Analyse von Beobachtungen der dynamischen Struktur der hohen
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Analyse von Beobachtungen der dynamischen Struktur der hohen
Analyse von Beobachtungen der dynamischen Struktur der hohen Venusatmosphäre Bachelorarbeit von Maren Herrmann durchgeführt am I. Physikalischen Institut der Universität zu Köln Köln, 5. August 2010 Inhaltsverzeichnis 1 Überblick 1 2 Einleitung 2 3 Grundlagen 3.1 Allgemeines zu Planetenatmosphären 3.2 Die Venus . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Die Atmosphäre der Venus . . . . . . 3.4 Molekülspektroskopie . . . . . . . . . 3.5 Das Messinstrument IRHS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 2 3 3 7 9 4 Beobachtungen von 1990/91 und Auswertung der Daten 11 4.1 Beobachtungsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 4.2 Aufnahme und Verarbeitung der Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 4.3 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 5 Interpretation und Vergleich 5.1 Aussage . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1 Vergleich zu anderen Messungen 5.2.2 Vergleich zum Modell . . . . . . 5.3 Interpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 26 30 30 31 32 6 Zusammenfassung 33 6.1 Übersicht der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 6.2 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Literaturverzeichnis 35 Danksagung 37 Erklärung 38 1 Überblick 1 Überblick Planetenforschung ist eine der Aufgaben der modernen Physik. Ein Teilgebiet dieser Forschung ist die Atmosphärenforschung. Um Atmosphärenforschung betreiben zu können werden Daten auf verschiedenste Arten und Weisen gewonnen. Eine dieser Arten ist die Beobachtung von Moleküllinien mit Hilfe von Teleskopen von der Erde aus. Auf diesem Weg wurden in den vergangenen Jahren auch Daten über die Venus gesammelt. Einige dieser Daten, die in den Jahren 1990 und 1991 mit dem Infrarot-Heterodyn-Spektrometer IRHS des NASA Goddard Space Flight Center, Maryland, USA, aufgenommen wurden, zeigen Non-LTE (non local thermodynamic equilibrium = nicht im thermischen Gleichgewicht befindlich) Emissionslinien von CO2 bei ca. 10 µm und liegen als Rohdaten vor. Sie werden in dieser Arbeit hinsichtlich der Windgeschwindigkeit in der oberen Atmosphäre (100-120 km) ausgewertet und mit anderen Messungen und Modellen verglichen. Dazu wurden erst die Beobachtungsbedingungen, die damals herrschten, rekapituliert und der Aufbau des damals benutzten Messinstruments betrachtet. Das besondere an dem benutzten Instrument ist neben der hohen spektralen Auflösung die Stabilisierung des Lasers mithilfe des Lamb-Dip Verfahrens. Dies ermöglicht eine aussergewöhnlich exakte Messung von Windgeschwindigkeiten auf wenige Meter pro Sekunde genau. 1 2 Einleitung 2 Einleitung Das Verständnis der physikalischen Abläufe auf der Erde ist ein wichtiges Ziel. Nur so können verlässliche Vorhersagen getroffen werden und somit Notwendigkeiten für die Zukunft erkannt werden. Nun ist es zwingend notwendig Daten zu haben um aus diesen Modelle zu errechnen, die Vorhersagen erst ermöglichen. Zu diesem Ziel hilft auch die Betrachtung unserer Nachbarplaneten. Geht man davon aus, dass die Physik ihrem Anspruch gerecht wird universell zu sein, sind Vorgänge auf anderen Planeten auch ein Hinweis auf Vorgänge auf der Erde. Ein immer wieder interessantes Thema ist auch die Atmosphäre der Erde, sei es um den Klimawandel zu erklären oder um Vorhersagen über Stürme treffen zu können. Aus diesem Grund ist es lohnenswert sich die Atmosphäre der erdähnlichen Planeten, also Mars und Venus, anzuschauen. Besonders interessant ist dabei die zeitliche Entwicklung verschiedener Windsysteme. Sie erlaubt es, ein Bild von Vorgängen auf dem Planeten zu entwerfen. Dieses Bild oder Modell kann dann unter Umständen nützlich sein um Prognosen über die Erde zu erstellen oder Vorgänge in ihrer Vergangenheit zu erklären. Dafür benötigt man möglichst viele Messdaten. Eine dieser Messungen fand 1990/1991 mit dem Instrument IRHS des NASA Goddard Space Flight Center vom IRTF Teleskop von Hawaii aus statt. Sie liefert hochaufgelöste spektroskopische Daten über die obere Atmosphäre unseres Nachbarplaneten Venus. Gemessen wurden dabei Emissionslinien von CO2 . Durch die Auswertung dieser Daten und dem Vergleich mit anderen Messungen und mit Modellen der Venusatmosphäre soll die zeitliche Dynamik der Venusatmosphäre untersucht werden. 3 Grundlagen 3.1 Allgemeines zu Planetenatmosphären Als Atmosphäre bezeichnet man die gasförmige Hülle, die einen Planeten oder einen anderen Himmelskörper umgibt. Bisher weiß man unter anderem von Mars, Venus, den Riesenplaneten, einigen ihrer Monde und natürlich der Erde, dass sie eine solche besitzen. In dieser finden verschiedene Prozesse statt, z.B. kommt es zu Teilchenbewegungen (Winden), die für Austausch von Temperatur sorgen. Dieser Austausch sorgt für das Zustandekommen von Phänomen, die auch Auswirkungen auf die Oberfläche des Planeten haben können. Dies ist das Wetter. Winde sind auch deswegen besonders interessant. Meist gibt es bestimmte Zonen in der Atmosphäre in denen eine bestimmte Windrichtung vorherrscht, auf der Nordhalbkugel der Erde dominiert zum Beispiel Westwind. 2 3 Grundlagen Diese vorherrschende Windrichtung wird von äußeren Einflüssen bestimmt. Wichtige Mechanismen dabei sind die Rotation des Planeten und die Sonneneinstrahlung. Beschränkt man ein Modell der Atmosphäre auf die wichtigsten Phänomene, so bekommt man eine einfache Vorstellung mit Hilfe derer sich Windgeschwindigkeiten vorhersagen lassen. Allgemein werden Atmosphären in verschiedene Schichten eingeteilt, die Troposphäre in der sich das Wetter abspielt, die Stratosphäre in der der Energietransport über Strahlung vorherrscht, die Mesosphäre in der die Temperatur deutlich sinkt, die Thermosphäre die eine warme Schicht mit geringer Dichte darstellt und die Exosphäre als Begrenzung zum Weltraum hin. Diese Einteilung erfolgt bei der Erde über das Temperaturprofil der einzelnen Schichten. 3.2 Die Venus Die Venus ist unser nächster Nachbarplanet im Sonnensystem. Sie hat eine Masse von 4,869x1024 kg und einen Durchmesser von ca. 12100 km. Damit ist sie fast genauso groß wie die Erde und gehört zu den erdähnlichen Planeten. Sie ist allerdings sonnennäher als die Erde und benötigt für einen Umlauf um die Sonne nur 224,7 Erdtage. Für eine Rotation um ihre eigene Achse braucht sie umgerechnet 243 Erdtage. Diese langsame Rotation, die entgegen der Umlaufrichtung um die Sonne verläuft, ist dafür verantwortlich, dass ein Venustag nicht mit der Rotationsperiode übereinstimmt, sondern 117 Erdentagen entspricht. Bedingt durch ihre Nähe zur Sonne und dem durch die große Menge an CO2 in der Atmosphäre verursachten Treibhauseffekt herrschen auf der Venus hohe Temperaturen von mehreren hundert Kelvin. Die Venus unterscheidet sich ausserdem von der Erde durch ihre geringe Neigung zu ihrer Umlaufbahn. Dadurch gibt es auf der Venus, im Gegensatz zur Erde, keine Jahreszeiten. 3.3 Die Atmosphäre der Venus Die Atmosphäre der Venus unterscheidet sich von der der Erde in mehreren Faktoren. Sie besitzt 90-mal mehr Masse als die Erdatmosphäre, besteht zu 96,5 % aus CO2 und zu 3,5 % aus Stickstoff. Weitere, nur in bestimmten Höhen zu findende Spurengase sind zum Beispiel Schwefeldioxid, Wasser oder Schwefelsäure. Am Boden herrschen in ihr 477◦ Celsius und ein Druck von 93 bar. Das Wettergeschehen spielt sich in einer Höhe bis zu 100 km ab. In eine Höhe bis zu 72km reicht die Wolkenschicht der Venus, die aus Schwefelsäurewolken besteht. Untersuchun- 3 3 Grundlagen Abbildung 1: Ultraviolettbild der Wolkendecke der Venus aufgenommen vom Pioneer Venus Orbiter am 26.Februar 1979 [NSSDC] gen haben gezeigt, dass die Venus in drei Breitengradzonen eingeteilt werden kann, die sich durch die Zusammensetzung der Wolken unterscheiden. Die erste befindet sich vom Äquator bis zur Breite von 50◦ . Hier herrschen Phänomen vor, die durch die hohe Sonneneinstrahlung vorangetrieben werden. In den Breiten zwischen 50◦ und 70◦ liegt über den Wolken ein Kaltluftband. Bei Breitengraden über 70◦ fängt die Polarregion an, hier liegen die Wolken nur noch bis zu einer Höhe von 64 km. Ausserdem findet man hier den sogenannten polaren Vortex, ein Verwirbelung der Wolken [Titov2008]. Ab einer Höhe von 100 km, also überhalb der Region, in der sich das Wettergeschehen abspielt, spricht man auf der Venus von der oberen Atmosphäre. Die Dynamik der oberen Atmosphäre wird beherrscht von zwei Windphänomen. Zum einen von einem sonnengetriebenem Wind der von der Tages- zur Nachtseite der Venus vorherrscht. Dieser Wind weht vom sonnennächsten, dem sogenannten subsolar Punkt (SS), zum sonnenfernsten, dem sogenannten antisolar Punkt (AS). Deswegen bezeichnet man diesen Wind auch als SS-AS Wind. Der Wind entsteht durch die Aufheizung der Atmosphäre auf der Tagesseite und der Abkühlung auf der Nachtseite. Vom sonnennächsten Punkt hin bis zur Tag/Nachtgrenze (Terminator) wird der Wind immer schneller und danach wieder langsamer. In erster Näherung lässt sich das beschreiben durch die Formel vSS−AS = vmax − vmax ( 90 − SZA ) 90 (1) [Goldstein1990] SZA bezeichnet den Solar-Zenith-Angle, den solaren Zenit-Winkel, dies ist der Winkel in 4 3 Grundlagen dem die Sonneneinstrahlung relativ zum lokalen Zenit auf den Beobachtungspunkt fällt. Dieser lässt sich berechnen über den Winkel, der zwischen dem sonnennächsten Punkt und dem Beobachtungspunkt liegt. Man erhält ihn über die Formel für den Großkreis SZA = arccos(sin(αSS ) sin(α) + cos(αSS ) cos(α) cos(βSS − β)) (2) αSS = Breitengrad des sonnennächsten Punktes, α = Breitengrad des beobachteten Punktes, βSS = Längengrad des sonnennächsten Punktes, β = Längengrad des beobachteten Punktes Abbildung 2: Modell der Hauptwindsysteme auf der Venus. Zu erkennen ist der dominante SS-AS Wind in der oberen Atmosphäre. [wikipedia1] Zum anderen gibt es einen retrograden superrotierenden zonalen (RSZ) Wind. Dieser Wind weht in Richtung der Rotation der Venus. Er ist jedoch schneller als der Planet sich dreht. Während sich der Planet, wie schon erwähnt, sehr langsam um die eigene Achse dreht, weht der RSZ Wind in der oberen Atmosphäre in wenigen Tagen um den Planeten. Man kann den Wind, wenn die Windgeschwindigkeit an einem bestimmten Breitengrad bekannt ist, auf die anderen Breitengrade umrechnen durch vRSZ = vÄquator · cos(β) (3) vRSZ = RSZ Windgeschwindigkeit an einer Position β = Breitengrad der Position Erforscht wurden diese Phänomene unter anderem im Jahr 1975 von den Raumsonden Venera 9 & 10, 1978 von dem Pioneer Venus Orbiter und von der Sonde Galileo im Jahr 1990. Desweiteren gibt und gab es diverse Bodenmessungen. Dabei stellte man einen 5 3 Grundlagen großen Temperaturunterschied zwischen der Tag- und der Nachtseite fest. So traten in einer Höhe von 150km auf der Nachtseite Temperaturen von 100K-130K und auf der Tagesseite von 310K auf. In einer Höhe von 100 km wurde jedoch auf beiden Seiten die gleiche Temperatur von 170 K beobachtet [Bougher1997]. Abbildung 3: Druck- und Temperaturprofil der Venusatmosphäre [wikipedia2] Ein für die untersuchten Daten wichtiges Phänomen ist die ’non local thermodynamic equilibrium’ (non-LTE) Emission von CO2 . Es entsteht durch die Anregung von CO2 Molekülen durch die Sonneneinstrahlung. Beim Zurückfallen auf das vorherige Niveau wird Strahlung mit einer Wellenlänge von 10 µm emittiert. Diese Art der Emission tritt nur bei geringen Drücken von ca. 0,001-0,003 mbar, also in der oberen Atmosphäre (100120 km) auf. (vergleiche [Sornig2009] & [Goldstein1991]) 6 3 Grundlagen 3.4 Molekülspektroskopie Die Spektroskopie ist eine Methode der Experimentalphysik, die es ermöglicht Eigenschaften von Molekülen zu untersuchen. Dabei betrachtet man die Emissions- oder Absorptionslinien des zu untersuchenden Moleküls. Dies kann man für die unterschiedlichste elektromagnetische Strahlung durchführen. Bei den erhaltenen Spektrallinien treten im Allgemeinen keine scharf begrenzten Linien auf sondern ein schmaler Frequenzbereich wird abgedeckt, dies nennt man Profil. Das Lorentz-Profil ist eines dieser Profile, das durch die Heisenbergsche Unschärferelation begründet ist. Ein Gauß-Profil entsteht durch die Dopplerverbreiterung der Linie, also dadurch, dass durch die Bewegung der Moleküle eine Frequenzverschiebung ihrer emittierten Strahlung auftritt. Das elektromagnetische Spektrum teilt die beobachtbare Strahlung in verschiedene Bereiche ein. Dazu zählen (von kleineren zu größeren Frequenzen): Radiowellen, Mikrowellen, Millimeterwellen, Infrarotstrahlung, sichtbares Licht, Ultraviolettwellen sowie Röntgen- und Gammastrahlen [Hollas1997]. Die bodenbasierten Messungen an der Venusatmosphäre, mit denen in Kapitel 5.2.1 verglichen wird, wurden entweder im Infrarotbereich, bei einer Wellenlänge von 10 µm [Goldstein1991], im Submillimeter Bereich, z.B. [Clancy2008] oder im Millimeter Bereich [Lellouch2008] durchgeführt. Die in dieser Arbeit ausgewerteten Daten wurden mit Hilfe von heterodyner Messtechnik aufgenommen. Heterodyntechnik Da die Daten für diese Arbeit mit einem Heterodyn-Messgerät aufgenommen wurden wird hier kurz das Prinzip der Heterodyn-Spektroskopie erklärt. Das Grundprinzip arbeitet mit zwei Signalen, zum einen mit der zu analysierenden Quelle und zum anderen mit einem Lokaloszillator (LO). Diese beiden Signale werden überlagert und dabei kommt es zur Addition ihrer elektrischen Felder. Ein nichtlinearer Detektor wird benutzt um die Intensität des so entstandenen Signals zu messen. Gemessen wird die Intensität als das Quadrat der elektrischen Felder. Somit ergibt sich: 1 2 1 2 cos2 (ωLO t) + ESig cos2 (ωSig t) E 2 = ELO 2 2 + ELO ESig cos((ωLO + ωSig )t) + ELO ESig cos((ωLO − ωSig )t) 7 (4) 3 Grundlagen Der Detektor kann nicht alle dieser Anteile messen. Die schnelle Änderung in cos((ωLO + ωSig )t) und die einzelnen Frequenzen können nicht gemessen werden. Damit ist der Strom im Detektor: Idet = ILO + ISig + 2Σ p ILO ISig cos(∆ωi · t) (5) Der letzte Term ist das Signal, dass die gesuchten Frequenzen liefert. Eine Frequenz kann sowohl in negativer als auch in positiver Richtung vom LO verschoben sein. Diese beiden Abbildungen werden als die verschiedenen Seitenbänder bezeichnet. Zwischen den einzelnen Seitenbändern kann der Detektor aufgrund der Achsensymmetrie des Kosinus aber nicht unterscheiden. [Gleichungen aus [Sornig2009] und [Sonnabend1998]] 8 3 Grundlagen 3.5 Das Messinstrument IRHS An dieser Stelle wird kurz das Instrument IRHS vorgestellt mit dem die auszuwertenden Daten aufgenommen wurden. Dieses Messinstrument ist im NASA Goddard Space Flight Center von T.Kostiuk und Team entwickelt worden. IRHS steht für Infrared Heterodyne Spectometer und erklärt somit, dass das Instrument mit heterodyner Messtechnik im Infrarotbereich arbeitet. Eine Erklärung der Heterodyntechnik findet sich im vorherigen Kapitel. In dem Instrument diente ein CO2 Laser als Lokaloszillator (LO), dessen Wellenzahl bei 967,7073 cm−1 lag. Der Laser wurde mit der sogenannten Lamb-Dip Stabilisierung auf Position gehalten. Der Vorteil der Lamb-Dip Stabilisierung, die auch als dopplerfreie Sättigungsspektroskopie bezeichnet wird, liegt in der geringen Linienbreite der Emission. Mit einem Laser werden Atome so angeregt, dass diese in ein höheres Niveau wechseln. Dadurch ist das untere Niveau nahezu entvölkert. Es entsteht ein Einschnitt in der ursprünglichen Linie des Lasers. Dieser Einschnitt kann nun abgefragt werden. Dadurch entsteht ein schmaler Peak, der nun nicht mehr dopplerverbreitert ist [Meschede2008]. Nach der Mischung von Signal- und LO-Frequenz wird das entstandene Spektrum mithilfe eines Radiofrequenz Lokaloszillators (RFLO) in den Bereich der analysierenden Filterbank geschoben. Das Instrument hatte zwei Messbereiche, den sogenannten Low Resolution Bereich (geringe Auflösung) und den High Resolution Bereich (hohe Auflösung). Im Low Resolution Bereich wird mit einer Auflösung von 25 MHz gemessen, im High Resolution Bereich wird auf 5 MHz genau aufgelöst. Dazu muss das Signal allerdings erstmal innerhalb des gesamten Frequenzbereiches in den Bereich geschoben werden, der diese hohe Genauigkeit ermöglicht. Dazu wird die Frequenzposition relativ zu dem RFLO angegeben, der die Linie in einen Bereich schiebt, in dem die Filterbank hochauflösend arbeiten kann. Dieser Bereich liegt zwischen 1290 und 1610 MHz. Der RFLO hat eine Frequenz im Bereich von 2000 MHz, so dass eine Linie, die bei ca. 600 MHz liegen würde, wie es unter Berücksichtigung der durch die Relativgeschwindigkeit zwischen Erde und Venus verursachten Dopplerverschiebung typisch wäre, nun bei 1400 MHz liegt. Dies ist genau im Bereich hoher Auflösung. Bei der Auswertung der Daten muss dieser Schritt auch beachtet werden, die Daten sind um eine Frequenz von 1610 MHz, dies ist der High Resolution Bereich, minus ca. 2000 MHz, dies ist die Frequenz des RFLO, gleich 400 MHz verschoben. Eine Linie die eigentlich bei 600 MHz liegen würde, ist also im Bereich von 200 MHz zu finden (siehe Abbildung 4). 9 3 Grundlagen Abbildung 4: Schematische Darstellung der Verschiebung der Frequenzposition des Spektrums durch die Elektronik des Messgeräts 10 4 Beobachtungen von 1990/91 und Auswertung der Daten 4 Beobachtungen von 1990/91 und Auswertung der Daten Die in dieser Arbeit untersuchten Daten sind Rohdaten der oberen Venusatmosphäre, die in den Jahren 1990/1991 vom NASA Goddard Space Flight Center aufgenommen wurden und zur Verfügung gestellt wurden um sie hinsichtlich der Windgeschwindigkeiten auszuwerten. Dazu ist es wichtig die Beobachtungsbedingungen, die zum Zeitpunkt dieser Messungen herrschten zu beachten und, soweit notwendig, in die Auswertung mit einzubeziehen. 4.1 Beobachtungsbedingungen Die Daten wurden am IRTF Teleskop auf dem Mauna Kea auf Hawaii aufgenommen. Der Durchmesser des Hauptspiegels des Teleskops beträgt 3m, damit erhält man ein Gesichtsfeld von knapp unter einer Bogensekunde. Hinzu kommt eine Positionsungenauigkeit, die ebenfalls knapp unter einer Bogensekunde anzusiedeln ist. In den jeweiligen Beobachtungszeiträumen war die Venus zu 5-11 % beleuchtet (siehe Tabelle 1). Es war somit nur eine schmale Sichel beleuchtet. Dies hat den Vorteil, dass die Messungen sowohl nah am Rand der Sichtscheibe, wo man entlang der Sichtachse den längsten Weg durch die Atmosphäre hat, als auch nah am Terminator stattfinden konnten. Die Nähe zum Terminator, also dem Grenzstreifen zwischen beleuchteter und unbeleuchteter Seite, ist von Interesse, da am Terminator aufgrund des SS-AS Windes hohe Windgeschwindigkeiten zu erwarten sind. Nachteil dieser Beobachtungsgeometrie ist, dass man aufgrund des langen Wegs durch die Atmosphäre nicht die bestmögliche örtliche Auflösung erhält. Beobachtungstag 4.1.1990 5.2.1990 9.8.1991 6.9.1991 Aufgang 8:17 5:06 7:26 4:36 Untergang 19:31 16:26 19:38 16:59 Beleuchtung 6,7% 10,64% 6,11% 8,11% Helligkeit -4,46 mag -4,54 mag -4,25 mag -4,35 mag Größe 57” 53” 53” 53” Tabelle 1: Beobachtungstage und relevante Daten der Venus; Uhrzeit für Venusaufgang und -untergang in Ortszeit Hawaii 11 4 Beobachtungen von 1990/91 und Auswertung der Daten Abbildung 5: Aufnahmepunkte im Januar 1990, Punktgröße entspricht der Gesichtsfeldgröße des Teleskops plus der Ungenauigkeit der Position Abbildung 6: Aufnahmepunkte im Februar 1990 12 4 Beobachtungen von 1990/91 und Auswertung der Daten Abbildung 7: Aufnahmepunkte im August 1991 Abbildung 8: Aufnahmepunkte im September 1991 13 4 Beobachtungen von 1990/91 und Auswertung der Daten 4.2 Aufnahme und Verarbeitung der Daten Die untersuchten Daten wurden in den Monaten Januar/Februar 1990 und August/September 1991 aufgenommen. Sie zeigen an verschiedenen Stellen der beleuchteten Sichel der Venus die 10 µm Non-LTE R(8) Linie von Kohlendioxid (siehe auch Kapitel 3.3). Die Daten aus den vier Messreihen sind nach dem gemessenen Ort wieder unterteilt. An jedem Ort wurden mehrere Einzelmessungen (4-24) mit einer Länge von etwas mehr als 100 Sekunden aufgenommen. Dabei wurden nach dem Schema ABBA jeweils sogenannte A und B Messungen durchgeführt. Dies bedeutet, dass man mit zwei Strahlen arbeitet von denen einer auf den Planeten gerichtet ist und einer auf den Hintergrund, also den Himmel ohne Venus. Die beiden Spektren werden dann von einander abgezogen. Dann wird bei den A Messungen das Spektrum des Hintergrunds von dem des Planeten abgezogen. Bei B Messungen verfährt man entgegengesetzt, die Strahlen werden getauscht (Beam-switching). Dadurch sollen sich mögliche systembedingte konstante Fehler wieder ausgleichen. Um herauszufinden ob dies wirklich der Fall ist, wurden die A- (Abbildung 9) und B- (Abbildung 10) Messungen auch einzeln betrachtet. Dazu später mehr. Abbildung 9: Beispiel für eine A-Messung (erste Einzelmessung im August 1991) Den Wind bestimmt man über die durch den Dopplereffekt verursachte Frequenzverschiebung. Um nun aus den gemessenen Emissionslinien die Windgeschwindigkeit bestimmen zu können muss die Frequenzposition des Peaks möglichst genau bekannt sein. Die Höhe des Peaks ist für diese Untersuchung nicht relevant und wird deshalb in einer beliebigen Einheit angegeben. Durch das Heterodynverfahren wird direkt die Frequenzverschiebung zwischen der Linie von unbewegten Teilchen und der durch Teilchenbewegung verschobenen Linie gemessen. Zu dieser Frequenzverschiebung leisten zwei 14 4 Beobachtungen von 1990/91 und Auswertung der Daten Abbildung 10: Beispiel für eine B-Messung (zweite Einzelmessung im August 1991) Geschwindigkeiten einen Beitrag. Zum einen die Relativbewegung zwischen Erde und Venus und zum anderen die Windgeschwindigkeit. Die Relativbewegung zwischen Erde und Venus ist bekannt und kann nachgeschlagen werden [NASA horizons]. Die nun übrig bleibende Frequenzverschiebung ist diejenige die durch den Wind auf der Venus verursacht wird. Unter Berücksichtigung der bereits im Kapitel 3.5 beschriebenen Umrechnungen ergibt sich aus der Peakposition für den Wind: vW ind = (νP eakposition − 1610M Hz − νDopplerErde−V enus + νrf lo )/k (6) dabei ist k die Wellenzahl des CO2 Lasers, der als Lokaloszillator benutzt wurde, in unserem Fall 96771 m−1 . Diese Formel gilt für eine positive Dopplerverschiebung (Venus und Erde bewegen sich aufeinander zu). Bei einer negativen Dopplerverschiebungsfrequenz, würden die Frequenzen in ein anderes Seitenband abgebildet werden und man muss die Vorzeichen ändern (das Vorzeichen der Dopplerverschiebungsfrequenz ist in νDopplerErde−V enus schon beachtet): vW ind = −(νP eakposition − 1610M Hz + νDopplerErde−V enus + νrf lo )/k (7) Die erhaltene Geschwindigkeit hat nun ebenfalls ein positives oder negatives Vorzeichen, da alle in dieser Arbeit ausgewerteten Winde auf den Beobachter zu kommen, wird in den folgenden Tabellen auf das Vorzeichen der Geschwindigkeiten verzichtet. 15 4 Beobachtungen von 1990/91 und Auswertung der Daten Bevor mit der Auswertung der Daten begonnen wurde, wurden verschiedene Methoden betrachtet um die sinnvollste für die Auswertung zu finden. Es wurde überlegt ob man, obwohl die Einzelmessungen ein schlechtes Signal zu Rauschen Verhältnis von um die 2 haben, jede Einzelmessung separat auswertet und die gewonnene Peakposition verwendet. Gegen diese Idee sprach der Gedanke bei der Durchführung von A- und B-Messungen, nämlich systematische Fehler dadurch zu eliminieren. Deswegen war die nächste Überlegung jeweils eine A und B Messung zusammen zu fassen und dann die Peakposition zu bestimmen. Die letzte Idee war alle Einzelmessungen einer Messposition, die in einem Durchgang aufgenommen wurden, aufzusummieren um ein besseres Signal zu Rauschen Verhältnis (ca.4) zu erhalten. Diese Ideen führten dazu, dass drei Möglichkeiten ausprobiert wurden die Daten auszuwerten: 1) Anfitten jeder einzelnen Messung mit Bestimmung der einzelnen Peaks; diese dann einzeln bezüglich Windgeschwindigkeiten auswerten und den Mittelwert der so bestimmten Windgeschwindigkeiten bilden 2) Spiegelung der B Messungen an der x-Achse mit anschließendem Addieren der ABPaare, wobei dabei die Änderung der Erde-Venus Dopplerverschiebung, die sich zwischen den beiden Messungen ergibt, beachtet wurde; auch hier anschließendes Anfitten und Bestimmung der einzelnen Windgeschwindigkeiten 3) Addieren der gesamten Messungen einer Reihe (Abbildung 11) unter Berücksichtigung der Spiegelung der B Messungen und der Dopplerverschiebung zwischen den einzelnen Messungen; erst danach Anfitten und Bestimmung der Windgeschwindigkeiten Bei den Methoden 2 und 3 muss man sich für die Berücksichtigung der Dopplerverschiebung auf ein Verfahren festlegen. Die Berücksichtigung erfolgt über die Verschiebung der Rohdaten. Da sich die Verschiebung zwischen zwei Messungen aber unterhalb von einem Megahertz bewegt, die Kanäle aber einen Bereich von 5 MHz umfassen, soll an dieser Stelle kurz die Überlegung hinter der Verschiebung erklärt werden. Um die Kurve bzw. den Datensatz zu verschieben wurde angenommen, dass die Intensitäten homogen über die gemessene Breite von 5 MHz verteilt sind. Diese Annahme muss getroffen werden, da die Daten nur auf 5 MHz genau aufgelöst sind. Um nun einen Datensatz zum Beipiel um 1 MHz zu verschieben, wurden 1/5 der gemessenen Intensität einen Kanal weiter geschoben. Dadurch setzt sich der neue Wert der Kanäle zu 4/5 aus dem ursprünglichen 16 4 Beobachtungen von 1990/91 und Auswertung der Daten Abbildung 11: Aufaddierte und angefittete Daten für die erste Messreihe im August 1991 Wert und zu 1/5 aus den dorthin geschobenen Werten zusammen. Durch diese Art der Berechnung kann sich die Kurve verbreitern und die Peakhöhe verringern, da für die Messung der Windgeschwindigkeit aber nur der Ort des Peaks interessiert, ist die Methode anwendbar. Das Anfitten wurde jeweils mit einer Gaußkurve realisiert. Dies ist möglich, da bei der Non-LTE Linie keine Druckverbreiterung der Linie zu erwarten ist. Alle drei Möglichkeiten wurden für eine Beispiel-Datenreihe (August 1991) durchgeführt um entscheiden zu können welches Vorgehen das sinnvollste ist. An einem Beispiel sollen die einzelnen Schritte von den Rohdaten zum Venuswind für die verschiedenen Methoden veranschaulicht werden: Bei Methode 1 werden die Daten aus den Einzelmessungen erst geplottet (Abbildung 9) und dann mit einer Gaußkurve gefittet (Abbildung 12). Der Fit gibt eine Peakposition an, in dem Beispielfall aus Abbildung 12 ist diese zu 186,7 MHz angegeben. Nun muss man noch wissen, dass die Geschwindigkeit zwischen Erde und Venus zum Zeitpunkt der Messung -6,2997 km/s [NASA horizons] betrug, was umgerechnet auf die verwendete Laserfrequenz einer Dopplerverschiebung von -609,63 MHz entspricht. Durch Einsetzen in Formel (7) für den Venuswind erhält man eine Geschwindigkeit von 142±8 m/s. Dieses Verfahren wurde dann für alle Einzelmessungen durchgeführt. Danach wurde das arithmetische Mittel sowie die Standardabweichung gebildet und man erhielt einen Wert von 136±17 m/s. Bei Methode zwei wurde ähnlich verfahren, diesmal mussten die beiden Kurven allerdings vor dem Fitten addiert werden. Um das zu erreichen wurde die B-Messung zunächst an der x-Achse gespie- 17 4 Beobachtungen von 1990/91 und Auswertung der Daten Abbildung 12: Erste Einzelmessung im August 1991 mit angefitteter Gaußkurve gelt. Dann wurde der Frequenzunterschied der Dopplerverschiebung zwischen A- und B-Messung ausgerechnet, in diesem Fall betrug er 0,64 MHz. Außerdem fiel im Messprotokoll auf, dass der RFLO bei der A-Messung eine Frequenz von 2046,7 MHz und bei der B-Messung eine von 2046,3 MHz hatte, zwischen den Messungen also einen Frequenzunterscheid von 0,4 MHz laut Messprotokoll hat. Auch dieser Unterscheid wurde berücksichtigt, da dieser Effekt entgegengesetzt zur Dopplerverscheibung war, musste die B-Messung um 0,24 MHz verschoben werden (Abbildung 13). Danach wurden beide Kurven aufsummiert und dann durch 2 geteilt (die Halbierung der nun entstandenen Intensitäten dient nur der besseren optischen Vergleichbarkeit, die Intensität ist sowieso in einer beliebigen Einheit angegeben). Die entstandene Kurve wurde dann wieder mit einer Gaußkurve angefittet (Abbildung 14). Nun wurde wie in Methode 1 verfahren, um die Geschwindigkeit zu errechnen. Da die zweite Kurve ja Richtung der ersten Kurve verschoben wurde, müssen sowohl für die RFLO-Frequenz, als auch für die Dopplerverschiebung, der Wert von der ersten Messung eingesetzt werden. So ergibt sich ein Venuswind von 134± 5m/s. Dies wurde dann wieder für alle A-B-Paare durchgeführt und das Ergebnis wieder arithmetisch gemittelt. Dadurch erhielt man einen Wind von 138±8 m/s. Bei Methode 3 wurden dann entsprechend erst alle B-Messungen gespiegelt und dann alles Richtung der ersten Einzelmessung verschoben. Dabei wurde wieder entsprechend sowohl die Dopplerverschiebung als auch die RFLO-Frequenzänderung beachtet (Abbildung 15). Danach wurde wieder 18 4 Beobachtungen von 1990/91 und Auswertung der Daten Abbildung 13: A-Messung und verschobene B-Messung, erste und zweite Einzelmessung August 1991 aufsummiert (Abbildung 11), gefittet und der Wind berechnet. Diese drei Arten der Auswertung wurden für alle 6 Messpunkte im August 1991 durchgeführt. Das Ergebnis dieser Auswertungen findet sich in Tabelle 2. 19 4 Beobachtungen von 1990/91 und Auswertung der Daten Abbildung 14: Kurve der aufsummierten ersten A- und B-Messungen im August 1991 und angefittete Gaußfunktion Abbildung 15: Die 16 Einzelmessungen der ersten Augustmessreihe zur ersten hin verschoben, B-Messungen bereits an der x-Achse gespiegelt 20 4 Beobachtungen von 1990/91 und Auswertung der Daten Position Äquator 70W ” ” Äquator 70W ” ” 70N 80W ” ” 20N 80W ” ” 40N 80W ” ” 20S 80W ” ” Methode 1 2 3 1 2 3 1 2 3 1 2 3 1 2 3 1 2 3 Geschwindigkeit [m/s] 136 138 139 143 144 143 115 117 118 127 127 126 114 115 115 132 133 133 Fehler [m/s] 17 8 4 14 9 4 26 17 3 36 19 3 11 6 3 16 10 4 Tabelle 2: Ergebnisse der verschiedenen Methoden für die Messreihe im August 1991, bei Methode 1 und 2 wurde der Fehler des Mittelwertes genommen, bei Methode 3 der Fitfehler (1-σ Fehler) Es fällt auf, dass das Ergebnis von dem Anfitten der Einzelmessungen gegenüber den anderen beiden Methoden abweicht. Dies ist damit zu erklären, dass durch das Addieren eines A-B Paares die systematischen Fehler ausgeglichen werden und es dadurch zu einem besseren Signal zu Rauschen Verhältnis kommt. Das folgende Beispiel aus Abbildung 16 lässt vermuten, dass die meisten A-Messungen einen Wind angeben, der verglichen mit dem Gesamtergebnis zu niedrig ist, während bei den B-Messungen eher eine Tendenz zu höheren Winden besteht Zwar ist die Tendenz, dass A-Messungen in eine andere Richtung abweichen als BMessungen nicht bei allen Messreihen zu sehen, doch lässt dies einen systematischen Fehler vermuten, wie zum Beispiel einen wellenförmigen oder linear ansteigenden Untergrund, der durch das Zusammenfassen der A-B-Paare ausgeglichen wird. Bei der Auswertung auf die zweite Art erhält man noch einen relativ großen Fehler beim Anfitten der einzelnen Graphen, da die Kurven verrauscht sind. Erhöht man die Anzahl der zusammengefassten Messungen durch Aufaddieren aller Messungen, so erhält man eine Kurve, die einer idealen Gaußkurve sehr nahe kommt (Abbildung 11). So kann 21 4 Beobachtungen von 1990/91 und Auswertung der Daten Abbildung 16: Diagramm der Einzelauswertungen für die erste Augustmessreihe (Äquator 70W), A Messungen rot, B Messungen blau man die Position des Peaks, also die Frequenz an der während der gesamten Messreihe am meisten Intensität gemessen wurde, sehr präzise bestimmen. Der Fitfehler den man dabei erhält beläuft sich auf 0,4 MHz, was einem Fehler der Geschwindigkeit von 4-5 m/s entspricht. Ein weiterer Vorteil ist, dass durch das Aufsummieren der einzelnen Messungen jene mit einem schlechteren Signal zu Rauschen Verhältnis weniger stark in das Endergebnis eingehen. Es wird also direkt mit der Güte der Einzelmessung gewichtet. Aus diesem Grund wurde entschieden die Datenauswertung auf Grundlage dieser Auswertungsmethode durchzuführen. Die im folgenden Kapitel aufgelisteten Ergebnisse sind unter Durchführung der Methode 3 gewonnen worden. 22 4 Beobachtungen von 1990/91 und Auswertung der Daten 4.3 Ergebnisse Messreihe Januar 1990 Januar 1990 Januar 1990 Position auf Venus Äquator 70W 60S 70W 80S 70W Windgeschwindigkeit[m/s] 136 136 118 Fitfehler[m/s] 2 3 5 Februar Februar Februar Februar Februar 1990 1990 1990 1990 1990 Äquator 70E Äquator 70E 40N 70E 60S 70E 80S 70E 68 64 76 70 45 6 4 3 2 3 August August August August August August 1991 1991 1991 1991 1991 1991 Äquator 70W Äquator 70W 20S 80W 20N 80W 40N 80W 70N 80W 139 143 133 126 115 118 4 4 4 3 3 3 Äquator 80E Äquator MC∗ Äquator MC∗ 20N MC∗ 20N MC∗ 40N MC∗ 60N MC∗ 80N MC∗ 101 83 89 100 82 83 77 42 3 3 4 3 2 3 3 2 September September September September September September September September 1991 1991 1991 1991 1991 1991 1991 1991 Tabelle 3: Tabelle der Ergebnisse der einzelnen Messreihen, 0 E/W entspricht der Mitte der Scheibe von der Erde aus gesehen, dabei ist Ost links (Himmelskoordinaten), *MC=Midcrescent (Mitte der Sichel) ≈ 70E Tabelle 3 zeigt die durch die Auswertung erhaltenen Ergebnisse für die gesamten Messreihen. Der angegebene Fehler ist der Fitfehler (1-σ Fehler) der Gaußkurve, angegeben vom zum Fitten benutzten Programm OriginPro 8G. Zu diesem Fehler können natürlich noch andere Effekte hinzukommen, wie das Driften eines Bauteils, z. B. des Lasers oder eines Verstärkers in eine bestimmte Richtung oder Fehler, die durch Schwankungen in der Erdatmosphäre verursacht wurden. Angegeben sind hier die gemessenen Geschwindigkeiten, also diejenigen in Richtung der Sichtlinie. Die Winde sind auf den Beobachter 23 4 Beobachtungen von 1990/91 und Auswertung der Daten zukommend. Die erhaltenen Windgeschwindigkeiten sollen nun auf die Komponente des SS-AS Windes projeziert werden. Die Größe des maximalen SS-AS Windes am Terminator ist eine typische Größe, die zum Vergleich mit anderen Messungen angegeben wird. Zunächst wird deswegen auf die SS-AS Komponente des Windes umgerechnet um anschließendend mit Formel (1) den maximalen Wind anzugeben. Dazu wird ein planetares Koordinatensystem eingeführt, dessen Ursprung im Mittelpunkt des Planeten zu finden ist. Die x-Achse zeigt in Richtung des erdnächsten Punktes, die y-Achse beschreibt die Längengrade und die z-Achse zeigt Richtung Nord. Die Koordinaten in diesem System erhält man durch die Umformung in Kugelkoordinaten, wobei man noch den Kippungswinkel der Venus φ berücksichtigen muss. Dieser ergibt sich aus dem Breitengrad des erdnächsten Punktes. Die Koordinaten berechnen sich nun durch: x = cos(α) cos(β) cos(φ) − sin(β) sin(φ) (8) y = sin(α) cos(β) (9) z = sin(β) cos(φ) + cos(α) cos(β) sin(φ) (10) Dabei ist β der Längengrad und α der Breitengrad des Beobachtungspunktes relativ zum erdnächsten Punkt. Dabei ist zu beachten, dass die Positionsangabe des Beobachtungspunktes auch fehlerbehaftet ist. Die Koordinaten werden auch noch für den sonnennächsten Punkt (SS-subsolar) auf gleiche Art und Weise berechnet. (Koordinaten des erdnächsten und sonnennächsten Punktes finden sich auf [NASA horizons]) Daraus lässt sich nun die Komponente des SS-AS Windes berechnen zu: vSS−AS = vSicht /(z · ( y · xSS − x · ySS ) (x · zSS − z · xSS ) −y·( )) sin(SZA) sin(SZA) (11) (beschrieben in [Goldstein1990]) Das Ergebnis dieser Umrechnung findet sich in Tabelle 4. Durch diese Umrechnung entsteht aufgrund der Positionsungenauigkeit ein weiterer Fehler. Eine Abschätzung dieses Fehlers unter der Annahme von einer Positionsungenauigkeit von 3◦ führt zu einem Ergebnis von 3 m/s. 24 4 Beobachtungen von 1990/91 und Auswertung der Daten Messreihe Januar 1990 Januar 1990 Januar 1990 Position auf Venus Äquator 70W 60S 70W 80S 70W SS-AS Windgeschw.[m/s] 145 153 136 Fitfehler[m/s] 2 3 5 Februar Februar Februar Februar Februar 1990 1990 1990 1990 1990 Äquator 70E Äquator 70E 40N 70E 60S 70E 80S 70E 73 68 86 85 56 6 4 3 2 3 August August August August August August 1991 1991 1991 1991 1991 1991 Äquator 70W Äquator 70W 20S 80W 20N 80W 40N 80W 70N 80W 148 153 136 130 123 132 4 4 4 3 3 3 Äquator 80E Äquator MC Äquator MC 20N MC 20N MC 40N MC 60N MC 80N MC 103 89 95 109 89 93 90 50 3 3 4 3 2 3 3 2 September September September September September September September September 1991 1991 1991 1991 1991 1991 1991 1991 Tabelle 4: Tabelle der Ergebnisse der einzelnen Messreihen, umgerechnet auf die SS-AS Windkomponente 25 5 Interpretation und Vergleich 5 Interpretation und Vergleich 5.1 Aussage Wenn man sich nun die Ergebnisse des vorherigen Kapitels anschaut so sieht man einige Auffälligkeiten. Zum einen wird die Geschwindigkeit vom Äquator weg hin zu den Polen tendenziell kleiner, zum anderen weisen die Januar- und Augustmessungen höhere Geschwindigkeiten auf als die Februar- und Septembermessung. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Monaten sowie Breitengraden können auch schon mit dem bisherigen einfachen Modell erklärt werden. Schaut man sich die Beobachtungsgeometrie an, so sieht man, dass sich ein auftretender zonaler Wind (RSZ Wind, siehe Kapitel 3.3) bei den Januar-/Augustmessungen additiv zum SS-AS Wind ausgewirkt hat, bei den Februar/Septembermessungen würde ein solcher Wind jedoch in die andere Richtung wirken. Ein solcher Wind hat auch andere Werte in Abhängigkeit vom Breitengrad, da, von gleicher Rotationsperiode in allen Breiten ausgehend, dieser mit zunehmenden Breiten geringer wäre. Um diesen Effekt exakt zu untersuchen reichen die aufgenommen Daten leider nicht, da sie nicht vollkommen symmetrisch bezüglich der Beobachtungspositionen sind. Um trotzdem eine Aussage darüber treffen zu können wie hoch der tatsächliche SS-AS Wind ist, wurde als einfache Annahme gewählt, dass sowohl der SS-AS Wind als auch der RSZ Wind bei den Messungen in der Mitte der beleuchteten Sichel konstant sind. Dies ist in der Realität vermutlich nicht gegeben, soll hier aber als grobe Abschätzung benutzt werden. Zieht man nun die Werte der Sichtachsengeschwindigkeit der Februar-, bzw. Septembermessung von denen der Januar-, bzw. Augustmessung ab, erhält man den doppelten Wert des RSZ Windes. So ergibt sich für den RSZ Wind bei den Messungen von 1990 ein Wert von 37±5 m/s und bei den 1991 Messungen einer von 29±4 m/s. Deswegen soll an dieser Stelle von einer RSZ Windgeschwindigkeit von 33±4 m/s ausgegangen werden. Die Umrechnung auf andere Breitengrade erfolgt mit Formel (2). Rechnet man mit den dadurch erhaltenen Geschwindigkeiten den RSZ Wind nun zum SS-AS Wind dazu, bzw. zieht ihn ab, erhält man etwas einheitlichere Werte für den SS-AS Wind (siehe Tabelle 5) Diese Werte sind wie oben dargelegt zwar noch mit weiteren Fehlern behaftet und nur eine grobe Abschätzung, erscheinen aber schlüssiger. An dieser Auswertung sieht man, dass sich die Größenordnung des SS-AS Windes im Bereich zwischen 100-130 m/s bewegt. Außerdem sieht man, zumindest bei den Februarund den Septembermessungen, dass der SS-AS Wind in hohen Breiten stark abnimmt. 26 5 Interpretation und Vergleich Messreihe Januar 1990 Januar 1990 Januar 1990 Position auf Venus Äquator 70W 60S 70W 80S 70W SS-AS Windgeschw.[m/s] 112 137 130 Fitfehler[m/s] 2 3 5 Februar Februar Februar Februar Februar 1990 1990 1990 1990 1990 Äquator 70E Äquator 70E 40N 70E 60S 70E 80S 70E 106 101 112 101 62 6 4 3 2 3 August August August August August August 1991 1991 1991 1991 1991 1991 Äquator 70W Äquator 70W 20S 80W 20N 80W 40N 80W 70N 80W 115 120 105 99 98 120 4 4 4 3 3 3 Äquator 80E Äquator MC Äquator MC 20N MC 20N MC 40N MC 60N MC 80N MC 136 122 128 140 120 119 106 56 3 3 4 3 2 3 3 2 September September September September September September September September 1991 1991 1991 1991 1991 1991 1991 1991 Tabelle 5: Tabelle der Ergebnisse der einzelnen Messreihen, umgerechnet auf die SS-AS Windkomponente, unter Annahme eines RSZ-Windes von 33 m/s am Äquator 27 5 Interpretation und Vergleich Dies kann mit dem polaren Vortex erklärt werden, der den Wind beeinflussen könnte. Dieser wird eigentlich in tieferen atmosphärischen Schichten vermutet, doch könnte er auch darüber liegende Winde stören. Nun ist es üblich die erhaltenen Geschwindigkeiten noch auf die Maximalgeschwindigkeit am Terminator umzurechnen. Wendet man Formel (1) aus Kapitel 3.3 auf die Daten aus Kapitel 4.3 an, also auf diejenigen bei denen kein RSZ Wind angenommen wurde, so erhält man weit streuende Ergebnisse von 90-160 m/s. Erwartet wird jedoch ein einheitliches Bild, da die Messungen alle zum gleichen Maximalwind führen sollten. Die Polarregionen sind von dieser Betrachtung aufgrund des geringen SS-AS Windes ausgenommen. Führt man diese Rechnung nun für die Werte durch, bei denen ein RSZ Wind angenommen wurde, erhält man ein etwas einheitlicheres Bild (Abbildung 17). Abbildung 17: Mit und ohne Annahme von einem RSZ Wind von 33m/s am Äquator errechnete SS-AS Maximalgeschwindigkeiten am Terminator für alle Messreihen ausser den Polarregionen, Fehlerbalken gibt Fitfehler und abgeschätzten Positionsfehler an Zwar gibt es immer noch abweichende Messwerte, zwei Drittel der Messwerte liegen aber im Bereich von 120-140 m/s, als Ergebnis für den maximalen SS-AS Wind wird also 130±10 m/s festgehalten. Um die Hypothese eines RSZ Windes von 33 m/s zu bestätigen wurde noch die Annahme eines RSZ-Windes von 50 m/s geprüft. Die dabei erhaltenen Maximalwerte für den Wind am Terminator zeigen eine größere Streuung (Abbildung 18) als bei einem Wert von 28 5 Interpretation und Vergleich 33 m/s. Erwartet wird nach der Umrechnung auf den Maximalwind aber ein einheitliches Bild. Dies lässt die Vermutung zu, dass der Wert von 33 m/s realistischer ist. Abbildung 18: Unter Annahme von einem RSZ Wind von 55m/s am Äquator errechnete SS-AS Maximalgeschwindigkeiten am Terminator für alle Messreihen ausser den Polarregionen, Fehlerbalken gibt Fitfehler und abgeschätzten Positionsfehler an Der Durchschnitt der Werte aus Tabelle 5 zeigt zwischen den Jahren 1990 und 1991 lediglich einen Unterschied von 6 m/s. Dies liegt innerhalb der Fehlergrenzen, somit konnte allein mit diesen Messungen keine zeitliche Variabilität des Windes nachgewiesen werden. 29 5 Interpretation und Vergleich 5.2 Vergleich 5.2.1 Vergleich zu anderen Messungen Um weitere Schlüsse aus den erhaltenen Daten ziehen zu können, ist es sinnvoll diese mit anderen Messungen in der gleichen Höhe der Venusatmosphäre zu vergleichen. Dazu gab es mehrere Untersuchungen, besonders soll hier mit den Messungen aus [Goldstein1990] & [Goldstein1991] verglichen werden, da diese mit dem gleichen Messinstrument aufgenommen wurden. Weiterhin scheint ein Vergleich mit anderen Messungen mit der gleichen Technik aber einem anderen Messinstrument sinnvoll [Sornig2009] & [Sornig2008]. Zusätzlich sind die durch Messungen im Submm-Bereich [Clancy2008] [Rengel2008] gewonnenen Windgeschwindigkeiten von Interesse, da diese Technik die Venusatmosphäre auf einer ähnlichen Höhe analysiert wie IRHS. Goldstein et al. haben für ihre Messungen, die in den Jahren 1985 und 1986 stattfanden, ebenfalls ein mathematische Modell angewendet um die RSZ und die SS-AS Komponente einzeln zu errechnen. Das Ergebnis daraus ist eine SS-AS Windgeschwindigkeit von 90-150 m/s und eine RSZ Geschwindigkeit von 5-35 m/s [Goldstein1991]. Vergleicht man dies mit den Werten von 120-140 m/s SS-AS Wind und 33 m/s RSZ Wind, so sieht man eine Übereinstimmung. Ausserdem wurde das mathematische Modell (vorliegend als Computerprogramm), das Goldstein damals angewandt hat, um seine Sichtliniengeschwindigkeiten in die RSZ und SS-AS Komponente umzurechnen, auch auf die in dieser Arbeit erhaltenen Sichtlinienwinde angewandt. Dabei erhielt man für die Daten von 1990 einen RSZ Wind von 31 m/s und einen SS-AS Wind von 136 m/s. Die Anwendung auf die 1991er Daten ergab einen RSZ Wind von 24 m/s und einen SS-AS Wind von 131 m/s. Zu den Fehlern dieser Werte wurde keine detaillierte Diskussion durchgeführt, zu erwähnen ist lediglich, dass die ungenaue Postionsbestimmung auf der Venus wieder einen großen Einfluss hat. Diese Werte sagen aus, dass die Umrechnung auf die einzelnen Windkomponenten zu vergleichbaren Ergebnissen führt. Sornig et al. errechneten aus ihren Messdaten von Mai 2007 allerdings nur einen Maximalwind von 52±18 m/s am Terminator [Sornig2008]. Andere Daten von November 2007 zeigten einen Maximalwind von 123±24 m/s [Sornig2009]. Dies ist teilweise in deutlichem Maße geringer als die hier gewonnenen Daten. Dieser große Unterschied lässt die Vermutung zu, dass sich der Wind zeitlich ändert. 2007 fanden Lellouch et al. durch Millimeterbeobachtung der CO(2-1) Linie bei 230,538 GHz maximale SS-AS Windgeschwindigkeiten von 151±19 m/s bis 114±20 m/s 30 5 Interpretation und Vergleich je nach Beobachtungstag. Auch diese Werte liegen in der gleichen Größenordnung wie die hier ausgewerteten. Gleichzeitig sieht man aber auch, dass die Windgeschwindigkeiten schon über einzelne Tage variabel sind [Lellouch2008]. Rengel et al. fanden durch die Beobachtung der 12 CO(2-1), 12 CO(3-2) und der 13 CO(2-1) Linien 2007 Windgeschwindigkeiten im Bereich von 150 m/s [Rengel2008]. Auch diese Messung stimmt vom Ergebnis her mit den hier ausgewerteten Daten überein. Die durch die Submm Beobachtung gewonnenen Windgeschwindigkeiten zeigen die gleichen Tendenzen wie die hier ausgewerteten Daten. 2007 fanden Clancy et al. durch Beobachtungen der 12 CO(2→3) und 13 CO(2→3) Linien Windgeschwindigkeiten von 195±70 m/s bzw. 235±70 m/s. Diese stammen aus Bereichen bei denen eine lokale Zeit von Nachmittag bis Abend herrschten [Clancy2008]. Diese Windgeschwindigkeiten sind als Summe zwischen RSZ und SS-AS Wind zu verstehen und sind damit höher als die aus den hier ausgewerteten Daten gewonnenen Geschwindigkeiten. Die Ergebnisse der Submm Messungen liefern aber immer nur eine Durchschnittsgeschwindigkeit über einen ziemlich großen Raumbereich, da das Gesichtsfeld des Teleskops bei den SubmmMessungen in etwa der von der Erde aus sichtbaren Venus entspricht. Sie sind damit nur eingeschränkt zum Vergleich geeignet. 5.2.2 Vergleich zum Modell An dieser Stelle folgt ein kurzer Vergleich mit den Modellen, die in [Bougher1997] angesprochen werden. Im wesentlichen werden dort drei Modelle vorgestellt. Das erste Modell von Mayr et al. von 1980 basierte auf den Pioneer Venus Orbiter Massenspektrometrie Messungen. Durch die Analyse des dabei beobachteten Unterschieds im auftreten leichter Spezies (zum Beispiel O, He oder H) wurde sowohl ein Wind zwischen Tag- und Nachtseite berechnet als auch eine Rotation der Thermosphäre. Ausserdem wurde bei diesem Modell mit einer Eddy-Diffusion, dies ist eine Verwirbelung der Teilchen in der Atmosphäre, von ≈3 · 103 m2 /s. Auf Grundlage der Messungen wurde ein Wind von der Tag- zur Nachtseite von 200m/s erwartet, sowie eine Rotationsperiode der Thermosphäre von 5-10 Tagen. Dies würde einem RSZ Wind von 44-88m/s entsprechen. Die Werte für die beiden Windsysteme erscheinen angesichts der Messungen zu groß. Ein ähnliches Bild zeigt das 1986 von Bougher et al. entworfene Modell. Auch dieses basiert auf den Messungen von Pioneer Venus, unterscheidet sich aber vom anderen 31 5 Interpretation und Vergleich Modell durch die Berücksichtigung weiterer atmosphärischer Prozesse, wie zum Beispiel der Wellenreibung. In diesem Modell werden Maximalgeschwindigkeiten von ≤240 m/s erwartet. Diese Prognose ist aufgrunde der hier präsentierten Messungen zu groß ausgefallen. Ein weiteres dort präsentiertes Modell von Mengel et al. geht von einem RSZ Wind, einer Eddy Diffusion und einem SS-AS Wind aus. Die RSZ Wind Komponente wurde anhand des größten Vorkommens von He in der Atmosphäre bei einer Ortszeit von 5Uhr festgestellt. In diesem Modell wird ein SS-AS Wind von 100 m/s am Terminator angenommen und eine Rotation der Atmosphäre in 6 Tagen, also mit einer Geschwindigkeit von 73m/s. Dieses Modell sagt einen, verglichen mit den in dieser Arbeit ausgewerteten Windgeschwindigkeiten, eher zu niedrigen SS-AS und zu hohen RSZ Wind voraus. 5.3 Interpretation Zwischen den einzelnen Messungen zeigt sich ein relativ einheitliches Bild. Die durchaus vorhandenen Unterschiede können mit einer zeitlichen oder örtlichen Variabilität erklärt werden. Da die Bodengegebenheiten in dieser Höhe keine Rolle mehr spielen sollten, erscheint die zeitliche Komponente wahrscheinlicher um diese Abweichungen zu erklären. Bei allen Modellen wird von einem starken SS-AS Wind und einem (mehr oder weniger) geringerem RSZ Wind ausgegangen. Dies konnte durch die Messungen bestätigt werden. Die Modelle gehen aber von einem einheitlichen SS-AS Wind über die einzelnen Breitengrade aus. Dies ist angesichts der Messungen nicht zu bestätigen. In den Polregionen zeigen die Messungen einen wesentlich geringeren SS-AS Wind. Wie vorher schon kurz angesprochen, könnte dies ein Anzeichen dafür sein, dass der polare Vortex in höhere Regionen reicht als bisher angenommen. 32 6 Zusammenfassung 6 Zusammenfassung 6.1 Übersicht der Ergebnisse Die Auswertung der Daten ergab Sichtlinienwinde von 42-143 m/s. Die deutlich niedrigsten Winde wurden dabei in den Polgegenden gemessen. Bei der Umrechnung der Sichtlinienwinde auf den SS-AS Wind unter Vernachlässigung des RSZ Windes erhielt man Winde im Bereich zwischen 68 und 153 m/s an den Messpunkten und einen Maximalwind am Terminator von 90-160 m/s. In den Polgegenden würde man nur Werte von 50-56 m/s finden, der SS-AS Wind ist hier nicht das vorherrschende Phänomen. Bei den Betrachtungen fiel der deutliche Unterschied zwischen den Windgeschwindigkeiten bei den Messungen mit östlicher Beleuchtung der Venus und denen mit westlicher Beleuchtung auf. Dies ließ auf einen zusätzlichen RSZ Wind schließen. Da es mit den vorhandenen Messpunkten und Kenntnissen nicht möglich war diesen genau zu bestimmen wurde eine einfache Annahme getroffen und durch Addition bzw. Subtraktion der Äquatormessungen ein RSZ Wind von 33 ± 4 m/s am Äquator ermittelt. Nach der Umrechnung dieses Windes auf andere Breitengrade wurde der Wind entsprechend mit der SS-AS Windkomponente verrechnet. So erhielt man einen SS-AS Wind zwischen 98 und 140 m/s. Umgerechnet auf die Maximalwindkomponente ergab dies Werte von 130 ± 10 m/s. Bei dem Vergleich mit anderen Messungen konnten diese Ergebnisse von der Größenordnung her bestätigt werden, es zeigten sich allerdings einige Unterschiede, die mit einer zeitlichen Änderung des Windes erklärt werden können. 6.2 Ausblick Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass weitere Messungen mit höherer Genauigkeit, sowohl konkretere Zahlenwerte als auch höhere räumliche Auflösung betreffend, wichtig sind. Auch sollte bei zukünftigen Messungen die Beobachtungsgeometrie so gewält werden, dass zwischen RSZ und SS-AS Wind unterschieden werden kann Nur so wird es möglich sein, genauere Aussagen über die zeitliche und örtliche Variabilität treffen zu können. Die Hauptwindsysteme scheinen verstanden worden zu sein nun gilt es diese weiter zu untersuchen um weitere Phänomene zu finden und zu verstehen. Besonders 33 6 Zusammenfassung lokale Ereignisse sind interessant und mit den bisherigen Daten kaum ausfindig zu machen. Je mehr Erfahrung, bzw. Daten jedoch gesammelt werden umso wahrscheinlicher wird es, dass bald auch zeitlich und örtlich begrenzte Stürme gefunden werden können. Diese Phänomene sind besonders wichtig, weil sie plötzliche Änderungen verursachen oder für Verwirbelungen sorgen, die sonst nicht zustande kämen. Zusätzlich sollte auch noch die Frage geklärt werden, warum es zu zeitlichen Unterschieden in der Windstärke kommt. Da bei der Atmosphärenforschung viele Variablen eine Rolle spielen ist es auch wichtig die Atmosphären weiterer Planeten zu untersuchen. Je mehr Systeme verstanden wurden, desto besser stehen die Chancen nicht nur im Nachhinein zu verstehen sondern auch vorauszuschauen. 34 Literaturverzeichnis Literaturverzeichnis [Bougher1997] ’Upper Atmosphere Dynamics: Global Circulation and gravity waves’ S.W. Bougher, M.J. Alexander und H.G. Mayr in ’Venus II geology, geophysics, atmosphere and solar wind environment’ S.W. Bougher, D.M. Hunten and R.J. Phillips, The University of Arizona Press 1997 [Clancy2008] ’Venus upper atmospheric CO, temperature, and winds across the afternoon/evening terminator from June 2007 JCMT sub-millimeter line observations’ R.T. Clancy, B.J. Sandor, G.H. Moriarty-Schieven, Planetary and Space Science, 2008 [Goldstein1990] ’Absolute Wind Measurements in the Lower Thermosphere of Venus Using Infrared Heterodyne Spectroscopy’ J. Goldstein, PhD Thesis, Mai 1990 [Goldstein1991] ’Absolute Wind Velocities in the Lower Thermosphere of Venus Using Infrared Heterodyne Spectroscopy’ J. Goldstein, M. J. Mumma, T. Kostiuk, D. Deming, F. Espenak und D. Zipoy, Icarus 94, 45-63, 1991 [Hollas1997] ’Modern Spectroscopy’ J. Michael Hollas, 3. Edition, Wiley, Dezember 1997 [Lellouch2008] ’Monitoring Venus´ mesospheric winds in support of Venus Express: IRAM 30-m and APEX observations’ E. Lellouch, G. Paubert, R. Moreno, A. Moullet, Planetary and Space Science, 2008 [Meschede2008] ’Optik, Licht und Laser’ D. Meschede, 3.Auflage, Vieweg und Teubner, 2008 [NASA horizons] http://ssd.jpl.nasa.gov/horizons.cgi [NSSDC] Internetseite http://nssdc.gsfc.nasa.gov/photo gallery/photogalleryvenus.html von NASA und NSSDC abgerufen am 4. August 2010 [Rengel2008] ’Mesospheric vertical thermal structure and winds on Venus from HHSMT CO spectral-line observations’ M. Rengel, P. Hartogh, C. Jarchow, Planetary and Space Science 2008 35 Literaturverzeichnis [Sonnabend1998] ’Aufbau eines transportablen Infrarot-HeterodynSpektrometers mit einem Diodenlaser als Lokaloszillator’ G. Sonnabend, Diplomarbeit, I.Physikalisches Institut Uni Köln, März 1998 [Sornig2008] ’Venus upper atmosphere winds from ground-based heterodyne spectroscopy of CO2 at 10 µm wavelength’ M. Sornig, T. Livengood, G. Sonnabend, P. Kroetz, D. Stupar, T. Kostiuk, R. Schieder, Planetary and Space Science, 2008 [Sornig2009] ’Investigations of Upper Atmosphere Dynamics on Mars and Venus by High Resolution Infrared Heterodyne Spectroscopy of CO2 ’ M. Sornig, PhD Thesis, Cuvillier Verlag Göttingen, 2009 [Titov2008] ’Atmospheric structure and dynamics as the cause of ultraviolet markings in the clouds of Venus’ D.V. Titov, F.W. Taylor, H. Svedhem, N.I. Ignatiev, W.J. Markiewicz, G. Piccioni and P. Drossart. Nature 456:620-623, Dezember 2008 [wikipedia1] Internetseite http://en.wikipedia.org/wiki/File:Venus circulation.jpg abgerufen am 29.Juli 2010 [wikipedia2] Internetseite http://en.wikipedia.org/wiki/File:Venusatmosphere2.GIF abgerufen am 29.Juli 2010 36 Danksagung Mein Dank geht an alle diejenigen, die mir im Laufe dieser Arbeit zur Seite standen. Im Besonderen sind dies Prof. Dr. Jürgen Stutzki, der die Arbeit unterstützt hat, Dr. Manuela Sornig, die mir mit Rat und Tat zur Seite stand, Dr. Guido Sonnabend, der auch jederzeit als Hilfe zur Verfügung war und die anderen aus der THIS-Gruppe: Dusan Stupar, Tobias Stangier und Peter Krötz, die dafür sorgten, dass mir die Arbeit Freude gemacht hat. Dr. Frank Schlöder danke ich für die Hilfe bei Tex-Fragen. Weiterhin bedanke ich mich bei Prof. Dr. Joachim Saur für die Bereitschaft die Zweitkorrektur zu übernehmen. Ausserdem möchte ich mich natürlich bei allen Freunden und Verwandten bedanken, die sowieso immer für mich da sind. 37 Erklärung Hiermit erkläre ich, dass ich die Arbeit selbständig und ohne unzulässige fremde Hilfe verfasst habe. Ich habe keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt sowie Zitate kenntlich gemacht. Ich habe diese Arbeit noch keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegt. 38