Schriftliche Anfrage Antwort

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Schriftliche Anfrage Antwort
Bayerischer Landtag
16. Wahlperiode
Drucksache
16/17496
31.07.2013
Schriftliche Anfrage
der Abgeordneten Ulrike Gote
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
vom 24.05.2013
Modellbau im Bezirkskrankenhaus Straubing
Medienberichten zufolge wurde dem sich im Maßregelvoll­
zug des BKH Straubing befindenden Roland S., der für die
Firma Sapor als Modellbauer tätig war, eine Vorzugsbehand­
lung zuteil. Die Sozialministerin Christine Haderthauer und
ihr Ehemann, der Landgerichtsarzt Dr. Hubert Haderthauer,
waren an Sapor beteiligt. Umstände und Vertragsgrundlagen
der Modellbautätigkeiten des Roland S. sind unklar.
Ich frage die Staatsregierung:
1.1 Trifft es zu, dass im Bezirksklinikum Straubing ein
Team von 10 bis 14 Personen 6 Stunden am Tag damit
beschäftigt war/ist, Automodelle für die Firma Sapor
herzustellen?
1.2 Trifft es zu, dass Roland S. die Modellbauabteilung lei­
tet bzw. eine leitende Funktion einnimmt?
1.3 Besteht ein schriftlicher Vertrag zwischen dem Be­
zirksklinikum Straubing und der Firma Sapor?
2.1 Ist der Vertrag zwischen Sapor und dem Klinikum bzw.
sind die Modellbauarbeiten für Sapor von der Regie­
rung von Niederbayern geprüft worden?
2.2 Trifft es zu, dass Dr. Hubert Haderthauer Zugang zu
Roland S. im BKH Straubing hatte, obwohl er dort
nicht beruflich tätig war und nicht in einem Betreuungs­
verhältnis zu S. stand?
2.3 Auf welcher rechtlichen Grundlage und zu welchem
Zweck wurde dieser Zugang gewährt?
3.1 Gab es seitens der Klinik bzw. von Mitarbeiterseite Be­
schwerden/kritische Nachfragen zu der Tatsache, dass
Dr. Haderthauer Zugang zu S. erhielt?
3.2 Welche Ebenen bzw. behördlichen Stellen befassten
sich wie mit derartigen Beschwerden?
4.1 Trifft es zu, dass Roland S. wiederholt Freigang ge­
währt wurde und diese Erlaubnis im Zusammenhang
mit seiner Tätigkeit für die Firma Sapor zu Recherche­
zwecken und Museumsbesuchen erteilt wurde?
4.2 Zu welchen Terminen wurde Roland S. Freigang ge­
währt und mit welcher Begründung?
4.3 Von wem wurde Roland S. auf diesen Unternehmungen
jeweils begleitet?
5.1Hat die Staatsregierung Kenntnis über persönliche
Treffen zwischen Dr. Hubert Haderthauer und Roland
S.?
5.2 Auf welcher gesetzlichen Grundlage wurde Roland S.
ein Generalschlüssel für die Fenster des Krankenhauses
sowie das Büro der Arbeitstherapiegruppe zur Verfü­
gung gestellt?
5.3 Trifft es zu, dass Postsendungen für Roland S. von der
üblichen Sicherheitskontrolle ausgenommen waren?
6.1 Auf welcher rechtlichen Grundlage bzw. auf wessen
Veranlassung hin wurde dies so gehandhabt?
6.2 Zu welchen Zeiten und in welcher Funktion betreute
Herr Dr. Hubert Haderthauer Roland S.?
6.3 Durch welche Maßnahmen wurde die Sicherheit der
Modellbauwerkstatt sichergestellt?
7.1 Zu welchen Zeiten und in welchem Ausmaß war Chris­
tine Haderthauer an Sapor beteiligt?
7.2 Gab es eine Genehmigung für die Nebentätigkeit von
Christine Haderthauer bei Sapor?
8. Wie bewertet die Staatsregierung den Sachverhalt, dass
ein Mediziner, der beim Freistaat Bayern angestellt und
mit einer prominenten CSU-Politikerin verheiratet ist,
mit Produkten, die innerhalb des Maßregelvollzugs in
einer forensischen Abteilung eines Bezirksklinikums
hergestellt werden, eine private Gewinnerzielungsab­
sicht verbindet?
Antwort
des Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung,
Familie und Frauen
vom 19.06.2013
Vorbemerkung:
Nach Kenntnis der Staatsregierung war der derzeit im Be­
zirkskrankenhaus Straubing untergebrachte Roland S. zu
keiner Zeit für die SAPOR Modelltechnik als Modellbauer
tätig. Richtig ist, dass Herr S. in der Arbeitstherapie Modell­
bau im Bezirkskrankenhaus Straubing zum Zwecke der The­
rapie beschäftigt ist.
Zu 1.1:
Das Bezirkskrankenhaus Straubing betont, dass die Arbeits­
therapie Modellbau aufgrund der anspruchsvollen Tätigkeit
seit vielen Jahren eine Bereicherung des therapeutischen
Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –
Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung.
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Spektrums des Bezirkskrankenhauses Straubing darstellt.
Wegen ihrer Gefährlichkeit befinden sich die untergebrach­
ten Personen im Bezirkskrankenhaus Straubing über viele
Jahre, so dass es zum Erhalt von deren Arbeitsfähigkeit auch
sinnvoll erscheint, geeigneten Personen auch komplexere
Arbeiten anzubieten. Dem Bezirkskrankenhaus ist es – trotz
aller Bemühungen – bisher nicht gelungen, weitere Auftrag­
geber zur Vergabe ähnlich komplexer, anspruchsvoller Auf­
träge zu gewinnen.
Nach Angabe des Bezirkskrankenhauses Straubing stellt
die dortige Arbeitstherapie Modellbau eine von den unter­
gebrachten Personen sehr geschätzte und anspruchsvolle
Therapie dar, die seit vielen Jahren zur therapeutischen För­
derung der untergebrachten Personen durchgeführt wird.
Es wurde und wird dort eine wechselnde Zahl von unterge­
brachten Personen beschäftigt; aktuell handelt es sich um
drei Personen.
Zu 1.2:
Nein. Die Leitung der Arbeitstherapie Modellbau obliegt
nach Auskunft des Bezirkskrankenhauses Straubing aus­
schließlich Mitarbeitern des Bezirkskrankenhauses Strau­
bing.
Zu 1.3:
Nach Auskunft des Bezirkskrankenhauses Straubing, ja.
Zu 2.1:
Der Vertrag zwischen dem Bezirkskrankenhaus Straubing
und SAPOR Modelltechnik wurde vom örtlichen Rech­
nungsprüfungsamt des Bezirks Niederbayern geprüft. Der
Regierung von Niederbayern obliegt hier keine Zuständig­
keit.
Zu 2.2:
Nach Art. 15, 28 Abs. 1 Bayerisches Unterbringungsgesetz
– UnterbrG steht den im Maßregelvollzug untergebrachten
Personen grundsätzlich ein Recht auf den Empfang von Be­
such zu. Nach Angaben des Bezirkskrankenhauses Strau­
bing müssen Besuche von den untergebrachten Personen
beantragt und von den zuständigen Therapeuten genehmigt
werden. Besuchsanträge über Besuche des Herrn Dr. Hadert­
hauer bei Herrn S. liegen laut der Dokumentation des Be­
zirkskrankenhauses Straubing nicht vor. Das Bezirkskran­
kenhaus Straubing kann nicht ausschließen, dass Personen
der SAPOR Modelltechnik und hiermit gegebenenfalls auch
Herr Dr. Haderthauer im Rahmen einer Auftragserteilung
an die Arbeitstherapie Modellbau in Anwesenheit und unter
Aufsicht von den Arbeitstherapeuten Kontakt zu Herrn S.
hatten.
Zu 2.3:
Im Rahmen von Geschäftsbeziehungen des Bezirkskranken­
hauses können und müssen Kontaktaufnahmen von Auftrag­
gebern, die Aufträge an die Beschäftigungs- und Arbeitsthe­
rapie im Maßregelvollzug vergeben, mit den hierfür in den
Maßregelvollzugseinrichtungen verantwortlichen Mitarbei­
terinnen und Mitarbeitern erfolgen. Die Auftraggeber kön­
nen auch ein berechtigtes Interesse an den Produktions- und
Arbeitsbedingungen in den jeweiligen Beschäftigungs- und
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Arbeitstherapien haben, soweit ihre betrieblichen Belange
betroffen sein können. Einer gesetzlichen Grundlage, damit
dieses Informationsbedürfnis erfüllt werden kann, bedarf es
nicht.
Sollten Kontakte zwischen Herrn S. und Personen der
­SAPOR Modelltechnik stattgefunden haben, so dürfte dies
nach Angabe des Bezirkskrankenhauses Straubing aus­
schließlich zur differenzierten Darlegung der speziellen Auf­
tragswünsche der SAPOR Modelltechnik erfolgt sein.
Zu 3.1:
Weder an die Klinikleitung des Bezirkskrankenhauses
Straubing noch an das Staatsministerium für Arbeit und So­
zialordnung, Familie und Frauen als Fachaufsicht über den
Maßregelvollzug in Bayern wurden solche Beschwerden
­herangetragen.
Zu 3.2:
Entfällt (vgl. Antwort zu 3.1).
Zu 4.1:
Aufgrund der Konzeption des Bezirkskrankenhauses
Straubing dürfen den dort untergebrachten Personen keine
Vollzugslockerungen gewährt werden. Nach Angabe des
Bezirkskrankenhauses Straubing erhielt aufgrund dieser
Vorgabe auch Herr S. keinen Freigang.
Zu 4.2:
Entfällt (vgl. Antwort zu 4.1).
Zu 4.3:
Entfällt (vgl. Antwort zu 4.1).
Zu 5.1:
Nein.
Zu 5.2:
Nach Angabe des Bezirkskrankenhauses Straubing wurde
Herrn S. kein (General-)Schlüssel für die Fenster des Kran­
kenhauses oder das Büro der Arbeitstherapiegruppe ausge­
händigt.
Zu 5.3:
Nach Angabe des Bezirkskrankenhauses Straubing, nein.
Zu 6.1:
Entfällt (vgl. Antwort zu 5.3).
Zu 6.2:
Nach Angabe des Bezirkskrankenhauses Straubing besteht
und bestand weder ein Betreuungsverhältnis zwischen den
genannten Personen noch erfolgten private Besuche.
Zu 6.3:
Nach Angabe des Bezirkskrankenhauses Straubing wird die
Sicherheit in der Arbeitstherapie Modellbau durch Kontrol­
len des Sicherheitsdienstes und durch die Aufsicht der Ar­
beits- und Beschäftigungstherapeuten sichergestellt.
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Zu 7.1:
Frau Staatsministerin Christine Haderthauer war zum Zeit­
punkt ihrer Ernennung zur Staatsministerin für Arbeit und
Sozialordnung, Familie und Frauen im Herbst 2008 bereits
seit etwa fünf Jahren nicht mehr Teilhaberin an SAPOR Mo­
delltechnik. Fragen hinsichtlich einer Beteiligung von Frau
Christine Haderthauer an SAPOR Modelltechnik vor ihrer
Berufung ins Kabinett betreffen deren privaten Schutzbe­
reich. Die Anfrage betrifft insoweit nicht Angelegenheiten,
für die die Staatsregierung unmittelbar oder mittelbar ver­
antwortlich ist.
Zu 7.2:
Siehe Antwort zu 7.1.
Zu 8.:
Für den Vollzug der Maßregeln der Besserung und Siche­
rung nach § 61 Nr. 1 und 2 Strafgesetzbuch (StGB), also
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den Maßregelvollzug, sind in Bayern die Bezirke oder de­
ren Unternehmen zuständig (Art. 95 Abs. 1 Gesetz zur
Ausführung der Sozialgesetze – AGSG). Sie tragen für den
gesetzesmäßigen Vollzug der Maßregeln der Besserung
und Sicherung die Verantwortung. Sie entscheiden also in
eigener Zuständigkeit und Verantwortung über die Ausge­
staltung und Durchführung des Maßregelvollzugs und haben
dabei die rechtlichen Vorgaben einzuhalten. Dies gilt auch
für die Annahme und Vergabe von Aufträgen im Rahmen
der Beschäftigungs- und Arbeitstherapie. Dabei haben sie
insbesondere den gesetzlichen Auftrag der Besserung und
Sicherung zu beachten. Zudem haben sie darauf zu achten,
dass dabei weder ein Interessenkonflikt aufseiten der Maß­
regelvollzugseinrichtung noch beim Auftraggeber besteht.
Das Verhalten des Bezirks Niederbayern ist fachaufsichtlich
nicht zu beanstanden.