Blickpunkt Feedbackkultur

Transcrição

Blickpunkt Feedbackkultur
im blickpunkt
Feedback-Kultur
Grundlage der lernenden Organisation
Feedback ist der Generalschlüssel zu
unserer Realitätsanpassung. Wenn wir
vermeiden wollen, ständig anzuecken,
dann muss das, was wir über uns selbst
denken, was wir über andere Menschen
denken und wie wir uns infolgedessen
verhalten, halbwegs kompatibel mit der
Wirklichkeit sein. Mit einer FeedbackKultur wollen die Unternehmen, die sich
eine solche Entwicklung zum Ziel gesetzt
haben, ein (noch) schneller anpassungs­
fähiges, lernendes Unternehmen werden.
lernenden Organisation. Auch andere Begriffe sind für dieses Thema denkbar, zum
Beispiel „offene Kommunikationskultur“.
Steckt in dem Begriff Feedback-Kultur etwas spezifisch Neues, für das bisher die
Zeit noch nicht reif gewesen ist? Wir meinen ja, er ist deshalb modern geworden,
weil er ein spezifisches Verhalten und
eine Haltung betont – nämlich das Feedback nehmen und geben, mit dem wir
uns schwertun, das aber Nutzen stiftet.
Idealzustand
Der Begriff Feedback-Kultur ist ein Teilaspekt der Vertrauenskultur oder auch der
In einem Unternehmen mit einer idealen
Feedback-Kultur ist das gegenseitige Ver-
hältnis von Vertrauen und wohlwollender
Akzeptanz geprägt. Alle Mitarbeiter können die Regeln eines guten Feedbacks
anwenden und haben den Mut, überall,
wo das angebracht ist, kritisches oder
lobendes Feedback zu geben. Wenn sie
selbst Feedback bekommen, fühlen sie
sich nicht angegriffen und sind bereit,
über eventuell notwendige Änderungen,
zum Beispiel im Arbeitsprozess oder im
Verhalten, nachzudenken und sie auch
umzusetzen. Es wird nicht übereinander
gelästert, um Überdruck abzulassen, sondern Konflikte werden miteinander geklärt. In allen Belangen wird so klar und
VDMA Nachrichten 04 • 07
19
im blickpunkt
eindeutig wie möglich miteinander gesprochen. Durch positives Feedback sind
die Mitarbeiter motiviert und fühlen sich
für ihre Leistung anerkannt. Sie wissen,
wo sie stehen, und sind deshalb nicht
verunsichert. Das Feedback liefert ihnen
Orientierung für die Zukunft.
•
Einige Thesen zum Feedback
•Nur wenn Selbst- und Fremdbild
zusammenpassen, ist eine reibungslose Zusammenarbeit möglich.
Nur wenn die gemeinsame Sicht auf
die Wirklichkeit „realitätsdicht“ ist,
sind erfolgreiche Entscheidungen
möglich.
Führungskräfte unterschätzen in der
Regel, mit welcher Wucht ihre spontanen Bemerkungen einschlagen
(zumal sie auch darüber kein klares
Feedback erhalten).
Kein klares Feedback zu geben, kann
eine Strategie sein, sich Einfluss zu
sichern.
Wenn der Feedbackgeber innerlich
auf der Seite des -empfängers steht,
ist das Feedback sehr viel besser
annehmbar.
„Ziel einer Feedback-Kultur ist
das (noch) schneller anpassungs-
•
•
•
•
Die Bedeutung der Instrumente
Das Thema Unternehmenskultur ist derzeit hochaktuell. Wer sich schon einmal
mit Unternehmenskultur beschäftigt hat,
weiß, dass sie nicht schnell zu verändern
ist, eher muss man sie wachsen lassen,
Grundlegende Regeln
Feedback nehmen
•Alle, auch die höheren Hierarchien müssen bereit sein, sich
auch Kritik zu stellen (man
muss den Erwartungen nicht
entsprechen!)
•Feedback „quittieren“, beispielsweise Aussage mit eigenen
Worten wiederholen oder sinngemäß „ich habe verstanden“
(nicht sofort kommentieren
oder werten)
20
VDMA Nachrichten 04 • 07
und Schlüsselpersonen ist ein zwar
teures, aber wirkungsvolles und
schonendes Mittel, eine gesunde
­Unternehmenskultur zu fördern.
Kundenbefragung: Die Sicht der
Kunden ist eines der wichtigsten
Feedbackinstrumente. Nicht immer
ist es leicht, die Anregungen aus
Kundenzufriedenheitsanalysen in die
Praxis umzusetzen.
Wenn das Management eines Unternehmens meint, eine offene FeedbackKultur ist für das Unternehmen wichtig,
muss es sich auf den manchmal mühseligen Weg machen. Das Ziel ist durchaus
erreichbar. Besonders in der Anfangsphase des gegenseitigen „Kritikübens“ kann
es sehr hilfreich sein, sich durch einen
sachkundigen und neutralen Moderator
unterstützen zu lassen. > Bp-29
fähige, lernende Unternehmen.“
indem man geeignete Rahmenbedingungen schafft.
Im Blickpunkt werden verschiedene
Instrumente vorgestellt, die eine Feedback-Kultur fördern oder einen Einstieg
bilden können. Aber allein Instrumente
zu implementieren, ohne an der notwendigen Grundhaltung zu arbeiten, wird
nur zu begrenztem Erfolg führen. Wenn
zum Beispiel nur dann ein Mitarbeitergespräch geführt wird, wenn es von „oben“
verlangt wird, dürfte der Nutzen nicht
allzu groß sein. In Unternehmen mit
­einer ausgesprochenen Feedback-Kultur
müssen nicht unbedingt entsprechende
Instrumente eingesetzt werden. Der Umkehrschluss gilt natürlich nicht, dass Unternehmen ohne Instrumente eine bessere Feedback-Kultur haben.
Auf folgende Instrumente werden
die nachfolgenden Artikel eingehen:
Mitarbeitergespräch als Grundlage der
Kommunikation und des Feedbacks.
Führungsfeedback, 360°-Feedback,
die Aufwärtsbeurteilung der Führungskräfte bringt Selbst- und Fremdbild einander näher, blinde Flecken
werden minimiert, der Führungsstil
optimiert.
Mitarbeiterbefragung als Einstieg
in eine offene Feedback-Kultur. Die
Bereitschaft zu Veränderung sollte
kritisch reflektiert werden. Inwieweit eine Feedback-Kultur in Gang
kommt, hängt stark von dem Prozess
der Ergebnisbearbeitung ab.
Externes Coaching/Beratung. Ein
Coaching von Führungskräften
•
•
•
•
Kontakt:
Andrea Veerkamp-Walz
Betriebswirtschaft
Telefon 0 69 / 66 03-14 88
[email protected]
www
siehe auch:
Unter diesem Link finden Sie einige der
hier angesprochenen Aspekte ausführlicher behandelt:
www.umsetzungsberatung.de/
psychologie/feedback.php
Grundlegende Regeln
Feedback geben
•Grundeinstellung sollte von
Wohlwollen geprägt sein („Dient
mein Feedback dazu, den anderen größer zu machen, oder
dazu, ihn kleiner zu ­machen?“)
•Sich zur Subjektivität der eigenen Aussagen bekennen („Ich
sehe Sie so …“)
•Beschreiben statt werten („Ihr
Handeln löst bei mir Folgendes
aus …“)
•Vorschläge statt Vorschriften
(„Was mir helfen würde, wäre,
wenn Sie …)
im blickpunkt
Mitarbeitergespräch und andere Instrumente
als Beitrag zur Feedback-Kultur
„Offene Kommunikation und zeitnahe Information“ als Leitlinien / Von Monika Eichner
Woran erkennt man eine Feedback-Kultur? „Wir werden zuhören, wenn ein Mitarbeiter Ideen, Wünsche oder Bedürfnisse vorbringt.“ Diesen Unternehmenswert hat der
Gründer von Grundfos, Poul Due Jensen, bereits in den 60er Jahren manifestiert. In
den Führungsgrundsätzen der deutschen Grundfos Vertriebsgesellschaft finden sich
die Leitlinien „Offene Kommunikation und zeitnahe Information“. Aber es reicht natürlich nicht, solche Prinzipien zu formulieren, sondern sie müssen auch gelebt und
mit den entsprechenden Instrumenten unterstützt werden.
Nehmen die Mitarbeiter die Vertrauensund Feedback-Kultur auch wahr? Dies
kann man beispielsweise über interne
Mitarbeiterumfragen (bei Grundfos alle
zwei Jahre) oder über die Teilnahme an
externen Benchmarking-Umfragen, wie
zum Beispiel „Deutschlands beste Arbeitgeber“, herausfinden. Bei einer Mitarbeiterbefragung kann man offen und ehrlich
auch mal sagen, wenn mal was nicht so
gut gelaufen ist, ohne dass anschließend
noch irgendwer nachtragend wäre“, dies
schreibt beispielsweise ein Mitarbeiter
als Anmerkung zu einer solchen Umfrage
im Jahr 2005.
Instrumente
Welche Instrumente unterstützen bei
Grundfos die Feedback-Kultur? Hier aufzuzählen sind: Regelmäßige Mitarbeitergespräche, 360°-Feedback für Führungskräfte, Mitarbeitermotivationsumfragen,
Abteilungsmarktplätze, regelmäßige Coachingfahrten mit den Außendienstmitarbeitern und nicht zuletzt auch das Prinzip
der „open doors“.
Das Mitarbeitergespräch
Das Mitarbeitergespräch hat sich über die
Jahre zu einem Instrument entwickelt,
welches für Mitarbeiter und Vorgesetzte
gleichermaßen von Bedeutung ist. Hier
wird gegenseitig Feedback gegeben über
Erfolge und Verbesserungspotenzia­le,
es werden Ziele vereinbart, Entwicklungspotenziale aufgezeigt und ein individueller Entwicklungsplan verabschiedet. Heute wird dieses Instrument als
selbstverständlich angesehen. Es waren
jedoch intensive Schulungen der Führungskräfte notwendig, in denen diese
selbst den Nutzen der Mitarbeitergespräche für sich, den Mitarbeiter und das
Unternehmen erarbeiten mussten. In
Rollenspielen wurde trainiert, wie man
Feedback gibt und annimmt. Es wurde
der Umgang mit schwierigen Gesprächssituationen geübt und auch am eigenen Kommunikationsverhalten gefeilt
(positives Formulieren, aktives Zuhören,
Vermeidung von „Ja, aber …“-Antworten). Konstruktives Feedback basiert auf
Beobachtungen und Beurteilungen. Positive und negative Beobachtungen vom
Verhalten des Mitarbeiters müssen nicht
nur kurz vor dem Gespräch, sondern
über einen längeren Zeitraum syste­matisch festgehalten und bewertet
­werden. Im Mitarbeitergespräch werden diese Beobachtungen dann besprochen und der Mitarbeiter selbst zum
Denken und Suchen nach Lösungen angeregt.
Auch Mitarbeiter sollten trainieren
Im Rückblick erscheint es sinnvoll, auch
die Mitarbeiter bei der Einführung eines
solchen Instrumentes zu schulen. Die
Mitarbeiter müssen ebenfalls genau wissen, was Sinn und Zweck des Mitarbeitergesprächs ist, und den Nutzen für sich
selbst daraus erkennen. Im Mitarbeitergespräch werden nicht Alltagsthemen
und -probleme besprochen, sondern das
eigene Verhalten und die Leistung reflektiert. Hier wird sich Zeit genommen für
einen Rückblick auf die eigenen Erfolge
und Verbesserungsansätze. Die Rolle des
„Zur Vorbereitung auf das
Mitarbeitergespräch wurde in
Rollenspielen trainiert, wie man
Feedback gibt und annimmt.“
Vorgesetzten ist, durch Fragen, aktives
Zuhören und Feedback den Mitarbeiter zu
motivieren, selbst konstruktive Lösungsvorschläge für die Verbesserungspunkte
zu finden und daraus gemeinsame Ziele
für den kommenden Zeitabschnitt abzuleiten. In der Schulung lernen die Mitarbeiter, wie sie sich besser gezielt auf das
Gespräch vorbereiten können, um die
Dauer des Gesprächs überschaubar zu
halten. Der Zeitaufwand für die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung
eines solchen Gesprächs liegt bei circa
vier bis fünf Stunden. Für das Gespräch
selbst sollten zwei Stunden einkalkuliert
werden, es kann jedoch auch länger dauern.
Es ist wichtig, die Gespräche frühzeitig zu terminieren und vorzubereiten.
Bei Grundfos müssen die Gespräche zwischen dem 1. Januar und 31. März eines
Jahres geführt werden. Ein Follow-upTermin sollte spätestens sechs Monate
später vereinbart werden. Die Personalabteilung überwacht die Einhaltung der
Termine, erinnert an deren Durchführung und misst die ­ Quote der durchgeführten Gespräche in der HR Scorecard.
So hat sich über die Jahre ­eine Quote von
98 Prozent geführter Gespräche stabilisiert.
VDMA Nachrichten 04 • 07
21
im blickpunkt
Ein weiteres Instrument der Vertrauens- und Feedback-Kultur sind die in verschiedenen Abteilungen eingeführten
„Marktplätze“: Auf dem wöchentlichen
Marktplatz werden nicht nur die aktuellen Unternehmenskennzahlen präsentiert, sondern es wird auch Raum gegeben
für die Anregungen, Kritik und Verbesserungsvorschläge der Mitarbeiter. Es werden Verantwortliche für die Teilprozesse
innerhalb der Abteilung definiert, die
dann an Verbesserungen – resultierend
aus den Vorschlägen der Kolleginnen und
Kollegen – arbeiten und regelmäßig über
den Status berichten. Ebenso steht auf
der Standardagenda eines Marktplatzes
der Punkt „Feedback“: Was ist in der vergangenen Woche gut gelaufen, was weniger gut?
Foto: Thomas Willemsen / Fotofinder
Marktplätze in Abteilungen
Kultur muss vorgelebt werden
Über etwas zu reden, auch wenn es
nicht gut gelaufen ist, um dann daraus
für die Zukunft zu lernen; dieses Verhalten gehört zu einer funktionierenden
Feedback- und Vertrauenskultur. Diese
Kultur muss vorgelebt werden, und das
fängt auf der Geschäftsführungsebene
an. Auf die Frage „Was muss Ihnen ein
Unternehmen persönlich bieten, damit
Ihnen die Arbeit Freude macht?“ antwortete der Geschäftsführer Ralf Brechmann
unter anderem: „Es muss eine Atmo­
sphäre von Offenheit herrschen. Fehler
dürfen gemacht werden – klar ist, dass
man daraus lernt und lernen muss.“
> Bp-30
Monika Eichner
ist Personalleiterin bei der Grundfos
GmbH, Erkrath.
Im Profil
Grundfos GmbH, Erkrath
Umsatz:
209 Millionen Euro
Mitarbeiter: 400
Produkte: Pumpen und Systeme für die
Gebäudetechnik, Industrie sowie Wasserver- und -entsorgung
www.grundfos.de
22
VDMA Nachrichten 04 • 07
Feedback in der Ausbildung
Frühzeitig Perspektiven aufzeigen / Von Hans-Michael Kapler
Feedback als Teil der Unternehmens­kultur ist die Chance, Prozesse zu verbessern und Verhaltensweisen zu optimieren. Seit zwei Jahren hat Gebr. Becker das
systematische und regelmäßige Feedback-Gespräch für Auszubildende eingeführt, um diesen jungen Mitarbeitern
während des nicht unkritischen Übergangs von der Schule in den Beruf regelmäßige ­Orientierungshilfen zu ­geben.
Berufsschule besonders Aspekte des Lernund Sozialverhaltens angesprochen. Im
Mittelpunkt stehen die Kriterien Eigenantrieb, eigenverantwortliches Arbeiten und
Teamfähigkeit.
In einem zweiten Schritt werden daraus aus Sicht des Ausbildungsleiters Ziele
für die nächsten sechs Monate definiert
und besprochen.
Wünsche des Auszubildenden
Durch die Feedback-Gespräche gewöhnen
sich die Auszubildenden von Beginn an
an zielorientierte Kommunikationsprozesse zwischen Führungskräften und
Mitarbeitern und erkennen klare Erwartungshaltungen des Unternehmens.
Für ein erfolgreiches Gespräch ist es
notwendig, auch den Auszubildenden
die Möglichkeit zu geben, ihre Sicht der
Änderungswünsche des
Auszubildenden
Gesprächsleitfaden
Für das Feedback-Gespräch wurde ein
Gesprächsleitfaden erarbeitet. Dieser ermöglicht eine einfache Vorbereitung des
Gesprächs und stellt die Berücksichtigung
wichtiger Punkte sicher.
Im ersten Teil des Feedback-Gesprächs werden neben fachlichen Inhalten aus Betrieb, Lehrwerkstatt und
•Welche konkreten Veränderungen halten Sie als Auszubildender für notwendig?
•Was möchten Sie damit für sich
und das Unternehmen Gebr.
Becker erreichen?
im blickpunkt
Dinge sowie konkrete Veränderungswünsche einzubringen. Diesen Aspekt deckt
die dritte Phase des Gesprächs ab. Dabei
sollte immer zur Sprache kommen, was
durch diese Veränderungen für den Auszubildenden und das Unternehmen erreicht werden soll.
Dieser Teil des Gesprächs bietet
nach ersten Erfahrungen noch erhebliches Verbesserungspotenzial: die Auszubildenden entwickeln in den meisten
Fällen nur wenige konkrete Vorschläge
und verbleiben zu stark in der Rolle des
Zuhörers. Hier ist es hilfreich, auf der Basis des Gesprächsleitfadens mit Schlüsselfragen die Auszubildenden zu bitten,
sich ganz speziell auf diese Fragestellung
vorzubereiten und ­ dies auch stichwortartig festzuhalten.
Erfolgskontrolle
•Woran können wir gemeinsam
feststellen, dass ein Erfolg/eine
Veränderung eingetreten ist?
Terminvereinbarung!
•Wann und wie kontrollieren Sie
selbst den Erfolg?
eine Prognose abgegeben, wie die Entscheidung für eine Übernahme nach
Abschluss der Ausbildung nach dem derzeitigen Stand ausfallen könnte. Speziell
eher schwächeren oder aber auch nicht
optimal motivierten Auszubildenden
wird mit dieser klaren Aussage die faire
Chance zum rechtzeitigen Umsteuern
geboten.
Alle Ansätze im Feedback-Gespräch
dienen dazu, die Auszubildenden zu
motivieren und ihnen Orientierungshilfen zu geben, Verbesserungspotenzial
aufzuzeigen sowie persönliche Stärken
herauszuarbeiten. Mittelfristiges Ziel ist
immer der möglichst selbstständig handelnde, eigenverantwortliche Mitarbeiter.
„Offenes Feedback erschließt
Potenziale und muss daher be-
Passendes Entgeltsystem
reits in der Ausbildung beginnen.“
Ergänzt wird dieses System daher kon­
sequenterweise seit 2006 und dem Wegfall der Tarifbindung durch ein ergebnisorientiertes Vergütungssystem auch für
die Auszubildenden.
Nach Ablegen der Zwischenprüfung
orientiert sich die Vergütung für den
Rest der Ausbildung am Prüfungsergebnis der IHK. Dabei werden in Form einer
Bonusregelung für erreichte Prüfungspunkte zusätzliche Vergütungsanteile
In der Phase vier wird anschließend
definiert, wann und woran der Erfolg der
getroffenen Vereinbarungen abgelesen
werden kann. Ziel ist es dabei, dem Auszubildenden Tipps zur Selbstkontrolle zu
geben.
Zum Abschluss des Gespächs wird
als klare, zusammenfassende Aussage
gezahlt, die zum Beispiel im vierten Ausbildungsjahr einen Maximalbonus von
zurzeit 7 Prozent ermöglichen. Der mögliche Bonus steigt bis 2009 auf 17 Prozent an.
Die Übernahmeentgelte nach Ablegen der Endprüfung enthalten in Abhängigkeit vom Prüfungsergebnis ebenfalls
einen Bonusanteil, der auf 24 Monate
befristet gezahlt wird.
Beide Ansätze dienen zum einen
als Leistungsanreiz in der Ausbildung,
sie machen zum anderen aber auch die
Wertschätzung des Auszubildenden
durch das Unternehmen deutlich.
Erfahrungen
Sowohl das Feedback-Gespräch als auch
das neue Modell der Auszubildendenvergütung sind akzeptiert, ohne dass es
allerdings zu umfangreichen Aussagen
der Auszubildenden gekommen ist. Die
Akzeptanz lässt sich vielmehr am veränderten Lernklima, positiver Einstellung
zur eigenen Leistung, besserer Kooperation der Auszubildenden untereinander
und positiver Rückmeldung der Berufsschulen ablesen.
> Bp-31
Hans-Michael Kapler
ist Personalleiter der Gebr. Becker GmbH,
Wuppertal.
Im Profil
Gebr. Becker GmbH,
Wuppertal
Umsatz:
115 Millionen Euro
Mitarbeiter: 650 weltweit
Produkte: Vakuumpumpen und Kompressoren
www.becker-international.com
Leuze electronic
e
Mess
over d D54
n
n
a
H
an
9, St
Halle
Zuverlässige Optosensorik für die
Produktionsanlagen von morgen
www.leuze.de
VDMA Nachrichten 04 • 07
23
im blickpunkt
Mitarbeiterbefragung
kurz zusammengefasst
Nutzen und Vorgehensweise
Wenn das Instrument Mitarbeiterbefragung richtig gehandhabt wird, kann
es einen guten Einstieg in die lernende
Organisation bilden. Eine realistische
und klare Erwartungshaltung der Mitarbeiter, aber auch das Commitment der
Geschäftsleitung, in Maßnahmen zu investieren, sind gute Voraussetzungen für
einen Erfolg.
Mitarbeiterbefragungen ermöglichen zum
einen eine Standortbestimmung des Unternehmens zur Zufriedenheit und zum
Engagement der Mitarbeiter. Typischerweise werden Themen wie Arbeitsinhalte, Arbeitsbedingungen, Arbeitszeit,
Zusammenarbeit, Mitgestaltung, Führung, Entwicklungsmöglichkeiten, Vergütung und Information/Kommunikation
abgefragt. Dem Unternehmen und den
Führungskräften als Ganzes (bei einer
abteilungsspezifischen Auswertung auch
einzelnen Personen) wird ein Spiegel der
Mitarbeiter vorgehalten.
Die Unternehmen können zum anderen Mitarbeiterbefragungen zum Ausgangspunkt für Verbesserungsprozesse in
allen Bereichen machen. Im Zusammenhang mit dem Thema Feedback-Kultur ist
als wichtiges Ziel der mögliche Einstieg in
ein verändertes Kommunikationsverhalten zu nennen.
•
verfolgt und welcher Grad an Veränderungsbereitschaft zu erwarten ist.
Da die Führungskräfte fast zwangsläufig in den Fokus geraten, sollte
man vor allem bei ihnen für Akzeptanz werben.
Auswertung und Präsentation vor
dem Führungskreis und Mitarbeitern. Hier ist je nach dem Auswertungsdesign (werden die Ergebnisse
abteilungsspezifisch ausgewertet?)
ein unterschiedliches Vorgehen notwendig. Wenn beispielsweise die
Führungskräfte bewertet werden,
sollten nur sie oder nur die Personalabteilung und die Führungskraft die
Ergebnisse erhalten.
Vorbereitung der Führungskräfte auf
Gespräche mit ihren Mitarbeitern.
Ergebnisbearbeitung und Controlling
der Maßnahmen. Es gilt, Prioritäten
zu setzen, Maßnahmen zu entwickeln
und beides auch zu begründen. Wenn
die Mitarbeiter Ideen zu Ursachen
und Vorschläge zu Maßnahmen
•
•
•
•
•
24
VDMA Nachrichten 04 • 07
Foto: Marion Losse / VISUM
Wie wird vorgegangen?
Mitarbeiterbefragungen sollten gerade zu
Beginn der Arbeit mit diesem Instrument
alle zwei bis drei Jahre durchgeführt
werden, um Veränderungen feststellen
zu können und den Prozess der (Organisations-)Entwicklung in Gang zu halten.
Zum Ablauf im groben Überblick:
Konzeption der Befragung und Pretest des Fragebogens.
Kommunikation mit dem Führungskreis und den Mitarbeitern. Das
Unter­nehmen sollte klarstellen,
welche Ziele es mit der Befragung
­ ußern dürfen, müssen die Ergebnis­
ä
se aus Abteilungsgesprächen gesammelt und in die Maßnahmenplanung
einbezogen werden.
Mitarbeiter- und Vorgesetzten-Check
zur Umsetzung der ersten Maßnahmen und zur Zufriedenheit mit dem
Prozess der Mitarbeiterbefragung.
Was ist zu beachten?
Das größte Risiko bei einer Mitarbeiterbefragung ist, dass zu wenig aus den
Ergebnissen gemacht wird. Deshalb ist
es unbedingt erforderlich, spürbare Maßnahmen abzuleiten und diese auch zu
kommunizieren.
VDMA-Standardinstrument
Der VDMA hat ein an das Unternehmen
anpassbares Standardprodukt für die
Branche entwickelt. Wenn Sie Interesse
an dem Leitfaden und dem Fragebogen
haben, melden Sie sich bitte bei Andrea
Veerkamp-Walz, Betriebswirtschaft, Telefon 0 69 / 66 03-14 88, [email protected].
> Bp-32
Kontakt:
Andrea Veerkamp-Walz
Betriebswirtschaft
Telefon 0 69 / 66 03-14 88
[email protected]
Antriebstechnik \ Antriebsautomatisierung \ Systemintegration \ Services
Die neuesten Trends der Antriebstechnik:
ab 16. April auf der Hannover Messe.
Was die Welt der Antriebstechnik in
Zukunft bewegt, zeigt SEW-EURODRIVE
auf der Hannover Messe: Besuchen Sie
uns – im Flagship Store der Bewegung.
Und Sie dürfen schon jetzt gespannt
sein: auf zukunftsweisende Produkte wie
den neuen DR-Motor, der seine Weltpremiere feiert und damit den neuen
Maßstab in der Antriebstechnik setzen
wird. Eine weitere Innovation ist die fein
abgestimmte Industriegetriebe-Serie von
SEW-EURODRIVE, die für jede Branche
und jede Anforderung die passende
Baugröße bietet. Ausführliche Informationen erhalten Sie auch zu unserem
Konzept der Systemintegration. Dabei
spielt es keine Rolle, wie Ihr Antriebsproblem aussieht: Bei uns finden Sie
immer eine schlüsselfertige Lösung.
Freuen Sie sich auf diese und weitere
Trends aus den Bereichen Antriebstechnik, Antriebsautomatisierung,
Systemintegration und Services. Wir
freuen uns auf Sie.
SEW-EURODRIVE—Driving the world
SEW-EURODRIVE GmbH & Co KG
Postfach 30 23 · D-76642 Bruchsal
Telefon 07251 75-0 · Fax 07251 75-1970
j www.sew-eurodrive.de
Hannover Messe
16.–20.4.2007 · Halle 14, Stand H10
im blickpunkt
„Mustergültige“ Ergebnisbearbeitung
einer Mitarbeiterbefragung
Praxisbericht der WITTENSTEIN AG / Von Katrin Blank
Die WITTENSTEIN AG führte 2005 eine
Mitarbeiterbefragung mit einer Beteiligung von 86 Prozent durch – eine eigentlich schwer erreichbare Größe (bei fast
100 Fragen zu der gesamten Bandbreite der möglichen Fragen und immerhin
40 Prozent gewerblichen Mitarbeitern).
Auch der Vorstand hatte sich der Meinung der Mitarbeiter gestellt und wurde
von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bewertet.
tenplänen das weitere Vorgehen fest und
begannen mit der Umsetzung. Anliegen,
die übergreifend und zentral in Angriff
„Der eigentliche Nutzen der
Mitarbeiterbefragung generiert
Die Ergebnisse zum Thema Führung
­wurden abteilungsspezifisch ausgewertet. Alle Vorgesetzten waren verpflichtet, nach der Befragung Workshops mit
ihren Mitarbeitern durchzuführen. Zur
Vorbereitung wurden sie vorher zur Interpretation der Ergebnisse und zur Moderation der Rückmeldeworkshops geschult.
Auf Wunsch konnten sie externe Unterstützung hinzuziehen, was allerdings
nicht in Anspruch genommen wurde.
Die Abteilungen erarbeiteten in den
Workshops zum einen abteilungsspezifische Maßnahmen, legten in Aktivitä-
sich erst im Folgeprozess, in dem
die einzelnen Bereiche mit ihren
jeweiligen Vorgesetzten in den
gegenseitigen Austausch gehen.“
genommen werden mussten, wurden
in einen zentralen Themenspeicher weitergeleitet. Aus diesem und der Diskus­sion der Ergebnisse mit dem Vorstand
er­stellte die verantwortliche Projektgruppe bei WITTENSTEIN einen zentralen Aktivitätenplan, der derzeit in der Umsetzung ist.
Chronologie der Maßnahmen
VDMA Nachrichten 04 • 07
Umsatz (Geschäftsjahr 2005/2006):
134 Millionen Euro
Mitarbeiter: über 1 000 weltweit
Produkte: Forschung, Entwicklung, Produktion und Vertrieb von innovativer
Verzahnungstechnologie, Präzisionsgetrieben und kompletten elektromechanischen Servoantriebssystemen
Feedback von Mitarbeitern
und Vorgesetzten
Prozess der Ergebnisbearbeitung
26
WITTENSTEIN AG,
Igersheim
www.wittenstein.de
www.wittenstein-jobs.de
Hier der Praxisbericht der WITTENSTEIN
AG:
•Veröffentlichung der Ergebnisse in
der internen Mitarbeiterzeitung /
im Intranet / mit der Lohn- und
Gehaltsabrechnung
•Zusendung der Bereichsergebnisse
an die Vorgesetzten
•Durchführung von Workshops
durch die Vorgesetzten mit ihren
Bereichen
•Diskussion der Ergebnisse
innerhalb des Bereiches
Im Profil
•Erstellung der Aktivitätenpläne pro
Bereich
•Diskussion der zentralen
Ergebnisse mit dem Vorstand
•Erstellung eines zentralen
Aktivitätenplanes für das
gesamte Unternehmen
•Beginn der Umsetzung der Ergebnisse in den einzelnen Bereichen
•Beginn der Umsetzung der Ergebnisse für das gesamte Unternehmen
Neun Monate nach der Befragung wurden alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Zufriedenheit mit dem Instrument an sich sowie nach dem Stand der
Umsetzung der Maßnahmen befragt. Erfreulich ist, dass in zentralen Bereichen
wie der Weiterbildung und der Zusammenarbeit mit dem Vorgesetzten klare
Verbesserungen erzielt werden konnten.
Die Vorgesetzten werden aktuell mit Hilfe eines Online-Tools befragt, wie zufrieden sie mit dem Prozess der Befragung
waren.
Fortlaufender Prozess
Aufgrund der Ergebnisse des Feedbacks
von Vorgesetzten und Mitarbeitern wird
bei der nächsten Erhebung der Prozess
der Befragung weiter verbessert. Even­tuell werden weitere Themen beziehungsweise einzelne Fragen aufgenommen. Der Großteil der Befragung wird
­jedoch gleich bleiben, um eine Entwicklung und die Umsetzung von Verbesserungen im Zeitvergleich beurteilen zu
können.
Gestärkte Gesprächskultur
Festzuhalten ist, dass der Prozess der Ergebnisbearbeitung die Gesprächskultur
im Unternehmen positiv verstärkt und
das Geben und Nehmen von Feedback
im gesamten Unternehmen angeregt
hat. Als kritischer Erfolgsfaktor hat sich
gezeigt, dass die Datenerhebung an sich
im blickpunkt
„nur“ Mittel zum Zweck ist. Der eigentliche Nutzen aus der Mitarbeiterbefragung generiert sich erst im Folgeprozess,
in dem die einzelnen Bereiche mit ihren
jeweiligen Vorgesetzten in den gegenseitigen Austausch gehen.
WITTENSTEIN wird das Tool der Mitarbeiterbefragung auch zukünftig im
Zwei-Jahres-Turnus nutzen, um Informationen zur Zufriedenheit und zu Verbesserungsmöglichkeiten von allen Mitarbei-
terinnen und Mitarbeitern abzufragen.
Nur im Zeitvergleich ist zu beurteilen,
ob man sich tatsächlich auf Dauer verbessert und verändert hat. Die Meinung
aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist
dabei enorm wichtig – und das nicht nur
als Schlagwort in der WITTENSTEIN-Unternehmensphilosophie!
> Bp-33
Katrin Blank
ist Personalreferentin
der WITTENSTEIN AG, Igersheim.
Ein Instrument als Einstieg
in die Feedback-Kultur?
Mitarbeiterbefragung als Beitrag
Instrumente bergen immer die Gefahr in
sich, dass formalen Kriterien Genüge getan wird, ohne dass die innere Überzeugung und Einstellung damit übereinstimmen. Die Herausforderung besteht darin,
von den Instrumenten hin zu inneren
Veränderungen der Menschen und damit
der Unternehmenskultur zu kommen.
kritisches Feedback nicht an sich heranzulassen, groß. Dies gilt vielleicht noch
mehr für ­ hierarchisch Höherstehende,
da hier in der Regel keine negativen Folgen zu erwarten sind, wenn man so verfährt.
Eine Mitarbeiterbefragung zum Beispiel kann ein Einstieg in das Geben
und ­ Nehmen von Feedback sein. Dies
geschieht in anonymer Form, was einerseits die Hemmschwelle für dieses Feedback, insbesondere von unten nach oben,
senkt. Andererseits kann die Anonymität
aber ein Nachteil sein, wenn es um das
Ziel einer konstruktiven Feedback-Kultur
geht. Hier ist der Prozess der Ergebnisbearbeitung von entscheidender Bedeutung.
Man muss nicht gleich mit Sprenger
argumentieren, der meint, eine Mitarbeiterbefragung verweise auf kommunikative Defizite. Sie diene mehr zur Aufrechterhaltung des Status quo, und das
Fragen selbst würde schon dominierend
und realitätserzeugend wirken. – Hier
kann etwas dran sein, doch welches Unternehmen schwebt Sprenger vor? Eines,
das keine Hierarchien kennt beziehungsweise in dem sie keine Rolle spielen? Wo
Führungskräfte und Mitarbeiter perfekte
Kommunikatoren sind, die stets zuhören
und sich als Dienstleister für Mitarbeiter
und Kollegen verstehen?
Ein solches Unternehmen, in dem
dann in der Tat ein anonymes Instrument
keinen Mehrwert schaffen würde, ist
wohl kaum zu finden. Aber es gibt natürlich Beispiele, in denen nach einer Befragung entweder gar nichts passierte oder
aber die Maßnahmen ergriffen wurden,
die sowieso schon geplant waren (Wie
steht es dort mit der Bereitschaft, zuzu-
Bereitschaft, sich in Frage zu stellen
Voraussetzung für das Gelingen einer
Mitarbeiterbefragung ist, dass insbe­
sondere das Management ernsthaft
zuhören will, bereit ist, sich in Frage zu
stellen, und gegebenenfalls auch etwas ändern will. Diese Voraussetzung
klingt banal, ist es aber in der Praxis
keineswegs. Der Mensch ist geneigt, die
­eigene Wahrnehmung über die anderer
zu stellen. Außerdem ist die Versuchung,
Ritual zur Aufrechterhaltung
des Status quo?
hören und sich in Frage zu stellen?). Eine
solche Ergebnisbearbeitung ist dem Ziel
einer konstruktiven Feedback-Kultur sicher nicht förderlich.
Ins Gespräch kommen
Wenn aber die Führungskräfte nach einer Befragung mit ihren Mitarbeitern ins
Gespräch kommen und die Mitarbeiter
dabei gute Erfahrungen machen, wenn
sie unter Aufdeckung ihrer Anonymität
die Befragungsergebnisse bestätigen
und untermauern, dann kann eine Entwicklung in Gang kommen. Die Firma
Wittenstein hat die Ergebnisbearbeitung
so durchgeführt, dass sie auch kulturelle
Auswirkungen haben dürfte; bitte lesen
Sie dazu den Artikel auf Seite 26.
Dann besteht am Schluss einer Diskussion der Ergebnisse auch ein breiter
Konsens über Ziele, Prioritäten und die
Vorgehensweise zu ihrer Erreichung. Oder
die Mitarbeiter verstehen zumindest,
weshalb die Geschäftsleitung bestimmte
Maßnahmen einleitet und andere nicht,
auch wenn sie vielleicht nicht von allen
Entscheidungen begeistert sind.
Fazit
Vielleicht ist ein Indiz für die Wirksamkeit
eines neuen Instrumentes, wenn es ein
wenig wehtut, es einzusetzen. Damit dann
nach längeren Zeiträumen eine echte Veränderung der Einstellung und des Verhaltens erreicht werden kann.
> Bp-34
Kontakt:
Andrea Veerkamp-Walz
Betriebswirtschaft
Telefon 0 69 / 66 03-14 88
[email protected]
Anwendungsbeispiele
Bildverarbeitung
www.vdma.org/vision-at-work
VDMA Nachrichten 04 • 07
27
im blickpunkt
Nur die Besten haben einen Coach
Im Profil
Praktische Erfahrungen mit Coaching bei der Vaillant Group
Vaillant Group, Remscheid
In vielen Unternehmen sehen Mitarbeiter und Geschäftsleitung Verbesserungsbedarf in den Führungsqualitäten ihrer Vorgesetzten. Ein Mittel, dem entgegenzuwirken, ist das Coaching der Manager. Die Vaillant Group in Remscheid
bietet neben anderen Maßnahmen auch ein flächendeckendes Coaching für
ihre Führungskräfte an. Die VDMA-Nachrichten sprachen mit Bernd-Johannes
Dziwis, Personalleiter bei der Vaillant Group, über Hintergründe, Erfahrungen
und Erfolge.
Sie bieten seit Februar 2006 ein flächendeckendes Coaching für Führungskräfte
an – was ist der Hintergrund dafür?
Ausgangspunkt war eine Mitarbeiterbefragung, die zum Ergebnis hatte, dass
das Management nicht ausreichend genug mitarbeiterorientiert führt. Tiefere
Ana­lysen haben bestätigt, dass das Thema Führung optimiert werden kann. Außerdem hatten wir festgestellt, dass die
Wirkung von Seminaren schnell verpufft,
was ich den Silvester-Effekt nenne. Für
eine Veränderung des Verhaltens ist ein
längerer Prozess notwendig.
Unser Ziel, 2010 das „Best Management Team“ zu sein ist eine Vision, die
konkretisiert werden muss. Das Coaching
ist dabei eines von drei Mitteln, mit denen wir daran arbeiten. Alle Maßnahmen
sind an unseren gemeinsamen, für alle
geltenden Grundwerten ausgerichtet, die
wir übrigens auch gemeinsam erarbeitet
haben.
Welche anderen Maßnahmen sind das?
Zum einen sind dies Management-Workshops, in denen über unsere Grundwerte
nachgedacht und diskutiert wird. Die
Grundwerte werden dabei auf ungewöhnliche Weise erlebbar gemacht. Ich
kann das nur kurz anreißen. Zum Beispiel
hatten wir zum Thema Agilität ein Über­raschungsprogramm, bei dem die Führungskräfte unter Zeitdruck von der Produktion einer eigenen Sendung fürs Fernsehen bis hin zu gemeinsamem Kochen
ganz neue Erfahrungen gemacht haben.
„Unser Ziel, 2010 das ,Best
Mana­gement Team‘ zu sein,
ist eine Vision, die konkretisiert
werden muss.“
Zum anderen machen wir parallel
Feedback-Konferenzen. In diesen wird
mit allen Coaches und den Coachees
(= denjenigen, die Coaching erfahren)
über Erkenntnisse aus den Coachings diskutiert. Im Gegensatz zum Coaching sind
diese übrigens für alle Führungskräfte
verpflichtend.
RelationshipLeadership
Agility
• Authentizität
• Integrität
• Emotionale Reife
• Innovation
• Positive Energie
• Leidenschaft
• Intelligenz
• Mit den Besten arbeiten
• Entscheidungskraft
• Elektrisierend
• Ergebnisorientierung
• Stehvermögen
Unternehmenswerte und Management Competencies bei Vaillant
28
VDMA Nachrichten 04 • 07
Umsatz: rund 2 Milliarden Euro
Mitarbeiter: 10 100
Produkte: Die Vaillant Group bietet in
der Heiztechnik ein breites Sortiment
für die Energiearten Gas, Öl, Elektro an
(Wandheizgeräte, Standkessel, Elektroheizgeräte, Gaswasserheizer, Speicher,
Solaranlagen, Wärmepumpen, Klimageräte, Photovoltaiksysteme, Pelletkessel,
Mini-Blockheizkraftwerke).
www.vaillant-group.com
Der Erfolg der Führung wird also
­ eben den messbaren harten Zielen,
n
wie der Erhöhung des Unternehmenswertes und der Kundenzufriedenheit,
auch an den Ergebnissen einer 360°-Bewertung und der Mitarbeiterbefragung
gemessen.
Welche Rolle sehen Sie für das Feedback
generell im Unternehmen?
Ich habe nur eine Chance, etwas zu verändern, wenn mir das auch gesagt wird.
Das bestehende Abhängigkeitsverhältnis
zwischen Mitarbeiter und Vorgesetztem
führt aber dazu, dass der Mitarbeiter die
Wahrheit allenfalls geschönt vermittelt.
Das 360°-Feedback ist dabei ein Instrument, das eine Basis für einen offenen
Umgang miteinander schafft. So haben
wir die praktische Erfahrung gemacht,
dass ohne die beiden Beurteilungsblätter
des 360°-Feedbacks ein so offenes Gespräch nicht möglich gewesen wäre. Und
wenn die Dinge einmal ausgesprochen
sind, kann man hinter diesen Level nicht
mehr zurück.
Das Coaching ist bei Ihnen freiwillig. Wie
ist die Teilnahmequote?
Sie liegt bei 98 Prozent! Ich habe selten
etwas mit so einhellig positiver Resonanz
in unserem Unternehmen erlebt.
Wie haben Sie die Coaches ausgewählt?
Wir hatten eine ganze Reihe verschiedener Coaches eingeladen, die sich und
im blickpunkt
ihr Programm 20 Minuten präsentiert
haben. Die Führungskräfte haben diese
anschließend mit kurzen Fragebögen bewertet. Dabei haben wir darauf Wert gelegt, dass auch betriebswirtschaftliches
Know-how bei den Coaches vorhanden
ist. Die Coaches wurden dann vom Personalbereich den Führungskräften zugeordnet. Damit hatten wir die Möglichkeit, je
nach Stärken/Schwächen der Führungskraft – so wie wir sie wahrnehmen –
noch den einen oder anderen Aspekt zu
betonen.
Haben Sie schon Verbesserungen erzielt?
Das nächste 360°-Feedback steht an. Man
kann schon jetzt Stimmen hören wie „der
Chef geht jetzt zu den Mitarbeitern ins Büro und fragt sie nach ihrer Meinung“, oder
„… er kam nach dem letzten Agilität-Workshop mit ganz neuen Verhaltensweisen
nach Hause“. Auch sind Nebeneffekte zu
spüren wie zum Beispiel ein größeres Zusammengehörigkeitsgefühl. Zudem haben
sich Netzwerke gebildet. Das ist für unser
international mit vielen Niederlassungen
aufgestelltes Unternehmen sehr wichtig.
Meinen Sie, Sie erreichen Ihr Ziel, 2010
das beste Management-Team zu sein?
Dass Verhaltensänderungen möglich
sind, haben wir schon erfahren. Und das
Programm ist ja deswegen langfristig
angelegt, weil diese nicht von heute auf
morgen zu realisieren sind. Man kann
festhalten: Wir kochen auch nur mit Wasser. Aber bei uns wird das Wasser immer
ein bisschen heißer!
Das Interview führte Andrea Veerkamp-Walz, VDMA Betriebswirtschaft.
> Bp-35
360°-Feedback für alle Führungskräfte
Spürbarer Kulturwandel bei der KHS AG / Von Stefanie Kulpe
Seit 2006 gibt es bei der KHS AG ein
360°-Feedback, das für alle Führungskräfte weltweit zum Einsatz kommt.
Das 360°-Feedback ist Teil eines umfassenden Performance Management, das
Zielvereinbarungen, Leistungseinschätzungen und ein jährliches HR Review umfasst. Das HR Review bildet das Forum, in
Anderen bekannt
Johari-Fenster
Mir bekannt
Mir unbekannt
Öffentliche
Person
Blinder
Fleck
Anderen unbekannt
Ich gebe preis
Andere teilen über mich mit!
Mein
Geheimnis
dem der Vorstand mit Hilfe der aus dem
Performance Management gewonnenen
Kennzahlen über jede Führungskraft der
zweiten Ebene mit dem jeweiligen Vorgesetzten diskutiert und Nachfolge- und
Laufbahnplanungen festlegt. Die erste Führungsebene wird in einer gesonderten Vorstandssitzung einem Review unter­zogen.
Im Zuge der Umstrukturierung der
KHS von unabhängig voneinander handelnden Standorten hin zu einem übergreifend agierenden internationalen
Unternehmen wurden Ende 2005 zum
ersten Mal in der Geschichte der KHS
Führungsgrundsätze formuliert, die für
alle Führungskräfte an jedem Standort
gleichermaßen gelten.
Die Ziele
Das 360°-Feedback hilft, effektive Führung auf allen KHS-Führungsebenen zu
sichern. Die Zielvorstellungen:
Bindung der KHS-Führungskräfte
an KHS-Werte und einheitliche
Führungsgrundsätze
Verbesserung der eigenen Leistungseinschätzung
Information, welche individuellen
Trainings- und Entwicklungsmaßnahmen für jeden Einzelnen erforder­
lich sind.
Im 360°-Feedback werden die Führungsgrundsätze und das Führungsver-
•
Das unbewusste
Wissen
•
•
Das Johari-Fenster verdeutlicht das Phänomen des
„Blinden Flecks“. Entwickelt wurde es 1955 von
den amerikanischen Sozialpsychologen Joseph
Luft und Harry Ingham.
30
VDMA Nachrichten 04 • 07
„Wir erreichen mit dem Feedback, dass ,Führung‘ thematisiert
und im Sinne unserer Führungs­
prinzipien wahrgenommen wird.“
halten abgefragt. Klares Ziel ist es, die
Führungskräfte in ihrer Führungsverantwortung zu stärken und kompetenter zu
machen. Ausgerichtet ist die Befragung
im 360°-Feedback an den sechs KHS-Führungsprinzipien. Sie lauten:
Hochgesteckte Ziele und Commitment
Konsequentes Handeln
Schnelligkeit und Einfachheit
Ohne Grenzen denken
Veränderung als Chance
Gewinner-Mentalität.
•
•
•
•
•
•
Wer gibt und erhält Feedback?
Das 360°-Feedback findet jährlich statt.
Hier beurteilen nicht nur Vorgesetzte ihre
Mitarbeiter, sondern – im Umkehrschluss
– auch Mitarbeiter ihre Vorgesetzten sowie Führungskräfte ihre Kollegen anhand
vorgegebener standardisierter Fragebo-
im blickpunkt
gen. Jede Führungskraft, vom Vorstandsvorsitzenden bis zum Vorarbeiter, erhält
so ein Feedback. Fünf Mitarbeiter, fünf
Kollegen, der Vorgesetzte und die Führungskraft selbst geben eine Einschätzung ab. Die Rückmeldungen werden
auch in diesen Kategorien dargestellt,
wobei die Feedbacks von Kollegen und
Mitarbeitern anonym sind (siehe Abbildung). Die Auswertung jedes einzelnen
360°-Feedbacks beinhaltet also unterschiedlichste Blickwinkel, was die hohe
Aussagekraft der Befragungsergebnisse
gewährleistet. Verschiedene Ansatzpunkte für die konsequente Weiterentwicklung des Führungsverhaltens werden
dadurch sichtbar.
In diesem Jahr, dem zweiten Durchlauf, hat der gesamte Vorstand beschlossen, Feedback für sich nicht nur von einer
begrenzten Anzahl von Führungskräften
einzuholen, sondern von seiner gesamten obersten Führungsriege sowie dem
Betriebsrat.
Beispiel zur Gesamtauswertung der sieben Hauptkategorien im Vergleich
Stimme voll und ganz zu
1
2
Stimme ganz und gar nicht zu
3
4
5
6
Hochgesteckte Ziele
und Commitment
Selbst
Konsequentes Handeln
Kollegen (n = 5)
Vorgesetzter
Mitarbeiter (n = 5)
Schnelligkeit und Einfachheit
Ohne Grenzen denken
Veränderung als Chance
Gewinner-Mentalität
Teambildung/Übertragung
von Verantwortung
Diese Abbildung stellt die Durchschnittswerte der Selbsteinschätzung des Feedbackempfängers in den sieben Hauptkategorien im Vergleich zu der Bewertung seines Vorgesetzten und
der durchschnittlichen Bewertung durch seine Kollegen und Mitarbeiter dar.
Quelle: KHS
Begleitende Maßnahmen
knapp viertägiges internes Programm, an
dem jede Führungskraft teilnimmt. Hier
wird auch das 360°-Feedback eingehend
behandelt.
Kein Feedback ohne Auswertung
Die Ergebnisse werden gemeinsam von
Führungskraft und Vorgesetztem ausgewertet. Die Führungskräfteentwicklung
steht dabei beratend und moderierend
zur Seite. Die Rückmeldungen der Mitarbeiter bespricht die Führungskraft mit
ihrer Abteilung, gegebenenfalls durch die
Führungskräfteentwicklung unterstützt.
Je nach Auswertung werden Maßnahmen abgeleitet wie Coaching, Teilnahme
an Führungsseminaren oder spezifische
Vereinbarungen mit der Abteilung.
Führungskraft – zu sehr in der Kritik?
Foto: KHS
Jeder Mitarbeiter erhält mit der Einladung zum Feedback ausführliche Informationen. Außerdem werden Informa­
tionsveranstaltungen an allen Standorten
für alle Mitarbeiter angeboten. Auch im
Intranet besteht ein breites Informationsangebot.
Als unterstützende Maßnahme zum
Programm wird das KHS Management
Development Programm genutzt, ein
Das 360°-Feedback
ist Teil eines umfassenden Performance
Management, das
Zielverein­barungen,
Leistungseinschätzungen und ein
jährliches HR Review
umfasst.
Die Verbesserung der Führung wird erreicht zum einen durch das Lernen der
Führungskraft durch das Feedback; zum
anderen durch einen im System verankerten Anlass, mit ihrer Abteilung das
Thema Führung zu thematisieren. Es
gibt den Einwand, Führungskräfte würden mit solch einer Rundumbefragung
aus ihrer Funktion genommen. Auf den
­ersten Blick besteht beim 360°-Feedback
die Gefahr, dass mit Hilfe dieses Instruments eine Art Jagd auf die Führungskräfte eingeläutet wird. Der Prozess
muss deshalb sorgfältig eingeführt und
begleitet werden.
VDMA Nachrichten 04 • 07
31
im blickpunkt
Die Wirkung der Führung kann nur
derjenige mitteilen, der sie erlebt. Dies
sagt immer in gleichem Maße etwas über
den Einschätzer aus wie über die Person,
die ein Feedback erhält. Und beide Informationen sind für die Führungskraft ja
sehr wichtig. Sie geben ihr die Chance,
mehr über ihre Wirkung, aber auch über
ihr Umfeld zu lernen. Diese Rückmeldung
hilft ihr, zukünftig kompetenter, das heißt
informierter zu handeln. Sie kann besser
abschätzen, welche Wirkung Entscheidungen oder Verhaltensweisen auf ihr
Umfeld haben.
Im Profil
KHS AG, Dortmund
Umsatz:
ca. 752 Millionen Euro
Mitarbeiter: ca. 4 674
Produkte: Die KHS AG zählt zu den umsatz- und leistungsstärksten Abfüll- und
Verpackungsanlagenherstellern der Welt
und liefert von 14 Produktionsstandorten aus Komplettanlagen und attraktive
Einzellösungen für die Getränke-, Foodund Nonfood-Industrie in mehr als 130
Länder dieser Welt.
www.khs.com
Erfahrungen
Mit dem Feedback wird erreicht, dass
„Führung“ thematisiert und im Sinne der
KHS-Führungsprinzipien wahrgenommen
wird. Es ist damit aus der Tabuzone herausgekommen. Über Führung kann heute
gesprochen werden. Das Bewusstsein ist
in den Vordergrund gerückt, dass fachliche Kompetenz nichts über die Effektivität einer Führungskraft aussagt. Dies
bedeutet einen spürbaren Kulturwandel
bei der KHS.
Zur Generalschelte der Vorgesetzten
ist es durch eine sorgfältige Begleitung
der Führungskräfte nicht gekommen. War
zu Beginn des Prozesses das Vertrauen in
das Instrument nicht überall gegeben,
werden heute mitunter leidenschaftlich
auf allen Ebenen die Führungsgrundsätze
diskutiert. Das 360°-Feedback hat somit
auch einen internen Diskurs angestoßen,
der bei der Schärfung des KHS-Selbstverständnisses unterstützt.
> Bp-36
Stefanie Kulpe
ist Leiterin Führungskräfteentwicklung
bei der KHS AG, Dortmund.
Vielen Dank für dein Feedback!
Drei Fragen im Fokus / Von Christian Badura
Eine Feedback-Kultur ist heute in vielen
Unternehmen mehr oder weniger selbstverständlich. Im Fokus stehen dabei die
Fragen „Was gefällt uns so gut, dass
wir es beibehalten sollten?“, „Was stört
uns?“ und „Wie machen wir es anders?“.
„Vielen Dank für dein Feedback! Ich werde es wohl bedenken. Aber denke du
bitte auch daran, dass ich nicht auf der
Welt bin, um so zu sein wie du mich
haben willst!“ Diese Formel, die wir als
Ritual nach jedem erhaltenen Feedback
zitieren mussten, hat mich Ende der
Siebziger durch meine erste intensive
Zusatzausbildung begleitet. Es war eine
Ausbildung in Gruppendynamik, und deren zentrales Thema ist Feedback. Ganz
abgesehen von den Erfahrungen für
mein eigenes Leben war es in den Folgejahren verblüffend, welche Lernprozesse
sich bei Individuen, Gruppen und Organisationen damit auslösen lassen. Und
umgekehrt – wie wenig Veränderungen
traditionelle Lernformen, die sich meist
mit Wissensvermittlung beschäftigen,
nach sich ziehen.
32
VDMA Nachrichten 04 • 07
Damals waren gruppendynamische
Seminare noch recht exotisch und Workshops, in denen man sich mit der Qualität der aktuellen Zusammenarbeit beschäftigt – es gab nicht einmal diesen
Ausdruck. Das war die Zeit, in der Organisationsentwicklung als Instrument zur
Einführung einer Feedback-Kultur langsam Breitenwirkung erzielte.
„Eigentlich geht es bloß um
drei Fragen. Aber die haben es
in sich!“
Feedback ist heute selbstverständlich
Heute ist manches davon selbstverständlich. Abteilungen oder kleinere Arbeitsgruppen investieren zwei Tage in Teamentwicklungen, um die Zusammenarbeit zu
reflektieren und das Wir-Gefühl zu stärken.
Der Geschäftsführer zieht sich mit seinen
Führungskräften ins Hotel zurück, um in
Klausur die Kommunikation untereinander
zu verbessern. Nach einer Aufwärtsbeurteilung setzen sich Chef und Mitarbeiter zum
Teamgespräch zusammen. In Mitarbeiterjahresgesprächen tauschen sich Chef und
Mitarbeiter über ihre Erwartungen und
darüber aus, wie sie mit dem gegenseitigen
Umgang zufrieden sind. Projektgruppen
diskutieren nach jedem Projekt über „les-
sons learned“. Führungskräfte finden sich –
zunächst angeleitet, später selbst organisiert – zur kollegialen Beratung zusammen, um schwierige Führungssituationen
durchzusprechen. Zugegeben, das passiert
nicht alles zusammen in jedem Unternehmen. Aber den Charakter des Ungewöhnlichen hat es längst verloren.
Drei Fragen
Dabei geht es grundsätzlich „bloß“ um
drei Fragen:
„Was gefällt uns so gut, dass wir es
beibehalten sollten?“,
„Was stört uns?“ und
„Wie machen wir es anders?“.
•
•
•
Foto: sgame / FOTOLIA
im blickpunkt
Bei der FeedbackKultur geht es grundsätzlich „bloß“ um
drei wichtige Fragen.
Aber die haben es in sich! Menschen, die Feedback-Prozesse gewöhnt
sind, kommen mit diesen Fragen sofort
klar. Ist die Unternehmenskultur aber
eher dergestalt, dass übereinander statt
miteinander geredet wird, dass nur in
Krisensituationen angehalten und reflektiert wird (oder nicht einmal dann), dass
Diplomatie mehr gilt als Offenheit, dass
Fehler unverzeihlich sind und zu ernsten
Konsequenzen führen, dann müssen die
Beteiligten erst herangeführt werden an
den Umgang mit diesen drei Fragen.
Die Rolle der Chefs
Egal wer das macht und mit welchen
Methoden er es macht – nach mehr als
zwanzig Jahren Erfahrungen mit diesem Thema bin ich der Überzeugung, es
muss von „oben“ nach „unten“ gesche-
hen. Die Firmenkultur ändert sich nicht
oder nur viel zu langsam, wenn die Mitarbeiter gelehrt werden, Feedback zu
geben und Feedback anzunehmen. Die
Chefs müssen es lernen, und die Chefs
müssen es praktizieren. Und sie werden
es nur praktizieren, wenn ihr Oberchef es
tut. Es reicht nicht, wenn der das gut findet, finanziert und propagiert. Er muss
es tun!
Am leichtesten ist der Anfang dazu
in einer gemeinsamen Klausur der oberen Führungskräfte mit externer Begleitung gemacht. Dort zeigt sich die Kompetenz des Trainers darin, ob am Ende die
drei Fragen beantwortet sind. Und zwar
so beantwortet, dass auch in Zweieroder Dreiergesprächen im Auto auf dem
Heimweg nichts zurückgenommen und
nichts dazugefügt wird.
Vielleicht greift der auf das alte und
altmodische Ritual zurück? Fasst es doch
in zwei kurzen Sätzen die wichtigsten Elemente im Umgang mit Feedback zusammen: Das Dankeschön, mit dem wir respektvoll quittieren, dass jemand sich die
Mühe macht, uns über unsere Wirkung zu
informieren, mit allen Risiken, die so etwas mit sich bringt. Die Mahnung an sich
selbst, das Gehörte „wohl zu bedenken“,
statt es zu übergehen, übel zu nehmen,
wegzuwischen, zu entschuldigen oder zu
rechtfertigen. Das Bewusstsein, dass jeder
selbst für sein Verhalten verantwortlich
ist und es nicht anderen recht machen
muss. Und den Verzicht auf Erklärungen,
Rechtfertigungen, Entschuldigungen oder
Gegenattacken. Denn nach dem rituellen
Satz ist Schluss.
> Bp-37
Christian Badura
ist Geschäftsführender Gesellschafter
der CDHT Personalentwicklung GmbH,
Feucht bei Nürnberg.
Im Profil
CDHT Personalentwicklung
GmbH, Feucht bei Nürnberg
Mitarbeiter: 6 fest und mehr als 20 Freiberufler mit Spezialisierungen
Geschäftsfelder: Seminare und Workshops,
Teamentwicklungen, Führungskräfteentwicklung, Einführung von Personalentwicklungs- und Führungsinstrumenten
www.cdht.de
Sparen Sie Kosten.
Aber nicht an Qualität bei
Ihrer Medienproduktion.
Sie wünschen sich einen Servicepartner, der Ihnen den gesamten Aufwand rund um
die Medienproduktion abnimmt? Sie haben ihn gefunden.
Ob Webapplikationen, Bedienungsanleitungen, Broschüren, Kataloge, Flyer, Mailings oder CD-ROMs
(auf Wunsch auch mehrsprachig) mit „Rundum-Service“ von A bis Z – LEiTHNER führt die Regie.
LEiTHNER. Die Spezialisten für intelligente Medienproduktionen in Print, Internet und Multimedia.
Bahnhofstraße 8
Leithner0407.indd 1
97500 Ebelsbach
+49 (0) 95 22 / 70 98 0
+49 (0) 95 22 / 70 98 98
www.leithner.de
VDMA Nachrichten 04 • 07
33
26.03.2007 12:25:13 Uhr
im blickpunkt
Spieglein, Spieglein an der Wand, ist der Kunde mir bekannt?
Feedback-Prozess im Nachgang einer Kundenzufriedenheitsanalyse
Eine Kundenzufriedenheitsanalyse ist ein
Feedback par excellence. Für die Kunden
ist es eine Möglichkeit, zu sagen, was sie
gut finden und was sie ärgert. Für das
Unternehmen ist es eine Chance, seine
Stärken bestätigt zu sehen und die Handlungsfelder kennenzulernen.
Sich der Bewertung durch den Kunden
in Form von Kundenzufriedenheitsanaly­
sen zu stellen ist heute modern. Mit
dem Verweis auf die Forderungen durch
klassische Normen wie die DIN EN ISO
9001 oder die VDA Band 4 Teil 6 werden
Befragungen durchgeführt und die Daten analysiert. Was viele Unternehmen
allerdings unterschätzen ist, dass eine
Kundenzufriedenheitsbefragung auch in
die Feedback-Kultur des Unternehmens
passen muss. Und dies sogar in mehrerlei Hinsicht, denn die Kunden erwarten
nach einer Befragung, dass das Unternehmen Taten folgen lässt und sie über
diese informiert werden. Aber auch die
Mitarbeiter im Unternehmen erwarten
Informationen darüber, wie die Kunden ihre Leistung bewerten. Vor diesem
Hintergrund stellt der Umgang mit den
Ergebnissen einer Kundenzufriedenheits­
analyse eine besondere Herausforderung
an das Unternehmen und seine Fähigkeit zur Reflexion und Veränderung. Was
heißt dies nun im konkreten Fall?
Gerne vorgebracht werden auch methodische oder auswertungstechnische
Bedenken. Dahinter steht aber manchmal
die Angst der Beteiligten, sich wirklich
dem zum Teil schonungslosen Feedback
der Kunden zu stellen. Daher ist die zentrale Frage, die am Anfang einer solchen
Untersuchung gestellt werden sollte, ob
ein Unternehmen die Ergebnisse wirklich
wissen will, mehr als nur eine formale
Frage und sollte nicht nur mit einem Lippenbekenntnis beantwortet werden.
Zweite Hürde:
Wegschieben der Ergebnisse
Die zweite Hürde im Feedback-Prozess ist
die Gefahr, dass die Ergebnisse dazu führen, dass das Problem in anderen Organisationseinheiten ausgemacht wird. Die
eigenen Hände kann man so in Unschuld
waschen. Insbesondere bei Gegenüberstellungen von Leistungen von Organisa­
tionseinheiten, Geschäftsbereichen oder
gar ganzen Unternehmen besteht das
Ri­siko, dass schlechte Ergebnisse damit
schöngeredet werden, dass die anderen ja
noch viel schlechter sind. Oder es wird darüber nachgedacht, wer an einer schlechten Bewertung schuld sein könnte.
Es liegt auf der Hand, dass dies nicht
zielführend ist, denn für den Kunden
zählen keine Abteilungen oder organisa-
Die Akzeptanz der Ergebnisse einer Kundenzufriedenheitsanalyse stellt die erste
Hürde dar, denn erfahrungsgemäß sind
einige Ergebnisse nicht so, wie es im Vorfeld erwartet worden war, während andere nur das allgemeine Gefühl bestätigen.
Das Argument „das hätten wir auch schon
vorher gewusst“ wird hier manchmal
gerne benutzt, um die unangenehmen
Ergebnisse wegzuschieben. So können
leichter Ergebnisse angezweifelt werden,
die für das Unternehmen überraschend
sind oder sogar auf Ablehnung stoßen.
34
VDMA Nachrichten 04 • 07
Foto: June Steward / FOTOLIA
Erste Hürde:
Akzeptanz der Ergebnisse
torischen Abgrenzungen, er sieht immer
das Unternehmen als Ganzes. Daher
müssen auch bei der Auswertung einer
Kundenzufriedenheitsanalyse die Ergebnisse so genommen werden, wie sie sind,
als Bewertung des Gesamtunternehmens
und der Gesamtunternehmensleistung.
Dritte Hürde:
Personalisieren von Ursachen
Sind die ersten beiden Hürden erfolgreich
genommen, so steht nun die Ursachen­
analyse an, die dem Unternehmen helfen
soll, aus den Kundenaussagen die geeigneten Maßnahmen abzuleiten. Hierbei
sind oftmals die Bewertungen durch die
Kunden nur Kristallisationspunkte für interne Schwierigkeiten, die gegebenenfalls
auf ganz anderen Ebenen oder in anderen Prozessen liegen. Sehr problematisch
wird der Feedback-Prozess dann, wenn
sich herausstellt, dass einzelne Personen
als Sündenböcke ausgemacht werden
können. Hier bedarf es eines sehr erfahrenen und versierten Moderators, der diesen hochsensiblen Feedback-Prozess professionell begleitet. Anderenfalls besteht
die Gefahr, dass aus einem konstruktiv
gestarteten Diskussionsprozess eine einseitige Hetzjagd auf einzelne Personen
im Unternehmen stattfindet. Die Meinung des Kunden und seine Intention,
„Der Feedback-Prozess bei einer
Kundenzufriedenheitsanalyse
ist immer ein Kreislauf, der vom
Kunden ausgeht, in das Unternehmen hineingetragen wird
und wieder beim Kunden endet.“
dass hier etwas verbessert werden muss,
geht dabei völlig verloren.
Vierte Hürde:
Veränderungsfähigkeit herstellen
Essenziell wichtig für den Feedback-Prozess aus einer Kundenzufriedenheitsana­
lyse ist, dass man die wesentlichen
Punkte herausarbeitet, in denen das Unternehmen sich verbessern muss. Oftmals münden die Ergebnisse, nach dem
Motto „Paralyse durch Analyse“, in zu
viele Einzelmaßnahmen. Da Veränderung
selten angenehm ist, ist die Versuchung
da, nicht allzu sehr in die Tiefe zu gehen.
Fünfte Hürde:
Informationsflut
Mit der Informationsflut einher geht auch
das Problem, dass die Botschaft des Kunden verloren gehen kann. Die Folge ist, dass
auch die wesentlichen Voraussetzungen
fehlen, um den Feedback-Kreislauf vom
Kunden zum Unternehmen, in das Unternehmen hinein und zum Kunden zurück
zu gewährleisten. Es müssen nicht nur die
Ergebnisse, sondern auch die daraus resultierenden Maßnahmen kommuniziert
werden. Die dafür einsetzbaren Mittel sind
vielfältig; so kann eine Betriebsversammlung dazu dienen, die Ergebnisse an die
Belegschaft weiterzugeben, ebenso wie
eine kurze Zusammenstellung der Ergebnisse in Form eines Flyers in der Betriebszeitschrift oder via Intranet. Wichtig dabei
ist, dass die Informationen allen Mitarbeitern zur Verfügung stehen und möglichst
auch die Gelegenheit für Gespräche und
Diskus­sion besteht. Auf der zeitlichen Ebene sollte beachtet werden, dass die Mitarbeiter vor den Kunden über die Ergebnisse
und die Maßnahmen informiert werden,
damit sie nicht erst beim Kunden damit
konfrontiert werden.
Um den Feedback-Prozess abzuschließen, sollten auch alle Kunden über
die Ergebnisse informiert werden. Es ist
durchaus legitim, dass die Stärken des
Unternehmens herausgestellt werden
und die Schwächen als Handlungsfelder
beschrieben werden. Auf die Sichtweise
des Kunden sollte dabei besonders Rücksicht genommen werden und der für ihn
erlebbare Effekt dieser Veränderungen
beschrieben sein. Denn jeder Kunde, der
sich an der Umfrage beteiligt hat, erwartet, dass sich im Unternehmen etwas tut.
Die Kunden, die nicht geantwortet haben
und in den Feedback-Prozess eingebunden werden, nehmen diese Information
in den meisten Fällen sehr interessiert
und wohlwollend auf. Doch Vorsicht,
auch mit diesem Feedback erzeugen Sie
wiederum eine neue Erwartungshaltung
bei Ihren Kunden, an der das Unternehmen in Zukunft gemessen wird.
Die Chance nutzen,
das Unternehmen voranzubringen
Der Feedback-Prozess bei einer Kundenzufriedenheitsanalyse ist immer ein
Kreislauf, der vom Kunden ausgeht, in
das Unternehmen hineingetragen wird
und wieder beim Kunden endet. Ein äußeres Ziel wie „wir machen so etwas,
um den Normen zu genügen“ reicht bei
weitem nicht aus und erweist sich in den
meisten Fällen für die Unternehmen als
Bumerang. Ist man sich des Kreislaufs
jedoch bewusst, kann dieser gezielt genutzt werden, um die Kundenbeziehung
zu vertiefen und das Unternehmen wesentlich voranzubringen.
> Bp-38
Kontakt:
Dr. Frank Bünting
Betriebswirtschaft
Telefon 0 69 / 66 03-13 44
[email protected]

Documentos relacionados