit schließlich hat zum Beispiel Porges (1976) nachdrücklich
dargelegt, daß ein Großteil der Debatte um die
Kondirionierbarkeit von Neugeborenen auf den historischen
Wandel in der prä- und postnatalen Kinderpflege
zurückzuführen ist.
Der mögliche Einfluß von historisch bedingten
Kohortenunterschieden wurde für eine Vielzahl anderer
Entwicklungsbereiche untersucht. Drei weitere Beispiele seien
stellvertretend dafür genannt. Das erste bezieht sich auf die
historischen Veränderungen in der Struktur und Funktion von
Familiensystemen einschließlich der sich verändernden
Charakteristika der Vaterschaft (Parke & Tinsley, 1984). Das
zweite Beispiel erfaßr die historischen Veränderungen von
Lebensverläufen erwachsener Frauen (Lehr, 1987) und des
Konzepts "Mutterliebe" (Schütze, 1986). Das dritte bezieht
sich auf die Rolle von kultur-historischen Veränderungen im
Verhalten Jugendlicher und deren Übergang in das
Erwachsenenalter (Fend, 1987; Petersen, 1988; Silbereisen,
1986; Silbereis en, Boehnke & Rejkowski, 1986).
Für die Life-span-Forschung war die von Schaie über 28
Jahre hinweg durchgefühne Kohortensequenz-Studie zur
Erwachsenenintelligenz besonders bedeutsam. Denn die
Ergebnisse Schaies (1979, 1983) zeigen insgesamt, daß die
intellektuelle Entwicklung in den historischen Kontext
eingebettet ist. Dementsprechend verändert sich die Intelligenz
nicht nur mit dem Alter, sondern auch mit dem
Enlwirklungspsychol"gic der Lebensspanne
----------- --------------------------------------------------------------- .--------
historischen Kontext, in dem die Intelligenzentwicklung
stattfindet. Betrachten wir zum Beispiel die heute 50- oder
60jährigen in den USA . Hierzu konnte Schaie (1983) zeigen,
daß die Kohortenumerschiede zwischen diesen beiden
Altersgruppen genauso groß sein können wie die
längsschnittlich über diese Altersspanne erhobenen
intraindividuellen Altersveränderu ngen. Ferner konnte Schaie
(1 <;83) nachweisen, daß auch die Richtungen von
Kohortenveränderungen keinesfalls homogen sind. In der von
Schaie untersuchten historischen Zeitspanne (1956-1977)
zeichnete sich für fünf Intelligenzfaktoren (nach Thurstone) die
Tendenz ab, daß drei der fünf Intelligenzfaktoren eine positive
historische Entwicklung aufwiesen, eine Fähigkeit im
Kohortenvergleich invariam blieb und der fünfte
Intelligenzfaktor
im
historischen
Verlauf
abnahm.
Veränderungen der Intelligenz sind also nicht nur im Hinblick
auf das chronologische Alter, sondern auch in bezug auf die
historische Zeit multidirektional.
Kohorteneffekte von dem Ausmaß, wie sie in
Umersuchungen zur Erwachsenenintelligenz berichtet werden,
sind für die psychologische Forschung ein neues Phänomen.
Dementsprechend überrascht es nicht, daß die klassischen
psychologischen Theorien bisher nur wenig für die
Interpretation dieser Kohorteneffekte anzubieten haben (vgl.
allerdings Dannder, 1984; Featherman & Lerner, 1985; Mayer,
1986; Riley, 1985; Rudinger, 1987). In dieser Hinsicht könnte
sich herausstellen, daß andere Wissenschaftszweige , wie die
Kulturanthropologie, die Sozial- und die Medizingeschichte ,
von größerer Bedeutung sind. Im Zusammenhang mit den in
der lebenslangen Intelligenzentwicklung festgestellten
Kohorteneffekten scheinen drei Einflußfaktoren zentral zu
sein : Ausbildung, Gesundheit und Arbeit. So weisen zum
Beispiel spätere Generationen ein höhere~ Bildungsniveau auf
als frühere Generationen. Die Annahme liegt auch nahe, daß
die Arbeitswelt der üj ngeren Generationen durchschnittlich
mehr geistige als körperliche Arbeit erfordert . Historisch gesehen hat sich auch die Gesundheitsversorgung verändert. Dies
gilt beispielsweise für die verbesserte Behandlung von
Bluthochdruck, der als eine der Ursachen für die verringerten
intellektuellen Leistungen im Alter in Frage kommt . Diese
Beispiele zeigen, daß viele Aspekte des täglichen Lebens
einem soziokulturellen Wandel unterliegen, der auf das
kollektiv und individuell erreichte Leistungsniveau einwirkt.
Gegenwärtig sind jedoch die Ursachen der Kohortendifferenzen , die bei der Untersuchung intellektueller
Alternsprozesse beobachtet wurden, noch unzureichend
geklärt.
Zusammenfassend läßt sich sagen, daß die Ergebnisse aus
Kohortensequenz-Studien zur Intelligenz-
1
')
entwicklung im Erwachsenenalter auf eine - in Niveau und
Verlauf - beträchtliche Variabilität des intellektuellen Alterns
schließen lassen _ Naturgemäß können jedoch die aus
sequentiellen Studien berichteten Ergebnisse nicht auf andere
Kulturen und historische Zeitabschnitte verallgemeinen
werden_ Diese eingeengte Generalisation bildet jedoch
gleichzeitig das Herzstück der Argumentation:
Niveau und Verlauf des intellektuellen Alterns können in
Abhängigkeit von den vorherrschenden kulturellen
Bedingungen stark variieren. Aus einer einzelnen, kohortenspezifischen
Untersuchung
können
deshalb
keine
allgemeingültigen Aussagen über das Wesen des
intellektuellen Alterns gezogen werden.
Sind nun Kohonenunterschiede und bio-kultureller Wandel
immer von zentraler Bedeutung, wenn es um die Untersuchung
der psychologischen Entwicklung geht? Das ist mit großer
Wahrscheinlichkeit nicht der Fall. Kohonenunterschiede sind
wahrscheinlich vor allem für solche Enrwicklungsprozesse von
Bedeutung, die sich im Ablauf der genetischen und kulturellen
Evolution noch nicht hinreichend stabilisiert haben. Wenn man
davon ausgeht, daß die bio-kulturelle Stabilisierung besonders
in hochentwickelten Industrieländern erreicht wurde und
schwerpunktmäßig die kognitive Entwicklung während der
Kindheit einschließt, dann ist es nicht überraschend, daß die für
frühe Lebensabschnitte beobachteten Kohorrenunrerschiede in
der kognitiven Leistungsfähigkeit relativ gering sind und sich
hauptsächlich in der Enrwicklungsrate zeigen. Das Erwachsenenalter und hohe Alter sind dagegen bisher weniger
kulturell
festgeschrieben.
Daher
sind
in
diesen
Lebensabschnitten eher Kohonendifferenzen zu erwarten.
Diese Schlußfolgerung mu ß aber nicht auf andere
Verhaltensbereiche zutreffen, in denen es weiterhin
beträchtliche Veränderungen in der Ökologie gibt. Man denke
nur an historische Veränderungen in Fragen der Wertwelt , des
Lebensstils oder des Drogenverhaltens von Jugendlichen
(Fend, 1987; Silbereisen , 1986; Silbereisen et al., 1986).
Kohortendifferenzen kann also eine sehr unterschiedliche
empirische und theoretische Bedeutung zukommen. Um
solchen unterschiedlichen Perspektiven gerecht zu werden,
haben Baltes, Cornelius und Nesselroade (1979) mehrere
Möglichkeiten
aufgezeigt,
wie
man
in
der
Enrwicklungspsychologie
mit
Kohonenunrerschieden
interpretativ verfahren kann (z. B. als Fehler, als historische
Verzerrung, als quantitative Variation in Häufigkeit und Rate
oder als dialektischer Prozeß). Ausgehend von dieser theoretischen Analyse der Kohoneneffekte ist es üf r den Forscher
ratsam, sorgfältig den logischen Stellenwert des
Kohortenkonzepts zu prüfen und zu bestimmen. Denn diese
theoretischen Vorarbeiten beeinflussen
Paul B. Baltes
16
------------.-------.-------.---------.----------------------------------------
sowohl das Erhebungsdesign als auch die Datenanalyse und die
Interpretation von Kohortenunterschieden.
Neben der Erkenntnis, daß menschliche Entwicklung in
einen historischen Kontext eingebettet ist und in dieser Weise
verstanden werden mu ß, haben Life-span-Forscher zunehmend
auf die Bedeutung weiterer kontextueller Einflüsse
hingewiesen. Geschichtlich betrachtet, entzündete sich die
Diskussion um weitere kontextuelle Einflüsse am Konzept der
kritischen Lebensereignisse (Bandura, 1982; Brim & Ryff,
1980; Dohrenwend & Dohrenwend, 1974; Filipp, 1981). Vor
allem für das Erwachsenenalter wurde die alleinige
Abhängigkeit der Entwicklung von alrersbedingten
Sozialisationsfaktoren in Frage gestellt. Demgegenüber sprach
man den signifikanten Lebensereignissen im Erwachsenenalter
, die in ihrer Art und Abfolge vorwiegend als idiosynkratisch
zu beurteilen sind, eine wichtige Rolle als Regulatoren von
Veränderungen zu.
Aus der Erkenntnis historisch bedingter Kohartenfaktoren
und der Rolle anderer kontextueller Faktoren folgte eine
intensive Beschäftigung mit metatheoretischen Fragen. Die
GeburtSstunde des Konterxtualismus wurde entscheidend von
Life-spanForschern mitgeprägt . In der Nachfolge von Riegel
(197 3, 1(76) und einem gleichzeitig anwachsenden Interesse
an marxistischem und hegelianischem Ge dankengut (Datan &
Reese, 1977) wurde Entwicklung zunehmend unter einem
dialektischen und kontextuellen Blickwinkel betrachtet (Dixon,
1986; Featherman & Lerner, 1985; Lerner & Kauffman, 1985).
Die damit verbundene metatheoretische Argumentation geht in
ihrer radikalsten Ausprägung (Gergen , 1980) so weit, daß sie
die Möglichkeit einer universalen Ontogenese prinzipiell in
Frage stellt. So argumentiert Gergen, daß die psychologische
Ontogenese für jeden Geburtenjahrgang und jedes kulturelle
Umfeld neu entstehe.
Inzwischen hat diese radikale Sichtweise gemäßigten und
auch differenzierteren Positionen Platz gemacht (Brandstädter,
1987; Dannefer, 1984; Featherman & Lerner, 1985; Lerner &
Kauffman, 1985). Es sollte hier jedoch festgehalten werden,
daß das metatheoretische Argument des Kontextualismus - so
wie es aus der Lebensspannen-Perspeklive hervorgegangen ist nicht einfach mit dem ökologischen Ansatz gleichzusetzen ist,
der in anderen Bereichen der Entwicklungspsychologie offenkundig wird. So kann man zwar sicher sagen, daß
beispielsweise Bronfenbrenner (1977) auf die Betrachtung des
Kontexts Wen legt, doch entspricht seine Konzeptualisierung
des Kontexts nicht in vollem Umfang den metatheoretischen
Prinzipien,
die
für
den
Life-span-Kontexruallsmus
charakteristisch
sind. Im Life-span-Kontextualismus wird zum Beispiel
Entwicklung im Rahmen eines, wie Lerner und Kauffmann
(1985) es nennen, dynamischen und probabilistischen
Interaktionismus hetrachtet. Die Verwendung gleicher Begriffe
(Kontext) bedeutet also keineswegs, daß auch die gleiche
Metatheorie dahintersteht ; dies wurde in der Diskussion
zwischen Kendler (1986) und Lerner und Kauffrnann (1985,
1986) sehr schön deutlich.
Eine Taxonomie von Entwick/ungseinflüssen
Die vorangegangene Erörterung der interindividuellen
Variabilität, der Kohortencffekte und anderer kontextueller
Entwicklungsfakt üren hat den Bedarf für eine neue
Konzeptualisierung von Entwicklungseinflüssen deutlich
werden
lassen.
Pluralität
und
Komplexität
von
Entwicklungsphänomenen sU(hen ihre Entsprechung in einer
gewissen Pluralität und Komplexität der Entwicklungsfaktoren.
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Abbzldung 4 Darstellung der drei wichtigsten Einflußsysteme
auf die lebenslange Entwicklung: alrersbezogene, kul
turwandel bezogene und nicht-normative. Das sich
entwickelnde Individuum reagiert auf und handelt innerhalb
diest:C Einflußsysteme (nach Balres, Cornelius & Nessclroade,
1979).
In der Absicht, die Vielzahl und Komplexität möglicher
Entwicklungseinflüsse
für
heuristische
Zwecke
zu
systematisieren, wurde ein Dreifaktorenmodell vorgeschlagen
(Bahes, Cornelius & Nesselroade, 1979; Baltes, Reese &
Lipsitt, 1980). Dieses in Abbildung 4 veranschaulichte Modell
enthält drei verschiedene Einflüsse, mit denen sich das Individuum im Laufe seiner Entwicklung auseinandersetzen muß
(das heißt, daß es sie verarbeiten, darauf reagieren und damit
umgehen mu ß): altersbedingte Einflüsse, geschichtlich
bedingte Einflüsse und nicht-normative Einflüsse. Diese drei
Einflußfaktoren sind während der gesamten Lebenszeit wirksam: ihre Wirkungen akkumulieren sich über die
Emwicklungspsychologie der Lebensspanne
Zeit hinweg und sind in ihrer dynamischen Wechselwirkung für die Ausgestaltung von Lebensverläufen
verantwortlich.
Altenbedingte EinflüSJe wurden traditionell von den
meisten Kinderpsychologen und Gerontologen als primärer
Entwicklungseinfluß bestimmt . Als altersbedingt bezeichnet
man solche biologischen und umwelt bezogenen
Determinanten, die (a) in engem Zusammenhang mit dem
chronologischen Alter stehen und deshalb in ihrer zeitlichen
Abfolge (Anfang, Dauer) gut vorhersagbar sind und (b) für
die meisten Individuen ähnliche Einflußrichtungen
aufweisen. Biologische Reifung und altersgestufte
Sozialisationsereignisse sind Beispiele für solche
altersbedingten Einflüsse.
Geschichtlich bedingte Einflüsse umfassen zwar auch
biologische und umweltbezogene Faktoren, doch sind sie in
Abhängigkeit von der historischen Zeit zu sehen (Eider,
1985; Mayer, 1986; McCluskey & Reese, 1984; Neugarten
& Datan, 1973; Riley, 1985). Sie stecken den weiteren
evolutionären und bio-kulturellen Kontext ab, in dem sich
Individuen entwickeln. Wahrscheinlich kann man von zwei
Arten historisch bedingter Einflüsse ausgehen: solchen, die
längerfristige Entwicklungen repräsentieren (zum Beispiel
in Richtung auf die Moderne) und anderen, die eher
periodenspezifisch sind (zum Beispiel Kriege).
Nzcht-normative Einflüsse setzen sich ebenfalls aus
biologischen und umweltbezogenen Faktoren zu sammen
(Bandura, 1982; Callahan & McCluskey, 1983; Filipp,
1981). Für diese Einflüsse ist jedoch besonders
charakteristisch, daß sich die spezifischen Kennzeichen
ihres Auftretens, ihres Auftretensmusters sowie ihrer
Abfolge kaum auf viele Individuen anwenden lassen. Nichtnormative Einflüsse folgen keinem generellen und
vorhersagbaren Verlauf und sind - was die ontogenetischen
und historischen Zeitaspekte in der Entwicklung anbelangt nur lose auf diese zu beziehen.
Dieses Dreifaktorenmodell könnte in mehrfacher
Hinsicht leicht mißverstanden werden. Erstens könnte der
Eindruck entstehen, daß die Taxonomie der Einflußsysteme
eine Theorie von entwicklungspsychologischen Prozessen
und Wirkungsmechanismen darstellt. Dem ist nicht so. Im
Gegenteil, es ist eine für die künftige Forschung drängende
Frage, wie die Wirkungsweise und die Entwicklungspfade
der verschiedenen Einflußsysteme expliziert werden können
und, ferner, ob dies durch bereits bekannte
Entwicklungsmechanismen erreichbar ist. Zweitens könnte
der Eindruck entstehen, daß das Dreifaktorenmodell ein
statisches ist. Doch ist das Modell ganz im Gegenteil gerade
so angelegt, daß es die zeitliche Dynamik der
Entwicklungssysteme (die Systeme
]7
selbst sind nicht invariant) hervorhebt und der Tatsache
Rechnung
trägt,
daß
zu
einem
bestimmten
Entwicklungszeitpunkt die sich gemeinsam entwickelnden
Individuen (zum Beispiel Großeltern, Eltern und Kinder;
Tinsley & Parke, 1984) jeweils an unterschiedlichen
Abschnitten eines Gesamt systems an Entwicklungseinfl
üssen partizipieren. Drittens könnte der Eindruck entstehen,
daß das Modell sich eher auf die normative,
durchschnittliche Entwicklung als auf interindividuelle
Unterschiede in der Entwicklung bezieht. Es mu ß daher
betont werden, daß es innerhalb jedes der genannten
Einflußsysteme interindividuelle Unterschiede gibt. In einer
Debatte mit Dannefer (1984) haben Baltes und Nesselroade
(1984) zum Beispiel darauf hingewiesen , daß
makrostrukturelle
Stratifikationsprozesse
(im
Zusammenhang mit Geschlecht, sozialer Schicht, ethnischer
Zugehörigkeit usw.) verbunden sind mit klar abgrenz baren ,
individuellen Unterschieden in Beeinflussungsmustern , die
durch altersbedingte, geschichtlich bedingte und nichtnormative Faktoren gebildet werden.
Einige der beschriebenen Einflußgrößen , speziell die
altersbedingten, wirken allerdings stärker als andere in
Richtung auf eine interindividuclle Ähnlichkeit in den
Entwicklungsrichtungen. Die altersbedingten Einflußgrößen
bilden auch die Grundbestandteile jcner klassischen
ontogenetischen Theorien, die ihre Erklärungsansätze
vorwiegend an der physischen Reifung und der
altersbezogenen Sozialisation ausrichten. Die Beispiele
hierfür sind Piagets Theorie der kognitiven Entwicklung
oder Freuds Theorie der psychosexuellen Entwicklung. Geschichtlich bedingte Faktoren erhöhen die Variabilität der
menschlichen Entwicklung, da sich die historischen
Veränderungen des Entwicklungskontexts unterschiedlich
stark auf den Lebensverlauf auswirken. Die nichtnormativen Einflüsse schließlich bringen die Individualität
oder Idiosynkrasie menschlicher Entwicklung am
deutlichsten zum Vorschein.
Zusammenfassend läßr sich also sagen, daß Life spanForscher nach komplexen und pluralistischen Erklärungen
für die menschliche Entwicklung suchen. Innerhalb der
Argumentationskette, wonach die menschliche Entwicklung
höchst variabel verläuft und in einen geschichtlichen
Kontext eingebettet ist, stimmen die Life-spanWissenschaftler auch mit anderen Entwicklungspsychologen
in dem Argument überein, daß die einzelnen Lebensläufe
durch kontextuelle Faktoren und deren jeweils einzigartiger
Einflußkom bin at ion ausgestaltet werden. Allerdings haben
manche Life-span-Forscher (z. B. Dixon, 1986; Lerner &
Kauffman, 1985) nicht bloß den theoretischen Stellenwert
der kontextuellen Bedin gungen anerkannt. Sie sind darüber
hinausgegangen
18
Paul B. Baltes
und haben sich energisch dafür eingesetzt, daß zumindest
eine Version des Kontextualismus-Paradigmas als zentraler
metatheoretischer Zugang zu bestimmen sei, an dem sich
die adäquate Untersuchung der menschlichen Entwicklung
ausrichten könnte. Es ist Bestandteil des Kontextualismus,
daß Entwicklung immer probabilistisch zu verstehen ist.
Multidisziplinäre
En twickl ungskonzeptionen
Die Vielzahl der Einflüsse, die auf die Genese, Richtung
und Variabilität lebenslanger Entwicklung einwirken, macht
verständlich, daß die Life-span-Wissenschaftler jeden
einzeldisziplinären Erklärungsansatz für unvollständig
halten. Die Ursprünge und Mechanismen altersbedingter,
geschichtlich bedingter und nicht-normativer Einflüsse sind
im Rahmen einer einzigen wissenschaftlichen Disziplin, wie
etwa der Psychologie, nicht zu erfassen. Geschichtlich bedingte Einflüsse zum Beispiel sind in psychologische
Konzepte und Methodologien nur schwer einzu beziehen.
Eine detaillierte Darstellung der Konzeption, aus der die
multidisziplinären Verbindungen bei der Erforschung
lebenslanger Entwicklung hervorgehen (vg 1. Featherman,
1983; Hetherington et al., 1988), wü rde weit über den
Rahmen dieses Beitrags hinausgehen. Es sollen jedoch einige
Gründe kurz erläutert werden, die den hohen Stellenwert
eines multidisziplinären Zugangs verständlich machen.
Erstens trägt eine multidisziplinäre Perspektive zur
Aufdeckung der Lücken jeder einzeldisziplinären
Entwicklungs- . theorie bei. Psychologen zum Beispiel
untersuchen Berufsinteressen und Karriereverläufe als
personenzentrierte Phänomene; für dieselben U ntersuchungsgegenstände betonen dagegen Soziologen und Wirtschaftswissenschaftler den Einfluß der sozialen Stratifikation
und die Bedingungen des Arbeitsmarkts. In ähnlicher Weise
untersuchen Psychologen Eltern Kind-Beziehungen im
Rahmen einer eher universalistis ch anmutenden
Sozialisationsperspektive , wäh rend Soziologen bei der
Definition von Familienstruktur und -funktion die Rolle des
historischen Wandels einschließlich seiner Auswirkungen auf
die Haushaltsstruktur und das erzieherische Verhalten un
terstreichen.
Zum zweiten bedeutet die in der Life -span-Perspektive
multidisziplinär angelegte Forschung jedoch mehr als nur
die Feststellung der Unvollkommenheit der eigenen
Disziplin und der Stärken anderer Disziplinen. Die
Forderung nach einer multidisziplinären Forschung eröffnet
vielmehr auch die Möglichkeit, die multidisziplinäre
Integration des Wissens voran-
zutreiben und sie der separatistischen Differenzie rung des
disziplinspezifischen Wissens gegenüberzustellen. Die
Lebensspannen-Forschung bietet in diesem Sinne ein
besonders geeignetes Forum für disziplinübergreifende ,
integrative und differenzierende Anstrengungen. Das von
einem Komitee des U. S. Social Science Research Council
herausgegebene Buch über multidisziplinäre Perspektiven
der Lebenslaufforschung enthält hierzu eine Reihe von
fruchtbaren Beiträgen und Anregungen für neue disziplinübergreifende Forschungsprogramme (Sc,tlfensen, Weinert
& Sherrod, 1986). In ähnlicher Weise zeigt Petersen (1988;
siehe auch Silbereisen, 1986 und Silbereisen et al. , 1986) in
dem ersten Annual Review Sammelreferat über das
Jugendalter, wie eine Lebensspannen-Perspektive die
psychologische Jugendforschung zu neuen interdisziplinären
Sichtweisen drängt.
Summary
Life -span developmental psychology involves the srudy of
constancy and change in behavior throughout the life course.
One aspect of life-span work has been the advancement of a
more general, metatheoretical view on the nature of
development. The family of theoretical perspectives
associated with this metatheoretical view of life -span
developmental psychology includes the recognition of
multidirectionality in ontogenetic change; consideration of
both ageconnected and disconnected developmental factors;
a focus on the dynamic and continuous interplay between
growth (gain) and decline (Ioss); emphasis on historical
embeddedness and other structural conrextual factors; and
the study of the range of plasticity in development.
Application of the family of perspectives associated with
life-span developmental psychology is illustrated for the
domain of intellectual development. Two recently emerging
perspectives of the family of beliefs are given particular
attention. The first proposition is methodological and
suggests that plasticity can best be studied by a research
strategy called testing-the-limits. The second proposition is
theoretical and proffers that any developmental change
inlcudes the joint occurrence of gain (growth) and loss
(decline) in adaptive capacity .
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9
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