(Aussetzung der Vollziehung: Beherrschungsähnliche

Transcrição

(Aussetzung der Vollziehung: Beherrschungsähnliche
FG München, Beschluss v. 08.01.2014 – 6 V 2116/13
Titel:
(Aussetzung der Vollziehung: Beherrschungsähnliche Gesellschafterstellung kraft
Interessenübereinstimmung im Rahmen einer verdeckten Gewinnausschüttung, vGA
soweit Tantieme 50% des Gewinns der Gesellschaft übersteigt, unzulässiger AdVAntrag für Folgebescheide)
Normenketten:
§ 69 Abs 3 FGO
§ 69 Abs 2 FGO
§ 8 Abs 3 S 2 KStG 2002
§ 233a AO
§ 1 Abs 5 SolZG
Orientierungsätze:
1. Eine beherrschungsähnliche Gesellschaftersstellung kraft Interessenübereinstimmung im
Rahmen der Beurteilung einer verdeckten Gewinnausschüttung für nachträglich beschlossene
gewinnabhängige Tätigkeitsvergütungen (Tantieme) der Gesellschafter ist nicht gegeben, wenn die
Gesellschafter trotz unterschiedlicher Beteiligungsquoten ein jeweils gleich hohes Gehalt und eine
gleich hohe Gewinntantieme erhalten .
2. Vereinbaren die Gesellschafter, die zu 40%, 40% und 20% beteiligt sind, eine Tantieme i.H.v. 60%
(20% für Jeden Gesellschafter-Geschäftsführer bzw. Prokuristen), ohne dass sachliche Gründe für
die Höhe vorgetragen werden, ist die Tantieme unangemessen i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG soweit
sie 50% des Gewinns der Gesellschaft übersteigt .
3. Ein Antrag auf AdV bei Gericht ist unzulässig, soweit er sich auf Folgebescheide (hier:
Solidaritätszuschlag und Zinsfestsetzungen zur Körperschaftsteuer) bezieht. Für einen Antrag auf
Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung eines Folgebescheids fehlt es am
Rechtsschutzbedürfnis .
Schlagworte:
Arbeitnehmer, Aussetzung der Vollziehung, Beherrschender Gesellschafter, Beteiligungsquote, Ernstliche
Zweifel, Folgebescheid, Grundlagenbescheid, Interessenübereinstimmung, nachträglich,
Rechtsschutzbedürfnis, Sondervergütung, Tantieme, Verdeckte Gewinnausschüttung, Vollziehung, Zinsen,
Zinsfestsetzung, Zulässigkeit
Fundstellen:
GmbH-Stpr 2015, 148
DStRE 2015, 1236
EFG 2014, 2161
BeckRS 2014, 96281
LSK 2015, 010555
Tenor
1. Die Vollziehung des Körperschaftsteuerbescheids 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.
März 2013 wird für die Dauer der Rechtshängigkeit der Hauptsacheklage beim Finanzgericht München
insoweit aufgehoben, als nur eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von …€ zum Ansatz kommt.
2. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
3. Die Verwirkung angefallener Säumniszuschläge wird insoweit aufgehoben, als sie auf die ausgesetzten
Beträge entfallen.
4. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin zu 23 v.H. und der Antragsgegner zu 77 v.H..
Tatbestand
1
I. Streitig ist im Hauptsacheverfahren - die Rechtmäßigkeit des Körperschaftsteuerbescheides 2005 wegen
verdeckter Gewinnausschüttung (vGA).
2
Die Antragstellerin ist eine mit notariellem Vertrag vom - gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung
(GmbH). Gegenstand des Unternehmens ist die Entwicklung, der Vertrieb von Software sowie Integration
mit Hardware im Bereich von offenen Systemen, der Computer-Vertrieb und alle damit im Zusammenhang
stehenden Geschäfte, sowie die Beratung und Projektleitung bei Software-Lösungen und die elektronische
Publikation von Informationen. Das Stammkapital betrug ... €; Gesellschafter waren im Streitjahr (W) zu 20
%, (S) und (Sch) zu jeweils 40 %. Zum jeweils alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer waren Sch und
S bestellt; W war mit Anstellungsvertrag zum Prokuristen bestellt.
3
In der Gesellschafterversammlung vom 28. April 2004 beschlossen die Gesellschafter, angesichts der
angespannten Liquiditätslage und der schlechten wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft, ihr Gehalt
vorübergehend auf jeweils brutto ... € zu senken. Diese Maßnahme war zunächst befristet bis Ende April
2005.
4
In der Gesellschafterversammlung vom 30. Juni 2005 wurde beschlossen, dass das Bruttogehalt der
Gesellschafter-Geschäftsführer und des Prokuristen auf jeweils ... € erhöht wird und dass „jeder der
vorgenannten Geschäftsführer/Prokuristen … künftig eine gewinnabhängige Tantieme von 20 % des
Jahresgewinns der Gesellschaft“ erhält. Auf das Protokoll zur Gesellschafterversammlung wird im Übrigen
verwiesen.
5
Die Antragstellerin zahlte Sch, S und W insgesamt € Vorschuss auf die Gewinntantieme und bildete eine
Rückstellung in Höhe von € (insgesamt € Gewinntantieme).
6
Die Jahresgesamtbezüge von Sch, S und W insgesamt stellen sich wie folgt dar:
7
Festgehalt
Aufwand für Urlaub
Pensionszusage
Zwischensumme
Tantieme
Gesamtausstattung
€
€
€
€
€
€
8
Im Anschluss an eine Außenprüfung
bei der Antragstellerin behandelte das beklagte Finanzamt (FA) die
Gewinntantieme als eine verdeckte Gewinnausschüttung und erließ entsprechende Körperschaftsteuer- und
Gewerbesteuermessbetragsbescheide, gegen die die Antragstellerin Einspruch einlegte.
9
Mit Einspruchsentscheidung vom 26. März 2013 wurden der Körperschaftsteuerbescheid und der
Gewerbesteuermessbetragsbescheid jeweils für das Jahr 2005 dahingehend geändert, dass nunmehr eine
vGA in Höhe von
€ angesetzt wurde. Die Tantiemevereinbarung sei erst am 30. Juni 2005 und damit
teilweise rückwirkend erfolgt; der anzuerkennende Tantiemebetrag belaufe sich auf
€ (die Hälfte des
unstreitigen Jahresgewinns). Außerdem sei die Gewinntantieme insoweit nicht anzuerkennen, als sie 50
v.H. des Gewinns übersteige. Die bisher gewährte Aussetzung der Vollziehung wurde gleichzeitig
aufgehoben.
10
Gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung wurde Klage erhoben.
Zur Klagebegründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Nachdem im Einspruchsverfahren die
Gewinntantieme als vGA angesehen wurde, weil sie unangemessen hoch und nicht durch einen
Fremdvergleich gedeckt sei, sei die lediglich rein formale Einordnung der Gewinntantieme als Nachzahlung
in der Einspruchsentscheidung rechtsmissbräuchlich. Die getroffenen Vereinbarungen könnten nicht isoliert
und losgelöst betrachtet werden, sondern seien im Gesamtzusammenhang der Gehalts- und
Unternehmensentwicklung zu sehen. Die Gesellschafter hätten im Gesellschafterbeschluss vom 25. April
2004 nur vorübergehend und befristet auf Gehaltsansprüche verzichtet. Diese Reduzierung sei rückgängig
gemacht worden.
11
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Körperschaftsteuerbescheids 2005 und des
Gewerbesteuermessbetragsbescheids jeweils vom wurde mit Bescheid jeweils vom abgelehnt. Die
Antragstellerin hat zwischenzeitlich die offenen Beträge in voller Höhe entrichtet.
12
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
die Vollziehung des Körperschaftsteuerbescheides 2005 sowie des Gewerbesteuermessbetragsbescheides
2005, des Solidaritätszuschlags- und der Zinsbescheide jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung
vom
wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit in vollem Umfange ohne Sicherheitsleistung bis
zur rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache aufzuheben,
hilfsweise die Beschwerde zuzulassen.
13
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzuweisen.
14
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf das Protokoll zur Gesellschafterversammlung, den Bericht
über die Außenprüfung vom, die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug
genommen.
Gründe
15
II. 1. Der Antrag ist unzulässig, soweit sich die Antragstellerin gegen den Gewerbesteuermessbetrag 2005
wenden. Im Hauptsacheverfahren
ist gegen den Gewerbesteuermessbetrag 2005 keine Klage erhoben.
Der einstweilige Rechtsschutz kann nicht über das Hauptsachebegehren hinausgehen.
16
Der Antrag ist unzulässig, soweit er sich auf den Solidaritätszuschlag 2005 und die Zinsfestsetzungen zur
Körperschaftsteuer bezieht. Bei diesen Bescheiden handelt es sich um Folgebescheide zum
Körperschaftsteuerbescheid 2005 (§ 233 a Abgabenordnung - AO - und § 1 Abs. 5 Satz 2
Solidaritätszuschlaggesetz 1995). Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheids ausgesetzt wird, ist
auch von Amts wegen die Vollziehung des Folgebescheids auszusetzen oder aufzuheben (vgl. Urteil des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 29. Oktober 1987 VIII R 413/83, BStBl II 1988, 240). Für den Antrag auf
Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung (AdV) eines Folgebescheids fehlt es am
Rechtsschutzbedürfnis (Beschluss des BFH vom 29. Oktober 1987 VIII R 423/83, BStBl II 1988, 240).
17
2. Der Antrag auf Aufhebung der Vollziehung des Körperschaftsteuerbescheides 2005 ist teilweise
begründet.
18
Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des
Sachverhalts anhand präsenter Beweismittel bestehen ernstliche Zweifel im Sinne von § 69 Abs. 3 und Abs.
2 Finanzgerichtsordnung (FGO) an der Rechtmäßigkeit des Körperschaftsteuerbescheids 2005 (vgl. BFHBeschluss vom 24. Februar 2000 IV B 83/99, BStBl II 2000, 298), und zwar aus folgenden Erwägungen:
19
a) Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) ist bei einer
Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch
das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1
Satz 1 des Einkommensteuergesetzes i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu
einer offenen Ausschüttung steht (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 22. April 2009 I B 162/08, BFH/NV 2009,
1458; BFH-Urteil vom 14. März 2006 I R 38/05, BFH/NV 2006, 1515, m.w.N.). Für den größten Teil der
entschiedenen Fälle hat der BFH die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn
die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der
Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt
hätte (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 16. März 1967 I 261/63, BStBl III 1967, 626).
20
Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine vGA auch dann anzunehmen sein,
wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn erbringt, für die es an einer klaren, im Voraus getroffenen,
zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (ständige Rechtsprechung, vgl.
BFH-Urteil vom 17. Dezember 1997 I R 70/97, BStBl II 1998, 545, m.w.N.). Insbesondere die
letztgenannten Grundsätze gelten ebenfalls für einmalige Sondervergütungen wie Nachzahlungen von
Gehältern, Tantiemen und sonstigen Bezügen (BFH-Urteil vom 11. Dezember 1991 I R 49/90, BStBl II
1992, 434 m.w.N.). Denn auch in diesen Fällen fehlt es zwischen der Gesellschaft und dem
beherrschenden Gesellschafter an einem Interessengegensatz. Der beherrschende Gesellschafter ist daher
in der Lage, das Einkommen der Gesellschaft so zu beeinflussen, wie es bei einer Gesamtbetrachtung der
Einkommen der Gesellschaft und des Gesellschafters am günstigsten ist (BFH-Urteile vom 26. April 1989 I
R 172/87, BStBl II 1989, 673; vom 2. Februar 1994 I R 78/92, BStBl II 1994, 479).
21
Eine beherrschende Stellung eines GmbH-Gesellschafters liegt im Regelfall vor, wenn der Gesellschafter
die Mehrheit der Stimmrechte besitzt und deshalb bei Gesellschafterversammlungen entscheidenden
Einfluss ausüben kann. Im allgemeinen ist das erst der Fall, wenn der Gesellschafter, der durch Leistungen
der Kapitalgesellschaft Vorteile erhält, mehr als 50 v.H. der Stimmrechte hat (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 13.
Dezember 1989 I R 99/87, BStBl II 1990, 454). Verfügt ein Gesellschafter über 50 v.H. oder weniger
Prozent der Gesellschaftsanteile, so kann er jedoch nach ständiger Rechtsprechung einem beherrschenden
Gesellschafter gleichgestellt werden, wenn er mit anderen, gleichgerichtete Interessen verfolgenden
Gesellschaftern zusammenwirkt, um eine ihren Gesellschafterinteressen entsprechende Willensbildung der
Kapitalgesellschaft herbeizuführen. Das jeweilige Rechtsgeschäft muss Ausdruck gleichgerichteter
Interessen sein (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 13. Dezember 2006 VIII R 31/05, BStBl II 2007, 393 m.w.N; BFHUrteile vom 4. Dezember 1991 I R 63/90, BStBl II 1992, 362, m.w.N.; vom 13. Dezember 1989 I R 45/84,
BFH/NV 1990, 455; vom 28. Februar 1990 I R 83/87, BStBl II 1990, 649; vom 10. März 1993 I R 51/92,
BStBl II 1993, 635, m.w.N.; BFH-Urteil vom 25. Mai 1988 I R 107/84, BStBl II 1989, 43). Es muss sich, da
die verdeckte Gewinnausschüttung eine Vermögensminderung seitens der Kapitalgesellschaft voraussetzt,
um gleichgerichtete materielle, d.h. finanzielle Interessen der Gesellschafter handeln.
22
Eine solche Interessenübereinstimmung ist nach der Rechtsprechung des BFH bei Vereinbarung einer
Gewinntantieme gegeben, wenn sich die Tantiemeverteilung an den bestehenden Beteiligungsquoten
ausrichtet (vgl. BFH-Urteil vom 11. Dezember 1985 I R 164/82, BStBl II 1986, 469 und 11. Dezember 1985 I
R 223/82, BFH/NV 1986, 637; vgl. auch BFH-Urteil vom 26. Juli 1978 I R 138/76, BStBl II 1978, 659 für den
Fall einer von den Beteiligungsquoten abweichenden Tantiemevereinbarung und der Begründung der
fehlenden Interessenübereinstimmung).
23
Unterscheidet sich das Beteiligungsverhältnis und das Verhältnis, in dem die Gesellschafter an der
Vergütung beteiligt sind, die als nachträglich gewährt anzusehen ist, ist dennoch ein gleichgerichtetes
Interesse nicht auszuschließen. Der Gesellschafter, der im Falle der Ausschüttung des rückwirkend
gewährten Vorteils von der Gesellschaft mehr erhielte als er an der rückwirkend gewährten Vergütung
partizipiert, kann dennoch ein mit dem anderen Gesellschaftern gleichgerichtetes Interesse verfolgen. Es ist
nicht ausgeschlossen, dass der betreffende Gesellschafter im Interesse der ihm mittelbar zukommenden
Gesamtsteuerersparnis (Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer) mit einer verdeckten Gewinnausschüttung
einverstanden ist, die im Falle einer offenen Ausschüttung für ihn einen höheren Betrag ergeben hätte als
den, mit dem er an der verdeckten Gewinnausschüttung partizipiert. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die
Klägerin ihren Gewinn teilweise oder voll ausgeschüttet hat (BFH-Urteil vom 2. Juli 1986 I R 144/85,
BFH/NV 1987, 398). Die Frage, wer den Vorteil aus der Vermögensminderung der Kapitalgesellschaft zieht,
ist insoweit von indizieller Bedeutung für die Beurteilung der maßgebenden Veranlassung (BFH-Urteil vom
22. Februar 1989 I R 9/85, BStBl II 1989, 631; vgl. zur einschränkenden Auslegung der
„beherrschungsähnlichen Situation kraft Interessenübereinstimmung“ Gosch, KStG, 2. Auflage, § 8 Rz 221
ff).
24
Die Frage nach der Art der Veranlassung ist bei Tantiemen grundsätzlich anhand aller Umstände des
konkreten Einzelfalls zu beurteilen. In bestimmten Fällen spricht jedoch der Beweis des ersten Anscheins
für eine Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis. Das gilt u.a. dann, wenn die zugesagte Tantieme sich auf
mehr als 50 v.H. des Jahresüberschusses der Gesellschaft beläuft (BFH-Urteile vom 5. Oktober 1994 I R
50/94, BStBl II 1995, 549; vom 12. Oktober 1995 I R 4/95, BFH/NV 1996, 437; BFH-Beschluss vom 1.
Dezember 1993 I B 158/93, BFH/NV 1994, 740). Soweit die Tantieme diese Grenze übersteigt, liegt
deshalb eine vGA vor, falls nicht im Einzelfall besondere Gründe für die Zusage einer außergewöhnlich
hohen Tantieme bestanden haben. Dasselbe gilt, wenn mehrere Gesellschafter-Geschäftsführer
Gewinntantiemen erhalten und diese zusammen die Grenze von 50 v.H. des Jahresüberschusses
übersteigen (BFH-Urteil vom 27. April 2000 I R 88/99, BFH/NV 2001, 342 m.w.N.).
25
b) Nach diesen Grundsätzen ist bei überschlägiger Beurteilung der Sach- und Rechtslage von einer vGA in
Höhe von € auszugehen.
26
aa) Die strengeren Voraussetzungen für die Beurteilung einer vGA bei Vereinbarungen der Gesellschaft mit
beherrschenden Gesellschaftern sind im Streitfall nicht anwendbar.
27
Sch, S und W sind mit ihren Anteilen von 40 v.H., 40 v.H. und 20 v.H. jeweils keine beherrschenden
Gesellschafter.
28
Auch eine beherrschungsähnliche Gesellschafterstellung kraft Interessenübereinstimmung ist nicht
gegeben. Eine solche Interessenübereinstimmung ist nach der Rechtsprechung des BFH bei Vereinbarung
einer Gewinntantieme gegeben, wenn sich die Tantiemeverteilung an den bestehenden Beteiligungsquoten
ausrichtet (vgl. BFH-Urteil vom 11. Dezember 1985 I R 223/82, BFH/NV 1986, 637). Dies ist im Streitfall
nicht gegeben, da die Gesellschafter trotz unterschiedlicher Beteiligungsquoten von 40 v.H., 40 v.H. und 20
v.H. ein jeweils gleich hohes Gehalt und eine gleich hohe Gewinntantieme erhalten.
29
Ein gleich gerichtetes finanzielles Interesse der Gesellschafter bei Vereinbarung der Gewinntantieme ist
nicht ersichtlich. Es ist nicht zu verkennen, dass die Zahlung einer gleich hohen Tantieme an alle drei
Gesellschafter den finanziellen Interessen der Gesellschafter, die mit jeweils 40 v.H. (Sch und S) an der
Gesellschaft und dessen Gewinn beteiligt sind, zuwiderläuft (vgl. BFH-Urteil vom 26. Juli 1978 I R 138/76,
BStBl II 1978, 659; Gosch, KStG, 2. Auflage, § 8 Rz. 223).
30
Eine Interessenübereinstimmung trotz im Verhältnis zur Beteiligungsquote abweichender Gewinntantieme
aus weiteren Gründen, ist im Streitfall nicht erkennbar.
31
Aus dem gleichgerichteten Abstimmungsverhalten allein kann nicht auf gleichgerichtete Interessen
(rück)geschlossen werden, da Interessengleichheit nach der Rechtsprechung nur gegeben ist bei einem
gleich gerichteten finanziellen Gesellschafterinteresse. Auch ein von der Rechtsprechung nicht
ausgeschlossenes gleich gerichtetes finanzielles Interesse aufgrund einer mittelbar zugute kommenden
niedrigeren Gesamtsteuerbelastung ist im Streitfall nicht ersichtlich.
32
bb) Die Gewinntantieme als Teil der Gesamtausstattung der Gesellschaftergehälter ist bei überschlägiger
Beurteilung allerdings insoweit unangemessen hoch, als sie mehr als 50 v.H. des Gewinns der Gesellschaft
beträgt.
33
Nach der Rechtsprechung spricht der erste Anschein für eine vGA, soweit die Gewinntantiemen in ihrer
Summe 50 v. H. des Gewinns der Gesellschaft übersteigen. Im Streitfall ist eine Gewinntantieme für die
Gesellschafter in Höhe von insgesamt 60 v.H. vereinbart. Insoweit ist bei überschlägiger Beurteilung des
Streitfalls von einer vGA auszugehen, als mehr als 50 v.H. des Gewinns an Gewinntantieme vereinbart
wurden. Sachliche Gründe für die Vereinbarung einer Gewinntantieme über 50 v.H. des Gewinns sind nicht
vorgetragen. Soweit sich die Antragstellerin darauf beruft, die Reduzierung der Gehälter für die
Gesellschafter und den Prokuristen im Jahr 2004 sei nur vorübergehend gewesen, vermag dies eine
sachliche Rechtfertigung für die Gewinntantieme in dieser Höhe nicht zu begründen.
34
Da die beiden Parteien übereinstimmend von einem Gewinn des Jahres 2005 vor Steuern in Höhe
von
€ ausgehen, ist bei überschlägiger Beurteilung eine Gewinntantieme in Höhe der Hälfte ( €)
anzuerkennen. Die Antragstellerin hat eine Gewinntantieme in Höhe von € gebildet, sodass sich eine vGA
in Höhe von € ergibt.
35
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.