pdf - bei Tropica Verde

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Nachhaltiger Tourismus in
Schwellen- und Entwicklungsländern –
Auswirkungen auf Natur und Umwelt
Unterrichtseinheit für Berufsschulen der
Reiseverkehrsbranche
Monika Anton
Rainer Schliep
Monika Horn
Impressum
Herausgeber:
Autoren:
Endredaktion:
Gestaltung:
Tropica Verde e.V.
Monika Anton, Rainer Schliep, Monika Horn
Monika Anton
Sandra Trinkaus
 Copyright: Tropica Verde e.V. Frankfurt am Main, 2004
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise nur mit Genehmigung der
Herausgeber und unter Nennung von Tropica Verde e.V.
Die Entwicklung und Erstellung der Unterrichtseinheit wurden vom Bundesamt für
Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit gefördert.
Empfohlenes Zitat:
ANTON, M., SCHLIEP, R., HORN, M. (2004): Nachhaltiger Tourismus in Schwellenund Entwicklungsländern – Auswirkungen auf Natur und Umwelt. Unterrichtseinheit für Berufsschulen der Reiseverkehrsbranche. Tropica Verde e.V.
Der Naturschutzverein TROPICA VERDE e.V. setzt sich seit 1989 durch Naturund Artenschutzprojekte in Costa Rica als auch durch Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland für den Schutz und Erhalt tropischer Lebensräume
ein. Die Planung und Durchführung der TROPICA VERDE - Projekte erfolgen in
enger Zusammenarbeit mit lokalen costaricanischen Naturschutzgruppen. Naturschutzarbeit ist für TROPICA VERDE auch Unterstützung zu einer eigenständigen
und nachhaltigen Entwicklung ländlicher Regionen Costa Ricas.
Für Informationen wenden Sie sich bitte an:
Weitere Autorenadressen:
TROPICA VERDE e.V.
Monika Anton
Siesmayerstr. 61
60323 Frankfurt am Main
Rainer Schliep
Consultancy for Ecosystem
Management
Offenbacher Str. 17A
14197 Berlin
[email protected]
Tel. 069-751550
Fax: 069-752182
[email protected]
[email protected]
www.tropica-verde.de
Monika Horn
Berufsschullehrerin im Bereich
Reiseverkehr
Friedensstr. 38C
61118 Bad Vilbel
[email protected]
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
6
Abkürzungsverzeichnis
7
Vorwort
8
Danksagung
9
1
Einführung
10
1.1
Ausgangssituation und Zielsetzung der Unterrichtseinheit
10
1.2
Benutzung des vorliegenden Skriptes
11
1.3
Übersicht über die Unterrichtsplanung
12
2
Ablauf der Unterrichtseinheit
13
2.1
Ablaufvorschlag 1 zur Unterrichtseinheit - Zukunftswerkstatt
13
2.1.1
2.1.2
2.1.3
2.1.4
2.1.5
14
15
17
17
20
2.2
Einführung
Kritikphase
Utopiephase/Phantasiephase
Realisierungsphase/Verwirklichungsphase
Nachbereitung und Evaluation
Ablaufvorschlag 2 zur Unterrichtseinheit – Konkrete Unterrichtsplanung
2.2.1
2.2.2
2.2.3
2.2.4
2.2.5
2.2.6
2.2.7
2.2.8
2.2.9
2.2.10
2.2.11
Einführung und Einstimmung auf das Thema „Nachhaltiger Tourismus in Schwellen- und
Entwicklungsländern – Auswirkungen auf Natur und Umwelt“
Auswirkungen des Tourismus auf Natur und Umwelt
Kritische Betrachtung von Tourismus in Schwellen- und Entwicklungsländern und seinen Folgen
Nachhaltigkeit und Nachhaltiger Tourismus – Einführung und Anwendung der Begriffsdefinitionen
Rollenspiel: Was wird aus Puerto Suerte?
Gruppenarbeit: Der ideale Tourismus
Positive Fallbeispiele aus Costa Rica
Analyse einer praktischen Umsetzung des Konzepts nachhaltiger Tourismus – Angebot eines
costaricanischen Reiseveranstalters
Handlungsmöglichkeiten der Tourismusbranche
Handlungsmöglichkeiten im eigenen Umfeld
Abschlussbesprechung und Bewertung der Unterrichtseinheit
3
21
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
Inhaltsverzeichnis
3
Arbeitsblätter
33
Übersicht über die Arbeitsblätter
Arbeitsblatt 1:
Arbeitsblatt 2:
Arbeitsblatt 3:
Arbeitsblatt 4.1:
Arbeitsblatt 4.2:
Arbeitsblatt 4.3:
Arbeitsblatt 4.4:
Arbeitsblatt 5.1:
Arbeitsblatt 5.2:
Arbeitsblatt 6:
Arbeitsblatt 7:
Arbeitsblatt 8:
Arbeitsblatt 9:
Arbeitsblatt 10:
Arbeitsblatt 11:
Arbeitsblatt 12:
Arbeitsblatt 13:
Arbeitsblatt 14:
Arbeitsblatt 15:
Arbeitsblatt 16:
Arbeitsblatt 17:
Arbeitsblatt 18:
Arbeitsblatt 19:
Arbeitsblatt 20.1:
Arbeitsblatt 20.2:
Arbeitsblatt 20.3:
Arbeitsblatt 20.4:
Arbeitsblatt 20.5:
Arbeitsblatt 21:
Arbeitsblatt 22:
33
Fragebogen zum eigenen Reiseverhalten
Als die Touristen kamen
Touristische Teilbereiche und ihre Auswirkungen auf Natur und Umwelt
Auswirkungen auf Natur und Umwelt – Wasser- und Energieverbrauch
Auswirkungen auf Natur und Umwelt – Biotopvernichtung und Artensterben
Auswirkungen auf Natur und Umwelt – Luftverschmutzung
Auswirkungen auf Natur und Umwelt – Gewässer- und Abfallbelastung
Auswirkungen auf Natur und Umwelt – Flächenverbrauch und Zerschneidung der
Landschaft
Auswirkungen auf Natur und Umwelt – Reisesouvenirs
Fallbeispiel Playa Tambor / Costa Rica
Tourismusentwicklung um jeden Preis
Die Karibik – das letzte Urlaubsparadies?
Was bedeutet Nachhaltige Nutzung?
Nachhaltige Entwicklung als Leitbild für einen naturfreundlichen Tourismus
Rollenspiel: Was wird aus Puerto Suerte?
Phantasiekonzept: Der ideale Tourismus in Schwellen- und Entwicklungsländern
Öko-Tourismus und Meeresschildkrötenschutz in Costa Rica – Tropica Verde-Projekt
Wiederbewaldung und Öko-Tourismus in Costa Rica – Tropica Verde-Projekt
Waldschutz und Öko-Tourismus in Costa Rica – Tropica Verde-Projekt
Öko-Tourismus in Indigena-Reservaten im Süden Costa Ricas
Cultourica – Konzept
Costa Rica Auténtica - Angebot eines costaricanischen Reiseveranstalters
Linkliste – Verbände und Organisationen im Bereich nachhaltiger Tourismus (Auswahl)
Handlungsmöglichkeiten der Tourismusbranche: forum anders reisen – Präambel
Handlungsmöglichkeiten der Tourismusbranche: TUI – Urlaub und Umweltverträglichkeit
Handlungsmöglichkeiten der Tourismusbranche: STUDIOSUS – FORUM DER BEREISTEN
Handlungsmöglichkeiten der Tourismusbranche: Tour Operators Initiative –
Statement of Commitment
Handlungsmöglichkeiten der Tourismusbranche: Umweltmanagementstandards,
Umweltsiegel und Zertifizierungssysteme im Tourismus
Rollenspiel: Expedienten-Gespräch über Öko-Tourismus
Abschlussbesprechung und Bewertung der Unterrichtseinheit
34
36
37
38
39
40
41
42
43
44
46
47
51
52
53
58
59
61
63
65
68
69
72
75
76
77
78
80
82
82
4
Vertiefung der einzelnen Themenblöcke
83
4.1
Allgemeine Einführung
84
4.2
Tourismus in Schwellen- und Entwicklungsländern
86
4.3
Tourismus und Natur
89
4
Inhaltsverzeichnis
4.3.1
4.3.2
4.3.3
4.4
Einführung in das Themengebiet „Nachhaltiger Tourismus“
4.4.1
4.4.2
4.4.3
4.5
Touristische Teilsysteme und ihre wichtigsten Auswirkungen auf Natur und Umwelt
Negative Einwirkungen auf Natur und Umwelt durch den Tourismus
Reisemotiv Natur und Umwelt
Historische Entwicklungen: Vom Natur-Tourismus zum Öko-Tourismus und nachhaltigen
Tourismus
Begriffsdefinitionen: Nachhaltigkeit und nachhaltige Entwicklung, Nachhaltiger Tourismus,
Öko-Tourismus, Natur-Tourismus
Tourismuskritik: Wunderwaffe ‚Nachhaltiger Tourismus’?
Reiseziel Costa Rica: Land, Leute, Natur und Tourismus
4.5.1
4.5.2
4.5.3
Tropica Verde - Fallbeispiel: Öko-Tourismusprojekt zum Meeresschildkrötenschutz
in Costa Rica
Fallbeispiel Santa Elena / Costa Rica
Fallbeispiel Monte Verde / Costa Rica
89
91
96
99
100
103
106
108
111
113
114
5
Quellen, weiterführende Literatur, Filmvorschläge und Internet-Links
117
5.1
Quellen und weiterführende Literatur
117
5.2
Filmvorschläge
127
5.3
Linkliste der im Bereich nachhaltiger Tourismus tätigen Verbände,
Organisationen und Institutionen
129
Anhang
137
Übersicht über weitere verwendbare Materialien/Texte
137
Tropica Verde Powerpointepräsentation zu nachhaltigem Tourismus
Material 1: Definitionen im Wortlaut: Nachhaltiger und Natur-Tourismus
Material 2: Definitionen im Wortlaut: Öko-Tourismus
Material 3: Prinzipien und Charakteristika für nachhaltigen Tourismus bzw.
138
143
144
Material 4:
Material 5:
Material 6:
Öko-Tourismus
Fallbeispiel Papagayo / Costa Rica
Naturschutz durch Naturgenuß?
Tourismus, Umwelt und nachhaltige Entwicklung
145
146
148
149
Material 7:
Material 8:
Material 9:
Material 10:
Material 11:
Material 12:
Die Touristen sind immer die anderen
Früher wollte ich Tourist werden…
Ökologische Wirkungen
Tourismuskritik im Wandel der Zeit
Mit gutem Gewissen zu den Armen reisen
Bhutan: Die Suche nach dem Königsweg
152
154
157
159
161
165
5
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildung 1:
Abfallanfall in verschiedenen Beherbergungsbetrieben
Abbildung 2:
Öko-Tourismus im Vergleich zu anderen Tourismusformen und Begriffen
Tabelle 1:
Auswirkungen des Naturtourismus in tropischen Entwicklungsländern
88
Tabelle 2:
Auswirkungen der touristischen Teilsysteme auf Natur und Umwelt
91
Tabelle 3:
Energieverbrauch pro Fläche in Beherbergungsbetrieben
92
Tabelle 4:
Flächenverbrauch unterschiedlicher Beherbergungsarten
93
Tabelle 5:
Bevorzugte Aktivitäten von Schutzgebiets-Touristen
98
6
95
105
Abkürzungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
ANAI
ASACODE
BfN
BMU
BMZ
CBD
CCT
CO2
CSD
CST
DED
DRV
EMAS
FAO
FEE
FODESTUR
F.U.R.
GTZ
ICT
IUCN
MINAE
MIRENEM
NRO
ÖTE
SINAC
TIES
Costaricanische Naturschutzorganisation
Kleinbauerkooperative und Umweltgruppe in Costa Rica
Bundesamt für Naturschutz
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Convention on Biological Diversity / Übereinkommen über die biologische Vielfalt
Centro Científico Tropical (Tropisches Wissenschaftszentrum, Costa Rica)
Kohlendioxid („Treibhausgas“)
United Nations Commission for Sustainable Development / Kommission der Vereinten
Nationen für nachhaltige Entwicklung
Certification for Sustainable Tourism (Zertifizierungsinitiative in Costa Rica)
Deutscher Entwicklungsdienst
Deutscher Reisebüro und Reiseveranstalter Verband
Eco-Management and Audit Scheme (EU)
United Nations Food and Agriculture Organization / Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen
Foundation for Environmental Education
Fomento al Desarrollo Sostenible mediante el Turismo (Förderung einer nachhaltigen
Entwicklung in Zentralamerika durch Tourismus)
Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e.V.
Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit GmbH
Instituto Costarricense de Turismo (Costaricanisches Tourismusinstitut)
The World Conservation Union / Weltnaturschutzunion
Ministerio del Ambiente y Energía (Costaricanisches Umweltministerium)
Costaricanisches Umweltministerium, alte Bezeichnung
Nicht-Regierungsorganisation
Ökologischer Tourismus in Europa e.V.
Sistema Nacional de Areas de Conservación (Costaricanisches Schutzgebietssystem)
The International Ecotourism Society / Internationale Gesellschaft für Öko-Tourismus
UBA
UNDP
UNECE
Umweltbundesamt
United Nations Development Programme / Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen
United Nations Economic Commission for Europe / Wirtschaftskommission der Vereinten
Nationen für Europa
UNESCO
UNEP
WTO
United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization / Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation
United Nations Environment Programme / Umweltprogramm der Vereinten Nationen
World Tourism Organization / Welttourismusorganisation
WTTC
WWF
World Travel & Tourism Council / Welt Reise- und Tourismus-Rat
World Wide Fund For Nature
7
Vorwort
Vorwort
„Pura Vida !“
wirbt Costa Rica.
Der kritische Tourist
fragt, was wirklich ist.
Denn Nachhaltigkeit
ist das Gebot der Zeit.
Tourismus lebt zu einem Großteil von Imagination. Touristen lassen sich gerne von schönen Bildern verlocken und von Träumereien umhüllen. Urlaub soll als Raum und Aktivität in Szene gesetzt sein, Land und
Leute sind Kulisse. Wirklich?
Touristiker sind kein Illusionisten. Sie wissen, dass auch Träume endlich sind und dass es ein böses Erwachen gibt, wenn Touristen entdecken, dass Traumweltangebot und Wirklichkeit nicht übereinstimmen. Noch
scheint die Zahl der kritischen Touristen am Counter allerdings klein zu sein.
Dass 76% der Touristen Umweltqualität am Urlaubsort erwarten, 66% Umweltbelastungen wahrgenommen haben
(in einer Fallstudie 1999), 42% davon einen Zusammenhang zum eigenen Verhalten sehen, sind deutliche Hinweise
auf eine vorhandene Sensibilität. Es ist nur eine Frage der Zunahme an Erfahrung, der kritischen Aufklärung und des
Anspruchs der Touristen an den Qualitätsstandard ihrer Urlaubsumwelt, dann ist damit zu rechnen, dass immer mehr
Touristen auftreten, die gelernt haben, Qualitätskriterien anzuwenden und Qualitätsmerkmale abzufragen im Sinne
der immer mehr verbreiteten Gütesiegel und Zertifikate.
Das kritische Bewusstwerden hat auch die Tourismusbranche erreicht. Ressourcen sind endlich. Ob Badestrände oder Mineralöl, der Branche wird zunehmend klar, dass sie mehr haushalten muss, sei es durch sparsameren Ressourceneinsatz oder durch Vermeidung von Belastungen. So ist es generell nicht mehr eine
Frage ob, sondern bis zu welcher Intensität das Nachhaltigkeitsprinzip anzuwenden ist.
Das Bundesamt für Naturschutz fördert diesen Entwicklungsprozess, von der man schon heute sagen kann,
dass er mehr als nur eine Nische im Tourismus betrifft, andererseits aber auch „noch viel Entwicklungspotenzial“ hat und Unterstützung braucht. Da passt es, nun auch diejenigen in ihrer Ausbildung zu
unterstützen, die eine ganz zentrale Rolle dabei haben, dass „Nachhaltigkeit“ vom abschreckenden Terminus
Technicus in ein nachgefragtes touristisches Qualitätsversprechen, den sanften Umgang mit der Natur und
das Wohlfühlen in unbelasteter, gesunder Umwelt umgewandelt wird: Die Reiseverkehrskaufleute in den
Reisebüros und bei den touristischen Leistungsträgern.
Unser Dank gilt dem engagierten Einsatz der Lehrkräfte, der Schülerinnen und Schüler sowie Tropica Verde
bei der Entwicklung dieser Ausbildungseinheit. Und unser Wunsch gilt den zukünftigen Anwendern, dass
die Ausbildungseinheit dort mit ebensolcher Freude und dem gutem Erfolg Einsatz findet.
Georg Fritz
Bundesamt für Naturschutz
8
Danksagung
Danksagung
Die vorliegende Arbeit wurde aus Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und Tropica Verde finanziert.
Besonderer Dank gebührt Herrn Georg Fritz (Bundesamt für Naturschutz) für seine fachliche Beratung sowie
insbesondere auch für seine Unterstützung bei der Antragstellung, ohne die diese Unterrichtseinheit nicht in
diesem Umfang hätte entwickelt werden können.
Bei Herrn OstR Rolf Börner (Julius-Leber-Schule, Fachbereich Reiseverkehr/Frankfurt am Main) möchten
wir uns ausdrücklich für seine engagierte Umsetzung der Einheit im Unterricht bedanken. Seine wertvollen
Hinweise und Anregungen haben uns ganz entscheidend bei der Weiterentwicklung geholfen.
Der Klasse RE 26 der Julius-Leber-Schule möchten wir sehr herzlich für die rege Teilnahme am Unterricht
und den zahlreichen Ideen und Erfahrungen danken.
Besonders sei Klaus Lengefeld und Susy Karammel (GTZ) für ihre fachlichen Anregungen und ihren Besuch
im Unterricht gedankt. Beiden verdanken wir außerdem die Idee zum Arbeitsblatt 21 „ExpedientenGespräch“.
Für die Idee und Unterstützung zur „Analyse einer praktischen Umsetzung des Konzepts nachhaltiger Tourismus – Angebot eines costaricanischen Reiseveranstalters“ (Arbeitsblätter 17 und 18) möchten wir uns bei
Frank Doyé (Cultourica) bedanken.
Professor Dr. Ludwig Ellenberg (Humboldt-Universität zu Berlin, Geographisches Institut), Peter Meyer
(Peter Meyer Verlag), Rolf Pfeiffer (forum anders reisen), Herrn Leonhard Reeb (Deutscher Reisebüro und
Reiseveranstalter Verband, DRV) und Professor Dr. Wolfgang Strasdas (Fachhochschule Eberswalde, Masterstudiengang Nachhaltiger Tourismus) sind wir für die Diskussionsbereitschaft, Anregungen sowie Materialien dankbar.
Für die Bereitstellung von Textmaterialien sind wir Dr. Klaus Dietsch (Studiosus), Martina Geßner und Ute
Wannig (Christliche Initiative Internationales Lernen, CIL), Herrn Andreas Koch (TUI) und Frau Sabine
Ludwig (Deutscher Entwicklungsdienst, DED) sehr verbunden. Herrn Berlinger (Stadtbildstelle Frankfurt)
und Herrn Defterli (Hessischer Rundfunk) danken wir für die Unterstützung bei den Filmrecherchen.
Schließlich möchten wir Sandra Trinkaus (Tropica Verde) für die graphische Gestaltung danken.
9
Einführung
1
Einführung
1.1
Ausgangssituation und Zielsetzung der Unterrichtseinheit
Tourismus hat sich in den vergangenen drei Jahrzehnten als wichtige globale Wachstumsbranche etabliert und zu
einer bedeutenden Einkommensquelle auch für Schwellen- und Entwicklungsländer entwickelt. Die reisefreudigen Deutschen leisten hier einen großen Beitrag: Gemäß der Reiseanalyse (RA 2003) der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e.V. waren im Jahr 2002 63,1 Millionen Urlaubsreisen (mit mindestens fünf Übernachtungen) zu verzeichnen. Dies entspricht zwar einem Rückgang von 0,6% gegenüber dem Vorjahr, der bedingt war
durch die schwierigen Rahmenbedingungen für den Tourismus seit September 2001. Besonders wirkten sich
diese veränderten Rahmenbedingungen im Sektor Fernreisen aus: Mit einem Anteil von 5,3% und Rückgängen in
zwei aufeinander folgenden Jahren liegt der Anteil des Fernreisesektors zur Zeit unter dem des Jahres 1993.
Nichtsdestotrotz wird von einer baldigen Rückkehr zum vorherigen Wachstumstrend ausgegangen.
Der Einfluss von Tourismus auf die Natur der bereisten Länder ist allgegenwärtig. Tourismus erzeugt Müll, Abwasser und Verkehr, er benötigt und nutzt lokale natürliche Ressourcen wie Wasser und Energie, er verändert
durch Infrastrukturmaßnahmen das Landschaftsbild und greift tief in die natürlichen Systeme ein. Touristische
Einrichtungen werden an landschaftlich besonders reizvollen Orten entwickelt und zerstören dort häufig das Kapital, von dem sie leben: Beispielsweise sind die touristisch besonders beliebten Küsten und Gebirge zugleich
besonders empfindliche Lebensräume, die durch Baumaßnahmen, Übernutzung und Entnahme natürlicher Ressourcen stark und nachhaltig beeinträchtigt werden. Die Zurückdrängung natürlicher und intakter Lebensräume
auf Restflächen und in der Folge der Verlust von einheimischen Tier- und Pflanzenarten sind die leider häufig zu
beobachtende Folge in den touristisch intensiv erschlossenen Regionen. Andererseits kann Tourismus, wenn er
nachhaltig gestaltet wird, auch Chancen für den Naturschutz bieten, indem er beispielsweise Mittel zur Finanzierung von Naturschutzarbeit beisteuert. Darüber hinaus können die Gastgeber so auch alternative Einkommensquellen aus dem Tourismus generieren.
Die Beispieldestination Costa Rica mit seiner großen biologischen Vielfalt und intensiven Agrarkolonisation
ist als ökologisch äußerst sensibel einzustufen und als bevorzugtes Reiseziel für Naturbegeisterte prädestiniert. Das Land ist auch aufgrund seines Engagements im Naturschutz ein hervorragendes Beispiel für die
Darstellung der Konflikte zwischen Naturschutz und Tourismus und möglichen Lösungsansätzen. So existieren in Costa Rica anschauliche Beispiele dafür, wie nachhaltiger Tourismus zur Unterstützung von Naturschutzaktivitäten beitragen kann.
Es kann bei einer integrierenden (d.h. ökologische, ökonomische und soziale Aspekte berücksichtigenden)
Betrachtungsweise von Tourismus aber nicht nur um Natur- und Umweltschutz allein gehen. Es rücken
vielmehr auch die Wechselwirkungen mit wirtschaftlichen und sozialen Prozessen ins Blickfeld, denn wenn
Schutz und nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen Hand in Hand gehen sollen, müssen auch Themen
wie Armutsbekämpfung, Entwicklung, Verteilungsgerechtigkeit und Partizipation berücksichtigt werden.
Obgleich der Schwerpunkt der Unterrichtseinheit auf der Sensibilisierung für die Auswirkungen des Tourismus auf den Naturhaushalt und die Umwelt liegt, sollen wirtschaftliche und gesellschaftliche Folgen von
10
Einführung
Tourismus in Schwellen- und Entwicklungsländer zum besseren Verständnis der Problemlage immer wieder
angesprochen und erläutert werden.
Die Sensibilisierung von Auszubildenden der Reiseverkehrsbranche und damit zukünftigen Multiplikatoren
und Entscheidungsträgern für nachhaltigen Tourismus soll einen Beitrag dazu leisten, dass Tourismus in
Zukunft nachhaltiger gestaltet wird und Alternativen zum herkömmlichen Massentourismus präsent und
verstanden sind. Den angehenden Reiseverkehrskaufleuten und zukünftigen Multiplikatoren sollen Möglichkeiten für aktives Handeln aufgezeigt werden und deutlich gemacht werden, wie die Tourismusbranche den
Naturschutz unterstützen kann. Reiseverkehrskaufleute können auch Naturschützer sein!
Ziel ist des weiteren, dass Naturschutz und nachhaltiger Tourismus langfristig bundesweit verstärkt in Berufsschulen für touristische Nachwuchskräfte unterrichtet wird. Eine Bewusstseinsbildung der Lehrer- und
Schülerschaft, insbesondere - wenn möglich - im bundesweiten Verbund von Berufsschulen, soll die Entwicklung eines nachhaltigen Tourismus fördern.
1.2
Benutzung des vorliegenden Skriptes
Das vorliegende Skript dient zur Umsetzung einer Unterrichtsreihe zum Thema „Nachhaltiger Tourismus in
Schwellen- und Entwicklungsländern – Auswirkungen auf Natur und Umwelt“ an Berufsschulen der Reiseverkehrsbranche. Enthalten sind Unterrichtsplanung, Materialien und Arbeitsblätter, Hintergrundinformationen sowie weiterführende Literatur und Links für den Lehrer.
In Kapitel 2.1 des vorliegenden Skripts wird der Ablaufvorschlag 1 (einschließlich Textvorschlägen) der
Unterrichtseinheit vorgestellt. Diese Umsetzung richtet sich nach dem Konzept ‚Zukunftswerkstatt’ von R.
Jungk, was aber keineswegs als unabdingbare Vorgabe zu verstehen ist, sondern zur Inspiration des Lehrers
gedacht ist.
Der Ablaufvorschlag 2 wird als Alternative in Kapitel 2.2 angeboten. Dieser stellt eine konkrete Unterrichtsplanung mit Hinweisen zur methodisch-didaktischen Vorgehensweise dar. Die dafür notwendigen Arbeitsblätter sind in Kapitel 3 zu finden. Sie können ebenfalls für die Zukunftswerkstatt genutzt werden.
Um dem Lehrer Hintergrundinformationen zu bieten, werden im Kapitel 4 des Skriptes einzelne Themenblöcke vertieft dargestellt. Die Texte können bei Bedarf als Arbeitsgrundlage im Unterricht verwendet werden.
Weiterführende Literatur und Links helfen bei der weiteren inhaltlichen Vertiefung des umfangreichen Themas. Im Anhang finden sich weitere Textvorschläge und Materialien, die im Unterricht verwendet werden
können.
Die Autoren wünschen viel Erfolg bei der Umsetzung der Einheit!
11
Einführung
1.3
Übersicht über die Unterrichtsplanung
Übersicht über Ablaufvorschlag 1 – Zukunftswerkstatt
(Zeitbedarf: 10-12 Doppelstunden)
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
Allgemeine Einführung: Tourismus in Schwellen- und Entwicklungsländern, Einfluss von Tourismus
auf Natur und Umwelt, Reisemotiv Natur (ca. 1 Doppelstunde)
Gruppenarbeit/Kritikphase: Kritische Aufarbeitung der Themen ‚Tourismus in Schwellen- und Entwicklungsländern’ und ‚Einfluss von Tourismus auf Natur’ anhand von Textbeispielen (2 – 3 Doppelstunden)
Gruppenarbeit/Utopiephase: Entwurf eines idealen Tourismuskonzepts für Schwellen- und
Entwicklungsländer (2 – 3 Doppelstunden)
Einführung in das Themengebiet „Nachhaltiger Tourismus“/Realisierungsphase (1): Definitionen, verwandte Tourismusformen, Prinzipien und Charakteristika, Tourismuskritik (mind. 1 Doppelstunde)
Reiseziel Costa Rica/Realisierungsphase (2): Land, Leute, Natur und Tourismus; Fallbeispiele:
Nachhaltiger Tourismus in Costa Rica (mind. 1 Doppelstunde)
Gruppenarbeit/Realisierungsphase (3): Handlungsmöglichkeiten der Tourismusbranche und im eigenen
Umfeld (mind. 2 Doppelstunde)
Plenum: Zusammenfassung und Bewertung der Umweltbildungseinheit (1 Doppelstunde)
Übersicht über Ablaufvorschlag 2 – Konkrete Unterrichtsplanung
(Zeitbedarf: 12-16 Doppelstunden)
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
Einführung und Einstimmung auf das Thema “Nachhaltiger Tourismus in Schwellen- und Entwicklungsländern – Auswirkungen auf Natur und Umwelt” (1 Doppelstunde)
Auswirkungen des Tourismus auf Natur und Umwelt (1-2 Doppelstunden)
Kritische Betrachtung von Tourismus in Schwellen- und Entwicklungsländern und Auswirkungen des
Tourismus auf Natur und Umwelt (1-2 Doppelstunden)
Nachhaltigkeit und Nachhaltiger Tourismus – Einführung und Anwendung der Begriffsdefinitionen
(1 Doppelstunde)
Was wird aus Puerto Suerte?– Rollenspiel (1-2 Doppelstunden)
Der ideale Tourismus – Gruppenarbeit (2 Doppelstunden)
Positive Fallbeispiele aus Costa Rica (1 Doppelstunde)
Analyse einer praktischen Umsetzung des Konzepts nachhaltiger Tourismus – Angebot eines
costaricanischen Reiseveranstalters (1 Doppelstunde)
9. Handlungsmöglichkeiten der Tourismusbranche (1-2 Doppelstunden)
10. Handlungsmöglichkeiten im eigenen Umfeld (1 Doppelstunde)
11. Abschlussbesprechung und Bewertung (1 Doppelstunde)
12
Zukunftswerkstatt
2
Ablauf der Unterrichtseinheit
2.1
Ablaufvorschlag 1 zur Unterrichtseinheit - Zukunftswerkstatt
Die Unterrichtseinheit soll die Schüler und Schülerinnen mit der Frage nach der Nachhaltigkeit des Tourismus – insbesondere auch hinsichtlich der Umweltauswirkungen - konfrontieren, ihnen positive und negative
Beispiele aufzeigen und sie zur Entwicklung von praktischen Handlungsmöglichkeiten in ihrem zukünftigen
Berufsfeld anregen. Gefragt ist hier eine methodisch-didaktische Herangehensweise, die den Lernenden genügend Freiräume für eigene Ideen lässt.
Um dies zu erreichen, soll die Unterrichtseinheit nach dem Modell der sog. Zukunftswerkstatt nach Robert
Jungk gestaltet werden. Sie will „Betroffene zu Beteiligten“ machen, indem eigene Erfahrungen und die
Kreativität der Teilnehmenden produktiv genutzt wird. Sie eignet sich nicht nur für Lernprozesse in Schulen,
sondern wird bspw. ebenso in Kommunen bei Prozessen der Bürgerbeteiligung oder in Unternehmen für die
Organisationsentwicklung genutzt. Ziel einer Zukunftswerkstatt ist immer die Demokratisierung von gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen und schließlich die Entwicklung von innovativen Ideen für eine
lebenswerte Zukunftsgestaltung. Darüber hinaus sollen langfristig Interesse und Engagement an gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen geweckt werden.
Aus diesem Grund werden auch die Grenzen zwischen Experten und Laien aufgehoben und Elemente von
Rationalität und Intuition vermischt. Sie weicht als Lehrmethode daher erheblich von den traditionellen
Vermittlungsformen in Schulen ab, integriert aber viele der heute von Pädagogen geforderten didaktischen
Prinzipien, wie z.B. die Handlungsorientierung oder das Betroffenheitsprinzip.
Obwohl Zukunftswerkstätten den Teilnehmern sehr viele Freiheiten für eigene Kreativität und Schlussfolgerungen lassen, ist ihr Ablauf streng in drei Phasen strukturiert.
• In der Kritik- oder Beschwerdephase geht es um eine möglichst freie und radikale Kritik aktueller Missstände in einem bestimmten Bereich. Zunächst werden alle Äußerungen (z.B. in einem Brainstorming)
gesammelt, die Teilnehmenden sollen aufgestaute Ängste oder Missfallen „loswerden“ können. Anschließend werden die Kritikpunkte geordnet und für die Weiterarbeit werden Schwerpunkte gebildet,
nach denen sich Gruppen bilden können.
• Die Utopie- oder Phantasiephase bietet zunächst Raum für „verrückte“ Ideen und phantastische Visionen,
die die in der Kritikphase gesammelten Probleme ins Positive wenden sollen. Wichtig ist hier eine Ausschaltung jeglicher Denkbarrieren oder Sachzwänge, Killerphrasen sind verboten („Lässt sich das überhaupt realisieren?“, „Das ist doch nicht zu finanzieren!“). Die formulierten Utopien werden systematisiert
und ggf. in Gruppen weiter ausgestaltet zu konkreten Zukunftsbildern.
• In der Realisierungs- oder Verwirklichungsphase sollen die Zukunftsentwürfe auf ihre Realisierbarkeit hin
überprüft werden. Hindernisse und störende Beharrungskräfte sollen identifiziert und ggf. Meinungen von
Entscheidungsträgern (Politiker, Unternehmen, Behörden) eingeholt werden. Anschließend geht es darum,
Wege und Strategien zur Umsetzung der entwickelten Zukunftsbilder zu entwickeln, Unterstützung in Politik
und Wirtschaft zu suchen und Möglichkeiten zum Umgang mit Repressalien aufzuzeigen. Jeder Teilnehmer
13
Zukunftswerkstatt
sollte die Frage beantworten: "Wie kann ich persönlich durch mein Verhalten im Beruf und in der Freizeit zu
einer positiven Entwicklung beitragen?" Idealerweise wird abschließend ein konkretes kleines Projekt oder
eine Aktion vorbereitet, um einen Schritt in Richtung der entwickelten Utopien zu gehen.
Neben den allgemeinen, o.a. Zielen, die durch den Einsatz einer Zukunftswerkstatt erreicht werden sollen,
verfolgt diese Unterrichtseinheit zum nachhaltigen Tourismus folgende meist inhaltliche Lernziele. Die
Schüler und Schülerinnen sollen:
• das Ausmaß und die möglichen Folgen von Umweltbelastungen durch den Tourismus kennen lernen;
• die wechselseitige Abhängigkeit von Natur und Tourismus – besonders in Schwellen- und Entwicklungsländern - erkennen;
• verschiedene Definitionen von Natur-, Öko- und nachhaltigem Tourismus vergleichen und systematisieren;
• erkennen, dass wirtschaftliche Interessen meist wenig nachhaltig sind;
• negative und positive Beispiele von nachhaltigem Tourismus kennen lernen;
• negative und positive Beispiele von der Wirkung des Tourismus auf die Umwelt kennen lernen;
• Handlungsmöglichkeiten entwickeln, um Tourismus gerade dort, wo er noch entwickelt werden muss, in
Einklang mit Natur und Mensch zu gestalten;
• Institutionen kennen lernen, die für die Entscheidungsfindung und Entwicklung touristischer Projekte bedeutsam sind;
• erkennen, dass sie selbst Einfluss nehmen können auf die Gestaltung eines nachhaltigen Tourismus.
Im Einzelnen kann die Unterrichtseinheit folgendermaßen gestaltet werden:
2.1.1
Einführung
Zunächst soll das Projekt den Schülerinnen und Schüler vorgestellt werden, indem ihnen einführende Hinweise auf die Relevanz von nachhaltigem Tourismus für Naturschutz gegeben sowie der Ablauf der Unterrichtseinheit besprochen wird. Um die Lernenden an die Thematik heranzuführen, gilt es anschließend, ihnen
allgemeine Informationen zum Einfluss von Tourismus auf Natur und Tourismus in Entwicklungsländern an
die Hand zu geben und zu besprechen. Konkret kommen folgende Inhalte zur Bearbeitung – je nach Vorbildung, Gruppengröße und zeitlichen Vorgaben – in Frage:
• Natur erleben – ein Reisemotiv, das immer stärker in den Vordergrund dringt
Textvorschlag:
Siehe vertiefenden Text in Kapitel 4.3.3 „Reisemotiv Natur und Umwelt“
• Bedeutung einer intakten Natur für den Tourismus:
Ø intakter Naturhaushalt
Ø naturnahe Landschaften
Ø artenreiche Fauna und Flora
Ansprechbarkeit der Bundesbürger auf Natur- und Umweltaspekte im Zusammenhang mit Urlaubsreisen,
Bedeutung einer intakten Natur für den Touristen (Attraktivität der Zielgebiete)
14
Zukunftswerkstatt
Textvorschlag:
ELLENBERG, L. (2002): Reisen in tropische Wälder - Schmaler Pfad zum Naturschutz durch Naturgenuss.
- In: KARRASCH, H., GAMERITH, W., SCHWAN, T., SACHS, K., WALTER, A. [Hrsg.]: Ferntourismus:
Potentiale, Konflikte, Nachhaltigkeitsanspruch. (=HGG-Journal 17). – Heidelberg, S. 31-44.
VORLAUFER, K. (1996): Tourismus in Entwicklungsländern. Möglichkeiten und Grenzen einer nachhaltigen Entwicklung durch Fremdenverkehr. - Darmstadt (Wissenschaftliche Buchgesellschaft)
• Darstellung der verschiedenen Tourismusarten
Textvorschlag:
SCHÜßLER, A. (1998): Die Touristen sind immer die anderen. - In: DED (DEUTSCHER ENTWICKLUNGSDIENST): Tourismus und Entwicklung. ded Brief. Zeitschrift des Deutschen Entwicklungsdienstes. Nr. 1/98: S. 47-48
Zeitbedarf: Etwa 1 Doppelstunde
2.1.2
Kritikphase
Die Lernenden sollen hier zunächst mit den ökologischen Missständen, die durch Tourismus in Schwellenund Entwicklungsländern entstehen, bekannt gemacht werden. Daher bieten sich inhaltlich folgende Themen
an, die z.B. in Gruppenarbeit erörtert und vorgestellt werden können:
• Allgemeine Darstellung der Bedeutung des Tourismus in Entwicklungsländern und dessen positive und
negative Auswirkungen
Bearbeitungsvorschlag:
Filmvorschlag: "Thailand zu verkaufen" (29 min), der bei Stadt- und Landbildstellen ausgeliehen werden kann. Der Film stellt anhand verschiedener Beispiele den Ausverkauf der Natur durch den Tourismus dar. Leitfragen für die Diskussion sind:
1. Welche Auswirkungen des Tourismus auf Mensch und Kultur werden im Film gezeigt?
2. Welche Auswirkungen des Tourismus auf die Natur werden im Film gezeigt?
3. Welche inhaltlichen Übereinstimmungen sehen Sie zwischen dem Gedicht und dem Film?
4. Kennen Sie konkrete Beispiele für positive oder negative Auswirkungen des Tourismus in
Entwicklungsländern?
Arbeitsblatt 8: Die Karibik – das letzte Urlaubsparadies?
Textvorschlag:
BUGLASS, D. (1998): Früher wollte ich Tourist werden. - In: DED (DEUTSCHER ENTWICKLUNGSDIENST):
Tourismus und Entwicklung. ded Brief. Zeitschrift des Deutschen Entwicklungsdienstes. Nr. 1/98: S.
32-34
PAYER, M. [Hrsg.] (2001): Entwicklungsländerstudien. Teil V: Ausgewählte Problemfelder der Entwicklung.
Kapitel 51: Tourismus. Teil IV. – Stuttgart. URL: http://www.payer.de/entwicklung/entw514.htm,
11.02.2004: Verschiedene anschauliche Texte über die Auswirkungen des Tourismus
15
Zukunftswerkstatt
Als weitere Hintergrundtexte für den Lehrer dienen neben den vertiefenden Texten:
Textvorschlag:
CATER, E. (1997): Ecotourism in the Third World - Problems and Prospects for Sustainability. - In:
FRANCE, L.: The Earthscan Reader in Sustainable Tourism. Earthscan Publications. - London, S.
68-80
STRASDAS, W. (2001): Ökotourismus in der Praxis: Zur Umsetzung der sozio-ökonomischen und naturschutzpolitischen Ziele eines anspruchsvollen Tourismuskonzeptes in Entwicklungsländern. Ammerland - Schriftenreihe für Tourismus und Entwicklung - Teil C, Kap. 3: Bisherige Erfahrungen - Auswirkungen von Natur- und Ökotourismus. S. 143-153
• Einfluss des Tourismus auf Natur und Umwelt, Umweltfolgen:
Ø Ressourcenverbrauch
- Wasser
- Energie
- Biotopvernichtung und Artensterben
- Übernutzung touristisch, land- oder forstwirtschaftlich genutzter Landschaftsbestandteile
Ø Flächenverbrauch
Ø Luftverschmutzung
Ø Gewässer- und Abfallbelastung
Ø Störung des Landschaftsbildes
Bearbeitungsvorschlag:
Arbeitsblatt 3: Touristische Teilbereiche und ihre Auswirkungen auf Natur und Umwelt
Arbeitsblätter 4.1. bis 4.4. und 5.1.: Auswirkungen auf Natur und Umwelt
Arbeitsblatt 5: Reisesouvenirs
Textvorschlag:
ADERHOLD, P., LAßBERG, D. VON, STÄBLER, M., VIELHABER, A. (2000): Tourismus in Entwicklungsländer. Ammerland: Studienkreis für Tourismus und Entwicklung - Schriftenreihe für Tourismus und Entwicklung - Kap. 2.3: Ökologische Wirkungen. S. 40-43
BFN (BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ) [Hrsg.] (1997a): Biodiversität und Tourismus: Konflikte und
Lösungsansätze an den Küsten der Weltmeere. - Berlin (Springer) - Kap. 3: Auswirkungen von
Tourismus auf Arten und Ökosysteme. S. 49-62
ELLENBERG, L. (2002): Reisen in tropische Wälder - Schmaler Pfad zum Naturschutz durch Naturgenuß. - In:
KARRASCH, H., GAMERITH, W., SCHWAN, T., SACHS, K., WALTER, A. [Hrsg.]: Ferntourismus: Potentiale, Konflikte, Nachhaltigkeitsanspruch. (=HGG-Journal 17). – Heidelberg, S. 31-44 (p 36 Absatz nach
Unterüberschrift „Naturschutz und Naturgenuß“)
VORLAUFER, K. (1996): Tourismus in Entwicklungsländern. Möglichkeiten und Grenzen einer nachhaltigen Entwicklung durch Fremdenverkehr. - Darmstadt (Wissenschaftliche Buchgesellschaft) Kapitel 9: Tourismus, Umwelt und nachhaltige Entwicklung. S. 209-211.
16
Zukunftswerkstatt
• Einleitendes Negativbeispiel: Playa Tambor.
Bearbeitungsvorschlag:
Arbeitsblatt 6: Fallbeispiel Playa Tambor
Denkbar ist eine Bearbeitung der Texte in arbeitsteiliger Gruppenarbeit und die Vorstellung der Inhalte
im Plenum. Im Anschluss können als Zusammenfassung die aufgedeckten Kritikpunkte z.B. durch ein
Mind-Map oder anhand der Meta-Plan-Technik zusammengestellt und visualisiert werden, um im weiteren Verlauf der Unterrichtseinheit nochmals darauf zurückgreifen zu können.
Zeitbedarf: In Abhängigkeit davon, welche und wie viele Texte bzw. ein Film besprochen werden sollen,
sollten für die Kritikphase 2-3 Doppelstunden angesetzt werden.
2.1.3
Utopiephase/Phantasiephase
Zunächst geht es in der Utopie- bzw. Phantasiephase darum, in einem Brainstorming Ideen zu sammeln, wie
der ideale nachhaltige Tourismus in Entwicklungsländern aussehen könnte. Die gesammelten Ideen können
dann bspw. in Gruppenarbeit spezifiziert und visualisiert (z.B. durch die Erstellung von Plakaten) werden.
Denkbar wären z.B. folgende Gruppen-Arbeitsaufträge:
• Konzipieren Sie ein Ihrer Meinung nach ideales nachhaltiges Tourismuskonzept.
Bearbeitungsvorschlag:
Arbeitsblatt 12: Phantasiekonzept: Der ideale Tourismus in Schwellen- und Entwicklungsländern
• Entwerfen Sie eine 4-Seitige Werbebroschüre für ein nachhaltiges Tourismusprojekt nach Ihren
Vorstellungen.
Zeitbedarf: Um die Kreativität der Lernenden nicht durch Zeitdruck zu behindern, sollten etwa 2-3 Doppelstunden veranschlagt werden.
2.1.4
Realisierungsphase/Verwirklichungsphase
Da in der Realisierungsphase konkrete, reelle Möglichkeiten eines naturverträglicheren Tourismus erarbeitet
werden sollen, gilt es zunächst die Formen „Öko-Tourismus“ sowie „Nachhaltiger Tourismus“ vorzustellen
und gegeneinander abzugrenzen. Dazu dienen verschiedene Definitionen und ggf. Fallbeispiele, im Einzelnen z.B.:
• Entwicklung von sanftem Tourismus/nachhaltigem Tourismus
• Entwicklung von Öko-Tourismus: Ende der 70er bis Mitte der 80er formieren sich erste Ansätze, oft noch
unter Bezeichnungen wie „verantwortlicher“, „nachhaltiger“, „Naturschutz“- oder „low-impact“-Tourismus; die Begriffsverwirrung resultiert u.a. aus der Tatsache, dass Öko-Tourismus seine Wurzeln in verschiedenen Bereichen hat:
Ø Wissenschaftliche, Naturschutz- und Nicht-Regierungs-Organisationen (insbesondere IUCN)
17
Zukunftswerkstatt
Ø Multilaterale Hilfsorganisationen (vor allem Weltbank)
Ø Entwicklungsländer (Costa Rica, Tansania etc.)
Ø Tourismus-Industrie und touristische Öffentlichkeit (WTO, WTTC)
Textvorschlag:
BETZ, K. (1999): Tourismuskritik im Wandel der Zeit. - In: STUDIENKREIS TOURISMUS UND ENTWICKLUNG: Tourismus
verstehen. 25 Jahre SympathieMagazine. – Ammerland, S. 37-39
• Definitionen:
Nachhaltige Nutzung, Nachhaltigkeit, nachhaltige Entwicklung
sanfter Tourismus, nachhaltiger Tourismus, Öko-Tourismus, Natur-Tourismus
Ein möglicher Arbeitsvorschlag wäre das Zusammentragen von Begriffserklärungen im Plenum und
anschließender Vergleich mit bzw. Prüfung der anerkannten Definitionen und Prinzipien.
Textvorschlag:
Siehe zu den Begriffsdefinitionen auch Kapitel 4.4.2 dieses Skripts und Zusammenstellung der Definitionen und Prinzipien des nachhaltigen Tourismus im Anhang
• Kritische Würdigung des Konzepts vom ‘verantwortungsvollen’ bzw. ‚nachhaltigen’ Tourismus (u.a.
grundsätzliche Kritik am nachhaltigen Tourismus, alternative Touristen als Wegbereiter von Massentourismus; soziokulturelle Folgen von Tourismus)
Textvorschlag:
BANGEL, J. (1998): Mit gutem Gewissen zu den Armen reisen. - In: DED (DEUTSCHER ENTWICKLUNGSDIENST): Tourismus und Entwicklung. ded Brief. Zeitschrift des Deutschen Entwicklungsdienstes. Nr. 1/98: S. 49-52
Als weitere interessante Texte für den Lehrer werden neben den Vertiefungstexten empfohlen:
Textvorschlag:
WHEELLER, B. (1997a): Tourism’s Troubled Times – Responsible Tourism is Not the Answer. - In:
FRANCE, L.: The Earthscan Reader in Sustainable Tourism. Earthscan Publications. - London, S.
61-67
WHEELLER, B. (1997b): Here We Go, Here We Go, Here We Go Eco. - In: STABLER, M. [Hrsg.]: Tourism and Sustainability. Principles to Practise. - Wallingford (CAB International) S. 39-49
PAYER, M. [Hrsg.] (2001): Entwicklungsländerstudien. Teil V: Ausgewählte Problemfelder der Entwicklung.
Kapitel 51: Tourismus. Teil III. – Stuttgart. URL: http://www.payer.de/entwicklung/entw513.htm,
11.02.2004: Verschiedene anschauliche Texte zu Öko-Tourismus
18
Zukunftswerkstatt
• Fallbeispiele Costa Rica:
Die Darstellung von Fallbeispielen aus Costa Rica soll helfen, die im weiteren Verlauf in Gruppenarbeit
zu entwickelnden Handlungsmöglichkeiten der Tourismusbranche zu identifizieren.
Bearbeitungsvorschlag:
Arbeitsblatt 13: Fallbeispiel Schildkrötenschutzprojekt
Arbeitsblatt 14: Fallbeispiel Wiederbewaldungsprojekt Monte Alto
Arbeitsblatt 15: Fallbeispiel Tropenwaldschutz ASACODE
Arbeitsblatt 16: Ökotourismus in Indigena-Reservaten im Süden Costa Ricas
Textvorschlag:
Zu weiteren Fallbeispielen (Santa Elena/Costa Rica und Monte Verde/Costa Rica) siehe auch Kapitel
4.5.2 und 4.5.3 in diesem Skript sowie:
PILZ, B. (1999): Bhutan – Die Suche nach dem Königsweg. - In: STUDIENKREIS TOURISMUS UND ENTWICKLUNG: Tourismus verstehen. 25 Jahre SympathieMagazine. – Ammerland, S. 32-33
VORLAUFER, K. (1996): Tourismus in Entwicklungsländern. Möglichkeiten und Grenzen einer nachhaltigen Entwicklung durch Fremdenverkehr. - Darmstadt (Wissenschaftliche Buchgesellschaft) Kapitel 9: Tourismus, Umwelt und nachhaltige Entwicklung. S. 209-212
• Handlungsmöglichkeiten der Tourismusbranche
In der Unterrichtseinheit sollen zu den Handlungsmöglichkeiten der Tourismusbranche Handlungsmöglichkeiten von Unternehmen aufgezeigt werden. Den Berufsschülerinnen und -schülern soll andererseits
auch erläutert werden, wie sie selbst in ihrem Arbeitsumfeld mit den Kollegen, im Kundengespräch oder
bei der Angebotsrecherche Aspekte nachhaltigen Reisens berücksichtigen und Einfluss auf eine umweltund sozialverträgliche Gestaltung von Reisen nehmen können. Hier können nochmals die Phantasiekonzepte aus der Utopiephase betrachtet werden, um abzuwägen, welche Aspekte durch welche Maßnahmen
und Aktivitäten in die Realität umgesetzt werden können. Dazu sollen Vorschläge für eigene Handlungsmöglichkeiten (im Reisebüro oder beim Veranstalter) gesammelt und bewertet werden. Maßnahmen von
Institutionen, Verbänden oder auch Landesregierungen können vorgestellt werden, die dabei helfen sollen, Tourismus nachhaltiger zu gestalten.
Ø Für die Tourismusbranche eröffnen sich verschiedene Handlungsmöglichkeiten, um nachhaltigen Tourismus zu fördern, u.a.:
- Durch die Unterstützung von Codes of Conduct (schriftlich formulierte Verhaltens- oder Ethikkodices, die Maßstäbe für gewünschtes oder gebotenes Handeln setzen und hier i.d.R. sowohl
Handlungsleitlinien für ein angemessenes Geschäftsgebaren der Tourismusbranche in Schwellenund Entwicklungsländern als auch „Verhaltensknigge“ für Touristen meinen);
- Durch Zertifizierung, Umweltsiegel und Umweltmanagementstandards
- Durch eine auf Nachhaltigkeit gerichtete Unternehmensphilosophie und entsprechend ausgerichtete
Unternehmensziele;
- Durch die Erarbeitung und Kommunikation von Leitlinien für nachhaltigen Tourismus;
- Durch die Verwendung von Umweltchecklisten für die Angebotsprüfung;
- Durch die Bereitstellung und den Einsatz von Kriterienkatalogen zu nachhaltigem Reisen für den
Kunden;
- Durch Umweltempfehlungen an Anbieter und Reisende.
19
Zukunftswerkstatt
- Durch die Erstellung von Prioritätenlisten auf Grundlage von vorab vereinbarten quantitativen und
qualitativen Zielen für nachhaltigen Tourismus. Anhand solcher Listen können neue Unternehmensstrategien und Aktionspläne entwickelt werden.
- Vorstellung von praktischem Handwerkszeug: Leitlinien, Handbücher, Kriterienkataloge, Umweltempfehlungen und –checklisten. Wie erkenne ich Öko-Tourismus? Bspw. TUI Umweltcheckliste, WTO
Global Code of Ethics for Tourism, DRV Umweltempfehlungen
Bearbeitungsvorschlag:
Arbeitsblatt 20: Handlungsmöglichkeiten der Tourismusbranche
Ø Kurze Vorstellung der international sowie in Europa, Deutschland und dem Beispielland Costa Rica im Bereich des nachhaltigen Tourismus aktiven Institutionen und Verbände
Bearbeitungsvorschlag:
Recherche anhand der Linkliste in Kapitel 5.3 dieses Skripts bzw. Arbeitsblatt 19
Ø Evaluation der Handlungsmöglichkeiten der Tourismusbranche
Welche Rolle spielen die Vorbereitung und Information der Touristen im Vorfeld und während der
Reise? Wie können Unternehmen in die Pflicht genommen werden, um ihren Beitrag zu nachhaltigen
Tourismuskonzepten zu leisten?
- Kooperationen mit nationalen Tourismus-Ministerien
- Reisevorbereitende/-begleitende Weiterbildung/Literatur anbieten
- Kooperationen mit regionalen Anbietern, die den Kriterien für nachhaltigen Tourismus genügen
• Brainstorming: Welche Möglichkeiten sehen die Berufsschüler in ihrer Arbeitsumgebung, d.h. sowohl in
ihren Unternehmen (z.B. Unternehmensphilosophie, Vorgesetzte/Kollegenkreis etc.) als auch bei ihren
Kunden? Welche Maßstäbe sind anzulegen? Welche Informationen werden benötigt? Ableitung, Systematisierung und Bewertung konkreter Aktivitäten der Berufsschülerinnen und -schüler.
Zeitbedarf: Die Realisierungsphase sollte mindestens 3 Doppelstunden einnehmen.
2.1.5
Nachbereitung und Evaluation
Abschließend sollte anhand eines Mind-Maps, der Meta-Plan-Methode oder auch eines noch zu entwickelnden Fragebogens die Evaluierung der Unterrichtseinheit durch die Berufsschülerinnen und -schüler erfolgen.
Bearbeitungsvorschlag:
Arbeitsblatt 22: Abschlussbesprechung und Bewertung der Unterrichtseinheit
Zeitbedarf: 1 Doppelstunde
20
Konkrete Unterrichtsplanung
2.2
Ablaufvorschlag 2 zur Unterrichtseinheit – Konkrete Unterrichtsplanung
Zu dem unter 2.1 vorgeschlagenen Ablauf der Unterrichtseinheit nach dem Modell der Zukunftswerkstatt
nach Robert Jungk wird im Folgenden ein alternativer Ablaufvorschlag unterbreitet. Während die Zukunftswerkstatt nach Jungk eine freiere Unterrichtsplanung darstellt, soll nun ein konkreter Unterrichtsplan vorgestellt werden, bei dem für jede Unterrichtsstunde Lernziele, Tipps zur methodisch-didaktischen Vorgehensweise und Arbeitsmaterial sowie nach Möglichkeit Erweiterungsvorschläge angegeben werden. Dies soll
dem Lehrer einerseits eine Alternative zur Zukunftswerkstatt bieten, andererseits aber auch als Ergänzung
bzw. als weitere Inspiration dienen.
2.2.1
Einführung und Einstimmung auf das Thema „Nachhaltiger Tourismus in
Schwellen- und Entwicklungsländern – Auswirkungen auf Natur und Umwelt“
Lernziele:
Die Schülerinnen und Schüler werden auf die Unterrichtseinheit eingestimmt, ihr Interesse wird
geweckt. Sie setzen sich mit ihren persönlichen Urlaubserfahrungen und Erfahrungen in
Schwellen- und Entwicklungsländern auseinander. Sie beginnen, negative Folgen des Massentourismus kennen zu lernen und reflektieren sie während der Diskussion.
Methodisch-didaktische Vorgehensweise: Den Einstieg mit dem Thema wird mit dem Arbeitsblatt 1
„Fragebogen zum Reisen“ gewählt. Die Fragen zum eigenen Reisen und zu persönlichen Erfahrungen – sowohl mit Schwellen- und Entwicklungsländern als auch mit den Auswirkungen des
Tourismus auf Natur und Umwelt – dienen als Einführung in das Thema und Diskussionsgrundlage für eine anschließende Besprechung. In der Besprechung des Fragebogens sollen eigene
Erfahrungen herausgearbeitet werden, um eine persönliche Betroffenheit herzustellen und eine
erste Reflexion zu Auswirkungen des Tourismus auf Natur und Umwelt zu ermöglichen.
Um die Betroffenheit und damit das Interesse an dem Thema zu verstärken, ist es vorteilhaft,
die Thematik zu visualisieren. Dafür dient beispielsweise der Film "Als die Touristen kamen" (4
min), der bei Stadt- und Landbildstellen ausgeliehen werden kann (siehe hierzu Filmvorschläge
in Kapitel 5.2). In Gedichtform wird der Tourismus in Entwicklungsländern kritisch beleuchtet.
Im Anschluss soll der Text des Gedichts verteilt und besprochen werden (Arbeitsblatt 2 „Als
die Touristen kamen“). Folgende Fragen bieten sich für die Diskussion an:
1. Was wurde den Einheimischen durch den Tourismus versprochen und was hat er ihnen letztendlich gebracht?
2. Was verspricht sich die Regierung vom Tourismus?
3. Kennen Sie konkrete Beispiele für positive oder negative Auswirkungen des Tourismus in
Entwicklungsländern?
Ein weiterer Filmvorschlag zur Einführung ist der Film "Thailand zu verkaufen" (29 min), der
ebenfalls bei Stadt- und Landbildstellen ausgeliehen werden kann (siehe hierzu Filmvorschläge
in Kapitel 5.2). Der Film stellt anhand verschiedener Beispiele den Ausverkauf der Natur durch
den Tourismus dar. Leitfragen für die Diskussion sind:
21
Konkrete Unterrichtsplanung
1.
2.
3.
4.
Welche Auswirkungen des Tourismus auf Mensch und Kultur werden im Film gezeigt?
Welche Auswirkungen des Tourismus auf die Natur werden im Film gezeigt?
Welche inhaltlichen Übereinstimmungen sehen Sie zwischen dem Gedicht und dem Film?
Kennen Sie konkrete Beispiele für positive oder negative Auswirkungen des Tourismus in
Entwicklungsländern?
In einem Tafelbild, das sukzessive weiterentwickelt wird, sollen die Diskussionspunkte zusammengefasst werden. Das Tafelbild könnte u.a. folgende Punkte aufführen (siehe hierzu auch
Kapitel 4.2):
Vorteile von Tourismus in Schwellen- und Entwicklungsländern:
- Deviseneffekte (erhöht Deviseneinnahmen des Landes);
- Beschäftigungseffekte (Schaffung von Arbeitsplätzen im Tourismusbereich, z.B. Hotel,
Transport, Agenturen, und in damit verbundenen anderen Wirtschaftszweigen, z.B. Agrarwirtschaft, Bauwirtschaft etc.);
- Einkommenseffekte (Erhöhung der Einkünfte in den direkt und indirekt mit dem Tourismus
verbundenen Wirtschaftszweigen);
- Multiplikatoreneffekte (Chancen der internationalen Begegnung);
Kritische Betrachtung von Tourismus in Schwellen- und Entwicklungsländern:
- Nur etwa 30% der Deviseneinnahmen kommen dem Land zugute;
- Ungünstige Devisenbilanz: die Deviseneinnahmen durch Tourismus werden aufgrund des erhöhten Bedarfs an Importprodukten reduziert;
- Tourismus schafft überwiegend schlecht entlohnte, oft saisonale Arbeitsplätze ohne
Qualifizierungsmöglichkeiten;
- Zerstörung von gewachsenen sozialen und kulturellen Strukturen;
- Empfindlichkeit von Touristenströmen – oftmals saisonale Schwankungen.
Zeitbedarf: 1 Doppelstunde
2.2.2
Auswirkungen des Tourismus auf Natur und Umwelt
Lernziele:
Die Schülerinnen und Schüler lernen die Teilsysteme touristischer Entwicklung und deren Auswirkungen auf Natur und Umwelt kennen. Sie spezialisieren sich gruppenweise auf einzelne
Schwerpunkte und präsentieren sie ihren Mitschülern.
Methodisch-didaktische Vorgehensweise: Arbeitsblatt 3 „Auswirkungen der touristischen Teilbereiche auf
Natur und Umwelt“ soll das Bewusstsein für die Folgen des Tourismus schärfen. Die Schülerinnen und Schüler erhalten so einen Überblick über die touristischen Teilsysteme und deren
Auswirkungen auf Natur und Umwelt. Nach einer kurzen Besprechung im Plenum wird
schwerpunktmäßig in Gruppen das Arbeitsblatt 4 „Auswirkungen auf Natur und Umwelt“
bearbeitet. Die 4 Gruppen bearbeiten verschiedene Themen – Wasser- und Energieverbrauch,
22
Konkrete Unterrichtsplanung
Biotopvernichtung und Artensterben, Luftverschmutzung, Gewässer- und Abfallbelastung – und
vertiefen die Inhalte mit Hilfe einer Internetrecherche. (Die Gruppe des Arbeitsblattes 4.2 kann
hierbei auch zum Thema Sporttourismus auf Wechselwirkungen zwischen Sport und Natur, die
auf der Seite www.natursportinfo.de dargestellt werden, hingewiesen werden.) Abschließend
stellen die einzelnen Gruppen im Plenum ihren Problembereich sowie die durch das Internet
gewonnenen Erkenntnisse vor. Eine erste Suche nach Lösungsansätzen beginnt.
Erweiterungsmöglichkeiten: Bearbeitung der Arbeitsblätter 5.1 „Auswirkungen auf Natur und Umwelt Flächenverbrauch und Zerschneidung“ und 5.2 „Auswirkungen auf Natur und Umwelt - Reisesouvenirs“
Zeitbedarf: 1-2 Doppelstunden. Da Natur und Umwelt Schwerpunktthemen dieser Einheit sind, wäre eine
ausführliche Behandlung dieser Themen wünschenswert.
2.2.3
Kritische Betrachtung von Tourismus in Schwellen- und Entwicklungsländern und
seinen Folgen
Lernziele:
Die Schülerinnen und Schüler lernen sich kritisch mit der Entwicklung von Tourismusgroßprojekten auseinander zu setzen. Sie erarbeiten anhand praktischer Beispiele konkrete Folgen von
touristischer Erschließung und formulieren erste Lösungsvorschläge.
Methodisch-didaktische Vorgehensweise: Anhand eines Arbeitstextes (Arbeitsblatt 6 „Playa Tambor –
Fallbeispiel aus Costa Rica“) soll eine touristische Entwicklung eines Großprojektes untersucht
und kritisch beleuchtet werden. Folgende Fragen können entweder in Einzel- oder Gruppenarbeit bearbeitet und im Anschluss im Plenum besprochen werden:
1. Könnten Sie sich einen eigenen Urlaub in Costa Rica in diesem Hotelkomplex vorstellen?
Was würde Ihnen gefallen, was nicht?
2. Welche Eingriffe in die Natur sehen Sie?
3. Haben Sie Ideen zur Verbesserung der touristischen Erschließung und zum Erhalt der Natur?
4. Vergleichen und prüfen Sie die Diskussionspunkte mit dem Tafelbild der letzten Stunde.
Inwiefern lassen sich die Ergebnisse der letzten Stunde (Vor- und Nachteile des Tourismus
in Schwellen- und Entwicklungsländern) erweitern, wo werden sie bestätigt, wo finden sich
Widersprüche?
Erweiterungsmöglichkeiten:
A: Es empfiehlt sich, das Thema zu visualisieren, um das Interesse der Schüler und deren
Betroffenheit zu erhöhen. Ausgewählte Filme, z.B. "Tourismus. Geschäft oder Entwicklung?" (19 min; anhand von Beispielen aus Gambia und Sierra Leone wird die touristische
Entwicklung und ihre Auswirkungen kritisch beleuchtet), "Malediven-Luxusinsel Banyan
Tree" (45 min; Bericht über die Bedingungen der im Tourismus beschäftigten Einwohner der
Malediven) oder „Müllkippe Sinai“ (30 min; Beschreibung der Umweltsituation im Sinai
23
Konkrete Unterrichtsplanung
durch die touristische Entwicklung der Region) können hier ergänzend vorgeführt und nach
dem Schema oben (siehe Fragen 1-4 zu Fallbeispiel Playa Tambor/Costa Rica) besprochen
werden. Alternativ oder ergänzend könnten auch folgende Fragen gestellt werden: Welche
negativen Auswirkungen der touristischen Erschließung/ des touristischen Großprojektes
zeigt der Film (Auswirkungen auf Natur; Auswirkungen auf Menschen; Auswirkungen auf
Wirtschaft des Ziellandes)?
B: Darüber hinaus kann das Arbeitsblatt 7 „Tourismusentwicklung um jeden Preis?“ mit
folgenden Arbeitsaufträgen zur Vertiefung dienen: Diskutieren Sie die Fragen:
- Sind touristische Entwicklungen in „Dritte-Welt-Staaten“ ohne negative Auswirkungen
für Menschen und Natur möglich?
- Stellen Sie zuvor im Text aufgeführte Kritikpunkte zusammen.
C: Das Arbeitsblatt 8 „Die Karibik – das letzte Urlaubsparadies“ soll in Gruppen bearbeitet
und im Anschluss im Plenum besprochen werden. Folgende Arbeitsaufträge werden den
einzelnen Gruppen verteilt:
Gruppe 1: Erstellen Sie eine Liste mit den Gruppen, denen die touristischen Einrichtungen
der Karibik gehören.
Gruppe 2: Beschreiben Sie die Fehler, die bei touristischen Erschließungen der Karibischen
Inseln gemacht wurden.
Gruppe 3: Beschreiben Sie Beschäftigungseffekte, die die touristische Erschließung der
Karibischen Inseln bewirkte.
Gruppe 4: Welche Einstellung hat die karibische Bevölkerung heute zum Tourismus?
Zeitbedarf: 1-2 Doppelstunden
2.2.4
Nachhaltigkeit und Nachhaltiger Tourismus – Einführung und Anwendung der
Begriffsdefinitionen
Lernziele:
Die Schülerinnen und Schüler lernen den Begriff „Nachhaltigkeit“ kennen und verstehen. Sie
übertragen ihn auf den Tourismus allgemein und wenden ihn anhand eines praktischen Beispiels
an. Hierbei erkennen Sie auch ggf. vorhandene Grenzen und Handlungsbedarf im touristischen
Bereich.
Methodisch-didaktische Vorgehensweise: Um den Begriff Nachhaltigkeit und nachhaltige Nutzung verstehen und anwenden zu können (vertiefende Information zum Themenkomplex siehe Kapitel
4.4.2), gilt es, zuvor die Begrifflichkeiten zu klären. Zu Beginn der Stunde wird im Plenum
versucht, ein Brainstorming zu dem Begriff Nachhaltigkeit durchzuführen. Hierfür werden
Definitionen von den Schülern gesammelt und an der Tafel festgehalten. Im Anschluss wird das
Arbeitsblatt 9 „Was ist nachhaltige Nutzung“ zur Bearbeitung verteilt. Die Leitfragen sind:
1. Was ist Nachhaltigkeit?
24
Konkrete Unterrichtsplanung
2. Wie sollten Ressourcen genutzt werden, damit Ziele der Nachhaltigkeit erreicht werden?
3. Lässt sich der Anspruch der Nachhaltigkeit auf touristische Nutzung übertragen?
Zum Abschluss der Diskussion werden die Ergebnisse an der Tafel festgehalten. Die Definition
von Nachhaltigkeit nach Brundtland „Nachhaltige Entwicklung ist Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen
Bedürfnisse nicht befriedigen können.“ (siehe Kapitel 4.4.2) wird vorgestellt und ebenfalls auf
der Tafel festgehalten. Dies dient zur Überprüfung, ob die Diskussionspunkte mit der allgemein
gültigen Definition übereinstimmen.
Mit einem weiteren Arbeitsblatt 10 „Nachhaltige Entwicklung als Leitbild für einen naturfreundlichen Tourismus“ wird der Begriff Nachhaltigkeit auf nachhaltige touristische Nutzung
übertragen und veranschaulicht. Zur Verinnerlichung des Themas nachhaltige touristische Nutzung soll das Fallbeispiel Playa Tambor geprüft werden, ob dieses dem Leitbild für einen naturfreundlichen Tourismus entspricht bzw. nicht entspricht. Durch die Entwicklung von Verbesserungsvorschläge werden Lösungsansätze für das Untersuchungsgebiet entwickelt. Die Leitfrage
der Diskussion hierbei ist:
- Ist eine touristische Entwicklung ohne negative Folgen möglich?
- Wie wäre dies möglich?
Antworten hierzu sollen als Ergebnisprotokoll an der Tafel festgehalten werden.
Erweiterungsmöglichkeiten:
Das als Erweiterungsmöglichkeit A ausgewählte Filmmaterial der letzten Stunde (siehe auch
Filmvorschläge in Kapitel 5.2) kann auch hier vorgestellt und vergleichsweise geprüft und besprochen werden. Leitfragen sind:
- Entspricht es dem Leitbild für einen naturfreundlichen Tourismus bzw. entspricht es ihm nicht?
- Ist eine touristische Entwicklung ohne negative Folgen möglich? Wie wäre dies möglich?
Zeitbedarf: 1 Doppelstunde
2.2.5
Rollenspiel: Was wird aus Puerto Suerte?
Lernziele:
Die Schülerinnen und Schüler lernen die verschiedenen Interessenskonflikte von unterschiedlichen Reiseanbietern und Bewohnern innerhalb einer ggf. touristisch zu erschließenden tropischen Region kennen. Sie versetzen sich in die unterschiedlichen Rollen der Vertreter von ökonomischen, ökologischen und sozialen Interessen. Dabei werden gleichzeitig kommunikative
Fähigkeiten (Durchsetzungsfähigkeit, Kompromissfindung, Diplomatie) trainiert und die jeweiligen Interessen formuliert und gegenübergestellt. Durch eine gemeinsame Zielfindung können
sie erste allgemeinverträgliche Lösungsansätze erarbeiten.
Methodisch-didaktische Vorgehensweise: Das Arbeitsblatt 11 „Rollenspiel: Was wird aus Puerto Suerte?“
wird zum Lesen und Durchführen verteilt, die Zielsetzung besprochen und auf mögliche Fragen
25
Konkrete Unterrichtsplanung
eingegangen. Folgendes Szenario soll möglichst natürlich und realitätsnah gespielt werden: Eine
Gemeinde an der tropischen Küste steht vor der Frage, wie ihre weitere Entwicklung aussehen
bzw. gestaltet werden soll – Massentourismus, Öko-Tourismus oder gar kein Tourismus. An der
Entscheidung sind vier Gruppen beteiligt. Gemeinsam soll nach der optimalen Lösung für
Puerto Suerte gesucht werden. Zur Umsetzung des Rollenspiels wird die Schülerschaft in 4-5
Kleingruppen zu je maximal 5 Schüler/-innen eingeteilt. Jede Gruppe soll sich in eine Interessensgruppe hineinversetzen und Argumentationspunkte sammeln, die beim Zusammentreffen
mit den „Kontrahenten“ benötigt werden. Ist die Gesamtgruppe groß genug, um 5 Gruppen zu
bilden, soll eine Gruppe die Beobachterrolle übernehmen; sie gibt den Rollenspielern nach dem
Spiel ein Feed-back über Argumentationsstärke, Widersprüche, Durchsetzungsfähigkeit, etc...
Im Anschluss an die Gruppenarbeitsphase übernehmen 1-2 Gruppenmitglieder die Rolle des
Gruppensprechers und begeben sich in die Mitte des Klassenraums, wo die Diskussion stattfinden soll. Ggf. kann der Lehrende eine kurze Einleitung zum Gespräch geben. Im Anschluss soll
das Erlebte – auch mit Hilfe der Beobachtergruppe - diskutiert und die Ergebnisse festgehalten
werden.
Erweiterungsmöglichkeiten:
Ggf. kann das Rollenspiel mit anderen Spielern wiederholt werden.
Zeitbedarf: 1-2 Doppelstunden
2.2.6
Gruppenarbeit: Der ideale Tourismus
Lernziele:
Die Schülerinnen und Schüler entwickeln eine Phantasieform des idealen Tourismus. Dabei erkennen sie einerseits, welche Aspekte einen Tourismus für sie selbst ideal im Sinne von Nachhaltigkeit machen würden; andererseits wird ihnen gleichzeitig klar, (obwohl oder gerade weil
sie keine realen Hindernisse berücksichtigen sollen) welche Hürden einer Realisierung im Wege
stehen würden.
Methodisch-didaktische Vorgehensweise: Das Arbeitsblatt 12 „Phantasiekonzept: Der ideale Tourismus in
Schwellen- und Entwicklungsländern“ wird verteilt. Die Schüler teilen sich in Kleingruppen auf
und bearbeiten folgende Fragestellung:
Entwerfen Sie in Gruppenarbeit ein Phantasiekonzept für einen verträglichen Tourismus in
Entwicklungsländern. Listen Sie Vorschläge zu Ihrem Fachgebiet auf. Formulieren Sie grundsätzlich positiv. Seien Sie möglichste kreativ und phantasievoll. Auch heute noch utopisch erscheinende Vorschläge sind denkbar. Lassen Sie sich nicht durch finanzielle oder soziale
Zwänge einschränken.
Gruppe 1: Landschafts- und naturschonende Architektur der touristischen Anlagen
Gruppe 2: Naturschonende Energieversorgung und Sanitär- und Abfallentsorgung
Gruppe 3: Sozialverträglichkeit der tourismuswirtschaftlichen Aktivitäten und Förderung des
Lebensstandards der Bevölkerung im Reiseland
26
Konkrete Unterrichtsplanung
Gruppe 4: Personalmanagement
Eine geeignete Auswahl an Materialien sollte zur Verfügung stehen (Plakate, Folien, passende
Stifte, Zeitschriften für Collagen, etc.).
Die Ergebnisse – die ideale Tourismuswirtschaft – werden anschließend von den Gruppen vorgestellt und visualisiert (z.B. auf Plakaten, die dann auch bspw. im Schulgebäude ausgestellt
werden können).
Zeitbedarf: 2 Doppelstunden
2.2.7
Positive Fallbeispiele aus Costa Rica
Lernziele:
Die Schülerinnen und Schüler lernen positive Beispiele von nachhaltigem Tourismus kennen
und erkennen v.a. auch die Bedeutung des Tourismus für Mensch und Natur. Sie differenzieren
die Begriffe Öko-Tourismus, Naturtourismus und nachhaltiger Tourismus. Sie sammeln erste
Erfahrungen bei der kritischen Prüfung nachhaltiger Tourismusprojekte hinsichtlich des Anspruchs auf Nachhaltigkeit, deren Bedeutung für den Naturschutz als auch deren Umsetzung in
der Reisebranche.
Methodisch-didaktische Vorgehensweise: Der Lehrer beginnt mit einer landeskundlichen Einführung zu
Costa Rica (Grundlagen hierzu siehe Kapitel 4.5). Mit Hilfe einer Powerpointepräsentation
„Tropica Verde – Naturschutz und Öko-Tourismus in Costa Rica“ stellt der Lehrer drei Fallbeispiele aus der Naturschutzarbeit von Tropica Verde in Costa Rica vor und die Bedeutung des
Tourismus heraus (hierzu auch Arbeitsblätter 13-15, Fallbeispiele aus der Naturschutzarbeit
von Tropica Verde in Costa Rica; alternativ oder ergänzend zur Präsentation können diese in
Gruppen bearbeitet und dann von diesen vorgestellt werden). Folgende Fragen können die
Diskussion im Anschluss der Präsentation leiten:
1. Was sind die Vor- und Nachteile des vorgestellten Projekttourismus (für die Bevölkerung,
für die Natur, für die Veranstalter)?
2. Was erwartet den Touristen? Welche Touristen werden angesprochen?
3. Wie kann solch ein Projekttourismus in das Programm eines Reiseveranstalters aufgenommen werden? Welche Möglichkeiten sehen Sie, eine derartige Reise im Reisebüro zu vermitteln (welche Schwierigkeiten sehen Sie)?
4. Wie sind die Vermarktungschancen für den vorgestellten Tourismus? Alternativ: Wie könnte
eine solche Reise vermarktet werden (erstellen Sie ein kurzes Marketing-Konzept)? 1
Als weitergehende Frage sollte geklärt werden, wie sich der Begriff des Öko-Tourismus von
dem des nachhaltigen Tourismus abgrenzt (nähere Information siehe Kapitel 4.4). Eine Zusammenstellung verschiedener Definitionen kann Grundlage einer vertiefenden Diskussion sein
(siehe Materialien 1 und 2 im Anhang).
1
*Diese Frage lässt sich in das Lernfeld 10 (Marketing) des Rahmenlehrplans übertragen und dort ausführlicher – z.B.
exemplarisch für die verschiedenen Möglichkeiten der Produkt-, Kommunikations- und Distributionspolitik - behandeln
27
Konkrete Unterrichtsplanung
Erweiterungsmöglichkeiten:
Der Text „Ökotourismus in Indigena-Reservaten im Süden Costa Ricas“ (Arbeitsblatt 16) soll
mit folgendem Arbeitsauftrag bearbeitet werden:
1. Nennen Sie die Zielsetzung des vorgestellten Tourismusprojekts.
2. Untersuchen und beschreiben Sie, inwiefern das Projekt nachhaltig ist.
3. Überlegen Sie, ob und wenn ja wie, diese Art des Projekttourismus in das Programm von
Reiseveranstaltern aufgenommen und vermarktet werden kann.
Zeitbedarf: 1 Doppelstunde
2.2.8
Analyse einer praktischen Umsetzung des Konzepts nachhaltiger Tourismus –
Angebot eines costaricanischen Reiseveranstalters
Lernziele:
Die Schülerinnen und Schüler lernen Nachhaltigkeitskonzepte von Reiseveranstaltern kennen
und prüfen deren Stichhaltigkeit.
Methodisch-didaktische Vorgehensweise: Das Arbeitsblatt 17 „Cultourica-Konzept“ stellt exemplarisch
das Nachhaltigkeitskonzept eines costaricanischen Reiseveranstalters vor. Das Angebot des
Reiseveranstalters soll anhand Arbeitsblatt 18 „Costa Rica Auténtica“ kritisch geprüft werden:
1. Was sind die Schwerpunkte dieser Reise? Inwiefern unterscheidet sie sich dadurch von
„normalen“ Pauschalreisen?
2. Wer sind die Partner des Reiseveranstalters? (Hotels, Besuche, Besichtigungen, Projekte)
3. Was sieht man außer „alternativen Projekten“? Wie behandelt diese Reise die „Sehenswürdigkeiten“ des Landes?
4. Inwiefern erfüllt die Tour „Costa Rica Auténtica“ den Anspruch, der im Konzept formuliert
wurde bzw. den Anspruch auf Nachhaltigkeit?
5. Beschreiben Sie, wie diese Reise in die Kataloge der großen Reiseveranstalter aufgenommen werden könnte. Welche Veranstalter/Marken kommen Ihrer Meinung nach in Frage?
Die Fragen können entweder in Einzel-, Partner- oder in Gruppenarbeit bearbeitet werden. Anschließend werden sie im Plenum besprochen.
Erweiterungsmöglichkeiten:
Überprüfung des Nachhaltigkeitsanspruchs anderer Reiseveranstalter, die ein entsprechendes
Konzept formulieren.
Zeitbedarf: 1 Doppelstunde
28
Konkrete Unterrichtsplanung
2.2.9
Handlungsmöglichkeiten der Tourismusbranche
Lernziele:
Die Schülerinnen und Schüler erhalten einen Überblick über verschiedene Institutionen und
Verbände, die sich im Bereich des nachhaltigen Tourismus engagieren. Anhand deren Betätigungsfeld lernen sie Handlungsmöglichkeiten der Tourismusbranche kennen und entwickeln
dazu weitere Ideen.
Methodisch-didaktische Vorgehensweise: Für die Tourismusbranche eröffnen sich verschiedene Handlungsmöglichkeiten, um nachhaltigen Tourismus zu fördern, u.a.:
Ø Durch die Unterstützung von Codes of Conduct (schriftlich formulierte Verhaltens- oder
Ethikkodices, die Maßstäbe für gewünschtes oder gebotenes Handeln setzen und hier i.d.R.
sowohl Handlungsleitlinien für ein angemessenes Geschäftsgebaren der Tourismusbranche
in Schwellen- und Entwicklungsländern als auch „Verhaltensknigge“ für Touristen meinen);
Ø Durch Zertifizierung, Umweltsiegel und Umweltmanagementstandards
Ø Durch eine auf Nachhaltigkeit gerichtete Unternehmensphilosophie und entsprechend ausgerichtete Unternehmensziele;
Ø Durch die Erarbeitung und Kommunikation von Leitlinien für nachhaltigen Tourismus;
Ø Durch die Verwendung von Umweltchecklisten für die Angebotsprüfung;
Ø Durch die Bereitstellung und den Einsatz von Kriterienkatalogen zu nachhaltigem Reisen für
den Kunden;
Ø Durch Umweltempfehlungen an Anbieter und Reisende.
Ø Durch die Erstellung von Prioritätenlisten auf Grundlage von vorab vereinbarten quantitativen und qualitativen Zielen für nachhaltigen Tourismus. Anhand solcher Listen können neue
Unternehmensstrategien und Aktionspläne entwickelt werden.
Zu Beginn der Stunde wird nach Ebenen und Möglichkeiten gesucht, in denen sich die Tourismusbranche für nachhaltigen Tourismus engagieren kann. Um einen Überblick über relevante
Institutionen und Verbände zu geben, wird eine Linkliste verteilt (Arbeitsblatt 19). Im ersten
Teil der Doppelstunde sollen die Schülerinnen und Schüler das Arbeitsblatt studieren und mittels Internetrecherche vertiefen. Die Klasse sammelt das gewonnene Wissen im Plenum und hält
es stichwortartig an der Tafel fest. Hierbei soll angesprochen werden, welche Organisationen
und Verbände sich wie engagieren und welchen Stellenwert Natur und Umweltschutz besitzt.
Alternativ kann die Klasse auch in zwei Gruppen geteilt werden: Eine Gruppe recherchiert internationale, die andere nationale Verbände/ Organisationen. Die beiden Gruppen stellen sich
gegenseitig die Ergebnisse im Plenum vor.
Im zweiten Teil der Stunde sollen Handlungsmöglichkeiten der Tourismusbranche vertieft
untersucht und bewertet werden. Hierfür wird die Klasse in 5 Gruppen aufgeteilt und verschiedene Beispiele (siehe Arbeitsblätter 20.1-5) bearbeitet:
Gruppe 1: forum anders reisen - Präambel
Gruppe 2: TUI - Urlaub und Umweltverträglichkeit
Gruppe 3: Studiosus – Forum der Bereisten
29
Konkrete Unterrichtsplanung
Gruppe 4: Tour Operators Initiative – Statement of Commitment
Gruppe 5: Umweltmanagementstandards, Umweltsiegel und Zertifizierungssysteme im Tourismus
Arbeitsvorschlag: Prüfen Sie kritisch die vorgestellten Beispiele und Initiativen. Welche Rolle
spielt Natur- und Umweltschutz? Wo sehen Sie Verbesserungsmöglichkeiten bzw. weiteren
Handlungsbedarf?
Erweiterungsmöglichkeiten:
Um diesem Themenbereich der Unterrichtseinheit mehr Zeit zu Verfügung zu stellen, können
hier auch 2 Doppelstunden veranschlagt werden bzw. die Ergebnisse zu Beginn der zweiten
Doppelstunde vorgestellt werden.
Weitere Materialien, die zumindest in Auszügen an dieser Stelle im Unterricht bearbeitet werden könnten:
- DRV (DEUTSCHER REISEBÜRO- UND REISEVERANSTALTER VERBAND E.V.) [Hrsg.]: Ökologisch Reisen. Auf Fernreisen die Natur entlasten. Umweltbroschüre. - Frankfurt/Main [beim
Herausgeber zu bestellen]
- INTERNATIONAL CONFERENCE ON BIODIVERSITY AND TOURISM (1997): Berlin Declaration
on Biological Diversity and Sustainable Tourism. – Berlin.
URL: www.bfn.de/03/031402_berlinen.pdf, 24.01.2004
- PETER MEYER VERLAG [Hrsg.]: Urlaub? Natürlich! Umwelt- & Naturschutztips für Urlaub
und Freizeit. Informationsblatt. – Frankfurt/Main (Peter Meyer Verlag) [beim Herausgeber
zu bestellen]
- TOURISM WATCH & FORUM ANDERS REISEN [Hrsg.]: Reisen mit Respekt. Tips für verantwortungsvolles Reisen. Broschüre. – Freiburg [beim Herausgeber zu bestellen]
- WTO (WORLD TOURISM ORGANIZATION) (1999): Global Code of Ethics for Tourism. –
Madrid.
URL: www.world-tourism.org/projects/ethics/principles.html, 24.01.2004
-
UNEP (UNITED NATIONS ENVIRONMENT PROGRAMME) (2000): Principles for Implementation of Sustainable Tourism. – Nairobi.
URL: www.uneptie.org/pc/tourism/policy/principles.htm, 24.01.2004
Zeitbedarf: 1-2 Doppelstunden
2.2.10
Handlungsmöglichkeiten im eigenen Umfeld
Lernziele:
Die Schülerinnen und Schüler suchen nach Möglichkeiten des Handelns im eigenen Umfeld und
werden motiviert selbst aktiv zu werden.
Methodisch-didaktische Vorgehensweise: Die Berufsschülerinnen und -schüler sollen Möglichkeiten des
Handelns im persönlichen Arbeitsumfeld erkennen. Dazu werden zuerst Vorschläge für eigene
Handlungsmöglichkeiten – im Reisebüro oder beim Veranstalter, gegenüber Vorgesetzten,
30
Konkrete Unterrichtsplanung
Kollegen und Kunden – gesammelt und bewertet. In systematischer Ordnung sollen die Ideen
an der Tafel festgehalten werden. Folgendes könnte bei der Besprechung erwähnt werden:
Unternehmensphilosophie
Aufklärungsarbeit bei Vorgesetzten und Kollegen
Medienarbeit
Prüfung des eigenen – umweltfreundlichen – Angebots
Informationsbedarf (z.B. Kennzeichnung und Beschreibung umweltfreundlicher Hotels in
Katalogen)
Akzentuierung im Kundengespräch und entsprechende Verkaufsschulung
Vorbereitung und Information der Touristen im Vorfeld
Prüfung des eigenen Reisens
....
Zum Schluss soll die Klasse motiviert werden, eine gemeinsame Aktion zu planen und durchzuführen.
Erweiterungsmöglichkeiten:
A: Gruppenarbeit und Durchführung eines Rollenspiels: Expedienten-Gespräch über ÖkoTourismus (Arbeitsblatt 21). Lernziele: Die Schülerinnen und Schüler üben Argumentation
und Motivation für reale Verkaufsgespräche über umweltfreundliche Reiseangebote. Sie erkennen den Mehrwert – mehr Wohlbefinden – für Touristen in einer gesunden Umwelt. Sie
erfahren ggf. die Grenzen verfügbarer Informationen in den Veranstalterkatalogen und können so erste Forderungen an die Veranstalter hinsichtlich umweltrelevanter Informationen
der angebotenen Reisen formulieren.
B: Anhand des Films "Touristen in Sri Lanka" (20 min; mit verschiedenen Beispielen wird das
Verhalten von Touristen und deren fehlende Sensibilität gegenüber der Bevölkerung aufgezeigt) soll das Verhalten von Touristen in fremden Regionen und Kulturen besprochen werden. Die Frage, inwiefern der einzelne Reiseverkehrskaufmann bzw. -frau durch Aufklärungsarbeit zu einem respektvollen, sensiblen Verhalten der Gäste beitragen kann, soll geklärt werden.
Zeitbedarf: 1-2 Doppelstunden
2.2.11
Abschlussbesprechung und Bewertung der Unterrichtseinheit
Lernziele:
Die Schülerinnen und Schüler resümieren die Unterrichtseinheit und fassen das Erlernte und Erfahrene zusammen. Dadurch wird der Lernerfolg verstärkt. Den Schülern ist bewusst geworden,
dass auch sie einen Beitrag für die nachhaltige Gestaltung des Tourismus leisten können. Nach
dem Motto: „Auch Reiseverkehrskaufleute können Naturschützer sein!“
31
Konkrete Unterrichtsplanung
Methodisch-didaktische Vorgehensweise: Das Arbeitsblatt 22 „Abschlussbesprechung und Bewertung“
wird verteilt. Folgende Fragen werden von der Schülerschaft bearbeitet:
Was habe ich durch die Unterrichtsreihe „Nachhaltiger Tourismus in Schwellen- und Entwicklungsländern – Auswirkungen auf Natur und Umwelt“ gelernt? Was konnte ich dadurch erfahren? Hat sich meine Einstellung zum Tourismus dadurch verändert? Wenn ja,
wie bzw. wie setze ich dies in meiner eigenen Arbeit um?
Wenn ich die Gelegenheit habe, vor einem interessierten Publikum Wünsche oder Forderungen zu äußern, die mir im Rahmen der Unterrichtsreihe zum Thema nachhaltiger Tourismus kamen, welche sind diese (und an wen sind sie gerichtet)?
Im Plenum werden die Fragen besprochen und so das Erlernte, Erfahrene und eine Wunschliste
bzw. Forderungskatalog zusammengefasst und festgehalten. Die Abschlussstunde bietet die
Möglichkeit über das Erlernte und Erfahrene zu reflektieren, aber auch Kritik und Verbesserungsvorschläge zu äußern. (An dieser Stelle besteht auch die Möglichkeit einzelne Fragen des
Fragebogens (Arbeitsblatt 1) und Fragen der Unterrichtseinheit zu wiederholen, um Veränderungen festzustellen.)
Zeitbedarf: 1 Doppelstunde
32
Arbeitsblätter - Übersicht
3
Arbeitsblätter
Übersicht über die Arbeitsblätter
1.
2.
3.
4.1
4.2
4.3
4.4
5.1.
5.2.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
15.
16.
17.
Fragebogen zum eigenen Reiseverhalten
Als die Touristen kamen
Touristische Teilbereiche und ihre Auswirkungen auf Natur und Umwelt
Auswirkungen auf Natur und Umwelt – Wasser- und Energieverbrauch
Auswirkungen auf Natur und Umwelt – Biotopvernichtung und Artensterben
Auswirkungen auf Natur und Umwelt – Luftverschmutzung
Auswirkungen auf Natur und Umwelt – Gewässer- und Abfallbelastung
Auswirkungen auf Natur und Umwelt – Flächenverbrauch und Zerschneidung der Landschaft
Auswirkungen auf Natur und Umwelt – Reisesouvenirs
Fallbeispiel Playa Tambor / Costa Rica
Tourismusentwicklung um jeden Preis
Die Karibik – das letzte Urlaubsparadies?
Was bedeutet nachhaltige Nutzung?
Nachhaltige Entwicklung als Leitbild für einen naturfreundlichen Tourismus
Rollenspiel: Was wird aus Puerto Suerte?
Phantasiekonzept: Der ideale Tourismus in Schwellen- und Entwicklungsländern
Öko-Tourismus und Meeresschildkrötenschutz in Costa Rica – Tropica Verde-Projekt
Wiederbewaldung und Öko-Tourismus in Costa Rica - Tropica Verde-Projekt
Waldschutz und Öko-Tourismus in Costa Rica - Tropica Verde-Projekt
Öko-Tourismus in Indigena-Reservaten im Süden Costa Ricas
Cultourica - Konzept
18.
19.
20.1.
20.2.
Costa Rica Auténtica - Angebot eines costaricanischen Reiseveranstalters
Linkliste – Verbände und Organisationen im Bereich nachhaltiger Tourismus
Handlungsmöglichkeiten der Tourismusbranche: forum anders reisen – Präambel
Handlungsmöglichkeiten der Tourismusbranche: TUI - Urlaub und Umweltverträglichkeit
20.3. Handlungsmöglichkeiten der Tourismusbranche: Studiosus – Forum der Bereisten
20.4. Handlungsmöglichkeiten der Tourismusbranche: Tour Operators Initiative – Statement of Commitment
20.5. Handlungsmöglichkeiten Tourismusbranche: Umweltmanagementstandards, Umweltsiegel und Zerti21.
22.
fizierungssysteme im Tourismus
Rollenspiel: Expedienten-Gespräch über Öko-Tourismus
Abschlussbesprechung und Bewertung der Unterrichtseinheit
33
Arbeitsblatt 1
Fragebogen zum eigenen Reiseverhalten
(angelehnt an www.globales-lernen.de )
Name: _________________________
Alter: ________
männlich ___
weiblich___
1. Meine letzte Sommerreise war (bis zu 3 Kreuzen möglich)
eine Campingreise
£
eine Reise mit Interrail
£
eine Wandertour
£
eine Pauschalreise
£
eine Last-minute-Reise
£
eine Sight-seeing-Reise
£
eine Sprachreise
£
eine Spontanreise
£
eine Kulturreise
£
eine Naturreise
£
keiner der oben genannten Möglichkeiten
£
2. Das Reiseziel war in
Deutschland £
England £
Frankreich £
Italien £
Spanien £
Griechenland £
Österreich £
andere europäische Länder £
Asien £
Afrika £
Lateinamerika £
USA £
sonstige £
3. Wenn ich verreise, dann kommt es mir vor allem darauf an (max. 2 Kreuze)
neue Menschen kennen zu lernen
£
andere Länder kennen zu lernen
£
Sonne und Strand zu genießen
£
Luxus zu genießen
£
mit Freunden zusammen zu sein
£
kulturelle Erfahrungen zu machen
£
mich zu erholen
£
möglichst weit wegzureisen
£
meine Sprachkenntnisse auszuprobieren
£
in der Natur zu sein
£
_____________________________
£
34
Arbeitsblatt 1
4. Ich hätte große Lust, einmal in ein Land der Dritten Welt zu reisen
stimmt völlig £
stimmt etwas £
stimmt eher nicht £
stimmt gar nicht £
5. Ich bin bereits in ein Land der Dritten Welt gereist
stimmt nicht £
stimmt
£
und zwar nach_________________________
6. Folgende persönliche Erfahrungen konnte ich während meiner Reisen in DritteWelt-Länder sammeln (für diejenigen, die keine persönlichen Erfahrungen haben, soll die
Frage lauten: Welche Erfahrungen könnten Sie bei einer Reise in Dritte-Welt-Länder vermutlich sammeln?)
7. Die Auswirkungen des Tourismus auf Natur und Umwelt interessieren mich
sehr £
mittel £
wenig £
gar nicht £
8. Zählen Sie Einflüsse von Tourismus auf Natur und Umwelt auf!
35
Arbeitsblatt 2
Als die Touristen kamen
Der Finanzminister sprach
„Die Wirtschaft wird angekurbelt
die Dollars werden fließen.“
Als die Touristen kamen
wurde unser Essen knapp
gingen die Preise hoch
doch unsere Löhne blieben niedrig
Der Innenminister sprach
„Das heißt vielfältige
Beschäftigungen für
alle Eingeborenen.“
Als die Touristen kamen
konnten wir nicht mehr hinunter
an unsere Strände gehen
der Hoteldirektor sagte
„Wilde verschandeln den Strand“
Der Kultusminister sprach
„Das wird unser Leben bereichern...
der Kontakt mit anderen Kulturen
verbessert sicherlich
die Lebensqualität.“
Als die Touristen kamen
wurden Hunger und Elend
bewahrt als bedrohtes
historisches Bild
-ein schicker Schandfleckfür die klickenden Kameras
Der Hilton-Manager sprach
„Wir werden für euch
ein zweites Paradies erschaffen;
für euch ist das der Morgen
eines ruhmreichen Neubeginns.“
Als die Touristen kamen
wurden wir aufgefordert
„Bürgersteig-Botschafter“ zu sein
stets lächelnd und fröhlich
ihn immer zu führen
den „verirrten“ Gast...
Teufel, könnten wir ihnen nur sagen
wohin wir sie wirklich wünschen!
Als die Touristen kamen
verwandelte sich unser Inselvolk
in einen grotesken Narrenzug
-ein zweiwöchiges Vorprogramm
Als die Touristen kamen
legten unsere Männer
ihre Fischernetze weg
um Kellner zu werden
unsere Frauen wurden Huren
Als die Touristen kamen
flog unsere alte Kultur
zum Fenster hinaus
wir tauschten unsere Bräuche
gegen Sonnenbrillen und Pop
aus heiligen Zeremonien
wurden billige Peepshows gemacht
Cecil Rajendra, Rechtsanwalt und Poet
Penang/Malaysia
ARBEITSVORSCHLAG:
Diskutieren Sie die Fragen:
- Was wurde den Einheimischen durch den Tourismus versprochen und was hat er ihnen
letztendlich gebracht?
- Was verspricht sich die Regierung vom Tourismus?
- Kennen Sie konkrete Beispiele für positive oder negative Auswirkungen des Tourismus in
Entwicklungsländern?
36
Arbeitsblatt 3
Touristische Teilbereiche und ihre Auswirkungen auf Natur und Umwelt
Von den verschiedenen touristischen Leistungsbereichen gehen eine ganze Reihe von Umweltbelastungen aus:
1. Standortauswahl und –gestaltung für Hotels und Pensionen
Schon bei der Entwicklung von Standorten für Hotels und Pensionen wird Natur „verbraucht“. Das
bezieht sich zum einen auf den Verbrauch von Flächen, auf denen Gebäude errichtet werden. Für
Hotels und Pensionen werden landschaftlich attraktive Standorte bevorzugt, die gleichzeitig häufig
Standort wertvoller, artenreicher und empfindlicher Ökosysteme (Küsten, Ufer, Waldränder) sind.
Sie werden durch Überbauung, Entwässerung oder Auffüllung zerstört oder stark beeinträchtigt.
Problematisch ist auch die Verwendung traditioneller Baumaterialien (Holz, Korallenkalk), wenn
diese in zu großem Umfang genutzt werden.
2. Transport
Weitere Umweltbelastungen entstehen durch Hin- und Rückreiseverkehr, dem Import von Lebensmitteln und anderen Konsumgütern für die Versorgung der Touristen sowie den Transport von
Reisenden und Waren in den Zielgebieten selbst. Ein zunehmender Anteil des Transportes im
Ferntourismus wird mit dem Flugzeug durchgeführt, eine stark klimaschädigende Reiseform. Für
den Transport im Zielgebiet müssen Straßen und Flughäfen gebaut werden, was mit Flächenverbrauch einhergeht und natürliche Lebensräume zerschneidet. Der Transport selbst wiederum
erfordert Energieeinsatz und erzeugt Luft- und Lärmbelastungen.
3. Betrieb von Hotels und Pensionen
Die schwerwiegendsten Beeinträchtigungen durch den Betrieb der Hotels und Pensionen gehen
vom Wasserverbrauch, den Abwässern und dem Abfall aus. Durch den hohen Wasserbedarf in
Trockenzeiten oder in wasserarmen Gebieten wird der Landschaft zuviel Wasser entnommen,
das Mensch und Natur fehlt. So wird z.B. Feuchtgebieten und Süßwasserökosystemen die Mindestmenge Wasser zur Erhaltung ihrer natürlichen Prozesse entzogen und diese damit nachhaltig gestört. Die von den Abwässern und dem Abfall ausgehende Gefahr liegt in der Nährstoffanreicherung und Verschmutzung der Natur, wodurch große Schäden auch in weit entfernten Gebieten verursacht werden. Der hohe Energiebedarf stellt ein weiteres ernst zu nehmendes Problem dar.
4. Touristische Aktivitäten
Touristische Aktivitäten – insbesondere beim Sport- und Abenteuertourismus - in der landschaftlich reizvollen Umgebung (z.B. Jeep-Safaris, Ausflüge, Exkursionen, Tauchen, Golfen) können insbesondere beim Massentourismus zu Übernutzung der Natur und dadurch zu irreversiblen Schäden
der natürlichen Prozesse in sensiblen Ökosystemen führen. Auslöser sind vor allem Trittschäden an
der Vegetation, Störung von wildlebenden Tieren und Artenverluste durch die Nachfrage nach
Souvenirs (Federn, Korallen, Muscheln, lebende Tiere).
Quellen:
VORLAUFER, K. (1996): Tourismus in Entwicklungsländern. Möglichkeiten und Grenzen einer nachhaltigen Entwicklung
durch Fremdenverkehr. - Darmstadt (Wissenschaftliche Buchgesellschaft)
BFN (BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ) [Hrsg.] (1997): Biodiversität und Tourismus: Konflikte und Lösungsansätze an den
Küsten der Weltmeere. - Berlin (Springer)
KAHLENBORN, W., CARIUS, A. (1999): Umwelttechnologietransfer im Tourismus. Internationale Fachkonferenz, 5.-6.
März 1998, ICC Berlin. Resümee und Ausblick. - Ecologic/Umweltbundesamt, Berlin
ARBEITSVORSCHLAG:
Beschreiben Sie die verschiedenen touristischen Teilbereiche und ihre Auswirkungen auf Natur
und Umwelt.
37
Arbeitsblatt 4.1
Auswirkungen auf Natur und Umwelt – Wasser- und Energieverbrauch
Ø
Wasserverbrauch
Für Deutschland konnte ermittelt werden, dass der Wasserverbrauch pro Gast und Tag in
einem Hotel der mittleren Kategorie zwischen 65 und 103 Litern liegt. Diese Werte werden
in vielen ausländischen Tourismusdestinationen bei weitem überschritten. Zudem steigt
mit höherem Hotelstandard der Wasserverbrauch erheblich: In einem Luxushotel im Mittelmeerraum werden teilweise mehr als 600 Liter pro Gast und Tag verbraucht. Aus diesem tourismusbedingten Wasserverbrauch resultieren schon heute Versorgungsengpässe,
vor allem in Trockengebieten, Küstenzonen (z.B. Rotes Meer, spanische Mittelmeerküste)
und auf kleineren Inseln (z.B. Kanarische Inseln, Südseeatolle).
Ø
Energieverbrauch
Ähnlich dem Wasserverbrauch schwankt auch der Energieverbrauch in Hotels erheblich.
Für Deutschland kann man im Durchschnitt von über 20 kWh pro Gast und Tag ausgehen,
womit alleine schon der in Hotels anfallende Energieverbrauch eines Touristen den Verbrauch in Privathaushalten übersteigt. Es gilt: Small is beautiful! Kleinere Einheiten haben
Vorteile gegenüber größeren Einheiten (s. Zahlenbeispiel).
Tabelle: Energieverbrauch pro Fläche in Beherbergungsbetrieben
(Quelle: KAHLENBORN/CARIUS 1999)
Hoteltyp
Energie
Mittlerer Energieverbrauch
Großes Hotel mit Wäscherei,
Schwimmbad, Küchen, Klimaanlage
Elektrizität kWh/m²
Energie kWh/m²
200-250
240-300
Mittleres Hotel ohne Wäscherei,
50-150 Zimmer, teilweise Klimaanlage
Elektrizität kWh/m²
Energie kWh/m²
90-120
210-250
Kleines Hotel, 4-50 Zimmer
Elektrizität kWh/m²
Energie kWh/m²
80-100
180-210
In Schwellen- und Entwicklungsländern führt der Energiehunger schnell wachsender Tourismus-Industrien zu regelmäßigen Zusammenbrüchen der regionalen oder gar nationalen
Stromversorgung. Durch einheimische Ressourcen kann dann die Energieversorgung nicht
mehr sichergestellt werden. Regelmäßige landesweite Stromausfälle waren z.B. in der
Dominikanischen Republik seit den 90er Jahren als Folge des stark gestiegenen Energiebedarfs im Zuge der touristischen Erschließung zu beobachten.
Quelle:
KAHLENBORN, W., CARIUS, A. (1999): Umwelttechnologietransfer im Tourismus. Internationale Fachkonferenz, 5.-6.
März 1998, ICC Berlin. Resümee und Ausblick. - Ecologic/Umweltbundesamt, Berlin
ARBEITSVORSCHLAG:
1. Beschreiben Sie die negativen Auswirkungen von Tourismus auf Natur und Umwelt.
2. Recherchieren Sie das Thema eingehender im Internet.
3. Entwickeln Sie Lösungsvorschläge.
38
Arbeitsblatt 4.2
Auswirkungen auf Natur und Umwelt – Biotopvernichtung und
Artensterben
Biotopvernichtung und Artensterben
Zu den natürlichen Ressourcen gehört auch die Vielfalt von Tieren und Pflanzen sowie ihre verschiedenen Lebensräume. Von den marinen Ökosystemen wie Korallenriffe. Küstenökosysteme
und Mangroven, von den fruchtbaren Böden der Tiefländer bis zu den ursprünglichen Waldökosystemen in den verschiedenen geographischen Höhenstufen reicht die Liste der durch den
Tourismus bedrohten natürlichen Lebensräume.
Riffe werden gesprengt, um Durchlässe für Yachthäfen zu schaffen (z.B. auf den Fidschi-Inseln
und in der Dominikanische Republik), Mangrovenwälder werden vernichtet, um Platz für Tourismuszentren zu schaffen (z.B. in Costa Rica in Papagayo), Feuchtgebiete werden trockengelegt, um den Bau von küstennahen Tourismuseinrichtungen zu ermöglichen (Spanien, Italien,
Türkei, etc.). Fatalerweise sind es gerade die Orte, an denen das natürliche Gleichgewicht besonders empfindlich ist und an denen die natürliche Vielfalt an Tieren und Pflanzen sowie unterschiedlichen Lebensräumen besonders groß ist - z.B. Meeresküsten, Fluss- und Seeufer,
Hoch- und Mittelgebirge sowie Übergangsbereiche wie Waldränder -, die der TourismusIndustrie auf der Suche nach neuen touristischen Destinationen ins Auge fallen:
Touristische Aktivitäten – insbesondere beim Sport- und Abenteuertourismus - wie Ausflüge
und Exkursionen sind die Ursache für Vegetationsschäden und Störung von wildlebenden Tieren. Freizeitangler und –jäger dringen in die Rückzugsräume von wildlebenden Tieren ein und
verkleinern dadurch weiter die Lebensräume. Motorboote, Motorräder und andere Fahrzeuge,
die in Freizeitsportarten eingesetzt werden, erzeugen Lärm und haben ähnlich negative Wirkungen auf die Wildtierbestände in den bisher ungestörten natürlichen Lebensräumen wie die
Jägerei und Sportfischerei. Mitgebrachte Souvenirs (Federn, Korallen, Muscheln, lebende Tiere)
tragen zum Aussterben der Arten bei. Dies alles führt zum Verlust unserer biologischen Vielfalt
– den Tieren und Pflanzen sowie ihrer Lebensräume.
ARBEITSVORSCHLAG:
1. Beschreiben Sie die negativen Auswirkungen von Tourismus auf Natur und Umwelt.
2. Recherchieren Sie das Thema eingehender im Internet. Suchen Sie weitere Beispiele zur
Illustration dieser Problematik.
3. Entwickeln Sie Lösungsvorschläge.
39
Arbeitsblatt 4.3
Auswirkungen auf Natur und Umwelt – Luftverschmutzung
Abb. 1: Klimawirksamkeit von
Flugverkehrsemissionen
Derzeit trägt der Flugverkehr mit mindestens 4% zur globalen
Erwärmung bei. Beim Verbrennen von Kerosin entstehen klimaschädliche Abgase. Sie bestehen überwiegend aus Wasserdampf,
Kohlendioxid und Stickoxiden. Die Auswirkungen dieser Stoffe –
angegeben im sog. Radiative Forcing Index (RFI) - sind in luftiger
Höhe rund dreimal größer als am Boden und vergrößern so den
Treibhauseffekt entsprechend (s. Abb. 1). Die vom Flugzeug erzeugten Kondensstreifen und hohen Schleierwolken verstärken
das Aufheizen unserer Atmosphäre, weil sie die Rückstrahlung
vom Erdboden in den Weltraum vermindern: Dies entfaltet seine
ganze Brisanz, wenn man bedenkt, dass nur ein verschwindend
kleiner Teil der Weltbevölkerung überhaupt jemals fliegt, und
dass im Ferntourismus weiterhin hohe Wachstumsraten erwartet
werden. So ist die Zahl der Urlaubsflüge nach September 2001
zwar zurückgegangen, schon 2002 habe es aber wieder ein Plus
von 3,1% gegeben. Laut Klimasekretariat der Vereinten Nationen
sind die CO2-Emissionen des Luftverkehrs im vergangenen Jahrzehnt um 48% gestiegen.
Schon heute sind die weltweiten Flugverkehrsemissionen in der gleichen Größenordnung wie die des Autoverkehrs (s. Abb. 2).
Doch während man nur von einer moderaten
Zunahme der PKW-Emissionen ausgeht, sagen die Prognosen für den Flugverkehr ein
sehr starkes Wachstum voraus. Einer Studie
von Boeing zufolge wird das durchschnittliche
Abb. 2: Weltweiter Vergleich: PKW + Flugzeuge und
ihr Einfluss auf die Klimaerwärmung.
jährliche Wachstum bis 2021 im FrachtverSkalierung: PKW für 1990 = 100
kehr 6,5% und im Passagierverkehr 5%
betragen (zur Verdeutlichung: 5% jährliches
Wachstum entspricht einer Verdoppelung in 14 Jahren). Nach Angaben der OECD wird der Einfluss des Flugverkehrs auf die Klimaerwärmung im Jahre 2030 mehr als dreimal so groß sein
wie 1990. Eine vorausschauende Klimaschutzpolitik muss diese Wachstumsdynamik im Blick
haben und darf nicht alleine die heutigen Verhältnisse zu Grunde legen.
Quellen:
GMBH BONN [Hrsg.] (2003): Der Traum vom Fliegen. Für ganze 20 Euro. Informationsbroschüre. – Bonn, 10
S.
GERMANWATCH (2002): Klimaschutz im Fluge. Der Luftverkehrssektor und seine Verantwortung für den globalen Klimawandel. Foliensatz. – Bonn. URL: www.germanwatch.org/folien/flug/index.htm, 25.01.2004
MRASEK, V. (2003): Das zweite Leben der Kondensstreifen. Flugzeuge heizen das Klima via Wolkenbildung offenbar
stärker auf als durch Kohlendioxid. - Frankfurter Rundschau Nr. 162 (16.07.2003), Seite WB 3
FAIRKEHR
ARBEITSVORSCHLAG:
1. Beschreiben Sie die negativen Auswirkungen des Fernreiseflugverkehrs auf das Klima!
2. Recherchieren Sie das Thema eingehender im Internet!
3. Entwickeln Sie Lösungsvorschläge!
40
Arbeitsblatt 4.4
Auswirkungen auf Natur und Umwelt – Gewässer- und Abfallbelastung
Gewässer- und Abfallbelastung
Im Bereich der Entsorgung von Abwässern und Abfällen stellt sich die Situation ungünstig dar.
Selbst in ausgebauten Zentren des Massentourismus, wie etwa dem Mittelmeergebiet, fehlt es
häufig an den notwendigen Entsorgungseinrichtungen für Abwässer und Abfall, obwohl jeweils
bedeutende Mengen anfallen. So verursacht der durchschnittliche Hotelgast 10,5 kg Abfall pro
Woche (s. Abbildung). In einem Restaurant werden pro Sitzplatz und Jahr im Mittel 66 kg Abfälle gerechnet. Dies ergibt bspw. für ein Restaurant mit 100 Plätzen eine Menge von 6,6 Tonnen an zusätzlichem jährlichen Müllvolumen im Zielgebiet, das in der Regel keiner geregelten
Entsorgung zugeführt wird.
Beobachtbare Folgen der unzureichenden Entsorgung der Abfälle wie auch der Abwässer sind
in vielen Tourismusgebieten wilde Müllkippen sowie Nährstoffanreicherungen in den Gewässern
und bakteriologische Gewässerbelastungen. Zwei Beispiele zur Illustration: Im balinesischen
Seebad Kuta wird der Müll überwiegend nachts direkt am Strand vergraben oder aber verbrannt mit der Folge zeitweise extremer Belastung dort gelegener Hotels. Am costaricanischen
Badestrand von Puerto Quepos lag die Belastung des Wassers mit Coli-Bakterien Mitte der 90er
Jahre zwanzigfach über dem empfohlenen Grenzwert der Weltgesundheitsorganisation. Die
Besucher des Strandes erkannte man an den Wattebäuschen in den Ohren: diese sollten gegen
die Ohrenentzündungen vom Baden schützen
12
10,5
10
8
6,29
6
5,7
5,69
4,25
4
2
0
Campingplat z
Her berge
Miet wohnung
Pension
Hot el
Abb.: Abfallanfall (kg pro Gast und Woche in verschiedenen Beherbergungsbetrieben
(Quelle: KAHLENBORN/CARIUS 1999)
Quelle:
KAHLENBORN, W., CARIUS, A. (1999): Umwelttechnologietransfer im Tourismus. Internationale Fachkonferenz, 5.-6.
März 1998, ICC Berlin. Resümee und Ausblick. - Ecologic/Umweltbundesamt, Berlin
ARBEITSVORSCHLAG:
1. Beschreiben Sie die negativen Auswirkungen von Tourismus auf Natur und Umwelt.
2. Recherchieren Sie das Thema eingehender im Internet
3. Entwickeln Sie Lösungsvorschläge
41
Arbeitsblatt 5.1
Auswirkungen auf Natur und Umwelt – Flächenverbrauch und Zerschneidung der Landschaft
Flächenverbrauch und Zerschneidung der Landschaft
Natürlicher Lebensraum geht durch Flächenverbrauch für touristische Nutzung verloren. Zahlenbeispiele für den Flächenverbrauch im Tourismus liefert die folgende Tabelle.
Tabelle: Flächenverbrauch unterschiedlicher Beherbergungsarten
(Quelle: KAHLENBORN/CARIUS 1999)
Hotels: Beherbergung
72 m² pro Bett
Hotels: Restaurant
19 m² pro Platz
Ferienappartements
87-154 m² pro Bett
Gruppenunterkünfte
50 m² pro Bett
Feriencenter
170 m² pro Bett
Neben diesem reinen Platzproblem, d.h. der zunehmenden Überbauung und Versiegelung natürlichen Bodens, der damit als natürlicher Lebensraum allgemein, aber auch z.B. als Grundwasserfilter wegfällt, haben insbesondere linienhafte Infrastrukturelemente wie Straßen einen
weiteren, häufig nicht bemerkten Effekt: Sie zerschneiden ursprünglich große, zusammenhängende natürliche Lebensräume in immer kleinere „Restlandschaften“ mit teilweise intensiver
Nutzung durch die Land- und Forstwirtschaft sowie durch Freizeit- und Erholung. Dies mag für
niedere Tiere mit relativ geringen Aktionsradien und hoher Anpassungsfähigkeit kein Problem
sein. Alle anderen und hier besonders die höher entwickelten Tiere haben aber sehr viel größere Ansprüche in Bezug auf den Lebensraum (Größe und Störungsfreiheit des Nahrungs- und
Brutareals sowie der Rastgebiete, Aktionsradien im Zuge von natürlichen Wanderungsbewegungen). So kommt es, dass ausnahmslos alle größeren Säugetiere aus den Landschaften der
entwickelten Länder verschwunden sind. Auch die Schwellen- und Entwicklungsländer haben
im Zuge der Agrarkolonisation schon große Verluste hinnehmen müssen.
Quelle:
KAHLENBORN, W., CARIUS, A. (1999): Umwelttechnologietransfer im Tourismus. Internationale Fachkonferenz, 5.-6.
März 1998, ICC Berlin. Resümee und Ausblick. - Ecologic/Umweltbundesamt, Berlin
ARBEITSVORSCHLAG:
1. Beschreiben Sie die negativen Auswirkungen von Tourismus auf Natur und Umwelt.
2. Recherchieren Sie das Thema eingehender im Internet
3. Entwickeln Sie Lösungsvorschläge
42
Arbeitsblatt 5.2
Auswirkungen auf Natur und Umwelt – Reisesouvenirs
Die Schnitzerei aus Elfenbein und Holz, Orchideen, Korallenketten, tote
Riesenmuscheln oder farbenprächtige Falter hinter Glas: Exotische Souvenirs beeindrucken durch ihre Besonderheit und durch ihre Einzigartigkeit. Viele wissen aber
nicht, dass ein Kauf solcher Erinnerungsstücke ein böses Erwachen nach sich ziehen
kann, da strenge gesetzliche Auflagen zur Naturentnahme und beim Handel bestehen.
Etwa
40.000
Tierund
Pflanzenarten
unterliegen
mittlerweile
strengen
Einfuhrbestimmungen nach dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen, den
entsprechenden EU-Verordnungen und nationalen Gesetzen zum Handel mit
wildlebenden Tieren und Pflanzen. Viele dieser Tier- und Pflanzenarten sind
mittlerweile in ihrem Bestand gefährdet oder stehen sogar kurz vor dem Aussterben.
Falsch ist zu glauben, man könne die verarbeiteten Souvenirs bedenkenlos kaufen und
mit nach Hause nehmen, da das Tier sowieso schon tot sei und auch nicht wieder
lebendig wird. Vielmehr tragen Urlauber mit dieser Einstellung dazu bei, dass ein
Abnehmerkreis für solche Waren entsteht bzw. aufrecht erhalten bleibt. Jedes
verkaufte Andenken wird durch neue, meist aus der freien Wildbahn entnommene
Tiere und Pflanzen ersetzt. Die Einfuhr vieler Erzeugnisse in die Herkunftsländer der
Reisenden ist weltweit genehmigungspflichtig nach dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen. Aber wer will schon vor dem Urlaub an Genehmigungen denken?
Bewusstsein und Informationen hinsichtlich der gesetzlichen Verpflichtungen im
Umgang mit wildlebenden Tier- und Pflanzenarten sind ein wichtiger Schritt bei der
Umsetzung eines nachhaltigen Tourismus. Und letztendlich bewahrt dies die
Reisenden davor, hohe Strafen zahlen zu müssen, Souvenirs beschlagnahmt zu
bekommen, und eine Gefahr für die Vielfalt der Tiere und Pflanzen zu werden!
Quellen:
BMF (BUNDESMINISTERIUM DER FINANZEN) (1998): Reisezeit – Ihr Weg durch den Zoll. Informationsbroschüre. – Bonn
DER (DEUTSCHES REISEBÜRO GMBH): Achtung Souvenirs. Tips für den naturbewussten Andenkenkauf. Ausgabe Karibik.
Informationsbroschüre. – Frankfurt/Main
BMU (BUNDESMINISTERIUM FÜR UMWELT, NATURSCHUTZ UND REAKTORSICHERHEIT) [Hrsg.] (2003): Die Fibel zum Artenschutz.
Referat Öffentlichkeitsarbeit des BMU. - Berlin
WWF (World Wide Fund For Nature) (2003): Hintergrundinformation. 20 Ferienziele – 1 Problem: Handel mit
bedrohten Arten. – Frankfurt/Main, 6 S.
Für weitere, aktuelle Informationen: www.bfn.de und www.eu-wildlifetrade.org.
ARBEITSVORSCHLAG:
1. Beschreiben Sie die negativen Auswirkungen des unbedachten Erwerbs von Reisesouvenirs
auf die Tier- und Pflanzenwelt in den bereisten Ländern!
2. Recherchieren Sie das Thema eingehender im Internet!
3. Entwickeln Sie Lösungsvorschläge!
43
Arbeitsblatt 6
Fallbeispiel Playa Tambor / Costa Rica
Die im Südosten der Halbinsel Nicoya/Costa
Rica gelegene Hotelanlage Playa Tambor ist
ein typisches Beispiel für einen der isolierten, großflächigen Hotelkomplexe, wie sie
auch in anderen Schwellen- und Entwicklungsländern immer häufiger errichtet werden.
lenden Bucht, die von außerhalb allenfalls
bei Niedrigwasser zugänglich ist. Zahlreiche
Wassersportmöglichkeiten, wie z.B. Wasserski und Windesurfing, werden den Gästen
am Strand geboten.
Der aus 428 Zimmern bestehende Komplex,
der bei normaler Belegung (mit zwei Personen) 856 Gästen Platz bietet, kann in Spitzenzeiten mehr als 1300 Urlauber beherbergen. Der Transfer von der Hauptstadt San
José zur Hotelanlage erfolgt mit hoteleigenen Bussen und Fähren oder per Kleinflugzeug bis auf die eigene Landebahn. Ein
Großteil der Gäste stammt aus Deutschland
und Kanada. Aber auch die costaricanische
Oberschicht besucht das Hotel zunehmend,
vor allem als Kurz- und Wochenendurlauber.
Dass es bei der Errichtung eines Hotelkomplexes dieser Dimension zu Eingriffen in den
Naturhaushalt kommen musste, überrascht
nicht. Nach einjähriger Bauzeit in einem
ökologisch hochsensiblen Mangrovengebiet
konnte die Anlage im Oktober 1992 eröffnet
werden. Die Vorbehalte zahlreicher Umweltschutzverbände gegen das 32 Mio. US$Projekt erwiesen sich dabei als durchaus
berechtigt. Unter Missachtung bestehender
Umweltauflagen wurden im Rahmen von
Planierungsarbeiten mehrere Hektar Mangrovenwald widerrechtlich abgeholzt und trockengelegt. Der durch das Baugelände verlaufende Rio Panica wurde umgeleitet und
ausgekiest, das ökologische Gleichgewicht
der Umgebung somit nachhaltig gestört.
Diese eklatanten Umweltvergehen riefen
auch
die
staatliche
Aufsichtsbehörde
MIRENEM (costaricanisches Umweltministerium) auf den Plan, der es aber ebenso
wenig wie den zahlreichen engagierten Bürgerinitiativen und Umweltschutzverbänden
gelang, das Bauvorhaben zu stoppen.
Die Mehrheit der Tambor-Gäste ist an einem
erholungsorientierten Strandurlaub interessiert. Die Naturvielfalt des Landes oder andere, naturbezogene Gründe wurden bei
Befragungen der Urlaubsgäste kaum als Reisemotive angegeben. So verbringt der typische Tambor-Tourist die gesamte Urlaubszeit, mit Ausnahme von ein oder zwei organisierten Tagesausflügen, auf dem Hotelgelände. Das Angebot auf dem Gelände lässt
kaum einen Wunsch offen: Große Poolanlage
(1.600 m2), mehrere Bars, Diskothek, zwei
Restaurants, Einkaufsmöglichkeiten (Kleidung, Souvenirs, Schmuck), Beauty-Salon
etc. befinden sich ebenso auf dem Gelände
wie ein kleiner Naturpark. Ein umfangreiches
Animations- und Sportprogramm (Tennis,
Aerobic, Fitness, Ausritte etc.) sowie kulturelle Veranstaltungen auf der eigenen Theaterbühne ergänzen die Angebotspalette.
Der Strandbereich besteht aus einer ca. zwei
Kilometer langen, seicht ins Wasser abfal-
Nicht nur die ökologischen Eingriffe während
der Errichtungsphase schreckten die Umweltschützer auf. Auch die durch den laufenden Betrieb verursachten Umweltbelastungen werden kritisiert. Der exklusive
Standard des Beherbergungsbetriebes erfordert einen großen Verbrauch an Wasser,
Energie usw. Vor allem in der Trockenzeit ist
es durch den enormen Wasserbedarf der
Hotelanlage des öfteren zu Engpässen in der
örtlichen Wasserversorgung gekommen, die
insbesondere die lokalen Kleinbauern betroffen haben. Ebenso problematisch ist die
Abwasser- und Abfallentsorgung. Zwar existiert für die Abwässer eine hoteleigene
Pflanzenkläranlage, die allerdings nicht an
die örtlichen Klimaverhältnisse angepasst
ist: So reicht bei starken Regengüssen die
Verweilzeit der Abwässer im Klärbereich
nicht aus, weil das Klärbecken überläuft,
bevor der Klärvorgang überhaupt einsetzen
kann. Somit geraten die Abwässer ungeklärt
Der für Pauschalurlauber konzipierte Hotelbetrieb ist die zweite 5-Sterne-Herberge, die
der spanische Tourismuskonzern Barceló in
Costa Rica unterhält. Die überwiegend im
spanischsprachigen Raum operierende Tourismuskette (mit zentralamerikanischem
Schwerpunkt in der Dominikanischen Republik) verfolgt dabei an der Playa Tambor ein
„All-inclusive-Konzept“.
44
Arbeitsblatt 6
in den angrenzenden Fluss und über diesen
in die Meeresbucht. Von Seiten der Hotelleitung wird dieses Verfahren trotz offensichtlicher
Mängel
als
fortschrittliches
Entsorgungsverfahren dargestellt. Was die
Abfallentsorgung anbetrifft existieren unbestätigte Gerüchte, dass diese über eine
„wilde“ Müllkippe beseitigt werden.
Zwar gibt es für die lokal ansässigen Betriebe positive Ansätze für deren Beteiligung
und Einbeziehung. Aber nur einzelne Landwirte profitieren als lokale Anbieter vom
Versorgungsbedarf des Hotels an Fleisch,
Obst und Gemüse. Der Großteil des Warenbedarfs wird von Großunternehmen aus der
Hauptstadt geliefert oder sogar aus dem
Ausland importiert, insbesondere Geschenkund Luxusartikel.
Ein weiterer Kritikpunkt, der diesen nach
dem „All-inclusive-Konzept“ operierenden
Pauschalurlauberherbergen
entgegengebracht wird, ist die fehlende soziale und
wirtschaftliche Einbindung der lokalen Bevölkerung. Dieser Vorwurf kann für das
Playa Tambor jedoch nicht vollkommen
bestätigt werden. Ein Großteil der in der
Hochsaison bis zu 450 Beschäftigten stammt
aus Costa Rica – so kommt auf drei Touristen immerhin ein Arbeitsplatz. Ihr Durchschnittslohn liegt etwas über dem staatlich
garantierten Mindestlohn. Festzustellen ist
allerdings, dass es sich bei den Stellen für
die einheimischen Beschäftigten vornehmlich um einfache und somit gering vergütete
Tätigkeiten handelt. Anspruchsvollere Aufgaben, z.B. auf administrativer Ebene, bleiben ausländischen Bediensteten, insbesondere Spaniern, vorbehalten. Nach Aussagen
der Hotelleitung sei dies auf die mangelnde
Qualifikation der Costaricaner zurückzuführen.
Infolge des „All-inclusive-Konzeptes“, das
den Urlaubern innerhalb der Hotelanlage
alles bietet, bleiben positive Effekte für die
ortsansässige Gastronomie und den Souvenir- und Einzelhandel vollkommen aus. Sogar die angebotenen Tagesausflüge und der
Flughafentransfer der Urlauber werden
durch eine konzerneigene Reiseagentur
organisiert, sodass das lokale Transportwesen an dem Besucheraufkommen nicht
partizipiert.
Den zweifelsohne positiv zu bewertenden
Beschäftigungseffekten innerhalb der Hotelanlage stehen somit nur geringe wirtschaftlich positive Auswirkungen für die Region,
aber vor allem gravierende ökologische Eingriffe gegenüber.
Quelle:
BRAUNS, T., SCHOLZ, U. [Hrsg.] (1998): Problemorientierte Landeskunde von Costa Rica. - Gießen (Universität Gießen),
(Studien-Projekt) 203 S.
ARBEITSVORSCHLAG:
Bearbeiten Sie in Einzel- oder Gruppenarbeit folgende Fragen:
1. Könnten Sie sich einen eigenen Urlaub in Costa Rica in solch einem Hotelkomplex vorstellen? Was würde Ihnen gefallen, was nicht?
2. Welche Gefahren für die Natur sehen sie?
3. Haben Sie Ideen zur Verbesserung der touristischen Erschließung und zum Erhalt der Natur?
4. Vergleichen und prüfen Sie die Diskussionspunkte mit dem Tafelbild der letzten Stunde.
Inwiefern lassen sich die Ergebnisse der letzten Stunde (Vor- und Nachteile des Tourismus
in Schwellen- und Entwicklungsländern) erweitern, wo werden sie bestätigt, wo finden sich
Widersprüche?
45
Arbeitsblatt 7
Tourismusentwicklung um jeden Preis
Für viele Zielländer ist der Tourismus wichtiger als der Export von irgendwelchen Rohstoffen.
Sie bauen ihn trotz hoher Investitionskosten (...) auf. Doch ihre wirtschaftliche Rechnung ging
nur teilweise auf: Im Durchschnitt kommt ihnen etwa nur ein Drittel der durch den Tourismus
erwirtschafteten Brutto-Devisen zugute. Der größte Teil verbleibt bei ausländischen Reiseunternehmern und Fluggesellschaften. Der Bau von Ferienanlagen und der Aufbau der notwendigen Infrastruktur kostet Devisen, weil – je nach industriellem Entwicklungsstand des Gastlandes – ein großer Teil der Investitionsgüter importiert werden muss.
Investitionen in den Tourismus schaffen in der Regel mehr Arbeitsplätze als Investitionen in
andere Wirtschaftssektoren. Experten schätzen, dass ein Hotelbett ja nach Hotelklasse 1,5 bis
2,5 Arbeitplätze im Hotelservice schafft, außerdem noch größere Beschäftigungseffekte in vorgelagerten Sektoren (z. B. in der Landwirtschaft, im Kunsthandwerk). Besonders für Frauen
entstehen neue Beschäftigungsmöglichkeiten, allerdings nur schlecht bezahlte und häufig entwürdigende, besonders im Vergnügungsgewerbe. In manchen Touristengebieten führen die
saisonalen Nachfrageschwankungen zu langen Ausfallzeiten.
Der Tourismus schafft mit neuen Arbeitsplätzen auch neue Einkommen, aber meistens nur in
eng begrenzten „Tourismusparks“. Gleichzeitig treibt die lokale Nachfrage die Preise für Nahrungsmittel und Dienstleistungen hoch, die diejenigen belasten, die nicht vom Tourismusgeschäft profitieren (...).
Die Hotelkomplexe haben einen hohen Wasserverbrauch, der in wasserarmen Gebieten Versorgungsprobleme in den umliegenden Dörfern verursacht. Die Touristenzentren schaffen außerdem durch die ungeklärte Wasserentsorgung, die Verschmutzung der Strände, Verkehrslärm
und die Veränderung der Landschaft erhebliche Probleme.
Der Massentourismus ist mit dem Anwachsen von Kriminalität und Prostitution verbunden. Das
Verhalten der Touristen, das häufig gesellschaftliche Normen und Tabus verletzt, schafft mehr
Distanz als Verständnis. Was die Touristen als Tradition und Kultur erleben, ist meistens nur
noch kommerzialisierte und sinnentleerte Folklore und Kulisse.
Die tägliche Demonstration anderer Lebensart entfremdet die Einheimischen von der eigenen
Kultur. Das einfache Leben wird zur primitiven Lebensweise abgewertet.
Eine pauschale Verteufelung des Tourismus nutzt wenig. Wichtiger ist eine bessere Aufklärung
der Touristen. Inzwischen wehren sich an vielen Orten lokale Aktionsgruppen gegen die Ausbeutung von Mensch und Natur und gegen die Ausrichtung ganzer Regionen auf die Interessen
von Touristikunternehmen. Viele kleine Inselstaaten können allenfalls versuchen durch einen
„sanften Tourismus“ die ökologischen und psycho-sozialen Schäden zu begrenzen.
Quelle:
NUSCHELER, F. (1996): Lern- und Arbeitsbuch Entwicklungspolitik. - Berlin (Dietz Verlag), S. 298f
ARBEITSVORSCHLAG:
Diskutieren Sie folgende Fragen:
1. Stellen Sie die im Text aufgeführte Kritikpunkte zusammen!
2. Welche Auswirkungen (auch positive) haben touristische Entwicklungen in Schwellen- und
Entwicklungsländern auf Mensch und Natur?
3. Sind touristische Entwicklungen in „Dritte-Welt-Staaten“ ohne negative Auswirkungen für
Menschen und Natur möglich?
46
Arbeitsblatt 8
Die Karibik – das letzte Urlaubsparadies?
Joachim Greiner
Das Ende des Ölbooms und der Zusammenbruch der Weltmarktpreise für die Hauptexportprodukte der karibischen Inseln
– Zucker, Bananen und Baumwolle – zwangen bis Ende der 80er Jahre auch die letzten Karibikstaaten, dem Tourismus
höchste Priorität einzuräumen. Viele karibische Regierungen müssen aber erst noch lernen, dass der Tourismus ein wichtiger
Wirtschaftsfaktor ist, der jede nur mögliche Unterstützung braucht – das meint zumindest der Autor dieses Beitrags. Als
Kenner der Branche beschreibt er die Probleme des Tourismus in dieser Region.
GRUPPE 1:
Die nationale Tourismusindustrie wird in allen Karibikstaaten unterschiedlich verwaltet. Einige haben dafür ein eigenes Ministerium
geschaffen mit beamteten Mitarbeitern und einem Minister an der Spitze. Andere haben nur eine untergeordnete Behörde, ähnlich
einem Fremdenverkehrsamt mit einer Mischung aus Beamten und Privatpersonen aus Gewerbe und Hotelindustrie, die den zuständigen Minister informieren. Entsprechend unterschiedlich sind auf allen Inseln die Ausgaben für Werbung. In der Dominikanischen
Republik setzt man ausschließlich auf privates Engagement. Hier beträgt der Werbehaushalt weniger als 100.000 US$, auf anderen
Inseln gibt man zweistellige Millionenbeträge dafür aus. Im allgemeinen sitzen an den zuständigen Stellen keine Fachleute, die etwas
von den Problemen im Umgang mit westlichen Ausländern verstehen, sondern Bürokraten, die jedes Jahr nur neue Zuwachsraten
fordern.
Die Urlaubsmacher: Fluglinien, Reiseagenturen, Hoteliers
1994 wurden auf den karibischen Inseln 13,7 Mio. Übernachtungen gezählt. 52,4% der Gäste kamen aus den USA, 17% waren Europäer, 5,8% Kanadier. 8% der Reisenden kamen von den Nachbarinseln, und 16,5% verteilen sich auf den Rest der Welt. Historisch
gesehen wurden wirtschaftliche Veränderungen in der Karibik von außerhalb angetrieben. Von Anfang an waren US-amerikanische
Interessen oder Kapital daran beteiligt. In Jamaika z.B. brachte die United Fruit Company vor 100 Jahren Bananen von Port Antonio
in die Staaten. Auf dem Rückweg fuhren Touristen ins Titchfield Hotel, wo ihnen amerikanische Angestellte amerikanisches Essen
servierten. Aus Bananendampfern wurden Luxusliner und Jumbo-Jets, aus den ersten Gästehäusern luxuriöse Hotelanlagen. Fluglinien, Reisebüros und Hotelmanager spielen in dieser Industrie die Schlüsselrolle.
1992 haben ausländische Fluggesellschaften drei Viertel der Sitzplatzkapazitäten in der Region kontrolliert, allein American Airlines
die Hälfte davon. Die großen karibischen Fluglinien Air Aruba, ALM, Air Jamaica, Bahamasair, BWIA, Caiman Airways und LIAT
konnten gerade noch 29% der Sitzplätze in die USA, 19% nach Kanada und 15% nach Europa für sich beanspruchen. Nach dem
Zusammenbruch von PanAm, TWA und Eastern Airlines waren die karibischen Flughäfen 1993 gefährlich von American Airlines
abhängig, und sie sind es bis heute geblieben. Gleichzeitig scheiterten Pläne, die z.T. hochverschuldeten staatlichen Fluggesellschaften der Region zu einer engen Kooperation zu bewegen oder sogar zu einer regionalen Fluggesellschaft zu verschmelzen. So wurden
sie alle bis 1995 privatisiert und in internationale Gesellschaften überführt. Einzig Air Jamaica blieb fest in karibischer Hand.
Die internationalen Fluggesellschaften bestimmen die Flugrouten, die Fahrpläne und die Preise. Genau wie die Fluglinien sind die
meisten Reiseveranstalter ausländische, meist amerikanische und europäische Firmen. Sie sind Großhändler, die mit den Fluggesellschaften ihre Sitzplatzkontingente aushandeln und in den Hotels Zimmer etagenweise einkaufen. Je mehr Flüge oder Hotelbetten sie
„aufkaufen“, um so mehr können sie den Preis drücken. Damit machen sie es den kleinen unabhängigen Reiseveranstaltern oder
Einzelreisenden schwer, Flüge zu buchen. Solange die Großen ihre vorreservierten Plätze nicht freigeben, gelten die Flugzeuge als
ausgebucht, selbst wenn die halbe Maschine leer ist. Ähnlich ist es mit der Zimmerreservierung. Seit der Saison 1990/91 haben sich
über 200 der größten Hotels in das On-Line-Reservierungssystem der amerikanischen Großhändler eingeklinkt. Dadurch wird es für
die vielen kleinen Hotels schwieriger, freie Zimmer an die Kundschaft zu bringen. Die Reiseveranstalter ihrerseits spielen die niedrigen Preise des einen Hotels gegen die hohen Preise eines anderen aus. Die kleinen Hotels müssen inzwischen selbst in der Hochsaison hohe Rabatte einräumen.
Zwischen 60 und 90% der Hotelzimmer in der Region befinden sich in ausländischem Besitz. Acht der 15 weltgrößten Hotelketten
sind seit Anfang der 90er Jahre in der Karibik vertreten, darunter die vier führenden Holiday Inn, Sheraton Inn, Ramadan Inn und
Marriott. Eine deutliche Ausnahme macht nur Jamaika mit seiner großen Bevölkerungsdichte und weitverzweigten Wirtschaft. Etwa
90% der ca. 12.000 Hotelzimmer sind in nationalem Besitz. Entscheidend daran beteiligt sind zwei Personen mit ihren All-inclusiveAnlagen: Butch Stewart von der Sandals-Gruppe und John Issa von Super Clubs. Stewart, ursprünglich Gebrauchtwagenhändler,
begann seine Karriere 1981, als er ein heruntergekommenes Hotel in Montego Bay aufkaufte und in ein „Alles-inklusive – nur für
Paare“-Hotel umwandelte. 1994 besaß die Sandals- Kette sechs Hotels in Jamaika, zwei in Saint Lucia und eins auf Antigua.
Karibische Regierungen sind in das Hotelgewerbe ein- und auch wieder ausgestiegen. 1987 besaßen die Regierungen von Bahamas,
Curaçao und Jamaika 43 Hotelanlagen mit 9.500 Zimmern. Einige dieser Hotels waren aufgekauft worden, um Arbeitsplätze zu
erhalten. Im Laufe der Jahre wurden sie aber wegen des schlechten Managements und daraus folgender Unrentabilität oder auf Druck
des Internationalen Währungsfonds von den Regierungen wieder verkauft. Von jenen Hotels, die in nationalem Besitz sind, haben
weniger als die Hälfte auch ein nationales Management.
Ausgebuchte Flüge, volle Hotels und gutbesuchte Duty-Free-Shops sind zum größten Teil von stabilen Regierungen abhängig. Während der kubafreundlichen Regierungszeit von Jamaikas Ministerpräsident Michael Manley nach 1970 mieden Touristen und Investo-
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Arbeitsblatt 8
ren das Land derart, dass es an den Rand des Staatsbankrotts getrieben wurde. In einer Mehrfachstrategie hatte die US-amerikanische
Regierung personelle und finanzielle Unterstützung ausgesetzt. Über 1.100 Peace Corps- Mitarbeiter wurden in die Heimat beordert.
Der CIA schürte revolutionäre Aktivitäten auf der Insel, und die Weltpresse berichtete ausführlich über die unsichere Lage des Landes.
Zusätzlich gibt es in der Region Naturkatastrophen wie Erdbeben, Vulkanausbrüche und Wirbelstürme, die zum Glück selten sind.
1988 schlug der Hurrikan Gilbert eine Schneise der Verwüstung durch Jamaika. Während der folgenden Saison gingen die Besucherzahlen um fast ein Drittel zurück. Die Wirbelstürme Luis und Marilyn im September 1995 veranlassten die CTO zu der sofortigen Bekanntmachung, dass bis zum Beginn der Hauptreisezeit im Dezember die Hälfte der betroffenen Hotels wieder öffnen würden.
GRUPPE 2:
Größenwahn, Fehlplanungen und Bauruinen
Nicht nur das politische Klima muss stabil sein, um den Ansprüchen der internationalen Tourismusindustrie zu genügen. Auch die
Infrastruktur muss wesentlichen Standards entsprechen: Flughäfen, Straßen, Wasserversorgung, Kläranlagen, Strom und Telefon
müssen vorhanden sein und funktionieren. Gleichzeitig müssen Polizei, Zoll und Einreisebehörden auf den Massentourismus vorbereitet sein. Um das zu erreichen waren Investitionen in großem Maßstab fällig, wurden Kredite in Milliardenhöhe aufgenommen und
Bauvorhaben geplant. Doch schon beim Ausbau der Flughäfen für die Langstreckenflugzeuge aus den USA und Europa haben sich
viele Karibikstaaten finanziell übernommen; etliche Vorhaben stellten sich schlicht als Fehlplanungen heraus. So wurde der internationale Flughafen auf Grenada von den Kubanern für 66 Mio. US$ gebaut und von den Amerikanern nach deren Invasion für 19 Mio.
US$ fertiggestellt. 1995 sind dort täglich aber nur drei internationale Flüge abgefertigt worden. Mindestens sechs Jumbo-Jets täglich
wären nötig, um die laufenden Kosten hereinzubekommen.
Andernorts fehlt es an Planung und Koordination der Infrastrukturmaßnahmen: Langfristige Bebauungspläne, eigentlich eine Aufgabe der nationalen Behörden, gibt es nicht. Zudem treiben Spekulanten die Grundstückspreise nach oben. Das fehlende Generalkonzept führt zu unkoordinierten Einzelprojekten, wobei die
nationalen Regierungen fast alles akzeptieren, was ein kleiner
Schritt vorwärts ist: ein von Kanada finanzierter Flugplatz, ein
Straßenprojekt der Amerikaner oder ein britisches Hotel. Die Baupläne kommen häufig von ausländischen Ingenieurbüros, die die
örtlichen Gegebenheiten nicht kennen, viel Geld für den Plan mit
westlichen Standards kassieren und sich anschließend nicht um die
Ausführung kümmern müssen. Dieses Vorgehen führt immer
wieder zu irreparablen Schäden bei der Küstenbebauung.
In Negril auf Jamaika ist in den letzten 15 Jahren ein Hotel neben
das andere gebaut worden. Die Folgen: Es gibt keinen freien Zugang mehr zum Strand, die Strom und Wasserversorgung ist überlastet. Plötzliche Stromunterbrechungen zerstören hochwertige
Elektrogeräte in den Hotels, der Wasserdruck in den Leitungen ist
nur schwach. Seit Jahren ist die einzige Hauptstraße eine riesige
Baustelle, weil halbmeterdicke Wasserrohre und mannshohe Abwasserkanäle neu gebaut werden müssen. Ähnlich ist es auf Barbados, wo die Südküste zwischen der Hauptstadt Bridgetown
Einsame Strände werden
und Oistins, Goldküste genannt, mit Apartmentanlagen,
zur Mangelware in der
Hotels, Bars und Restaurants zugepflastert wurde. ZwiKaribik. Gigantische
schen den einzelnen Ortschaften gibt es kaum noch sichtHotelanlagen stören das
bare Abgrenzungen. Seit Ende der 80er Jahre haben RezesBild. Fotos: Privat
sion, zu enge Bebauung, Kapitalmangel und ein verändertes Verhalten der Touristen gegenüber einem Küstenstreifen mit Bauruinen und vernagelten Villen dazu geführt, dass auf vielen Anwesen das Schild
„zu verkaufen“ steht. Dieses trostlose Umfeld wiederum führt zu niedrigen Belegungszahlen
bei den verbleibenden Hotels und zu Einnahmeverlusten. Die Bereitschaft, in Erhalt und
notwendige Renovierungsmaßnahmen zu investieren, sinkt. Ein allmählicher Verfallsprozess beginnt.
Die hohen Investitionen in Infrastrukturmaßnahmen müssen zunehmend durch direkte und indirekte Steuern gedeckt werden: Ausreisesteuer, Flugzeuglandegebühren, Hotelzimmersteuer, Importsteuern, Lizenzsteuern, Verkaufssteuern, Unterhaltungssteuern, Mehrwertsteuern usw. In Barbados sind allein die direkten Steuern auf Waren und Serviceleistungen innerhalb von zehn Jahren von 17 auf
31% gestiegen. Als Ausgleich für die hohen Operationskosten gewähren die Regierungen auf der anderen Seite Steuererleichterungen für die Investoren: steuerfreie Einfuhr von Baumaterial und Einrichtungen, Befreiung von der Grundsteuer für einen Zeitraum
bis zu 35 Jahren, Garantie für die Rückführung von Investitionskapital und Profiten.
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Arbeitsblatt 8
GRUPPE 3:
Fish and Chips statt Mangos und Callalloo
Ein weiterer, nicht unerheblicher Kostenfaktor ist die Verpflegung
der Touristen. In einigen Ländern gehen von jedem erwirtschafteten Dollar 70 Cent für Importe wieder verloren, denn die Millionen von Mahlzeiten, die täglich von Urlaubern verspeist werden,
dürfen nicht aus Mangos, Brotfrucht oder Kochbananen bestehen,
die in jedem karibischen Hinterhof wachsen. Touristen wollen
Orangensaft aus Florida, Chiquita-Bananen aus Kolumbien, Ananas aus Hawaii und Steaks aus Argentinien.
In St. Lucia z.B. kann die einheimische Landwirtschaft den täglichen Bedarf der Hotels nicht decken. Der Manager vom Club St.
Lucia sagt: „Es ist einfach unökonomisch für das Hotel, einheimische Orangen, 25 Cent das Stück, für Orangensaft zu verwenden,
speziell, wenn diese nur drei Monate im Jahr verfügbar sind.“ In
Barbados erklärt ein Hotelier: „Wir hatten wunderbare Fischplatten, aber die Touristen wollten sie nicht.“ Gleichzeitig beschweren
sich die Farmer, dass die Hoteliers ihnen sagen, die Touristen
würden nur Fish and Chips verlangen.
Touristen wollen Rindfleisch und Lamm, sie erwarten verschiedene Sorten Käse und ihre heimatlichen Marmeladen. Dazu kommen die in der Schweiz ausgebildeten Chefköche, die nicht wissen, wie karibische Feldfrüchte zubereitet werden. Ihnen sind
„irische“ Kartoffeln und Brokkoli näher als Süßkartoffeln und
Callalloo. Nach Aussagen nationaler Regierungschefs sind die
Auf den Speisekarten der internationalen Hotels konkurBauern genug damit beschäftigt, ihre Bananenpflanzungen zu
rieren einheimische Fischarten mit importiertem Fleisch.
bestellen,
so dass sie nicht auch noch unbekannte neue GemüseFoto: Jutta Bangel
arten anbauen können oder wollen. So ist es nicht verwunderlich,
dass sich der Anteil der Landwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt in Barbados in den letzten 20 Jahren halbierte.
Nicht nur für die Bauern, auch für das Gros der übrigen Bevölkerung gilt: Die Tourismusindustrie hält nicht, was sie an Arbeitsplätzen und Einkommen versprochen hat – auch wenn es den Angestellten in der karibischen Tourismusindustrie immer noch besser
geht als ihren Kollegen in Lateinamerika. So gibt die CTO an, dass 1994 in der ganzen Region 216.000 Menschen direkt und weitere
580.000 indirekt im Tourismus gearbeitet haben. Der größte Teil der Einheimischen erhält aber nur relativ schlecht bezahlte Anstellungen als Gärtner, im Wachdienst, als Zimmermädchen, Koch, Barmixer, Bedienung und Putzfrau. Dennoch betrugen nach Angaben des Economist Intelligence Unit die Löhne 1990 in der Karibik 13% der Erträge aus Zimmervermietungen, während es in Afrika
nur 6,1% und in Lateinamerika 9,2% waren. Nur in Nordamerika und Europa sind die Lohnkosten höher. Ein junger Mann von der
Grenadineninsel Bequia erzählt: „Letztes Jahr habe ich in einem Hotel am Hafen gearbeitet. Ich wurde wirklich schlecht bezahlt, aber
immerhin wusste ich, dass jede Woche die Dollars kommen, um mein Essen und was ich sonst zum Leben brauche, zu bezahlen. Am
Feierabend musste ich mir keine Gedanken machen, ob ich am nächsten Tag fischen gehen soll oder nichts tue.“
Trotz einer starken Präsenz der Gewerkschaften in dieser Industrie sind die Arbeitsplätze nicht sicher. In der Nebensaison werden
regelmäßig Angestellte entlassen, oft für einen Zeitraum von bis zu sieben Monaten, und niemand hat eine Arbeitslosenversicherung.
Die Gewerkschaften werden umgangen, indem man zur Hochsaison nur Nichtgewerkschaftsmitglieder neu einstellt oder Arbeiten
wie Gartenpflege und Wäschereinigung durch Fremdfirmen ausführen lässt. Bei einer allgemeinen Rezession hat auch die größte
Gewerkschaft keine Macht. Häufig wechseln Hotels auch den Eigentümer. Dann werden alle Angestellten entlassen, denn der neue
Besitzer bringt oft sein eigenes Personal mit. Werden weitere Mitarbeiter gebraucht, wird den ehemaligen Angestellten eine niedrigere Position mit weniger Lohn angeboten.
Die Geister, die er rief …
Viele tausend Einheimische verdienen nur indirekt am Tourismus: Bauern, Holzschnitzer, Taxifahrer, fliegende Händler. Letztere
sind überall zu einem Problem geworden. Sobald der Tourist das bewachte Privatgelände des Hotels verlässt, trifft er auf sie. In Saint
Maarten verkaufen die Haitianer ihre naive Malerei, in der Dominikanischen Republik sind es die Schuhputzjungen, in Saint Kitt’s
bieten sie in Plastikeimern Erdnüsse an, auf Tobago braten sie auf offenen Feuern Hühnerbeine. Überall laufen sie am Strand entlang,
verkaufen Eiscreme und gekühlte Getränke, Strohhüte und T-Shirts, Korallenschmuck und jede Menge Andenken Made in Taiwan.
Sie bieten sich als Führer an, und Frauen wollen Zöpfe flechten.
Die fliegenden Händler sind zu Überlebensstrategen geworden. Angelockt vom Massentourismus hat sich ihre Zahl vervielfacht. Aber der
Touristenurlaub ist heute besser durchorganisiert, und der All-inclusive- Tourist verlässt sein Hotel fast gar nicht mehr. Dadurch gehen die
Einnahmemöglichkeiten der fliegenden Händler zurück, und vielen Offiziellen sind sie inzwischen ein Dorn im Auge, weil sich Urlauber
zunehmend durch sie belästigt fühlen. Die wachsende Zahl von „Freischaffenden“, gepaart mit schwindenden Umsätzen, macht ihre Verkaufsoffensiven radikaler und aufdringlicher. In einigen Touristenzentren erhielten sie Platzverweise, in anderen wurden zusätzliche Polizeistreifen eingesetzt, um sie unter Kontrolle zu halten. Auf einigen Inseln hat man sie gezwungen, an Kursen teilzunehmen, um zu lernen, wie
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Arbeitsblatt 8
man mit Touristen umgeht. Zusätzlich mussten sie sich eine Lizenz kaufen. In der Folge gab es Auseinandersetzungen zwischen den „Lizensierten“ und den „Privaten“, und letztendlich verlaufen alle diese Projekte im Sande, weil die Verantwortlichen nach kurzer Zeit die Lust
verlieren, solche Programme konsequent weiterzuführen.
GRUPPE 4:
… wird der Tourismus nicht mehr los
Vor einigen Jahren hielten es die Verantwortlichen noch für angebracht, mit etwas Augenzwinkern auf die o.g. Probleme und den
etwas „nachlässigen“ Service in ihren Ländern hinzuweisen. Sie brachten dies in Zusammenhang mit der anderen Lebensweise auf
den Inseln und empfahlen den Urlaubern, es als landestypische Eigenart einfach zu genießen. Damit ist es nun vorbei: Überall auf
den karibischen Inseln gibt es heute hauswandgroße Plakate, die auf die Notwendigkeit des Tourismus hinweisen mit Aufschriften
wie: „Seid nett zu Touristen!“, „Tourismus nützt jedem“ und „Wir brauchen den Tourismus“.
Tatsache ist, dass die Karibik eine teure Urlaubsregion ist, in der es keinen zweitklassigen Service geben darf. Will die Karibik im offenen
Wettbewerb mit dem Rest der Welt konkurrieren, muss sie den Touristen bieten, was sie sich wünschen: erstklassige Dienstleistungen und
freundliches Personal. Peter Morgan, erster Minister für Tourismus in Barbados, sagte: „In so kleinen Ländern, wie die karibischen Inseln es
sind, ist jeder Bewohner am Tourismus beteiligt, ob er es glaubt oder nicht, ob es ihm gefällt oder nicht. Es ist der Gesamteindruck, der den
Urlauber darüber entscheiden lässt, ob er wiederkommt. Der Preis mag stimmen,
das Klima ist wunderbar, der Rum wie Medizin. Wenn der Besucher sich aber von
den Inselbewohnern unerwünscht fühlt, wird er nicht wiederkommen.“
Einige Experten haben das Problem als kulturellen Konflikt erkannt. Der frühere
Regierungschef von Grenada sagte schon 1979 auf einem Tourismus-Seminar:
„Für uns ist es wichtig, der Tatsache ins Auge zu sehen, dass Touristen, die in
unser Land kommen, meistens weiße Hautfarbe haben. Die klare Verbindung
zwischen „weiß“ und „Privileg“ ist ein großes Problem für die Menschen in der
Karibik, die sich gerade von ihrer Kolonialgeschichte befreit haben, die uns
jahrhundertelang die Vorherrschaft der Weißen über die Schwarzen gelehrt hat.“
Kulturelle Unterschiede, Rassismus und Vorurteile von Touristen und Einheimischen, finanzielle Abhängigkeit und ausländische Großgrundbesitzer haben dazu
beigetragen, in vielen farbigen Inselbewohnern das Gefühl zu festigen, nur das
schlechte Ende der Tourismusindustrie abbekommen zu haben.
Die Alles-inklusive Hotels, die seit Ende der 80er Jahre aus dem Boden sprießen, tragen auch nicht gerade zum besseren Verständnis zwischen Touristen
und Einheimischen bei. Sie schirmen die Urlauber durch hohe Mauern und
Stacheldraht von allen Problemen ab. Dadurch sehen manche Touristen nichts
von Land und Leuten, und Taxifahrer, Händler und Restaurantbetreiber
schreien auf, weil die Laufkundschaft verloren geht. Gewinner ist hier nur der
Staat. In Jamaika betrug der Gewinn für das Finanzjahr 1989/90 bei den Allinclusive-Hotels pro Zimmer 51.100 US$, bei den anderen nur 27.000 US$.
Diese Hotels sind verschlossen wie ein Hochsicherheitsgefängnis. Besucher,
Ein Strandbudenbesitzer macht Kassensturz.
die nicht als Gäste in diesen Hotels gebucht sind, brauchen einen Tagespaß,
Foto: Elke Krüger
eine Genehmigung des Hotelmanagers und einen Wachmann als Begleitung,
um hineinzukommen. Meist sind diese Hotels in die schönsten Buchten gebaut. Und obwohl es fast auf allen Karibikinseln ein Gesetz gibt, das besagt, dass der Strand bis zur Hochwassergrenze öffentlich ist, stehen überall Schilder: Privat – Kein Zugang!
Joachim Greiner war von 1970 bis 1973 Entwicklungshelfer des DED in Jamaika. Heute arbeitet er nebenberuflich in der Tourismusbranche.
Quelle:
GREINER, J. (1998): Die Karibik – das letzte Urlaubsparadies? - In: DED (DEUTSCHER ENTWICKLUNGSDIENST): Tourismus
und Entwicklung. ded Brief. Zeitschrift des Deutschen Entwicklungsdienstes. Nr. 1/98: S. 24-27
ARBEITSVORSCHLAG:
Bearbeiten Sie in Gruppen folgende Arbeitsaufträge:
Gruppe 1: Erstellen Sie eine Liste mit den Gruppen, denen die touristischen Einrichtungen der
Karibik gehören.
Gruppe 2: Beschreiben Sie die Fehler, die bei touristischen Erschließungen der Karibischen
Inseln gemacht wurden.
Gruppe 3: Beschreiben Sie Beschäftigungseffekte, die die touristische Erschließung der Karibischen Inseln bewirkte.
Gruppe 4: Welche Einstellung hat die karibische Bevölkerung heute zum Tourismus?
50
Arbeitsblatt 9
Was bedeutet Nachhaltige Nutzung?
Seit es Menschen auf der Erde gibt, nutzen sie die Güter der Natur. Früher befriedigten die Menschen ihre Lebensbedürfnisse, ohne den Bestand an für sie wichtigen natürlichen Ressourcen zu
gefährden. Im Mittelpunkt stand der Grundwert des langfristigen Überlebens. Als die Weltbevölkerung in den letzten 300 Jahren exponentiell zu wachsen begann und der Mensch durch moderne
Produktionsverfahren, durch den vermehrten Einsatz von Energie statt menschlicher Arbeitskraft,
durch die gestiegene Mobilität und die gewachsenen Konsumansprüche die Maßstäbe der Verfügbarkeit von natürlichen Ressourcen sprengte und die Regenerationsfähigkeit natürlicher Systeme
überbeanspruchte, hat die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen durch den Menschen bedrohliche Folgen für die Natur - und wiederum für die Menschen selbst angenommen.
Der Begriff der Nachhaltigkeit stammt aus der Forstwirtschaft des 18. Jahrhunderts. Georg Ludwig
Hartig definierte im Jahre 1810 Nachhaltigkeit folgendermaßen: „Jede weise Forstdirektion muss
die Waldungen taxieren lassen und sie so zu benutzen suchen, dass die Nachkommenschaft
wenigstens ebensoviel Vorteil daraus ziehen kann als sich die jetzt lebende Generation zueignet.“
Unkontrollierter Holzeinschlag für Feuer- und Bauholz hatte damals in vielen Regionen des heutigen Deutschlands zu einem Holznotstand geführt, weite Teile der ehemals riesigen Wälder Mitteleuropas waren abgeholzt. Um die langfristige Produktionsfähigkeit der Wälder sicher zu stellen,
wurden bald Verordnungen und Gesetze erlassen. Es durfte nur noch soviel Holz eingeschlagen
werden, wie auch wieder im Wald nachwuchs. Kahlgeschlagene Flächen mussten unverzüglich
wieder aufgeforstet werden. Um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert setzte sich das Nachhaltigkeitsprinzip schließlich innerhalb der Forstordnung durch und wurde als Grundsatz einer geordneten Waldwirtschaft von Deutschland aus in alle Teile der Welt exportiert.
Gesellschaft und Produktion sind auf die Natur angewiesen. So wie jeder Generation die Verantwortung für die Erde mit ihren natürlichen Ressourcen übergeben worden ist, hat jede Generation die
Verpflichtung, kommenden Generationen eine intakte Natur zu überlassen. Um langfristig zu überleben, ist eine nachhaltige Nutzung der Ressourcen unabdingbare Voraussetzung. D.h. erneuerbare,
natürliche Ressourcen dürfen nur in dem Umfang in Anspruch genommen und so bewirtschaftet
werden, dass ihre künftige dauerhafte Nutzbarkeit gewährleistet ist - Naturgüter dürfen daher nicht
in höherem Maße verbraucht werden, als sie sich regenerieren. Im Sinne des Übereinkommens über
die biologische Vielfalt bedeutet nachhaltige Nutzung die Nutzung von Bestandteilen der biologischen
Vielfalt in einer Weise und in einem Ausmaß, die nicht zum langfristigen Rückgang der biologischen
Vielfalt führen. Dadurch bleibt das Potential der biologischen Vielfalt erhalten, die Bedürfnisse und
Wünsche heutiger und künftiger Generationen zu erfüllen.
Quellen:
BUNDESREGIERUNG (2002): Perspektiven für Deutschland: Unsere Strategie für eine nachhaltige Entwicklung. – Berlin.
URL: http://www.bundesregierung.de/dokumente/,-585661/Artikel/Perspektiven-fuer-Deutschland-UnsereStrategie-fuer-eine-nachhaltige-Entwicklung.htm, 04.02.2004
REHBINDER, E. (1997): Ziele, Grundsätze, Strategien und Instrumente. - In: SALZWEDEL ET AL.: Grundzüge des Umweltrechts. – Berlin (Erich Schmidt Verlag), S. 04/01-04/132
SCHEFFRAN, J., VOGT, W. R. [Hrsg.] (1998): Kampf um die Natur. Umweltzerstörung und die Lösung ökologischer Konflikte. – Darmstadt, 304 S.
SCHMIDT, O. (1998): Der Begriff der Nachhaltigkeit und seine Entwicklung am Beispiel des Forstwesens. - In: JELDEN,
D., SPROTTE, I., GRUSCHWITZ, M.: Nachhaltige Nutzung. Bundesamt für Naturschutz. - Bonn, S. 27-35
UNEP (UNITED NATION ENVIRONMENT PROGRAMME) (1992c): Convention on Biological Diversity. – URL:
http://www.biodiv.org/convention/articles.asp, 04.02.2004
WWF (WORLD WIDE FUND FOR NATURE) (1993): Sustainable Use of Natural Resources: Concepts, Issues, and Criteria. –
Gland (Switzerland), 32 S.
Lexikon der Nachhaltigkeit, URL: http://www.nachhaltigkeit.aachener-stiftung.de/1000/Veranlassung.htm
ARBEITSVORSCHLAG:
Diskutieren Sie die Fragen:
1. Was ist Nachhaltigkeit?
2. Wie sollten Ressourcen genutzt werden, damit Ziele der Nachhaltigkeit erreicht werden?
3. Inwiefern lässt sich der Anspruch der Nachhaltigkeit auf touristische Nutzung übertragen?
51
Arbeitsblatt 10
Nachhaltige Entwicklung als Leitbild für einen naturfreundlichen
Tourismus
NACHHALTIGE ENTWICKLUNG ALS LEITBILD FÜR EINEN NATURFREUNDLICHEN TOURISMUS
♦
♦
♦
♦
♦
♦
♦
♦
Der Tourismus muss zur Erhaltung, Schutz und Wiederherstellung der Ökosysteme auf dieser Erde beitragen, denn intakte Natur- und Lebensräume sind und bleiben Voraussetzung
für den Tourismus. Dies erfordert Strategien zur Schonung der Ressourcen und zur Reduktion der Emissionen.
Der Tourismus muss zum Wohlstand der Bevölkerung der bereisten Regionen beitragen, sei
es durch Sicherung der Einkommen oder Verbesserung der Lebensqualität. Tourismus kann
die strukturellen Nachteile ländlicher Räume mildern oder sogar ausgleichen, wenn er in
eine sektorübergreifende, regionsspezifisch vernetzte Wirtschaft eingebettet ist und so einen maximalen Beitrag zur regionalen Wertschöpfung leistet.
Der Tourismus muss die fortschrittlichsten Mindeststandards in den Industriestaaten in
rechtlicher und sozialer Hinsicht auch in den Zielgebieten akzeptieren bzw. deren Umsetzung fördern. Umwelt- und Sozialdumping dürfen sich nicht bezahlt machen.
Der Tourismus muss zu einem interkulturellem Austausch und zur Verständigung von Menschen ungeachtet von Herkunft, Sprache und Religion beitragen.
Die Tourismusentwicklung und –planung muss eine selbstbestimmte kulturelle Dynamik
von Regionen ermöglichen und zur sozialen Zufriedenheit beitragen. Touristen sind Gäste
in der Region, Regionen sind keine Museen. Regionen sind in erster Linie Lebensraum für
ihre Bewohner und nur in zweiter Linie Dienstleistungsbetrieb für den Tourismus.
Der Mensch steht als Gestalter der Tourismuspolitik im Mittelpunkt. Tourismuspolitik muss
unter Beteiligung und Einbeziehung aller Betroffenen erfolgen. Bei allen Planungen ist der
„Bottom up“-Ansatz zu verwenden.
Konsumentengewohnheiten haben einen großen Einfluss auf das Tourismusgeschehen. Zur
Umsetzung von Nachhaltigkeit im Tourismus brauchen wir parallel auch die Entwicklung einer auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Kultur des Reisens.
Der Tourismus hat „Fernwirkungen“: Touristen reisen vom Wohnort zum Zielort, sie konsumieren eventuell Waren, die nicht am Zielort hergestellt werden, oder Investoren in Tourismuseinrichtungen haben ihren Sitz weit entfernt vom Zielort. Die Verantwortung der
Quellgebiete und regionaler bzw. globaler Institutionen für das Tourismusgeschehen muss
vermehrt in den Mittelpunkt gestellt werden.
Quelle:
NATURFREUNDE INTERNATIONALE (2002): Naturfreunde-Qualitätskriterien für ökologisches Reisen. – Wien.
URL: http://www.nfi.at/deutsch/Arbeitsbereiche/tourism/ecotour/documents/iversionkrit_dew.pdf, 04.02.2004.
ARBEITSVORSCHLAG:
Überprüfen Sie die Vereinbarkeit der kennen gelernten touristischen Region mit den dargestellten „Leitbildern für einen naturfreundlichen Tourismus“
.... entspricht den Leitbildern
.... entspricht nicht den
Leitbildern
52
Verbesserungsvorschläge
Arbeitsblatt 11
Rollenspiel: Was wird aus Puerto Suerte?
SZENARIO
In idyllischer Lage an der Karibikküste im tropischen Mittelamerika ist die Gemeinde Puerto
Suerte gelegen. Kennzeichnend für die Region ist tropisches Klima und eine außerordentlich
artenreiche Tier- und Pflanzenwelt: Nicht nur atemberaubender tropischer Regenwald befindet
sich in der Nähe des Ortes. Teile des Dorfstrandes dienen außerdem Meeresschildkröten als
Eiablageplatz. In Puerto Suerte und dessen unmittelbarer Umgebung leben etwa 2.000 Menschen. Der Ort, der vor allem von Landwirtschaft, Viehzucht und Handwerk lebt, kann sich der
Entwicklung nicht mehr verschließen – wie soll die Zukunft aussehen? Bereits vereinzelt besuchen wenige Touristen Puerto Suerte. Der internationale Hotelkonzern „Profit“ spielt mit dem
Gedanken, an der paradiesischen Küste der Gemeinde einen großen All-inclusive-Hotelkomplex
mit allem Komfort zu errichten. Einerseits könnte ein verstärktes touristisches Angebot Infrastrukturmaßnahmen fördern (z.B. Bau von Straßen, Anschluss an die überregionale Stromversorgung) und die Wirtschaft des Dorfes ankurbeln, (z.B. durch die Errichtung von Hotels,
Restaurants etc.) sowie den Ausbau und die Entwicklung des lokalen Gewerbes (z.B. durch den
Verkauf von lokalem Kunsthandwerk). Andererseits können Touristenströme sowohl die Natur
beeinflussen als auch in die gewachsenen Strukturen, das soziokulturelle Gefüge, eingreifen.
Und die Frage wäre schließlich auch, wer denn von einem wirtschaftlichem Aufschwung und
einer Entwicklung profitiert? Diese Bedenken hat auch der Öko-Tourismusanbieter „green
paradise“, der in Puerto Suerte ebenfalls eine Touristenanlage schaffen möchte, die aber möglichst mit Natur und Menschen in Einklang stehen soll, und daher auch weniger groß als das
geplante Hotel von „Profit“ werden soll.
Um gemeinsam eine Strategie für die Zukunft von Puerto Suerte zu entwickeln, treffen sich die
beiden Tourismusanbieter mit dem Bürgermeister und einer Bürgerinitiative von Puerto Suerte,
um zu einer Entscheidung über die zukünftige Entwicklung der Gemeinde zu gelangen.
ARBEITSVORSCHLAG:
1. Teilen Sie sich in mindestens 4 Gruppen auf. (Wenn Sie genügend Teilnehmer sind, bilden
Sie auch eine fünfte Gruppe. Diese soll eine Beobachterrolle einnehmen und Widersprüche,
Argumentationsstärken, Durchsetzungsfähigkeiten der einzelnen Gruppen beobachten und
im Anschluss den anderen Gruppen als Rückmeldung berichten.)
2. Lesen Sie das Szenario des Rollenspiels und Ihre Rollenkarte durch und sammeln Sie
gemeinsam in Ihrer Gruppe Argumentationspunkte, die Sie bei der Durchführung des Rollenspiels verwenden können.
3. Spielen Sie das Rollenspiel „Was wird aus Puerto Suerte?“ durch. Entscheidungsträger sind
der Bürgermeister und die Bürgerinitiative von Puerto Suerte, die von den Tourismusanbietern überzeugt werden müssen.
4. Versuchen Sie dabei, Ihre Interessen und Ansichten realitätsnah durchzusetzen. Ziel des
Gesprächs ist die Entwicklung eines Konzepts, in welcher Form der Tourismus in Puerto
Suerte in den nächsten Jahren entwickelt werden soll. (Die abschließende Planung kann
auch auf Plakaten festgehalten werden.)
53
Arbeitsblatt 11
Rollenkarte: Vertreter des Tourismuskonzerns „Profit“
Sie sind Vertreter des bedeutenden internationalen Tourismuskonzerns „Profit“. Ihr Interesse
ist die touristische Erschließung von Puerto Suerte unter der Voraussetzung, einen maximal
möglichen Gewinn für das Unternehmen zu erzielen.
Für Ihr geplantes Hotelprojekt – eine All-inclusive-Hotelanlage mit etwa 2000 Hotelbetten –
muss der Strand aufgeschüttet, Wald abgeholzt, ein Sumpfgebiet trockengelegt sowie Verkehrsinfrastruktur gebaut werden. Ein Flughafen in der Nähe wäre wünschenswert. Müll- und
Abwasserentsorgung sind noch ungeklärt – sie können sich eine preisgünstige Minimallösung
vorstellen – in Puerto Suerte gibt es diesbezüglich noch keine Vorschriften.
Gedanken über die Störung der Natur und des Landschaftsbildes, die Bedrohung der Meeresschildkröten oder den hohen Wasserverbrauch sind für Sie nur von marginalem, nachrangigen
Stellenwert.
Ihr Auftrag ist das Tourismusgroßprojekt auf den Weg zu bringen. Wichtig ist dabei auch die
spätere Zufriedenheit der Gäste: Erholung, Luxus, köstliches Essen, schöne Landschaft, Ausflug in die Natur, baden und tauchen etc.
Die Leitung des geplanten Hotels soll in spanischer und amerikanischer Hand bleiben. Saisonale, preiswerte Arbeitskräfte möchten Sie aus der lokalen Bevölkerung rekrutieren.
Sie wissen um die Konkurrenz eines Öko-Tourismusanbieters, der über gute Kontakte zu einer
lokalen Umweltgruppe verfügt. Daher pflegen Sie Ihre geschäftlichen Beziehungen zum Bürgermeister, dem Sie wirtschaftlichen Wohlstand versprechen. Sie wissen von den Bedürfnissen
der lokalen Bevölkerung um wirtschaftlichen Wohlstand und Entwicklungsperspektiven und
müssen mit Ihrem Feingefühl abwägen und agieren, um Ihre Interessen durchzusetzen.
ARBEITSVORSCHLAG:
1. Versetzen Sie sich in die Lage der Vertreter von „Profit“
2. Diskutieren Sie in Ihrer Gruppe, wie Sie nicht nur den Bürgermeister, sondern auch die am
Gespräch beteiligte Bürgerinitiative von Ihrem Projekt überzeugen können. Sammeln Sie
Argumente und überlegen Sie, wie Sie möglichen Einwänden begegnen können.
3. Wählen Sie einen (max. zwei) „Darsteller“ aus, der (die) das Unternehmen im Gespräch
vertreten wird (werden)!
54
Arbeitsblatt 11
Rollenkarte: Öko-Tourismusanbieter „green paradise“
Sie möchten als Öko-Tourismusanbieter die Entwicklung von Puerto Suerte mitgestalten. Als
Öko-Tourismusanbieter verfolgen Sie einerseits wirtschaftliche Interessen in Puerto Suerte,
andererseits aber auch eine Form des Tourismus, die mit Natur und Umwelt im Einklang ist.
Sie sind daran interessiert ein alternatives Tourismuskonzept zum Tourismuskonzern „Profit“
für den Ort Puerto Suerte zu liefern. Sie denken an eine für Natur und Mensch verträgliche
Anzahl von Touristen und an Unterkünfte (z.B. Bungalows aus natürlichen Materialien der
Region), die an die Landschaft angepasst sind, an ein ökotouristisches Angebot für Gäste wie
Wanderung durch den Tropenwald, Beobachtung der Meeresschildkröten bei der Eiablage etc.
Dass die Bevölkerung bei Planung und Durchführung des Projekts, beim Bau, der Ausstattung
und dem Betrieb der Anlage mit einbezogen wird, ist für Sie selbstverständlich.
Naturschutz hat für Sie – nicht allein aus Geschäftsinteresse – einen hohen Stellenwert. Sie
haben gute Kontakte zu einer lokalen Umweltgruppe von Puerto Suerte und arbeiten gemeinsam an der Aufklärungsarbeit der Bevölkerung – auch des Bürgermeisters - hinsichtlich Folgen
und Auswirkungen touristischer Großprojekte und Perspektiven für die lokale Bevölkerung.
(Für die Hotelanlage müsste Strand aufgeschüttet, Wald abgeholzt, ein Sumpfgebiet trockengelegt und Verkehrsinfrastruktur gebaut werden. Ein Flughafen in der Nähe wäre wünschenswert. Müll- und Abwasserentsorgung sind noch ungeklärt. Die Bedrohung der Meeresschildkröten wäre unausweichlich. Wasserknappheit wäre bei dem hohen Wasserverbrauch mit großer Wahrscheinlichkeit zu befürchten. Gering qualifizierte und entlohnte Arbeitsplätze würden
voraussichtliche nur saisonal geschaffen werden.) Dabei helfen Ihnen Ihre Erfahrungen, die Sie
bei dem Ausverkauf der Natur (z.B. Wasserverschmutzung, zerstörte Korallenriffe) durch andere Massentourismus-Projekte gesammelt haben.
ARBEITSVORSCHLAG:
1. Versetzen Sie sich in die Lage der Vertreter von „green paradise“
2. Diskutieren Sie in Ihrer Gruppe, wie Sie nicht nur den Bürgermeister, sondern auch die am
Gespräch beteiligte Bürgerinitiative von Ihrem Projekt überzeugen können. Sammeln Sie
Argumente und überlegen Sie, wie Sie möglichen Einwänden, bes. hinsichtlich der ggf. geringeren Devisenmenge, die Ihr Projekt gegenüber dem von „Profit“ bringen würde, begegnen können.
3. Wählen Sie einen (max. zwei) „Darsteller“ aus, der (die) das Unternehmen im Gespräch
vertreten wird (werden)!
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Arbeitsblatt 11
Rollenkarte: Bürgermeister
Sie sind der Bürgermeister von Puerto Suerte. Um die nächste Wahl wieder zu gewinnen, müssen Sie die Stimmen der Mehrheit der Gemeinde erhalten. Vor allem durch Ihr Versprechen
einer wirtschaftlichen Entwicklung, sprich Wohlstand, erhoffen Sie sich die Wählerstimmen.
Der Vertreter des Tourismuskonzerns „Profit“ hat bereits einige Gespräche mit Ihnen geführt.
Einerseits lockt der wirtschaftliche Aufschwung, der den Bau einer All-inclusive-Hotelanlage mit
2000 Hotelbetten mit sich bringen soll. Nicht nur Wohlstand soll Ihnen dies bringen, sondern
auch eine sichere Widerwahl. Ihr freundschaftliches Verhältnis zum einzigen Pensions- und
Restaurant-Besitzer des Ortes sowie des Besitzers des kleinen Supermarktes, die beide auf
wirtschaftliche Impulse für ihr Geschäft hoffen und daher das Tourismusprojekt befürworten,
bestärken Sie in der positiven Grundhaltung zur Entwicklung der Hotelanlage.
Allerdings müssen Sie auch ein gutes Verhältnis zur lokalen Umweltgruppe pflegen, die Ihnen
potenzielle Folgen für Mensch und Natur durch dieses Großprojekt aufzeigt. (Für die Hotelanlage müsste Strand aufgeschüttet, Wald abgeholzt, ein Sumpfgebiet trockengelegt und Verkehrsinfrastruktur gebaut werden. Ein Flughafen in der Nähe wäre wünschenswert. Müll- und
Abwasserentsorgung sind noch ungeklärt. Die Bedrohung der Meeresschildkröten wäre unausweichlich. Wasserknappheit wäre bei dem hohen Wasserverbrauch mit großer Wahrscheinlichkeit zu befürchten.) Diese Gruppe favorisiert ein Vorhaben des Öko-Tourismusanbieters „green
paradise“, das allerdings weit weniger groß ausfallen würde als das von „Profit“.
Schließlich müssen Sie sich auch um die Mehrheit der Einwohner, sprich Bauern und Handwerker, ihrer Gemeinde kümmern und auf sie Einfluss nehmen, denn nur wenn Sie auch deren
Interesse vertreten, ist Ihre politische Karriere gesichert. Mitglieder einer Bürgerinitiative zur
Zukunftssicherung Puerto Suertes werden auch an der Entscheidung beteiligt sein.
Dabei müssen Sie sich auch die Frage stellen, wer letztendlich vom Tourismus profitiert und
welche Perspektiven die Bevölkerung hat (z.B. auch Personalentwicklung – sie wissen, dass
„Profit“ eigentlich Leitungsposten nicht mit lokalen Angestellten besetzen möchte. Es würden
voraussichtlich nur gering qualifizierte und entlohnte saisonale Arbeitsplätze geschaffen werden).
ARBEITSVORSCHLAG:
1. Versetzen Sie sich in die Lage der Bürgermeisters von Puerto Suerte.
2. Diskutieren Sie in Ihrer Gruppe die Vor- und Nachteile beider Tourismuskonzepte und entscheiden Sie, welche Zukunft Sie für Puerto Suerte wünschenswert finden und wie Sie beim
Treffen mit den Anbietern sowie der Bürgervertreter argumentieren wollen.
3. Wählen Sie einen (max. zwei) „Darsteller“ aus, der (die) den Bürgermeister im Gespräch
vertreten wird (werden)!
56
Arbeitsblatt 11
Rollenkarte: Bürgerinitiative zur Zukunft Puerto Suertes
Sie sind die Vertreter der Einwohner von Puerto Suerte, die hauptsächlich von der Landwirtschaft und dem Handwerk leben. Teile Ihres Waldes haben Sie noch nicht gerodet, es handelt
sich um ursprünglich besonders artenreichen Tropenwald, der Ihnen von Generation zu Generation weiter vererbt wurde. Traditionen und Ihr kulturelles Erbe sind in Puerto Suerte noch
von hohem Stellenwert.
Einerseits lieben Sie Ihren Wald und den Flecken Land, aus dem Sie leben und verwurzelt sind,
andererseits sind Sie über die Perspektiven der Zukunft besorgt. Wie sehen die Entwicklungschancen Ihrer Kinder wohl aus? Ein gewisser Wohlstand ist notwendig. Andererseits möchten
Sie nicht, dass Ihre Traditionen, Ihre Kultur dabei in Mitleidenschaft gezogen wird.
Das große Geschäft durch das Tourismusgroßprojekt – die Errichtung der All-inclusive-Hotelanlage mit 2000 Hotelbetten – lockt sehr. Auf der anderen Seite steht das Angebot des ÖkoTourismusanbieters „green paradise“, der mit Natur- und Sozialverträglichkeit wirbt, allerdings
weit weniger Touristen in die Gemeinde bringen würde.
Andererseits gibt es kritische Stimmen unter den Bauern, insbesondere durch den Einfluss der
lokalen Umweltgruppe und auch den Dorflehrer, die Sie auf mögliche negative Auswirkungen
auf die Natur und die gewachsenen sozialen Strukturen bei derartigen Touristenströmen hinweisen. (Für die Hotelanlage müsste Strand aufgeschüttet, Wald abgeholzt, ein Sumpfgebiet
trockengelegt und Verkehrsinfrastruktur gebaut werden. Ein Flughafen in der Nähe wäre wünschenswert. Müll- und Abwasserentsorgung sind noch ungeklärt. Die Bedrohung der Meeresschildkröten wäre unausweichlich. Wasserknappheit wäre bei dem hohen Wasserverbrauch mit
großer Wahrscheinlichkeit zu befürchten. Gering qualifizierte und entlohnte Arbeitsplätze würden voraussichtlich nur saisonal geschaffen werden.)
Im Gespräch mit den anderen Einwohners Puerto Suertes erkennen Sie die Chancen einer wirtschaftlichen Entwicklung, aber auch die Gefahren für Natur und Mensch – sowohl für Sie selbst
als auch für Ihre Kinder und Kindeskinder. Sie müssen abwägen, welche Lösungen Ihnen sinnvoll, gewinnbringend, natur- und sozialverträglich sowie dauerhaft erscheinen und arbeiten
Ihrerseits an Lösungsvorschlägen.
ARBEITSVORSCHLAG:
1. Versetzen Sie sich in die Lage der Bürgervertreter
2. Diskutieren Sie in Ihrer Gruppe die Vor- und Nachteile beider Tourismuskonzepte und entscheiden Sie, welche Zukunft Sie für Puerto Suerte wünschenswert finden und wie Sie beim
Gespräch mit den Anbietern und dem Bürgermeister argumentieren werden.
3. Wählen Sie einen (max. zwei) „Darsteller“ aus, der (die) die Bürgervertreter im Gespräch
vertreten wird (werden)!
57
Arbeitsblatt 12
Phantasiekonzept: Der ideale Tourismus in Schwellen- und Entwicklungsländern
ARBEITSVORSCHLAG:
Bitte entwerfen Sie in Gruppenarbeit ein Phantasiekonzept für einen verträglichen Tourismus in
Entwicklungsländern.
Listen Sie Vorschläge zu Ihrem Fachgebiet auf. Formulieren Sie grundsätzlich positiv. Seien Sie
möglichst kreativ und phantasievoll. Auch heute noch utopisch erscheinende Vorschläge sind
denkbar. Lassen Sie sich nicht durch finanzielle oder soziale Zwänge einschränken.
Gruppe 1:
Landschafts- und
naturschonende Architektur der
touristischen Anlagen
Gruppe 2:
Naturschonende
Energieversorgung und Sanitärund Abfallentsorgung
Denkbar ist hierbei grundsätzlich
alles zwischen Zelt- und
Luxusresortanlage. Entwerfen Sie
Modelle, in denen auch Sie gerne
wohnen würden.
Sie sind völlig frei im Ausdenken
von funktionierenden Konzepten!
(Umweltschutz)
(Kunst und Natur)
Tourismusentwicklungskonzept der
Zukunft
Gruppe 3:
Sozialverträglichkeit der
tourismuswirtschaftlichen
Aktivitäten und Förderung des
Lebensstandards der
Bevölkerung im Reiseland
Gruppe 4:
Personalmanagement
Alle nur erdenklichen Ideen
können Sie in ein ideales
Personalkonzept für
Personalausstattung,
Personalführung,
Personalschulung,
Arbeitsvertragsgestaltung usw.
einbringen.
Wie wünschen Sie sich die
Aktivitäten der Reisenden
außerhalb der Hotelbereiche, wie
z.B. Ausflüge, Einkäufe,
Abendvergnügen? Welche
Einflussnahmen bzw. Angebote
der Veranstalter, Hoteliers und
staatlichen Einrichtungen können
Sie sich positiv vorstellen?
(Organisation)
(Psychologie)
58
Arbeitsblatt 13
Öko-Tourismus und Meeresschildkrötenschutz in Costa Rica – Tropica
Verde-Projekt
Allgemeine Information zum
Meeresschildkrötenschutzprojekt
Weltweit sind die Bestände der Meeresschildkröten vom Aussterben bedroht. Seit
1986 arbeitet die costaricanische Naturschutzorganisation ANAI, die sich für die
Erhaltung der biologischen Vielfalt und eine
nachhaltige Entwicklung in Talamanca/Costa
Rica einsetzt, für den Schutz und die Erhaltung mariner Schildkröten. Diese treffen
Jahr für Jahr am Strand von Gandoca zum
Nisten ein.
Monitoring der Gelege in die Aufzuchtstation am Strand;
Begleitforschung zur Erfolgskontrolle der
Naturschutzmaßnahmen: externe Anbringung von Metall-Markierungen bei
erwachsenen Schildkrötenweibchen, z. T.
auch Mikrochips, biometrische Vermessungen und Entnahme von Gewebeproben.
Durch die regelmäßige Durchführung kann
so eine fortschreitende Abnahme der
Meeresschildkrötenbestände zumindest in
ihrer ersten kritischen Lebensphase erfolgreich verhindert und eine Zunahme der Gelege am Strand von Gandoca verzeichnet
werden.
So konnte im Gandoca-Manzanillo Wildschutzgebiet die Wilderei der Eigelege von
100 % auf 4 % gesenkt werden und die Bestände der kritisch vom Aussterben bedrohten Lederschildkröten über 13% wachsen. Gandoca ist derzeit einer der wenigen
Strände weltweit, der einen positiven Trend
zu verzeichnen hat!
Hauptgegenstand des Projektes ist der
Schutz der Nester der Meeresschildkröten.
Durch Tarnung oder Verlegung der Gelege
werden sie vor allem vor dem Zugriff der
Wilderer, aber auch vor der Zerstörung
durch die Brandung bewahrt. Der Bruterfolg
wird außerdem durch die Aufzucht in dafür
ausgerichteten Stationen unterstützt.
Öko-Tourismus und
Meeresschildkrötenschutz in Gandoca
Die Einbindung der lokalen Bevölkerung in
das Projekt ist ein wesentlicher Bestandteil
des
Meeresschildkrötenschutzprogramms
und trägt zur nachhaltigen Entwicklung in der
Region bei.
Für die lokale Bevölkerung bietet das
Schutzprojekt durch seinen ökotouristischen
Ansatz eine alternative Einkommensquelle
zur Wilderei und fördert somit eine nachhaltige Entwicklung der Region. Mit Hilfe von
Angestellten aus der lokalen Bevölkerung
und Volontären (=Touristen) aus aller Welt
werden von März bis Juli die folgenden Arbeiten rund um die Uhr unter professioneller
Anleitung ausgeführt:
- die Bewachung von Strandabschnitten,
nächtliche Strandpatrouillen;
- Tarnung und Verlegung der natürlich gebauten Nester bzw. Überführung und
So beinhaltet das Projekt einen ökotouristischen Ansatz: Volontäre - also Touristen -
59
Arbeitsblatt 13
aus aller Welt kommen an den Strand von
Gandoca, um aktiv im Meeresschildkrötenschutz mitzuarbeiten. Die Bevölkerung von
Gandoca bietet Unterkunft mit Verpflegung
für die etwa jährlich 400 Volontäre aus aller
Welt (durchschnittliche Verweildauer knapp
2 Wochen, Tagespreis Übernachtung mit
Verpflegung 9-15 US$). Hier besteht weiteres Potenzial bis zu einer Auslastung von
etwa 600 oder mehr Volontären jährlich. Die
Anstellung im Projekt, das Aufkommen von
Kunsthandgewerbe und Reiseleiter- bzw.
Touristenführertätigkeiten in Gandoca und
im
Gandoca-Manzanillo-Wildschutzgebiet
stellen ebenfalls alternative Einkommensquellen zu Wilderei dar, die langfristig zum
Lebensunterhalt beitragen bzw. diesen sichern. Für die Zukunft soll an weiteren Perspektiven für die Bevölkerung gearbeitet
und ein ökotouristisches Gesamtkonzept
weiterentwickelt werden. Die Dienstleistungsangebote spielen mittlerweile eine
große Rolle in dem kleinen Ort Gandoca und
brachten z.B. im Jahr 2001 über 60.000 US
Dollar ein. Ein großer Erfolg für das Projekt,
wenn man bedenkt, was der Verkauf aller
ausgegrabenen Eier eines Wilderers einbringen würde.
Nur durch die Mitarbeit der Volontäre kann
die umfangreiche Arbeit geleistet werden
und führt zum Erfolg des Meeresschildkrötenschutzprojektes – und nur durch den
finanziellen Mehrwert durch die Volontäre
wird eine nachhaltige Entwicklung der Region und die Akzeptanz und Identifikation
der Bevölkerung mit dem Projekt gefördert
und gewährleistet.
Gerade im Angebot deutscher Reiseveranstalter bzw. Vermittlung durch deutsche
Naturschutzorganisationen zeigt sich, dass
solch Projekttourismus bzw. internationale
Projektarbeit, die Naturschutz und Partizipation der Bevölkerung integriert, noch
Nischencharakter im Gegensatz zu Angeboten aus den USA und Großbritannien besitzt.
Zur Zeit wird von einem Berliner Veranstalter an der Ausarbeitung einer „Turtle-Reise“
gearbeitet, so dass vermutlich in absehbarer
Zeit der Besuch des Schildkrötenschutzprojektes auch über ein deutsches Reisebüro
gebucht werden kann.
Durch Aufklärung und Wissensvermittlung
werden gleichzeitig Identifikation mit dem
Meeresschildkrötenschutz und Verantwortungsbewusstsein im Umgang mit der Umwelt gefördert. Der Schutz von Meeresschildkröten findet daher bei den Einheimischen große Unterstützung und wird auch
weiterhin maßgeblich das Leben von Gandoca bestimmen.
* Das Meeresschildkrötenprojekt der costaricanischen Partnerorganisation ANAI wird von TROPICA VERDE finanziell
und durch die Vermittlung von freiwilligen Helfern unterstützt. Weitere Informationen: www.tropica-verde.de
ARBEITSVORSCHLAG:
Diskutieren Sie die Fragen:
1. Was sind die Vor- und Nachteile des vorgestellten Projekttourismus (für die Bevölkerung,
für die Natur, für die Veranstalter)?
2. Was erwartet den Touristen? Welche Touristen werden angesprochen?
3. Wie kann solch ein Projekttourismus in das Programm eines Reiseveranstalters aufgenommen werden? Welche Möglichkeiten sehen Sie, eine derartige Reise im Reisebüro zu vermitteln (welche Schwierigkeiten sehen Sie)?
4. Wie sind die Vermarktungschancen für den vorgestellten Tourismus?
60
Arbeitsblatt 14
Wiederbewaldung und Öko-Tourismus in Costa Rica – Tropica VerdeProjekt
Allgemeine Information
Öko-Tourismus und Wiederbewaldung
der Fundación Monte Alto
Ursprünglich waren die Landflächen entlang
der Pazifikküste Mittelamerikas von artenreichen wechselfeuchten Wäldern (Trockenwälder) bedeckt. Heute ist die ursprüngliche
Waldbedeckung nahezu vollständig verschwunden, die Wälder sind dem Kahlschlag
zum Opfer gefallen. Auch in der Provinz
Guanacaste im Nordwesten Costa Ricas
erstrecken sich heute zumeist Viehweiden
auf einstmals bewaldeten Flächen. Selbst
steilste Hanglagen blieben vom Holzeinschlag nicht verschont. Die Umweltsünden
der Vergangenheit zeigen heute Folgen, die
das Leben der lokalen Bevölkerung nachhaltig beeinträchtigen: Abgesehen von dem
Verlust des natürlichen Artenreichtums sind
dramatische Überschwemmungen während
der Regenzeit und der Wassermangel der
Trockenzeit direkte Auswirkungen der Vernichtung der ursprünglichen Vegetation.
Der Schlüssel des Erfolges des Wiederbewaldungsprojektes Monte Alto liegt vor allem in dem ganzheitlichen Ansatz, den die
Organisation verfolgt:
- Erfolgreicher, kompetenter und überzeugender Waldschutz und Wiederbewaldung in Monte Alto einschließlich der
Ausweisung und Umsetzung eines Waldschutzgebietes.
-
Erfolgreicher Waldschutz und
Wiederbewaldung in Guanacaste
-
Akuter Wassermangel führte 1992 in Hojancha zur Gründung der Stiftung PRO
RESERVA FORESTAL MONTE ALTO (Fundación Monte Alto). Die Wasserführung des
Flusses Nosara - Trinkwasserquelle der
lokalen Bevölkerung - war durch die dramatische Abholzung in weniger als 25 Jahren
um über 90 % gesunken! Allein der Schutz
der restlichen Waldflächen und eine Wiederaufforstung des Quellgebietes des Flusses
versprach, diese Entwicklung rückgängig zu
machen und die Wassernot in der Trockenzeit zu lindern. Hierzu wurden von der Stiftung mit Unterstützung von TROPICA VERDE
bislang 346 Hektar steiler Hangflächen erworben und mit heimischen, standortgerechten Bäumen wiederaufgeforstet. Die
Fundación Monte Alto hat sich zum Ziel gesetzt, insgesamt etwa 800 Hektar des 924
Hektar großen Waldschutzgebietes im Quellgebiet wieder zu bewalden.
-
61
Dauerhafter Kontakt und konstruktive Zusammenarbeit mit Landnutzern des Quellgebietes und der Umgebung ermöglichen
eine Abstimmung der Flächennutzung und
die Entwicklung von nachhaltigen Nutzungssystemen. So werden seit Jahren auf
den Kaffeeplantagen der Hochlagen des
Mittelgebirges nur einheimische Bäume als
Schattenspender angepflanzt. Einige Viehzüchter verpflichteten sich, die besonders
erosionsgefährdeten Steillagen ihres Geländes aus der Nutzung zu nehmen und
für eine Wiederbewaldung zur Verfügung
zu stellen.
Umweltbildung in Form von Ausflügen,
Exkursionen zum Schutzgebiet und
Baumpflanzaktionen vor allem in Schulen
stärken das Naturverständnis und Umweltbewusstsein der jungen Generation.
Ausgangspunkt
der
Umweltbildungsarbeit ist ein kleines Informationszentrum und Museum der Fundación Monte
Alto
Intensive Öffentlichkeitsarbeit unterstützt
des weiteren die Akzeptanz der Naturschutzmaßnahmen.
Öko-Tourismus als alternative Einkommensquelle und Instrument zur nachhaltigen Finanzierung der Naturschutzarbeit. Im Jahre 1998 wurde eine Ökoherberge im Waldschutzgebiet errichtet.
Eine nachhaltige – ökotouristische - Nutzung des Waldes ist ein wichtiger Eckpfeiler der Stiftung Monte Alto: Durch die
Einnahmen aus Übernachtungen, Verpflegung und Exkursionen nationaler und
internationaler Gäste werden etwa ein
Drittel der Einnahmen bestritten. Damit
ist der Öko-Tourismus eine der wich-
Arbeitsblatt 14
tigsten Finanzierungsinstrumente für die
Naturschutzarbeit in Monte Alto. Aus
Deutschland bietet der Veranstalter
AvenTOURa Reisen nach Monte Alto an.
Besonders reizvoll für die Gäste der Herberge ist v.a. die traumhafte Lage im
Waldschutzgebiet. Heimische Kost sorgen für das leibliche Wohl. Ein Wegenetz
durch den Tropenwald ermöglicht das
Entdecken der heimischen Flora und
Fauna – entweder auf eigene Faust oder
unter fachkundiger Führung der Wildhüter.
-
schaft, Naturschutzbehörde, Ministerium
für Land- und Viehwirtschaft) trägt zur Akzeptanz und zum überregionalem Bekanntheitsgrade des Projektes bei. Insgesamt zeigt sich eine breite Akzeptanz der
Arbeit von Monte Alto, sichtbar in der regen Teilnahme der Bevölkerung an
Aktionen, aus deren Erlös sich die
Organisation teilfinanziert. Eine hohe
Identifikation mit dem Projekt wird
deutlich: Das Waldschutzgebiet und
Projekt Monte Alto wurde durch die
Bevölkerung Hojancha ins Leben gerufen –
und wird weiterhin von ihr mit großem
Engagement getragen und unterstützt.
Hojancha ist stolz auf Monte Alto!
Monte Alto ist ein positives Beispiel eines
kommunal verwalteten Projektes, welches
die Unterstützung der Bevölkerung und verschiedenste Interessensgruppen vor Ort
erfährt. Durch die Aktivitäten der Fundación
Monte Alto entwickelte sich das Projekt
Monte Alto zu einem Modellprojekt. Für ihre
erfolgreiche Arbeit erhielt die Organisation
im Jahr 1996 den nationalen Umweltpreis
„Premio Guayacan“.
Bislang herrscht aufgrund der begrenzten Besucherströme eine maßvolle Nutzung des Gebietes. Um einer Übernutzung zuvorzukommen, ist geplant, die
Auswirkungen der Gäste und Wanderer
auf die Natur zu untersuchen und somit
die Tragfähigkeit des Gebietes zu ermitteln.
Partizipation der Bevölkerung. Die Angestellten der Organisation, wie Wildhüter,
Büroangestellte und Personal für die Versorgung der Gäste, stammen aus der unmittelbaren Umgebung. Die Unterstützung
aus verschiedenen Interessensgruppen
(Kaffeekooperative, Zentrum für Landwirt-
Das Modellprojekt Monte Alto zeigt: Waldschutz kann nur erfolgreich umgesetzt werden, wenn dieser der Bevölkerung einen
Mehrwert – also Sicherung des Wasserhaushalts und Einnahmen aus dem Öko-Tourismusgeschäft – bringt und insgesamt eine
große Akzeptanz der Naturschutzarbeit besteht. Reisende in Öko-Tourismusprojekte
unterstützen durch ihre Reisen somit auch
die Naturschutzmaßnahmen.
* TROPICA VERDE unterstützt die Fundación PRO RESERVA FORESTAL MONTE ALTO durch Ankauf und Wiederbewaldung ungenutzter Viehweiden im Waldschutzgebiet. Weitere Informationen: www.tropica-verde.de
ARBEITSVORSCHLAG:
Diskutieren Sie die Fragen:
1. Was sind die Vor- und Nachteile des vorgestellten Projekttourismus (für die Bevölkerung,
für die Natur, für die Veranstalter)?
2. Was erwartet den Touristen? Welche Touristen werden angesprochen?
3. Wie kann solch ein Projekttourismus in das Programm eines Reiseveranstalters aufgenommen werden? Welche Möglichkeiten sehen Sie, eine derartige Reise im Reisebüro zu vermitteln (welche Schwierigkeiten sehen Sie)?
4. Wie sind die Vermarktungschancen für den vorgestellten Tourismus?
62
Arbeitsblatt 15
Waldschutz und Öko-Tourismus in Costa Rica – Tropica Verde-Projekt
Allgemeine Information
zucht und der Arbeit in den Bananenplantagen zu etablieren.
Für die langfristige Erhaltung der Artenvielfalt in der Region ist es wichtig, dass Tierund Pflanzenarten ausreichend Lebensraum
zur Verfügung steht. Hierbei kann auch kleineren Schutzzonen eine wichtige Funktion
zukommen, insbesondere wenn diese durch
Waldverbindungen (sogenannte „Biologische
Korridore“) miteinander verbunden sind. Der
Kanton Talamanca an der südlichen Karibikküste Costa Ricas beheimatet eine außerordentlich artenreiche Tier- und Pflanzenwelt.
Ursache der Artenvielfalt sind die unterschiedlichen Vegetationszonen, die auf relativ engem Raum so verschiedene Biotope
wie Tiefland- und Bergregenwälder bis hin
zu baumlosen Hochgebirgslagen umfassen.
Insbesondere in den höher gelegenen Regionen Talamancas sind große Teile des
Naturraums noch weitgehend unberührt und
durch die Einrichtung mehrerer Schutzgebiete gesichert. Leider gilt dies nicht in
gleichem Maße für die küstennahen Bereiche: Holzeinschlag, touristische Infrastruktur und die Anlage von Bananenplantagen
bedrohen hier vielerorts den Zusammenhalt
des Naturraumes und Fortbestand der Urwälder, was zwangsläufig einen Verlust des
außerordentlichen
Artenreichtums
der
Region bedeuten würde.
ASACODE versucht, mittels Öko-Tourismus
den von der Organisation erworbenen und
geschützten Wald nachhaltig zu nutzen. Auf
einem Gemeinschaftsgrundstück betreibt die
Organisation
die
einfache
Herberge
CASACODE. Bis zu 18 Personen – zumeist
Gruppen, Kurse und Schulklassen - können
in dem einfachen Holzhaus nächtigen. Falls
Betten in San Miguel noch zur Verfügung
gestellt werden, können sogar 29 Personen
untergebracht werden. Die Verpflegung besteht aus heimischer Kost, die in der
CASACODE mittels mobilem Solarkocher
zubereitet wird.
Der die Unterkunft umgebende Urwald bildet
als privates Schutzgebiet eine der Hauptattraktionen von CASACODE. Ein mehrtägiger Aufenthalt umfasst eine fünfstündige
Wanderung durch den Wald, eine Besichtigung einer angrenzenden Bananenplantage,
Besuch von Kleinbauern, Besuch eines in der
Nähe befindlichen Keköldi-Indianer-Reservats und einen Tag am Strand.
Lokale Umweltgruppen versuchen die Abholzung des Tropenwaldes zu verhindern und
gemeinsam mit der Bevölkerung Schutzmaßnahmen durchzuführen und nachhaltige
und naturschonende Nutzungskonzepte zu
entwickeln. Denn: der Erhalt von tropischen
Wäldern kann auf Dauer nur gelingen, wenn
Naturschutz und wirtschaftliche Interessen
der lokalen Bevölkerung miteinander in Einklang gebracht werden.
Die ASACODE-Mitglieder bestreiten bis zu
30% ihrer Einnahmen aus dem Öko-Tourismus (weitere 30% durch Viehzucht und
etwa 40% durch landwirtschaftliche Erzeugnisse). Für die Zukunft erhoffen sie sich jedoch eine Erhöhung ihrer ökotouristischen
Einnahmen: Die etwa 400 Übernachtungen
jährlich sollen auf 1000 steigen (25 US$ pro
Übernachtung und Vollpension einschließlich
geführter Waldwanderung). Damit ASACODE
dieses Ziel erreichen kann, lässt sich die
Organisation
fachlich
beraten,
welche
Schritte und Maßnahmen durchgeführt wer-
Öko-Tourismus und Waldschutz der
Kleinbauerkooperative ASACODE
Die Organisation ASACODE wurde 1987 von
Kleinbauern aus dem kleinen Ort San Miguel
in Talamanca gegründet. Ziel dieser Kleinbauerkooperative ist es, Tropenwald zu
schützen und durch eine nachhaltige – ökotouristische - Nutzung ein alternatives
Lebensmodell zum dortigen Ackerbau, Vieh-
63
Arbeitsblatt 15
den
müssen.
Des
Weiteren
arbeitet
ASACODE bereits an der Erweiterung ihrer
touristischen Angebote, z.B. Ausarbeitung
spezieller Themenführungen durch den
Wald, und setzt einen Schwerpunkt auf Ausbildung weiterer Reiseleiter, Weiterbildung
in Englisch für eine bessere Kommunikation
mit den Touristen etc.
Arbeit von ASACODE. Dies wird durch intensive Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildungsarbeit unterstützt.
Deutlich wird, dass der Waldschutz nur erfolgreich umgesetzt werden kann, wenn dieser der Bevölkerung einen Mehrwert – also
Einnahmen aus dem Öko-Tourismusgeschäft
– bringt. Das modellhafte Leben im Einklang
mit der Natur hat Nachahmungscharakter im
lateinamerikanischen Raum und soll schließlich eine nachhaltige Entwicklung in Talamanca fördern.
Abgesehen vom Waldschutz und dessen
ökotouristischer Nutzung ist die Etablierung
nachhaltiger Nutzungssysteme bei Ackerbau
und Viehzucht ein wichtiger Eckpfeiler in der
* TROPICA VERDE unterstützt in Zusammenarbeit mit ASACODE den Schutz des Waldes durch Erwerb und Sicherung
ausgewählter, von Abholzung bedrohter Urwaldfläche. Weitere Informationen: www.tropica-verde.de
ARBEITSVORSCHLAG:
Diskutieren Sie die Fragen:
1. Was sind die Vor- und Nachteile des vorgestellten Projekttourismus (für die Bevölkerung,
für die Natur, für die Veranstalter)?
2. Was erwartet den Touristen? Welche Touristen werden angesprochen?
3. Wie kann solch ein Projekttourismus in das Programm eines Reiseveranstalters aufgenommen werden? Welche Möglichkeiten sehen Sie, eine derartige Reise im Reisebüro zu vermitteln (welche Schwierigkeiten sehen Sie)?
4. Wie sind die Vermarktungschancen für den vorgestellten Tourismus?
64
Arbeitsblatt 16
Öko-Tourismus in Indigena-Reservaten im Süden Costa Ricas
Allgemeine Situation
Tourismus in der Natur
Etwa 60% der TouristInnen werden von der
Natur angezogen, seien es Strände, Vulkane, Nationalparks oder tropische Wälder.
Die Mehrheit dieser 60% sucht “Sonne und
Strand”. Eine nicht unbedeutende Zahl von
TouristInnen sucht einen direkteren Kontakt
mit der Natur in den Nationalparks, beim
Beobachten von Tieren oder bei Wanderungen durch den Regenwald. In der Mehrheit
bewegen sie sich in der Zone zwischen
Tortuguero im Norden, dem Vulkan Arenal
und Monteverde im Westen und Manuel
Antonio im Süden; diese Region wird auch
von den etwas “alternativeren” Reiseveranstaltern in Deutschland angeboten.
Die relativ wenige Touristen, die in den Süden reisen, sind vor allem an dem Nationalpark Corcovado auf der Halbinsel Osa interessiert. Corcovado ist der letzte tropische Regenwald auf der pazifischen Seite
Mittelamerikas und berühmt für seine einzigartige Artenvielfalt.
Der Umfang des Tourismus
Costa Rica hat unter den Ländern Mittelamerikas den größten Anteil am Tourismus:
jährlich empfängt das Land rund eine Million Touristen.
An zweiter Stelle liegt Guatemala mit
825.000, an dritter Stelle El Salvador. In
den letzten Jahren hat der Tourismus dort
stark zugenommen, ebenso wie in Nicaragua und Panama, den Nachbarländern
Costa Ricas, die sich allmählich zu einer
ernsthaften Konkurrenz entwickeln.
Die Zahl von einer Million TouristInnen
umfasst BesucherInnen verschiedener Kategorien, gemäß ihrer Interessen, ihrer
ökonomischen Möglichkeiten, ihres Alters,
ihrer körperlichen Fitness etc. Einige Formen des Tourismus können zu einer positiven Entwicklung beitragen, andere sind
eher schädlich.
Ein Beispiel eines Tourismusprojekts, das
keinen Nutzen bringt:
Für den Bau des Luxushotels kommt alles
aus dem Ausland, und was bleibt für die
Einheimischen? Mit den Ausgaben für Türen, Fenster und Möbel hätte man eine
komplette Werkstatt einrichten und zahlreiche junge Leute aus der Umgebung ausbilden können.
In Guanacaste dominiert der Tourismus der
großen Strandhotels, die zu internationalen
Ketten gehören. Rund 40% der Touristen in
Costa Rica gehen nach Guanacaste, gleichzeitig leben jedoch 35% der Guanacastecos
unterhalb der Armutsgrenze, der höchste
Anteil aller Provinzen des Landes.
Der Bürgermeister von Liberia kommentiert: “Hier gibt es Arbeit für Gärtner, Zimmermädchen und Chauffeure, dazu sind wir
gut genug”.
Die meisten Verträge gelten nur für einige
Monate während der Hochsaison. Die Angestellten auf verantwortungsvolleren und
besser bezahlten Positionen kommen aus
der Hauptstadt. Ein Freund aus der Gegend
erzählte uns, dass “sogar die Nutten von
außerhalb kommen, denn die Mädchen aus
den Dörfern geben sich nicht dafür her”.
Situation des Tourismus im Süden
Costa Ricas
Der internationale Tourismus konzentriert
sich auf die Halbinsel Osa und den SurferStrand von Pavones, in der Nachbarschaft der
Reservate Osa bzw. Conte Burica. Außerhalb
dieser beiden Pole hat sich wenig entwickelt.
Von den Indígenas sind nur zwei oder drei
Familien direkt am Tourismus beteiligt.
In Osa wurde die Idee für dieses Projekt geboren: Mariano Marquínez, Ex - Präsident der
Asociación Ngöbegue, lebt am Eingang des
Reservats, das an den Nationalpark Corcovado angrenzt. Auf der anderen Seite des
Flusses sieht er die Touristen vorbeiwandern,
die in den Nationalpark gehen. Deshalb fragte
sich Mariano: Warum wandern sie an uns
vorbei, ohne das Indígena-Reservat zu bemerken und ohne dass wir etwas davon haben?
Wie entstand das Projekt?
Im Jahr 1999 lud die CIL (Christliche Initiative Internationales Lernen e.V., Frankfurt)
CEDOE zu einem internationalen Dialogpro-
65
Arbeitsblatt 16
zess zum Thema der “Nachhaltigen Entwicklung” ein, bei dem CEDOE einen Beitrag aus der Sicht der Indígenas leisten
sollte.
Auf nationaler Ebene veranstaltete CEDOE
eine Serie von Beratungen und Workshops
zum Thema. Bei der Analyse der traditionellen Wirtschaftsweise und der gegenwärtigen
Situation gelangten die beteiligten Indígenas zu folgenden Schlüssen:
- Die Armut der Indígenas verträgt sich
nicht mit “Nachhaltigkeit”
- Viele wandern auf der Suche nach Arbeit
saisonal oder dauerhaft ab
- Die Landwirtschaft ist traditionell “organisch” und sollte entsprechend vermarktet werden; allerdings fehlen entsprechende Mechanismen und Zertifikate
- Das Kunsthandwerk bringt minimale Einnahmen und sollte gefördert werden, um
qualitativ höherwertige Produkte zu ermöglichen
- Der Öko-Tourismus könnte eine zusätzliche Einnahmequelle neben der traditionellen Wirtschaft bieten
tert. Daraus wurden die folgenden Kriterien
abgeleitet:
ÖKONOMISCH
- Die in der Vorbereitung sowie im Tourismus anfallenden Arbeiten werden von
ortsansässigen Indígenas geleistet
- Die Erzeugnisse der lokalen Landwirtschaft bilden die Basis der Versorgung
der Touristen, so dass den Landwirte ein
zusätzlicher Markt offen steht
- Landwirtschaftliche und kunsthandwerkliche Erzeugnisse können ohne Zwischenhandel angeboten werden
ÖKOLOGISCH
- Beim Bau der Unterkünfte werden Materialien aus der Region verwendet
- Das Bauholz stammt weder von bedrohten Arten noch von der Abholzung eines
Urwaldes
- Systeme zur Abwasserbehandlung und
Abfallbeseitigung werden installiert
SOZIAL UND KULTURELL
- Die Dorfgemeinschaften organisieren
sich, um die Kontrolle über den Tourismus zu behalten
- Die Beteiligten definieren Verhaltensregeln, die den Dorfbewohnern und den
Touristen bekannt gemacht werden
- Die Beteiligung von Frauen auf allen
Ebenen ist garantiert
- Workshops und Versammlungen zur Reflexion über die Auswirkungen des Tourismus finden vor und während des Projekts statt
- Die Fortbildung der Teilnehmenden ist
integraler Bestandteil des Projekts und
orientiert sich an ihren Möglichkeiten und
Bedürfnissen
Ziele
Schaffung einer Form des Tourismus, die
für die indigenen Gemeinschaften wirtschaftlich rentabel sowie kulturell und ökologisch verträglich sein soll.
- Schaffung zusätzlichen Einkommens für
Männer und Frauen
- Schutz der Umwelt
- Erhaltung der indigenen Kultur
- Überwindung gegenseitiger Vorurteile
zwischen Indígenas und einheimischen
oder ausländischen “Weißen”
Kriterien der Nachhaltigkeit
Tourismus
in
Indigena-Reservaten:
Problematik und Möglichkeiten
Alle Beteiligten wissen genau, der Tourismus ist ein zweischneidiges Schwert: er
kann – wenn auch bescheidene – Einkommen ermöglichen und die Entwicklung der
Gemeinschaften fördern, gegebenenfalls
sogar zu einer Renaissance der örtlichen
Kultur beitragen. Andererseits besteht die
Gefahr eines wirtschaftlichen Verlustgeschäfts und eines beschleunigten Verfalls
der kulturellen Werte. Die Beteiligten haben
diese Zweischneidigkeit immer wieder erör-
Der Markt
Das Angebot richtet sich an Personen, die
offen sind und die indigene Kultur respektieren; die Preise sind so gehalten, dass
auch der nationale Tourismus angesprochen
wird.
Sektoren möglicher Kunden:
- Nationale und ausländische NaturliebhaberInnen
- Nationale und ausländische Kulturinteressierte
- MitarbeiterInnen von Institutionen und
staatlichen Stellen
66
Arbeitsblatt 16
Jugendgruppen von Sekundarschulen,
Universitäten, Kirchen, Pfadfindern etc.
- Gruppen mit spezifischen Interessen,
z.B. an traditioneller Medizin
- Forschende
Eine Schwierigkeit beim “Marketing” wird
darin bestehen, dass in Costa Rica fast alles
als “ökologisch” angepriesen wird. In der
Marketingstrategie wird es darauf ankommen, die tatsächliche Einzigartigkeit des
Angebots verständlich zu machen.
ABROJO MONTEZUMA:
Ein System von Kalksteinhöhlen
COTO BRUS:
Kaffeeanbau, nahegelegener botanischer
Garten
-
Mögliche Angebote – oder: Was können
die Touristen tun?
- Wanderung durch tropischen Regenwald
mit Höhlen (Abrojo) und Wasserfall
(Osa)
- Reitausflüge durch tropischen Regenwald
mit Höhlen (Abroja) und Wasserfall
(Osa)
- Nachtwanderungen zur Tierbeobachtung
- Ausruhen am Strand von Conte Burica
- Kulturabende
- Kunsthandwerk zum Selbermachen
- Kurse und Fortbildungen zu Fragen von
Kultur, Ökologie, Sprache oder Naturmedizin
Die touristischen Anziehungspunkte
RESERVATE DER NGÖBES ALLGEMEIN:
Die indigene Kultur:
- Kunsthandwerkliche Erzeugnisse wie Taschen, geflochtene Hüte, bemalte “Mastate” (ein Stoff aus Baumrinde) und traditionelle Kleider, die die Frauen heute
noch tragen;
- Kenntnisse über Heilpflanzen, Geschichten und Mythen;
- Lebensmittel aus organischer Landwirtschaft;
- Materialien für Unterkünfte in Anlehnung
an die traditionelle Architektur.
Außerdem existieren spezifische Anziehungspunkte in den einzelnen Reservaten:
OSA:
Wasserfall mit Bademöglichkeit; seltene
Tierarten wie Papageien und Tapire; grenzt
an den Nationalpark Corcovado
CONTE BURICA:
Strände (Punta Banco, Caña Blanca y Río
Coco)
Zukunftsaussichten
Der regionale Tourismus wird zunehmen.
Ein Angebot, das außer Costa Rica auch die
Nachbarländer umfasst, hat deshalb bessere Chancen. Angestrebt wird der Aufbau
eines Netzes von ökotouristischen Angeboten in Costa Rica, Panamá und Nicaragua,
unter Beteiligung von
- Bestehenden Öko-Lodges, Landwirten,
Fischern, Indígenas z. B. den Malekus im
Norden Costa Ricas, Ngöbes in Chiriquí/
Panamá, Teribes und Ngöbes in Bocas
del Toro/Panamá)
Quelle:
BEIßWENGER, K. (2002): Ökotourismus in Indigena-Reservaten im Süden Costa Ricas. - Der Dialog, 22: S. 10-11
ARBEITSVORSCHLAG:
Diskutieren Sie die Fragen:
1. Nennen Sie die Zielsetzung des vorgestellten Tourismusprojekts.
2. Untersuchen und beschreiben Sie, inwiefern das Projekt nachhaltig ist.
3. Überlegen Sie, ob und wenn ja wie, diese Art des Projekttourismus in das Programm von
Reiseveranstaltern aufgenommen und vermarktet werden kann.
67
Arbeitsblatt 17
Cultourica – Konzept
CULTOURICA - Unser Konzept, unsere Ziele
Cultourica – Proyectos Interculturales
-
steht für „sanften“ Tourismus, für Erlebnis- und Bildungsreisen, für sozial-, kulturell- und
ökologisch verträgliches Reisen.
Besteht aus einer Kerngruppe von Touristik- und Sprachlernexperten sowie Spezialisten vor
Ort und deren ökotouristischen Projekten.
UNSERE ZIELE
- Wir wollen Ihnen die Kultur der Menschen und die Natur des Landes vermitteln, die Lebensbedingungen sowie ihre Geschichte und natürlich die besonderen Attraktionen des Landes.
- Wir wollen dazu beitragen, dass Sie Neues erleben, Fremdes verstehen und Schönes genießen können.
UNSER REISEKONZEPT
Ein erfahrener Reiseleiter, der sowohl mit der Kultur des Reiselandes als auch mit der der Touristen vertraut ist, führt Sie in Kleingruppen und abseits der ausgetretenen Touristenpfade zu
den einzelnen Stationen der Reise. Vor Ort übernehmen z.T. örtliche Experten die Führung,
informieren, erklären und stellen auch Ihnen Fragen. Die kleinen, familiären und landschaftlich
wunderschön gelegenen Unterkünfte einheimischer Besitzer sind sorgfältig ausgesucht und
zum Entspannen bestens geeignet. Persönliche und authentische Atmosphäre ist uns wichtig
und wir achten darauf, dass typisches, leckeres und gesundes Essen serviert wird. Wir versuchen die Umwelt minimal zu belasten und bevorzugen ökologisch orientierte Projekte, Unterkünfte und Transportmöglichkeiten. Die Einkünfte aus unseren Reisen bleiben bei den Menschen, mit denen wir zusammenarbeiten, bei den Projekten, die die Lebensbedingungen vor
Ort verbessern und die Umwelt schützen.
Quelle:
http://www.cultourica.com/frameset_deutsch.html
ARBEITSAUFTRAG:
Diskutieren Sie die Frage:
Inwiefern erfüllt das Konzept des Anbieters den Anspruch auf Nachhaltigkeit?
68
Arbeitsblatt 18
Costa Rica Auténtica - Angebot eines costaricanischen Reiseveranstalters
Costa Rica Auténtica - Eine spezielle Reise durch ökotouristische Projekte
Friedensuniversität + Waldreservat Rodeo - Vulkan Irazú – Gebirge Cerro de la
Muerte – Nationalpark Bahia Ballena: Delphine (und Wale) am Pazifikstrand –
Silencio: ein Dorf, eine Kooperative – Krokodile am Río Tempisque – Puntarenas –
Halbinsel und Golf von Nicoya: Waldreservat Monte Alto, Mangrovenwälder +
Wasservögel, Kolonialkirche Nicoya, Traumstrand Carillo, Töpferdorf Guaitil,
Solarenergie - Stausee und Vulkan Arenal - Schmetterlinge und Heilpflanzen in La
Fortuna – Vulkan Poás - Kaffeeplantagen – Hauptstadt San José
Programm
1.Tag:
Ankunft am Flughafen von San José und Transfer zur Pension EL MARAÑON, wunderschön in
einer tropischen Gartenanlage mit Blick über das Zentraltal auf den Vulkan POAS gelegen.
2.Tag: Friedensuniversität - Waldreservat El Rodeo
Nach dem tropischen Frühstück Programmbesprechung; anschließend Fahrt durch Kaffeeplantagen zum Friedensmonument der UNIVERSIDAD PARA LA PAZ: Einführung in die demokratische Geschichte des Landes ohne Armee; danach Führung durch das Trockenwaldreservat EL
RODEO: erster Einblick in die Artenvielfalt des Landes. Nachmittag zur freien Verfügung: Möglichkeit zum Reiten oder Ausspannen im üppigen Garten der Pension.
3. Tag: Vulkan Irazú - Cartago - Macizo de la Muerte – Pazifik: Bahía Ballena
Fahrt über San José in den ”Gemüsegarten” Costa Ricas an den Hängen des höchsten aktiven
Vulkans des Landes – des IRAZU (3400 m): Wanderung in der ”Mondlandschaft” am Rande der
beiden Krater; danach Abstieg nach CARTAGO, der ehemaligen Hauptstadt, und Besuch der
architektonisch interessanten Wallfahrtskirche Los Angeles; Weiterfahrt nach Süden auf das
MACIZO DE LA MUERTE (3491m) zum MIRADOR DE LOS QUETZALES, einem Bauernhof auf
2700m gelegen mit phantastischem Blick zum Pazifik, der Milch, Brombeeren und Forellen produziert und in dessen Nebelwald der sagenumwogene Quetzalvogel nistet. Wanderung im Privatwald der Bauern und Möglichkeit zum Forellenessen; danach Fahrt durch Páramo-Vegetation nach SAN ISIDRO EL GENERAL, dem Wirtschaftszentrum des Südens, und weiter zum
Pazifik bis zum Nationalpark BAHIA BALLENA in die Lodge CANTO DE BALLENAS (=Gesang der
Wale), betrieben von der örtlichen Kooperative.
4.Tag: Meer – Delphine – (Wale)
Vom weiten Sandstrand des Nationalparks, verwaltet von einer Bürgerinitiative, starten wir zur
Bootsfahrt aufs Meer zur Beobachtung von Delphinen. Von August bis Oktober und von Dezember bis April hat man auch die Chance, Wale zu sehen, die hier in den Meeres-Nationalpark
zur Paarung kommen. Nachmittag frei zum Baden, Schnorcheln, Tauchen oder Wandern.
5.Tag: Landwirtschaftskooperative Silencio
Fahrt nach Norden an der Küste entlang nach SILENCIO, einer landwirtschaftlichen Kooperative,
die wunderschön am Rande des Río-Savegre-Tals gelegen ist. In Coopesilencio unternehmen wir
eine Führung durch das Dorf (Schule, Gesundheitsstation, Kindergarten, Ökobildungszentrum) und
durch die Ölpalmen-(”Palmin!”) und Forstplantagen, in denen auch ein Wildlife Rescue Center
arbeitet: Hier wurden schon zahlreiche Papageien ausgesetzt, die z.T. in der Gegend blieben, so
dass man beim Frühstück meist verschiedene Papageienarten beobachten kann.
69
Arbeitsblatt 18
6. Tag: Reservat Los Campesinos
Tagestour nach Quebrada Arroyo: Kurze Fahrt zum mächtigen Savegre-Fluss; Übersetzen mit
einer Seilbahn und Wanderung (optional: Ritt) mit Blick auf das Savegretal zum Dorf, wo eine
Initiative von ehemaligen Vanillebauern das Reservat LOS CAMPESINOS mit einer 130m langen
Hängebrücke, einer Gondel zwischen Baumkronen und zwei einmalig schönen Wasserfällen
betreibt. typisches Campesino-Mittagessen. Übernachtung nochmals in CoopeSilencio.
7. Tag: Manuel Antonio - Río Tárcoles – Puntarenas – Monte Alto
Fahrt in das nahegelegene Touristenzentrum MANUEL ANTONIO: Möglichkeit zum Baden
und/oder Besuch des Nationalparks und/oder Shopping. Weiterfahrt an der Küste entlang nach
Norden über die Brücke des RIO TARCOLES - Krokodilsbeobachtung! – zur alten Hafenstadt
PUNTARENAS. Von hier setzen wir mit der Autofähre über auf die Halbinsel Nicoya (bei starkem Andrang oder Ausfall der Fähre fahren wir über die neue Brücke am Río Tempisque). Am
Nachmittag geht es hinauf nach HOJANCHA in das Waldreservat MONTE ALTO. Hier schützt
eine Bürgerinitiative vorhandene Waldbestände und forstet umliegende Hügel wieder auf, um
die Wasserversorgung des Ortes und die Artenvielfalt und das Quellgebiet des Río Nosara zu
sichern; Übernachtung in der einfachen, aber wunderschön mitten im Wald gelegenen Lodge.
8. Tag: Reservat Monte Alto
Kurzvortrag zur Entstehungsgeschichte des Projekts; danach biologisch-ornithologische Führung
auf den Lehrpfaden - auch: Orchideenpfad! - des Reservats. Nachmittags mahlen wir Zuckerrohr
im TRAPICHE, der traditionellen Zuckerrohrpresse. Weiterhin besteht die Möglichkeit für einen
Reitausflug.
9.Tag: Golf von Nicoya – Nicoya – Puerto Carillo
Morgens fahren wir zum kleinen Hafen PUERTO JESUS am Golf von Nicoya, wo wir eine einmalige
Mangroven-Bootsfahrt – organisiert von einem Frauenprojekt – unternehmen. Hier haben wir
Gelegenheit, unzählige Wasservögel zu beobachten und auf einer kleinen Insel nach Spuren der
indianischen Ureinwohner zu suchen. Nach einem typischen Mittagessen fahren wir über NICOYA
mit Pause am Stadtpark und Besuch der zweitältesten Kolonialkirche des Landes an den traumhaften Pazifikstrand PUERTO CARILLO in eine Pension 5 Min. vom Strand gelegen.
10. Tag: Puerto Carillo
Tag zur freien Verfügung; Möglichkeit zum Baden, Schwimmen, Surfen, Schnorcheln, Tauchen,
Paragliding, Reiten, Kanufahren auf dem ORA-Fluss oder Boostfahrten aufs Meer zur Schildkrötenbeobachtung, etc..
11.Tag: Guaitil – Sol de Vida - Arenalsee – Vulkan Arenal
Heute erleben wir in GUAITIL die Töpferkunst nach alten indianischen Traditionen und Mustern.
Im nahegelegenen SANTA BARBARA besuchen wir das CASA DEL SOL, wo eine Frauengruppe
die Herstellung und Verbreitung von Solarherden propagiert und mittels umfassender Bewusstseinsarbeit das Selbstbewusstsein der teilnehmenden Frauen fördert. Unser gesundes Mittagessen wurde von der Sonne gekocht! Rückfahrt über die Tempisque-Brücke nach CAÑAS und
weiter um den 80qkm großen von üppiger tropischer Vegetation umgebenen ARENALSTAUSEE
vorbei an Windkraftanlagen (Stausee und Windmühlen produzieren 70% der elektrischen Energie des Landes) zum VULKAN ARENAL, dem faszinierenden aktiven Vulkan des Landes, der
mehrmals täglich Eruptionen hervorbringt. Übernachtung in der wunderschön zwischen Vulkan
und LA FORTUNA gelegenen CATARATA Lodge, ebenfalls Projekt einer Bauerninitiative.
12.Tag: La Catarata – Schmetterlingsgarten – Medizinalpflanzen – Vulkan Arenal
Vormittags führen uns Mitglieder der Bauerninitiative, die uns bewirtet, durch deren Schmetterlingsgarten und zu einer Finca, die Medizinalpflanzen zur Teeherstellung produziert. Am
Nachmittag beobachten wir die Lavaflüsse des Vulkans auf einer Wanderung vom Nationalparkeingang am See entlang zur Staumauer, bei der diverse Vögel und oft Affen und Nasenbären gesehen werden können. Danach besteht die Möglichkeit, die heißen Quellen von Baldi
oder Tabacon zu besuchen. Bei Dunkelheit werden wir versuchen, die Lavaströme des Vulkans
zu beobachten.
70
Arbeitsblatt 18
13. Tag: Wasserfall La Paz - Vulkan Poás – Alajuela - Ciudad Colón
Fahrt durch das nördliche Tiefland vorbei an Rinderweiden, Papaya- und Orangenplantagen auf
die Zentrale Cordillera zum beeindruckenden Wasserfall LA PAZ. Weiterfahrt zum Nationalpark
VULKAN POAS: Wanderung zum Krater und zur Lagune; Rückweg durch dichten Nebelwald
zum Museum; Abfahrt ins Zentraltal durch das Zentrum des Kaffeeanbaus auf den fruchtbaren
Hängen des Vulkans; Stop am Casa del Café mit seinem wunderschönen Blick aufs Zentraltal
und der Möglichkeit erstklassigen Kaffee zu probieren. Weiter nach ALAJUELA, der historisch
bedeutsamen Kaffeestadt mit Besuch des Museums und Spaziergang im alten Zentrum. Übernachtung nochmals in der Pension “El Marañon”.
14. Tag: Hauptstadt SAN JOSE
Besuch der Hauptstadt SAN JOSE: Stadtführung über den MERCADO CENTRAL, die ALTE POST,
das staatliche Kulturzentrum CENAC zum NATIONALMUSEUM (Führung); Nachmittag frei für
weitere Museen, Stadtbummel und/oder Einkauf
15. Tag: Abreise oder Verlängerungsaufenthalt z.B. an der KARIBIK
Verlängerungstage: STRANDURLAUB AN DER KARIBIK:
Sie fahren mit öffentlichem Direktbus oder Privattransfer nach PUERTO VIEJO DE TALAMANCA
an der Südkaribik mit ihren Traumstränden, tropischen Regenwäldern und dem von zwei Seiten vom Meer umspielten ehem. Fischerdorf Puerto Viejo, wo man abends in einer der Bars
Piña Colada schlürfen kann.
Mögliche Aktivitäten: Baden, Tauchen, Schnorcheln, Reiten, Wanderungen in den Nationalparks Gandoca-Manzanillo und Cahuita, Botanischer Garten, Indianerreservat Këköldi, Lederschildkrötenbeobachtung (von Februar bis August!)
Quelle:
www.cultourica.com/frameset_deutsch.html
ARBEITSAUFTRAG:
Bearbeiten Sie einzeln oder in Gruppenarbeit folgende Fragen:
1. Was sind die Schwerpunkte dieser Reise? Inwiefern unterscheidet sie sich dadurch von „normalen“ Pauschalreisen?
2. Wer sind die Partner des Reiseveranstalters? (Hotels, Besuche, Besichtigungen, Projekte)
3. Was sieht man außer „alternativen Projekten“? Wie behandelt diese Reise die „Sehenswürdigkeiten“ des Landes?
4. Inwiefern erfüllt die Tour „Costa Rica Auténtica“ den Anspruch, der im Konzept formuliert
wurde bzw. den Anspruch auf Nachhaltigkeit?
5. Was ist der persönliche Mehrwert eines solchen Angebots für den Touristen?
6. Beschreiben Sie, wie diese Reise in die Kataloge der großen Reiseveranstalter aufgenommen
werden könnte. Welche Veranstalter/Marken kommen Ihrer Meinung nach in Frage?
71
Arbeitsblatt 19
Linkliste – Verbände und Organisationen
im Bereich nachhaltiger Tourismus (Auswahl)
International:
Vereinte Nationen:
ü
UNEP (United Nations Environment Programme / Umweltprogramm der
Vereinten Nationen), Nairobi / Kenia
http://www.uneptie.org/pc/tourism/sust-tourism/about.htm
Mit seinem Tourismusprogramm beleuchtet UNEP die ökologischen, sozio-kulturellen
und ökonomischen Folgen des Tourismus und die besondere Situation der
Entwicklungsländer. Die „Principles on the Implementation of sustainable Tourism“
sind von UNEP erarbeitet worden. Ein besonderes Informationsangebot zu
nachhaltigem Tourismus führt zu den vielfältigen Aktivitäten und Materialien, die im
Rahmen der Arbeit der Vereinten Nationen im Bereich des Tourismus durchgeführt
und erarbeitet wurden.
Tourismusverbände:
ü
TIES (The International Ecotourism Society / Internationale Gesellschaft
für Öko-Tourismus), Washington DC / USA
http://www.ecotourism.org/
TIES ist die bedeutendste internationale auf Öko-Tourismus spezialisierte
gemeinnützige Organisation. Ihr Ziel ist die Stärkung des Öko-Tourismus durch
Öffentlichkeitsarbeit, die Entwicklung von Aus- und Weiterbildungsprogrammen,
den Aufbau eines internationalen Expertennetzwerkes, die Entwicklung von
Qualitätskriterien für Öko-Tourismus, sowie die Initiierung und Förderung von
Modellprojekten.
ü
WTO (World Tourism Organization), Madrid / Spanien
http://www.world-tourism.org/
Die World Tourisms Organization (WTO) ist die führende internatonale
Organisation im Bereich von Reisen und Tourismus. Im Jahre 2003 hatte die
WTO 141 Mitgliedsstaaten sowie ca. 350 weitere Mitglieder aus dem Privatsektor,
der Berufsbildung, Tourismusvereinigungen und lokalen Tourismusorganisationen. Zu ihren Tätigkeitsfeldern gehören u.a. die Abstimmung weltweiter tourismuspolitischer Fragen, die Förderung nachhaltiger Tourismusformen, die
Erhebung internationaler Statistiken, Veröffentlichungen zur Aus- und
Weiterbildung im Tourismussektor, die Tourismusentwicklung sowie die Durchführung von Seminaren und Workshops. Die WTO hat einen „Global Code of
Ethics for Tourism“ verabschiedet.
ü
WTTC (World Travel & Tourism Council), London / UK
http://www.wttc.org/
Der WTTC versteht sich als Forum für die weltweit führenden Unternehmen des
Tourismussektors. Es vertritt mehr als 100 Vorstände weltweit operierender
Unternehmen. Ziel des WTTC ist es, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der
72
Arbeitsblatt 19
Branche in der Öffentlichkeit zu kommunizieren und mit Regierungen zur vollen
Ausschöpfung ökonomischer Wirkungen des Tourismus zusammenzuarbeiten.
Tourismusverbände aus Europa:
ü
Akte (Arbeitskreis Tourismus und Entwicklung), Basel / Schweiz
http://www.akte.ch
akte will über die Probleme der Tourismusentwicklung, insbesondere auch in den
Ländern des Südens, informieren. Dabei ist die Solidarität mit benachteiligten
Bevölkerungsgruppen oberstes Ziel.
ü
Ecotrans
http://www.ecotrans.org
ECOTRANS ist ein europäisches Netzwerk von Experten und Organisationen aus
den Bereichen Tourismus, Umwelt und regionale Entwicklung, die sich mit
praktischen Ansätzen und Initiativen für einen langfristig umweltverträglichen
Tourismus engagieren.
ü
respect - Institut für Integrativen Tourismus & Entwicklung, Wien /
Österreich
http://www.respect.at
respect ist Fach- und Servicestelle der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, die sich für einen verantwortungsvollen und nachhaltigen
Tourismus in Entwicklungsländern einsetzt. Zu den Arbeitsfeldern gehören u.a.
Informations- und Öffentlichkeitsarbeit, die Erarbeitung von Informationsmaterialien, Beratung und Expertise sowie Bildungsmaßnahmen und
Forschungs- und Gutachtertätigkeit.
Deutschland:
Tourismusverbände und Nichtregierungsorganisationen:
ü
DRV (Deutscher Reisebüro und Reiseveranstalter Verband), Berlin
http://www.drv.de/
Der DRV ist heute die größte Organisation von Reisebüros und Reiseveranstaltern
in Deutschland (5.145 DRV-Mitgliedern im In- und Ausland). Der DRV vertritt die
Interessen der Unternehmen der Reisebranche gegenüber Leistungsträgern
sowie der deutschen, europäischen und internationalen Politik. Er fördert u.a.
Maßnahmen zum Bewahren einer intakten Umwelt sowie der kulturellen Vielfalt
im Tourismus. Hierzu hat der DRV einen eigenen Ausschuss gebildet.
ü
F.U.R. (Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e.V.), Kiel
http://www.fur.de/
Die Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen wurde gegründet, um
branchenübergreifend und kontinuierlich Untersuchungen zum Reiseverhalten zu
ermöglichen. F.U.R. führt die Reiseanalyse, einer bevölkerungsrepräsentativen
Befragung zur Erfassung und Beschreibung des Urlaubs- und Reiseverhaltens der
Deutschen und ihrer Urlaubsmotive und -interessen, durch.
73
Arbeitsblatt 19
ü
FernWeh, iz3W - Informationszentrum Dritte Welt, Freiburg
http://www.iz3W.org
Das iz3w publiziert kritische Analysen zu Wirtschaft, Politik und Kultur mit Blick
auf die ungleichen Machtverhältnisse zwischen Industriestaaten und den Ländern
der Dritten Welt. FernWeh engagiert sich für eine kritische tourismuspolitische
Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit.
ü
forum anders reisen, Nürnberg
http://www.forum-anders-reisen.de
Das Forum ist ein Zusammenschluss deutscher Spezialreiseveranstalter, das sich
um sanfte Formen des Tourismus bemüht. Die Zielgebiete liegen vor allem in
Europa und nur zum Teil in Entwicklungsländern.
ü
ÖTE (Ökologischer Tourismus in Europa e.V.), Bonn
http://www.oete.de/
Der ÖTE ist eine überregional tätige Organisationen, die sich für einen
umweltverträglichen und sozialverantwortlichen Tourismus engagiert.
Öffentlichkeitsarbeit, die Beratung von Privatpersonen, Reiseveranstaltern,
Fremdenverkehrsgemeinden und Beherbergungsbetrieben, die Initiierung und
Förderungen von Forschungsvorhaben sind die Tätigkeitsfelder des Vereins.
ü
Studienkreis für Tourismus und Entwicklung, Ammerland
http://www.studienkreis.org/
Der Studienkreis für Tourismus und Entwicklung beschäftigt sich mit
entwicklungsbezogener Informations- und Bildungsarbeit im Tourismus. In
diesem Zusammenhang gibt er Publikationen heraus, führt internationale
Wettbewerbe durch, veranstaltet Aus- und Fortbildungsseminare für im
Tourismus Beschäftigte, ist in den Bereichen Tourismusforschung und -beratung
tätig und beteiligt sich am Dialog über Fragen touristischer Entwicklung.
ü
Tourism Watch (Informationsdienst Dritte-Welt-Tourismus des EED), Bonn
http://www.tourism-watch.de/wir/
Tourism Watch mit dem Online Informationsdienst Dritte-Welt-Tourismus
engagiert sich in der Bildungs- und Solidaritätsarbeit im Bereich Dritte WeltTourismus und setzt sich für eine nachhaltige, sozial- und umweltverträgliche
Tourismusentwicklung ein.
ü
Viabono, Berlin
http://www.viabono.de
Viabono - die Dachmarke für den nachhaltigen Tourismus in Deutschland. Der
Viabono Trägerverein e.V. leistet einen wirksamen Beitrag zur Förderung eines
nachhaltigen Tourismus in Deutschland. Unter der Marke Viabono wird die
Nachfrage nach umweltorientierten Reiseangebote gebündelt und verstärkt.
ARBEITSVORSCHLAG:
Studieren Sie das Arbeitsblatt und recherchieren Sie die einzelnen Verbände und
Organisationen im Internet. Verschaffen Sie sich somit einen Überblick über die im
Bereich des nachhaltigen Tourismus tätigen Institutionen, Verbände etc. Untersuchen
Sie dabei auch, welchen Stellenwert Natur- und Umweltschutz besitzt.
74
Arbeitsblatt 20.1
Handlungsmöglichkeiten der Tourismusbranche: forum anders reisen –
Präambel
Präambel des Kriterienkatalogs vom forum anders reisen
A.
Alle Mitglieder des forum anders reisen (im folgenden: far e.V.) streben eine nachhaltige Tourismusform an, die langfristig ökologisch tragbar, wirtschaftlich, sowie ethisch
und sozial gerecht ist.
B.
Dem forum anders reisen gehören Reiseveranstalter an, die sich zur Aufgabe gemacht
haben, Reisen mit besonderer Qualität anzubieten. Diese Qualität zeichnet sich sowohl
durch einen besonders intensiven Erlebnis- und Erholungswert der Reisen aus, als auch
durch umweltverträgliche und sozialverantwortliche Aspekte, die sowohl bei der Planung
als auch bei der Durchführung der Reisen im Mittelpunkt stehen.
C.
Grundsätze eines umweltverträglichen Tourismus sind die Schonung bzw. der Erhalt
natürlicher Ressourcen (Boden, Wasser, Luft, Flora und Fauna), die in einer umweltfreundlichen Anreise, Unterkünften und Aktivitäten umgesetzt werden.
D.
Sozialverträgliche Tourismus bedeutet die Achtung der Gesellschaft., Kultur sowie der
Bedürfnisse der einheimischen Bevölkerung im Reiseland, und achtet auf die Partizipation der Einheimischen hinsichtlich struktureller aber auch wirtschaftlicher Einflüsse.
E.
Eine verantwortungsvolle Überprüfung und Einhaltung ökologischer und sozialer Aspekte ist gemeinsames Ziel aller Mitglieder des forum anders reisen e.V.
F.
Das forum anders reisen ist ein Zusammenschluss von kleinen und mittelständischen
Reiseunternehmen.
G.
Die Mitglieder des forum anders reisen respektieren sich gegenseitig als Mitglieder und
pflegen ein faires Geschäftsgebaren.
Quelle:
(2004): Präambel des Kriterienkatalogs vom forum anders reisen. – Nürnberg. URL:
www.forumandersreisen.de/, 24.01.2004
FORUM ANDERS REISEN
ARBEITSVORSCHLAG:
1. Prüfen Sie kritisch das vorgestellte Beispiel bzw. die Initiative. (Ggf. Vertiefung im Internet:
Recherchieren und kommentieren Sie die Kriterien des forum anders reisen)
2. Welche Rolle spielt Natur- und Umweltschutz?
3. Wo sehen Sie Verbesserungsmöglichkeiten bzw. weiteren Handlungsbedarf von Seiten der
Tourismusbranche?
75
Arbeitsblatt 20.2
Handlungsmöglichkeiten der Tourismusbranche: TUI – Urlaub und
Umweltverträglichkeit
ARBEITSVORSCHLAG:
1. Prüfen Sie kritisch das vorgestellte Beispiel bzw. die Initiative.
2. Welche Rolle spielt Natur- und Umweltschutz?
3. Wo sehen Sie Verbesserungsmöglichkeiten bzw. weiteren Handlungsbedarf von Seiten der
Tourismusbranche?
76
Arbeitsblatt 20.3
Handlungsmöglichkeiten der Tourismusbranche: STUDIOSUS – FORUM DER
BEREISTEN
Seit 1998 führt Studiosus so genannte "Foren der Bereisten" durch. Durch diesen "Dialog der
Kulturen" sollen wertvolle Informationen im Hinblick auf eine ökologisch und sozial verantwortliche Reiseplanung in einer bestimmten Region ausgetauscht werden. "Foren der Bereisten"
führen wir in Orten bzw. Regionen durch, die entweder touristisch stark erschlossen sind oder
touristisch erst vor der Entwicklung stehen. Als Teilnehmer werden "Betroffene" aus den unterschiedlichsten Bereichen - zum Beispiel Hoteliers, Vertreter von Tourismus- und Naturschutzbehörden, Bürgermeister, Pfarrer, Lehrer und Händler - eingeladen, um über Chancen und
Risiken des Tourismus in ihrer Region zu diskutieren.
Anregungen aus den Foren fließen auch in die Gestaltung unserer Reisen und die Programmplanung ein. Vor allem die authentische Begegnung mit Einheimischen konnte so gefördert
werden: Seit dem "Forum der Bereisten" in San Gimignano in Italien etwa werden in einigen
Reiseserien Safranbauern, die eine alte Tradition der Gegend wiederaufleben lassen, besucht.
Das Forum in Nidda in Litauen hatte u.a. zum Ergebnis, dass eine Fahrt ins Memeldelta ins
Programm einer Reiseserie aufgenommen wurde.
1998 fanden zwei, 1999 und 2000 je sechs, in 2001 sowie in 2002 je sieben "Foren der Bereisten" statt. Für Herbst/Winter 2003 sind drei Foren geplant. Bisher wurden in folgenden
Ländern Foren abgehalten: Argentinien, Australien, Bhutan, Ekuador, Griechenland, Großbritannien, Guatemala, Iran, Italien, Jemen, Kambodscha, Litauen, Malta, Marokko, Namibia,
Nordirland, Polen, Portugal, Spanien, Südafrika, Syrien, Thailand, Türkei und Zypern.
Wir lassen uns aber nicht nur über die Lage des Tourismus vor Ort unterrichten, sondern informieren unsererseits Leistungspartner wie Agenturen und Hotels, mit denen wir zusammenarbeiten, über Studiosus. Dazu haben wir im Herbst 2002 einen elektronischen Newsletter
entwickelt. Wir versenden diese "Partnernews" regelmäßig. Neben Themen des umweltschonenden und sozial verantwortlichen Tourismus gibt es darin auch viele interessante Informationen über Studiosus.
Quelle:
Persönliche Kommunikation Dr. K. A. Dietsch (Studiosus, Abt. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit)
ARBEITSVORSCHLAG:
1. Prüfen Sie kritisch das vorgestellte Beispiel bzw. die Initiative.
2. Welche Rolle spielt Natur- und Umweltschutz?
3. Wo sehen Sie Verbesserungsmöglichkeiten bzw. weiteren Handlungsbedarf von Seiten der
Tourismusbranche?
77
Arbeitsblatt 20.4
Handlungsmöglichkeiten der Tourismusbranche: Tour Operators
Initiative – Statement of Commitment
Die im Jahr 2000 von UNEP (Umweltprogramm der Vereinten Nationen), UNESCO (Organisation
der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation) und WTO (Welttourismusorganisation) auf der Internationalen Tourismusbörse (ITB) in Berlin gestartete ,Tour
Operators Initiative for Sustainable Tourism Development’ ist ein weltweiter Zusammenschluss von
bislang 21 Reiseunternehmen (Stand: Jan. 2004), der auf deutscher Seite beispielsweise Studiosus
und LTU angehören. Mit der unten stehenden Selbstverpflichtung ‚Statement of Commitment to
Sustainable Tourism Development’ hat sich die Initiative eine nachhaltige Tourismusentwicklung
und ein nachhaltiges Tourismusmanagement zum Ziel gesetzt. Die Initiative verfügt neben mehreren thematischen Arbeitsgruppen über einen Vorstand, in dem 12 Vertreter aus den Reiseunternehmen und je ein Vertreter von UNEP, der World Tourism Organization und der UNESCO sitzen.
Statement of Commitment to Sustainable Tourism
Development
(Tour Operators Initiative for Sustainable Tourism Development)
1.
Commitment to sustainable development and management of
Tourism
1.1
We regard Sustainable Tourism Development as a guiding concept for the sound
management of our business.
We define Sustainable Development as development that meets the needs of the present
without compromising the ability of future generations to meet their own needs.
We are committed to developing, operating and marketing tourism in a sustainable
manner; that is, all forms of tourism which make a positive contribution to the natural
and cultural environment, which generate benefits for the host communities, and which
do not put at risk the future livelihood of local people.
As Tour Operators we believe that we can be important contributors to Sustainable
Tourism Development. We will strive to anticipate and prevent economic, environmental,
social and cultural degradation. We will work towards integrating these considerations
into our operations and activities.
We are entering into a partnership with the United Nations Environment Programme
(UNEP), the World Tourism Organisation (WTO/OMT), and the United Nations
Educational, Scientific and Cultural Organisation (UNESCO), to improve our performance
in order to achieve sustainable development and management of tourism.
1.2
1.3
1.4
1.5
2.
Principles of sustainable development and management of
tourism
2.1
We recognise that tourism can contribute to the viability of local economies. We also
recognise that tourism can have negative impacts on the economy, environment, nature,
social structures and local cultures. In the long-term interest of host communities and of
our industry, we will endeavour to prevent or minimise these impacts.
We are committed to complying with local, national and international laws and regulations applicable to our business activities.
We oppose and actively discourage illegal, abusive or exploitative forms of tourism.
We are committed to a continual attempt to improve our performance in the context of
sustainable development and management of tourism.
We will manage and monitor the environmental, cultural and social impacts of our activities.
2.2
2.3
2.4
2.5
78
Arbeitsblatt 20.4
2.6
We will strive to pursue the best practices in all our activities - internally and when forming business relationships with partners, suppliers and sub-contractors - especially with
regard to:
• responsible use of natural resources (e.g. land, soil, energy, water)
• reducing, minimizing and preventing pollution and waste (e.g. solid and liquid waste,
emissions to air)
• conserving plants, animals, ecosystems and protected areas (biodiversity)
• conserving landscapes, cultural and natural heritage
respecting the integrity of local cultures and avoiding negative effects on social
structures
• involving, and co-operating with, local communities and people
• using local products and skills
2.7 We will encourage our partners, suppliers and sub-contractors to improve their contribution to sustainable development and management of tourism, and will work with them
and share information to assist in this.
2.8 We will seek greater co-operation within the tourism industry and between this industry
and the public sector in order to further Sustainable Tourism.
2.9 We shall encourage and seek to co-operate with national and local authorities, local communities, or any other interested party, to develop and implement the integrated planning and management of destinations in order to preserve the quality and sustainability
of these destinations.
2.10 We will develop these principles into a corporate policy. As part of this we will define
measurable goals, and will monitor and report publicly on our progress.
3.
3.1
3.2
3.3
Public awareness and communication
We wish to create awareness and active involvement among our customers towards the
natural, social and cultural environment of the places they visit. We further wish to encourage host communities and our customers to develop a better understanding and
mutual respect for one another.
We will endeavour in our public communication and advertising to promote behaviour
and activities compatible with the principles of sustainable development and management of tourism.
We will encourage other tour operators to support this Statement.
Quelle:
TOUR OPERATORS INITIATIVE FOR SUSTAINABLE TOURISM DEVELOPMENT (2000): Statement of Commitment to Sustainable
Tourism Development. – Berlin.
URL: www.toinitiative.org/about/statement_of_commitment.htm, 19.01.2004
ARBEITSVORSCHLAG:
1. Prüfen Sie kritisch das vorgestellte Beispiel bzw. die Initiative. Welche großen
Tourismuskonzerne unterstützen die Initiative, welche nicht?
2. Welche Rolle spielt Natur- und Umweltschutz?
3. Wo sehen Sie Verbesserungsmöglichkeiten bzw. weiteren Handlungsbedarf von Seiten der
Tourismusbranche?
79
Arbeitsblatt 20.5
Handlungsmöglichkeiten der Tourismusbranche: Umweltmanagementstandards, Umweltsiegel und Zertifizierungssysteme im Tourismus
Sowohl die Bedeutung der Produkt- und Dienstleistungsqualität, als auch die zunehmende
internationale Konkurrenz veranlassen heute immer mehr Unternehmen in der Tourismusbranche, Umweltmanagementstandards einzuhalten und sich durch unabhängige, glaubhafte Institutionen zertifizieren bzw. klassifizieren zu lassen. Im Folgenden wird eine Auswahl an Umweltmanagementstandards, Umweltsiegeln und Zertifizierungssystemen im Tourismussektor vorgestellt:
-
ISO 14001 ist ein Umweltmanagementsystem, mit dem der
Umweltschutz systematisch im Management verankert wird, um
die Umweltaspekte bei allen täglichen Aufgaben und bei allen
firmenpolitischen Entscheidungen berücksichtigen zu können.
Durch die internationale Normenserie ISO 14001 werden die
Betriebe konkret und systematisch beim Aufbau des
Umweltmanagementsystems nach weltweit gültigem Standard
unterstützt. Die Betriebe erhalten somit ein wirkungsvolles
Instrument, mit dem sie Umweltbelastungen systematisch
erfassen und die Umweltsituation laufend verbessern können. So
werden zum Beispiel Umweltrisiken bewertet und Notfallpläne
ausgearbeitet, um Störfälle zu verringern. Durch regelmäßige
betriebsinterne Überprüfungen wird gewährleistet, dass alle
relevanten Umweltvorschriften eingehalten werden. (Vgl. hierzu
auch EMAS. Während ISO 14001 weltweit anerkannt ist, ist
EMAS ein auf die Europäische Union beschränktes System. EMAS
ist das EG-System für Umweltmanagement und Umweltbetriebsprüfung, das auf der 1993 von der Europäischen
Kommission
verabschiedeten
“EG-Öko-Audit
Verordnung”
basiert.)
-
GREEN GLOBE 21 ist das weltweite Benchmarking und
Zertifizierungsprogramm, das nachhaltigen Tourismus für
Kunden, Tourismusunternehmen und Gemeinden fördert. Es
basiert auf den Prinzipien der nachhaltigen Entwicklung und der
Agenda 21, das Aktionsprogramm zur Umsetzung dieser
Prinzipien.
-
CST (Certification for Sustainable Tourism) ist ein Programm
zur Kategorisierung und Zertifizierung costaricanischer Tourismusunternehmen. CST wurde vom Instituto Costaricense de
Turismo (ICT), dem staatlichen Tourismusinstituts Costa Ricas,
initiiert. Eine nationale Akkreditierungskommission überwacht die
Vergabe der Zertifikate, die in fünf Kategorien eines eigenen
Nachhaltigkeitskonzeptes unterschieden werden. Es werden im
wesentlichen vier Aspekte beurteilt: Auswirkungen auf Natur und
Umwelt, Infrastruktur und Dienstleistungen der Unternehmen,
Aufklärungsarbeit und sozio-ökonomische Interaktion.
80
Arbeitsblatt 20.5
-
Die Kampagne "Blaue Flagge" wird von der unabhängigen
Nichtregierungsorganisation "Stiftung für Umwelterziehung"
(Foundation for Environmental Education, FEE) geleitet und
durchgeführt. Als Dachorganisation besitzt die FEE nationale
Mitgliedsorganisationen in 33 Ländern in Europa, Afrika und
America. Diese Organisationen führen in deren Auftrag internationale FEE-Kampagnen (wie beispielsweise die Kampagne
"Blaue Flagge") auf nationaler Ebene durch. Die Blaue Flagge
wird als Symbol für hohe Umweltstandards sowie gute Sanitärund Sicherheitseinrichtungen im Hafen- und Badebereich
international anerkannt. Ihre Grundlagen basieren auf der
Übereinstimmung mit vier Hauptaspekten: Wasserqualität,
Umweltkommunikation und Umwelterziehung, Umweltmanagement sowie Sicherheits- und Service-Aspekte. Sofern von Seiten
des Bewerbers eine lückenlose Übereinstimmung mit diesen
Kriterien nachgewiesen werden kann, wird diese Auszeichnung
für jeweils eine Saison verliehen.
-
Viabono - die Dachmarke für den nachhaltigen Tourismus in
Deutschland. Der Viabono Trägerverein e.V. leistet einen
wirksamen Beitrag zur Förderung eines nachhaltigen Tourismus
in Deutschland. Unter der Marke Viabono wird die Nachfrage nach
umweltorientierten Reiseangeboten gebündelt und verstärkt. Ein
einheitliches Zeichen weist deutschlandweit den Weg zu
umweltfreundlichen Hotels, Gaststätten, Ferienwohnungen und
Campingplätzen ebenso wie zu Naturparks und Fremdenverkehrsorten. Für die einzelnen Angebote wurden umfangreiche
Kriterienkataloge entwickelt.
Quellen:
HONEY, M., ROME, A. (2001): Protecting Paradise. Certification Programs for Sustainable Tourism and Ecotourism.
Institute for Policy Studies. – Washington DC, 113 S.
URL: http://www.ips-dc.org/ecotourism/protectingparadise/StandardsforParadise.PDF, 11.02.2004
ULRICI, W. (1997): ISO 9.000, ISO 14.001, EMAS: Inhalte, Vor- und Nachteile, mögliche Synergien. P3U-Arbeitspapier
Nr. 5. GTZ-Pilotvorhaben zur Unterstützung umweltorientierter Unternehmensführung in Entwicklungsländern
(P3U). – Eschborn, 7 S. URL: http://www.gtz.de/forest_certification/download/d5.pdf, 11.02.2004
http://www.oekobusinessplan.wien.at/umweltprogramme/iso14001/a, 11.02.2004
http://www.blueflag.org/index_germany.asp, 11.02.2004 (Adresse: Deutsche Gesellschaft für Umwelterziehung,
Hagenover Straße 73, 19061 Schwerin)
http://www.turismo-sostenible.co.cr/EN/home.shtml, 11.02.2004
http://www.greenglobe21.com, 11.02.2004
http://www.viabono.de, 11.02.2004
http://www.label-online.de/index.php/cat/43, 11.02.2004
ARBEITSVORSCHLAG:
1. Prüfen und vergleichen Sie kritisch die vorgestellten Instrumente (Zertifizierungssysteme,
Umweltmanagementstandards und Umweltsiegel) zur Förderung eines nachhaltigen Tourismus . Recherchieren Sie hierzu vertiefend im Internet.
2. Welche Rolle spielt Natur- und Umweltschutz?
3. Wo sehen Sie Verbesserungsmöglichkeiten bzw. weiteren Handlungsbedarf von Seiten der
Tourismusbranche?
81
Arbeitsblatt 21
Rollenspiel: Expedienten-Gespräch über Öko-Tourismus
Ausgangssituation
Öko verkauft sich nicht – so die gängige Reaktion der Reiseveranstalter zu diesem Thema.
Aber sind die Kunden nicht doch an vielen Aspekten interessiert, die mit Öko oder Umwelt zu
tun haben? Dieses Rollenspiel – ein Gespräch zwischen Reisebüro- Expedienten und Kunden soll ein paar Einsichten zu Angebot und Nachfrage von Öko-Tourismus liefern.
Spielsituation
Die Klasse teilt sich in vier ungefähr gleich große Gruppen auf. Zwei Gruppen übernehmen die
Rolle der – öko-skeptischen - „Kunden“ eines Reisebüros. Die anderen Gruppen sollen als Reisebüro-Expedienten dem Kunden ein umweltfreundliches bzw. ökotouristisches Angebot aus ihrem
Katalog vorstellen und verkaufen. Nach der Vorbereitungsphase besucht eine Gruppe von Kunden
eine Expedienten-Gruppe und lässt sich für die nächste Urlaubsplanung beraten.
ARBEITSAUFTRAG KUNDEN
ARBEITSAUFTRAG EXPEDIENTEN
-
Prüfen Sie Ihre Kataloge nach ökotouristischen Angeboten bzw. umweltfreundlichen Hotels.
-
Sammeln Sie Argumente, wie Sie Kunden für die Wahl eines umweltfreundlichen Hotels bzw. eines Öko-TourismusAngebots überzeugen können. Überlegen
Sie dabei, welche gängigen Vorurteile es
gegenüber Öko-Tourismus gibt und wie
Sie diese entkräften können.
-
Versuchen Sie in einem Verkaufsgespräch mit Kunden ein ökotouristisches
Angebot bzw. umweltfreundliches Hotel
aus Ihrem Katalog besonders hervorzuheben und zu verkaufen. Teilen Sie dabei
Ihre Argumente unter sich auf, damit
jeder Schüler der Gruppe für bestimmte
Aspekte des Angebots zuständig ist.
-
Sammeln Sie Argumente, warum Sie nicht
an ökotouristischen Angeboten/ umweltfreundlichen Hotels interessiert sind. Seien
Sie dabei differenziert (Argumente wie
„Umwelt ist mir total egal“ gelten nicht).
Nutzen Sie dabei als Hintergrundinformation das Angebot der Kataloge.
-
Besuchen Sie eine Reisebüro-Expedientengruppe und lassen sich bei Ihrer Urlaubsplanung beraten. Die Expedienten möchten Ihnen ein ökotouristisches Angebot
bzw. umweltfreundliches Hotel verkaufen.
Seien Sie im Gespräch kritisch. Informieren Sie sich hinreichend und überlegen
Sie, ob Sie sich überzeugen lassen oder
nicht. Nutzen Sie dabei auch Ihre Argumente gegen Öko-Tourismus. Teilen Sie
Ihre Argumente dabei unter sich auf,
damit jeder Schüler bestimmte Schwerpunkte abdeckt und sich so jeder am Gespräch beteiligen kann.
Anmerkung zum Ablauf: Sie können das Rollenspiel entweder zweimal durchspielen, wobei
jeweils zwei unterschiedliche Kunden/Expedienten auftreten. Im Plenum wird dann die Überzeugungskraft der Argumente vom Expedienten und vom Kunden beurteilt. Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass jeweils ein Kunde jeder Kundengruppe nacheinander beide Expedientengruppen besucht und anschließend im Plenum berichtet, welche Gruppe ihn aus welchen Gründen eher überzeugt hat.
82
Arbeitsblatt 22
Abschlussbesprechung und
Bewertung der Unterrichtseinheit
ARBEITSVORSCHLAG:
Bearbeiten Sie die Fragen:
1.
Was habe ich durch die Unterrichtsreihe „Nachhaltiger Tourismus in Schwellenund Entwicklungsländern – Auswirkungen auf Natur und Umwelt“ gelernt? Was
konnte ich dadurch erfahren? Hat sich meine Einstellung zum Tourismus dadurch
verändert? Wenn ja, wie bzw. wie setze ich dies in meiner eigenen Arbeit um?
a.
b.
c.
...
...
...
2.
Wenn ich die Gelegenheit habe, vor einem interessierten Publikum Wünsche
oder Forderungen zu äußern, die mir im Rahmen der Unterrichtsreihe zum Thema
nachhaltiger Tourismus kamen, welche sind diese (und an wen sind sie gerichtet)?
a.
b.
c.
...
...
...
83
Vertiefungstexte
4
Vertiefung der einzelnen Themenblöcke
4.1
Allgemeine Einführung
(nach ADERHOLD ET AL. 2000, ELLENBERG ET AL. 1997. Zur weiteren Inspiration: CATER 1997, DED 1998,
ELLENBERG 2002a, GÖSSLING 2001, VORLAUFER 1996 8ff)
Der Tourismussektor ist im internationalen Vergleich einer der wichtigsten, wenn nicht der wichtigste Wirtschaftszweig. Insbesondere für die häufig einseitig auf den Export von Rohstoffen und landwirtschaftlichen
Erzeugnissen ausgerichteten Volkswirtschaften der Schwellen- und Entwicklungsländer ist der Tourismussektor von zunehmender Bedeutung. Nach Angaben der Welttourismusorganisation (WTO) stiegen die in
Entwicklungsländern registrierten ausländischen Touristenankünfte zwischen 1990 und 1998 um 46%. 1998
entfielen ca. 30% der weltweiten internationalen Touristenankünfte auf Entwicklungsländer (1978: 11%;
1990: 28%). In jedem dritten Entwicklungsland ist der Tourismus mittlerweile die Haupteinnahmequelle für
Devisen. Bereits 1990 wurden in den Entwicklungsländern 3,6 Mio. Touristenankünfte von Urlaubs- und
Geschäftsreisenden aus der Bundesrepublik Deutschland registriert, 1998 waren es schon 6,3 Mio. Dies entspricht einer Steigerung von 73%.
Urlaubsreisen aus den Industriestaaten in die Entwicklungsländer sind in den 90er Jahren aber nicht nur
volumenmäßig weiter angestiegen. Auch die von ihnen (mit)verursachten Probleme sind deutlicher und zum
Teil gravierender geworden. So sind zahlreiche Ökosysteme heute durch touristische Infrastrukturen starkem
Druck ausgesetzt oder bereits irreversibel zerstört. Touristische Großprojekte beeinträchtigen nicht nur das
Landschaftsbild. Sie bedeuten oft auch einen erheblichen Eingriff in empfindliche Ökosysteme, z.B. in Küsten- und Gebirgslandschaften. Dabei werden nicht nur prägende Landschaftselemente, sondern häufig auch
die natürliche Vegetationsdecke teilweise oder vollkommen zerstört und die Erosionsanfälligkeit des Bodens
erhöht. Ähnliches gilt für die Erschließung von Landflächen für bspw. den Golftourismus. Der Eingriff in die
natürlichen Lebensräume, ihre Überbauung und ihre Zerschneidung in immer kleinere Restflächen fordern
nicht nur bei der Vielfalt der Ökosysteme ihren Tribut. Durch Störung in ihren Rückzugsräumen werden
anspruchsvollere Tierarten immer weiter zurückgedrängt und in immer kleinere Teilpopulationen zerstückelt
um schließlich gänzlich aus der Landschaft zu verschwinden. Die Freizeitjagd und Sportfischerei genauso
wie der Souvenirhandel und der massenhafte Besuch von Schutzgebieten und anderen Natur-„Wundern“
sind hier als direkt dem Tourismus zuzuordnende Ursachen für die Gefährdung der Artenvielfalt zu nennen.
Nach wie vor ist der Abwasserentsorgung bei touristischen Anlagen ein virulentes Thema in Entwicklungsländern. Auch wenn Kläranlagen (überwiegend für größere Anlagen) installiert worden sind, findet eine effiziente Kontrolle ihrer Funktionsfähigkeit kaum statt. Probleme mit der Müllentsorgung existieren in allen
größeren Touristenzentren. Häufig sind Entsorgungssysteme in den Schwellen- und Entwicklungsländern
entweder nicht vorhanden oder durch die zusätzliche Beanspruchung schnell überlastet. Staatliche Kontrollbehörden sind entweder nicht vorhanden oder personell wie finanziell den Aufgaben nicht gewachsen. Dies
gefährdet auch die Nahrungsmittelversorgung und die Gesundheit der einheimischen Bevölkerung.
Schwerwiegende Probleme resultieren häufig auch aus dem hohen Ressourcenverbrauch der touristischen
Einrichtungen. Der Wasserverbrauch in Hotelanlagen und anderen touristisch genutzten Einrichtungen wie
84
Vertiefungstexte
Golfplätzen kann nicht nur zum Absinken des Grundwasserspiegels und damit zu Nutzungskonflikten mit
der Landwirtschaft und dem Naturschutz führen, sondern auch zu einer unzureichenden Wasserversorgung
der einheimischen Bevölkerung. Darüber hinaus verbrauchen Hotelanlagen auch unverhältnismäßig hohe
Energiemengen.
Tourismus und Naturschutz müssen sich allerdings nicht gegenseitig ausschließen. Immer häufiger wird der
Tourismus auch als Instrument zur Förderung des Naturschutzes angesehen. Eine gezielte Planung bzw. Förderung von Tourismusprojekten kann durchaus dazu beitragen, Naturschätze zu schützen und zu bewahren indem er z.B. als Finanzierungsinstrument für Naturschutzmaßnahmen dient - sowie gleichzeitig regionale
Wirtschaft zu fördern und soziale Infrastruktur zu verbessern.
Im Rahmen dieser Unterrichtseinheit sollen insbesondere die ökologischen, ökonomischen, und sozio-kulturellen Wirkungen des Entwicklungsländer-Tourismus in den Blick genommen werden. Die in größerem
Maße noch intakte Natur stellt dabei einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil der Entwicklungsländer dar.
Andererseits sind diese Naturgüter in höchstem Maße sensibel gegenüber Übernutzung. Diese verschiedenen
Aspekte und Blickwinkel sollen in der Unterrichtseinheit beleuchtet werden und so ein vollständigeres Verständnis von den Vor- und Nachteilen von Tourismus, aber auch den damit verbundenen Chancen für die
Schwellen- und Entwicklungsländer und den Naturschutz entwickelt werden.
85
Vertiefungstexte
4.2
Tourismus in Schwellen- und Entwicklungsländern
(nach STRASDAS 2001)
Auf die Schwellen- und Entwicklungsländer entfiel nach den Zahlen der World Tourism Organization
(WTO) von 1998 ein Anteil von 25% des internationalen Reiseverkehrs und 24% der damit erzielten BruttoDeviseneinnahmen. Bis zu den Ereignissen im September 2001 hatte der Reise- und Tourismussektor global
eine durchschnittliche Zuwachsrate von jährlich 3,8%. Für die Jahre 2001/2002 war dann ein Nachfragerückgang um insgesamt 7,4% zu verzeichnen. Am stärksten betroffen waren von den Einbrüchen bei den
internationalen Touristenankünften Destinationen in Lateinamerika (Kuba: –26%; Mexiko: -24%; Dominikanische Republik: -25%) und Nordafrika (Ägypten: -55%; Marokko: -22%; Tunesien: -25%). Generell wird
aber nach dem derzeitigen Erkenntnisstand davon ausgegangen, dass für das Jahr 2003 wieder leichte Zuwächse um 2% erwartet werden können (BELAU 2003).
Der internationale Reiseverkehr ist indes regional sehr unterschiedlich verteilt: Während Ost- und Südostasien sowie Mittelamerika und die Karibik am stärksten entwickelt sind, fallen Afrika, große Teile des
Mittleren Ostens und Zentralasien in der touristischen Bedeutung wesentlich ab. Binnentourismus, der in den
größeren Entwicklungsländern zum Teil sehr stark ausgeprägt ist, wird von den Zahlen der WTO nicht erfasst.
Auch wenn den Zahlen der WTO gegenüber wegen der lückenhaften Datenlage in einzelnen Ländern und
aufgrund der komplexen Berechnungsmethoden eine gewisse Vorsicht angebracht ist, so wird doch deutlich,
dass Tourismus für viele Volkswirtschaften in der Dritten Welt eine bedeutende Rolle spielt. Die Zahlen
weisen für Costa Rica einen Anteil des Tourismus an den Deviseneinnahmen in Höhe von 19% aus. Andere
Länder der Region verzeichnen weit höhere Anteile: Die Dominikanische Republik zum Beispiel 69,3% und
Kuba 43,5%.
Die Diskussion um die Segnungen des Dritte-Welt-Tourismus wird äußerst kontrovers geführt. Sie pendelt
zwischen zwei Polen: Auf der einen Seite wurde Tourismus lange Zeit als „weiße Industrie“ und Devisenbringer für die Schwellen- und Entwicklungsländer gefeiert. Auf der anderen Seite führen Kritiker ins Feld,
dass durch den erhöhten Importbedarf infolge der Tourismusentwicklung eine zunehmende wirtschaftliche
und politische Abhängigkeit der Schwellen- und Entwicklungsländer entsteht. Wiewohl diese Kritik in vielen
Fällen zutreffend sein mag, muss sie doch je nach Zielland und Art des Tourismus differenziert betrachtet
werden.
Aktuelle Entwicklungen
Derzeit zeichnen sich in der Tourismusbranche zwei gegensätzliche, aber sich ergänzende Entwicklungen ab:
1. Zunehmende Unternehmenskonzentration und –verflechtung von touristischen Dienstleistungsbereichen zu transnationalen Touristikkonzernen.
2. Spezialisierung kleinerer Anbieter auf Inlandstourismus, Angebots-Nischen und neue Nachfrageformen.
Transnationale Touristikkonzerne sind in der Regel in den Industrieländern angesiedelt und verfügen zum
Teil über Tochterfirmen in den Zielgebieten. Es handelt sich im wesentlichen um Reiseveranstalter oder
Hotelketten. Diese arbeiten nachfrageorientiert, d.h. das Nachfragepotenzial soll optimal ausgeschöpft wer86
Vertiefungstexte
den. Dafür werden die passenden Zielgebiete ausgesucht und gegebenenfalls entwickelt. Dadurch werden
relativ preisgünstige Pauschalangebote möglich, die durch einheitliche Vermarktung zugleich kostengünstig
sind und dem Konzern den maximalen Profit verschaffen.
Kleinere Anbieter ohne die entsprechenden Verbindungen und Verflechtungen können im Geschäft des internationalen Massentourismus nicht überleben. Für sie bietet sich die Möglichkeit, spezielle Angebotsnischen auszufüllen und neue Nachfrageformen zu befriedigen, da sie in der Regel schneller und flexibler
reagieren können als große Konzerne.
Kleine Anbieter können nicht unabhängig von den Konzernen arbeiten: Sie sind auf die Nutzung ihrer logistischen und materiellen Infrastruktur (gecharterte Flugplätze, Inlandsflüge, Autovermietung, Vertriebswege
etc.) angewiesen. Auch drängen die großen Anbieter in neu entwickelte Märkte, sobald diese etabliert sind
und eine breitere Nachfrage ansprechen.
Akteure im Dritte-Welt-Tourismus
Es gibt eine Vielzahl verschiedener Akteursgruppen im Dritte-Welt-Tourismus. Diese sind zu unterscheiden
nach ihrer Bedeutung auf internationaler, nationaler und lokaler Ebene. Zu den Akteuren gehören folgende
Gruppen:
1. Die Touristen selbst. Sie haben wegen fehlender Organisierung wenig Einfluss auf die Entwicklungen
im Tourismusgeschäft und in der Tourismuspolitik.
2. Die Anbieter oder Tourismusunternehmen. Ihr Interesse ist Profit. Die Anbieter auf den verschiedenen
Ebenen sind prinzipiell aufeinander angewiesen (ergänzende Reiseleistungen), stehen aber auch in Konkurrenz zueinander. Große Konzerne haben den stärksten Einfluss auf die Tourismuspolitik, vor allem in
Schwellen- und Entwicklungsländern.
3. Die Angestellten der Tourismusunternehmen. Ihr Interesse ist wie bei den Unternehmen ein ökonomisches. Durch das oft heterogene Berufsfeld und den geringen Organisierungsgrad ist eine Interessenvertretung gegenüber Unternehmen oder in der Tourismuspolitik schwierig.
4. Tourismusorganisationen. Dominiert wird diese Gruppe von den Lobbyisten der touristischen Anbieter. Oft besteht eine enge Verflechtung von privaten und staatlichen Interessen. Eine Ausnahme bilden
die - allerdings relativ machtlosen - tourismuskritischen Nicht-Regierungsorganisationen (NRO).
5. Die „Bereisten“. Die Bevölkerung in den Zielländern ist vom Tourismus unterschiedlich betroffen. Vom
Tourismus ausgeschlossene Gruppen stehen dem Tourismus häufig ablehnend gegenüber.
Es wird deutlich, dass die aktiv am Tourismus Beteiligten bei aller Gemeinsamkeit doch auch durch unterschiedliche Interessen gekennzeichnet sind. Dies eröffnet auch Möglichkeiten von Allianzen zur Unterstützung von Naturschutz- und Entwicklungszielen in Dritte-Welt-Ländern.
Auswirkungen von Tourismus in Schwellen- und Entwicklungsländern
Tourismus wirkt sich in den Zielländern auf drei Feldern aus, zu denen generell keine pauschalen Aussagen
getroffen werden können:
Ø Wirtschaftlich
Ø Sozio-kulturell
Ø Ökologisch
Wirtschaftlich sind für Schwellen- und Entwicklungsländer im wesentlichen drei Aspekte von Bedeutung:
- Erwirtschaftung von Devisen,
87
Vertiefungstexte
- Schaffung von Arbeitsplätzen,
- wirtschaftliche Verstärkungseffekte.
Sehr kritisch wird die Qualität der touristischen Arbeitsplätze beurteilt: Sie sind häufig unqualifiziert,
schlecht bezahlt und zudem saisonal begrenzt.
Die sozio-kulturellen Folgen von Dritte-Welt-Tourismus sind am schwierigsten zu beurteilen und gleichzeitig von höchster Brisanz. Einige Aspekte seien genannt:
- Verwestlichung der Konsummuster,
- Ausbildung ökonomischer Ungleichheiten in der Bevölkerung,
- Zerstörung traditioneller Werte und sozialer Stabilität, Profanisierung (Entwertung) kultureller und religiöser Feste und Stätten.
Die Stärke des Einflusses durch den Tourismus auf die heimischen Kulturen (Akkulturationseffekt) ist von
einer Reihe von Faktoren abhängig, z.B. dem Entwicklungsstand der lokalen Gesellschaft, der Art des Tourismus und der Kontrolle über die Entwicklung. Unter günstigen Voraussetzungen können durchaus auch
positive Effekte entstehen.
Tabelle 1: Auswirkungen des Naturtourismus in tropischen Entwicklungsländern (Quelle: STECKER 1998)
Ökologische Aspekte -
Ökonomische
Aspekte
-
-
-
-
Sozio-kulturelle
Aspekte
-
Positive Wirkungen
Erhalt der Biodiversität durch Schutz
intakter Waldökosysteme
Erweiterung bzw. Ausweisung neuer
Schutzgebiete
Erhöhung des Wald- und Umweltbewusstseins durch naturnahe Umwelterziehung
Stärkung des Naturschutzes auf politischadministrativer Ebene
Zusätzliche Einnahmen zugunsten des
Naturschutzes
Schaffung von Einkommen und Arbeitsplätzen; Erwerbsalternativen für lokale Bevölkerung
Regionale Multiplikatoreneffekte auf vorund nachgelagerte Wirtschaftssektoren
(z.B. Handwerk, Baugewerbe, Landwirtschaft)
Regionale Entwicklungsimpulse:
Infrastrukturausbau (z.B. Verkehrswege,
Kommunikationsnetze, Energieversorgung)
Gewinne für Reiseveranstalter, Hoteliers
und Transportbetriebe (z.B. Fluggesellschaften)
Stärkung bzw. Weiderbelebung regionaler
Kunst, Kultur und Gebräuche
Neue Wertschätzung traditioneller Kultur
und regionale Identität
Schutz von Kulturdenkmälern
Interkulturelle Kontakte; Völkerverständigung
Horizonterweiterung für Besucher und
Besuchte
Qualifizierung, Aus- und Fortbildung im
Tourismussektor
-
-
-
Negative Wirkungen
Zersiedlung der Waldlandschaft; Flächenverbrauch, versiegelung
Bodenerosion und -verdichtung, Grundwasserabsenkung
Steigender Verbrauch von Ressourcen: z.B. Trinkwasser
Abfall- und Abwasservermehrung
Luft-/Gewässerverschmutzung
Zerstörung von Vegetation und Störung der Tierwelt
(z.B. Verlust von Arten, Verhaltensänderungen bei
Wildtieren)
Saisonalität der Arbeitsplätze; unqualifizierte Arbeitsplätze
„Import“ regionsfremder Arbeitsplätze; Sogwirkungen
Hohe Investitionen für Bereitstellung von Infrastruktur:
Kredite, Verschuldung
Entzugseffekte: Abfluss/ Rückfluss von Kapital/
Einnahmen aus Zielland und insbesondere Zielgebiet
Anstieg der Verbraucher- und Bodenpreise für Ortsansässige
Versorgungsengpässe
Erhöhung der Abhängigkeit als Folge touristischer
Monostrukturierung
Kommerzialisierung regionaler Kunst und Kultur
(„Kitsch“)
Verfestigung von Vorurteilen durch Oberflächlichkeit
der Begegnungen
Ausverkauf oder Zerstörung archäologischer/historischer Kulturschätze und -stätten
Weckung neuer Konsumbedürfnisse bei Einheimischen
Zerstörung traditioneller Lebensformen
Die Auswirkungen des Schwellen- und Entwicklungsländertourismus auf Natur und Umwelt werden im
folgenden weiter vertieft.
88
Vertiefungstexte
4.3
Tourismus und Natur
(nach: BFN 1997a, BMZ 1995, KAHLENBORN/CARIUS 1999, STECK 1997, STRASDAS 2001, STRASDAS
2002, VORLAUFER 1996)
Obwohl der Tourismusbereich allgemein als Verursacher kaum wahrgenommen wird, gehen von den verschiedenen touristischen Leistungsbereichen eine ganze Reihe von Umweltbelastungen aus. Gerade diejenigen Schwellen- und Entwicklungsländer, die große Teile ihres Territoriums für Naturschutz und Tourismus
reservieren, können dem Zwang oder der Versuchung unterliegen, die Schutzgebiete möglichst intensiv für
den Fremdenverkehr zu vermarkten, um den ökonomischen Nutzen aus den Schutzgebieten zu maximieren.
Die folgende Aufstellung benennt die für die einzelnen touristischen Teilsysteme wichtigsten Auswirkungen
auf Natur und Umwelt in den Zielgebieten unter Berücksichtigung der An- und Abreise.
4.3.1
Touristische Teilsysteme und ihre wichtigsten Auswirkungen auf Natur und Umwelt
1. Standortauswahl und –gestaltung
Erste Belastungen resultieren aus der Standortauswahl und –gestaltung, die nicht nur mit einem hohen Flächenverbrauch verbunden ist. Für touristische Einrichtungen werden landschaftlich attraktive Standorte bevorzugt. Da es sich hierbei häufig um Übergangsbereiche (Küsten, Ufer, Waldränder) handelt, finden sich
dort im allgemeinen auch wertvolle, artenreiche Ökosysteme, die durch Überbauung direkt zerstört oder
stark beeinträchtigt werden. Häufig werden auch ungeeignete Standorte ausgewählt, die entwässert oder aufgefüllt werden müssen. Problematisch ist auch die Verwendung traditioneller Baumaterialien (Holz, Korallenkalk), wenn diese in zu großem Umfang genutzt werden.
2. Transport
Weitere Umweltbelastungen ergeben sich aus dem Hin- und Rückreiseverkehr, dem Import von Lebensmitteln
und anderen Konsumgütern für die Versorgung der Touristen sowie dem Transport von Reisenden und Waren in
den Zielgebieten selbst. Ein zunehmender Anteil des Transportes im Entwicklungsländertourismus wird mit dem
Flugzeug durchgeführt, eine stark klimaschädigende Reiseform und einer der wichtigsten Problempunkte aus der
Sicht des Umweltschutzes. Aber auch der landgebundene Transport im Zielgebiet verursacht erhebliche Umwelteffekte, insbesondere in Landschaften mit großen, zusammenhängenden natürlichen Lebensräumen. Für den
Transport muss die entsprechende Infrastruktur (Straßen, Flughäfen etc.) bereitgestellt werden, was mit Flächenverbrauch einhergeht und natürliche Lebensräume zerschneidet. Der Transport selbst wiederum erfordert Energieeinsatz und erzeugt Luft- und Lärmbelastungen.
3. Betrieb touristischer Infrastruktur
Die schwerwiegendsten Beeinträchtigungen durch den Betrieb der touristischen Infrastruktur gehen von zu
hohem Wasserverbrauch und ungeklärten Abwässern aus. Durch den hohen Wasserbedarf in Trockenzeiten
oder wasserarmen Gebieten werden Ökosystemen wie Feuchtgebieten oder Süßwasserökosystemen die Mindestmengen zur Erhaltung der natürlichen Prozesse entzogen. Die von den Abwässern ausgehende Gefahr
liegt in der Nährstoffanreicherung in den Ökosystemen, die räumlich kaum einzugrenzen ist und somit große
Schäden auch in weit entfernten Gebieten verursacht. Auch der Energiebedarf sowie die Abfallbelastung der
89
Vertiefungstexte
Landschaft sind zu berücksichtigen. Im Beherbergungswesen können Energie- sowie allgemeiner Ressourcen- und Flächenverbrauch der verschiedenen Beherbergungsarten (Hotels, Pensionen, Herbergen etc.) differenziert werden. Prinzipiell stehen kleine Einheiten in der Umweltbilanz besser da als große Einheiten.
4. Touristische Aktivitäten
Touristische Aktivitäten – insbesondere beim Sport- und Abenteuertourismus - in der landschaftlich reizvollen
Umgebung (z.B. Jeep-Safaris, Ausflüge, Exkursionen, Tauchen, Golfen) können insbesondere im Zuge von Massentourismus zur Übernutzung und dadurch zum Zusammenbruch der natürlichen Prozesse in sensiblen Ökosystemen führen. Auslöser sind vor allem Trittschäden an der Vegetation, Störung von wild lebenden Tieren und
Artenverluste durch die Nachfrage nach Souvenirs (Federn, Korallen, Muscheln, lebende Tiere). Häufig sind in
der Umgebung touristischer Zielgebiete Entwicklungen zu beobachten, die durch tourismusunterstützende und –
begleitende Unternehmen ausgelöst werden. Hierzu gehören u.a. die rasante Zersiedlung der Landschaft mit den
entsprechenden Folgen für das Landschaftsbild und die natürlichen Lebensräume, eine Ausweitung von Lärmbelastungen sowie ein zunehmender Energieverbrauch z.B. für Kühlung und Beleuchtung.
5. Indirekte Wirkungen
Touristische Großprojekte mit ihrem Dienstleistungscharakter können in den agrarisch geprägten Wirtschaftssystemen der Schwellen- und Entwicklungsländer erhebliche gesellschaftliche Verwerfungen zur Folge haben. Das
hat nicht nur soziale, sondern auch ökologische Konsequenzen. Durch das enorme Einkommensgefälle werden
Wanderungsbewegungen in die Tourismuszentren ausgelöst, die typischerweise an den Küsten liegen. Durch die
gestiegene Bevölkerungsdichte kommt es zu weiteren Umweltbelastungen, die die des Tourismus z.T. noch übertreffen. Andererseits können solche Verschiebungen auch umweltentlastende Wirkung haben, wenn z.B. umweltschädigende und unrentable land- und forstwirtschaftliche Nutzungen ersetzt werden. Dies ist ein entscheidendes
Potenzial von Natur-Tourismus, der an die Stelle von Holzeinschlag, Entwaldung oder Wilderei treten kann (nach
VORLAUFER 1996, BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ 1997, KAHLENBORN/CARIUS 1999).
Die folgende Tabelle 2 fasst die Umweltauswirkungen der einzelnen touristischen Teilsysteme zusammen:
90
Vertiefungstexte
4.3.2
X
X
Indirekte Wirkungen
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
Störung des Landschaftsbildes
Touristische Aktivitäten
X
X
Verlärmung
X
X
Gewässer- und Abfallbelastung
Betrieb touristischer Infrastruktur
X
X
Luftverschmutzung
X
Flächenverbrauch, Bodenversiegelung
Transport
X
Übernutzung
X
Biotopvernichtung und Artensterben
X
Vegetationsschäden
Wasserverbrauch
Standortauswahl und –gestaltung
Energieverbrauch
Allgemeiner Ressourcenverbrauch
Tabelle 2: Auswirkungen der touristischen Teilsysteme auf Natur und Umwelt (Quelle: eigene Darstellung)
X
X
X
X
X
X
X
X
Negative Einwirkungen auf Natur und Umwelt durch den Tourismus
Ressourcenverbrauch
Als natürliche Ressourcen werden alle vom Menschen ökonomisch oder kulturell "in Wert gesetzte" Teile
der Natur verstanden. Zu den natürlichen Ressourcen einer Region zählen bspw. die Wasservorkommen, die
biologische Vielfalt der Arten und Lebensraumtypen (Biotope) mit ihren unterschiedlichen Funktionen, energetische Ressourcen, aber auch Agrar- und Forstprodukte sowie weitere Rohstoffe. Wie bereits dargestellt,
treten im Zuge der Tourismusentwicklung die Reisenden mit den Bereisten in Nutzungskonkurrenz. Wertvolle landwirtschaftliche Standorte zur Nahrungserzeugung werden überbaut, der kommunale Wasserspeicher kann den Wasserbedarf in den touristischen Einrichtungen nicht befriedigen, Tiefbrunnen senken den
Grundwasserstand ab, in küstennahen Tourismuszentren dringt Salzwasser in die Grundwasserkörper ein,
Böden versalzen und in der Folge müssen landwirtschaftliche Betriebe aufgegeben werden. Dies ist nur ein
möglicher Wirkungszusammenhang, in der Realität existieren vieler solcher Wechselwirkungen, die charakteristisch für das Funktionieren von natürlichen Systemen, also Ökosystemen ist: Alles hängt mit Allem zusammen! Wenn an einer Stelle die Regelgrößen eines natürlichen Systems über seine natürliche Schwankungsbreite hinaus strapaziert werden, fängt das ganze System an zu kippen. Hier einige Beispiele für solche
„Regelverletzungen“:
Ø
Wasser
Für Deutschland konnte ermittelt werden, dass der Wasserverbrauch pro Gast und Tag in einem Hotel
der mittleren Kategorie zwischen 65 und 103 Litern liegt. Diese Werte werden in vielen ausländischen
Tourismusdestinationen bei weitem überschritten. Zudem steigt mit höherem Hotelstandard der Wasserverbrauch erheblich: In einem Luxushotel im Mittelmeerraum werden teilweise mehr als 600 Liter pro
Gast und Tag verbraucht. Aus diesem tourismusbedingten Wasserverbrauch resultieren schon heute
Versorgungsengpässe, vor allem in Trockengebieten, Küstenzonen (z.B. Rotes Meer, spanische Mittel91
Vertiefungstexte
Ø
meerküste) und auf kleineren Inseln (z.B. Kanarische Inseln, Südseeatolle) (KAHLENBORN/CARIUS
1999).
Energie
Ähnlich dem Wasserverbrauch schwankt auch der Energieverbrauch in Hotels erheblich. Für Deutschland kann man im Durchschnitt von über 20 kWh pro Gast und Tag ausgehen, womit alleine schon der
in Hotels entstehende Energieverbrauch eines Touristen den Verbrauch in Privathaushalten übersteigt
(KAHLENBORN/CARIUS 1999). Es gilt: Small is beautiful! Kleinere Einheiten haben Vorteile gegenüber
größeren Einheiten (s. Zahlenbeispiel).
Tabelle 3: Energieverbrauch pro Fläche in Beherbergungsbetrieben (KAHLENBORN/CARIUS 1999)
Hoteltyp
Energie
Mittlerer Energieverbrauch
Großes Hotel mit Wäscherei,
Schwimmbad, Küchen, Klimaanlage
Elektrizität kWh/m²
Energie kWh/m²
200-250
240-300
Mittleres Hotel ohne Wäscherei,
50-150 Zimmer, teilweise Klimaanlage
Elektrizität kWh/m²
Energie kWh/m²
90-120
210-250
Kleines Hotel, 4-50 Zimmer
Elektrizität kWh/m²
Energie kWh/m²
80-100
180-210
In Schwellen- und Entwicklungsländern führt der Energiehunger schnell wachsender Tourismus-Industrien zu regelmäßigen Zusammenbrüchen der regionalen oder gar nationalen Stromversorgung. Durch
einheimische Ressourcen kann dann die Energieversorgung nicht mehr sichergestellt werden. Regelmäßige landesweite Stromausfälle waren z.B. in der Dominikanischen Republik seit den 90er Jahren als
Folge des stark gestiegenen Energiebedarfs im Zuge der touristischen Erschließung zu beobachten.
Ø Biotopvernichtung und Artensterben
Zu den natürlichen Ressourcen gehört auch die Vielfalt der Arten von Fauna und Flora sowie der verschiedenen Lebensraumtypen oder Biotope. Von den marinen Ökosystemen wie Korallenriffe über Küstenökosysteme wie Mangroven, von den fruchtbaren Böden der Tiefländer bis zu den ursprünglichen Waldökosystemen
in den verschiedenen geographischen Höhenstufen reicht die Liste der durch den Tourismus bedrohten natürlichen Lebensräume. Riffe werden gesprengt, um Durchlässe für Yachthäfen zu schaffen (z.B. auf den
Fidschi-Inseln und in der Dominikanische Republik), Mangrovenwälder werden vernichtet, um Platz für Tourismuszentren zu schaffen (z.B. in Costa Rica in Papagayo), Feuchtgebiete werden trockengelegt, um den Bau
von küstennahen Tourismuseinrichtungen zu ermöglichen (Spanien, Italien, Türkei, etc.). Schließlich werden
noch Wälder in den abgelegenen, nicht touristisch erschlossenen Gegenden abgeholzt, damit den einheimischen Bauern Land für Ackerbau und Viehzucht zur Verfügung steht. Diese Dynamik trifft für viele Schwellen- und Entwicklungsländer zu und wird durch den Tourismus verstärkt.
Ø Übernutzung touristisch und land- oder forstwirtschaftlich genutzter Landschaftsbestandteile
Die Schutzgebiete und Gebiete von besonderer landschaftlicher Schönheit stellen für Schwellen- und
Entwicklungsländer ein besonderes touristisches Kapital dar. Hierzu gehören in der Regel die Küstenzonen, See- und Flussufer sowie Hochgebirgsgegenden. Diese Ökosysteme sind aber besonders sensibel
gegenüber äußeren Einflüssen, und so führen bereits relativ geringe Störungen zu irreversiblen Schäden.
Die oben beschriebene Sprengung von Kanälen in Riffe, um Durchlässe für Yachthäfen zu schaffen,
führte im weiteren dazu, dass sich die Wasserströmungen drastisch veränderten und der für den Küstenschutz und die Badestrände wichtige Sand nun ins offene Meer gespült wurde (VORLAUFER 1996).
92
Vertiefungstexte
Ein forcierter Ausbau des Tourismus kann zu einer Überbeanspruchung der vorhandenen Nutzungssysteme
führen. Hier wird also nicht der Umstand angesprochen, dass Ökosysteme durch Umnutzung zerstört bzw.
degradiert werden, sondern dass ihre natürliche Leistungsfähigkeit überstrapaziert wird. Dies kann zum Beispiel dadurch geschehen, dass zur Ertragssteigerung auf landwirtschaftlichen Flächen Pestizide und Düngemittel eingesetzt werden, die letztendlich zu einer Zerstörung der Bodenfruchtbarkeit und Grundwasserbelastungen führen.
Ein weiteres Beispiel ist die Degradierung von forstwirtschaftlich genutzten Standorten zur Industrieholzgewinnung (z.B. Bauholz für den Bau von Hotels): In der Plantagenwirtschaft der Holzwirtschaft
werden global hauptsächlich schnell wachsende und nicht-heimische Baumarten wie Teak eingesetzt, die
allerdings kaum Unterholz und wenig Wurzelwerk ausbilden. Der Heftigkeit von tropischen Wolkenbrüchen hat der Boden in solchen Plantagen dann nur noch wenig entgegen zu setzen: Die normalerweise
schützende Pflanzendecke fehlt. Die Folge sind starke Bodenabträge selbst bei geringsten Hangneigungen, die Auswaschung von Nährstoffen, die Bildung von tiefen Erosionsrinnen (Gullies) bis zum kompletten Zusammenbruch der natürlichen Prozesse in Folge des Bodenabtrages. Zurück bleiben oftmals
verkarstete und quasi vegetationslose Steppenlandschaften.
Flächenverbrauch
Natürlicher Lebensraum geht durch Flächenverbrauch für touristische Infrastruktur verloren. Zahlenbeispiele
für den Flächenverbrauch im Tourismus liefert die folgende Tabelle.
Tabelle 4: Flächenverbrauch unterschiedlicher Beherbergungsarten (KAHLENBORN/CARIUS 1999)
Hotels: Beherbergung
72 m² pro Bett
Hotels: Restaurant
19 m² pro Platz
Ferienappartements
87-154 m² pro Bett
Gruppenunterkünfte
50 m² pro Bett
Campingplätze
141 m² pro Parkplatz
Feriencenter
170 m² pro Bett
Neben diesem reinen Platzproblem, d.h. der zunehmenden Überbauung und Versiegelung natürlichen
Bodens (Tabelle 4 zeigt den physischen Flächenverbrauch, wobei aber Hotelflächen versiegelt und Campingplätze jahreszeitlich unbenutzt, naturnah sind), der damit als natürlicher Lebensraum allgemein, aber
auch z.B. als Grundwasserfilter wegfällt, haben insbesondere linienhafte Infrastrukturelemente wie Straßen
oder Bahn- und Leitungstrassen einen weiteren, häufig nicht bemerkten Effekt: Sie zerschneiden ursprünglich große, zusammenhängende natürliche Lebensräume in immer kleinere „Restlandschaften“ mit teilweise
intensiver Nutzung durch die Land- und Forstwirtschaft sowie durch Freizeit- und Erholung. Dies mag für
niedere Tiere mit relativ geringen Aktionsradien und hoher Anpassungsfähigkeit kein Problem sein. Alle
anderen und hier besonders die höher entwickelten Tiere haben aber sehr viel größere Ansprüche in bezug
auf den Lebensraum (Größe und Störungsfreiheit des Nahrungs- und Brutareals sowie der Rastgebiete, Aktionsradien im Zuge von natürlichen Wanderungsbewegungen). So kommt es, dass ausnahmslos alle größeren
93
Vertiefungstexte
Säugetiere aus den Landschaften der entwickelten Länder verschwunden sind. Auch die Schwellen- und
Entwicklungsländer haben im Zuge der Agrarkolonisation schon große Verluste hinnehmen müssen.
Luftverschmutzung
Derzeit trägt der Flugverkehr mit mindestens 4% zur globalen Erwärmung bei. Beim Verbrennen von Kerosin entstehen klimaschädliche Abgase. Sie bestehen überwiegend aus Wasserdampf, Kohlendioxid und
Stickoxiden. Die Auswirkungen dieser Stoffe sind in luftiger Höhe dreimal größer als am Boden und vergrößern so den Treibhauseffekt entsprechend. Die vom Flugzeug erzeugten Kondensstreifen und hohen
Schleierwolken verstärken das Aufheizen unserer Atmosphäre, weil sie die Rückstrahlung vom Erboden in
den Weltraum vermindern (FAIRKEHR GMBH BONN 2003). Dies mag zunächst gering erscheinen, entfaltet
aber seine ganze Brisanz, wenn man bedenkt, dass nur ein verschwindend kleiner Teil der Weltbevölkerung
überhaupt jemals fliegt, und dass im Ferntourismus weiterhin hohe Wachstumsraten erwartet werden. So ist
die Zahl der Urlaubsflüge nach September 2001 zwar zurückgegangen, schon 2002 habe es aber wieder ein
Plus von 3,1% gegeben. Laut Klimasekretariat der Vereinten Nationen sind die CO2-Emissionen des Luftverkehrs im vergangenen Jahrzehnt um 48% gestiegen (MRASEK 2003).
Gewässer- und Abfallbelastung
Im Bereich der Entsorgung von Abwässern und Abfällen stellt sich die Situation ungünstig dar. Selbst in
ausgebauten Zentren des Massentourismus, wie etwa dem Mittelmeergebiet, fehlt es häufig an den notwendigen Entsorgungseinrichtungen für Abwässer und Abfall, obwohl jeweils bedeutende Mengen anfallen. So
verursacht der durchschnittliche Hotelgast 10,5 kg Abfall pro Woche (s. Abbildung 1). In einem Restaurant
werden pro Sitzplatz und Jahr im Mittel 66 kg Abfälle gerechnet. Dies ergibt bspw. für ein Restaurant mit
100 Plätzen eine Menge von 6,6 Tonnen an zusätzlichem jährlichen Müllvolumen im Zielgebiet, das in der
Regel keiner geregelten Entsorgung zugeführt wird.
Beobachtbare Folgen der unzureichenden Entsorgung der Abfälle wie auch der Abwässer sind in vielen Tourismusgebieten wilde Müllkippen sowie Nährstoffanreicherungen in den Gewässern und bakteriologische Gewässerbelastungen. Zwei Beispiele zur Illustration: Im balinesischen Seebad Kuta wird der Müll überwiegend nachts
direkt am Strand vergraben oder aber verbrannt mit der Folge zeitweise extremer Belastung dort gelegener Hotels.
Am costaricanischen Badestrand von Puerto Quepos lag die Belastung des Wassers mit Coli-Bakterien Mitte der
90er Jahre zwanzigfach über dem empfohlenen Grenzwert der Weltgesundheitsorganisation. Die Besucher des
Strandes erkannte man an den Wattebäuschen in den Ohren: diese sollten gegen die Ohrenentzündungen vom
Baden schützen (KAHLENBORN/CARIUS 1999, VORLAUFER 1996).
94
Vertiefungstexte
12
Abfall (kg pro Gast und Woche)
10,5
10
8
6,29
6
5,7
5,69
4,25
4
2
0
Campingplatz
Herberge
Mietwohnung
Pension
Hotel
Abbildung 1: Abfallanfall in verschiedenen Beherbergungsbetrieben (KAHLENBORN/CARIUS 1999)
Störung des Landschaftsbildes
Wer kennt sie nicht, die bunten Bilder aus den Katalogen der großen Reiseveranstalter: Costa Brava, Antalya, Cancún, Varadero, die Liste der durch in die Landschaft geklotzte Hotelbunker verschandelten Strände
ist endlos. Diese Destinationen ziehen vor allem Billig-Touristen an, die zwei Wochen All-inclusive abfeiern
und keine weiteren Interessen außer Strand, Bar und Bett haben.
Ein harmonisches Landschaftsbild, das sich aus Relief, Vegetation, Gewässer, Nutzung und Gebäude zusammensetzt, ist ein wichtiges Kapital für die Tourismusentwicklung. Es kann nach den Kennzeichen Natürlichkeit (unveränderte Landschaftselemente), Vielfalt (Strukturreichtum), Eigenart (typische Landschaftselemente) und Schönheit (ästhetische Qualität) bewertet werden. Die negativen Auswirkungen des Tourismus auf
das Landschaftsbild rühren demnach nicht nur aus der übermäßigen, maßstabslosen und nicht auf die lokale
Tradition bezogenen Bautätigkeit her, sondern liegen vielmehr auch in der Landschaftsveränderung durch
bspw. Werbung und Infrastruktur begründet.
Zusammenfassung und Ausblick
Eine intakte natürliche, bauliche und soziale Umwelt ist die Grundlage des Fremdenverkehrs, wie eine Umfrage des Studienkreises für Tourismus und Entwicklung belegt (s. VORLAUFER 1996). Ein nicht gestörter
Naturhaushalt, „ursprüngliche“ Landschaften, eine große und artenreiche Flora und Fauna sind für viele
Schwellen- und Entwicklungsländer Attraktionen, die aber weltweit zunehmend gefährdet sind.
Da das Wachstum des Tourismussektors verbunden ist mit:
Ø einer überproportionalen Zunahme an Fernreisen,
Ø der Etablierung immer neuer Zieldestinationen in zunehmend entlegenen und gleichzeitig ökologisch
sensiblen Gebieten, und sich schließlich
Ø die Konkurrenz um die Ressourcennutzung zwischen i.d.R. wachsender einheimischer Bevölkerung und
zahlenmäßig anwachsenden Touristen verstärkt,
werden sich die geschilderten Probleme in fast allen Reiseländern unweigerlich verschärfen. Das parallel
dazu steigende Anspruchsniveau der Touristen wird ein zusätzlicher Faktor sein, der die Akteure im Touris-
95
Vertiefungstexte
musgeschäft zum Handeln zwingt. Denn wie in einem Teufelskreis beeinträchtigen diese Störungen von
Natur und Umwelt ihrerseits die Tourismus-Industrie durch:
Ø Erhöhte Frequenz von Naturkatastrophen,
Ø Klimawandel und den
Ø Verlust an biologischer Vielfalt.
4.3.3
Reisemotiv Natur und Umwelt
(nach ADERHOLD ET AL. 2000, BMZ 1995, LAßBERG 1997, VORLAUFER 1996, STRASDAS 2001, STRASDAS
2002)
Das Erleben von ursprünglicher Natur und Freizeitaktivitäten in der Natur haben als Reisemotiv in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend an Bedeutung im Tourismus gewonnen. Diese auch pauschal als NaturTouristen bezeichneten Reisenden haben grundsätzlich andere Vorstellungen und Interessen als herkömmliche Pauschaltouristen, was sich schon bei der Auswahl von touristischen Angeboten niederschlägt.
Die Motive und die innere Einstellungen von Touristen haben auch einen wesentlichen Einfluss auf Verhaltensweisen, Infrastrukturansprüche, Aufenthaltsdauer etc. im Gastland. Dabei unterscheiden sich nicht nur
Natur-Touristen von anderen, „herkömmlichen“ Touristen, sondern auch die Motive und Interessen der
Natur-Touristen selbst sind nicht homogen und deshalb wichtig für die Beurteilung der Nachfrage und der in
Frage kommenden Angebote.
Insofern ist eine weitergehende Differenzierung der Natur-Touristen hinsichtlich ihres Interesses und Engagements sinnvoll, wobei eher durchschnittlich oder oberflächlich interessierte Natur-Touristen den weltweit
überwiegenden Anteil ausmachen. Die Infrastrukturansprüche selbst dieser Gruppe liegen dennoch deutlich
unter denen des „konventionellen Strandtouristen“. Wichtig sind vor allem Hygiene, einfacher Komfort sowie Sicherheit und politische Stabilität. Hinzu kommen die hohen Erwartungen hinsichtlich der Erlebnisqualität eines Gebietes. Damit im Zusammenhang stehen die hohen Ansprüche an die Informationsvermittlung
während der Reise und eine negative Bewertung von Vermassungserscheinungen, da diese den Eindruck von
Naturnähe empfindlich stören (BMZ 1995).
Nach einer nicht repräsentativen Umfrage in Naturtourismusdestinationen vom Beginn der 90er Jahre haben
zwischen 40 und 75 Prozent der Touristen in diesen Ländern Schutzgebiete besucht und für 40 bis 65 Prozent war das Vorhandensein von Schutzgebieten ein wichtiger oder sogar ein Hauptgrund, das entsprechende
Land zu bereisen. Das bedeutet allerdings nicht, dass diese Touristen ausschließlich Natur-Tourismus betrieben haben: So gaben im Schnitt nur knapp 40% an, dass sie wegen der Natur des Landes gekommen seien
(BMZ 1995).
Das Umweltbewusstsein der am Tourismus in Schwellen- und Entwicklungsländern Beteiligten hat in der
letzten Dekade zwar deutlich zugenommen. Eine 1996/97 durchgeführte Befragung von 7.543 Bundesbürgern belegt dies für die Touristen eindeutig: Zwei Drittel der Bundesbürger erwarten von ihrem Reisebüro
Informationen über den Zustand der Umwelt in ihrem Urlaubsziel. Dass sich ein Reiseveranstalter für Um96
Vertiefungstexte
weltschutz im Zielgebiet engagiert, ist für 41% der Urlauber bei der Wahl ihres Veranstalters wichtig. Eine
intakte Natur am Ferienort ist knapp 80% der Deutschen für ihre Urlaubszufriedenheit sehr wichtig. Für gut
vier Fünftel ist die Schonung von Umwelt und Menschen gleichermaßen wichtig: so finden 81% der Befragten, dass der Respekt vor lokalen Traditionen, Sitten und Gebräuchen wichtig sei. Etwa 40% der Befragten wären bereit, pro Urlaubstag einen Umweltbeitrag von zwei Mark zu entrichten, sofern das Geld in
den Umweltschutz zurückfließt (LAßBERG 1997).
Nichtsdestotrotz besteht jedoch weiterhin eine Diskrepanz zwischen diesem deutlich gesteigerten Umweltbewusstsein der Akteure (Reiseveranstalter, Hoteliers, Touristen) auf der einen Seite und dem schonenden Umgang mit Natur und Umwelt im Urlaubsgebiet auf der anderen Seite. Bei letzterem waren bis Ende der 90er
Jahre nur geringe Fortschritte zu verzeichnen, d.h. das gestiegene Umweltbewusstsein hatte sich nicht in
einem entsprechenden Verhalten niedergeschlagen (LAßBERG 1997).
Quantitative Entwicklung
Weltweite Statistiken zur zahlenmäßigen Entwicklung von Natur-Tourismus lagen bis Mitte der 90er Jahre
nicht vor. Anfang der 90er Jahre bestand zumindest weitgehende Einigkeit darin, dass die entsprechenden
Tourismusformen in der jüngeren Vergangenheit prozentual stark gewachsen sind. Jährliche Wachstumspotenziale von bis zu 20% wurden vorausgesagt, wobei aber von einer stabilen Weltwirtschaft und anhaltender
Prosperität der wichtigsten Nachfragegruppen ausgegangen wurde. Dass dies nicht der Fall ist, belegen die
weltwirtschaftlichen Entwicklungen seit 2001. Die in der Literatur zu findenden vereinzelten, sehr groben
quantitativen Schätzungen belegen aber immerhin, dass der Natur-Tourismus bereits Mitte der 90er bedeutende Ausmaße erreicht hat und ein entsprechendes ökonomisches Potenzial (wie auch eine entsprechende
ökologische Gefahr) darstellt (BMZ 1995, STRASDAS 2001).
Struktur der Nachfrage: Aktivitätentypen
Es gibt eine ganze Reihe von Aktivitäten, die grundsätzlich mit dem Besuch von Schutzgebieten vereinbar
sein können. Den typischen Natur-Touristen gibt es also nicht. Die Auswirkungen von Natur-Tourismus können je nach Aktivität sehr unterschiedlich sein. Daher wird empfohlen, die Aktivitätentypen wie folgt voneinander abzugrenzen:
Ø Wissenschaftstourismus (Forschung in Schutzgebieten)
Ø Natur-Tourismus im engeren Sinne (Betrachten/Erleben von Natur, Fotografie, Hobby-Botanik)
Ø Abenteuer-Tourismus (Trekking, Bergsteigen, Kajakfahren, Rafting, Tauchen)
Ø Anthropologischer Tourismus (Erleben indigener Kulturen in Schutzgebieten)
Ø Jagd- und Angel-Tourismus (kontrolliertes Jagen und Fischen in Schutzgebieten)
Diese Aktivitäten können nicht oder nur in beschränktem Maße in allen Gebieten ausgeübt werden. Daher
ergibt sich eine grobe Zuordnung von Aktivitätentypen zu bestimmten Landschaftstypen in Schwellen- und
Entwicklungsländern:
Ø Tropischer Regenwald (Natur-, Wissenschafts- und Anthropologischer Tourismus)
Ø Steppen- und Wüstengebiete (Fotografie, Jagd)
Ø Gebirge und Vulkane (Abenteuer- und Anthropologischer Tourismus)
Ø Meeresküsten (Strandaktivitäten wie Tauchen und Tierbeobachtung, Angeln)
97
Vertiefungstexte
Die folgende Aufstellung gibt einen Überblick über die von Naturtouristen in lateinamerikanischen Ländern
ausgeübten Aktivitäten. Erkennbar ist, dass Tier- und insbesondere ornithologische Beobachtungen zu den
populärsten Beschäftigungen gehören. Gleichzeitig ist diesen Touristen das Vorhandensein von Schutzgebieten im Zielland besonders wichtig. Konsumtive naturorientierte Tätigkeiten, d.h. Jagen und Fischen, sind
eher von untergeordneter Bedeutung, da sie in den meisten Schutzgebieten der Welt nicht erlaubt sind.
Tabelle 5: Bevorzugte Aktivitäten von Schutzgebiets-Touristen (Quelle: BMZ 1995)
Prozent1)
Aktivität
Vogelbeobachtung
58
Tierbeobachtung
55
Bootsausflüge
42
Botanische Studien
31
Wandern/Trekking
28
Erleben einheimischer Kultur
25
Dschungel-Exkursionen
23
Bergsteigen
22
Jagen/Fischen
4
Camping
4
1)
bezieht sich auf diejenigen Besucher, denen
Schutzgebiete besonders wichtig für die Auswahl
des Ziellandes waren
98
Vertiefungstexte
4.4
Einführung in das Themengebiet „Nachhaltiger Tourismus“
(nach STRASDAS 2001)
Nachhaltiger Tourismus wird neben Land- und Forstwirtschaft oder pharmazeutischer Prospektion als eine
Möglichkeit nachhaltiger Natur- und Landschaftsnutzung angesehen. Unter Nachhaltigkeit werden dabei
langfristig verträgliche, tragfähige Prozesse verstanden, und zwar in bezug auf Natur und Umwelt (ökologische Nachhaltigkeit), Gesellschaft und Kultur (sozio-kulturelle Nachhaltigkeit) sowie wirtschaftliche Entwicklung (ökonomische Nachhaltigkeit). In Anlehnung an die Prinzipien nachhaltiger Entwicklung wird
nachhaltiger Tourismus folgendermaßen definiert:
„Nachhaltiger Tourismus muss soziale, kulturelle, ökologische und wirtschaftliche Verträglichkeitskriterien erfüllen. Nachhaltiger Tourismus ist langfristig, d.h. in bezug auf heutige wie auf
zukünftige Generationen, ethisch und sozial gerecht und kulturell angepasst, ökologisch tragfähig sowie wirtschaftlich sinnvoll und ergiebig.“ (STRASDAS 2001)
Während sich der Anspruch des nachhaltigen Tourismus auf alle Tourismusformen bezieht, bezeichnet
„Öko-Tourismus“ in idealtypischer Form ausschließlich naturbezogene nachhaltige Tourismusformen (im
weltweiten englischen Sprachgebrauch als ‚ecotourism’ oder im Spanischen als ‚ecoturismo’ umfasst der
Begriff allerdings die ganze Spannbreite vom einfachen naturnahen Tourismus mit Übergangsformen bis zur
Luxus-‚Ecolodge’):
„Öko-Tourismus ist eine Form verantwortungsbewussten Reisens in naturnahe Gebiete, bei dem
das Erleben von Natur im Mittelpunkt steht. Öko-Tourismus minimiert negative ökologische
und sozio-kulturelle Auswirkungen, trägt zur Finanzierung von Schutzgebieten oder Naturschutzmaßnahmen bei und schafft Einkommensmöglichkeiten für die lokale Bevölkerung. Indirekt soll Öko-Tourismus die Naturschutzakzeptanz relevanter gesellschaftlicher Akteure erhöhen.“ (STRASDAS 2001)
So definiert sich der als Obergriff anzusehende „Natur-Tourismus“ einfach folgendermaßen:
„Natur-Tourismus ist eine Form des Reisens, bei dem das Erleben von Natur im Mittelpunkt
steht.“ (STRASDAS 2001)
Die Auswirkungen von Natur-Tourismus spielen bei dieser Definition keine Rolle, sie können sowohl positiv
als auch negativ sein. Zum besseren Verständnis sei auf die Vertiefung zu den einzelnen Definitionen im
Folgenden verwiesen.
Aber auch der sog. „nachhaltige Tourismus“ wird kritisch gesehen. Während die einen in ihm das zentrale
Element einer erfolgreichen Entwicklungshilfe sehen, halten es andere bestenfalls für eine Mogelpackung
der Tourismus-Industrie oder bestreiten wiederum andere, dass so etwas wie nachhaltiger Tourismus heut99
Vertiefungstexte
zutage angesichts der konstant pro Jahr um 5% zulegenden Tourismusbranche und des stetig steigenden
Luftverkehrs überhaupt noch möglich ist.
Aus der Unterrichtseinheit soll zusammengefasst zum einen klar werden, dass es ein Kontinuum von mehr
oder weniger nachhaltigen Formen von Tourismus gibt, in dem die unterschiedlichen Tourismusarten angesiedelt sind. Zum anderen soll die Position von Öko- und Natur-Tourismus innerhalb dieses Kontinuums
erklärt werden. Eine kritische Darstellung von nachhaltigem Tourismus vor dem Hintergrund der globalen
Dimensionen des Tourismusgeschäfts soll auf Probleme bzw. zwei Seiten der Medaille aufmerksam machen.
4.4.1
Historische Entwicklungen: Vom Natur-Tourismus zum Öko-Tourismus und
nachhaltigen Tourismus
(nach HONEY 1999; einen alternativen Zugang zu dem Thema bietet der Text von BURGHOFF / KRESTA
2003)
Zum Verständnis, warum sich Tourismusformen etabliert haben, die sich an dem Prinzip der Nachhaltigkeit
orientieren und versuchen, sich vom gängigen Massentourismus abzugrenzen, ist eine kurze Darstellung der
historischen Entwicklung von Natur-orientierten Tourismusformen und der sie begleitenden und beeinflussenden Diskussionen im Naturschutz und in der Tourismusbranche hilfreich.
Ausgehend von den Entwicklungen der 60er bis 80er Jahre des letzten Jahrhunderts, während derer im Zuge
des zunehmenden Wohlstandes in den Industrieländern die Zahlen der Touristen rapide anstiegen, kam es
gerade in den Zielgebieten, die von Naturliebhabern zur Erholung und zum Urlaub aufgesucht wurden, zu
ersten Konflikten. Bekannte Nationalparke, wie zum Beispiel der Yellowstone-Nationalpark in den USA,
waren während der Sommermonate alles andere als erholsame Plätze: Verkehrsstaus wie in Großstädten,
Luft verpestende Grilldüfte und Abgase, nervtötende laute Musik und Tonnen von Müll waren die Begleiterscheinungen von hohen Besucherzahlen. Die Naturliebhaber und Ruhesuchenden unter den Besuchern wandten sich schnell mit Grausen ab und den verführerischen Angeboten des Fernreisetourismus zu. Günstige
Flüge und ein vielfältiges Angebot an unterschiedlichen Destinationen führte dazu, dass nicht nur in den
USA, sondern auch in Deutschland viele Naturliebhaber begannen, Muße und ursprüngliche Schönheit in
Übersee zu suchen.
So formierten sich Ende der 70er bis Mitte der 80er Jahre erste Ansätze von Öko-Tourismus, oft noch unter
Bezeichnungen wie ‚verantwortlicher’, ‚nachhaltiger’, ‚Naturschutz’- oder ‚low-impact’-Tourismus. Zu finden waren diese Angebote häufig unter den Kategorien ‚Natur’- oder ‚Abenteuer-Tourismus’. Die noch
heute andauernde Begriffsverwirrung resultiert u.a. aus der Tatsache, dass Öko-Tourismus seine Wurzeln in
verschiedenen Bereichen hat:
Ø In der Wissenschaft, im Naturschutz und in weltweit agierenden Nicht-Regierungs-Organisationen wie
der Weltnaturschutzunion (IUCN)
Ø In multilaterale Hilfsorganisationen (vor allem Welt-Bank)
Ø In verschiedenen Entwicklungsländern (wie z.B. Costa Rica und Tansania)
Ø In der Tourismus-Industrie und der touristischen Öffentlichkeit (WTO, WTTC)
100
Vertiefungstexte
Fast zeitgleich, aber aus durchaus unterschiedlichen Gründen schälten sich in diesen vier Bereichen Anfang
der 90er Jahre die Prinzipien und Praktiken des Öko-Tourismus heraus, die den Kern eines neuen Verständnisses von umwelt- und sozialbewusstem Tourismus bilden sollten. Die Entwicklungen in zwei Bereichen,
nämlich im Naturschutz einiger Entwicklungsländer und in der Tourismus-Industrie, werden im Folgenden
vertieft dargestellt.
Der internationale Naturschutz: Besserer Schutz für die Natur
Mit der Etablierung des weltweiten Nationalparksystems und der Einrichtung von vielen weiteren Schutzgebieten in aller Welt ist seit dem 19. Jahrhundert bis zum Ende des 20. Jahrhunderts ein Netzwerk geschaffen worden, das vor allem einem Zweck diente, nämlich diese Flächen in ihrem ursprünglichen Zustand zu
bewahren und frei von menschlichen Nutzungen und Einflüssen zu halten. Ende der 80er Jahre des letzten
Jahrhunderts standen mehr als 3% der Erdoberfläche unter Naturschutz.
Es gab allerdings auch eine Kehrseite dieser beeindruckenden Entwicklung. So kamen in den späten 60er
Jahren die international engagierten Naturschutzorganisationen, die Aktivisten der Umweltbewegung und
Wissenschaftler in Lateinamerika und Afrika zu zwei zusammenhängenden Schlussfolgerungen:
1. Erfahrungen in Afrika machten zusehends deutlich, dass das harte Konzept der Trennung von Natur und
Mensch zum Wohle der Nationalparke nicht funktionierte. Viele der Nationalparke waren für Jäger,
Wissenschaftler oder Touristen zugänglich, nicht aber für die einheimische Bevölkerung. Da diese also
nicht von der Einrichtung der Schutzgebiete profitierte, sondern im Gegenteil häufig aus seiner angestammten Umgebung vertrieben wurde, nahmen Wilderei, Naturzerstörung außerhalb der geschützten
Flächen und Feindseligkeiten gegenüber der Nationalparkverwaltung und den Touristen fast zwangsläufig zu. Der Schutz der Flächen erforderte zunehmend militärische Verteidigungsstrategien, welche den
Konflikt aber in der Regel noch verstärken.
Eine Überprüfung des traditionellen Schutzkonzeptes wurde notwendig und führte zu der Überlegung,
dass der Mensch letztendlich nur das schützt und bewahrt, was ihm nützt. Gefährdete Ökosysteme und
bedrohte Tierarten sind in Schutzgebieten nach dieser Ansicht nur dann zu erhalten, wenn die lokale Bevölkerung an dem Nutzen aus der Vermarktung „ihrer“ Natur beteiligt ist. In der Folge wurden mit Erfolg versucht, die Kommunen an den Gewinnen aus den Eintrittspreisen, Übernachtungen und anderen
touristischen Unternehmen zu beteiligen. Ab Mitte der 80er Jahre wurde dieses Konzept in Afrika mit
dem neuen Öko-Tourismus kombiniert zu einem umweltbewussten und kulturell sensiblen Tourismus,
der gleichermaßen das Umweltbewusstsein von Touristen und Einheimischen förderte.
2. Parallel zu diesem Trend wurde Wissenschaftlern und Umweltaktivisten in Lateinamerika mehr und
mehr bewusst, dass die verbliebenen tropischen Wälder zunehmend durch Kahlschlag, Viehwirtschaft,
Ölförderung oder Besiedlung gefährdet waren. Ursprünglich wurde Natur-Tourismus in Lateinamerika
verengt als alternative Möglichkeit gesehen, nicht-nachhaltige Nutzungsformen der Natur zurückzudrängen und finanzielle Mittel für den Naturschutz zu generieren. Ende der 70er Jahre wurde dann offenbar,
dass es nicht notwendigerweise einen Konflikt zwischen Tourismus und Naturschutz geben müsse, sondern dass Tourismus Naturschutz auch unterstützen kann: Ein Tourist könnte durch die eigene Naturerfahrung möglicherweise ein verändertes Umweltbewusstsein erlangen und dadurch ein persönliches Interesse an Naturschutzzielen entwickeln. Tourismus könnte so eher unterstützend als ausbeutend wirken
und damit den kulturellen Austausch fördern statt sich durch reine Konsumhaltung auszuzeichnen.
101
Vertiefungstexte
So entwickelte sich aus durchaus unterschiedlichen Motiven gleichzeitig in Afrika und Lateinamerika ein
Begriff von ‚Öko-Tourismus’, der in das heutige Verständnis von einer Chance zur Verbesserung des Naturschutzes und der Lebensverhältnisse mündete.
Die Tourismus-Industrie: Bedienung des neuen „grünen“ Lebensgefühls
Obwohl die Tourismus-Industrie den Öko-Tourismus nicht erfunden hatte, vereinnahmte sie ihn sehr schnell,
machte ihn populär, etablierte ihn - und verwässerte das Konzept. Die Tourismus-Industrie hatte sehr schnell
begriffen, dass das Ökolabel dazu taugte, die seit den 60er Jahren beständig wachsende Zahl umweltbewusster und sozialverantwortlicher Reisender zu bedienen und neue, unerschlossene Ziele zu erschließen. Das
wachsende öffentliche Umweltbewusstsein und das zunehmende Interesse an naturbezogenem Reisen, gekoppelt mit dem Unbehagen gegenüber den Auswüchsen des Massentourismus, wiesen der Tourismus-Industrie den Weg hin zu einem neuen, profitablen Geschäftsfeld. Nachdem Umweltbewusstsein Teil des Alltags geworden war, sollte auch auf Reisen diesem Lebensgefühl entsprochen werden.
Seit Ende der 80er Jahre wird Öko-Tourismus also von allen größeren Tourismus-Verbänden der Welt gefördert. Dazu gehörten u.a. die Welttourismusorganisation (WTO), die von den Vereinten Nationen gegründet worden war, und der Welt Reise und Tourismus Rat (WTTC), der sich aus über 70 Vertretern von Fluggesellschaften, Hotelketten, Catering-Unternehmen und Kreuzfahrtgesellschaften zusammensetzt.
Bis heute erschöpfen sich die Anstrengungen der Branche allerdings häufig in der Produktion von Hochglanzbroschüren und auf den inflationären Gebrauch von Handlungsleitlinien, Kriterienkatalogen oder Umweltpreisen. In der Realität ist daher der Begriff ‚Öko-Tourismus’ durch die Branche mittlerweile dermaßen
aufgeweicht worden, dass mit ihm alles beschrieben wird, was nicht Massentourismus ist und irgendeinen
Bezug zu Natur hat.
Weil die Tourismusbranche aber andererseits begriffen hatte, dass sie mehr als jede andere von einer intakten
und sauberen Umwelt abhängt, hat sie den Öko-Tourismus als überlebensnotwendiges Konzept akzeptiert.
So reagierte die Tourismus-Industrie (vertreten u.a. durch WTO und WTTC) auf die Forderungen des Weltgipfels von Rio im Jahre 1992 nach mehr Nachhaltigkeit in der Tourismus-Industrie drei Jahre später mit der
Herausgabe eines umfangreichen Textes mit dem Titel ‚Agenda 21 für die Reise- und Tourismus-Industrie’.
Diese Agenda beinhaltet eine zehn Punkte umfassende Prioritätenliste, die Themen wie Energieeffizienz,
Abwasserbehandlung und nachhaltiges Design, aber auch Tragfähigkeitsanalysen von Zielgebieten, Umweltbildung und Öffentlichkeitsarbeit umfasst. Eine nachhaltige Entwicklung des Tourismus sei der Agenda zufolge eine ‚moralische Verpflichtung’ für die Branche und soll durch die Umsetzung der Prioritätenliste
sichergestellt werden. Das neue und innovativ wirkende Schlagwort vom ‚Öko-Tourismus’ verspricht aus
Sicht der Tourismus-Industrie dem unter Marketingaspekten antiquiert wirkenden Natur-Tourismus seine
verlorengegangene Berechtigung und Beachtung zurückzugeben.
102
Vertiefungstexte
4.4.2
Begriffsdefinitionen: Nachhaltigkeit und nachhaltige Entwicklung, Nachhaltiger
Tourismus, Öko-Tourismus, Natur-Tourismus
(nach: BFN 1997, BMZ 1995, BMU 1996, BMU 1997, DED 1998, ELLENBERG ET AL. 1997, HAUFF 1987,
RAUSCHELBACH 1998, REHBINDER 1997, SRU 1994, SRU 1996, STECK 1997, STRASDAS 2001, STRASDAS
2002, UNEP 1992a, UNEP 1992b, WWF 2001)
Nachhaltigkeit und nachhaltige Entwicklung
Nachhaltige Entwicklung ist seit der Konferenz für Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio de Janeiro ein
Konzept, das mehr und mehr Eingang findet in die Köpfe und das Handeln der Menschen. Auslöser ist die
Erkenntnis, dass es in einer Welt, die von Armut und Umweltschäden gekennzeichnet ist, keine gesunde Gesellschaft oder Wirtschaft geben kann. Die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung muss mehr
Rücksicht auf die Belange der Umwelt nehmen. Ziel ist, die Bekämpfung der Armut und die Befriedigung
der menschlichen Grundbedürfnisse mit einer qualitativ hochwertigen Umwelt und einer gesunden Wirtschaft für alle Menschen der Erde miteinander in Einklang zu bringen. Dies kann keine Nation für sich allein
- vielmehr ist eine weltweite Partnerschaft für eine nachhaltige Entwicklung erforderlich.
Der Begriff der Nachhaltigkeit ("sustainability") steht seit einigen Jahren synonym für eine zukunftsfähige
Entwicklung ("sustainable development") der Menschheit. Die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung hat im sog. Brundtland-Bericht von 1987 den Begriff von der "nachhaltigen Entwicklung" geprägt und
ihn folgendermaßen definiert:
"Nachhaltige Entwicklung heißt, den Bedürfnissen der heutigen Generation zu entsprechen,
ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen, zu gefährden."
Zwei Schlüsselbegriffe sind wichtig:
ð Der Begriff von „Bedürfnisse“, insbesondere der Grundbedürfnisse der Ärmsten der Welt, die die
überwiegende Priorität haben sollten; und
ð der Gedanke von Beschränkungen, die der Stand der Technologie und sozialen Organisation auf
die Fähigkeit der Umwelt ausübt, gegenwärtige und zukünftige Bedürfnisse zu befriedigen.“
Das Leitbild „sustainable development“ basiert auf der Einsicht, dass ökonomische, soziale und ökologische
Entwicklung nicht voneinander abgespalten und gegeneinander ausgespielt werden dürfen. Die drei Komponenten bilden eine immer neu herzustellende notwendige Einheit.
Insbesondere die Rio-Erklärung und die Agenda 21 des Weltgipfels in Rio de Janeiro im Jahre 1992 setzen
zur Lösung gegenwärtiger und zukünftiger Umweltprobleme auf das Prinzip der Nachhaltigkeit. Dabei handelt es sich bei der Rio-Erklärung, dem bedeutendsten Dokument des Weltgipfels, um eine Prinzipienerklärung. Die Agenda 21 ist ein Aktionsprogramm zur deren Umsetzung, das das im „sustainable development“
angelegte Spannungsverhältnis zwischen Umwelt und Entwicklung auszubalancieren sucht.
Nachhaltigkeit im Sinne der Agenda 21 beinhaltet als einen wichtigen Kernaspekt einen nachhaltigen, d.h.
zukunftsfähigen Umgang mit den Ressourcen, wobei der Begriff der "Ressourcen" eine Ausweitung dahingehend erfahren hat, dass er nicht nur die Bodenschätze und nachwachsenden Rohstoffe umfasst, sondern
alle vom Menschen genutzten oder „in Wert gesetzten" Teile von Natur meint.
103
Vertiefungstexte
Nachhaltiger Tourismus
Nachhaltiger Tourismus erfüllt soziale, kulturelle, ökologische und ökonomische Anforderungen. Im Hinblick auf seine Wirkungen auf zukünftige Generationen ist nachhaltiger Tourismus
ethisch und sozial gerecht, kulturell angepasst, ökologisch tragfähig, sowie wirtschaftlich sinnvoll und ergiebig (vgl. STECK et al. 1998, STRASDAS 2001, STRASDAS 2002).
Ausgehend von den Erfahrungen und Entwicklungen im internationalen Naturschutz und der Tourismusbranche seit den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts entwickelte sich dieses neue Verständnis eines ökologisch wie sozio-ökonomisch verträglichen Tourismus.
Es handelt sich bei nachhaltigem Tourismus um ein theoretisches, übergeordnetes Konzept von Tourismus,
nicht um eine bestimmte Tourismusform. So betrachtet können alle Tourismusformen in mehr oder weniger
nachhaltige Formen überführt werden, d.h. dass auch der Massentourismus durch geeignete Maßnahmen
(u.a. technologischer Art wie z.B. den Bau von Kläranlagen, angepasste Nutzung lokaler Ressourcen, Einsatz
regenerativer Energien und wassersparender Technologien, Abfallreduzierung) nachhaltiger gestaltet werden
kann. Und es heißt auch, dass Tourismusformen unter dem Label ‚Öko- und Natur-Tourismus’ nicht notwendigerweise nachhaltig sein müssen, nur weil die Begriffe Naturnähe suggerieren und der Hauptgegenstand
des touristischen Interesses die Natur ist. Auch diese Tourismusformen können zu schweren und irreversiblen Schäden und damit zur Zerstörung einzelner Teilsysteme von Natur führen, wenn sie deren begrenzte
Tragfähigkeit nicht berücksichtigen. Ethisch und sozial gerecht sowie kulturell angepasst heißt, dass einheimische Gemeinschaften den Touristen ebenbürtig sind und die Touristen die gesellschaftlichen Normen in
den Gastländern zu respektieren haben. So ist die Sozialverträglichkeit von touristischen Strukturen eher bei
kleineren, in die lokalen Gemeinschaften eingebetteten Einrichtungen gegeben als bei großen MegaRessorts. Und schließlich heißt wirtschaftlich sinnvoll und ergiebig, dass nachhaltiger Tourismus auch langfristig Nutzeneffekte in den bereisten Regionen entfalten muss.
Öko-Tourismus
Ökologischer Tourismus ist die Weiterentwicklung der Konzeptidee des umweltverträglichen
bzw. umweltfreundlichen Tourismus. Im deutschen Sprachgebrauch wird Umweltverträglichkeit
allerdings tendenziell auf die Umwelt des Menschen eingegrenzt, obwohl umfassender eigentlich
ein intakter Naturhaushalt und eine auch für wildlebende Pflanzen und Tiere angemessene Umwelt erforderlich ist. So ist das Ziel, insbesondere von wissenschaftlicher und NGO-Seite, besser
als "ökologisch verantwortlicher Tourismus" zu bezeichnen.
Als Idealform sollte es sich bei Öko-Tourismus um eine auf naturnahe Gebiete ausgerichtete,
ökologisch verträgliche, Naturerlebnis bietende und Naturverständnis fördernde Reiseform handeln, die zudem zur Erhaltung von Natur und Kultur beiträgt und dabei noch wirtschaftlich sinnvoll und vorteilhaft für die lokale Bevölkerung ist (BFN 2002).
104
Vertiefungstexte
Öko-Tourismus ist eine Form verantwortungsbewussten Reisens in naturnahe Gebiete, bei dem das
Erleben von Natur im Mittelpunkt steht. Öko-Tourismus minimiert negative ökologische und soziokulturelle Auswirkungen, trägt zur Finanzierung von Schutzgebieten oder Naturschutzmaßnahmen
bei und schafft Einkommensmöglichkeiten für die lokale Bevölkerung. Indirekt soll Öko-Tourismus
die Naturschutzakzeptanz relevanter gesellschaftlicher Akteure erhöhen (STRASDAS 2001).
Öko-Tourismus kann somit als ökologisch und sozial verantwortungsvolle Sonderform von Natur-Tourismus
verstanden werden, die auf „relativ unberührte Naturräume“ ausgerichtet ist (VORLAUFER 1996).
Die Definition grenzt den Öko-Tourismus von Kultur-Tourismus, ländlichem Tourismus, Landwirtschafts-Tourismus, ethnischem Tourismus, Dorf-Tourismus oder Kunsthandwerk-Tourismus ab (HÄUSLER/STRASDAS 2002;
s. Abbildung 2). Während Natur-, Wildtier- und Abenteuer-Tourismus durch die Aktivität des Touristen definiert sind, definiert sich Öko-Tourismus über die Vorteile sowohl für den Naturschutz als auch für die Menschen in den Gastländern (HONEY 1999). Angepasster Safari- oder Jagdtourismus kann als Variante des
Öko-Tourismus verstanden werden (STRASDAS 2002).
Abbildung 2: Öko-Tourismus im Vergleich zu anderen Tourismusformen und Begriffen (STRASDAS 2001)
Zu der Begriffsverwirrung um den Öko-Tourismus trägt die große Anzahl Synonyme bei. So wird Öko-Tourismus auch als alternativer, grüner, umweltverträglicher, sanfter, angepasster oder Natur-Tourismus bezeichnet (VORLAUFER 1996, FRANCE 1997). Insbesondere im englischen (‚ecotourism’) und spanischen
(‚ecoturismo’) Sprachgebrauch bezeichnet der Begriff gemeinhin die ganze Bandbreite vom einfachen
Natur-Tourismus bis hin zum Luxus-Urlaub in der ‚Eco-Lodge’.
Sehr häufig wird Öko-Tourismus mit nachhaltigem Tourismus verwechselt. Gemeinsam habe beide Tourismusformen, dass sie versuchen, positive soziale und ökonomische Effekte zu erzeugen. Nachhaltiger Tourismus ist aber nicht nur die Abgrenzung einer bestimmten Tourismusform (wie Öko-Tourismus, also eine
nachhaltige Form von Natur-Tourismus), sondern ein sehr viel weitergehendes Tourismuskonzept, dass alle
Tourismusformen abdeckt (STRASDAS 2002).
105
Vertiefungstexte
Natur-Tourismus
Natur-Tourismus ist eine Form des Reisens, bei dem das Erleben von Natur im Mittelpunkt steht. Dabei ist
Natur-Tourismus nicht notwendigerweise eine nachhaltige Form von Tourismus, sondern hier steht lediglich
das Motiv der Naturerfahrung im Vordergrund. Der Begriff dient lediglich dazu, ein bestimmtes Marktsegment in der Tourismusbranche zu beschreiben (HÄUSLER/STRASDAS 2002).
4.4.3
Tourismuskritik: Wunderwaffe ‚Nachhaltiger Tourismus’?
(nach MÜLLER 1997, STECK ET AL. 1999, WHEELLER 1997a)
Die Ausweitung des Tourismus in immer neue ‚Destinationen’ und die stetig gestiegenen Touristenzahlen
sind eine Realität, der sich auch die Tourismus-Kritik nicht verschließen kann. Es gibt in der Tat eine ganze
Reihe von Gründen, warum man dem Tourismus in Schwellen- und Entwicklungsländer ablehnend gegenüber stehen kann. Die Hauptargumente gegen den Tourismus in Schwellen- und Entwicklungsländer sind in
STECK ET AL. (1999) zusammengefasst:
Ø Die bereisten Länder haben keine Kontrolle über die Anzahl der Touristen, die in ihr Land strömen. Diese
liegt vielmehr in den Händen multinationaler Touristikkonzerne aus den Industrieländern.
Ø Die Deviseneinnahmen aus dem Tourismus werden durch den erhöhten Importbedarf (Konsumgüter,
Lebensmittel) erheblich geschmälert.
Ø Die alleinige Abhängigkeit der Volkswirtschaften vom Tourismus ist gefährlich für die Zielländer, da im
Tourismus leicht enorme Nachfrageschwankungen auftreten können.
Ø Tourismus schafft überwiegend schlecht entlohnte, oft saisonale Arbeitsplätze ohne Qualifizierungsmöglichkeiten.
Ø Tourismus zerstört durch massive Konfrontation mit fremden Werten und Verhaltensweisen gewachsene
soziale und kulturelle Strukturen in den Zielländern, verstärkt soziale Ungleichgewichte und fördert nichtnachhaltige Konsummuster nach westlichem Muster.
Ø Ferntourismus schädigt das Erdklima u.a. durch den hohen CO2-Ausstoß bei Flugreisen.
Verantwortungsvoller (oder auch nachhaltig genannter) Tourismus gibt vor ein realisierbarer Lösungsansatz
für den Großteil der angeführten Kritikpunkte zu sein. Von der Tourismusbranche wird im Hinblick auf das
Konzept ‚Nachhaltiger Tourismus’ allerdings beklagt, dass es sicherlich notwendig sei, ein theoretisches
oder strategisches Fundament für die weitere Entwicklung des Tourismus zu haben, dass andererseits aber
zuwenig Personal und Ressourcen in der Branche einem zu viel an Ratschlägen von Experten aus Wissenschaft und Entwicklungszusammenarbeit gegenüberstehe. Dieser Mangel erschwere die Realisierung des
Konzeptes und erkläre seine schleppende Umsetzung.
Eine weitere Erklärung für die mangelhafte Umsetzung des Nachhaltigkeitskonzeptes im Tourismus ist die stetig
wachsende Nachfrage. Mit den rasanten Zuwachsraten der letzten Jahre wird es immer schwieriger, nachhaltige
Tourismusformen zu etablieren. Solange also das globale – und aus Sicht einiger Branchenvertreter fundamentale
– Mengenproblem im Tourismus nicht angegangen wird, werden sämtliche Lösungsansätze Makulatur bleiben.
106
Vertiefungstexte
Der um sich greifende Hedonismus (im abwertenden Sinn nennen wir einen Menschen “hedonistisch”, der die
Wirklichkeit oder zumindest das Nachdenken über sie ohne Rücksicht auf sich oder andere sozusagen in primitivem
Lustgewinn ertränkt) in den Industrieländern könnte ein weiterer Hemmschuh für die Realisierung des Konzepts
sein. Denn obwohl die empirische Wissenschaft herausgefunden hat, dass sich zunehmend ein Verantwortungsbewusstsein zukünftigen Generationen gegenüber entwickelt und das allgemeine Umweltbewusstsein erheblich gestiegen ist, muss man doch konstatieren, dass der Trend zum ‚Leben aus dem Vollen’ ungebrochen anhält. Verantwortungsvoller (oder auch nachhaltig genannter) Tourismus ist so verstanden ein netter, gefälliger, aber letztendlich
gefährlich oberflächlicher, kurzlebiger und ungeeigneter Fluchtweg einer gebildeten Mittelklasse, die unfähig oder
unwillig ist, ihren destruktiven Beitrag zur intenationalen Tourismusflut anzuerkennen. Ein gesellschaftlicher Paradigmenwechsel sei notwendig, so MÜLLER (1997), um diesen Trend zu brechen und weist damit die Verantwortung
für einen Richtungswechsel in der Tourismus-Industrie weit von der Branche weg.
Das Konzept vom ‚Nachhaltigen Tourismus’ versucht, es allen Recht zu machen: Es beruhigt das Gewissen
des ‚bewussten’ Touristen und befriedigt doch gleichzeitig sein Bedürfnis nach den gewünschten Freizeiterfahrungen. Es ermöglicht der Tourismusbranche die Erschließung neuer Destinationen für ein eher kritischeres (und teureres) Marktsegment, und legitimiert gleichzeitig („ist ja nachhaltig...“) die unverminderte Ausweitung der Tourismus-Branche. Das Konzept vom ‚grünen’ Tourismus ist also letztlich nur eine Platitude
im Munde derjenigen, die sich um die Formulierung geeigneter Strategien zur Korrigierung der negativen
Folgen des globalen Tourismus herumdrücken (MÜLLER 1997, WHEELLER 1997a) und der Begriff ‚ÖkoTourismus’ nur ein „Schlagwort zur optimalen Vermarktung natürlicher Ressourcen“ (VORLAUFER 1996).
Nichtsdestotrotz ist Tourismus differenzierter zu betrachten als in einseitigen Polemiken dargestellt. Und
Tourismuskritik kann auch nicht mit billigen Allgemeinplätzen wie der Notwendigkeit vom ‚gesellschaftlichen Paradigmenwechsel’ abgewehrt werden. Die oben genannten grundsätzlichen Bedenken könnten sehr
wohl durch eine nachhaltigere Gestaltung des Tourismusbetriebes entschärft werden:
Ø Durch den Ansatz, den Betrieb der touristischen Infrastruktur in die Hände lokale Gemeinschaften zu
legen, ist eine bessere Kontrolle über die Touristenströme möglich.
Ø Durch den Einsatz heimischer Ressourcen entfallen Devisenaufwendungen für Importe.
Ø Die Verankerung in die lokalen Strukturen wirkt der Bildung touristischer Monostrukturen entgegen.
Ø Durch den Betrieb der touristischen Infrastruktur durch Einheimische sind höhere Löhne möglich, da der
kostspielige verwaltungsbedingte Overhead großer touristischer Konzerne entfällt. Die Tourismusbranche
selbst hat ein Interesse daran, in größerem Maße Einheimische (auch auf qualifizierteren Positionen) zu
beschäftigen, da die Lohnkosten dadurch i.d.R. sinken.
Ø Durch die Einbindung in die lokalen Gemeinschaften ist ein tendenziell gleichberechtigterer kultureller
Austausch zwischen Reisenden und Bereisten möglich.
Ø Durch die explizite und konsequente Berücksichtigung der ökologischen Tragfähigkeit können Umweltschäden weitgehend minimiert werden.
Für die globalen klimabezogenen Wirkungen der Flugreisen im Rahmen des Ferntourismus, die eng verknüpft sind mit der angesprochenen Mengenproblematik im globalen Tourismus, sind allerdings zur Zeit
keine Lösungsvorschläge in Sicht.
107
Vertiefungstexte
4.5
Reiseziel Costa Rica: Land, Leute, Natur und Tourismus
(nach HONEY 1999, MINAE/PNUMA 2002, SCHLIEP/WOTHE 1994, SINAC-MINAE 2003, WEAVER 1997,
WORLD BANK 2002)
Costa Rica liegt im Einzugsbereich warmer Klimate auf dem zentralamerikanischen Landrücken zwischen
Nicaragua im Norden und Panama im Südosten. Auf einer Fläche von ungefähr der Größe Niedersachsens
hat sich eine reichhaltige Natur ausgebildet, die vor allem durch die topographische und klimatische Vielfalt
im Land bedingt ist: Costa Rica hat sowohl eine pazifische Küste, die starke regionale Unterschiede im jährlichen Niederschlagsverlauf aufweist (ausgeprägte, mehrmonatige Trockenzeiten im Norden der pazifischen
Küstenebene, hohe Jahresniederschläge bis über 3.000 mm im Süden), als auch eine karibische Küste, in
deren Tiefebene ein dauerhaft feuchtes und sehr warmes Klima herrscht. Das Land durchzieht der amerikanische Gebirgsrücken, der ein relativ hochliegendes und stark besiedeltes Zentraltal ausbildet, das durch
mediterranes Klima bestimmt ist und in dessen Zentrum die Hauptstadt San José liegt. Die Kombination aus
unterschiedlichen Höhenstufen und verschiedenen Klimaten hat auf relativ kleiner Fläche ein Mosaik aus
unterschiedlichsten Lebensräumen entstehen lassen, was für den großen Artenreichtum Costa Ricas verantwortlich ist. Obwohl Costa Rica nur 0,03% der Landfläche der Erde umfasst, hat das Land 5% (87.000) der
weltweit beschriebenen Arten (ca. 1,75 Mio) aufzuweisen. Neben den Trockenwäldern von Guanacaste finden sich die immerfeuchten Nebelwälder Monteverdes, die alpine Vegetation des Cerro Chirripó und die
Mangrovengürtel der Küsten. So besitzt Costa Rica eine große Anzahl an Tierarten: neben Wildkatzen, verschiedenen Affenarten und anderen Säugetieren eine Vielzahl von Vögeln, Reptilien, Amphibien, Insekten
etc. (MINAE 2002). Diese Vielfalt der Arten und Lebensräume machen das Land zu einem ‚hot spot’ der
weltweiten biologischen Vielfalt.
Das Land misst seinen natürlichen Ressourcen einen hohen Wert bei: In Costa Rica existiert eine Vielzahl
von Schutzgebieten unterschiedlichster Kategorien (SINAC-MINAE 2003: 256 Schutzgebiete in zehn Kategorien). In den Reservaten der indigenen Bevölkerung, in Forstreservaten und Nationalparken sowie Schutzzonen und privaten Reservaten werden die natürlichen Schätze und die landschaftliche Schönheit des Landes
bewahrt. Aber diese positive Errungenschaft wird durch verschiedene Faktoren gefährdet: Wegen finanzieller und personeller Engpässe der zuständigen Verwaltungen ist der Schutz der Gebiete gefährdet. Noch Anfang der 90er Jahre mussten 50% des Personals der Nationalparkverwaltung aus Fremdmitteln finanziert
werden. Pufferzonen um Schutzgebiete existieren nur auf dem Papier. Der Druck der Holzwirtschaft auf die
verbliebenen Waldreste in den Schutzgebieten wird durch die rapide Entwaldung Costa Ricas verstärkt. Der
Tourismusboom seit Ende der achtziger Jahre gefährdet die Artenvielfalt und das ökologische Gleichgewicht
besonders der kleineren Schutzgebiete durch Übernutzung. Denn Costa Rica hat es verstanden, sich als besondere Attraktion gerade für die Touristen zu etablieren, die an ursprünglicher Natur interessiert sind und
den Begriff ‚Nationalpark’ mittlerweile als Gütesiegel wahrnehmen und zur Orientierung bei der Reiseplanung einsetzen. Dazu treten die mittlerweile auch kommerziell betriebene Jagd und die Ausbeutung von
Bodenschätzen in den Schutzgebieten.
Wie alle Staaten der zentralamerikanischen Landbrücke ist Costa Rica ein landwirtschaftlich geprägtes Land.
Zwei Merkmale heben Costa Rica allerdings aus europäischer Sicht gegenüber seinen regionalen Nachbarn
hervor: Erstens besitzt das Land schon seit 1821 eine demokratische Verfassung und ist seit dem Bürgerkrieg
108
Vertiefungstexte
von 1949 nur von Zivilisten regiert worden. Zweitens besticht der hohe Anteil an Naturschutzgebieten: über
25% der Landesfläche verfügen über einen Schutzstatus. Costa Rica ist für den Natur-Tourismus die Vorzeigedestination. Das Jahr 1987, in dem der damalige Präsident Oscar Arias Sanchez den Friedens-Nobelpreis entgegen nehmen konnte, markiert gleichzeitig auch den Start des Öko-Tourismusbooms in dem kleinen zentralamerikanischen Land. In den 90er Jahren überrundete Costa Rica selbst ältere bekannte NaturTourismusdestinationen wie die Galapagos-Inseln, Kenia oder Nepal. Eine Untersuchung der costaricanischen Regierung zeigte, dass die meisten Touristen das Land wegen seiner Naturschätze besuchten.
Der Anteil der costaricanischen Landesfläche mit intensiver landwirtschaftlicher Nutzung ist relativ klein:
Die Milchwirtschaft der Quäker in Monteverde, die seit Generationen von den 'cafetaleros' bewirtschafteten
Kaffee-Plantagen im Valle Central und einige andere lokale Betriebe mit kombinierten Anbaumethoden gehören zu den wenigen Beispielen. Im Gegensatz dazu ist ein Großteil der Wälder des Landes einer weniger
produktiven Bodennutzung zum Opfer gefallen: Ein Drittel der landwirtschaftlich genutzten Fläche ist der
extensiven Weidewirtschaft vorbehalten, deren Fleischproduktion für die bekannten Fast-Food-Ketten in den
Export geht. Hauptsächlich die Großgrundbesitzer in der nordwestlichen Provinz Guanacaste betreiben diese
Form monokultureller Landwirtschaft. Auch der Plantagenanbau von Ölpalmen und Bananen für multinationale Konzerne im karibischen und pazifischen Küstentiefland zieht Umwelt- und zusätzlich Gesundheitsprobleme nach sich: Agrochemikalien und Produktionsabfälle belasten Böden und Gewässer, von Vergiftungen
mit bleibenden Schäden, wie z.B. Sterilität, ist überdurchschnittlich die Landbevölkerung betroffen. Eine
weitere Form der Landnutzung, die Subsistenzwirtschaft der kleinen Bauern, findet sich zumeist auf minderwertigen Böden in den abgelegenen Teilen des Landes: die Rodung erosionsgefährdeter Hänge und unangepasste Landnutzungsmethoden führen zu schwersten Schäden an den betroffenen Flächen.
Um vom Export landwirtschaftlicher Produkte unabhängiger zu werden, wird der Tourismus in Costa Rica
seit Mitte der 80er Jahre vehement gefördert. Eine besondere Form des boomenden Ferntourismus ist der
Natur-Tourismus, der insbesondere Schutzgebiete zum Ziel hat. Der starke Besucheransturm zeigte in einigen Gebieten bereits negative Wirkungen. Die Folgen der Übernutzung in den Schutzzonen sind häufig Verlust der Artenvielfalt, in der direkten Umgebung aber auch Entwaldung und Landschaftszerstörung durch unregulierte Bautätigkeit der Tourismus-Industrie. Die gesetzlich festgelegte Küstenschutzzone von 50 m
Breite, die in öffentlichem Besitz ist und nicht bebaut werden darf, ist davon nicht ausgenommen. Die Folge
des massiven Besucherandrangs ist ein zunehmender Attraktivitätsverlust durch Lärm, Umweltverschmutzung und überhöhte Preise.
Costa Rica versucht diesen durchaus negativen Auswüchsen des Tourismusbooms entgegen zu steuern, indem bspw. das staatliche Tourismusinstitut ICT (Instituto Costaricense de Turismo) ein eigenes Zertifizierungssystem für Betriebe aus der Tourismusbranche entwickelt hat. Das Programm CST (Certification for
Sustainable Tourism) mit Sitz in der Hauptstadt San José ist eine Initiative zur Kategorisierung und Zertifizierung costaricanischer Tourismusunternehmen. Eine nationale Akkreditierungskommission überwacht die
Vergabe der Zertifikate an die Betriebe, die in fünf Kategorien eines eigenen Nachhaltigkeitskonzeptes eingeteilt werden. Es werden im wesentlichen vier Aspekte beurteilt: Auswirkungen auf Natur und Umwelt,
Infrastruktur und Dienstleistungen der Unternehmen, Aufklärungsarbeit und sozio-ökonomische Interaktion
mit den betroffenen Kommunen und Beschäftigten.
109
Vertiefungstexte
Die landwirtschaftliche Kolonisation des Landes hat die tropischen Trocken- und Feuchtwälder außerhalb
der Schutzgebiete fast vollständige vernichtet. Während 1940 noch rund 70% der Landesfläche von Primärwäldern bedeckt war, lag der Anteil bewaldeter Landesfläche Ende der 90er Jahre nach Schätzungen des
costaricanischen Umweltministeriums und der Welternährungsorganisation FAO unter 40%. Dieser Anteil
umfasst auch jüngere Sekundärwälder, dichte Bewaldung befindet sich fast nur noch innerhalb der Schutzgebiete. Deren Anteil an der Landesfläche beträgt 25,6%, davon sind allerdings lediglich 16,4% in Staatsbesitz (SINAC-MINAE 2003). Doch selbst in den Schutzgebieten ist die Erhaltung des Bestandes nicht gewährleistet: Bei steigender Bevölkerung, wachsendem Nutzungsdruck und Mängeln im Schutzgebietsmanagement wird der Druck auf die Restwälder bestehen bleiben. Verschärfend tritt die ineffiziente Nutzung der
Ressource Holz hinzu: Nach Rodungen wird das Holz mangels Transportwegen oft einfach liegengelassen
und verrottet auf den Schlägen. Bei der Brandrodung werden wertvolle tropische Harthölzer durch Feuer vernichtet. Nicht selten greifen Brände auch auf angrenzende Schutzgebiete über.
Die in Costa Rica mit hohem Tempo abgelaufene Entwaldung ist denn auch Hauptursache für die Umweltprobleme des Landes. Die dezimierten Wälder können ihre Funktion als Wasserspeicher nicht mehr erfüllen.
Besonders im karibischen Tiefland häufen sich Überschwemmungskatastrophen, die mit Rutschungen und
Sackungen einhergehen und immense Schäden an der Infrastruktur verursachen. Die starken tropischen Niederschläge waschen den wertvollen Oberboden schon bei schwächsten Hangneigungen in die Flüsse und ins
Meer. Die dadurch verursachte Trübung des Meereswassers, für Menschen kaum wahrnehmbar, reicht aus,
um das Wachstum der Meereskorallen zu stoppen. So sind bereits sämtliche Korallenriffs der costaricanischen Karibik-Küste abgestorben. Durch Auswaschung der Nährstoffe sinkt die Fruchtbarkeit der landwirtschaftlich genutzten Böden rasch ab. Agrochemikalien, die zur Aufrechterhaltung der Produktivität ausgedehnter Monokulturen benötigt werden, verseuchen das Trinkwasser. Kommunale Kläranlagen existieren im
Land bisher nicht, was sich besonders gravierend auf die Flüsse auswirkt, die den zentralen Ballungsraum
des Valle Central entwässern. Wenn zur Trockenzeit während der Kaffee-Ernte die Abfälle aus der KaffeeVerarbeitung hinzukommen, verwandeln sie sich in Kloaken.
Heutzutage bietet Costa Rica eine Vielfalt an touristischen Angeboten im Öko-Tourismus. Der vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) geförderte und jährlich neu erscheinende Reiseführer
„The New Key to Costa Rica“ bietet einen Überblick über die im Land vorhandenen kommunalen Tourismusangebote an Destinationen im Natur-Tourismus und an sog. ‚ecolodges’. Gleichwohl findet sich im ÖkoTourismusangebot nicht nur Licht, einige Anbieter nutzen das Etikett schamlos für ihre wirtschaftlichen Interessen aus. Und obwohl Costa Rica weltweit als Öko-Tourismusziel vermarktet wird, hat doch die Investitionsstrategie des Landes große, ausländische Massentourismusprojekte bevorzugt. Trotz seines guten
Rufes hat der Öko-Tourismus in Costa Rica es nur teilweise geschafft, sowohl angemessene (finanzielle)
Ressourcen für die nationale Naturschutzpolitik zu generieren als auch den Kommunen einen angemessenen
Gewinn aus dem Tourismus zu verschaffen.
Nicht vergessen werden sollte auch, dass Costa Rica zwar, wie die meisten Natur-Tourismusdestinationen,
seine erfolgreiche Tourismuspolitik auf ein gut ausgebautes nationales Schutzgebietssystem aus Nationalparken und Naturreservaten aufgebaut hat, aber auch noch einige weitere Vorteile in die Waagschale werfen
kann:
110
Vertiefungstexte
•
Costa Rica hat den höchsten Lebensstandard unter den Ländern in der Region (durchschnittliches ProKopf- Einkommen: 4.040 US$; Lateinamerika und Karibik: 3.560 US$).
•
Costa Rica verfügt über die größte gesellschaftliche Mittelklasse.
•
Costa Rica verfügt über das beste Gesundheitssystem in der Region (jährliche öffentliche Aufwendungen
für das Gesundheitssystem: 5,2% des Bruttoinlandproduktes (BIP); Lateinamerika und Karibik: 2,8%).
•
Costa Rica verfügt über ein gutes Bildungssystem mit mehreren Universitäten (jährliche öffentliche Aufwendungen für das Bildungssystem: 6,0% des BIP; Lateinamerika und Karibik: 3,3%).
•
Costa Rica hat die niedrigste Analphabetenrate in Lateinamerika (4%; Lateinamerika und Karibik: 11%).
•
Das Land ist klein und verkehrstechnisch gut erschlossen, es gibt überall Telefon, Elektrizität.
•
Das Land hat zudem ein Reihe international angesehener Wissenschaftler und Naturschützer hervorgebracht. Mehr als hundert nationale und internationale Umweltverbände haben Vertretungen in dem Land.
4.5.1
Tropica Verde - Fallbeispiel: Öko-Tourismusprojekt zum Meeresschildkrötenschutz
in Costa Rica
Allgemeine Information zum Meeresschildkrötenschutzprojekt
Weltweit sind die Bestände der Meeresschildkröten vom Aussterben bedroht. Seit 1986 arbeitet die costaricanische Naturschutzorganisation ANAI, die sich für die Erhaltung der biologischen Vielfalt und eine nachhaltige Entwicklung in Talamanca/Costa Rica einsetzt, für den Schutz und die Erhaltung mariner Schildkröten. Diese treffen Jahr für Jahr am Strand von Gandoca zum Nisten ein.
Hauptgegenstand des Projektes ist der Schutz der Nester der Meeresschildkröten. Durch Tarnung oder Verlegung der Gelege werden sie vor allem vor dem Zugriff der Wilderer aber auch vor der Zerstörung durch
die Brandung (Erosionsschäden) bewahrt. Der Bruterfolg wird außerdem durch die Aufzucht in dafür ausgerichteten Stationen unterstützt.
Für die lokale Bevölkerung bietet das Schutzprojekt durch seinen ökotouristischen Ansatz eine alternative
Einkommensquelle zur Wilderei und fördert somit eine nachhaltige Entwicklung der Region. Mit Hilfe von
Angestellten aus der lokalen Bevölkerung und Volontären (=Touristen) aus aller Welt werden von März bis
Juli die folgenden Arbeiten rund um die Uhr unter professioneller Anleitung ausgeführt:
- die Bewachung von Strandabschnitten, nächtliche Strandpatrouillen;
- Tarnung und Verlegung der natürlich gebauten Nester bzw. Überführung und Monitoring der Gelege in
die Aufzuchtstation am Strand;
- Begleitforschung zur Erfolgskontrolle der Naturschutzmaßnahmen: externe Anbringung von Metall-Markierungen bei erwachsenen Schildkrötenweibchen, z. T. auch Mikrochips, biometrische Vermessungen
und Entnahme von Gewebeproben.
Durch die regelmäßige Durchführung kann so eine fortschreitende Abnahme der Meeresschildkrötenbestände zumindest in ihrer ersten kritischen Lebensphase erfolgreich verhindert und eine Zunahme der Gelege
am Strand von Gandoca verzeichnet werden.
111
Vertiefungstexte
Erfolgreicher Schutz der Meeresschildkröten in Talamanca
•
Reduzierung der Wildererrate
Durch die langjährigen Schutzmaßnahmen am Strand von Gandoca verzeichnet das Schildkrötenprojekt
deutliche Erfolge im Rückgang der Wilderei. So ist im Zeitraum von 1986 bis 2001 die illegale Ausbeutung von Gelegen von 100% auf 4% zurückgegangen.
•
Bruterfolge in Gandoca
Um die Gelege vor illegaler Wilderei oder Zerstörung durch die Brandung zu bewahren, werden die Nester auf unterschiedliche Art und Weise behandelt. Abgesehen von der Bewachung der Strandabschnitte
und Patrouillen werden die Gelege zum einen getarnt, indem die mächtigen, fast planierraupenartigen
Spuren der Weibchen im Strand vernichtet werden. Zum anderen werden manche Nester am gleichen
Strand nahe ihrem ursprünglichen Platz verlegt oder direkt in die Aufzuchtstation umgesiedelt. In der
Aufzuchtstation werden die Eier ausgebrütet bis die Jungtiere schlüpfen. Der Schutz der Station erlaubt
die erfolgreiche Aufzucht unter nahezu natürlichen Bedingungen, so dass z.B. 2001 nahezu 50 % erfolgreich ausgebrütet wurden.
•
Nisterfolge der Lederschildkröte
Im Jahr 2001 konnten in Gandoca 744 Nester der Lederschildkröte gezählt und geschützt werden. Damit
lässt sich für den Zeitraum von 1990 bis 2001 ein Populationswachstum von 13,6% errechnen. Ein möglicher Grund für die erfolgreiche Zunahme liegt in der konsequenten Durchführung der Projektidee seit
1986: Da die Meeresschildkröten zur Eiablage vor allem an den Strand, an dem sie geschlüpft sind, zurückkehren, kann es sich bei den Lederschildkröten um Töchter der geschützten Meeresschildkröten von
damals handeln (die Geschlechtsreife erlangen die Tiere nach 9 bis 14 Jahren).
•
Wissen zum Erfolg: Die Wanderungen durch die Weltmeere
Für den aktiven Schutz und die Erhaltung der Meeresschildkröten sind genaue Kenntnisse über die Biologie, insbesondere das Reproduktionsverhalten, das Brutverhalten und die zurückgelegten Wege durch
die Weltmeere der verschiedenen Arten notwendig. Deshalb werden die Weibchen, wenn sie das Meer
zur Eiablage verlassen, biometrisch vermessen.
Öko-Tourismus und Meeresschildkrötenschutz in Gandoca
Die Einbindung der lokalen Bevölkerung in das Projekt ist ein wesentlicher Bestandteil des Meeresschildkrötenschutzprogramms und trägt zur nachhaltigen Entwicklung in der Region bei.
So beinhaltet das Projekt einen ökotouristischen Ansatz: Volontäre - also Touristen - aus aller Welt kommen
an den Strand von Gandoca, um aktiv im Meeresschildkrötenschutz mitzuarbeiten. Die Bevölkerung von
Gandoca bietet Unterkunft mit Verpflegung für die etwa jährlich 400 Volontäre aus aller Welt (durchschnittliche Verweildauer knapp 2 Wochen, Tagespreis Übernachtung mit Verpflegung 9-15 US$). Hier besteht
weiteres Potenzial bis zu einer Auslastung von etwa 600 oder mehr Volontären jährlich. Die Anstellung im
Projekt, das Aufkommen von Kunsthandgewerbe und Reiseleiter- bzw. Touristenführertätigkeiten in Gandoca und im Gandoca-Manzanillo-Wildschutzgebiet stellen ebenfalls alternative Einkommensquellen zu
Wilderei dar, die langfristig zum Lebensunterhalt beitragen bzw. diesen sichern. Für die Zukunft soll an weiteren Perspektiven für die Bevölkerung gearbeitet und ein ökotouristisches Gesamtkonzept weiterentwickelt
werden. Die Dienstleistungsangebote spielen mittlerweile eine große Rolle in dem kleinen Ort Gandoca und
brachten z.B. im Jahr 2001 über 60.000 US Dollar ein. Ein großer Erfolg für das Projekt, wenn man bedenkt,
was der Verkauf aller ausgegrabenen Eier eines Wilderers einbringen würde.
112
Vertiefungstexte
Durch Aufklärung und Wissensvermittlung werden gleichzeitig Identifikation mit dem Meeresschildkrötenschutz und Verantwortungsbewusstsein im Umgang mit der Umwelt gefördert. Der Schutz von Meeresschildkröten findet daher bei den Einheimischen eine große Unterstützung und wird auch weiterhin maßgeblich das Leben von Gandoca bestimmen.
Nur durch die Mitarbeit der Volontäre kann die umfangreiche Arbeit geleistet werden und führt zum Erfolg
des Meeresschildkrötenschutzprojektes – und nur durch den finanziellen Mehrwert durch die Volontäre wird
eine nachhaltige Entwicklung der Region und die Akzeptanz und Identifikation der Bevölkerung mit dem
Projekt gefördert und gewährleistet.
Gerade im Angebot deutscher Reiseveranstalter bzw. Vermittlung durch deutsche Naturschutzorganisationen
zeigt sich, dass solch Projekttourismus bzw. internationale Projektarbeit, die Naturschutz und Partizipation
der Bevölkerung integriert, noch Nischencharakter im Gegensatz zu Angeboten aus den USA und Großbritannien besitzt. Zur Zeit wird von einem Berliner Veranstalter am Angebot einer „Turtle-Reise“ gearbeitet,
so dass vermutlich in absehbarer Zeit der Besuch des Schildkrötenschutzprojektes auch über ein deutsches
Reisebüro gebucht werden kann.
Das Meeresschildkrötenprojekt der costaricanischen Partnerorganisation ANAI wird von TROPICA VERDE finanziell
und durch die Vermittlung von freiwilligen Helfern unterstützt. Weitere Informationen: www.tropica-verde.de
Die Arbeitsblätter 14 (Wiederbewaldung und Öko-Tourismus in Costa Rica – Tropica Verde-Projekt) und 15
(Waldschutz und Öko-Tourismus in Costa Rica – Tropica Verde-Projekt) stellen weitere Fallbeispiele vor.
4.5.2
Fallbeispiel Santa Elena / Costa Rica
(aus: ELLENBERG 2002a)
Costa Rica ist bezüglich Naturtourismus besonders vielseitig und erreicht innerhalb Lateinamerikas wohl die
größte Palette, besonders wenn man dies in Relation zur kleinen Landfläche von 51.000 km2 sieht. Beobachtungen von Vögeln und Walen, Wanderungen in Gebirgen und an Küsten, Eindringen in Nebelwälder
und Trockendickichte, Besuch von Vulkanen und Korallenriffen, Kennenlernen von Siedlungsfronten und
Indianerdörfern, Genuss bei Klettern und Wildwasserfahrten sind einige der Attraktionen. Die Erforschung
und in der Folge auch die touristische Nutzung von Wäldern hat in Costa Rica eine Geschichte seit den
1960er Jahren.
In manchen Fällen führte Waldtourismus dazu, dass die Rodungsintensität gebremst wurde. Wald kann
manchmal einen höheren Wert darstellen, wenn man ihn belässt und so nutzt wie er ist, als dass man sein
Holz einnimmt. Touristisch ist das Kronendach in den Wäldern der größte Magnet. Hier ist die Artenfülle am
größten. Nach den aufwendigen Versuchen von Steve Perry, die oberen Stockwerke der Bäume durch Seilzüge zu erklimmen und touristisch zu vermarkten, stellte die „aerial tram“ eine Öffnung für Normaltouristen
dar. Leicht erreichbar an der Straße zwischen San José und Guápiles im Parque Nacional Braulio Carrillo
gelegen, können Touristen in Kleingruppen gemächlich in Metallkäfigen horizontal durch die Exotik der
Baumkronen gleiten. Pro Person kostet dies 50 US-$. Die Seilbahn wurde geschickt in die Vegetation hinein-
113
Vertiefungstexte
komponiert und hat sie kaum verletzt. Allerdings fühlen sich die größeren Tiere durch die vielen Besucher
gestört und gehen auf Abstand.
Etwas aufwendiger, aber wohl naturnäher und dabei Eigeninitiative fordernd, ist die touristische Infrastruktur
in Santa Elena. Lang stand die Gemeinde lediglich dem Tourismus in Monteverde mit dem Besuch des
Nebelwaldes in der Cordillera de Tilarán und des „Kinderregenwalds“ als Basis zur Seite, da in der QuäkerGemeinde zu wenige Unterkünfte vorhanden waren. Seit einigen Jahren haben einzelne Waldbesitzer, die
daneben auf Weideland Milchproduktion betreiben, „sky walks“ errichtet, also „canopy walkways“, die
Pfade im Wald mit Hängebrücken über Taleinschnitte kombinieren und so Rundgänge zu Fuß erlauben, die
den Wald vom dunklen Untergrund bis zum lichtdurchfluteten Kronendach offerieren. Da die Besucherzahlen schnell gestiegen sind, musste der Eintrittspreis nicht extrem hoch angesetzt werden. Er beträgt für Ausländer fünf US-Dollar und ist für Einheimische niedriger. Der Waldtourismus von Santa Elena zieht inzwischen auch Besucher aus Costa Rica an, nicht nur ausländische Touristen. Die Gemeinde profitiert zudem
von dieser Initiative durch Restaurants und Unterkünfte. Auswärtiges Know-how oder Kapital waren nicht
notwenig, die Entwicklung erfolgte endogen, wenn auch durch Vorbilder im Land stimuliert.
Punktuell können touristische Aufwertungen im Waldtourismus wie in Santa Elena eine elegante und langfristig erfolgreiche Lösung für die Kombination von Tourismus, wirtschaftlichem Auskommen, Regionalentwicklung und Naturschutz sein. Großflächig, also z.B. landesweit, kann Waldtourismus jedoch in keinem
Land eine erfolgreiche Monokultur werden.
4.5.3
Fallbeispiel Monte Verde / Costa Rica
(Kurzfassung nach STURM 1997, BRAUNS/SCHOLZ 1998)
Geschichte und Besucherstruktur
Die Einrichtung des Naturschutzgebietes Monte Verde in der Cordillera de Tilarán geht auf eine Besiedlung
der Gegend um das Dorf Santa Helena mit Quäkern (religiöse Gemeinschaft) aus den USA zurück. Die Quäker stellten Mitte der 50er Jahre die Hälfte ihres 1.000 Hektar großen Besitzes unter Schutz, da sie den Wert
der Restwälder auf den Kuppen der Berge als Trinkwasserreservoir erkannt hatten. 1972 schließlich erhielt
das Gelände den Status eines Biologischen Reservats und wird seitdem vom Wissenschaftszentrum für die
Tropen geleitet, Centro Científico Tropical (CCT), einer costaricanischen Nicht-Regierungsorganisation,
deren Mitglied die Quäker sind.
Die Entwicklung des Öko-Tourismus in Monte Verde wurde von den Quäkern selbst eingeleitet: Da nicht
genügend Platz für ihre Gäste vorhanden war, eröffneten sie Anfang der 70er Jahre eine Pension mit dem
schönen Namen „Flor Mar“, Meerblume. Wenig später sollte eine zweite Pension folgen. Obwohl die Unterkünfte nur über Mundpropaganda „vermarktet“ wurden, stiegen die Besucherzahlen rasch an. In Reaktion
wurden weitere Hotels und Pensionen gebaut, die nun auch von den USA aus buchbar waren. Im Ergebnis
haben sich die Besucherzahlen von 1974 (470) bis 1994 (50.000) mehr als verhundertfacht. In den touristischen Boomphasen 1985-87 sowie 1990-92 stiegen die Besucherzahlen in Monteverde prozentual stärker als
die Gesamtbesucherzahlen für Costa Rica. Dies kann evtl. als Hinweis auf eine gestiegene Nachfrage nach
114
Vertiefungstexte
ökotouristischen Angeboten gewertet werden. Die Zahl der Beherbergungseinrichtungen hat mittlerweile die
50 überschritten.
Da Tier- und Pflanzenbeobachtung sowie wissenschaftliche Forschung die einzigen erlaubten Aktivitäten im
Reservat sind, muss das Interesse an Natur das Hauptmotiv der Besucher sein. 80% der Besucher kommen
aus dem Ausland, davon der größte Teil aus den USA (50%), 14% der Touristen sind Costaricaner.
Touristische Erschließung
Positives Ergebnis der Entwicklung in Monteverde ist der stetige Flächenzuwachs der Schutzgebiete. Von
anfänglich 554 Hektar im Jahre 1954 haben sich das biologische Reservat Monteverde und das 1987 gestartete Kinderregenwaldprojekt auf fast 31.000 Hektar im Jahre 1994 ausgedehnt. Diese einerseits positive Entwicklung hat aber auch eine Kehrseite, denn tatsächlich fanden Landenteignungen ohne die Vergabe gleichwertigen Ersatzes im Umland des Reservats statt. Die Bauern werden so zu landlosen Saisonarbeitern oder
Landbesetzern, da sie die bis Anfang der 90er Jahre deutlich angestiegenen Grundstückspreise nur noch
schwer bezahlen können.
Mehr als die Hälfte der Besucher von Monteverde kommen im Rahmen von gebuchten Reisen in das Reservat. Dieser Anteil wächst und erschwert durch die frühzeitige Belegung der vor Ort vorhandenen Unterkunftskapazitäten spontane Besuche von Einheimischen. Die Einrichtung eines „Canopy Walks“ (Baumwipfeltour) durch ein kanadisches Unternehmen und die Einrichtung einer Motocross-Strecke verändern die
ehemals beschauliche Erkundung der Schutzgebiete durch Wandern und Beobachten immer mehr in Richtung Abenteuertourismus, „der nach dem ultimativen Thrill im Dschungel den Abend im Whirlpool bietet.“
Für das Reservat ist eine Besucherbeschränkung eingeführt worden, die den gleichzeitigen Aufenthalt von
Besuchern auf maximal 120 begrenzt. Das den Touristen zugängliche Gebiet ist auf 20 Hektar beschränkt.
Diese Regelung erweckt allerdings den falschen Eindruck, als wäre sie auf die Tragfähigkeit des Schutzgebietes abgestimmt. In Wahrheit ist dieser Wert willkürlich gewählt und spiegelt eher die Interessen der
Hotelbesitzer und Reiseunternehmen wieder. Von den Besuchern des Reservates wird ein verantwortungsbewusstes Verhalten erwartet: Müll darf nicht im Gebiet hinterlassen werden, die angelegten Wege dürfen
nicht verlassen werden, Lärm ist zu vermeiden, Tiere dürfen nicht gestört werden und es dürfen keine Pflanzen aus dem Wald entnommen werden.
Die Auswirkungen der Erweiterung des touristischen Angebotes sind zwiespältig: Einerseits können zusätzliche Angebote in der Umgebung den direkten Besucherdruck von den Schutzgebieten nehmen, andererseits
bergen sie die Gefahr der Belastung weiterer Gebiete, u.a. durch den weiteren Ausbau der touristischen
Infrastruktur (Hotels, Pensionen, Straßen, Ver- und Entsorgung etc.). So ist noch nicht deutlich, welche
Auswirkungen der „Canopy Walk“ auf den Quetzal oder den Dreilapp-Glockenvogel hat. Beide Vogelarten
sind vom Aussterben bedroht. Trotzdem wird diese Form des Tourismus in Monteverde als „ecoturismo“
angepriesen, da er zunächst keinen sichtbaren Eingriff in den Naturhaushalt verursacht. Die angesprochene
Motocross-Strecke wird im übrigen hauptsächlich von Einheimischen genutzt, was auf einen Wandel im
Umgang mit Geld und Freizeit innerhalb der Dorfgemeinschaft hinweist.
Ausblick
Es existieren in Monteverde einige Ansätze, die den negativen Auswüchsen des Tourismus entgegen steuern.
Ein Programm zur Verbesserung des Weidelandes in der Cordillera de Tilarán soll den Bauern Einkommenssteigerungen verschaffen. Bis 1994 wurden 500.000 Bäume (entspricht einer Fläche von ca. 500 Hektar) im
115
Vertiefungstexte
Rahmen eines Windschutzheckenprogramms gepflanzt. Ein Bildungszentrum und eine biologische Forschungsstation sind in Monteverde entstanden, die von Schülern, Studenten und Wissenschaftlern genutzt
werden. In benachbarten Ortschaften werden Kunsthandwerk und Lebensmittel zum Verkauf in Monteverde
hauptsächlich durch Frauen hergestellt, wodurch diese bisher marginalisierte Gruppe zu Einkommen verholfen wird. Es wird die Verbindung einzelner Schutzgebiete durch sog. „biologische Korridore“ angestrebt, um
die Wanderung bestimmter Tierarten zu ermöglichen und die noch bewaldeten Kamm- und Hangbereiche
der Cordillera als Trinkwasserreservoire für die Siedlungen im pazifischen Tiefland zu sichern und zu erweitern. Das Comité Monteverde schließlich, in dem Reiseunternehmen, Wissenschaftler, Naturschützer und
Bauern der Region vertreten sind, soll eine maß- und verantwortungsvolle Entwicklung des Raumes gewährleisten.
Das Beispiel zeigt, dass ein bisher eher strukturschwaches Gebiet durch den Tourismus erschlossen wurde
und die lokale Bevölkerung direkt an dieser Entwicklung partizipieren kann. Der überwiegende Teil der Bevölkerung ist mittlerweile im Tourismus beschäftigt, da sogar die den Quäkern gehörende Zuckermühle und
die auf der lokalen Milchviehwirtschaft basierende Käsefabrik als touristische Attraktionen genutzt werden.
Vom Verkauf von Monteverde-Kaffee als touristisches Mitbringsel profitieren lokale Kaffeebauern ebenso
wie der Umweltschutz, da vom Kaufpreis eine Spende an entsprechende Projekte geht.
Zusammengefasst erscheint Monteverde als gelungenes Beispiel für Öko-Tourismus in Costa Rica, wobei
nicht vergessen werden darf, dass touristische Entwicklung immer eine Gratwanderung zwischen einerseits
zügellosem Ausverkauf der Natur und andererseits übermäßiger Reglementierung der Touristen bedeutet.
116
Quellen und weiterführende Literatur
5
Quellen, weiterführende Literatur, Filmvorschläge und InternetLinks
5.1
Quellen und weiterführende Literatur
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- Ammerland: Studienkreis für Tourismus und Entwicklung - Schriftenreihe für Tourismus und Entwicklung: 248 S.
ARBEITSGRUPPE COSTA RICA [Hrsg.] (2000): Costa Rica. Bericht zur Hauptexkursion. Geographisches Institut Humboldt-Universität zu Berlin. - Arbeitsberichte Heft 51: S. 263
BANGEL, J. (1998): Mit gutem Gewissen zu den Armen reisen. - In: DED (DEUTSCHER ENTWICKLUNGSDIENST): Tourismus und Entwicklung. ded Brief. Zeitschrift des Deutschen Entwicklungsdienstes. Nr. 1/98: S. 49-52
BEIßWENGER, K. (2002): Ökotourismus in Indigena-Reservaten im Süden Costa Ricas. - Der Dialog, 22:
S. 10-11
BELAU, D. (2003): The Impact of the 2001-2002 Crisis on the Hotel and Tourism Industry. ILO (International Labour Organization). Genf
URL: http://www.eldis.org/cf/search/disp/docdisplay.cfm?doc=DOC12530&resource=f1, 25.08.2003
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Tourismus verstehen. 25 Jahre SympathieMagazine. – Ammerland, S. 37-39
BEYER, M. (2003): Partizipation als Herausforderung für Tourismusprojekte in der Entwicklungszusammenarbeit. Handlungsempfehlungen für eine partizipative Projektarbeit. Ammerland: Studienkreis für
Tourismus und Entwicklung - Schriftenreihe für Tourismus und Entwicklung: 164 S.
BFN (BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ) [Hrsg.] (1997a): Biodiversität und Tourismus: Konflikte und Lösungsansätze an den Küsten der Weltmeere. - Berlin (Springer), 339 S.
BFN (BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ) [Hrsg.] (1997b): Auf dem Weg zu einem nachhaltigen Tourismus...
Wieviel Umwelt kostet uns das Reisen? – Bonn, 15 S.
BFN (BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ) (2002): Begriffe. Ökologischer Tourismus, Naturtourismus. – URL:
http://www.bfn.de/03/031402_iyeoeko.htm, 05.02.2004
BILDUNGSURLAUB DER DGB-JUGEND UND EXKURSION DES INSTITUTS FÜR LANDESPLANUNG UND
RAUMFORSCHUNG, UNIVERSITÄT HANNOVER (1996): Costa Rica: Öko-Tourismus und Naturschutz. –
Hannover.
117
Quellen und weiterführende Literatur
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BMU (BUNDESMINISTERIUM FÜR UMWELT, NATURSCHUTZ UND REAKTORSICHERHEIT) (1997): Auf dem
Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung. - Bonn, 90 S.
BMU (BUNDESMINISTERIUM FÜR UMWELT, NATURSCHUTZ UND REAKTORSICHERHEIT) (1998): Nachhaltige
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147 S.
BMU (BUNDESMINISTERIUM FÜR UMWELT, NATURSCHUTZ UND REAKTORSICHERHEIT) [Hrsg.] (2003): Die
Fibel zum Artenschutz. Referat Öffentlichkeitsarbeit des BMU. – Berlin
BMZ (BUNDESMINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFTLICHE ZUSAMMENARBEIT UND ENTWICKLUNG) (1995): Ökotourismus als Instrument des Naturschutzes? - Möglichkeiten zur Erhöhung der Attraktivität von Naturschutzvorhaben / Arbeitsgruppe Ökotourismus. Forschungsberichte des Bundesministeriums für
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BÖGEMANN-HAGEDORN, C. (1995): Ecotourism as a conservation instrument? Making conservation projects
more attractive. – In: ARBEITSGRUPPE ÖKOTOURISMUS DEUTSCHLAND/BUNDESMINISTERIUM FÜR
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for Economic Cooperation and Development, Germany. - München, Köln (Weltforum-Verlag) - Vol.
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WUNDERLICH, V., SALAS MANDUJANO, E. (1991): Abschlußbericht: Landnutzungskonflikte in der Peripherie: Auswirkungen der Agrarkolonisation in den indianischen Gebieten im Süden Costa Ricas. Berlin, 83 S.
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WWF (WORLD WIDE FUND FOR NATURE) (2001): Tourism. Position Statement. October 2001. WWF-UK. Cambridge
WWF (WORLD WIDE FUND FOR NATURE) (1993): Sustainable Use of Natural Resources: Concepts, Issues,
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Weitere empfehlenswerte Unterrichtsmaterialien:
DREYER, M. (2003): Tourismus zwischen Ökologie und Ökonomie. Urlaub im Griff der Reisekonzerne? In: Aktuelle Unterrichtsmaterialien. Politik betrifft uns. 5/2003. 30 S.
GISSER, B., FREI, M. (2002): Ferienträume – Lebensräume. Mitbestimmung und ökologische Gerechtigkeit
am Beispiel Tourismus. Arbeitskreis Tourismus & Entwicklung (Schweiz), respect (Österreich)
Tourism Watch (Deutschland). - Wien, Basel, Bonn.
INSTITUT FÜR INTEGRATIVEN TOURISMUS & FREIZEITFORSCHUNG [Hrsg.] (1997): Integrativer Tourismus.
Unterrichtsbehelfe & Umweltbildungsmaterialien. 217 S.
126
Filmvorschläge
5.2
Filmvorschläge
Thailand zu verkaufen, Deutschland 1994, Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung, 29 min (f).
Was kostet es, ein Land zu verkaufen? Um Hotelanlagen Platz zu schaffen und bauen zu können, werden
Dörfer verlegt, Wälder abgeholzt, Sümpfe trockengelegt und Berge abgetragen. Unmittelbare negative Auswirkungen sind Abfallprobleme, Wasserverschmutzung sowie Wasserknappheit in der Trockenzeit. Eine
Thailänderin beschreibt den Ausverkauf des Landes durch den Tourismus und die damit verbundenen Probleme für Mensch und Natur.
Als die Touristen kamen, Deutschland 2000, Bundeszentrale für politische Bildung, Reihe „Apropos“, 4
min (f).
In Gedichtform beleuchtet der malaysische Autor Cecil Rajendra kritisch den Tourismus in Entwicklungsländern. Entgegen hoffnungsvollen Versprechen der Politiker sieht die Realität des touristischen Entwicklung ganz anders aus.
Tourismus. Geschäft oder Entwicklung? Deutschland 1992, Institut für Film und Bild in Wissenschaft und
Unterricht (FWU), 19 min (f).
Westafrika. Durch die Zunahme der Touristenströme und die Entwicklung von Massentourismus erhofft sich
Sierra Leone einen wirtschaftlichen Aufschwung. Allerdings sind mit Tourismus nicht nur Deviseneinnahmen verbunden. Ausländische Investitionen sind u.a. für die Entwicklung von Telefon- und Straßennetz
notwendig. Die Frage ist auch, wie sich Tourismus auf unberührte Regionen auswirkt? Der wahrscheinliche
Entwicklungsweg wird am touristisch erschlossenen Gambia kritisch aufgezeigt. Touristen leben abgeschottet ohne das Land kennen zu lernen. Arm und reich prallen aufeinander. Ein wachsendes Interesse an Prostitution zeigt sich. Tourismus fördert das Betteln von Kindern und Gelegenheitsdiebstahl. Gewachsene soziale
Strukturen gehen verloren.
Touristen in Sri Lanka, Deutschland 1979, Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht
(FWU), 20 min (f).
Anhand von verschiedenen Beispielen wird das Verhalten der Touristen am Urlaubsort aufgezeigt. Oftmals
fehlt Einfühlungsvermögen und die Fähigkeit von Touristen in bestimmten Situationen sensibler und verantwortlicher zu reagieren. Am Beispiel eines Tempelbesuchs wird der fehlende Respekt gegenüber religiösem
Empfinden der Einheimischen dargestellt. Bettelnden Kindern Geld zu geben, kann dazu führen, dass diese
oftmals größere Einnahmen als ihre Eltern haben. Dies kann Schule schwänzen und den Verfall sozialer
Strukturen zur Folge haben.
Die Malediven - Luxusinsel „Banyan-Tree“, 2003, Sandra Maischberger und Vanessa Nöcker, NDR, 43
min (f).
Das All-inclusive-Hotel „Banyan-Tree“ wird mit seinen Vor- und Nachteilen für die Bevölkerung vorgestellt. Entfernt von der Familie findet der Mann Arbeit im Hotel. Einerseits ist er stolz auf seine Arbeit und
ein sicheres Gehalt zur Versorgung von Frau und Kindern. Andererseits lebt er die meiste Zeit des Jahres in
127
Filmvorschläge
einer Männergesellschaft der Hotelbediensteten weit weg und kehrt nur etwa drei mal im Jahr nach Hause.
Eine Entfremdung innerhalb der Familie ist unausweichlich. Dem Gast wird in jeder Hinsicht Luxus geboten. Trotz der wenigen Wasservorkommen ist der Wasserverbrauch für Wäscherei und Gäste immens hoch.
Um den Strand vor den Strömungen zu sichern, werden entweder Mauern errichtet oder der Sand mit Säcken
festgehalten. Die großen Müllmengen müssen täglich zerkleinert und zur staatlichen Mülldeponie transportiert werden. Zwar ist die Kost durch den internationalen Einfluss auch für die Einheimischen abwechslungsreicher, es darf allerdings nicht vergessen werden, dass alle Luxusgüter importiert werden müssen.
Müllkippe Sinai. Ein Naturparadies leidet am Tourismus. 1997, Reportage von Rainald Becker, SWR,
30 min (f)
Das Naturparadies leidet am Tourismus. Durch die übermäßige touristische Erschließung des Sinai drohen
der landschaftlich reizvollen Region schwerwiegende Umweltprobleme. Unkontrollierte Müllkippen verschmutzen das für die Beduinen lebensnotwendige Grundwasser sowie die Landschaft insgesamt. Durch die
fehlende Klärung von Gewässern verenden zahlreiche Zugvögel in regelrechten Kloaken. Kurzfristiger Profit
lockt – die Natur ist das Opfer. Bereits manche Touristen sind wegen der Verschmutzung und Müllproblematik derart abgeschreckt, dass sie nicht wiederkehren. Auch auf die ursprünglich nomadische Lebensweise
und die sozialen Strukturen der Beduinen wirkt sich der Tourismus und die darin sichtbare Konfrontation
von arm und reich aus. Gebräuche werden nur noch entfernt von den Touristenzentren gepflegt.
Die Filme - abgesehen der Filme zu den Malediven und zum Sinai, die gegen Lizenz- und Kopierkosten
beim Sender bestellt werden können - sind bei Stadt- und Landesbildstellen/Medienzentren auszuleihen,
siehe unter: URL: http://www.bildungsserver.de/zeigen.html?seite=525, 31.01.2004
128
Internet-Links
5.3
Linkliste der im Bereich nachhaltiger Tourismus tätigen Verbände, Organisationen
und Institutionen
International
Vereinte Nationen:
- UNEP (United Nations Environment Programme / Umweltprogramm der Vereinten Nationen),
Nairobi / Kenia
http://www.uneptie.org/pc/tourism/sust-tourism/about.htm
Mit seinem Tourismusprogramm beleuchtet UNEP die ökologischen, sozio-kulturellen und ökonomischen Folgen des Tourismus und die besondere Situation der Entwicklungsländer. Die „Principles on the
Implementation of Sustainable Tourism“ sind von UNEP entwickelt worden. Ein besonderes Informationsangebot zu nachhaltigem Tourismus führt zu den vielfältigen Aktivitäten und Materialien, die im
Rahmen der Arbeit der Vereinten Nationen im Bereich des Tourismus durchgeführt und erarbeitet wurden.
- UNECE (United Nations Economic Commission for Europe / Wirtschaftskommission der Vereinten
Nationen für Europa), Genf / Schweiz
http://www.unece.org/env/europe/
Der 3. Bericht zum „Umweltprogramm für Europa“ (Kiew, 2003) ist zur Zeit noch in Vorbereitung (unter
www.unece.org/env/europe/kiev sind die einzelnen Teile des Gutachtens bereits verfügbar) und enthält
einige wichtige länderbezogene Informationen zur Tourismuswirtschaft und den mit ihr verbundenen
Umweltwirkungen.
- CBD (Convention on Biological Diversity / Übereinkommen über die biologische Vielfalt), Montreal
/ Kanada
http://www.biodiv.org/programmes/socio-eco/tourism/
Das Übereinkommen über die biologische Vielfalt wurde auf dem Weltgipfel in Rio 1992 verabschiedete
und trat 1993 als völkerrechtlich verbindliches Abkommen in Kraft. Bis 2002 hatten 182 Mitgliedsstaaten
die Konvention ratifiziert. Im Rahmen der Konvention wurden internationale Richtlinien zu nachhaltiger
Tourismusentwicklung erarbeitet.
- CSD (United Nations Commission for Sustainable Development / Kommission für nachhaltige
Entwicklung der Vereinten Nationen), New York / USA
http://www.un.org/esa/sustdev/sdissues/tourism/tourism.htm
Die Kommission für nachhaltige Entwicklung ist für die Umsetzung der Agenda 21 sowie der weiteren
Ergebnisse des Weltgipfels von Rio de Janeiro (1992) für nachhaltige Entwicklung zuständig. Die Kommission veröffentlicht nationale Berichte zum Tourismus und stellt weitere Dokumente, Materialien und
weiterführende Links zum Thema nachhaltiger Tourismus zur Verfügung.
129
Internet-Links
Weltnaturschutzunion:
- IUCN - The World Conservation Union, Gland / Schweiz
http://www.iucn.org/themes/wcpa/theme/tourism/tourism.html
Die Weltnaturschutzunion ist eine zwischenstaatliche Organisation, die mehr als 70 Staaten, 100 Regierungsämter und 750 NGOs als Mitglieder hat. Über 10.000 international bekannte Wissenschaftler und
Experten aus über 180 Ländern arbeiten für die Union in sechs weltweit aktiven Kommissionen zu Themen wie Artenschutz, Umweltrecht und Umweltbildung, Naturschutzpolitik und Ökosystemmanagement. Seit mehr als 50 Jahren unterstützt die Weltnaturschutzunion die Schaffung internationaler Umweltabkommen, globaler Standards, wissenschaftlicher Erkenntnis und innovativer Konzepte. Die Weltkommission über Schutzgebiete verfügt über eine Task Force zu ‚Tourismus und Schutzgebiete’.
Tourismusverbände:
- TIES (The International Ecotourism Society / Internationale Gesellschaft für Öko-Tourismus),
Washington DC / USA
http://www.ecotourism.org/
TIES ist die bedeutendste internationale auf Öko-Tourismus spezialisierte gemeinnützige Organisation.
Sie entstand 1990 aus der amerikanischen, international orientierten Naturschutzbewegung und hat weltweite Mitgliedschaften von Einzelpersonen, Nichtregierungsorganisationen, Institutionen und Unternehmen. Ihr Ziel ist die Stärkung des Öko-Tourismus durch Öffentlichkeitsarbeit, die Entwicklung von Ausund Weiterbildungsprogrammen, den Aufbau eines internationalen Expertennetzwerkes, die Entwicklung
von Qualitätskriterien für Öko-Tourismus, sowie die Initiierung und Förderung von Modellprojekten.
TIES gibt einen Newsletter und verschiedene Planungs- und Handlungsanleitungen heraus.
- Tour Operators Initiative for Sustainable Tourism Development, Paris / Frankreich
http://www.toinitiative.org/
Die im Jahr 2000 von Dr. Klaus Töpfer (Leiter des Umweltprogramms der Vereinten Nationen, UNEP)
auf der Internationalen Tourismusbörse (ITB) in Berlin gestartete Initiative ist ein weltwieter Zusammenschluss von bislang 21 Reiseunternehmen (Stand: Jan. 2004), der auf deutscher Seite beispielsweise Studiosus und LTU angehören. Mit der Selbstverpflichtung ‚Statement of Commitment to Sustainable Tourism Development’ hat sich die Initiative eine nachhaltige Tourismusentwicklung und ein nachhaltiges
Tourismusmanagement zum Ziel gesetzt. Die Initiative verfügt neben mehreren thematischen Arbeitsgruppen über einen Vorstand, in dem 12 Vertreter aus den Reiseunternehmen und je ein Vertreter von
UNEP, der World Tourism Organization und der UNESCO sitzen.
- WTO (World Tourism Organization), Madrid / Spanien
http://www.world-tourism.org/
Die World Tourism Organization (WTO) ist die führende internatonale Organisation im Bereich von Reisen und Tourismus. Im Jahre 2003 hatte die WTO 141 Mitgliedsstaaten sowie ca. 350 weitere Mitglieder
aus dem Privatsektor, der Berufsbildung, Tourismusvereinigungen und lokalen Tourismusorganisationen.
Zu ihren Tätigkeitsfeldern gehören u.a. die Abstimmung weltwieter tourismuspolitischer Fragen, die För130
Internet-Links
derung nachhaltiger Tourismusformen, die Erhebung internationaler Statistiken, Veröffentlichungen zur
Aus- und Weiterbildung im Tourismussektor, die Tourismusentwicklung sowie die Durchführung von
Seminaren und Workshops. Die WTO hat einen „Global Code of Ethics for Tourism“ verabschiedet.
- WTTC (World Travel & Tourism Council), London / UK
http://www.wttc.org/
Der WTTC versteht sich als Forum für die weltweit führenden Unternehmen des Tourismussektors. Es
vertritt mehr als 100 Vorstände weltweit operierender Unternehmen. Ziel des WTTC ist es, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Branche in der Öffentlichkeit zu kommunizieren und mit Regierungen
zur vollen Ausschöpfung ökonomischer Wirkungen des Tourismus zusammenzuarbeiten. Der WTTC erarbeitet Marketingstrategien, berät in der Personalpolitik und gibt Empfehlungen zu Umweltbelangen
heraus. Analog zur Agenda 21 von Rio hat der WTTC eine Agenda der Reise- und Tourismusbranche erarbeitet und diese mit ‚best practice’-Beispielen unterlegt. Der WTTC bietet darüber hinaus praxisorientierte Beratung zu umweltfreundlichem Management und einen Bibliotheksdienst.
Europa
Europäische Union:
- EU-Kommission, Direktorat Unternehmenspolitik (General Unit D3 Tourismus) Brüssel / Belgien
http://europa.eu.int/comm/enterprise/services/tourism/index_en.htm
Die Arbeit des Direktorats Unternehmenspolitik der EU-Kommission versteht sich im Kontext der Bedeutung des Tourismus für Wachstum, Wohlstand und Arbeitsplatzsicherung. Seine Arbeit orientiert sich
an Zielen, die Qualitätssicherung, Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit im europäischen Tourismus
und seinen Unternehmen zum Gegenstand haben.
Tourismusverbände:
- akte (Arbeitskreis Tourismus und Entwicklung), Basel / Schweiz
http://www.akte.ch
akte will über die Probleme der Tourismusentwicklung, insbesondere auch in den Ländern des Südens,
informieren. Dabei ist die Solidarität mit benachteiligten Bevölkerungsgruppen oberstes Ziel. Er will dabei ferner die vielschichtigen Auswirkungen des Tourismus aus entwicklungspolitischer Sicht kritisch
hinterfragen und auch die Probleme des Tourismus in schweizerischen und europäischen Feriengebieten
vergleichend einbeziehen. Im kritischen Dialog mit Touristik-Unternehmen und Tourismus-Verantwortlichen sollen alle Maßnahmen unterstützt werden, die die negativen Auswirkungen des Tourismus verhindern und eine nachhaltige Entwicklung ermöglichen können.
131
Internet-Links
- Ecotrans, Saarbrücken/Deutschland
http://www.ecotrans.org
ECOTRANS ist ein europäisches Netzwerk von Experten und Organisationen aus den Bereichen Tourismus, Umwelt und regionale Entwicklung, die sich mit praktischen Ansätzen und Initiativen für einen
langfristig umweltverträglichen Tourismus engagieren.
- respect - Institut für Integrativen Tourismus & Entwicklung, Wien / Österreich
http://www.respect.at
respect ist Fach- und Servicestelle der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, die sich in dieser
Funktion besonders für einen verantwortungsvollen und nachhaltigen Tourismus in Entwicklungsländern
einsetzt. Zu seinen Arbeitsfeldern gehören Informations- und Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Tourismus
& Entwicklung; die Erarbeitung von Informationsmaterialien, das Angebot von Beratung und Expertise,
Kontakten und Know-How sowie Bildungsmaßnahmen und Forschungs- und Gutachtertätigkeit.
Costa Rica
Ministerien, Institutionen:
- MINAI (Ministerio del Ambiente y Energía), San José / Costa Rica
http://www.minae.go.cr/
Auf der Homepage des costaricanischen Umweltministeriums finden sich aktuelle Dokumente und Materialien zum Tourismus (Planung, Strategien, Gesetze) in Costa Rica.
- FODESTUR (Fomento al Desarrollo Sostenible mediante el Turismo), Managua / Nicaragua
http://www.fodestur.org.ni/
Gegenstand der Arbeit von FODESTUR ist die Unterstützung privater und staatlicher Akteure bei der regionalen Integration der nachhaltigen Tourismusentwicklung in Zentralamerika. Die Organisation unterstützt dabei nationale und regionale Institutionen mit dem Ziel, eine länderübergreifende Kooperation und
ein regionales Marketing zu fördern. Instrumente sind z.B. Zertifizierungen von Unternehmen im Hinblick auf ihre Umweltverträglichkeit.
- CST (Certification for Sustainable Tourism), San José / Costa Rica
http://www.turismo-sostenible.co.cr/EN/home.shtml
CST ist ein Programm zur Kategorisierung und Zertifizierung costaricanischer Tourismusunternehmen.
CST wurde vom Instituto Costaricense de Turismo, dem staatlichen Tourismusinstituts Costa Ricas, initiiert. Eine nationale Akkreditierungskommission überwacht die Vergabe der Zertifikate, die in fünf Kategorien eines eigenen Nachhaltigkeitskonzeptes unterschieden werden. Es werden im wesentlichen vier
Aspekte beurteilt: Auswirkungen auf Natur und Umwelt, Infrastruktur und Dienstleistungen der Unternehmen, Aufklärungsarbeit und sozio-ökonomische Interaktion.
132
Internet-Links
Deutschland
Ministerien, Bundesämter, Entwicklungszusammenarbeit, andere:
- BMZ (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung), Bonn
http://www.bmz.de/
Öko-Tourismus ist kein expliziter Arbeitsschwerpunkt des BMZ, allerdings bildet er faktisch einen
Schwerpunkt in der Entwicklungszusammenarbeit mit einigen Ländern Afrikas und Zentralamerikas.
- BMU (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit), Bonn
http://www.bmu.de/de/1024/js/sachthemen/tourismus/index_nachhaltig/
Das BMU stellt auf seiner Homepage ein umfangreiches Informationsangebot zu Tourismus im Allgemeinen und nachhaltigem Tourismus im Besonderen zur Verfügung.
- UBA (Umweltbundesamt), Berlin
http://umweltbundesamt.de/nachhaltiger-tourismus/index.htm
Das UBA ist die wissenschaftliche Umweltbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU). Das UBA hat 2002 eine umfassende Analyse zum
Thema „Nachhaltiger Tourismus“ veröffentlicht. Auf seiner Homepage stellt das UBA Richtlinien für
einzelne Bereiche des Tourismussektors zu einer nachhaltigen Gestaltung von (Fern)tourismus mit weiterführenden Links zur Verfügung.
- BfN (Bundesamt für Naturschutz), Bonn
http://www.bfn.de/03/031402.htm
Das BfN ist eine Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU). Das BfN setzt sich für eine naturverträgliche, nachhaltige Tourismusentwicklung ein. Im Mittelpunkt steht dabei die Überlegung, ökologisch sensible Gebiete so zu
schützen, dass sie langfristig erhalten werden können und Naturerlebnis trotzdem möglich bleibt. Das
BfN bietet auf seiner Homepage vielfältige Informationen, Materialien, Definitionen und weiterführende
Links zu den Themen ‚Tourismus’ und ‚Nachhaltiger Tourismus’ an.
- GTZ (Deutsche Gesellschaft für technische Zusammenarbeit GmbH), Eschborn
http://www.gtz.de/tourismus/index.html
Die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH ist ein weltweit tätiges Bundesunternehmen für internationale Zusammenarbeit. In mehr als 130 Ländern des Südens und Ostens realisiert die GTZ rund 2.700 Entwicklungsprojekte und -programme, vornehmlich im Auftrag der deutschen
Bundesregierung. Die GTZ setzt sich für einen "nachhaltigen Tourismus" in Entwicklungs- und Transformationsländern ein. Eine besondere Rolle spielen dabei die Zusammenarbeit mit Reiseveranstaltern
und Tourismusunternehmen in den Destinationen und der Aufbau von institutionellen, organisatorischen
Strukturen für die nachhaltige Entwicklung im Tourismus.
133
Internet-Links
- ded (Deutscher Entwicklungsdienst), Bonn
http://www.ded.de
Zielsetzung der Projekte des DED und seiner Partner im Bereich Tourismus und Entwicklung ist es, für
Menschen in Entwicklungsländern Arbeitsplätze und Einkommen zu schaffen und gleichzeitig zur Erhaltung der natürlichen Ressourcen beizutragen. Die "bereiste" Bevölkerung wird damit auf kommunaler
Ebene zum Akteur und direkten Nutznießer des Tourismus.
- Fachhochschule Eberswalde
http://www.fh-eberswalde.de/tour/
Der Studiengang "Nachhaltiger Tourismus" an der FH Eberswalde bildet zukunftsorientierte Tourismusmanager aus, die als Geschäftsführer in Tourismus- verbänden, Tourismusplaner in Schutzgebietsverwaltungen oder großen Unternehmen sowie als Consultants arbeiten. Das Curriculum und die Beschreibung der einzelnen Module auf der Homepage des Studiengangs bieten wertvolle Anhaltspunkte für die
Bearbeitung des Themas.
- NaturSportInfo
http://www.natursportinfo.de/
NaturSportInfo ist ein Informationssystem des Bundesamtes für Naturschutz, das Informationen zum
Thema Auswirkungen von Sport- und Freizeitaktivitäten auf die Tier- und Pflanzenwelt anbietet. Inhalte
sind Literaturzusammenfassungen, Informationen zu Sport- sowie Tierarten, Fallbeispiele zu Konfliktlösungen und weiterführende Links.
Tourismusverbände und Nichtregierungsorganisationen:
- DRV (Deutscher Reisebüro und Reiseveranstalter Verband), Berlin
http://www.drv.de/
Der DRV ist heute die größte Organisation von Reisebüros und Reiseveranstaltern in Deutschland. Zu
den 5.145 DRV-Mitgliedern im In- und Ausland gehören Reisebüros und Reiseveranstalter sowie beispielsweise Fluggesellschaften oder Hotels als assoziierte Mitglieder. Hinzu kommen fördernde Mitglieder wie zum Beispiel nationale Tourismusbüros oder Berufsschullehrer. Der DRV vertritt die Interessen
der Unternehmen der Reisebranche gegenüber Leistungsträgern sowie der deutschen, europäischen und
internationalen Politik. Er fördert u.a. Maßnahmen zum Bewahren einer intakten Umwelt sowie der kulturellen Vielfalt im Tourismus. Hierzu hat der DRV einen eigenen Ausschuss gebildet. Die Homepage des
Verbandes bietet regelmäßig erhobene Daten zum deutschen Reisemarkt, weiterführende Links und ein
Verzeichnis der vom DRV veröffentlichten Materialien.
- F.U.R. (Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e.V.), Kiel
http://www.fur.de/
Die Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen wurde gegründet, um branchenübergreifend und kontinuierlich Untersuchungen zum Reiseverhalten zu ermöglichen. Mit der Weiterführung der Reiseanalyse,
einer bevölkerungsrepräsentativen Befragung zur Erfassung und Beschreibung des Urlaubs- und Reise-
134
Internet-Links
verhaltens der Deutschen und ihrer Urlaubsmotive und -interessen, trat F.U.R die Nachfolge des Studienkreises für Tourismus an.
- FernWeh, iz3W - Informationszentrum Dritte Welt, Freiburg
http://www.iz3W.org
Seit über 30 Jahren publiziert das iz3w kritische Analysen zu Wirtschaft, Politik und Kultur mit Blick auf
die ungleichen Machtverhältnisse zwischen Industriestaaten und den Ländern der Dritten Welt. FernWeh
engagiert sich für eine kritische tourismuspolitische Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit.
- forum anders reisen, Freiburg
http://www.forum-anders-reisen.de
Das Forum ist ein Verband kleiner und mittelständischer Reiseveranstalter, deren Mitglieder eine Tourismusform anstreben, die langfristig ökologisch tragbar, wirtschaftlich machbar sowie ethisch und sozial
gerecht für ortsansässige Gemeinschaften sein soll (nachhaltiger Tourismus). Die weitere Verbesserung
und Verbreitung eines Reiseangebotes gemäß des Leitbild eines nachhaltigen Tourismus soll erreicht
werden durch: Kontrolle der Reisen unserer Mitglieder durch einen sich stetig weiterentwickelnden Kriterienkatalog; verstärkte Anreize für die Mitglieder sich zu engagieren; gezielte Mitglieder-Werbung; konkretes Leistungs-Paket für Mitglieder; Stärkung der Öffentlichkeitsarbeit; Entwicklung und Festigung der
Verbandsstrukturen.
- Forum Umwelt und Entwicklung, Bonn
http://www.forumue.de/themenundags/tourismus/index.html
Das Forum ist ein Zusammenschluss verschiedener deutscher Nichtregierungsorganisationen. Sein Ziel ist
es, der deutschen Öffentlichkeit den Zusammenhang zwischen Umwelt und Entwicklung zu verdeutlichen
und für eine Änderung der verschwenderischen Wirtschafts- und Lebensweise in den industrialisierten
Ländern einzutreten. Das Forum ist in thematische Arbeitskreise untergliedert, u.a. existiert auch der adhoc Arbeitskreis Tourismus.
- Gemeinsamer Arbeitskreis Tourismus und Ethnologie (GATE e.V.), Hamburg
http://www.gate-tourismus.de
Der Gemeinsame Arbeitskreis Tourismus und Ethnologie (GATE e.V.) setzt sich für eine nachhaltige
Tourismusentwicklung ein. Hierbei sollen insbesondere ethnologische Sichtweisen in der Tourismusbranche etabliert werden, um im Bereich des Tourismus zwischen Reisenden und Bereisten zu vermitteln.
- Studienkreis für Tourismus und Entwicklung, Ammerland
http://www.studienkreis.org/
Der Studienkreis für Tourismus und Entwicklung beschäftigt sich mit entwicklungsbezogener Informations- und Bildungsarbeit im Tourismus. In diesem Zusammenhang gibt er Publikationen heraus, führt internationale Wettbewerbe durch, veranstaltet Aus- und Fortbildungsseminare für im Tourismus Beschäftigte, ist in den Bereichen Tourismusforschung und -beratung tätig und beteiligt sich am Dialog über Fragen touristischer Entwicklung.
135
Internet-Links
- Tourism Watch (Informationsdienst Dritte-Welt-Tourismus des EED), Bonn
http://www.tourism-watch.de/wir/
Tourism Watch mit dem Online Informationsdienst Dritte-Welt-Tourismus engagiert sich in der Bildungs- und Solidaritätsarbeit im Bereich Dritte Welt-Tourismus und setzt sich für eine nachhaltige, sozial- und umweltverträgliche Tourismusentwicklung ein. Vor dem Hintergrund einer Vielzahl von negativen Auswirkungen des Tourismus wird die Gleichung "Tourismus = Entwicklung" kritisch in Frage gestellt. Man findet auf den Seiten von Tourism-Watch v.a. ausführliche Literaturhinweise und den vierteljährlichen Online Informationsdienst Dritte-Welt-Tourismus mit vielfältigen Informationen zum Thema.
- Turismovision, Stuttgart
http://www.turismovision.kate-stuttgart.org
Turismovision fördert die Diskussion und Umsetzung eines nachhaltigen Tourismus in Europa und Lateinamerika. Im Zentrum des Programms stehen der Dialog zwischen den Akteuren in Süd und Nord und
der gemeinsame Lernprozess. Hierzu wird ein Netzwerk entstehen zwischen europäischen Organisationen
und lokalen Bevölkerungsgruppen, indigenen Gemeinschaften und Nichtregierungsorganisationen in Lateinamerika, die vom Tourismus betroffen sind oder sich für einen umweltverträglichen und sozialverantwortlichen Tourismus in ihren Ländern einsetzen.
- ÖTE (Ökologischer Tourismus in Europa e.V.), Bonn
http://www.oete.de/
Der ÖTE ist eine überregional tätige Organisationen, die sich für einen umweltverträglichen und sozialverantwortlichen Tourismus engagiert. Öffentlichkeitsarbeit, die Beratung von Privatpersonen, Reiseveranstaltern, Fremdenverkehrsgemeinden und Beherbergungsbetrieben, die Initiierung und Förderungen
von Forschungsvorhaben sind die Tätigkeitsfelder des Vereins.
- Viabono, Berlin
http://www.viabono.de
Viabono - die Dachmarke für den nachhaltigen Tourismus in Deutschland.
Der Viabono Trägerverein e.V. leistet einen wirksamen Beitrag zur Förderung eines nachhaltigen Tourismus in Deutschland. Unter der Marke Viabono wird die Nachfrage nach umweltorientierten Reiseangebote gebündelt und verstärkt.
136
Anhang - Übersicht
Anhang
Übersicht über weitere verwendbare Materialien/Texte
Text zur Tropica Verde-Powerpointepräsentation
Material 1:
Definitionen im Wortlaut: Nachhaltiger und Natur-Tourismus
Material 2:
Definitionen im Wortlaut: Öko-Tourismus
Material 3:
Prinzipien und Charakteristika für nachhaltigen Tourismus bzw. Öko-Tourismus
Material 4:
Fallbeispiel Papagayo / Costa Rica
Material 5:
Naturschutz durch Naturgenuß?
Material 6:
Tourismus, Umwelt und nachhaltige Entwicklung
Material 7:
Die Touristen sind immer die anderen
Material 8:
Früher wollte ich Tourist werden...
Material 9:
Ökologische Wirkungen
Material 10:
Tourismuskritik im Wandel der Zeit
Material 11:
Mit gutem Gewissen zu den Armen reisen
Material 12:
Bhutan: Die Suche nach dem Königsweg
137
Powerpointpräsentation
Tropica Verde-Powerpointpräsentation zu nachhaltigem Tourismus
Bild 1: Karte von Costa Rica
Costa Rica liegt in Mittelamerika. Im Norden grenzt das Land an Nicaragua, im Süden an Panama.
Mit 51.100 km2 ist das Land etwas größer als Niedersachsen. Die maximale Ausdehnung beträgt
Nord-Süd 464 km und Ost-West 259 km. Eine Gebirgskette trennt das atlantisch-karibische von der
pazifischen Tieflandregion. Das Klima ist tropisch und ist durch geringe jahreszeitliche Temperaturschwankungen gekennzeichnet. Die Vegetation des Landes ist besonders vielfältig und lässt sich
grob in Tieflandregenwälder, tropische Trockenwälder und Bergregenwälder unterscheiden. An
den Küstenregionen stocken Mangroven. Oberhalb der Baumgrenze, in der Gipfelregion der hohen
Berge und Vulkane, ist Paramovegetation zu finden, ein Vegetationstyp, der von Buschvegetation
und Hochmooren bestimmt ist.
Bild 2: Blick in eine Bananenplantage
Etwa 4 Mio. Menschen leben in Costa Rica, die meisten im sogenannten Valle Central um die
Hauptstadt San José. Tourismus ist ein bedeutender Wirtschaftszweig in Costa Rica. Außerdem
lebt das Land von der Textilindustrie, Kaffee, Bananen und tropische Früchte.
Bild 3: Rinderherde
In den vergangenen Jahrzehnten war die Fleischproduktion ebenfalls ein großer Wirtschaftszweig
in Costa Rica. Die Zunahme der Viehweiden hatte allerdings unmittelbare Folgen für die Natur.
Bild 4: Rind vor gerodeter Fläche
Folgen der intensiven Viehhaltung waren die Rodung von Wald zur Gewinnung von Weideflächen.
Damit war nicht nur Lebensraum von Tieren und Pflanzen zerstört, sondern auch die ökologischen
Funktionen des Waldes gingen verloren, und zwar die Wasserspeicherfähigkeit der Bäume und der
Bodenschutz durch den Wald.
Bild 5: Blick auf erodierten Hang
Erosion ist eine Folge der Abholzung. Diese wird durch den Viehtritt verstärkt.
Bild 6: Blick auf Viehweiden im Nordwesten Costa Ricas (Nicoya Halbinsel)
Nur noch wenige Bäume stehen am Rande der Weiden. Man sieht nur noch abgeholzte Flächen und
Hügel.
Bild 7: Blick auf Waldschutzgebiet Monte Alto im Nordwesten Costa Ricas
Durch die dramatische Abholzung und der dadurch fehlenden Wasserspeicherfähigkeit von Bäumen ist der Fluss Rio Nosara im Quellgebiet versiegt. Erst die existenzbedrohende Situation nicht
gesicherter Wasserressourcen hat die lokale Bevölkerung aufschreien lassen. Die Naturschutzstiftung Monte Alto ist gegründet worden. Diese hat ein Waldschutzgebiet ausgewiesen, um die restlichen Waldflächen zu sichern und sukzessive ehemalige Weideflächen wieder zu bewalden.
138
Powerpointpräsentation
Bild 8: Aufforstungsmaßnahme
Die Aufforstungsmaßnahmen werden oftmals in Zusammenarbeit mit örtlichen Schulen durchgeführt, um umweltbildnerische Aspekte zu berücksichtigen. Naturschutzarbeit ist dann erfolgreich,
wenn sie von der Bevölkerung getragen wird.
Bild 9: Aufgeforsteter Baum nach zwei Jahren mit lokalem Mitarbeiter Miguel Mendez-Garcia
Bild 10: Sekundärwald nach sechs Jahren
Nach sechs Jahren zeigt die Aufforstungsfläche wieder eine Waldstruktur. In etwa 20 Jahren ist ein
reifer Sekundärwald zu erwarten, der sich nur vom Kenner vom ursprünglichen Urwald (Primärwald) unterscheiden lässt.
Bild 11: Blick auf Ökoherberge von Monte Alto
Mitten im Schutzgebiet ist eine Ökoherberge errichtet worden. Mehrere Kilometer entfernt von der
nächsten Ortschaft kann man hier mitten in der Natur übernachten. Die Herberge bietet Platz für
Gruppen im offenen oberen Schlafraum und verfügt über vier weitere Doppelzimmer sowie bislang
einen Bungalow. Ein kleiner Infopavillon und Wanderwege bieten eine touristische Infrastruktur.
Durch die Herberge bestreitet die Naturschutzstiftung ein Drittel ihrer gesamten Einnahmen. Damit
trägt diese Form des Öko-Tourismus entscheidend zur Finanzierung der Naturschutzarbeit – dem
Schutz des Waldes und dessen Regeneration – bei. Gäste kommen sowohl aus Costa Rica als auch
aus anderen Ländern, u.a. auch über den Anbieter avenTOURa aus Deutschland.
Bild 12, Morgendlicher Blick von der Ökoherberge. Ein Erlebnis ist es von den Brüllaffen und den
13:
Morgengeräuschen des Waldes geweckt zu werden.
Bild 14: Blick von der Ökoherberge in den Wald
Bild 15: Orchidee
Ziel ist neben der Sicherung des Wasserhaushaltes der Schutz von Tieren und Pflanzen. Hier eine
Orchidee vom „Orchid Trail“.
Bild 16: Köchin Cecilia
Verköstigt wird man mit heimischen Gerichten von der Köchin Cecilia.
Bild 17: Karte Biologischer Korridor Costa Rica
Costa Rica arbeitet im internationalen Verbund an der Entwicklung eines Mesoamerikanischen
Biologischen Korridors. Ziel dieses Korridors ist die Vernetzung von Waldflächen, um so wandernden Tieren und Pflanzen einen ausreichend großen Lebensraum in der fragmentierten Landschaft zu bieten.
Nun gehen wir von der Halbinsel im Nordwesten Costa Ricas in die karibische Grenzregion von
Panama (Südosten von Costa Rica).
139
Powerpointpräsentation
Bild 18: Logo der Kleinbauernkooperative und Umweltgruppe ASACODE
Bild 19: Mischkultur von ASACODE
Die Kleinbauernkooperative und Umweltgruppe ASACODE hält den Naturschutzgedanken hoch.
Sie versuchen ihre landwirtschaftlichen Produkte umweltverträglich in Mischkultur zu erzeugen.
Außerdem besitzt jedes Mitglied von ASACODE Wald, der gemeinsam geschützt wird.
Bild 20: CASACODE
Inmitten des Waldes hat ASACODE eine Ökoherberge errichtet, die CASACODE. Die einfache
Herberge bietet insbesondere Gruppen und Schulklassen eine Unterkunft. Touristische Angebote
sind: geführte Wanderungen durch den Wald, Besuch von Kleinbauernbetrieben, Besuch einer Bananenplantage, Strandtag (Strand ist in der Nähe), Besuch einer indigenen Gemeinschaft.
Bild 21: Mitglied von ASACODE und Köchin Olga
Mithilfe von Solarenergie bereitet die Köchin Olga die heimische Kost für die Besucher zu.
Bild 22: Waldbild
Der Schutz des Waldes kann nur erfolgen, wenn er einen gewissen Mehrwert für die Menschen
bringt. Durch die Errichtung einer Herberge ist dies möglich. Durch die Bereitstellung von Kost
und Logis bestreiten die Mitglieder von ASACODE über ein Viertel ihrer Einnahmen.
Bild 23: Baumbild
Das Ziel, den Wald zu erhalten, erreicht ASACODE durch seine nachhaltige touristische Nutzung.
Bild 24: Nasenbär
Nur durch den Erhalt des Waldes ist ein Überleben der darin lebenden Tieren und Pflanzen möglich.
Bild 25: Lederschildkröte
In unmittelbarer Nähe befindet sich ein weiteres Artenschutzprojekt von Tropica Verde. Tropica
Verde unterstützt die Partnerorganisation ANAI beim Meeresschildkrötenschutzprojekt. Das Bild
zeigt eine Lederschildkröte, die mit durchschnittlich 1,80 Meter Länge und 500 Kilo Gewicht
weltweit größte Meeresschildkröte.
Bild 26: Meeresschildkröte im Fischernetz
Meeresschildkröten sind vom Aussterben bedroht. Vor allem Fischerei und die Zerstörung und
Verschmutzung ihres Lebensraumes sind Ursachen für die Bedrohung der urtümlichen Meeresreptilien. Zahlreiche Meeresschildkröten geraten nur als Beifang in die Netze und müssen meist
qualvoll sterben.
140
Powerpointpräsentation
Bild 27: Strand mit Treibholz
Ein Problem stellt auch die Abholzung an den Flussoberläufen dar. Treibholz wird über die Flüsse
ins Meer und an die Strände geschwemmt. Hier ist es den Tieren unmöglich an höhere Abschnitte
des Strandes zur Eiablage zu gelangen. Meeresschildkröten kommen nach dem Erlangen ihrer Geschlechtsreife für die Eiablage an den Strand ihrer Geburt zurück.
Bild 28: Wilderer
An der karibischen Küste Costa Ricas sind die Lederschildkröten vor allem durch die Wilderei von
Eigelegen bedroht.
Bild 29: Verkauf von Schildkröteneiern
Der Verkauf von Eiern bringt den Menschen Geld – ein lukrativer Nebenerwerb.
Bild 30: Schildkrötenei wird in einer Bar getrunken
Des weiteren werden die Eier gegessen – also kostenlose Nahrung für die Bevölkerung – oder
getrunken (hier: in einer Bar). Man sagt ihnen aphrodisierende Wirkungen nach.
Bild 31: Volontäre und Lederschildkröte am Tag
Um die Meeresschildkröten zu retten hat die costaricanische Partnerorganisation ANAI 1986 ein
Schutzprojekt ins Leben gerufen. Mit Hilfe von Volontären aus der ganzen Welt werden Nacht für
Nacht in der Saison von März bis Juli die Strände von Gandoca, einem Ort ganz in der Nähe der
panamesischen Grenze, bewacht und patrouilliert.
Bild 32: Lederschildkröte und Volontäre nachts
Nachdem eine Lederschildkröte die Eiablage begonnen hat, wird sie von Volontären unter der
Anleitung lokaler Mitarbeiter biometrisch vermessen. Die Daten fließen in ein internationales
Managementsystem zum Schutz der Tiere ein. Ist das Nest zu nah am Wasser gelegen oder besteht
die Gefahr, dass es gewildert wird, werden die Eier in eine Strandaufzuchtstation gebracht.
Bild 33: Strandaufzuchtstation
Unter 24stündiger Bewachung können hier die Schildkröten schlüpfen.
Bild 34: Junge Meersschildkröten auf dem Weg ins Meer
Nun können die jungen Schildkröten sicher ins Meer gelangen und ihre langen Wege durch die
Meere beginnen.
Bild 35: Blick auf Bungalows für Volontäre
Die Bevölkerung von Gandoca verdient nun nicht mehr an den Eiern, sondern bietet gegen Bezahlung Kost und Logis für die Volontäre an. Etwa 400 Volontäre kommen jährlich und zahlen etwa
15 USD für Vollpension. Ein weiteres Wachstum ist potenziell möglich. Damit eröffnet sich für die
Menschen von Gandoca eine sehr attraktive alternative Einkommensquelle. Sie erzielen nicht nur
einen besonders großen Gewinn durch die Volontäre – in der Bevölkerung findet ein Umdenken
141
Powerpointpräsentation
statt. Ehemalige Eiwilderer werden nun Naturschützer. Die Menschen beginnen zu verstehen, dass
sie durch eine nachhaltige – touristische – Nutzung der Schildkröten eine bessere Lebensgrundlage
besitzen als durch deren Raubbau. Abgesehen von der Unterbringung der Volontäre gibt es lokale
Angestellte. Kunsthandwerk wird vor Ort entwickelt und zunehmend mehr Reiseleiter werden für
die ökotouristische Erschließung der Umgebung ausgebildet.
Bild 36: Lederschildkröte auf dem Weg ins Meer
Damit ist das Projekt nicht nur für die Menschen von großem Wert. Da Lederschildkröten nach 914 Jahren geschlechtsreif werden, kann man bereits heute den Erfolg des seit 1986 bestehenden
Projektes messen. Nicht nur die Wilderei hat von etwa 100% auf etwa 2-4% abgenommen – die
Population der Meeresschildkröten ist deutlich angestiegen (um etwa 13%). Damit zählt Gandoca
zu den wenigen Stränden weltweit, die einen Aufwärtstrend zu verzeichnen haben.
Weitere Informationen zur Landeskunde und zu den Projekten siehe Kapitel 4.5 und Arbeitsblätter 13 – 15.
 Bildrechte: Tropica Verde und ANAI. Alle Rechte vorbehalten. Verwendung und Abdruck nur mit
Genehmigung und Nennung der Bildautoren. Anfragen: siehe Impressum.
142
Material 1
Definitionen im Wortlaut: Nachhaltiger und Natur-Tourismus
„Nachhaltiger Tourismus ist von den Grundsätzen der Erklärung von Rio über
Umwelt und Entwicklung und den Empfehlungen der Agenda 21 geleitet. Er muss
soziale, kulturelle, ökologische und wirtschaftliche Verträglichkeitskriterien erfüllen.
Nachhaltiger Tourismus ist langfristig, d.h. in Bezug auf heutige wie auf zukünftige
Generationen, ethisch und sozial gerecht und kulturell angepasst, ökologisch tragfähig sowie wirtschaftlich sinnvoll und ergiebig.“
(FORUM UMWELT UND ENTWICKLUNG, ARBEITSKREIS TOURISMUS 1999)
„Nachhaltiger Tourismus erfüllt soziale, kulturelle, ökologische und wirtschaftliche Verträglichkeitskriterien. Er ist sozial gerecht, kulturell angepasst, ökologisch
tragfähig und insbesondere für die ortsansässige Bevölkerung wirtschaftlich sinnvoll
und ergiebig.“
(GTZ 2001)
“WWF believes that ‘sustainable tourism’ is currently an unachievable ideal, not
least because of the significant contribution that air travel makes to climate change.
It is therefore more useful to think about ‘responsible tourism’ within the context of
a wider sustainable development strategy.
Responsible tourism is tourism that satisfies tourists, maintains or enhances the
destination environment, and benefits destination residents.“
(WWF 2001)
„Bei Naturtourismus handelt es sich um ein spezielles Nachfragesegment, das
sich dadurch auszeichnet, dass naturbezogene Aktivitäten in attraktiven naturnahen
Landschaften, bevorzugt in Schutzgebieten, ausgeübt werden. Das Spektrum reicht
vom Wissenschaftstourismus über Tierbeobachtung und Naturfotografie bis hin zu
konsumtiven Aktivitäten (Fischen und Jagen) sowie Sport- und Abenteuertourismus.“
(BMZ 1995)
„Natur-Tourismus ist eine Form des Reisens, bei dem das Erleben von Natur im
Mittelpunkt steht. Dabei ist Natur-Tourismus nicht notwendigerweise eine nachhaltige Form von Tourismus, sondern hier steht lediglich das Motiv der Naturerfahrung
im Vordergrund. Der Begriff dient lediglich dazu, ein bestimmtes Marktsegment in
der Tourismusbranche zu beschreiben.“
(HÄUSLER/STRASDAS 2002)
143
Material 2
Definitionen im Wortlaut: Öko-Tourismus
“Ecotourism is environmentally responsible travel and visitation to relatively undisturbed natural areas, in order to enjoy, study and appreciate nature (and any
accompanying cultural features, both past and present), that promotes conservation, has low visitor impact, and provides for beneficially active socio-economic involvement of local populations.“
(CEBALLOS-LASCURAIN/IUCN 1993)
„Öko-Tourismus ist eine Form verantwortungsbewussten Reisens in naturnahe
Gebiete, die negative Umweltauswirkungen und sozio-kulturelle Veränderungen zu
minimieren sucht, zur Finanzierung von Schutzgebieten beiträgt und Einkommensmöglichkeiten für die lokale Bevölkerung schafft.“
(BMZ 1995)
“Ecotourism is practised in relatively undisturbed natural areas, for the main purpose of admiring and learning more about them.“
(WTO 2000)
"Öko-Tourismus ist nachhaltiger Tourismus in sensiblen Gebieten; er trägt zur
Finanzierung des Schutzes der Natur bei.“
(GTZ 2001)
„Öko-Tourismus ist eine Form verantwortungsbewussten Reisens in naturnahe
Gebiete, bei dem das Erleben von Natur im Mittelpunkt steht. Öko-Tourismus minimiert negative ökologische und sozio-kulturelle Auswirkungen, trägt zur Finanzierung von Schutzgebieten oder Naturschutzmaßnahmen bei und schafft Einkommensmöglichkeiten für die lokale Bevölkerung. Indirekt soll Öko-Tourismus die
Naturschutzakzeptanz relevanter gesellschaftlicher Akteure erhöhen.“
(STRASDAS 2001)
“Ecotourism should be seen as a subset of responsible tourism and can be
described as tourism to natural areas that is determined by, and benefits, local
communities and the environment.“
(WWF 2001)
„Als Idealform, (...), sollte es sich bei "Ökotourismus" um eine auf naturnahe Gebiete ausgerichtete, ökologisch verträgliche, Naturerlebnis bietende und Naturverständnis fördernde Reiseform handeln, die zudem zur Erhaltung von Natur und
Kultur beiträgt und dabei noch wirtschaftlich sinnvoll und vorteilhaft für die lokale
Bevölkerung ist.“
(BFN 2002)
144
Material 3
Prinzipien und Charakteristika für nachhaltigen Tourismus bzw. ÖkoTourismus
7 Charakteristika für Öko-Tourismus (HONEY 1999):
Ø Öko-Tourismus umfasst Reisen in attraktive naturnahe Landschaften, bevorzugt in
Schutzgebieten.
Ø Öko-Tourismus ist bestrebt, seine Umweltfolgen zu minimieren.
Ø Öko-Tourismus fördert Umweltbewusstsein.
Ø Öko-Tourismus stellt direkt finanzielle Mittel für den Naturschutz bereit.
Ø Öko-Tourismus bietet finanzielle Vorteile für und überträgt Verantwortung auf lokale
Gemeinschaften.
Ø Öko-Tourismus respektiert lokale Kultur.
Ø Öko-Tourismus unterstützt die Einhaltung der Menschenrechte und demokratische
Bewegungen.
WWF-Prinzipien für nachhaltigen Tourismus (WWF 2001):
Ø Tourismus sollte in ein Konzept zur nachhaltigen Entwicklung eingebettet sein und
Naturschutz unterstützen
Ø Tourismus sollte die natürlichen Ressourcen auf nachhaltige Weise nutzen
Ø Tourismus sollte nicht-nachhaltigen Verbrauch vermeiden sowie Verschmutzung und
Abfall minimieren
Ø Tourismus sollte lokale Kulturen respektieren und finanzielle Vorteile und Chancen für
lokale Gemeinschaften bieten
Ø Tourismus sollte informativ und erzieherisch sein
145
Material 4
Fallbeispiel Papagayo / Costa Rica
Trotz seiner umweltpolitischen Präferenzen
gab Präsident Figueres Mitte der 90er Jahre
grünes Licht für das 3 Mrd. US$ schwere
Papagayo-Projekt, dem größten Tourismusressort in Zentralamerika. Papagayo soll so
etwas wie das Cancún Costa Ricas werden:
Ein gigantischer konventioneller RessortKomplex, der an den 17 Stränden entlang
des Golfes von Papagayo errichtet werden
sollte. Die Pläne umfassen Ferienhäuser,
Eigentumswohnungen,
Einkaufszentren,
Hotels, Restaurants, zwei Golfplätze, einen
Poloplatz und mehreren Yachthäfen. Nach
dem Abschluss aller drei Bauphasen wird
das Ressort über 25.000-30.000 Zimmer,
das sind doppelt so viel Zimmer, über die
Costa Rica 1994 insgesamt verfügte. Der
Hauptinvestor für das Vorhaben war die
Gruppe Situr, eine großes mexikanisches
Entwicklungsunternehmen für Hotelressorts,
das auch an der touristischen Entwicklung
von Cancún beteiligt war. Eine neue, komfortable Schnellstraße nach amerikanischem
Vorbild führt kilometerweit durch trockene,
übernutzte Rinderweiden und karge Landschaften und windet sich dann herunter zur
Küste Richtung Siturs erstem, stuckverziertem Hotelkomplex namens „Caribbean Village“, der allerdings am pazifischen Ozean
liegt. Ebenso unpassend wirkt das große
Schild mit der Aufschrift „Ecodesarollo Papagayo“ (Ökoentwicklung Papagayo), dem
Namen von Siturs costaricanischer Tochterfirma.
gige Steuererleichterungen und ungewöhnlich große Grundstücke, die sogar vorgelagerte Inseln umfassen, die als Schutzgebiete
ausgewiesen waren. Das ICT (Instituto
Costarricense de Turismo, costaricanisches
Tourismusinstitut) sagte die Errichtung der
notwendigen Infrastruktur (Straßen, Elektrizitäts- und Wasserversorgung) zu und genehmigte den Beginn der Bauarbeiten, bevor der Entwicklungsplan der Regierung
überhaupt abgeschlossen und genehmigt
war.
Sehr bald äußerten die lokalen Gemeindevertreter, Wissenschaftler, Umweltschützer und
der von der Regierung neu eingerichtete Ombudsmann ihre Bedenken gegen das Projekt.
Situr wurde beschuldigt, Bäume abzuholzen,
einen Mangrovensumpf abzubaggern, Straßen
ohne Genehmigung zu bauen und innerhalb
der 50-Meter-Hochwasserzone zu bauen.
Papagayo wurde just in dem Moment auf den
Weg gebracht, als diese Art von Hotelkomplex
weltweit verworfen wurden und sich Costa
Rica begann als weltweit führender Anbieter
für Öko-Tourismusdestinationen zu vermarkten. Selbst als Mega-Ressort ist Papagayo
problematisch: Es gibt sehr starke ablandige
Winde, die Strände sind relativ schmal und
der Meeresboden fällt schnell ab.
Kurz nach seiner Amtseinführung im Mai 1994
ließ Präsident Figueres eine gründliche Überprüfung des Projektes durchführen. Mitte
1995 schließlich, nachdem eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden war,
die rechtliche Basis überprüft und ein verbindlicher Masterplan verabschiedet worden war,
der eine maximale Höhe der Gebäude auf drei
Stockwerke festlegte und die Anlage von
Grünflächen vorsah, verkündete die Regierung
die Fortsetzung des Projektes. Der amtierende
Tourismusminister unter Figueres, Carlos
Roesch, erklärte, dass „es im nationalen Interesse sinnvoller war, alles zu tun, um das
Projekt zu retten als es abzubrechen.“, weil
der Abbruch „katastrophale Effekte“ gehabt
hätte. Mit anderen Worten: Papagayo war
bereits zu weit fortgeschritten als dass es
noch hätte gestoppt werden können.
Das Papagayo-Projekt wurde zum ersten Mal
in den 60er Jahren diskutiert, als Sonneund Sand-Ressorts noch als geeignete Entwicklungsstrategien angesehen wurden. Es
ist deshalb einzigartig, weil Costa Rica selbst
das benötigte Land erwarb, anschließend
per Gesetz zur Tourismusentwicklung bestimmte und sich dann auf die Suche nach
geeigneten Investoren machte. Aber die
regionalen kriegerischen Auseinandersetzungen und wirtschaftliche Unwägbarkeiten
verzögerten das Projekt bis Anfang der 90er
Jahre, als Luis Manuel Chacón, Tourismusminister unter Figueres Vorgänger Rafael
Angel Calderón Fournier den Handel mit
Situr abschloss. Der Investor erhielt einen
ungewöhnlich langen Pachtvertrag über 49
Jahre (üblich sind zwanzig Jahre), großzü-
Ebenso wenig zu stoppen zu sein scheint die
gesamte Art und Weise der Entwicklung
146
Material 4
entlang der costaricanischen Küsten. In einer detaillierten Untersuchung zu den
Eigentumsverhältnissen der Hotels entlang
der costaricanischen Pazifikküste von 1996
wurde festgestellt, dass 57% der Hotels in
ausländischer Hand waren. Am stärksten
sind ausländische Investoren an den touristischen „Sahnestränden“ vertreten, wogegen
die Einrichtungen in costaricanischer Hand
sich in den am wenigsten besuchten Lagen
befinden.
destens fünf Jahre ununterbrochen im Land
gelebt haben. Ausländische Firmen oder
Unternehmen in ausländischer Hand sind
nicht berechtigt, Anträge zu stellen. Viele
Ausländer umgehen diese Regelung, indem
sie costaricanische Strohmänner vorschicken.
Die Auseinandersetzungen um das Papagayo-Projekt haben trotz der Rückschläge
für den Öko-Tourismus die costaricanische
Umweltbewegung gestärkt und die gesellschaftliche Debatte um Mega-Projekte versus angepasster Entwicklung befördert. In
der Folge dieser Debatte modifizierte das
ICT seine Bestimmungen dahingehend, dass
auch kleinere touristische Einrichtungen in
den Genuss von steuerlichen Vorteilen und
Subventionen kommen können. Um einen
derartigen Antrag allerdings stellen zu können, braucht man einen Tourismusvertrag,
und um diesen Vertrag zu bekommen,
braucht man einen Berater und aktuelle
Machbarkeitsstudien. All das ist nur großen
Unternehmen möglich. Die Großen bekommen die Steuererleichterungen, und die
Krümel vom Kuchen bekommen die kleinen,
lokalen Unternehmer.
Die meisten Strandressorts in Costa Rica
reklamieren auch gar nicht das Label „ÖkoTourismus“ für sich. Viele wurden ja auch
unter Verletzung der 200-Meter-Meeresschutzzone errichtet, die entlang der Küste
verläuft und zur Kontrolle küstennaher
Bautätigkeiten dienen soll. Die Schutzzone
ist in die bereits angesprochene 50-MeterHochwasserzone, in der jegliche Bautätigkeit
untersagt ist, und in eine verbleibende 150Meter-Schutzzone unterteilt, in der Land von
den lokalen Behörden gepachtet werden
kann, solange die entsprechenden Regelungen bezüglich Steuer, Eigentumsrechten etc.
befolgt werden. Ausländer bspw. können
innerhalb dieser Zone überhaupt keine Konzessionen erhalten, solange sie nicht min-
Quelle:
HONEY, M. (1999): Ecotourism and Sustainable Development - Who Owns Paradise? - Washington, D.C. (Island Press)
405 S.
147
Material 5
Naturschutz durch Naturgenuß?
Naturschutz hat etwas zu tun mit Bewahren, nächster Generationen, Gemeinschaftswohl, leise
Auftreten, selbstlos sein, Achten jeder Kreatur, Minimieren menschlichen Einflusses, Ressourcenschutz, Ethik, sich zurücknehmen. Tourismus hat etwas zu tun mit Konsum, Schnelligkeit,
genießen, prassen, Gier, Selbstverwirklichung, Egozentrik, Eigenregie. Naturschutz und Tourismus sind also konträr und behindern einander? Nein, Naturschutz und Tourismus haben
auch beide etwas zu tun mit Neugierde, Sehnsüchten, Träumen, Geld, Management von Räumen, und es gibt einen kleinen Überschneidungsbereich, in dem Naturschutz und Tourismus
zusammenwirken. Im „Ökotourismus“ geht es um Naturgenuß und Erleben naturnaher Räume,
dabei aber auch um Unterstützung von Naturschutzvorhaben und Entstehen neuer Wirtschaftsmöglichkeiten für die Bevölkerung im Zielgebiet, damit diese den Tourismus mitgestaltet und den Naturschutz unterstützt. Dabei soll das Reisen in umweltverträglicher Art geschehen. Der Pfad zum Naturschutz durch Naturgenuß ist schmal und oft führt er nicht zum Ziel.
Die meisten der Tourismusformen sind wenig umweltschonend, auch wenn sie auf attraktive
Szenerien gerichtet sind. Dieser „Naturtourismus“ zeigt neben positiven auch negative Auswirkungen.
Quelle:
ELLENBERG, L. (2002a): Reisen in tropische Wälder - Schmaler Pfad zum Naturschutz durch Naturgenuß. - In:
KARRASCH, H., GAMERITH, W., SCHWAN, T., SACHS, K., WALTER, A. [Hrsg.]: Ferntourismus: Potentiale, Konflikte,
Nachhaltigkeitsanspruch. (=HGG-Journal 17). – Heidelberg, S. 31-44
148
Material 6
Tourismus, Umwelt und nachhaltige Entwicklung
Eine intakte, natürliche, bauliche und soziale
Umwelt ist die Grundlage des Fremdenverkehrs. Ein nicht gestörter Naturhaushalt, „ursprüngliche“ Landschaften, eine große und
artenreiche Fauna und Flora sind für viele
Länder touristische Attraktionen, die aber
weltweit zunehmend gefährdet werden durch
1. unabhängig vom Fremdenverkehr sich
vollziehende Prozesse und die damit verknüpfte Nutzung dieser Ressourcen: Bevölkerungswachstum, Industrialisierung
und Verstädterung mit der Folge steigender
Belastungen
und
wachsenden
Verbrauchs knapper Umweltgüter wie
Land, Wasser, Böden usw.;
2. eine der Tragfähigkeit und Fragilität vieler
Ökosysteme nicht angepasste Fehl- oder
Überbenutzung der Ressourcen durch den
Tourismus selbst.
nias. Zusätzlich zu den zahlreichen Tagesbesuchern belasten die Ver- und Entsorgung der
Lodges und Campingplätze, die in den See gespülten Rückstünde der relativ intensiven
Landwirtschaft bis unmittelbar an den Parkgrenzen, vor allem aber die schnellwachsende
Stadt Nakeru (1979: 92.851 Einwohner;
1989: 163.982 Einwohner) das Ökosystem
des abflusslosen Sees extrem, obwohl neue
leistungsfähige Kläranlagen den Druck hinsichtlich der städtischen Abwässer gemildert
haben.
Mangelhafte oder gänzlich fehlende Abwasserund Abfallentsorgung ist typisch für viele Touristenzentren, die sich zudem häufig ungeplant, unkontrolliert, ohne Beachtung von
Bauvorschriften entfaltet haben. Typische Beispiele sind etwa die thailändischen Fremdenverkehrszentren und Seebäder Pattaya und
Ko Samuoi, wo sich heute infolge dieses unkontrollierten Wachstums massive Umweltdegradationen zeigen, wie insbesondere die
auch für Mittelmeerküsten charakteristische
Zerstörung des Landschaftsbildes.
Beide Faktorenbündel können eine Beeinträchtigung oder gar Zerstörung der touristischen Attraktionen bewirken. Soll der Tourismus einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung eines Landes leisten, so gilt es, die für
ihn wichtigen Ressourcen so zu sichern, dass
sie langfristig, d.h. in ähnlicher Qualität und
Quantität auch späteren Generationen noch
zur Verfügung stehen, touristisch genutzt werden können. Die Umweltsicherung, dem Natur-, Landschafts- und Artenschutz kommt
auch aus übergreifenden ökologischen, ethischen und kulturellen Gründen ein Eigenwert
zu; die intakte Umwelt ist nicht nur eine Voraussetzung für den Tourismus und für seinen
wirtschaftlichen Nutzen, sondern häufig sogar
umgekehrt kann der Fremdenverkehr - wie in
mehr und mehr Ländern deutlich wird - sogar
das Instrument der Ressourcensicherung sein.
In wirtschaftlicher Hinsicht legitimieren häufig
erst die touristischen Einnahmen den Umweltschutz, die Verhinderung oder Minimierung
der Nutzung touristischer Ressourcen auch
durch andere Wirtschaftszweige.
Die Müllentsorgung stößt vor allem auf kleinen
Inseln schnell an ihre Grenzen. Eine unbedachte Entsorgung ins Meer ist eine extreme
Gefährdung nicht nur für die Qualität des
Strandes und des Badewassers, sondern auch
für das fragile Ökosystem der Korallenriffe –
Sedimentation und Wasserverschmutzung
können zum Absterben der Korallen und damit
zur Zerstörung einer wichtigen touristischen
Ressource führen. Auf den Malediven z.B. leiden die Resort-Inseln häufig unter einem ausgesprochenen Müllnotstand.
Als Beitrag zur Entschärfung dieses Problems
(und als Marketing-Idee) fliegt das Charterflugunternehmen LTU den von ihren Passagieren verursachten anorganischen Müll seit
1993 kostenlos nach Deutschland zurück.
1994 beteiligten sich rd. 80 % der etwa
40.000 LTU-Passagiere an dieser „Keep the
Maledives clean“-Aktion. Im September 1994
haben sich zudem fast 200 Tauchsport-Touristen, initiiert durch den Verband Deutscher
Sporttaucher, an einer Müllsammelaktion in
den Riffen beteiligt; die LTU transportierte den
Abfall nach Deutschland. Demgegenüber wird
(1994) der Müll im spontan und stürmisch
Ein eindrucksvolles Beispiel für die sich durch
das Zusammentreffen verschiedener Nutzungsinteressen ergebenden Konflikte und
Umweltbelastungen ist der Nakuru National
Park. Dieser vor allem aufgrund seines Vogelreichtums (Flamingos) attraktive Park war
1994 mit 164.300 Besuchern das inzwischen
am stärksten frequentierte Schutzgebiet Ke-
149
Material 6
gewachsenen Seebad Kuta z.B. (überwiegend
nachts) direkt am Strand vergraben oder aber
verbrannt (mit der Folge zeitweise extremer
Belastung hier gelegener Hotels).
Prozesse hat Domrös (1993) für die Malediven
aufgezeigt.
Stauffer und Jäggi (1992) haben für das in
den frühen 90er Jahren planmäßig und mit
dem Anspruch einer umweltverträglichen Konzeption angelegte tunesische Seebad Tabarka
die durch die umfangreichen Baumaßnahmen
bedingten Veränderungen im Landschaftsbild,
die oft massive Zerstörung vor allem der Dünen und des Dünenwaldes analysiert sowie
den in vielen Tourismuszentren exzessiven
Wasserverbrauch vor allem in arideren Räumen aufgezeigt: Der wachsende Sahara- und
Luxus-Tourismus hat - so z.B. in der Oase
Douz - den Nutzungsdruck auf die knappe
Ressource Wasser erhöht.
Wilde Müllkippen gehören, mehr oder weniger
gut versteckt vor den Augen der Touristen,
schon fast zum „klassischen“ Bild vieler Badestrände, wie z.B. Wong (1993) für Touristeninseln Malaysias aufgezeigt hat. Strände und
Küsten werden oft weiter dadurch belastet,
dass einmal die in den Touristenzentren boomende Bauwirtschaft sowohl Bausand von den
Badestränden als auch Kalkstein von den Korallenriffen abbaut, so oft nicht nur touristische Attraktionen, sondern auch die für den
Küstenschutz wichtigen Wellenbrecher, die
Korallenriffe zerstört. Diese Belastungen werden oft dadurch verstärkt, dass Touristen (und
einheimische Fischer) z.B. Korallen aus dem
Riff herausbrechen und als Souvenirs mitnehmen bzw. veräußern. Am Beispiel des mexikanischen Seebades Cancun haben Borja
und Sanchez (1993) oder Uthoff (1991) für
den Badeort Patong auf Phuket/ Thailand die
durch die rasante bauliche Entwicklung dieser
Zentren ausgelösten Veränderungen u.a. im
Wasserabfluss, in der Morphologie der Lagunen und des Festlandreliefs sowie die Zerstörung der Küstenvegetation, Dünen und
Mangroven aufgezeigt.
Die Notwendigkeit des Umweltschutzes, einer
langfristigen Sicherung touristischer Ressourcen als Grundlage nachhaltiger Entwicklung ist
inzwischen in allen wichtigen Reiseländern
zumindest erkannt worden. In vielen Ländern
wurden zudem, oft mit internationaler Unterstützung z.B. der UNESCO oder des World
Wildlife Fund, vielfältige Strategien und Pläne
formuliert und - schon eingeschränkter - auch
umgesetzt. Drei große Maßnahmenkomplexe
lassen sich ausmachen:
1. Vorgaben, Gesetze und Planungen staatlicher und internationaler Organisationen:
Ausweisung von Schutzgebieten unterschiedlicher Kategorien, Erlass von Bauvorschriften, Flächennutzungsplänen, nationalen, regionalen und lokalen Entwicklungsplänen, Einführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen bei der Anlage
touristischer Großprojekte (so z.B. in Malaysia), Bestimmungen und Maßnahmen
für die Abwässer-, Müllbeseitigung, Geruchs- und Lärmbelästigung. Über eine
Regulierung, evtl. auch Einschränkung
der Besucherzahlen oder eine zeitliche
und räumliche Lenkung der Touristenströme wird in vielen Ländern versucht,
eine Fehl- oder Übernutzung zu verhindern. Über ein effizientes Umweltmanagement können nicht nur häufig die vom
Tourismus ausgehenden Belastungen minimiert, sondern auch die Tragfähigkeit
der Fremdenverkehrsräume erhöht werden. So ist z.B. die UNO über ihre United
Nations Environment Programme (UNEP)
der Ansicht, dass so im Amboseli National
Park/Kenia die 1973 prognostizierte
Tragfähigkeit von jährlich 30.000 Besuchern ohne ökologische (und soziale)
Seltener wurden durch den Aufbau von Fremdenverkehrszentren Küstenräume ökologisch
saniert, die vorher durch andere wirtschaftliche Aktivitäten extrem belastet wurden. Ein
Beispiel hierfür bietet Phuket (Thailand), wo
an einigen Stränden auf aufgelassenen Zinnabbau-Arealen umfassende Rekultivierungsmaßnahmen durchgeführt wurden und so ein
für den Tourismus attraktives Landschaftsbild
entstanden ist. Auch einige Off-shore-Gruben
wurden auf Druck der Tourismuswirtschaft
ausgelassen.
Um vor allem kleinere Koralleninseln auch mit
größeren Booten anfahren bzw. um von den
Hotelinseln das offene Meer (etwa für Tauchfahrten der Touristen) erreichen zu können,
wird häufig ein künstlicher Kanal oder ein
Landungssteg durch die äußere Riffbarriere
gelegt. Hieraus resultiert oft eine drastische
Veränderung der Wasserströmungen. Nicht
selten kann - wie Wong (1993) für Indonesien
und Malaysia belegt hat - der für den Küstenschutz und die Badestrände wichtige Sand
nun ins offene Meer gespült werden. Ähnliche
150
Material 6
2.
Schädigungen auf 250.000 erhöht werden
kann. Auf kleinräumlicher Ebene sollen
z.B. durch die Festlegungen von Art und
Maß sowie durch die räumliche Trennung
der Flächennutzungen Umweltbelastungen verringert, für den Tourismus wichtige Ressourcen geschützt werden. So
unterschiedliche Länder wie Oman, Tibet,
Sansibar, Uganda oder die Mongolei haben diesbezüglich häufig detaillierte Entwicklungspläne für den Tourismus vorgelegt, wie die von der WTO vorgestellten
Beispiele
verdeutlichen.
Fehlendes
und/oder unzulänglich motiviertes Fachpersonal, Korruption sowie der weithin
fehlende politische Wille schränken die effiziente Umsetzung auch bereits rechtskräftiger Umweltschutzauflagen häufig
ein; viele Pläne und Gesetze bleiben - wie
Parnwell (1993b) am Beispiel Thailands
aufgezeigt hat - mehr oder weniger dann
Makulatur, wenn hierdurch die kurzfristigen wirtschaftlichen Erwartungen privater
Investoren geschmälert erscheinen.
Kampagnen
zur
Aufklärung
der
Lokalbevölkerung über den Vorteil einer
Sicherung der natürlichen Ressourcen
über u.a. verstärkte Umweltbildung in den
Schulen oder Radioprogramme: Die Erfolge dieser Maßnahmen sind zwar weltweit gesehen noch bescheiden, punktuell
aber bereits beachtlich, insbesondere
dann, wenn die Bevölkerung unmittelba-
3.
ren Vorteil aus dem Umwelt-, Natur- und
Artenschutz erzielen kann. Prägnante Beispiele bietet hierfür die zunehmend erfolgreichere Einbindung der Bevölkerung
z.B. in den Wildschutz; an mehr und
mehr Küsten beteiligen sich neben den
Hotel auch andere Gruppen (z.B. Schulen,
Pfadfinder, Rotary Clubs) zunehmend an
der Reinigung der Badestrände etwa von
Müll, so z.B. auf Phuket/ Thailand.
Propagierung umwelt- und sozialverträglicher Formen des Reisens und der Urlaubsaktivitäten: Unter dem Schlagwort
Ökotourismus erlebt dieser Ansatz zur
Zeit weltweit einen Boom, oft allerdings
nur mit seinen Ansprüchen und Vermarktungschancen, eingeschränkter in
seiner Umsetzung in die Realität. Bewusstseins- und Verhaltensänderungen
auch bei Touristen sind hierfür eine Voraussetzung. Die damit verbundenen Umsetzungsschwierigkeiten hat eine Studie
am Beispiel Kenia verdeutlicht: Selbst relativ umweltbewusste Besucher, die die
durch den Tourismus bedingten Belastungen des Ökosystems wahrnehmen und
negativ bewerten, praktizieren und erkennen oft nicht nur selbst häufig ein
umweltunverträgliches Reisen, sondern
sie sind zum großen Teil nicht bereit, Verschärfungen von Umweltschutzauflagen,
z.B. hinsichtlich des Besuches der Nationalparks, zu akzeptieren.
Quelle:
VORLAUFER, K. (1996): Tourismus in Entwicklungsländern. Möglichkeiten und Grenzen einer nachhaltigen Entwicklung
durch Fremdenverkehr. - Darmstadt (Wissenschaftliche Buchgesellschaft) S. 209-211
151
Material 7
Die Touristen sind immer die anderen
Andreas Schüßler
Obwohl die Bundesbürger gern und oft verreisen, mögen sich viele nicht gern als Touristen bezeichnen lassen. Dieses recht
widersprüchliches Verhalten hat der Autor auch bei der „unkritischen Masse“ der Alternativ- und Projektreisenden beobachtet. Zur Umschreibung ihrer umtriebigen Reiselust haben sie eine Entschuldigungskultur geschaffen, die seltsame Blüten treibt.
Wenn ich mal so privat frage, warum gereist wird, erfahre ich viel über die Entschuldigungskultur: Ich toure nicht, ich besuche
Freunde in Lateinamerika. Wir haben dort ein Projekt. Ich arbeite in einem Workcamp. Ich bin auf Dienstreise. Ich toure nicht, wir
müssen uns vernetzen.
Im Klartext bedeutet das: Die Pauschaltouristen lächeln über die „schmuddeligen“ Rucksacktouristen. Die Bildungsreisenden verachten die massenhaft auftretenden Backpacker, Entwicklungshelfer belächeln die „blauäugigen“ Revolutionstouristen. Immer wieder Schuldzuweisungen an die jeweils anders Reisenden! Ich habe selten erfahren, dass Kritik am Reisen und am Verhalten im bereisten Land auf sich selbst bezogen wird.
Ich will mich an dieser Stelle nicht weiter mit den von allen kritisierten Pauschalreisenden befassen. Die Kritik an ihnen ist richtig,
aber sie lenkt von den eigenen Motiven für das Reisen und von den Auswirkungen ab. Denn zum einen ist auch der andere Tourismus von der Infrastruktur des Pauschaltourismus mit seinen billigen Flügen, Wechselstuben und sonstigen Annehmlichkeiten im
bereisten Land stark abhängig. Zum anderen sind Alternativtouristen schon immer Wegbereiter des Pauschaltourismus gewesen und
diesem nur um wenige Jahre voraus. Wenn die Verhältnisse, vor denen sie fliehen, sie wieder eingeholt haben, suchen die „anderen“
Reisenden angewidert nach noch unberührten Gebieten. Die anders Reisenden sind also auch nur ein Teil des Massentourismus.
Nichts ist in der
Fremde exotischer
als der Fremde
selbst.
(Ernst Bloch)
Foto: Markus Sterr
Während die „Neckermänner“ relativ gut abgeschirmt von den Menschen des Gastlandes in ihrem Hotel- Ghetto leben, dringen die
anders Reisenden viel tiefer in das heimgesuchte Land ein. In ihrem Bedürfnis nach authentischen Eindrücken möchten sie auch in
die intimsten Lebensbereiche der bereisten Menschen gelangen. Wenn sie dann jedoch angestarrt, angefasst und angebettelt werden,
ertragen sie dies nicht lange und klagen über die „Plagegeister“, zu denen laut Alternativ- Reiseführer „Ratten, Köter, Kinder und
Bettler“ gehören – in dieser Reihenfolge.
Auch die anders Reisenden bleiben meistens nur in den tief eingegrabenen Spuren derer, die vor ihnen „alternativ“ gereist sind – ihre
eigenen Reiseführer und gegenseitigen „Geheim“-Tipps machen es möglich. Dabei trampeln sie abseits der planierten UrlauberHighways mehr kaputt als die „Normal“-Touris. In abgelegenen Gebieten ohne touristische Infrastruktur sind die anders Reisenden
auf die „Gastfreundschaft“ der Einheimischen angewiesen. Für die Besuchten ist Gastfreundschaft nicht nur freundliche Geste, sondern Verpflichtung. Allerdings basiert diese Verpflichtung normalerweise auf Gegenseitigkeit und ist zeitlich begrenzt. „Anders“
Reisende beuten diese Gastfreundschaft oft schamlos aus. Dazu geben sie sich noch entsprechende Tipps: „Du gehst einfach hin,
grinst – und schon wirst Du eingeladen.“ Die Reisenden bieten in den wenigsten Fällen eine Gegenleistung. Im Gegenteil: Sie handeln um Pfennige, wenn’s ums Bezahlen für die Übernachtungen geht – und ernten damit auch noch Anerkennung in der alternativen
Reiseszene.
Alternativ-Reisende werden weder auf Annehmlichkeiten ihrer eigenen Kultur verzichten, noch wollen sie unangenehme Dinge der
fremden Kultur akzeptieren. Spätestens bei der Durchsicht von Reiseführern wird deutlich, dass der „andere“ Tourist längst nicht so
anspruchslos ist, wie er immer vorgibt: Hier finden unsere Reisenden Hinweise auf Diskotheken, Restaurants mit europäischer Küche, saubere Toiletten und allerlei ähnliche Annehmlichkeiten.
Das Gegenteil von „gut“ ist „gut gemeint“
Einige Worte noch zu den Reisen derer, die es besonders „gut meinen“: die aus Solidarität mit der Dritten Welt Reisenden, die Studienreisenden nach Tansania oder auch diejenigen, die in Hilfsorganisationen arbeiten und nun „vor Ort“ fliegen, um ihr Projekt zu
besichtigen. Sie empfinden besonders stark, dass die Touristen die anderen sind, denn sie selbst haben ja „das Gute“ auf ihrer Seite.
Sogar ein Mitarbeiter einer großen Computerfirma, der für seine Firma das Terrain in Kuba ebnete, fühlte sich noch als Revolutionär.
152
Material 7
Selbstverständlich gilt auch für all diese Reisenden:
Die Welt, die sie besuchen, und ihre eigene Welt
haben wenig Gemeinsamkeiten. Schon allein das
sozioökonomische Gefälle zwischen ihnen und den
Bereisten ist eine starke Barriere und verhindert
einen wirklichen Dialog.
Für die Reisenden selbst ist die Reise ohne Zweifel
eine wichtige Erfahrung. Eine Reise von drei
Wochen, drei Monaten, drei Jahren verändert jedoch
im Prinzip keine Einstellung – auch wenn dies eine
gängige Hypothese ist. Sozialpsychologische
Studien aus dem Bereich der Vorurteilsforschung
zeigen sogar, dass Reisen in fremde Kulturen
Vorurteile eher verstärken. Ein vollgestopftes Reiseprogramm, kaum Möglichkeiten, mit Einheimischen
länger zu reden und ihr Lebensumfeld kennen zu
lernen sowie die häufig schwierige Kommunikation
in einer Fremdsprache lassen nicht viel anderes zu.
Es geht hier nicht um Schuldzuweisung, sondern um
die Feststellung, dass Reisen mit denselben
Merkmalen behaftet ist wie die Gesellschaft, aus der
die Reisenden kommen.
Was tun?
Was der Tourist auch tut, er tut es immer falsch:
Der lächerliche Tourist, der schon von seinem Äußeren her auffällt, mit seiner Kamera, die ihm als weltweites Erkennungszeichen vor dem Bauch baumelt. Mit seiner komischen
Freizeitbekleidung. Weißhäutig, fettleibig oder halbnackt.
Der einfältige Tourist, reiseunerfahren, ohne Sprachkenntnisse,
der sich nirgendwo auskennt, dumme Fragen stellt und
sich leicht übers Ohr hauen läßt.
Der organisierte Tourist, der unselbständig ist, ohne Reisegruppe und Reiseleiter verloren wäre und der sich wie ein
Herdentier nur unter seinesgleichen wohlfühlt.
Der häßliche Tourist, der sich so aufführt, als gehöre ihm die
Welt allein, und alles macht, was ihm zu Hause verboten ist.
Der kulturlose Tourist, der während seiner ganzen Ferien faul
am Strand liegt, sich keinen Deut um das besuchte Land und
seine Leute interessiert und wie zu Hause fernsieht, Karten
spielt und Wiener Schnitzel ißt.
Der reiche Tourist, der sich alles leisten kann und auch kaufen
will, der seinen Wohlstand zur Schau stellt und sich wie ein
Fürst bedienen läßt.
Es fällt oft das Stichwort „sanftes Reisen“, das u.a.
bedeutet: vor der Reise intensive Beschäftigung mit
dem Reiseziel, viel Zeit mitbringen, landesübliche
Der ausbeuterische Tourist, der sich auf Kosten fremder
Verkehrsmittel benutzen, sich umwelt- und
Menschen und Kulturen erholt und von der Armut anderer
sozialverantwortlich verhalten – um nur einige
profitiert.
wenige Punkte zu nennen.
Der umweltverschmutzende Tourist, der die alles überrollende
Vielfach wurde die Kritik am Tourismus von den
Blechlawine produziert, mit Abgasen die Luft verpestet,
Werbemanagern des Tourismus aufgefangen. Die
über Felder und Wiesen trampelt, Flüsse und Seen und Meere
Branche übernahm das Vokabular der Kritiker, ohne
verschmutzt und die Landschaft verschandelt.
das Angebot grundlegend zu ändern. Für die
Bereisten ist das Reisen immer mit einer NegativDer alternative Tourist, der sich von den anderen Touristen
bilanz verbunden – von den wenigen abgesehen, die
absetzt, in die hintersten, unberührten Winkel der besuchten
in dem besuchten Land ein bisschen am Tourismus
Gebiete vordringt und so dem Massentourismus den Weg
mitverdienen. Es ist die scheinbar ewige Wiebereitet.
derholung von Geschichte: Nach der Ausbeutung
der Gold- und Silberminen beuten wir jetzt auch die
Und es versteht sich von selbst: Touristen sind immer nur die
immateriellen Güter der Dritten Welt aus. Unter
anderen!
dem Vorwand, die Welt kennen lernen und
Erfahrungen sammeln zu wollen, reisen wir in die
Jost Krippendorf: Der Ferienmensch. Zürich/Schwäbisch Hall 1984.
Länder des Südens, um uns dort zu holen, was uns
in unserer eigenen Gesellschaft verlorengegangen
ist. Angesichts dieser Prämisse ist der
konsequenteste Gegensatz zum Tourismus die Erholung im eigenen Lebensbereich. In der Dritten Welt gibt es nur mehr oder weniger schädliches Reisen.
Andreas Schüßler ist Mitarbeiter beim „Arbeitskreis entwicklungspolitisches Bildungswerk“ (AKE) in Vlotho. – In den 80er Jahren
organisierte er Studienreisen in die Dritte Welt.
Quelle:
SCHÜßLER, A. (1998): Die Touristen sind immer die anderen. - In: DED (DEUTSCHER ENTWICKLUNGSDIENST): Tourismus
und Entwicklung. ded Brief. Zeitschrift des Deutschen Entwicklungsdienstes. Nr. 1/98: S. 47-48
153
Material 8
Früher wollte ich Tourist werden…
David Buglass
In der Dominikanischen Republik bestimmt der Massentourismus längst Alltag und Verhalten eines großen Teils der Bevölkerung. Wo sie auch gehen und stehen, sind Touristen die Zielscheibe der allgemeinen Aufmerksamkeit – das jedenfalls
meint der Autor und beschreibt mit spitzer Feder das Wechselbad aus Bewunderung, Neid und allerlei Begehrlichkeiten,
dem Touristen auf der Karibikinsel ausgesetzt sind.
Seit einem Jahr wohne ich mit meiner Frau auf der Halbinsel Samaná am Rande eines armen Dorfes. Es gibt dort weder Strom noch
fließendes Wasser, und es herrschen, wie im gesamten übrigen Land, Armut, Arbeitslosigkeit und Ausweglosigkeit. Jüngere wie
ältere Männer lungern gelangweilt am Straßenrand herum. Frauen und Mädchen haben kaum Zeit, solche Langeweile aufkommen zu
lassen, da sie Wasser tragen und Wäsche waschen müssen, neben der ständigen Koch- und Haushaltspflicht.
Egal, ob der Strom aus der Steckdose oder von einer Autobatterie kommt: Abends wird überall nicht besonders wählerisch in den
Fernseher geglotzt, denn auch über der bescheidensten Hütte aus Palmenrinde erhebt sich eine selbstgebastelte Antenne. Welches
Weltbild wird da vermittelt? Die alten Maßstäbe gelten nicht mehr. Die sozialen Kontrollmechanismen, die in den kleinen, auf sich
selbst gestellten Gemeinden oder in Großfamilien griffen, sind mit der Landflucht und den Errungenschaften des späten zwanzigsten
Jahrhunderts wirkungslos geworden. Der soziale Verfall findet seinen Ausdruck in den sog. Tigres. Dabei handelt es sich um junge
und ungeduldige, zuweilen aggressive Männer mit seitlich geschorenem Kopf, mit Stiefeln und mit Hosen, die fünf Nummern zu
groß sind und die auf der Lauer nach dem schnellen Geld liegen. Noch werden Schüler, die so in der Schule auftreten, sofort nach
Hause geschickt. – Und in einer solchen Umgebung soll ein nachhaltiger Tourismus entstehen?
Ausgiebiges Shopping gehört zum Urlaubsprogramm. Foto: Joachim Greiner
Jeder Tourist ist ein Gringo
Auch wenn Samaná bisher mehr oder weniger vom Massentourismus verschont worden ist, hat der Tourismus doch längst Fuß gefasst. Es gibt einige Ressort-Hotelanlagen sowie zwei kleine Flughäfen und ein inzwischen völlig zersiedeltes Dorf, das vor zehn
Jahren von geschäftstüchtigen Aussteigern „entdeckt“ wurde und ein klassisches Beispiel der Boom and Bust-Ära darstellt. Dort
herrscht das absolute Chaos. Eine Analyse der Umweltorganisation CEBSE macht auf die üblichen, doch deshalb nicht weniger
dramatischen Umweltsünden aufmerksam. So sind z.B. Grund- und Meerwasser in unmittelbarer Nähe der traumhaften palmengesäumten Sandstrände bereits verseucht. Prostitution und Kriminalität steigen erbarmungslos an. Hotelbesitzer sowie andere Nutznießer verlieren darüber natürlich kein Wort. Noch gibt es französische Bistros, Crêperies, italienische Restaurants und Pizzerien und
– was für viele Gäste ebenso wichtig ist: Da sind die schönen und jungen kaffeebraunen Damen, die aus ökonomischen Gründen
Begleitung suchen.
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Material 8
Die meisten Einheimischen haben ein sehr zwiespältiges Bild von den Touristen, sprich Ausländern oder Gringos, wie sie hier genannt werden. In ganz Lateinamerika herrscht ein unreflektierter US-Zentrismus. Nike, Baseball, Reebok – ein Land, in dem all dies
grenzenlos konsumiert wird, kann doch nicht so schlecht sein!? Der Traum der Dominikaner ist es, in New York zu leben. Auf Druck
der US-Regierung und angesichts der massiven illegalen Einwanderung von Dominikanern in die USA hat die dominikanische Regierung Migration unter Strafe gestellt. Es ist also kein Wunder, dass die Menschen die Gringos gleichzeitig bewundern und verachten. Denn sie sehen die Gringos nicht nur im Fernseher, sondern auch hier vor Ort, und das halbnackt, doch mit viel Geld und Macht
ausgestattet. Es hat keinen Zweck, zu beteuern, dass man kein Gringo ist. Auf mein „Soy inglés, no gringo“, wird nur mit Hohn
geantwortet.
Touristen sind Gringos. Gringos haben Geld. Dominikaner sind arm. Warum? Diese Gedanken scheinen das Handeln und Denken
So stellen sich die „Gringos“ ihren Traumurlaub vor. Foto: Elke Krüger
der Dominikaner zu bestimmen. Wie der Tenor dieses Berichtes schon andeutet, kann man leicht zynisch werden. Immer wieder gibt
es kleine Erlebnisse, die einem zeigen, dass man nicht akzeptiert wird oder werden kann. Die Freundlichkeit, der man überall begegnet, kann schnell in Schadenfreude umschlagen. Hier nur ein harmloses Beispiel: In einer engen Kurve begegneten wir einem mit
Menschen voll beladenen Lastwagen. Wir fuhren bergauf, und der Laster kam uns bergab auf unserer Seite entgegen. Also mussten
wir ausweichen, was an einem Steilhang nicht ungefährlich ist. Die Reaktion der Menschen auf der Ladefläche des Lkw war hemmungsloses Gelächter, garniert mit dummen Anti-Gringo-Sprüchen.
Die meisten Touristen können persönlich nichts dafür, dass sie Zielscheiben der Aufmerksamkeit sind. Landen ein paar von ihnen an
einem leeren Strand, dauert es nicht lange, bis der Strand voller Einheimischer ist. Es ist üblich, dass man gefragt wird, ob man mit
der kleinen Schwester schlafen will. Schlimm kann es werden, wenn eine ganze Gruppe Touristen aus einem Bus steigt. Es wirkt
geradezu beängstigend, wenn eine Vielzahl von Händen nach dem Gepäck grabscht, um es hoffentlich auf ein Motoconcho, eine
motorradgezogene Rikscha zu laden. Die Schuhputzerjungen umkreisen jeden, der es wagt, die Straße entlang zu flanieren. Dabei
wäre es so schön, wenn man ungestört flanieren könnte! Man lernt jedoch bald, möglichst schnell ein Motorradtaxi zu nehmen, um
nicht belästigt zu werden. Selten geschieht es allerdings, dass Touristen überfallen werden. Tja, das kann einem auch in Deutschland
oder England passieren!
Touristen werden bewundert, beneidet und verspottet
Die Art und Weise, wie sich viele Besucher – ob langfristig oder kurzfristig im Land – benehmen, provoziert bei den Dominikanern
Reaktionen und beeinflusst ihr Bild vom Ausländer. Ich spreche absichtlich nicht von der sog. Akkulturation, der Entfremdung von
der eigenen Kultur durch äußere Einflüsse, denn das geschieht ohnehin durch die Medien. Touristen sind Repräsentanten einer unzugänglichen Welt. Sie sind weiß, sie haben Geld, Status, Macht. Sie können sich (fast) alles leisten und erlauben. Die Dauertouristen
sind bekannt dafür, dass sie Land billig aufkaufen – egal, ob sie es bebauen oder nicht – und teuer verkaufen. Es gibt Spekulanten –
Deutsche, Schweizer, Franzosen, Italiener und Spanier –, die zu Hause ihr Geld durch dubiose Geschäfte gemacht haben und es auch
in der Dominikanischen Republik nicht lassen können. Sie sind hoch angesehen, weil sie geschäftstüchtig sind und Macht haben,
aber gleichzeitig hasst man sie. Nicht selten sind sie Opfer brutaler Überfälle. Es fällt auf, dass fast alle Firmen in der Hand von
Dauertouristen sind: Reisebüros, Grundstücksund Immobilienmaklerbüros, Restaurants, Hotels, Motorrad- und Autoverleih und
Tauchschulen. Weiterhin ist auffällig, dass diese Geschäftsleute auch die größten und neuesten Allrad-Autos besitzen. Dadurch
„verdienen“ sie einerseits noch mehr Respekt, andererseits schürt das den Neid.
155
Material 8
Was die Kurzzeittouristen aus der Sicht der Einheimischen von den Dauertouristen unterscheidet, ist, dass sie nicht durch verdunkelte Autofensterscheiben unsichtbar und (noch) nicht daran gewöhnt sind, grob mit den Einheimischen umzugehen. Sie sind zugänglicher. Mit diesen Gringos ist eventuell Geld zu machen. Deshalb sind sie Zielscheibe für Tigres und andere, die lautere oder
unlautere Geschäfte mit ihnen machen wollen. Unbemerkt von den Touristen liegen sie auf der Lauer, und früher oder später wird der
eine oder die andere auf die Gringos zugehen: ob sie Geld tauschen, Pferde reiten, Wale beobachten, Motorrad mieten, Schuhe putzen lassen, Armbanduhr, Sonnenbrille, Kaugummi etc. kaufen oder tanzen wollen. Natürlich sind die Preise überhöht, irgendwie
muss ja Geld gemacht werden. So sind Touristen längst zu Zielscheiben geworden, sie besitzen das magische Etwas. Ein wenig
davon soll überspringen, übertragen werden. Weil es keine soziale Gerechtigkeit gibt, da der Reichtum nicht gerecht verteilt ist –
alles für den Norden, nichts für den Süden –, muss man die Umverteilung etwas beschleunigen. Es ist nicht persönlich gemeint, wenn
Touristen geschröpft werden. Es ist nur so, dass die aus dem Neid entstehende Frustration ständig präsent ist und irgendwie kompensiert werden muss. Und wenn das Geschäft nicht klappt, wenn die „Wiedergutmachung“ nicht stattfindet, kommt die Gestik und
kommen die Worttiraden: Gringo, maricón! Zum Schluss bist du der Scheißgringo und noch dazu schwul, was im Land der Machos
das denkbar schlimmste Schimpfwort ist.
Es ist Zeit, zu relativieren. Nicht immer läuft es so ab. Es gibt auch eine warmherzige Kommunikation ohne geschäftliche Hintergedanken zwischen Samanesern und Touristen. Die Arbeit meiner Frau bei den Gemeinden läuft gut. Wir haben überall Freunde, und
wir erleben auch die erfreulichen Formen von Tourismus. (Siehe auch den Artikel von Leida Buglass.) Aber ich suche vergebens die
richtigen Worte, um mich gegen den Vorwurf der Verallgemeinerung, der Polarisierung, Vereinfachung und Oberflächlichkeit wehren zu können. Denn natürlich hoffe ich, dass unsere Beiträge doch einige von Ihnen motivieren werden, die Halbinsel von Samaná
zu besuchen.
Ikonen stürzen vom Sockel
Zurück zur Schilderung, wie der Tourist hier wahrgenommen wird: Das
Skurrile ist immer interessanter als das
Gewöhnliche. Als ich unlängst über
einen schlafenden Polizisten hinwegstieg, fiel mir auf, wie sich die Frauen
in einem Motoconcho vor mir köstlich
über zwei merkwürdige Gestalten
amüsierten. Es handelte sich in der Tat
um zwei lächerliche Figuren. Zwei
nicht allzu große, aber dafür in die
Breite gewachsene Männer stiegen
„nackt“ aus ihrem Jeep. Nackt waren
sie selbstverständlich nicht, schließlich
war doch jeder mit einer kleinen Badehose und mit einer Halskette bekleidet.
Doch sie wirkten nackt, wie zwei pummelige, überdimensionierte Babys mit
dem kleinen Unterschied, dass ihr
Jenseits der Mauer sind fliegende Händler unerwünscht. Foto: Elke Krüger
Körper stark behaart war. Als ob es das
Normalste von der Welt wäre, überquerten sie am helllichten Tage die Straße, vermutlich, um eisgekühltes Bier in einem Kiosk zu kaufen. Allem Anschein nach wirkte
dieses Duo absurd, grotesk – einfach zum Lachen. Zwei entblößte Gringos – zwei entmachtete Ikonen! In Wirklichkeit waren es
zwei ahnungslose Touristen, die ein ganzes Weltbild zerstörten oder zumindest ankratzten. Wenn ich jetzt Touristen hier sehe, frage
ich mich, ob sie nicht vielleicht doch einen positiven Beitrag leisten, indem sie, als Stellvertreter für alle Gringos, in aller Öffentlichkeit den Mythos vom reichen und allmächtigen Ausländer demontieren. Genau besehen wirken die meisten lächerlich und nicht
nachahmenswert. Sie schießen Fotos mit den sonderbarsten Motiven, wie z.B. bunte Palmhütten, die von der Bevölkerung nicht als
romantische Karibikunterkünfte, sondern als Armutsbehausungen gesehen werden. Sie können beim besten Willen nicht tanzen und
wirken hölzern, unbeholfen, unkoordiniert. Und das Zeug, das sie essen! Nein, unmöglich! Eine dünne Pizza für das zehnfache einer
vernünftigen Mahlzeit aus Reis, Bohnen, Kochbananen und etwas Fleisch, ganz zu schweigen davon, wie sie sich kleiden oder eben
nicht kleiden. Diese Gringos wollen unsere Vorbilder sein? ¡No somos tan tontos! – Wir sind doch nicht blöd!
Vor kurzem traf ich einen meiner kleinen Freunde, einen Knirps, der Touristenschuhe putzt und mich akzeptiert hat oder zumindest
verblüffend gut diesen Eindruck erweckt. Als ich ihn fragte, was er denn werden wolle, wenn er einmal erwachsen sei, antwortete er
altklug: Antes quería ser turista, pero ahora no estoy tan seguro. – Früher wollte ich Tourist werden, aber jetzt bin ich mir nicht
mehr so sicher.
David Buglass ist Übersetzer und lebt seit 1997 in Samaná in der Dominikanischen Republik.
Quelle:
BUGLASS, D. (1998): Früher wollte ich Tourist werden. - In: DED (DEUTSCHER ENTWICKLUNGSDIENST): Tourismus und
Entwicklung. ded Brief. Zeitschrift des Deutschen Entwicklungsdienstes. Nr. 1/98: S. 32-34
156
Material 9
Ökologische Wirkungen
Werden ökonomische und soziokulturelle
Auswirkungen des Entwicklungsländer-Tourismus schon seit drei Jahrzehnten diskutiert, so blieb es um die ökologischen Folgen
zunächst relativ lange still. Negative Auswirkungen des Tourismus auf sensible Ökosysteme in Entwicklungsländern wurden relativ
spät erkannt und erst Anfang der achtziger
Jahre umfassender thematisiert. Zahlreiche
Ökosysteme sind heute durch touristische
Infrastrukturen weiterhin starkem Druck
ausgesetzt oder bereits irreversibel zerstört.
versorgung und die Gesundheit der einheimischen Bevölkerung gefährdet. Probleme
der Müllentsorgung existieren in allen größeren Touristenzentren.
Schwerwiegende Probleme können sich aus
dem hohen Ressourcenverbrauch der Touristen und touristischer Einrichtungen ergeben. Der (Trink-)Wasserverbrauch in Hotelanlagen und sonstigen Einrichtungen (z.B.
Golfplätzen) kann nicht nur zum Absinken des
Grundwasserspiegels und damit zu Nutzungskonflikten mit der Landwirtschaft führen, sondern auch zu einer unzureichenden Wasserversorgung der einheimischen Bevölkerung.
Darüber hinaus verbrauchen Hotelanlagen
auch unverhältnismäßig hohe Energiemengen.
Infrastrukturbedingte Auswirkungen
Touristische Großprojekte, wie z.B. große
Hotelanlagen, können nicht nur das Landschaftsbild beeinträchtigen. Sie bedeuten oft
einen erheblichen Eingriff in empfindliche
Ökosysteme, z.B. natürlicher Küsten- oder
Gebirgslandschaften. Dabei werden nicht
nur prägende Landschaftselemente, sondern
auch die natürliche Vegetationsdecke teilweise oder vollkommen zerstört und die
Erosionsanfälligkeit des Bodens erhöht.
Lebensräume von Pflanzen und Tieren werden vernichtet. Besonders gravierend ist
dies bei bereits vom Aussterben bedrohter
und deshalb geschützter Flora und Fauna.
Beispiele für solche Eingriffe gibt es viele.
Ähnliches gilt für die Erschließung von Landflächen, z.B. für den Golftourismus.
Durch den Bau von Yachthäfen, Sportanlagen, Aufschüttungen für Parkplätze und
Hotels können flache Küstengewässer stark
in Mitleidenschaft gezogen werden, die als
Laichplätze bestimmter Fischarten und als
Lebensraum von Wasserpflanzen eine ökologisch wichtige Funktion haben. Besonders
negative Auswirkungen hat die Abtragung
von Korallenbänken als Baumaterial für
Hotelanlagen. Ein teilweise zerstörtes Riff
bietet einer Insel nur noch begrenzt Schutz
vor Wellenschlag und fördert die Ausschwemmung von Uferbereichen.
Viele touristische Anlagen in Entwicklungsländern verfügen nach wie vor über keine
oder nur ungenügende Anlagen und Möglichkeiten zur Abwasserreinigung und Müllbeseitigung. Besonders negativ wirkt sich
dies auf seichte Küstengewässer und Lagunen aus. Hier sind auch die Nahrungsmittel-
Auswirkungen durch Touristenverhalten
und bestimmte Formen des Reisens
Achtloses Verhalten von Touristen kann zu
Verschmutzungen von Landschaft und Gewässern sowie zur Beeinträchtigung von
Flora und Fauna führen (z.B. Liegenlassen
von Müll, Zertrampeln von Pflanzen, motorisierter Wassersport). Auch die Nachfrage
nach Souvenirs aus Tierprodukten (z.B.
Schildkrötenpanzer, Korallen) und deren
illegale Ausfuhr kann die Tierwelt stark beeinträchtigen.
Bestimmte Reiseformen, wie beispielsweise
der Expeditions- und Trekkingtourismus oder
„motorisierte Abenteuertrips“ können Beeinträchtigungen der natürlichen Umwelt zur
Folge haben: Abfälle in den Basislagern der
Hochgebirgsexpeditionen oder bei Trekkingtouren, Übernutzung des oft bereits geschädigten Bergwaldes durch Holzverbrauch für
Lagerfeuer und zum Kochen, Gewässerverschmutzungen etc. Auch organisierte Rallyes,
z.B. in der Sahara, hinterlassen große Mengen
von Abfällen. Teilweise führen sie sogar durch
geschützte Gebiete, Nationalparks o.ä. Die
dortige Tier- und Pflanzenwelt kann dadurch
schwere Schäden erleiden.
Auswirkungen des Flugverkehrs
Reisen in Entwicklungsländer finden überwiegend mit dem Flugzeug statt. Wissenschaftliche Untersuchungen konnten in den
157
Material 9
letzten Jahren neben dem hohen Energieverbrauch den Beitrag der Flugverkehrsemissionen zur globalen Erwärmung und
zum Abbau des schützenden Ozons in der
Stratosphäre nachweisen. Danach verbraucht der Flugverkehr allein rund 3% der
fossilen Brennstoffe, emittiert ebensoviel
Kohlendioxid, zusätzlich u.a. Wasserdampf
und Stickoxide, und macht damit einen Anteil von rund 6 % am anthropogenen Treibhauseffekt aus. Hinzu kommen Lärmbelastungen durch den Flugverkehr in der Nähe
von Flughäfen.
Tourismus und Naturschutz
Tourismus und Naturschutz müssen sich
nicht gegenseitig ausschließen. Immer häufiger wird der Tourismus als ein Instrument
des Naturschutzes angesehen, da er häufig
die weniger umweltschädliche Nutzungsalternative darstellt. Eine gezielte Planung
bzw. Förderung von Tourismusprojekten
kann durchaus dazu beitragen, dass die
Finanzierung der Einrichtung und Erhaltung
von Naturschutzgebieten, z.B. in Form von
Naturschutz- oder Nationalparks, überhaupt
erst möglich wird.
Quelle:
ADERHOLD, P., LAßBERG, D. VON, STÄBLER, M., VIELHABER, A. (2000): Tourismus in Entwicklungsländer. - Ammerland:
Studienkreis für Tourismus und Entwicklung - Schriftenreihe für Tourismus und Entwicklung: S.40-43
158
Material 10
Tourismuskritik im Wandel der Zeit
Die Geburtsphase
klären müssen, was denn Tourismus eigentlich ist?“ Damit entlarvten sich die so Fragenden für gewöhnlich selbst als Ignoranten, denn was Tourismus ist und wie er
funktioniert, war zu diesem Zeitpunkt im
Grundsatz längst geklärt: durch Schriftsteller wie Hans Magnus Enzensberger, den
Dichter und Rechtsanwalt Cecil Rajendra aus
Malaysia, durch die beiden Forscher Robert
Jungk und Jost Krippendorf u.v.a. Die Mahner hatten alles Wesentliche zum Tourismus
aufgearbeitet und sind darüber bis heute im
Grundsatz nicht widerlegt worden. Außer
durch eine allmählich anlaufende Lernfähigkeit der Tourismusindustrie.
Mitte der sechziger und Anfang der siebziger
Jahre war Tourismuskritik allenfalls ein
Thema für Insider in kirchlichen Kreisen, da
und dort meldeten sich Schriftsteller oder
Wissenschaftler zu Wort. Richtig lautstarke
Zweifel am „Segen“ des Tourismus regten
sich erstmals 1972. Auf einer Tagung der
„Caribbean Conference of Churches“ wurden
beispielsweise die Kirchen in den USA massiv aufgefordert, die Augen nicht länger zu
verschließen: „Ihr seid es, die mitverantwortlich seid für das, was sich auf unseren
Inseln abspielt; ihr habt Kontakt zu den
Leuten, die hierher kommen; wir wollen,
dass ihr versucht, die Reisenden für unsere
Staaten zu sensibilisieren, damit ihr Verhalten angemessener, und die sich entwickelnden Beziehungen ehrlicher werden.“
Die Durchbruchsphase
Weil der Widerstand der Reisebranche noch
groß war, sah sie sich Ende der achtziger
Jahre plötzlich einer ganzen Phalanx von
Kritikern gegenüber. 1986 hatten sich bereits über 27 international tätige Umweltgruppen und „Dritte-Welt“-Organisationen
zur „Arbeitsgemeinschaft Tourismus mit Einsicht“ (TmE) zusammengeschlossen, um
fortan die Themen der Tourismusdiskussion
vorzugeben. Neben der schonungslosen Auflistung der „Sünden“ des Urlaubsgewerbes
weltweit, zielte das Arbeitsfeld hauptsächlich
auf die Verwirklichung eines umweltschonenden und sozialverträglichen „sanften“ Tourismus. Deshalb hatte die Kritikerszene 1990 je zehn konstruktive Thesen
bzw. „Einsichten“ für Urlauber, Reiseunternehmen und Verantwortliche in Tourismusgebieten veröffentlicht. Damit aber war die
Tourismuskritik in gewisser Weise auf ihrem
Höhepunkt angekommen, denn wer diese
Thesen auch nur teilweise für sich übernahm, konnte jeden Kritiker (zumindest
formal) „schachmatt“ setzen. Und genau das
geschah dann auch.
Derart heftige Kritik aus den Ferien-„Paradiesen“ blieb auch in Mitteleuropa nicht
ohne Folgen. Seit den siebziger Jahren bildeten sich erste tourismuskritische Gruppen
in Deutschland und in der Schweiz.
1982 meldete sich ferner die neugegründete
„Ecumenical Coalition on Third World
Tourism“ (ECTWT) mit Sitz in Bangkok zu
Wort, um im Namen ihrer Mitglieder (vorwiegend aus asiatischen Schwellen- und
Entwicklungsländern) gegen die Auswüchse
des Tourismus zu protestieren. Zuerst
hauptsächlich gegen den Sextourismus und
den Missbrauch von Kindern – was wiederum direkt zur später folgenden ECPATKampagne führte. In Bangalore/Indien etablierte sich die Kritiker-Gruppe von Equations
(Equitable Tourism Options). In Goa ließ die
„Armee der Wachsamen Goaner“ (Jagrut
Goenkaranchi Fouz) namentlich die deutschen „Condor-Urlauber“ wissen, dass sie
nicht willkommen seien. Doch gab es für die
Tourismuskritik von Beginn an das Problem,
dass auf ihre Einwände wenig gehört wurde
– weil sie sich auf das Gebiet der angeblich
„schönsten Wochen des Jahres“ vorgewagt
hatte und damit den Urlaubsgenuss nur
störte.
Die Vereinnahmungsphase
Allen voran marschierten nahezu zeitgleich
so völlig unterschiedliche Reiseveranstalter
wie z.B. die TUI, Studiosus oder das schweizerische Unternehmen SSR-Reisen. Wo umweltorientierte Reisekonzepte nicht zur
Ein beliebtes Argument, kritische Diskussionen ins Leere laufen zu lassen, war damals
die Bemerkung, ob „wir nicht erst einmal
159
Material 10
„Chefsache“ erklärt worden waren, wurden
sie zumindest durch eigens eingestellte
„Umweltbeauftragte“ in Angriff genommen.
Damit hat sich allmählich eine unumkehrbare Situation eingestellt (Öko-Management
in den Hotels, Müllsammel-Aktionen, das
Bahn-Ticket zum Flug etc.). Kurzum, keines
der engagierten Unternehmen kann (und
will vermutlich) heute noch zum Ausgangspunkt zurück, zumal die Spitzenverbände
der deutschen Tourismuswirtschaft unterdessen eine gemeinsame Umwelterklärung
vorgelegt haben. Darin heißt es: „Die Tourismuswirtschaft als Nutznießer und natürlicher Verbündeter in einer intakten Umwelt,
Natur und Kulturlandschaft, sieht sich zu
deren aktiver Erhaltung verpflichtet.“
Mitstreiter von Jost Krippendorf) in einem
Aufsatz wie folgt: „Die offener und konstruktiver gewordene Auseinandersetzung
mit der Tourismuskritik hat dazu geführt,
dass die TourismuskritikerInnen immer
mehr mit der Tourismusbranche zusammenarbeiten, vorerst als ProduzentInnen von
kritischem Prospektmaterial, dann als Lehrkräfte in der Aus- und Weiterbildung und
schließlich als BeraterInnen in einzelnen
Unternehmensbereichen. (Ein Phänomen
übrigens, das aus der 68er-Bewegung bestens bekannt ist.) So eröffnete sich ein
breites Profilierungsfeld für anpassungsfähige TourismuskritikerInnen, auch für solche, die müde geworden sind. Denn stetige
Tourismuskritik wirkt zermürbend – beidseitig.“
Operation gelungen, Kritiker tot? Vordergründig ja, denn, noch während dieser Vereinnahmungsphase hat sich die Arbeitsgemeinschaft „Tourismus mit Einsicht“ aufgelöst; die Kritiker waren in eine Krise geraten. Dennoch hat der „Patient“ überlebt, weil
in der Zwischenzeit nicht nur die Touristiker
dazugelernt haben, sondern auch deren Kritiker.
Dies heißt also wohl, der „Erfolg“ der Tourismuskritik besteht in dem Phänomen, sich
selbst „überflüssig“ gemacht zu haben, weil
ihr Gedankengut in den Unternehmen „angekommen“ ist. Nicht das kämpferisch-gegnerische Verhältnis diktiert noch länger das
Geschehen, sondern eine vorsichtige Form
von Kooperation und Pragmatismus. Deshalb gehe es jetzt darum, so Hansruedi
Müller, darauf zu achten, ob die „Aussagen
und Versprechungen der touristischen Anbieter glaubwürdig sind und der überzeugende Wille besteht, sie nachhaltig umzusetzen.“
Die Orientierungsphase
Dazu äußert sich der Berner Tourismusforscher Hansruedi Müller (ein langjähriger
Quelle:
BETZ, K. (1999): Tourismuskritik im Wandel der Zeit. - In: STUDIENKREIS TOURISMUS UND ENTWICKLUNG: Tourismus verstehen. 25 Jahre SympathieMagazine. – Ammerland, S. 37-39
160
Material 11
Mit gutem Gewissen zu den Armen reisen
Jutta Bangel
Seit jeher umgibt den Alternativtourismus der Nimbus, die besseren, weil „anderen“ Reiseformen zu bieten. Grenzten sich
die Alternativreisenden früherer Zeiten durch konsumverachtende Gegenwelt-Ideologien und durch deutlich zur Schau
gestellte „Political correctness“ von den herkömmlichen Pauschalreisenden ab, so schmückt sich der Alternativtourismus
heutzutage mit dem Anspruch, am konsequentesten „sanfte“, d.h. umwelt- und sozialverträgliche Reiseformen zu vertreten.
Ob dieser Anspruch der Wirklichkeit immer standhalten kann, hinterfragt der folgende Beitrag.
Mitte Januar wiederholte sich zum achten Mal der
„Reisepavillon“ in Hannover, die – laut Eigenwerbung
– bundesweit größte Messe und Informationsveranstaltung zum umwelt- und sozialverantwortlichen
Reisen. Über 100 Aussteller aus dem Bundesgebiet
und einige wenige aus dem benachbarten Ausland
waren angereist, um zu zeigen, was es heißt, „anders“
zu reisen. Vom Naturerlebnis über Entspannungsurlaub, Aktiv-Sport und Survival-Training bis hin zum
Kunst- und Kulturgenuss, mit oder ohne Kinder oder
als Single: Es gab nichts, was die durchweg klein- und
mittelständischen Reiseanbieter, die regionalen Fremdenverkehrsvereine und Umweltverbände nicht als
umwelt- oder sozialverträglich auf dieser Messe anboten.
Reisepavillon – die Messe für umwelt- und sozialverträgliches Reisen
Doch wie ernst ist es diesen Anbietern „sanfter“
Reiseformen tatsächlich mit der Sorge um die
sozialen, ökonomischen und ökologischen Folgen des Tourismus für Mensch und Natur in den Zielgebieten? Nach welchen Kriterien
messen sie die Umwelt- und Sozialverträglichkeit ihrer Reiseangebote? Und wie garantieren sie die Teilhabe der lokalen Bevölkerung in den Gastländern an Planung und ökonomischem Gewinn bei dieser Art von Tourismus? Antwort auf diese Fragen suchte ich
vor allem in Reiseprospekten und bei Veranstaltern von Fernreisen in die Dritte Welt, die von immerhin knapp 20% der im Reisepavillon vertretenen Ausstellern angeboten wurden. Das Ergebnis meiner Recherchen erhebt nicht den Anspruch, einen allumfassenden
Einblick in die schillernde Vielfalt der alternativen (Fern-)Reiseangebote zu geben. Es ist vielmehr die Momentaufnahme eines
Reisemarktes, der seit drei Jahrzehnten ein absolutes Nischendasein im Tourismusgeschäft führt, aber dennoch Trends gesetzt hat
und – meist unbewusst – Vorreiter für höchst unerfreuliche Entwicklungen im internationalen Fernreisetourismus war.
Foto: Jutta Bangel
Erlebnisreise statt Ökotrip
Schon beim Durchblättern der Kataloge der „anderen“ Reiseveranstalter im Reisepavillon fällt auf, dass mit dem Label „Umweltund Sozialverträglichkeit“ eher unaufdringlich als marktschreierisch geworben wird. Die meisten Alternativ-Reiseanbieter handeln
dieses Stück Selbstverständnis kurz und knapp in der Einleitung ihres Reisekataloges ab oder verstecken es schamhaft inmitten der
übrigen Geschäftsbedingungen. Wer sich etwas selbstbewusster als umwelt- und sozialverantwortlich outet, tut dies durch den diskreten Hinweis auf die Kooperation mit Umweltverbänden und tourismuskritischen Arbeitskreisen oder durch ein geschickt plaziertes Gütesiegel à la ATE1, das den Kennern der Materie die Verpflichtung des Reiseveranstalters auf soziale und ökologische Qualitätskriterien verrät. Nur ein knappes Fünftel der auf der Hannoveraner Reisemesse vertretenen alternativen Fernreiseveranstalter
widmet dem eigenen Reisekonzept des „sanften“ Tourismus mehr und augenfälligeren Raum im Werbematerial – und das sind bezeichnenderweise eher die kleinen „Ein- oder Zwei-Mann-Betriebe“ oder die Newcomer auf dem alternativen Reisemarkt.
„Wer sich heute in der Branche behaupten will, kommt um zugkräftige Slogans wie ‚aktiv, naturnah und individuell‘ nicht herum.
‚Umweltfreundlich und sozialverträglich‘ – das war früher vielleicht mal attraktiv, heute lockst du damit niemanden mehr hinter dem
Ofen vor,“ so bringt ein alternativer Reiseveranstalter aus Köln die Veränderungen in der Branche auf den Punkt. In einer Umfrage
unter ein paar Dutzend „anderen“ Reiseveranstaltern fand er heraus, dass sie 1991 noch Umwelt- und Sozialverantwortlichkeit als
wichtigste Kriterien für eine Reise nannten; die Unterstützung von Selbsthilfeprojekten in den Zielregionen landete damals immerhin
noch auf Platz fünf. Heute dagegen spielen derart ideologische Kriterien für Reiseveranstalter wie Reisende kaum mehr eine Rolle,
so das Ergebnis der Umfrage. Wichtig sei vor allem die Reiseform – Aktivurlaub und Erlebnisreisen seien gefragt, auf dem Fahrrad
und in kleinen Gruppen und möglichst naturnah. Der „anders“ Reisende der späten 90er Jahre frönt einem „lustbetonten, egozentrierten Individualtourismus“2. Umweltfreundlich möchte man zwar auch reisen, doch das darf – bitteschön – weder mehr Geld kosten
noch mit persönlichen Einschränkungen verbunden sein.
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Material 11
Sozialverträglichkeit zum
Nulltarif
Das gute Gewissen möglichst umsonst,
das verlangen auch jene 10% der bundesdeutschen Reisenden, die sich selbst als
umweltbewusst und über die Problematik
von Fernreisen in „arme“ Länder informiert bezeichnen und somit potentiell zum
Klientel der Alternativreiseanbieter gehören.3 Ihre primären Urlaubsmotive unterscheiden sich kaum von denen ganz normaler Pauschalreisender: Sie möchten
abschalten und raus aus dem Alltag, neue
Kraft sammeln, frei sein und etwas erleben. Zuallererst Zeit füreinander wünschen sie sich, erst danach wird der Kontakt mit den Menschen in den Gastländern
Township-Touren sind fester Bestandteil alternativer Reiseangebote in
als Urlaubsmotiv genannt und Neugier auf
Südafrika. Foto: Werner Gartung
fremde Kulturen, Sitten und Gebräuche
angemeldet.
Diese Beschaffenheit ihrer Klientel mag erklären, warum alternative Reiseveranstalter – insbesondere die Anbieter von Fernreisen in
die Dritte Welt – zunehmend auf Marketing- Strategien zurückgreifen, die sich im internationalen Tourismusgeschäft längst bewährt
haben: Nicht mehr Ökopapier und flaue Schwarzweißfotografien charakterisierten an vielen Messeständen das alternative Werbematerial, sondern üppig gestaltete Farbkataloge mit aufgemotzten Werbeslogans. Darin werden den Kunden „aufregende Entdeckungsreisen zu den aktivsten Vulkanen der
Welt“ oder „Insider- Studienreisen“ nach China und Russland versprochen, die „handfest mit den Extremen im
Lande“ vertraut machen. Die Natur Südafrikas wird als
„authentisch und entspannt“ und ganze Regionen mit Mann
und Maus werden als „faszinierende Naturwunder“ angepriesen.
Die besonders umweltverträglichen Reisekomponenten
muss der interessierte Alternativurlauber bei diesen Veranstaltern zwischen den Zeilen suchen. Und auch dort erschöpfen sie sich häufig im Hinweis auf ausgiebige Wanderungen durch Nationalparks oder in der Versicherung, dass
durch die Teilnahme an Walbeobachtungstouren in Norwegen die örtliche Walforschung unterstützt werde. Mit dem
Aufspüren von Sozialverträglichkeit in den Prospekten der
Alternativreiseanbieter ist es noch schlechter bestellt: ein
ausgedehntes Mittagessen bei einer tadschikischen Familie,
die – welch Zufall! – mit dem „kompetenten und immer
freundlichen“ einheimischen Reiseleiter verwandt ist, und
ein vormittäglicher Besuch bei einer Familie in Kapstadts
Township Kayelithsa, der jedes Mal zu einem lebhaften
Austausch zwischen den Besuchern und der Frau des Hauses
führe, wie der Veranstalter versichert – all dies sind
Sozialverträgliche Begegnung?
durchaus gängige Varianten „sanfter“ Sightseeing- Touren.
Foto: Robert Binson
Beliebt bei Alternativanbietern und Urlaubern gleichermaßen sind auch Besichtigungen von Selbsthilfeprojekten in
Entwicklungsländern, die ordentlich die Projekt-Kassen klingeln lassen, da kaum ein problembewusster Alternativurlauber umhin
kann, seinen Solidaritäts- Obolus zu entrichten. Das war’s dann aber auch schon mit den augenscheinlichen Beweisen für die Sozialund Umweltverträglichkeit alternativer Reiseangebote. Die eigentlichen Unterschiede zu den Angeboten herkömmlicher Veranstalter
von Natur- oder Studienreisen müssen da wohl eher hinter den Kulissen der Messestände gesucht werden.
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Material 11
Der Kampf um klare Abgrenzung
Tatsächlich kann die Vorzüge alternativer Reiseanbieter nur wertschätzen, wer von ihrem zähen Ringen um allgemeingültige Kriterien für einen ökologisch verträglichen, wirtschaftlich gerechten und sozial angepassten Tourismus weiß. Da wurde und wird in
unzähligen Arbeitskreisen und Diskussionen um klare Abgrenzung von den zunehmend auf umweltverträglich getrimmten Reiseangeboten der großen Touristikunternehmen gekämpft und auf die Einzigartigkeit des eigenen Umweltengagements gepocht. Seit
Jahren schon tüfteln alternative Reiseveranstalter Konzepte und Maßnahmen aus, die Schäden an Umwelt und Sozialstruktur der
bereisten Gebiete eindämmen und branchenweit umsetzbar sein sollen. Meist ist ihren Bemühungen, sich organisierterweise ethischen Selbstverpflichtungen für „sanfte“ Reiseformen zu unterwerfen, nur eine äußerst begrenzte Lebensdauer beschieden. Die Interessen der alternativen Reiseanbieter haben sich stets als zu
heterogen, ihre wirtschaftlichen und personellen Möglichkeiten als zu begrenzt erwiesen, um den Mehraufwand für
nachhaltige Tourismusformen verkraften zu können. Im
Zweifelsfall hat stets die Ökonomie über Ökologie und Sozialverträglichkeit gesiegt – und das gilt heute mehr denn je.
So wird auch der jüngst auf dem Reisepavillon unternommene Versuch der Branche, per Selbstverpflichtung auf
spezifische Kriterien ein Gütesiegel für umwelt- und sozialverträgliches Reisen zu schaffen, von Branchenkennern eher
skeptisch beurteilt. Über ein Jahr bastelten die Gründer des
neu geschaffenen „Forum anders reisen“ an einem Kriterienkatalog, der zu definieren versucht, worüber sich Tourismuskritiker und alternative Reiseunternehmer schon seit Jahren
streiten: Gilt eine Reise nur dann als „umweltverträglich“,
wenn statt der extrem klimabelastenden Flugreise Bus, Bahn
oder Schiff als Transportmittel genutzt werden, egal ob das
Reiseziel in Deutschland oder im Fernen Osten liegt? Darf
nur in ökologisch oder „regionaltypisch gebauten“ und ausgewiesenermaßen umweltschonend bewirtschafteten Herbergen übernachtet werden oder auch in „normalen“ Hotelbetrieben, solange sie wenigstens im Besitz Einheimischer sind,
die Frühstücksmarmelade von der ortsansässigen Bevölkerung produziert und der Müll umweltgerecht entsorgt wird?
Bekommt ein Veranstalter schon deshalb das Gütesiegel
„sozialverträglich“, weil er seine Reisegäste per Info- Broschüre zum respektvollen Umgang mit der Bevölkerung des
Gastlandes anhält? Oder weil er die Teilnehmer seiner Südafrika-Studienreise lieber in Kleingruppen Waisenhäuser
besuchen lässt, anstatt sie in Sightseeing-Bussen durch die
Armenviertel von Kapstadt zu karren?
Aktiv und naturnah wünschen sich die „anders“ Reisenden
Nur die wenigsten der über 50 Kriterien des neuen Regelwerder 90er Jahre ihren Urlaub. Foto: Privat
kes geben konkrete Handlungsanweisungen auf derart beunruhigende Fragen. Wirklich unzweideutig festgelegt wird nur wenig. Dazu zählt beispielsweise, dass Flüge in Zielgebiete unter 700
km grundsätzlich verboten sind und dass bei Flugreisen über 3.000 km mindestens 14 Tage Aufenthalt angesagt sind und eine Ökobilanz mit genauer Angabe des Energieverbrauchs pro Reiseteilnehmer erstellt werden muss. Außerdem gelten Urlaubsvergnügen
wie Off- Road-Touren mit Geländewagen oder Motorrad, organisierte Pkw- und Motorradreisen sowie Rundflüge mit Motorflugzeugen und Heli- Skiing als ökologische Todsünden und sind somit tabu für den „sanften“ Tourismus.
Das Dilemma mit den Kriterienkatalogen
Schon diese wenigen, dafür eindeutig definierten Bedingungen bringen viele Reisepavillon-Aussteller ins Schwitzen. Sie können nur
deshalb im harten Konkurrenzkampf um die kleine Klientel „umweltbewusster“ und zahlungskräftiger Urlauber überleben, weil sie
ihre anspruchsvollen, aber teuren Reiseangebote mit ökologisch und sozial wenig verträglichen, dafür aber umso preisgünstigeren
und modisch aktuelleren Urlaubsvergnügen mischen. Da werden dann eben doch die eigentlich verfemten Off-Road-Touren mit dem
Geländewagen in den Wüsten Syriens oder des Niger angeboten und im Katalog eines bekennenden „sanften“ Tourismusveranstalters aus Berlin mit drei- bis viertägigen, individuell kombinierbaren „Reisemodulen Afrika“ geworben. Zu bewältigen ist dieses
Länder- Hopping selbstverständlich nur mit dem Flieger. Dass bei den als naturnah betitelten Rad- und Kanureisen in tropischen
Breiten das Gepäck der Urlauber in der Regel in Kleinbussen hinterher transportiert wird, gehört schon zu den Selbstverständlichkeiten in der alternativen Reiseszene.
Auffällig ist, dass – wie bei allen ähnlichen Bemühungen zuvor – auch der neue Kriterienkatalog immer dort am deutlichsten wird,
wo es um die unmittelbaren Belange der Reisenden geht: um die Wahl der Transportmöglichkeiten, Art und Qualität ihrer Unterbringung und Verpflegung etc. Sind die Interessen der Bereisten angesprochen, etwa nach respektvoller Behandlung oder fairen
Arbeitsbedingungen und Löhnen, oder geht es um den für viele Regionen in den Entwicklungsländern überlebenswichtigen sparsamen Umgang mit knappen Naturressourcen, werden die Formulierungen doch merklich schwammiger. Plötzlich ist nur noch von
„Kann-“ und nicht mehr von „Muss“-Kriterien die Rede, die sich jeder verbindlichen Umsetzung entziehen.
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„Das Dilemma all dieser Kriterienkataloge für ‚sanften‘ Tourismus liegt in der mangelnden Überprüfbarkeit der Leistungsangebote
vor Ort“, meint Bernd Räth vom Verein Ökologischer Tourismus Europa (ÖTE), der sich schon seit Jahren mit dieser Materie beschäftigt. Ein ganzes Heer von Experten müsste ausgeschickt werden, etwa um zu überprüfen, ob Reisen in „soziokulturell oder
ökologisch stark gefährdete Gebiete“ tatsächlich unterbleiben, wie im neuen Kriterienkatalog gefordert. Auch die gelegentlich angeregte Kundenbefragung wird da nicht weiterhelfen. Denn die Masse der Alternativurlauber wird nicht überprüfen können, ob und
wieweit ihr Besuch bei den Mayas in Belize oder bei den Hochlandindianern Ecuadors die soziokulturellen Strukturen der bereisten
Gemeinden aus dem Gleichgewicht bringt. Und welcher Urlauber wird schon merken, ob die usbekische Familie für das üppige
Mittagsmahl, das sie den Fremden aus Deutschland serviert hat, vom Reiseveranstalter wirklich „fair“ bezahlt wurde? Derlei Einschätzungen bleiben auch nach Maßgabe der neu gegründeten Interessengemeinschaft „forum anders reisen“ allein den Reiseveranstaltern vorbehalten.
Bäume pflanzen für die Umwelt
Angesichts all dieser Unwägbarkeiten scheint das eigentlich Bemerkenswerte am „Forum anders reisen“ und an
ähnlichen Initiativen alternativer Reiseanbieter weniger
in den mühsam erarbeiteten Kriterienkatalogen zu liegen.
Deren Wirksamkeit ist aus den genannten Gründen ohnehin zweifelhaft. Was zählt, ist vielmehr der gute Wille
ihrer Erfinder, sich nicht ganz aus der Verantwortung für
die hinterlassenen Schäden an Umwelt und Allgemeinwohl der Bereisten in der Dritten Welt und anderswo
herauszustehlen.
Zwar riechen Unternehmungen wie die eines Berliner
Reiseveranstalters, für jeden Flug nach Amerika, Afrika
oder Asien 500 Bäume zu pflanzen (z.Zt. wird gerade in
Sachsen- Anhalt aufgeforstet) eher nach ökologischem
Ablasshandel, als dass damit tatsächlich ein Ausgleich in
der globalen Ökobilanz erreicht werden könnte. Und
auch die 1995 vom Arbeitskreis Trekking und Expeditionstourismus (ATE) gemeinsam mit örtlichen Umweltorganisationen durchgeführte Reinigungsaktion auf einer
Trekking-Route des Mount Everest hat mehr mit nachträglicher Gewissensbereinigung als mit vorsorgender
Umsicht zu tun. Doch gäbe es mehr solcher Aktionen
und würden sie auch von großen Reiseveranstaltern wie
der TUI durchgeführt, die mit 7,7 Mrd. DM4 im Jahr
hundertmal mehr umsetzt als alle bundesdeutschen Alternativreiseveranstalter zusammen, dann wären Umwelt
und Gemeinwesen in den Zielgebieten des internationalen Tourismus schon viel geholfen.
Jutta Bangel ist Mitarbeiterin des Referats Informationsund Bildungsarbeit im DED
Auf der Suche nach dem besonderen Erlebnis Foto: E. Jennerjahn
1 Der Arbeitskreis Trekking- und Expeditionstourismus (ATE)
wurde 1997 auf der ITB Berlin mit der „Grünen Palme“ für sein besonderes Umweltengagement ausgezeichnet.
2 zitiert aus: Günter Spreitzhofer, Rucksack- Rausch und Freizeitwahn, in: Christian Stock (Hrsg.), Trouble in Paradise, Freiburg 1997 (Rezension in
diesem Heft).
3 Zitiert aus dem Vortrag „Marketing für die Natur“ von Prof. Dr. Edgar Kreilkamp anlässlich des Reisepavillons 1998 in Hannover.
4 Diese Zahl stammt aus dem TUI-Geschäftsbericht von 1997, zitiert in der Dokumentation des Symposiums „Ferntourismus – grenzenlos?“ der
Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, Juni 1997.
Quelle:
BANGEL, J. (1998): Mit gutem Gewissen zu den Armen reisen. - In: DED (DEUTSCHER ENTWICKLUNGSDIENST): Tourismus
und Entwicklung. ded Brief. Zeitschrift des Deutschen Entwicklungsdienstes. Nr. 1/98: S. 49-52
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Material 12
Bhutan: Die Suche nach dem Königsweg
Lechtaler Alpen nein! Ötztaler Alpen ja! Stephansdom in Wien nein! Die Wallfahrtskirche
in Mariazell ja! Eine solche Reglementierung
der Touristenströme wäre in unserem Land
undenkbar. In Bhutan, dem winzigen Königreich im Himalaja, ist sie Realität. Für
ausländische Urlaubsreisende gilt: ein Tagessatz von 200 bis 220 US-Dollar pro Kopf,
Trekking auf wenige Routen beschränkt,
Besuch einiger handverlesener religiöser
Feste, Tempel- und Klosteranlagen.
täten und Hotelbetten. Heute, wo jeden
Winter Skipisten mit Karibikinseln um die
Gunst der Urlauber buhlen, rächt sich dieses
Versäumnis. Die Lockmittel der Tourismusplaner werden daher immer absurder. Falch:
„Alles ist schon ausgereizt. Man geht auf die
letzten Dinge los. Mit dem Helikopter auf
den Gipfel. Elton John samt Klavier auf dem
Gletscher.“ Die einheimische Bevölkerung
bleibt abseits.
Bhutan dagegen steht auch heute noch in
den Startlöchern. „Es geht letztlich nur
darum, das Startkapital zu erhöhen“, sagt
Architekt Falch. Soll heißen: jene Kräfte und
Strukturen zu stärken, die für einen professionellen, aber sozial- und umweltverträglichen Tourismus stehen.
Das Land erreicht mit diesen Vorgaben etwa
6000 Ferntouristen pro Jahr. Tourismus ist
trotzdem der drittgrößte Devisenbringer.
Hintergrund dieser Strategie ist die Sorge
der Regierenden, durch zu heftigen fremden
Einfluss Schaden an der eigenen Identität zu
nehmen. Noch ist das letzte buddhistische
Königreich im Himalaja sehr alten kulturellen und religiösen Traditionen verbunden.
Konkret wurde deshalb ein umfassendes
Tourismus-Konzept ausgearbeitet und viel
Detailarbeit geleistet. Einige Beispiele: Bislang wurden 55 einheimische Trekking-Guides ausgebildet. Hotels bestärkte man systematisch darin, so weit wie möglich mit
einheimischen Zutaten zu kochen. Auch
wurde die Produktion von Trekking-Karten in
Angriff genommen.
Vor Augen hatte man das Nachbarland Nepal mit seiner unbeschränkten Öffnung und
all den negativen Folgen für Bevölkerung
und Umwelt. Man holte sich Know-how aus
Österreich, einem Land mit großer Tourismus-Erfahrung. „Und einiges von dieser Erfahrung wollten wir Bhutan ersparen“, sagt
Friedrich Falch, Architekt und Regionalentwickler aus Landeck in Tirol. Er berät seit
zehn Jahren im Auftrag der Österreichischen
Entwicklungszusammenarbeit Bhutan in Sachen Tourismus. „In dieser Kooperation haben nicht wir die Richtschnur gelegt. Wir
haben die Bhutaner nur in dem bestärkt,
was sie ohnedies wollten.“ Zum Beispiel die
Ablehnung lukrativer Angebote von TopBergsteigern zur Erstbesteigung von heiligen
Bergen. Bhutaner selbst besteigen nämlich
ihre heiligen Berge nicht.
Es ist tatsächlich ein Wettlauf mit der Zeit.
Schon drängt die bhutanische Privatwirtschaft auf eine Steigerung der Besucherzahlen. Die Demokratisierung des Landes ist
schrittweise auf dem Weg, und der bisher
nahezu unumschränkt herrschende, jedoch
weitsichtige König Jigme Singye Wangchuk
ist selbst der stärkste Motor für diese Entwicklung. Der Staat hat auch die Privatisierung der Wirtschaft längst eingeleitet. Mit
Richtlinien, Mindeststandards und Lizenzvergabe versucht er, das Steuer im Tourismus
nicht aus der Hand zu geben. Dabei zeigt
sich eine Diskrepanz: Bhutan ist stolz auf
seine schlanke Verwaltung. Sie schafft allerdings nicht die für ein solches Tourismuskonzept nötige Kontrolle.
Derlei konsequentes Nachdenken hätte
Friedrich Falch auch gerne zu Hause. Der
Regionalentwickler leidet an seiner ausverkauften Heimat. Als das Geschäft mit der
schönen Natur in den fünfziger Jahren in
Tirol einen Senkrechtstart vollführte, war
man zurecht glücklich über den wirtschaftlichen Aufschwung in dieser kargen Bergbauern-Region. Doch zu lange und zu ausschließlich konzentrierte sich nach Meinung
von Falch alles Bemühen auf Skiliftkapazi-
Unschwer lässt sich voraussagen, dass auch
Bhutan die negativen Einflüsse des Tourismus nicht ganz wird vermeiden können. Der
deutsche
Entwicklungsexperte
Hermann
Warth ist trotzdem zuversichtlich: „Voraussetzung ist, dass der Tourismus in das all-
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gemeine bhutanische Konzept von Entwicklung eingebunden wird, das Wahrung der
Natur und der Kultur vorsieht. Wenn es
dann noch gelingt, Verantwortung und Einkommen aus dem Tourismus regional über
das Land zu verteilen, kann eine vorsichtige
Ausweitung befürwortet werden. Dann
könnte er Landflucht und Verstädterung
vorbeugen. In Zukunft wird Bhutan nämlich
nicht zuletzt auf Grund der Bevölkerungsentwickelung zahlreiche neue Arbeitsplätze
benötigen.
Quelle:
PILZ, B. (1999): Bhutan – Die Suche nach dem Königsweg. - In: STUDIENKREIS TOURISMUS UND ENTWICKLUNG: Tourismus
verstehen. 25 Jahre SympathieMagazine. – Ammerland, S. 32-33
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