Minneapolis April – Mai 2012 6 Wochen Innere Medizin im Land der

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Minneapolis April – Mai 2012 6 Wochen Innere Medizin im Land der
Abbildung 1 - Blick auf Minneapolis von der Uni
Minneapolis April – Mai 2012
6 Wochen Innere Medizin im Land der unbegrenzten Möglichkeiten
Es ist kurz nach 8.00 Uhr morgens – Standardzeit Mittlerer Westen, 15.00 österreichischer Zeit - nur
wenige Minuten trennen mich von meinem ersten vollen Arbeitstag am Department of
Rheumatology der Medical School an der University of Minnesota. Im Rahmen eines
Auslandspraktikums im 6.Studienjahr - für die Fächergruppe 2 - stehen sechs Wochen Erfahrungen
mit dem amerikanischen Krankenhausalltag und dessen Gesundheitssystem an. Jeweils drei Wochen
lang werden dabei die Fähigkeiten in Anamnese, physikalischer Untersuchung, als auch seitens
technischer Prozeduren im Fairview Hospital der University of Minnesota, als auch im HCMC – einem
CountyHospital – in Downtown vertieft.
Die Rheumatology ist dabei als ein sogenannter Consultationservice organisiert. Es existiert somit
keine eigene Station nach österreichischem Vorbild (also ein „Ward“ wie z.B. auf der Intensive Care
Unit „ICU“), sondern einerseits eine klassischen Ambulanz in welcher neue und bekannte
PatientInnen – zur Diagnose und Therapie – kontinuierlich betreut werden, als auch eine
Zuständigkeit zur Abdeckung von Anfragen des restlichen Krankenhauses. Im Rahmen dessen werden
sowohl bestehende rheumatologische Erkrankungen (Systemischer Lupus, Rheumatoide Arthritis,
Gicht etc... ), als auch unklare Krankheitsbilder, welche mit einer rheumatologischen und
autoimmunologischen Erkrankung zusammenhängen könnten, abgeklärt beziehungsweise - wenn
möglich - neu diagnostiziert und therapiert.
Abbildung 2 - der Mississippi
Die „University of Minnesota“
Die University of Minnesota besitzt den viertgrößten Campus der USA. Mit über 52tausend
Studierenden, verteilt auf beiden Seiten des Mississippi, sowie in Minneapolis als auch St.Paul
gelegen, bildet die von den Einheimischen „U“ genannte akademische Institution eines der
wissenschaftlichen Zentren der Vereinigten Staaten. Nach dem internationalen ShanghaiUniversitätsranking gehört sie sowohl zu den Top 30 Universitäten weltweit, als auch die hauseigene
MedSchool, zu den Top 20 Ausbildungsstätten für Medizinstudierende innerhalb der USA. Nicht von
ungefähr kommt somit der universitäre Leitspruch „Driven to Discover“.
Mit Fortbildung in den Tag starten
Den Tagesbeginn für Studierende markiert um 8.15 an beiden Institutionen (HCMC, wie auch
Universität) der universitätsweite/krankenhausweite Morning Report der verschiedenen
Departments of Internal Medicine. Innerhalb von 45
Minuten diskutieren die Anwesenden zusammen die
Hintergründe, Symptome wie auch Entwicklungen
eines vorgestellten Falles und müssen am Ende
mögliche
Differentialdiagnosen
–
nach
Systemgliederung
(GI-Trakt,
Infektionen,
Autoimmunologisch, etc...) – vorschlagen.
Abbildung 3 - Morning Report
Daraufhin erfolgt die Auflösung der Diagnose und es werden Hintergründe zum Krankheitsbild (ca.
10-15 Minuten) präsentiert. Dazu gratis Kaffee auf der Uni bzw. ein kleines Frühstückbuffet im
HCMC.
Lehre wird hochgehalten
Danach geht es aber auch schon an den PC. Man Facts über Minnesota:
verschafft sich einen Überblick über die neuen
Ca. 5,3 Millionen EinwohnerInnen
PatientInnen auf der Ambulanz und zugleich über die am Hauptstadt: St.Paul
Vortag durchgeführten Consils bzw. sieht nach ob neue Staatsmotto: „Der Stern des Nordens“
„North
Star
State“
Consilanfragen anderer Stationen über die Nacht Spitzname:
(„Nordsternstaat“) und „The Gopher State“
hinzugekommen sind. Nach diesem Check geht es allein,
(nach dem Dreizehnstreifenziesel, welches
ebenso das Maskottchen der University of
oder mit einem Resident im Schlepptau, auf die
Minnesota ist)
Ambulanz. Man wird bereits ab Tag zwei voll in den Mehr als 11.000 Seen
Betrieb eingegliedert. Während der erste Tag noch für Die „Mall ofAmerica“ - das größte
Einkaufszentrum in den USA liegt in einem
eine generelle Einführung in den Tagesbetrieb diente,
Vorort der TwinCities
sieht man bereits am folgenden Tag seine ersten Minneapolis und St.Paul bilden die
„TwinCities“
PatientInnen. Hierbei ist der Ablauf, ob in Ambulanz oder
Lokalisation: Mittlerer Westen der USA,
Consult, gleich. Als Studierender sieht man den/die
angrenzend zu Kanada
Patienten/-in als erstes führt ein orientierendes Gespräch, Die „Twins“ – Baseballteam von Minnesota
erhebt Krankengeschichte, bestehende Medikation und
Familien-, wie auch Sozialanamnese und bei einem „Follow up“ die Entwicklung seit dem letzten
Besuch. Danach entwickelt man einen Therapieplan und stellt dem/der diensthabenden Physician
den Fall vor. DieseR führt daraufhin das vertiefende PatientenInnengespräch und zeigt, mit
Einwilligung des/der Betroffenen, unterschiedliche Untersuchungstechniken vor bzw. weist auf
sichtbare Krankheitszeichen hin. Nachdem das Gespräch beendet ist, zieht man sich zusammen
zurück und der/die Physician erzählt einem über Hintergründe, Therapie, bis hin zu den neuesten
Papers alles Wissenswerte über das vorliegende Krankheitsbild – und das bei jedem Patienten/jeder
Patientin, jeden Tag - an beiden Institutionen.
Abbildung 4–„Twins“ Baseballstadium
Mittags gibt es dann die nächste Stunde an Fortbildung zu genießen, dabei handelt es sich meist um
allgemeine Krankheitsbilder bzw. Spezialvorlesungen (vor allem am HCMC), oder aber auch um
wissenschaftliche Neuigkeiten (in der zweiten Woche gehörte einer der drei Nobelpreisträger von
2011 z.B. zu den Vortragenden) bzw. spezielle Vorlesungen (Morbity and Mortality) auf der
University. Gerade letztere ist besonders spannend, da im Rahmen dieser - an Freitagen
stattfindenden Vorlesung - Fälle besprochen werden die oftmals einen letalen Ausgang hatten und
man versucht in der Nachbetrachtung mögliche Fehlerquellen zu identifizieren bzw. im
interdisziplinären Austausch alternative Behandlungsmöglichkeiten für zukünftige Fälle zu
diskutieren. Wieder - an beiden Standorten - ein gratis Mittagessen inkludiert.
Der Nachmittag steht dann meistens im Zeichen der offen gebliebenden Consils, die im gesamten
angrenzenden Krankenhaus verteilt sein können und im Zuge derer die PatientInnen besucht, bzw.
mit den Primary-Teams über die weitere Therapie diskutiert wird. Der Arbeitstag endet zumeist
gegen 17.00 Uhr, kann aber auch ab und an bis 19.00 Uhr andauern. Auf jeden Fall verlässt man das
Krankenhaus aber immer mit dem Wissen etwas Neues gelernt zu haben und einer enormen
Motivation für den kommenden Tag.
Abbildung 5 - Blick auf Minneapolis vom Lake Harriet
Das Medizinstudium in den Vereinigten Staaten (bzw. in Minneapolis)
Studieren ist in den USA einfach anders. Das Medizinstudium dauert vier Jahre – ein Bachelor davor
ist allerdings verpflichtend - und ist in 2x2 Jahre aufgeteilt. Die ersten beiden sind größenteils im
Klassenraum zu absolvieren, während die beiden letzten in einem Rotationssystem direkt im
Krankenhaus zu absolvieren sind. Dabei gibt es Pflicht-Rotations wie Innere Medizin, Chirurgie und
Pädiatrie, allerdings ebenso frei wählbare Praktika nach dem eigenen Interesse, meistens zwischen 36 Wochen an Dauer. Diese können sowohl auf der Universität, als auch einem der zahlreichen
Lehrkrankenhäuser in Minneapolis und St. Paul absolviert werden. Pro Jahr beginnen ca. 170
Studierende das Medizinstudium und müssen bis an dessen Ende knapp 120.000 Dollar aufbringen.
Mit System an die Arbeit
Die tagtägliche Arbeit folgt dabei ganz bestimmten Systemen, welche einen zielsicher durch die
Herausforderungen leiten. Dies wäre einerseits das SOAP-System, welches vornehmlich bei ProgressNotes – sprich wenn man den/die Patient/-in kontinuierlich betreut – verwendet wird und folgende
Punkte umfasst:
•
•
•
•
S....Subjective (Eindrücke des Patienten, Erfahrungen, subj. Symptombeschreibungen)
O....Objective (selbst erhobene Befunde – gesehene, wie selbst erhobene Auffälligkeiten)
A....Assessement (die Einschätzung der aktuellen Zustandes, mögliche Differentialdiagnosen)
P....Plan (die eigenen Ideen bzgl. des weiteren Vorgehens in Therapie wie Diagnostik)
Ebenso gibt es auch für die gezielte Anamnese – hier vor allem bei Neuaufnahmen – einige an
Hilfestellungen, welcher man sich bedienen kann. Einen guten Link findet man hierzu am Ende des
Artikels. Zwei simple Grafiken, zur Notiz von Laborwerte, bieten ebenso eine hilfreiche
Unterstützung. Diese können einerseits für die Blutwerte, andererseits für das Metabolic-Panel
verwendet werden:
Abbildung 6– Laborwertgrafiken
Als Hilfe kann das „Maxwell Quick Medical Reference“ empfohlen werden. Dieses wenige Seiten
starke Büchlein ist in den USA für ca. 7 US-Dollar zu finden und bietet einen guten Überblick über
Anamnese, wie auch Laborwerte.
Fazit
Bei der Arbeit auf der Rheumatology darf man sich durchaus an Dr.House erinnert fühlen, da die
verschiedenen Differentialdiagnosen und das detektivische Herangehen an unbekannte Diagnosen
(rheumatologisch, autoimmunologisch, oder doch keines von beiden) von Grund auf zu fesseln
vermögen. Ein Vorbild an Lehre, sowie dem Hochhalten von Wissen, bzw. dem Herangehen an das
Thema Forschung und der Vielfalt an Personen mit unterschiedlichstem Backround sind die USA aber
auf alle Fälle. Man kann gar nicht anders, als von der Leidenschaft der handelnden Personen
angesteckt zu werden und ein Stückchen davon wieder mit nach Hause zu bringen.
Aber auch Minneapolis mit seinen wunderbar freundlichen Menschen (nicht umsonst der Spruch
„Minnesota is nice“), seinem reichen kulturellen, wie auch kreativen, Erlebnisangebot, der Kulinarik
und der beeindruckenden Natur ist absolut sehenswert.
Die USA als Auslandsfamulatur (vor allem in Minneapolis) - eine uneingeschränkte Empfehlung!
Bei weiteren Fragen zu Unterkünften, Hilfestellungen und weiteren Erfahrungen einfach melden:
[email protected]
Weiterführende Informationen und Links:
Facts 6.Studienjahr:
Auslandsfächergruppen sind in Ländern möglich, in welchen die PatientenInnensprache gesprochen wird. Förderungen sind
über fixe Austauschprogramme und über selbstorganisierte Famulaturen möglich. Als Krankenhäuser können
Universitätskliniken und assoziierte Lehrkrankenhäuser gewählt werden.
Alle Informationen: http://www.medunigraz.at/international_office
Minneapolis 2012 eine zweite Meinung Rotation in Internal Medicine – Minneapolis
http://www.medunigraz.at/images/content/file/studium/international/berichte/2012/Lisa%20Tarmann%20%20–%20Minneapolis.pdf
Eine sehr gute Übersicht über die abzuhandelnden Punkte von Anamnese bzw. Untersuchung findet man in dem Bericht
von Markus Henning aus dem Jahr 2011
http://www.medunigraz.at/images/content/file/studium/international/berichte/2011/Markus%20Henning%20-%20Minneapolis%20June%202011.pdf
Eine spezielle Erfahrung - Auslandsfamulatur in Jimma, Äthiopien
http://www.medunigraz.at/images/content/file/studium/international/berichte/2010/Jimma_University_2010_Vajda_Tarmann.pdf

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