GEBIETE DES SEEWESENS.

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GEBIETE DES SEEWESENS.
MITTEILUNGEN
AUS DEM
GEBIETE DES SEEWESENS.
VOL. XXXIII.
1905.
NO. II.
Betrachtungen über den Russisch-Japanischen Krieg.
Von E. v. N o r m a n n - F r i e d e n f e l s , k. u. k. Korvetten-Kapitän a. D.
(Z ehnte F o rtse tzu n g .)
W ährend die feindlichen Armeen am S c h a h o -F lu sse untätig ein­
ander gegenüberstehen und die B a ltis c h e Flotte mit ihrem ungeheuren
Train nur langsam die große räumliche Entfernung bis zum Kriegs­
schauplätze durchmißt, ist das in P o r t A r t h u r eingeschlossene russische
Geschwader von seinem Schicksal ereilt worden. Die Belagerungsarmee
hat in der letzten Zeit unter großen Anstrengungen einen Erfolg errungen,
welcher in überraschend kurzer Zeit die vollständige Vernichtung des
russischen P o r t A rth u r-G esc h w ad e rs zur Folge hatte. Die Japaner
haben keine Opfer gescheut, um die Beste dieses Geschwaders so bald
als möglich zu zerstören; um jeden Preis mußten sie es verhindern,
daß die Flotte des Admirals R o s c h d je s tw e n s k y durch diese noch
immerhin ansehnliche Streitmacht verstärkt werde, und hiedurch gegen­
über ihrer eigenen Flotte eine erdrückende Überm acht erlange. Daß
die P o r t A rth u r -F lo tte seit der Seeschlacht des 10. August keinen
erneuten Ausbruchsversuch m ehr unternommen h at, und auch als sie
in den ersten Dezembertagen, nach der Erstürm ung des 203 m-Hügels,
des in den bisherigen Kämpfen wiederholt genannten „H o h en B e r g e s “,
mit schwerer Marine-Artillerie wirksam beschossen wurde, im Hafen
verblieb, zeigt, daß General S tö s s e l den Gedanken an die Bettung
der Schiffe nach ihrem mißglückten Ausbruchsversuche aufgegeben und
bald hierauf ihre Artillerie, Munition sowie die Schiffsbemannungen
ans Land gebracht und zur Verteidigung des Platzes herangezogen hat.
Die Schlachtschiffe, welche im Kampfe des 10. August wahrscheinlich
M itteilungen aus dem Gebiete des Seew esens 1905. Xr. 2.
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schwer gelitten haben, scheinen gar nicht m ehr in Reparatur genommen
worden, sondern vermutlich auch infolge Kohlenmangels an möglichst
geschützten Ankerplätzen ihrem Schicksale überlassen worden zu sein.
Anders wäre ihr Verhalten in den letzten Monaten kaum zu erklären.
Bemerkenswert ist die Angabe der Japaner, daß die russischen
Forts während der Beschießung und Zerstörung ihrer Flotte das Ge­
schützfeuer nicht erwiderten. Dies muß dahin erklärt werden, daß
die Artillerie der Hauptforts E r l u n g s e h a n , K ik w a n s c h a n und S u n g t s e h u s c h a n , in deren Feuerbereich der 203 m -Hügel liegt, tatsächlich
vorher durch die Belagerungs-Artillerie zum Schweigen gebracht worden
war, wie in Heft I, Seite 17 berichtet wurde.
Begreiflicherweise bietet J a p a n alles auf, um auch die Festung selbst
vor dem Eintreffen der B a ltis c h e n Flotte zu Fall zu bringen, und wie
groß die Erregung ist, welche das Land angesichts dieses herannahenden,
neuen und mächtigen Gegners erfaßt hat, lassen mancherlei Nachrichten
aus T o k io erkennen. Wenn man bedenkt, daß schon jeder R a id der
3 W lad iw o sto k -P an z erk reu ze r an allen Küsten des Inselreiches eine
Panik hervorrief, wird man begreifen, daß die bevorstehende Ankunft
einer zahlreichen, der japanischen fast ebenbürtigen Flotte umso nach­
haltiger einwirken muß, da eine Niederlage zur See auch das Verhängnis
der in der M a n d s c h u r e i befindlichen japanischen Operations-Armeen
werden müßte. Zunächst manifestiert sich diese Empfindung in Protesten
an die neutralen Mächte über angebliche, die Neutralität verletzende Be­
günstigungen der russischen Geschwader.
Selbst wenn das „II. russische Geschwader des Stillen Ozeans“
bei seiner Ausreise an Gefechtswert der japanischen Flotte gleich gewesen
wäre, würde es fraglich erscheinen, ob diese Flotte auf eine so große
räumliche Entfernung dem Feinde ohne Beeinträchtigung seiner Kampf­
kraft entgegengeführt werden kann. Russische See-Offiziere haben jedoch
den Gefechtskoeffizienten ihres II. Geschwaders im Vergleiche zu jenem
der japanischen Schlachtschiffe und Panzerkreuzer wie 334 : 613 be­
rechnet. Hiezu wären des weiteren noch die moralischen Faktoren, d. s.
die Intelligenz, Ausbildung und der Geist der Bemannungen zu rechnen.
Um die Schwierigkeiten, unter denen Admiral R o s c h d je s tw e n s k y
seine Aufgabe zu lösen hat, zu ermessen, sei allein des Kohlenverbrauches
der russischen Flotte gedacht. Derselbe stellt sich bei ökonomischer
F ah rt auf 3140 t, bei Volldampffahrt auf fast 10.000 t pro Tag. Vor
Anker benötigt die Flotte täglich 423 t Kohle zu Heiz- und Beleuch­
tungszwecken, sowie für die Destillation des Trink- und Nutzwassers.
Die Flotte legte als erste Etappe eine 1000 Seemeilen-W egstrecke in
5 Tagen zurück und verblieb sodann 3 Tage behufs Kohleneinnahme
vor Anker. Bei ökonomischer F ah rt verbrauchte sie für diese 1000 Meilen-
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Strecke 17.000 t Kohle, was für die 18.000 Meilen lange Wegstrecke
von ß e v a l bis in die koreanischen Gewässer rund einem Verbrauch
von 300.000 t Kohle entspricht.
Bereits im ersten Teile der F ahrt sind Havarien, insbesondere auf
Torpedobootszerstörern aufgetreten, welche nur in geringer Zahl ver­
tretenen, in schwerem Seegang sehr heiklen Fahrzeuge eventuell nicht
vollzählig den Kriegsschauplatz erreichen dürften. Außerdem verlautet
neuerdings, daß das japanische Schlachtschiff Y a s c h i m a nicht unter­
gegangen sei. Angesichts dieser Sachlage ist der in russischen Marine­
kreisen laut gewordene W unsch nach Entsendung eines dritten Ge­
schwaders auf den Kriegsschauplatz begreiflich. Da jedoch das Schlacht­
schiff S l a w a nicht so bald seebereit gestellt werden kann, wären von
der B a ltis c h e n Station nur wenige gefechtswertige, ältere Schiffe hiefür verfügbar. Eine stattliche Verstärkung könnte die S c h w a rz e MeerFlotte bilden, doch dürfte sich die russische Regierung in Anbetracht
der hieraus erwachsenden politischen Verwicklungen kaum für diese
Maßnahme entschließen.
XVI. Die K riegs-Ereignisse vom 16. November bis 15. Dezember.
1. D ie F a h r t d es II. r u s s i s c h e n G e s c h w a d e rs .
A . D ie I. Division.
Von dem unter unmittelbarem Befehl des Admirals R o s c h d je s tw e n s k y stehenden Gros des II. russischen Geschwaders im Stillen Ozean
sind nur spärliche Nachrichten bekannt geworden.
Dasselbe besteht aus folgenden Schiffen:
Schlachtschiff K n j a z S u w o r o w (Flaggenschiff des Kommandierenden)
??
B o r o di n o
v
Im perator A le x a n d e r
ti
O rel
Ti
Panzerkreuzer
n
III.
OsLJABJA
A d m ir a l N a ch im o v
(Kontre-Admiral E n q u is t)
D m itrij D onskoi
Kreuzer 1. Kl. A u r o r a
Hülfskreuzer A n a d y r , K o r e a , D o n , U r a l ,
W erkstättenschiff K a m ča t k a
Bergungsdampfer Rus
Torpedo-Transportdampfer B ak a n
Hospitalschiff O r e l
Fleisch-Transportdam pfer E s p e r a n c e
Kohlendampfer M e t e o r , M a l a j a u . a.
I rtisch
8*
108
Das Geschwader hatte nach viertägigem Aufenthalte am 16. No­
vember 6h p. m. D a k a r verlassen und erreichte am 28. November L i b r e ­
v ille (F ran zösisch-K ongo); die 2050 Seemeilen lange W egstrecke wurde
mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 7 Knoten zurückgelegt. Am
3. Dezember verließ die Flotte L ib r e v ille und erreichte nach lOtägiger
F ahrt den Hafen M o s s a m e d e s (Portugiesisch-W estafrika), woselbst am
13. Dezember 21 russische Schilfe ankerten. Für die letztere 1000 See­
meilen lange W egstrecke ergibt sich eine Durchschnittsfahrt von 4 Knoten
stündlich; vermutlich hat das Geschwader unterwegs taktische oder
Scheibenschieß-Übungen vorgenommen.
Das der Flotte voranfahrende Hospitalschiff O r e l erreichte, begleitet
von 2 Transportdampfern, am 12. Dezember das Kap und ging bei S im o n sto w n vor Anker.
B . D ie I I . Division.
Nach lltä g ig e m Aufenthalte in der S u d a-B ai ging die II. russische
Schiffsdivision, u. zw.: die Schlachtschiffe S i s s o i V e l i k i j (Kontre-Admiral
F e lk e rz a m ), N a v a r i n , die Kreuzer 2. Kl. S v j e t l a n a , Ž e m č u g , A l m a s , mit
den Torpedobootszerstörern B o d r y , B e z u p r e č n y ,„ B l e s t j a š č i j , B e d o w y , B y s t r i j ,
B ü i n y und dem von P ir ä u s eingerückten B r a w j i , die Hülfskreuzer der
Freiwilligen-Flotte W o r o n e s , W l a d i m i r , S a r a t o v , K o s t r o m a , K i j e w , der
Hülfskreuzer K i t a j , und die Transportdampfer J u p i t e r und M e r k u r j am
21. November in See, und erreichte, nach einer durch ungünstiges
W etter verzögerten F ahrt am 24., 8h a. m. P o r t S aid.
Die ägyptische Begierung hatte für die Kanalpassage der russischen
Eskadre umfassende Vorsichtsmaßnahmen getroffen. In P o r t S a id wurden
die russischen Schiffe an einer abgesonderten Stelle des Hafens vertäut
und durch Patrouillenboote bewacht. W ährend des 24stündigen HafenAufenthaltes wurde ihnen gestattet, die zum Erreichen von S uez nötige
Menge Kohle und Lebensmittel, ferner 3000 t Süßwasser an Bord zu
nehmen. W ährend der Kanalpassage wurden alle im Kanal befindlichen,
von Süden kommenden Schiffe verhalten, an den Ausweichestellen zu
verbleiben, während die Kanaleinfahrt in S uez für diese Zeit untersagt
wurde. An beiden Kanalufern waren Posten aufgestellt, welche alle F ah r­
zeuge beaufsichtigten und darüber wachten, daß keine Gegenstände in
den Kanal geworfen werden.
Kurz vor dem russischen Geschwader waren drei Dampfjachten
unter französischer, E m e r a l d und O a t e r in a unter englischer Flagge
in P o r t S aid eingetroffen, welche ursprünglich als in japanischen Diensten
stehende Fahrzeuge angesehen wurden. Bald zeigte sich jedoch, daß sie
F io r e n t i n a
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der russischen Eskadre als Aufklärungsschiffe angehörten; sie traten
bald nach Einlangen der russischen Schiffsdivision die Kanalpassage süd­
wärts an, und sollen beauftragt gewesen sein, den Golf von S u ez und
die in der Mittellinie des Boten Meeres befindlichen Inseln und Biffe
nach verdächtigen Fahrzeugen abzusuchen.
Bei Tagesanbruch des 25. November liefen die russischen Torpedo­
bootszerstörer in den Kanal, welchen sie mit 16 Knoten F ahrt passierten,
und um 2h p. m. in S uez ankamen. Eine Stunde nach ihnen traten die
Schiffe des Geschwaders die Kanalpassage an, wobei die beiden Schlacht­
schiffe geschleppt wurden. Auf allen Schiffen befand sich die Mannschaft
an den Gefechtsstationen, der russische Generalkonsul begleitete das Ge­
schwader. Die Kanalpassage verlief ohne Zwischenfall, am Abend ankerte
das Geschwader in den B itte r s e e n . Die vorgenannten 3 Jachten hatten
am 25. l l b a. m. S uez erreicht, und gingen nachmittags mit 2 russischen
Torpedobootszerstörern zur Absuchung des Golfes in See.
Bei Tagesanbruch des 26. November setzten die russischen K riegs­
schiffe und Transportdampfer die Kanalpassage fort und ankerten Mittags
auf der Bhede von S u ez, woselbst die ägyptischen Küstenüberwachungs­
kreuzer A b b a s und N u r - e l - B a h r die Einhaltung der Neutralität über­
wachten. Das russische Geschwader ankerte außerhalb der Dreimeilen­
zone und nahm W asser und Lebensmittel an Bord. Die zur Bekognoszierung ausgelaufenen Torpedobootszerstörer kehrten abends zur Flotte
zurück und ergänzten ihren Kohlenvorrat von den Transportdampfern.
Um 4h a. m. des 27. ging die russische Flotte südwärts in See;
die vorgenannten ägyptischen Kreuzer gaben ihr bis S h ad w an -Islan d
das Geleite.
Am 2. Dezember 5U p. m. passierte die Division F e lk e r z a m west­
lich der Insel P e rim in folgender Ordnung: 2 Kreuzer, Schlachtschiff
N a v a r i n , die 5 Hülfskreuzer der Freiw illigen-Flotte,
7 Torpedoboots­
zerstörer, 4 Transportdampfer, Flaggenschiff S i s s o i V e l i k i j , letzteres be­
gleitet von dem kleinen französischen Dampfer B i n g e r , welcher, von
D jib o u ti kommend, bei P e r im die russische Flotte mit Depeschen und
Lotsen an Bord erwartet hatte. Die Flotte verblieb durch 2 Stunden
gegenüber P e rim an der afrikanischen Küste und setzte um 7h p. m.
ihre F ahrt ostwärts fort.
Am 3. Dezember ging die Division F e lk e r z a m vollzählig bei den
inmitten des Golfes von T e d ju r a , halbwegs zwischen O bock und D ji­
b o u ti gelegenen M u sc h a -In se ln vor Anker, und ergänzte daselbst ihren
Kohlenvorrat aus den mitgeführten Transportschiffen, wonach sie am
Abende des 14. Dezember die Beise, angeblich nach D ie g o -S u a re z .
fortsetzte.
110
G. D ie E rg ä n zu n g s - D ivisio n .
Eine vom Kontre-Admiral N ie b o g a to f f befehligte Ergänzungsdivision, — bestehend ans dem Panzerkreuzer O l e g , dem Kreuzer 2. Kl.
I z u m r u d , den Hiilfskreuzern B io n , D n j e p r , T e r e k , dem ebenfalls als W erk­
stättenschiff eingerichteten Transportdampfer O k e a n ( 1 1 . 8 9 7 / ) und 5 Tor­
pedobootszerstörern G r o z n i , G r o m k i , G r o m j a š č i , P r o n z i t e l j n y und P r o z o r l j iv i — , verließ am 1 6 . November L ib a u ,
passierte am folgenden
Mittag die Nordspitze B o rn hol m s und ankerte am Morgen des 1 8 . beim
F a k k e b je rg -L e u c h ttu rm (Südspitze der Insel L a n g e la n d ), woselbst die
Schiffe ihren Kohlenvorrat ergänzten. Um 9 b a. m. des 1 9 . November
setzte die Division, begleitet vom dänischen Kanonenboote G ü l d b o r g s u n d
und dem Torpedoboot S ö b j ö r n e n , die F ahrt durch den G ro ß e n B e lt
nordwärts fort, und ankerte in der Nacht zum 2 1 . infolge ungünstigen
W etters in der Bai von S k a g e n bei F r e d e r i k s h a v e n . Der Torpedo­
bootszerstörer P r o z o r l j iv i lief mit einer beschädigten Schraube am 21.
3b p. m. in F r e d e r i k s h a v e n ein, woselbst die Hafenbehörde die Be­
nützung des Hafenkrans zur Reparatur verweigerte. Infolgedessen wurde
das Anerbieten einer privaten Bergungsgesellschaft angenommen, durch
zwei Bergungsschiffe das Heck des beschädigten Torpedobootszerstörers
soweit heben zu lassen, daß die Reparatur der Schraube ermöglicht sei.
Das russische Geschwader ging nach Beendigung der Reparatur
des P r o z o r l j i v i am Abende des 23. November von S k a g e n in See; in­
folge ungünstigen W etters kehrten die Kreuzer O l e g , I z u m r u d , T e r e k
und 1 Torpedobootszerstörer am 24. wieder in die S k a g e n -B a i zurück.
Die Hafenbehörden von F r e d e r ik s h a v e n verweigerten dem I z u m r u d
die Erlaubnis, auf der Rhede Kohle einzunehmen und forderten ihn auf,
zu diesem Zwecke die Territorialgewässer zu verlassen. Infolgedessen
verließen die russischen Schiffe am selben Abende 7h die S k a g e n -B u c h t
und steuerten um Kap S k a g e n in die Nordsee.
Um Mittag des 26. November liefen die Torpedobootszerstörer
G r o z n i und G r o m k i , begleitet vom Hülfskreuzer D n j e p r , C h e r b o u r g
an. In der Nordsee und im Kanal hatten die Schiffe schlechtes
W etter angetroffen und insbesondere die Torpedobootszerstörer sehr ge­
litten; letztere hatten Havarien an den Kondensatoren, welche eine zwei­
tägige Reparatur erforderten. Am Abende des 29. setzten die russischen
Schiffe ihre F ahrt südwärts fort.
Am Abende des 26. November ankerten die Kreuzer O l e g , I z u m r u d
und 5 Transportdampfer, 3 Meilen südlich von D o v e r, wie gemeldet
wurde, weil eines der Schiffe einen Maschinendefekt zu beheben hatte.
In der folgenden Nacht ließen die russischen Schiffe ihre Scheinwerfer
spielen und verblieben am 27., bei Nebelwetter, auf ihrem Ankerplätze.
Ill
Am Morgen des 29. November erreichte der Torpedobootszerstörer
mit schwerer Havarie den Hafen von B r e s t; das Fahrzeug
hatte im Kanal ein schweres W etter bestanden. Nachdem es um l h p. m. in
das französische Arsenalsbassin verholt war, wurden seine Havarien durch
Taucher untersucht. Am Bug war die Bootshülle an m ehreren Stellen
durch den Aufschlag des Ankers durchlöchert, 5 Kesselrohre waren ver­
brannt, das Steuer verbogen. Der P r o n z i t e l j n y erhielt von den französischen
Behörden die Erlaubnis, zur Behebung seiner Schäden ins Dock zu gehen.
Der russische Hülfskreuzer K u b a n war am 20. November mit
Maschinenhavarien in V igo eingetroffen, von wo er sich am 22. nach
B a y o n n e begab, um sich später dem Ergänzungsgeschwader anzuschließen.
Die Kreuzer O l e g , I z u m r u d und der Transportdampfer O k e a n liefen
am 1. Dezember den Hafen L a C o ru n a an; der O l e g ließ daselbst leichte
Havarien beheben, beide Kreuzer ergänzten ihren Kohlenvorrat vom
O k e a n . Am selben Abende ankerte der russische Hülfskreuzer R io n mit
den Torpedobootszerstörern G r o m j a š č i und P r o z o r l j i v i in der T a n g e rBai, am 3. folgte der Hülfskreuzer D n j e p r mit den Torpedobootszerstörern
G r o z n i und G r o m k i .
Am 4. Dezember passierte ein weiterer russischer Hülfskreuzer den
G ro ß e n B elt. Der Torpedobootszerstörer P r o n z i t e l j n y verließ nach Be­
endigung seiner Reparaturen den Hafen von B r e s t, wurde jedoch durch
schlechtes W etter gezwungen, im Hafen von O a m a re t Schutz zu suchen.
Panzerkreuzer O l e g , Kreuzer 2. Kl. I z u m r u d sowie der Transportdam pfer
O k e a n ankerten auf der Rhede von T a n g e r.
Am 5. passierte ein russischer Hülfskreuzer Kap S k a g e n mit
Westkurs.
Am 7. Dezember ging der Hülfskreuzer D n j e p r mit den Torpedo­
bootszerstörern G r o z n i , G ro mki und der Transportdampfer O k e a n von
T a n g e r nach A l g i e r ab; der Kreuzer I z u m r u d lief M a la g a an und
ergänzte daselbst seinen W asservorrat.
Am 8. verließ der Torpedobootszerstörer P r o n z i t e l j n y den Hafen
von C a m a re t; der russische Eisbrecher J er m a c k ging nach Beendigung
seiner Reparaturen von K iel in See.
Am 14. Dezember erreichte der Torpedobootszerstörer G r o z n i die
S u d a-B ai mit Havarien, zu deren Behebung er alsbald nach dem P ir ä u s
abging.
Der russische Hülfskreuzer T e r e k traf am 16. Dezember i n D a k a r ein.
P ronziteljny
2. D e r K a m p f um P o r t A r t h u r .
Die Depeschen,
Torpedobootszerstörer
mit
deren
R a sto r o p n y
Beförderung General S t ö s s e l den
beauftragt hatte, müssen sehr wichtige
112
Meldungen enthalten haben, denn gleichzeitig mit diesem Fahrzeuge
wurde während des heftigen Schneesturmes in der Nacht zum 16. No­
vember ein vollbemanntes, mit Lebensmitteln gut ausgestattetes Rettungs­
boot entsendet. Dieses Fahrzeug setzte 10 hm westlich von W e i - h a i W e i , außerhalb des englischen Territoriums, einen russischen Offizier ans
Land, welcher die Depeschen in T s c h i f u aufgab. Das Rettungsboot er­
reichte sodann W e i - h a i - W e i , woselbst die Bemannung interniert wurde.
Der russische Offizier berichtete, daß innerhalb des D r a k o n n o w y Rückens drei neugeschaffene Verteidigungslinien um P o r t A r t h u r her­
gestellt worden seien.
General N o g i berichtete Mitte Dezember, daß die Werke der See­
front bei Annäherung der japanischen Schiffe auf diese nicht mehr feuern,
ferner daß die Festungsartillerie in P o r t A r t h u r unvollkommene Granaten
schieße, die nicht krepieren. Nach so lange dauernder Belagerung dürften
die Verteidiger wohl gezwungen sein, mit der Geschützmunition sparsam
umzugehen, und die ältesten Granaten, deren Sprengladungen deterioriert
sein mögen, zu verfeuern. Die Japaner verbreiterten ihre Laufgräben
und benützten sie zum Vortreiben ihrer Geschütze. Die Russen fuhren
fort, Ausfälle gegen die Sappen zu machen, wobei sie, um in kurzer Zeit
die größte W irkung zu erzielen, mit Vorliebe Handgranaten zur Anwen­
dung brachten.
Die von den Japanern gegen die Forts E r l u n g s e h a n und S u n g ­
t s c h u s c h a n vorgetriebenen Minen wurden am 17. November zur Ex­
plosion gebracht, wodurch die Flankendeckung dieser Forts zerstört und
auf ihren Brüstungen eine Anzahl russischer Maschinengeschütze außer
Gefecht gesetzt wurden. Am folgenden Tage richteten die Japaner eine
aus schweren Schiffsgeschützen bestehende Batterie gegen ein beim
russischen Arsenal befindliches Pulvermagazin. Nachdem zirka 200 Gra­
naten verfeuert worden waren, erfolgte die Explosion desselben.
Am 19. November, 3h früh, sichtete das auf der Höhe der
Insel Y e n t a i ( Gund) kreuzende japanische Geschwader den deutschen
Dampfer V e t e r a n , mit Kurs gegen P o r t A r t h u r . Das Kanonenboot
T a t s u t a jagte den Dampfer und nötigte ihn, um 5 h a. m. zu stoppen.
Der Kapitän erklärte, daß die aus zahlreichen W interkleidern, Decken,
Medikamenten und Konservenfleisch bestehende Ladung für N i u t s c h w a n g bestimmt sei, doch wurde der V e t e r a n aufgebracht und nach
S a s e b o überführt, woselbst das Prisengericht seine W egnahme be­
stätigte.
Am 20. November griffen die Japaner eines der Forts an der
Nordostfront nach längerem Bombardement an und drangen bis zur
Brustwehr desselben vor, woselbst sie jedoch von den Russen mit dem
Bajonett zurückgeworfen wurden.
113
In der N acht zum 21. November griffen die Russen die in den
Schanzen nördlich des O s t k i k w a n s c h a n - F o r t s liegenden japanischen
Truppen erfolglos an, und schlugen am folgenden Tage einen Angriff
derselben zurück.
Die Granaten der schweren Belagerungs-Artillerie verursachten um
Mittag des 22. einen Brand der Kohlenlager in P o r t A r t h u r , welcher
24 Stunden andauerte.
Am 23. wurden m ehrere russische Forts gleichzeitig angegriffen;
um M itternacht besetzten die Japaner einen Teil der Verschanzungen.
Nach der Meldung des Generals S t ö s s e l soll die Belagerungsarmee in
den Kämpfen vom 20. bis 24. November 2000 Mann verloren haben.
Am 23. November brachten japanische Schiffe den der Firm a
B u t t e r f i e l d gehörigen englischen Dampfer T ü n g c h o w (1502 Register­
tonnen) auf, welcher im Aufträge der Russisch-Chinesischen Bank
30.000 Dosen Büchsenfleisch im W erte von 260.000 Taels von S c h a n g ­
h a i nach P o r t A r t h u r zu bringen versuchte. Hingegen wurde der
englische Dampfer I n v e r n e s s (3734 Registertonnen) vermißt, der am
16. Oktober mit Lebensmitteln und Munition für die japanische Armee
nach K o r e a abgegangen war; die Japaner vermuteten, daß er ent­
weder in die Hände der Russen gefallen oder infolge seiner gefähr­
lichen Ladung zugrunde gegangen sei.
Die fortdauernden Kämpfe zu Lande brachten der Belagerungsarmee am 24. November die Einnahm e der vor den Forts E r l u n g s e h a n ,
K i k w a n s c h a n und S u n g t s c h u s c h a n befindlichen Laufgräben und
Verschanzungen ein, doch blieben die Russen im Besitze der Brustwehren
und der Forts selbst. In den folgenden Tagen bis zum 27. wurde heftig
um den Besitz der russischen Schanzen auf den Glacis dieser F.orts ge­
kämpft, durch deren Einnahme die Japaner günstige Stellungen für den
Angriff gegen die Hauptforts zu erlangen hofften. Am 24. nachmittags
griff nach vorangegangener Beschießung eine Abteilung der 11. japani­
schen Division die Schanzen vor dem Südw e s t - K i k w a n s c h a n - F o r t an
und nahm sie nach fünfmaligem vergeblichen Ansturm. Die russischen
Schanzen wurden zerstört, während die Japaner, in Deckung m itgebrachter
Schanzsäcke, sich in neue Stellungen eingruben. Ein russischer Ausfall
in der folgenden Nacht wurde abgeschlagen.
Am 25. November sollen 2 russische Torpedobootszerstörer vor
P o r t A r t h u r zum Sinken gebracht worden sein.
Wie vom kais. japanischen Hauptquartier in T o k i o verkündet
wurde, waren bis zum 26. November die vorbereitenden Arbeiten für
einen Sturmangriff auf S u n g t s c h u s c h a n , K i k w a n s c h a n und die
östlich davon liegenden russischen Forts beendet. Am Abende des
26. November führten die japanischen Generale N a k a m u r o und S a i t o
114
Abteilungen im Gefechte besonders geübter Elitetruppen gegen die
genannten russischen Forts. Ein blutiger Kampf, Mann gegen Mann,
entspann sich, wobei die Japaner in den Sturmangriffen um die Zugänge
des K ik w a n s c h a n -F o rts allein 4000 Mann verloren haben sollen, doch
wurde am 27. von T o k i o aus zugegeben, daß der Angriff, infolge des
hartnäckigen W iderstandes der Küssen, nicht zum Ziele gelangt sei.
Der Bericht General S t ö s s e l s besagt, daß die Kämpfe des 26. und
27. November die blutigsten seit der Belagerung P o r t A r t h u r s waren.
Am 26. schlugen die Küssen einen gegen ihre an die T a u b e n - B u c h t
gelehnte, linke Flanke gerichteten Angriff mit großen Verlusten des
Feindes zurück. In der Nacht wurde ein Angriff gegen das Fort
P a l u n g s c h a n abgeschlagen, ebenso ein zweiter gegen den H o h e n H ü g e l.
Die Verschanzungen wechselten zweimal die Besitzer, doch wurden die
Japaner in der Nacht zum 27. mit dem Bajonett zurückgeworfen, wonach
sie ein heftiges Geschützfeuer gegen das Innere der Festung unterhielten.
Vom 27. November an beschossen die Japaner unaufhörlich den
H o h e n H ü g e l (203 m) mit 28 cm- und 40 cm-Bomben, und unter­
nahmen gegen denselben wiederholt Sturmangriffe, welche die Russen
bis zum 30. November erfolgreich zurückschlugen. Auf russischer Seite
fiel General T s c h e r p i n s k i .
Die Ausreise der B a l t i s c h e n Flotte hatte zur Folge gehabt, daß
eine Anzahl der P o r t A r t h u r blockierenden japanischen Schiffe zur
Reparatur nach S a s e b o abging; hingegen langten unausgesetzt Ver­
stärkungen für die Belagerungsarmee aus J a p a n ein. Im November
sollen m ehrere Dampfer die Blockade P o r t A r t h u r s mit Erfolg durch­
brochenhaben; einige stießen auf Minen oder wurden von den Japanern
weggenommen, doch der Mehrzahl gelang es, Lebensmittel und Munition
dem bedrängten Kriegshafen zuzuführen. Eine Meldung aus S c h a n g h a i
vom 29. November besagte, daß die funkentelegraphische Korrespondenz
zwischen dem russischen Konsulat in T s c h i f u und der Garnison von
P o r t A r t h u r wiederhergestellt sei.
Aus To k i o wurde berichtet, daß das japanische Küstenverteidigungs­
schiff S a i t e n (2481 t) am 30. November vor P o r t A r t h u r auf eine
Mine gestoßen und gesunken sei. Von der Bemannung kamen 38 Mann,
darunter der Schiffskommandant, um. Eine unbestätigte Nachricht aus
T s c h i f u besagt, daß an diesem Tage ein russisches Torpedoboot einen
Angriff gegen 3 japanische Schiffe vor dem Hafen vollführte, und ein
großes Schiff mit 3 Kaminen, vermutlich den Panzerkreuzer A z u m a zum
Sinken brachte, wobei von der Bemannung 300 Mann das Leben verloren.
Am Morgen des 30. November beschossen die Japaner den
203 m - H ügel, auch „ H o h e r B e r g “ genannt, eine dominierende
Höhe beim Fort E r l u n g s e h a n . Eine starke japanische Kolonne griff
115
um 10b a. m. die russischen Verschanzungen in der Nähe der Hügel­
krone an, wobei es, infolge des hartnäckigen W iderstandes der Russen,
wiederholt zu Bajonettkämpfen kam. In Anbetracht des außerordentlichen
W ertes dieser Stellung, die den Hafen sowie die Stadt beherrscht, und
Einblick in die Gürtellinie der Hauptforts bietet, daher ihr Besitz es den
Japanern ermöglicht hätte, das Feuer aller Belagerungsbatterien wirksam
zu dirigieren, verteidigten die Russen die Höhe mit größter Tapfer­
keit und unternahm en zahlreiche Ausfälle, um verlorene Gräben und
Schanzen wiederzugewinnen. Vier Sturmangriffe wurden bis 4b p. m. von
den Russen abgeschlagen. Um 5b p. m. rückten die japanischen Truppen
gegen den Südostabhang des Hügels vor und gelangten in heftigem A n ­
stürme bis 30 m unterhalb des Gipfels. Das auf der Hügelkrone errichtete,
halbpermanente Fort bestand hauptsächlich aus Felsen und großen Fels­
blöcken, die besonders an der W estseite die Verteidigungswerke bildeten.
Bei den Angriffen m ußten die Japaner eine Reihe gepanzerter Deckungen
nehmen, die das auf der Hügelkrone liegende F ort umgaben. Um 7b
abends erhielten die Angreifer Verstärkungen, worauf die Hügelkrone
von den Japanern erreicht wurde. Die gegen den Nordostabhang vor­
rückenden japanischen Truppen kamen nun ebenfalls zum Angriffe, in­
folgedessen die Russen um 8b abends gezwungen wurden, das auf dem
203 w-Hügel befindliche F ort unter Zurücklassung m ehrerer Schnellfeuer­
kanonen und 15 cm C ane t- Geschütze sowie zahlreicher Toter zu räumen.
Am 1. und 2. Dezember unternahm en die Russen m ehrere Angriffe,
um die Position auf dem 203 m -H ügel wieder zu erobern, wurden
jedoch mit schweren Verlusten zurückgeschlagen. E rst am 3. Dezember,
nachdem sie bereits 3000 Mann in diesen Kämpfen geopfert haben
sollen, gaben die Russen die Versuche zur W iedergewinnung des H o h e n
B e r g e s auf. Die Japaner, welche diesen Erfolg mit 3000 Toten
und 10.000 Verwundeten, bezahlt haben sollen, behaupteten erfolgreich
die Höhe.
Außer diesem wichtigen Erfolge war es der Belagerungsarmee
in den letzten Tagen gelungen, sich nahe vor dem Glacis der
Forts S u n g t s c h u s c h a n , E r l u n g s e h a n und K i k w a n s c h a n zu
verschanzen, doch hatte sie diese Unternehm ungen neuerdings mit
schweren Verlusten bezahlt. Im H auptquartier der Belagerungsarmee
wurde erklärt, daß seit Beginn der Belagerung 25.000 Japaner vor
P o r t A r t h u r gefallen seien, wovon auf die Tage zwischen dem 19. und
24. August allein 14.400 Mann, darunter 550 Offiziere entfielen. In den
Kämpfen des 30. November waren 17 Offiziere gefallen und 64 ver­
wundet worden.
Am 3. Dezember ersuchten die Japaner um einen sechsstündigen
Waffenstillstand zur Beerdigung der Toten und Bergung der Verwundeten,
116
welcher in der Zeit von 10h a. m. bis 4h p. m. stattfand. Eine weitere
N achricht besagte, daß es den Japanern gelang, den südlich des 203 mHügels gelegenen B o t e n Hügel zu besetzen, und daß schwere Belage­
rungs-A rtillerie auf eine Anhöhe westlich des Ports I t z e s c h a n in
Position gebracht worden sei.
Die japanische Blockade-Flotte vor P o r t A r t h u r bestand in der
letzten Zeit aus 4 Schlachtschiffen, 3 Kreuzern und 10 Torpedobooten.
3. D ie Z e r s t ö r u n g d e r P o r t A r t h u r - F l o t t e .
Durch die Einnahme des 203 m -Hügels war die Belagerungsarmee
in den Besitz einer eminent wichtigen Position gelangt, welche ihr
Einblick in die Stadt und den Hafen, auf die Gürtellinie der Festung
und gegen die Kehle einzelner Hauptwerke eröffnete. Der so wichtige
H o h e B e r g liegt dicht vor der Senkung zwischen den Forts A n - t z e S c h a n und I - t z e - S c h a n , und wird westlich vom Fort P a l u n g s c h a n flankiert (vergleiche die Kartenskizze im Heft XII ex 1904,
Seite 1025).
Den Japanern war es nicht möglich, so bald schwere MarineGeschütze auf dem Gipfel des 203 m-Hügels in Position zu bringen,
doch stellten sie auf dieser Höhenkuppe, von der sich ein freier Ü ber­
blick über das niederer gelegene Fort P a i y u s c h a n hinweg, auf den
7 h n entfernten Innenhafen von P o r t A r t h u r bot, eine Beobachtungs­
station auf, welche das indirekte Feuer der schweren Belagerungsbatterien
wirksam dirigierte. Bereits am 2. Dezember begannen sie die Beschießung
der russischen Flotte, von der die im Westhafen verankerten Schlacht­
schiffe B e t w i s a n , P o b j e d a , P e r e s v j e t und P o l t a w a , der Panzerkreuzer B a y a n
und der Kreuzer P a l l a d a gut sichtbar waren, während das im Ostbassin
unter dem Scheerenkran vertäute Schlachtschiff S e b a s t o p o l großenteils
durch den W a c h t e l b e r g gedeckt war und nur im Steilfeuer getroffen
werden konnte.
Den während dieser Beschießung täglich eingetroffenen, amtlichen
japanischen Meldungen ist zu entnehmen, daß am 3. Dezember der
P o b j e d a 6 mal, der B e t w i s a n 8 mal getroffen w urde; 16 weitere Schüsse
trafen die anderen Schiffe.
Am Abende des 4. Dezember wurden 2 oder 3 Schiffe beschossen
und brannten eine halbe Stunde; gleichzeitig wurden bei E r l u n g s e h a n
zwei 36 m m -Geschütze erbeutet.
Am Morgen des 5. Dezember wurde P o b j e d a 7 mal, P o l t a w a und
B e t w isa n
11 mal getroffen; m ehrere Granaten fielen in ein russisches
Munitionsmagazin südlich von P a i y u s c h a n , wodurch eine heftige Ex­
plosion hervorgerufen wurde. Nachmittags wurden P e r e s v j e t , P o l t a w a
117
und P o b j e d a je 2 mal getroffen; letztere beiden Schiffe brannten durch
eine Stunde.
Am 6. und 7. Dezember wurde die Beschießung der russischen
Schiffe fortgesetzt; am letzteren Tage wurde gemeldet, daß der P o l t a w a
sich tiefer ins W asser gesenkt habe und daß der R e t w i s a n schwer be­
schädigt sei. Die russischen Schiffe seien seit 2. Dezember durch min­
destens 134 Granaten getroffen worden. Der Kreuzer B a y a n geriet auf
Grund; P o b j e d a , P e r e s v j e t und P a l l a d a wurden wiederholt getroffen,
P e r e s v j e t geriet um 3h p. m. in Brand, P o b j e d a legte sich auf die Steuer­
bordseite.
Am 6. besetzte die Belagerungs-Armee den von den Russen ge­
räumten A k a s a k a - H ü g e l und zwei Höhen in der Nähe des Ports
I t s es c h a n . Die Russen bewilligten an diesem Tage neuerdings eine
Waffenruhe zur Bestattung der Toten, welche am folgenden Tage zurück­
gezogen wurde.
Am 8. Dezember meldete der Kommandant der Batterie auf dem
203 m - Hügel, daß außer dem P o l t a w a auch der P e r e s v j e t gesunken sei,
und daß der R e t w i s a n auf dem Grund stehe. Der Kreuzer P a l l a d a
wurde nunm ehr heftig beschossen und legte sich alsbald auf die Seite.
Die Situation der russischen Schiffe am Nachmittage des 8. war
folgende: P o b j e d a stand bis zum Hauptdeck unter W asser mit starker
Schlagseite nach achter, mittlerer Schornstein zerstört; P e r e s v j e t hatte
das Oberdeck unter W asser; R e t w i s a n , auf dem Grunde stehend, lag nach
Steuerbord geneigt, das Oberdeck fast ganz unter W asser; P a l l a d a be­
fand sich zwischen dem R e t w i s a n und dem Minendampfer A m u r , mit
eingesenktem Heck; B a y a n lag gestrandet, mit brennendem Vorschiffe;
der S e b a s t o p o l lag vom W a c h t e l b e r g gedeckt, anscheinend noch
wenig beschädigt, daher das Feuer nun gegen dieses Schiff gerichtet
wurde. Am Abende des 8. hatte der Kreuzer P a l l a d a Feuer gefangen
und sich m it dem Heck unter W asser nach Backbord gelegt; das
Kanonenboot G il y a k war von 11 Schüssen getroffen worden, der B a y a n
brannte fort; der Minendampfer A m u r war 1 4 mal getroffen worden und
mit dem Heck gesunken. Zahlreiche Schüsse hatten die W arenlager und
Gebäude in der Nähe des Arsenals und von P a i y u s c h a n getroffen.
Die Japaner bemerkten während der Beschießung kein Lebens­
zeichen an Bord der Schiffe, woraus zu schließen ist, daß die Russen
dieselben bereits seit längerer Zeit desarm iert und verlassen hatten;
ihre Artillerie, Munition, die Vorräte, sowie die Schiffsbemannungen waren
zweifellos zur Verteidigung in die Gürtelforts der Festung eingeteilt
worden, wodurch die Zahl der Verteidiger der Festung sich um zirka
4000 Mann Elitetruppen erhöht haben mag. Auch in den sichtbaren Teilen
des Hafens im Osten der Stadt war keine Tätigkeit der Russen wahrzu­
118
nehm en; die Garnison und die Bevölkerung hielten sich vermutlich in
den Forts, sowie in Deckung der bombensicheren Unterkünfte. Die
Bussen erwiderten das Feuer der Japaner während der Beschießung
ihrer Schiffe nicht.
Am 9. Dezember wurde gemeldet: der B a y a n liege 25° auf der
Seite und brenne w eiter; B e t w i s a n und P o l t a w a standen bei Hochwasser
bis zum Kommandoturm unter W asser; P a l l a d a und P o b j e d a lagen stark
auf der Seite und zeigten bei Tiefwasser nach W est einen großen Teil
des lebenden W erkes, während bei Hochwasser ein Teil ihres Oberdecks
unter W asser stehe; der P e r e s v j e t stand bei Hochwasser am Heck bis
zum Gangwege, am Bug bis zum Oberwasser-Torpedolancierrohr unter
W asser; das Kanonenboot G il j a k lag dicht unter Land, anscheinend
auf Grund, mit starker Schlagseite. Das Schlachtschiff S e b a s t o p o l verließ
tagsüber seinen Ankerplatz und begab sich auf die Außenrhede, um
gegen die Beschießung Schutz zu suchen.
In der N acht des 9. Dezember versuchten japanische Torpedo­
bootszerstörer die Hafeneinfahrt zu forcieren, um den S e b a s t o p o l anzu­
greifen, doch gelang es ihnen nicht, die Annäherungshindernisse zu
passieren. Die Japaner bemerkten, daß eine Anzahl russischer Torpedo­
bootszerstörer tagsüber auf der Außenrhede dicht unter Land Schutz
gegen das Artilleriefeuer suchte. Das im W esthafen ankernde Hospital­
schiff A n g a r a — kenntlich durch die Flagge des Boten Kreuzes und
den weißen Außenbordanstrich — war von zahlreichen kleineren F a h r­
zeugen umringt, die in seiner Deckung Schutz gegen das Bombardement
suchten, möglicherweise aber auch als Annex-Lazarette in Verwendungen
standen.
Am 11. Dezember legte sich das noch bewegungsfähige Schlacht­
schiffe S e b a s t o p o l hinter die äußere Barrikadensperre, außerhalb des
Hafens unter dem Schutze der Landbatterien von M o n t a m s c h a n ;
stürmisches W etter verhinderte die japanischen Torpedoboote an diesem
Tage, den Gegner anzugreifen. Die russischen Torpedobootszerstörer
flüchteten sich nach japanischer Angabe in Deckung des Hospitalsehiffes.
Am 12. Dezember wurde von T o k i o amtlich gemeldet, daß 4 rus­
sische Schlachtschiffe, 2 Kreuzer, 1 Kanonenboot und 1 Minendampfer
vollkommen kampfunfähig seien. Die meisten russischen Schiffe lagen
mit dem Bug nach N, sie waren an der Backbordseite getroffen worden
und hatten sich nach Steuerbord übergelegt. Die weitere Beschießung
der russischen Schiffe wurde eingestellt und das Geschützfeuer nun
gegen das Arsenal, die Stadt und die Torpedostation auf der T i g e r Halbinsel gerichtet. Noch am selben Tage wurde die am Fuße des
G o l d e n e n Berges errichtete funkentelegraphische Station zerstört und
119
das Arsenal in Brand gesetzt. Die Torpedodepots brannten ebenfalls
durch 1 Stunde. Drei bei denselben verankerte Schiffe wurden zerstört,
eines derselben sank. Die indirekte Beschießung des außerhalb des
Hafens, dicht unter der T ig e r-H a lb in se l liegenden Schlachtschiffes
S e b a s t o p o l wurde eingestellt, da schlechtes W etter die Beobachtung der
Feuerwirkung beeinträchtigte.
In den Nächten des 12. und 13. Dezember griffen japanische
Torpedobootszerstörer wiederholt den S e b a s t o p o l an, wurden jedoch durch
wohlgezieltes Schnellfeuer zurückgewiesen. Ein Torpedobootszerstörer
wurde in kampfunfähigem Zustande weggeschleppt, 3 andere Fahrzeuge
wurden getroffen, doch geben die Japaner an diesem Tage nur einen
Verlust von 3 Verwundeten an.
Am 13. Dezember wurde der Angriff gegen die Hauptforts wieder
aufgenommen; japanische Truppen rückten entlang der Küste der
T a u b e n - B a i auf ziemlich ebenem Terrain gegen die Forts T a i j i n g k a u ,
I t z e s c h a n und A n t z e s c h a n vor.
Um 3 1/2h a. m. des 14. Dezember wurden der S e b a s t o p o l und ein
russischer Regierungsdampfer bei heftigem Schneegestöber neuerdings
von japanischen Torpedobooten angegriffen. Beobachtungen am folgenden
Tage ergaben, daß der S e b a s t o p o l mit dem Bug um zirka 90 cm ein­
gesunken sei. In der Nacht des 15. griffen 6 Torpedobootsgruppen nachein­
ander die Schiffe S e b a s t o p o l und O t v a ž n i j i an. Als um 4h a. m. die Gruppe
O t a k i s angriff, wurde ein Torpedobootszerstörer von m ehreren Geschossen
getroffen, wobei der Bootskommandant, Schiffsleutnant N a k a h o r i , und
5 Mann getötet wurden. Da das Fahrzeug bewegungsunfähig war, wurde
es im heftigen feindlichen Feuer von einem anderen Boote ins Schlepp
genommen. Eine Granate riß jedoch die Trosse, auch das schleppende
Boot erhielt m ehrere Treffer, so daß es das sinkende Fahrzeug aufgeben
mußte. Zwei andere Torpedobootszerstörer wurden ebenfalls getroffen
und verloren m ehrere Tote und Verwundete. Nach dem Angriffe hatte
sich der S e b a s t o p o l noch tiefer ins W asser gesenkt und lag, nach
japanischer Angabe, von 8 Torpedos getroffen, dicht unter Land, mit
dem Heck auf Grund. In seiner Nähe lag gestrandet, ein schwer be­
schädigter, russischer Torpedobootszerstörer. Die Japaner geben ihre
Verluste bei den Torpedobootsangriffen gegen den S e b a s t o p o l insgesamt
mit 10 Toten und 14 Verwundeten an.
Da infolge Zerstörung der funkentelegraphischen Station keine
direkten Nachrichten aus der Festung mehr gesendet werden konnten,
entsandte General S t ö s s e l am 15. Dezember ein von 7 Mann geführtes
größeres Segelboot aus dem Hafen, das, begünstigt von stürmischem
Nordwind, wohlbehalten T s c h i f u erreichte, woselbst der das Fahrzeug
befehligende Offizier dem russischen Konsul Depeschen zur Beförderung
120
übergab. Die Russen berichteten, daß im letzten Monate 3 japanische
Torpedobootszerstörer gesunken seien, hievon 1 beim Angriffe gegen
den S e b a s t o p o l in der Nacht des 14. Dezember. Bei der Erstürm ung
des 203 m - Hügels hätten die Japaner 12.000 Mann an Toten und Ver­
wundeten verloren. Kein russisches Hauptfort sei noch gefallen, die
Festung könne sich noch lange Zeit halten. In den letzten 14 Tagen
seien 3 mit Lebensmitteln und Munition beladene Dampfer in P o r t
A r t h u r eingetroffen. General S t ö s s e l sei abermals leicht verwundet.
Jede Dschunke, welche P o r t A r t h u r mit Lebensmitteln erreiche, er­
halte für die F ahrt 7200 K . Da die Hospitalschiffe zuweilen durch
japanische Granaten getroffen wurden, übersandte General S t ö s s e l an
den japanischen Kommandierenden den Ankerplan derselben.
Am 15. Dezember konzentrierten die Japaner 25 Kriegsschiffe bei
D al ni .
4. S o n s t i g e E r e i g n i s s e .
a) R ußland.
Nach der Ausreise des „II. Geschwaders im Stillen Ozean“ ist die
russische Ostseeküste von Schiffen, welche für den taktischen Kampf in
See geeignet wären, ziemlich entblößt. Noch vor der Vereisung des
Hafens von K r o n s t a d t wurde eine Küstenverteidigungs-Eskadre unter
Kontre-Admiral I r e t z k o i gebildet und in L i b a u stationiert; dieselbe
besteht aus den Panzerschiffen:
I m p e r a t o r N ik o l a j
und
A dmiral
Č ič a g o v ,
A dm iral
S pibid o v ,
den Torpedobootszerstörern
I. (Flaggenschiff),
P r i t k i. P il jk i, P eocni
und
R ja n i.
Diese Schiffe sollen den Kern eines dritten Geschwaders bilden, zu dem
noch das Schlachtschiff I m p e r a t o r A l e x a n d e r II., die Küstenpanzerschiffe
G e n e r a l A d m i r a l A p r a x i n , A d m i r a l S e n j a v i n , A d m i r a l U š a k o v , der Panzer­
kreuzer V l a d i m i r M o no m a c h , Kreuzer A d m i r a l K o r n i l o v , die Torpedo­
kreuzer A b r e k , V o j e v o d a , P o s a d n i k und eine Anzahl Torpedobootszerstörer
gehören werden. Vize-Admiral B i r i l e w , derzeit Kommandant der B a l ­
t i s c h e n Flotte, wurde mit der Leitung der Ausrüstungsarbeiten dieses
Geschwaders, das im F rühjahr die Ausreise nach dem Kriegsschauplätze
antreten soll, betraut.
Die bereits wiederholt aufgetauchte Nachricht, daß russische Agenten
c h i l e n i s c h e oder a r g e n t i n i s c h e Kriegsschiffe angekauft hätten, ist
offiziell dementiert worden.
121
Die Bemannung des von den Russen im Hafen von T s c h i f u g e­
sprengten Torpedobootszerstörers R a s t o r o p n y suchte das Asylrecht auf
dem chinesischen Kreuzer H a i - Y u n g an, und wurde an Bord desselben
nach S c h a n g h a i gebracht.
Das Oberprisengericht in P e t e r s b u r g verhandelte, infolge Be­
rufung der betreffenden Schiffseigentümer, über m ehrere Beschlagnahmen
neutraler Handelsschiffe durch das W lad iw o sto k -K reu z erg e sc h w ad e r.
Im Falle des am 3. Juli aufgebrachten englischen Dampfers C h e l t e n h a m
(siehe Heft IX ex 1904, Seite 753) wurde die Beschlagnahme als legal
bestätigt. Hingegen wurde die W egnahme des deutschen Dampfers
A r a b i a (siehe Heft X ex 1904, Seite 843) und die am 24. Juli erfolgte
Versenkung des deutschen Dampfers T h e a (Heft X ex 1904, Seite 844)
als gesetzwidrig erklärt. Der Eigentüm er des in den Grund gebohrten
Dampfers T h e a forderte infolgedessen 700.000 Mark Schadenersatz.
N achrichten aus W l a d i w o s t o k besagen, daß die drei daselbst
liegenden russischen Panzerkreuzer arg beschädigt und seeuntüchtig
sind. Der B o g a t y r wird mit Hilfe von Pontons schwimmend erhalten, v
dem G r o m o b o i seien gelegentlich der Strandung am 14. August (siehe
Heft I, Seite 19) 25 Spanten gebrochen; beide Schiffe, sowie der im
Kampfe des 14. Juli schwer beschädigte Panzerkreuzer R o s s i j a benötigen
eine mehrmonatliche Reparatur. Da außerdem der Hafen vollständig
vereist ist, dürften vor der erst im F rühjahre zu gewärtigenden Ankunft
der II. russischen Flotte kaum Operationen zur See stattfinden.
Die aus P e t e r s b u r g mit Eisenbahn angelangten Unterseeboote
sollen in Erprobung stehen.
Das Torpedoboot 208, welches von einer Rekognoszierungsfahrt
zurückkehrte, und ein deutscher Dampfer stießen vor der Hafeneinfahrt
auf M inen; das erstere Fahrzeug sank, das letztere wurde schwer be­
schädigt in den Hafen gebracht.
Im Laufe des Monates November sollen 20 mit Kohle, Lebens­
mitteln und Munition beladene Dampfer in W l a d i w o s t o k angekommen
sein; der von der Beschlagnahme freigegebene englische Dampfer
A l l a n t o n ging mit seiner Ladung nach S i n g a p o r e ab.
Der durch freiwillige Spenden gebildete Flottenbaufonds hat Ende
November eine Höhe von 12,000.000 Rubel erreicht; für 10,700.000
Rubel wurden bereits Schiffe in Bestellung gebracht.
b) Japan.
Eine fliegende Eskadre, bestehend aus m ehreren geschützten
Kreuzern und Torpedobootszerstörern unter Kontre-Admiral U r i u soll in
M itteilungen aus dem Gebiete des Seew esens 1905. Nr. 2.
9
122
die chinesischen Gewässer entsendet worden sein, um auf die für die
herannahende russische Flotte bestimmten Kohlendampfer Jagd zu
machen und sie abzufangen. Den zahlreichen russischen Transport­
dampfern könnten insbesondere die vielen japanischen Torpedoboote ver­
hängnisvoll werden. Auf der P e s c a d o re s -In s e lg ru p p e wurde eine be­
festigte Flottenbasis geschaffen, und in ihren Zufahrten Seeminen-Anlagen
errichtet, Signalstationen aufgestellt, sowie Unterseeboote daselbst, ferner
bei H a k o d a t e , stationiert. Neutrale Schiffe wurden gewarnt, sich den
Inseln auf weniger als 20 Seemeilen zu nähern.
Die Dampfer K orea und K a n a g a w a M a r u sollen 5 Unterseeboote
aus Amerika nach Y o k o h a m a gebracht haben. Die Japaner armieren
ihre Transportdampfer mit leichter Artillerie und haben, um die gefechts­
tüchtigen Schiffe in den Heimatshäfen überholen zu können, eine Anzahl
arm ierter Handelsdampfer zur Versehung des Blockadedienstes vor P o r t
A r t h u r herangezogen.
Nach einer Meldung aus C a r d i f f hat Japan neuerdings 120.000 t
Kohle daselbst bestellt. Gleichzeitig machte es jedoch der englischen
Regierung Vorstellungen, daß englische und deutsche Dampfer C a r d i f f Kohle für die auf der Ausreise nach Ostasien begriffene russische Flotte
verfrachten. Infolgedessen warnte der englische Minister des Äußern
Lord L a n s d o w n e in einem offenen Schreiben die englischen Schiffs­
rheder vor der Vercharterung ihrer Dampfer zum Zwecke der Be­
gleitung der russischen Flotte mit Kohlenvorräten und bedrohte die
betreffenden Firm eninhaber mit Geld- oder Gefängnisstrafen, was in den
englischen Gesetzen begründet sei.
In letzter Zeit soll der deutsche Dampfer B e n g a l i a , mit 12.000 t
Kohle beladen, in russischem Aufträge, von C a r d i f f nach B a t a v i a
abgegangen sein.
Der in C a r d i f f mit Kohle befrachtete deutsche Dampfer K a p i t ä n
W. M e n z e l wurde von den englischen Behörden zurückgehalten. Schließ­
lich gestattete man dem Schiffe, mit einem für die Reise bis H a m ­
b u r g ausreichenden Kohlenvorrate den Hafen zu verlassen. In C a r d i f f
hatten Ende Oktober 36 deutsche, 13 englische, 1 dänischer, 1 nor­
wegischer, 1 russischer und 1 italienischer Dampfer Kohlenladungen für
die russische Flotte eingenommen.
5. D ie A r m e e n a m S c h a h o - F l u s s e .
Der Operationsstillstand am Hauptkriegsschauplatze hielt an, obzwar
bei der großen Nähe, in welcher die feindlichen Armeen am S c h a h o Flusse sich gegenüberstehen, fast täglich Vorposten- oder Rekognos-
123
zierungsgefechte stattfanden. Die russische Armee steht am nörd­
lichen, die japanische Armee am südlichen S c h a h o - U f e r , beide in
sehr breiter Front, doch hält die russische Armee die in taktischer Be­
ziehung wichtige P u t i l o w - H ö h e am südlichen S c h a h o - U f e r , in der
Mitte der Aufstellung besetzt, was ihr gewisse Vorteile sichert. Die
Japaner beschießen häufig den P u t i l o w- Hügel und unternahmen wieder­
holt nächtliche Angriffe gegen denselben, bisher jedoch ohne Erfolg.
Die wichtigsten Gefechte fanden statt vom 19. bis 23. November beim
P u t i l o w- Hü g e l , am 27. bei T s i n h e t s c h e n und beim D a l i n - P a ß ,
woselbst die Japaner General ß e n n e n k a m p f angriflfen, jedoch mit
einem Verluste von. 300 Toten zurückgeschlagen wurden. Vom 2. bis
6. Dezember-beschossen die Russen die japanischen Stellungen an der
Eisenbahn bei L u c h i a tu n , ein japanischer Angriff gegen das Dorf
L i n s c h i p u am 4. Dezember wurde von den Russen abgeschlagen.
General O ku vertrieb nach dreitägigem Bombardement die Russen
von der kleinen, hohen Insel O a s c h a n im L ia o -F lu s se , 60 h n nörd­
lich von L i a o j a n . Die Japaner behaupten, den Gegner bei allen Vor­
postengefechten zurückgeschlagen zu haben.
Wie General K u r o p a t k i n amtlich verlautbarte, wurden in der Zeit
vom 8. bis 24. Oktober von den Schlachtfeldern nach M u k d e n und von
dort weiter evakuiert, V e r w u n d e t e : 828 Offiziere, 28.479 Mann;
K r a n k e : 198 Offiziere, 3827 Mann.
Bemerkungen und Ergänzungen.
1. Das Verhalten der japanischen Flotte nach der Schlacht des
10. August v. J. und ihr Rückzug findet neuerdings sogar in eng­
lischen Fachzeitschriften darin seine Erklärung, daß diese Seeschlacht
kein japanischer, sondern ein r u s s i s c h e r S i e g war. U nbegreiflicher­
weise kehrte die russische Flotte nach P o r t A r t h u r zurück, was ihr
den Nimbus des Sieges benahm. Das Flaggenschiff Admiral Togos ,
M i k a s a , war viel schwerer beschädigt, als das russische Flaggenschiff
O e s a e e v i ć ; letzteres hatte 8 Tote, 50 Verwundete und nur ein 15 cmGeschütz dem ontiert; die Verluste der M i k a s a betrugen hingegen 32 Tote,
88 Verwundete, zusammen 120 Mann. Die japanische Flotte brach in­
folgedessen den Kampf ab und zog sich zurück.
In einer Seeschlacht verliert man bald jeden Maßstab für die Be­
urteilung der Schäden und Verluste des Gegners und wird leicht ver­
leitet, die eigenen Havarien im Verhältnisse zu jenen des Feindes zu
überschätzen. Der beherztere Admiral aber wird, wenn er vom Kampfe
nicht abläßt, selbst mit zerschossenen Schiffen und dezimierten Beman-
124
nungen oft imstande sein, den Gegner in die Flacht zu jagen und hie­
durch den Erfolg des Tages ernten. Nach den spärlichen Nachrichten,
welche über das Verhalten der japanischen Flotte nach der Schlacht des
10. August bisher bekannt wurden, wäre man versucht anzunehmen, daß,
wenn die russische Flotte ihr Ziel W l a d i w o s t o k nicht aufgegeben hätte,
die Erreichung desselben durch die K o re a -S tra ß e ihr voraussichtlich
gelungen wäre. Da der Durchbruch des C e s a r e v i c , der Kreuzer und
Torpedobootszerstörer gelang und die übrigen russischen Schiffe unbelästigt nach P o r t A r t h u r zurückkommen konnten, kann man an­
nehmen, daß eine energische Führung das Gros der russischen Flotte
nach W l a d i w o s t o k gebracht hätte. Einzelne schwer havarierte Schiffe
oder Torpedobootszerstörer mochten sinken oder sich in neutrale Häfen
flüchten, doch das Gros hätte sein Ziel erreicht, welcher Erfolg das
wenig rühmliche Ende dieser stolzen Flotte hintangehalten hätte. Der
Tod des Admirals W i t h ö f f t und die infolge der Kommando-Übergabe
an ein anderes Schiff entstandene Verwirrung war das Verhängnis der
russischen Flotte an diesem Tage.
Ein wichtige Lehre aus der Schlacht des 10. August ist, daß
die Scheinwerfer auf Schiffen besser geschützt werden müssen. Als das
Schlachtschiff C e s a r e v i c am Morgen des 11. August in T s i n g t a u ein­
lief, waren die Scheinwerfer zerschossen und mit Tauwerk versorrt. Ihre
Aufstellungsorte waren auf den Kommandobrücken und Mast-Plattformen,
wo sie dem feindlichen Geschützfeuer vollständig ausgesetzt und in den
ersten 5 Minuten des Kampfes zerstört wurden. Ein Schlachtschiff wird
somit gerade im wichtigsten Falle der Scheinwerfer beraubt sein, wenn
es nach dem Kampfe sich in einen Hafen flüchtend, einem nächtlichen
Torpedobootsangriff ausgesetzt ist. Die Schaffung von gepanzerten Schein­
werferhütten wäre daher ein wichtiges Problem der KriegsschiffbauTechnik.
2. D ie U n t e r s u c h u n g d e r D o g g e r b a n k - A f f ä r e .
Zu dem Vorfälle auf der D o g g e r b a n k ist ein ergänzender Bericht
des Admirals ß o s c h d j e s t w e n s k y erschienen, welcher die bereits früher
bekannt gewordene Tatsache erklärt, daß der russische Kreuzer A u r o r a
in der Nacht des 21. Oktober bei der Beschießung der Fischerflottille
durch Geschosse der eigenen Flotte getroffen wurde. Als das Flaggen­
schiff K n j a z S u w o r o w das Geschützfeuer bereits eingestellt hatte, leuchteten
backbord vorne desselben plötzlich die Scheinwerfer der zur II. Division
gehörigen Kreuzer D m i t r i D on s k o i und A u r o r a auf, welche der I. Division
auf mehrere Seemeilen voranfuhren. Später lief vom Kreuzer A u r o r a die
125
funkentelegraphische Meldung ein, daß das Schiff von 5 rekoschetierenden
Geschossen, u. zw. von drei 75 m m - und zwei 47 mm-Granaten getroffen
worden sei, wodurch der Kommandant leicht und der Schiffsgeistliche
am Arme schwer verwundet wurde; letzterer starb beim Eintreffen des
Schiffes in T a n g e r .
Noch ein Vorfall wird bei dem abzuhaltenden internationalen Schieds­
gerichte über die D oggerbank-A ffäre von Seite R u ß l a n d s zur Sprache
gebracht werden, welcher beweisen soll, daß der Ankauf von Torpedo­
bootszerstörern in England und deren Auslieferung an eine der kriegführenden Mächte keineswegs unmöglich sei. Zwei in P a r i s ansässige
Irländer, M. S i n n e t und Mr. Jam es B u r k e - R o c h e erstanden, angeb­
lich im Aufträge eines Amerikaners, von der englischen Schiffbaufirma
Y a r r o w in P o p l a r am 24. September v. J. einen fertiggestellten, aber
nicht armierten Turbinen-Torpedobootszerstörer, um ihn als Yacht zu ver­
wenden, und benannten ihn C a r o l i n e . Die Schiffbaufirma meldete dies der
englischen Admiralität, welche die Angelegenheit nicht dringlich behandelte,
und erst nach m ehreren Tagen der Hafenbehörde den Befehl erteilte, das
Fahrzeug nicht abgehen zu lassen. Als die Behörden am 6. Oktober
diesen Befehl ausführen wollten, hatte M. S i n n e t mit dem Fahrzeuge
und einer in Eile angeworbenen Bemannung kurz vorher bereits die
T h e m s e verlassen. Bei 30 Knoten F ah rt glückte es ihm, die Nordsee
und trotz der durch die deutschen Behörden ebenfalls zu spät erhobenen
Beanstandung den K a i s e r Wi l h e l m- Ka n a l zu passieren und L i b a u zu
erreichen, woselbst er die C a r o l i n e an die russische Regierung ablieferte.
Dieser Vorfall soll nach russischer Anschauung den Beweis erbringen,
daß ein ähnliches Vorgehen J a p a n s auch von Erfolg hätte begleitet
sein können, daher die russischen Vorsichtsmaßnahmen und die Be­
schießung verdächtiger Fahrzeuge in der Nacht des 21. Oktober hierin
ihre Begründung finden.
Die englische Regierung hatte alsbald nach dem Vorfälle auf der
D o g g e r b a n k in der N acht zum 22. Oktober, eine Kommission ein­
gesetzt, welche die öffentliche Voruntersuchung dieser Angelegenheit
zu pflegen hatte, wozu auch die russische Regierung ihre Vertreter
entsandte. Im Verlaufe der am 15. November in H u l l eröffneten Ver­
handlungen machten die Bemannungen der beteiligten Fischerdampfer
G u l l , K e n n e t , C r a n e , L i n o , M a j e s t i c , A vo n und M ino mehrfache Aus­
sagen von Interesse. Der Schiffsführer des Fischerdampfers G u l l sagte
aus, er habe bald nach Eröffnung des Feuers durch die russischen
Schiffe ein Fahrzeug ohne Lichter bemerkt, das er zuerst für ein Torpedo­
boot gehalten, später aber als das englische Missionsschiff A l p h a er­
kannt habe, doch sei er des letzteren Umstandes nicht sicher. Der
126
Steuermann des Fischerdampfers K e n n e t erklärte, er habe um 7h a. m.
des 22. Oktober, nach dem nächtlichen Angriffe, einen fremden Dampfer
mit 2 Masten und 2 Schornsteinen, alles schwarz gestrichen, bis auf
einen Schornstein, der eine helle Farbe hatte, auf l x/ 2 bis 2 Seemeilen
Entfernung gesichtet; der Dampfer näherte sich dem K e n n e t , der zu
dieser Zeit allein war, feuerte über ihn einen Schuß hinweg und ent­
fernte sich sodann mit südwestlichem Kurse.
Die F ührer der beschädigten Fischerdampfer und die verwundeten,
bezw. beteiligten Bemannungen machten folgende Entschädigungsansprüche
g elten d : Der Führer des Dampfers L in o verlangte 150 £ für persönlich
erlittene Verletzungen und 500 £ für die Bergung des Dampfers M i n o ;
der F ührer des G u l l 50 £ persönlichen Schadenersatz und 2000 £ für
die Rettung der Besatzung des C h a n e . Andere als Zeugen vernommene
Fischer verlangten Entschädigungen von 50 bis 100 £ . Der M aschinen­
leiter des C r a n e verlangte 1500 £ , zwei Heizer je 1000 £ .
Der Vertreter der Schiffseigentümer beantragte, daß diejenigen
Fischer, die bei dem Vorfälle keine äußeren Verletzungen, aber eine
N ervenerschütterung erlitten, je 50 £ Entschädigung erhalten sollen.
Die Ersatzansprüche der Eigentümer des gesunkenen F ischer­
dampfers C r a n e und der Hinterbliebenen der beiden getöteten Personen
dieses Dampfers wurden noch nicht formuliert, doch verlautet, daß der
Rechtsanwalt der von dem Unfalle betroffenen Fischerflottille am 20. De­
zember die Forderung auf Entschädigungsansprüche im Gesamtbeträge
von 3 Millionen Rubel erhob.
Am 25. November wurde das Übereinkommen, betreffend den Vor­
fall in der N o r d s e e , von dem britischen Botschafter in P e t e r s b u r g
M. H a r d i n g e und dem Minister des Äußern Grafen Lamsdorff unter­
zeichnet. Der r u s s i s c h - e n g l i s c h e Vertrag hat den folgenden
W ortlaut:
„Nachdem die r u s s i s c h e und die e n g l i s c h e Regierung über­
eingekommen sind, einer internationalen Untersuchungskommission, die
gemäß den Artikeln IX und XIV der H a a g e r Konvention vom 17. bis
29. Juli 1899 für die friedliche Regelung internationaler Konflikte Z u ­
sammentritt, die Aufgabe anzuvertrauen, durch eine unparteiische, ge­
wissenhafte Prüfung den Tatbestand des Zwischenfalles aufzuklären, der
sich in der Nacht zum 22. Oktober in der N o r d s e e zutrug, und in
dessen Verlauf infolge Abgabe von Kanonenschüssen durch die r u s ­
s i s c h e Flotte der U ntergang eines Fischerdampfers und der Tod zweier
der e n g l i s c h e n Fischerflottille angehörenden Personen, sowie Be-
127
Schädigungen anderer Fahrzeuge dieser Flottille und Verwundungen von
M annschaften derselben verursacht wurden, haben sich die Unterzeichner
über folgende Bestimmungen geeinigt:
A rtikel 1: Die Untersuchungs-Kommission wird aus 5 Mitgliedern
bestehen. Zwei davon sollen Offiziere von hohem Bang aus der
r u s s i s c h e n und e n g l i s c h e n Kriegs-Marine sein. F erner werden die
f r a n z ö s i s c h e Begierung und jene der V e r e i n i g t e n S t a a t e n ersucht
werden, je einen See-Offizier von hohem Bang als Mitglieder der Kom­
mission zu wählen. Das fünfte Mitglied der Kommission wird durch
Übereinkommen zwischen diesen 4 Mitgliedern bestimmt werden. Im
Falle eine Einigung zwischen letzteren nicht zustande kommen sollte,
wird das fünfte Mitglied durch den H errscher von Ö s t e r r e i c h - U n g a r n
ernannt werden. Jede der vertragschließenden Parteien wird in gleicher
Weise rechtskundige Beisitzer mit beratender Stimme und einen Agenten
ernennen, die beauftragt werden, an den Arbeiten der Kommission offi­
ziell teilzunehmen.
A rtikel 2: Die Kommission hat eine Untersuchung vorzunehmen
und einen Bericht über die auf den Vorfall bezüglichen Umstände auf­
zustellen, insbesondere über die Fragen der Verantwortlichkeit und den
Grad des Tadels, der die Staatsangehörigen der beiden vertragschließen­
den Parteien oder eines anderen Landes trifft für den Fall, daß die
Verantwortlichkeit durch die Untersuchung festgestellt sein sollte.
A rtikel 3: Die Kommission wird die Einzelheiten des Verfahrens
festsetzen, das von ihr behufs Ausführung der zu lösenden Aufgabe be­
folgt werden soll.
A rtikel 4: Die vertragschließenden Parteien verpflichten sich, der
Kommission in weitgehendstem Maße alle Mittel und Erleichterungen
zu gewähren, die zur vollständigen Feststellung und genauen Erwägung
der in Frage kommenden Tatsachen notwendig sind.
A rtikel 5: Die Kommission wird in P a r i s zusammentreten, sobald
sich dies nach Unterzeichnung dieses Abkommens ausführen lassen wird.
A rtikel 6: Die Kommission wird den beiden Parteien den Bericht
einreichen, der durch sämtliche Mitglieder der Kommission zu unter­
zeichnen ist.
A rtikel 7: Die Kommission wird alle Entscheidungen mit Stimmen­
m ehrheit der 5 Kommissäre treffen.
A rtikel 8 : Die beiden Parteien verpflichten sich, jede für sich, die
Kosten der U ntersuchung zu tragen, soweit sie von jeder Partei vor
128
Zusammentritt der Kommission angestellt sind. Die Unkosten, die von
dem Zeitpunkt an entstehen, an dem die Kommission für die dienst­
lichen Untersuchungen und für die notwendig werdenden Nachforschungen
zusammen getreten ist, sind gemeinsam von beiden Regierungen zu
tragen.
Der Schiedsgerichtshof bestimmte, daß die Klageschriften der
beteiligten Mächte bis zum 15. Dezember vorzulegen sind, worauf bis
15. Februar die Erwiderungen folgen sollen; für die Verhandlung selbst
soll ein späterer Termin sodann bestimmt werden.
Als Mitglieder des internationalen Schiedsgerichtshofes
seitens der einzelnen Mächte folgende See-Offiziere ernannt:
wurden
E n g l a n d : Vize-Admiral Sir Lewis Anthony B e a u m o n t ;
R u ß l a n d : Admiral N. J. K a s n a k o w (später durch Vize-Admiral
D u b a s s o v ersetzt), dem Baron T a u b e , ferner als Berichterstatter der
von Admiral R o s c h d j e s t w e n s k y entsendete Fregatten-K apitän Olado.
sowie die Schifisleutnante Ott, El i s und S r a m č e n k o zugeteilt wurden:
F r a n k r e i c h : Vize-Admiral M. F ran cois-Ernest F o u r n i e r ;
Vereinigte Staaten:
Kontre-Admiral Sir Charles Henry Davi s.
Am 22. Dezember fand die erste Sitzung der internationalen U nter­
suchungs-Kommission in P a r i s statt. Die vier unter Vorsitz des VizeAdmirals F o u r n i e r zur Beratung zusammentretenden Schiedsrichter
wählten als fünftes Mitglied der Untersuchungs-Kommission e i n s t i m m i g
den k. u. k. Admiral und vormaligen M arine-Kom m andanten Hermann
F reiherr v. Spaun.
(Abgeschlossen 24./12. 04.)
Die Kieiwasserlinie im Kampfe gegen die Kielwasserlinie.
(Fortsetzung von H eft I, Seite 82 und Schluß.)
A n g r i f f s m e t h o d e IV a. — Der Angriff kann sich im Sinne der
Angriffsmethode IV a gegen die Queue der Queue-Division und in weiterer
Folge gegen die Queue und eine Flanke derselben richten, falls die
Flotten in Gegenkursen passieren, wobei gelegentlich auch die Resultate
anderer Angriffsweisen zu verwerten sind.
129
Die Erreichung der Queue des Gegners kann auch, wie dies aus
früheren Beispielen zu entnehm en ist, als Resultat des taktischen Nah­
kampfes, ohne hiefür besondere Anordnungen getroffen zu haben, viel­
leicht auf Grund der Angriffsbefehle Punkt Ib oder Punkt III gelingen,
und wird die angreifende Flotte in solchen Fällen diese besonders gün­
stige Position entsprechend auszunützen haben. Es kann aber die E r­
Fig. 15.
reichung einer solchen Angriffsposition direkt angestrebt werden, wobei
freilich vorausgesetzt werden muß, daß die angreifende Flotte über
schnellere Schiffe wie jene des Gegners verfügt.
Die Durchführung dieses Angriffes ist aus Fig. 15 zu entnehmen
und hat die Division I A zu diesem Behufe, vorerst von x aus nach
steuerbord wendend, die aus früheren Beispielen bekannte Annäherung
nach x l zu vollziehen. Von dort aus schließt sich ein nach x a führender,
130
gleichzeitiger Kurswechsel um 6 Striche an, worauf durch Ausnützen
ihres Schnelligkeitsüberschusses die Teteschiffe in der Richtung nach t
aus der Flachstaffellinie in eine einfache Staffellinie auflaufen und die
Division I A durch einen weiteren gleichzeitigen Kurswechsel um 8 Striche
nach steuerbord in der Pos. x 3 ihre Angriffsposition an der Queue er­
reicht. Gleichzeitig wird II A , um den späteren Flankenangriff von I I B
einzuleiten, den anfänglichen Kurs von s bis s1 einhalten und von dort
aus, einen schiffsmäßig gleichzeitigen Kurswechsel um 8 Striche nach
steuerbord vornehmend, s2 in der Frontlinie und durch einen weiteren
gleichzeitigen Kurswechsel in s3 die Angriffsposition erreichen.
Hiebei wollen wir behufs Darstellung des sieh zum Schlüsse er­
gebenden Angriffsbildes annehmen, daß die Flotte B , trotz der Bewe­
gungen A ’s von der Pos. y aus das Artilleriegefecht weiter führend, den
Kurs unentwegt nach ys fortsetzte. Tatsächlich wird jedoch die Flotte B
vielleicht von dem Momente an, wo I i aus x l und II A aus
nach
steuerbord wendeten, sich über die Gefährlichkeit der feindlichen Bewe­
gungen klar geworden sein und somit jene Anordnungen treffen, welche
voraussichtlich imstande sind, den Zusammenstoß unter den gegebenen
Verhältnissen zu verhindern oder abzusehwächen.
W ir können daher annehmen, daß B , vielleicht von r aus, ent­
weder nach steuerbord oder backbord einen schiffsweise gleichzeitigen
Kurswechsel vornimmt, um auf diese Weise entweder dem Zusammenstoß
auszuweichen, oder denselben zu beschleunigen. Erfolgt nun die W en­
dung B 's nach backbord, also nach yv während I A und II A , den letzten
Kurswechsel unterlassend, die Pos. x i und si erreichen, so würde da­
durch für den Augenblick der Zusammenstoß und die wahrscheinliche
Katastrophe vermieden; die beiden Divisionen A’s hätten aber dann eine
so vorzügliche Queueposition gewonnen, daß — die größere Geschwin­
digkeit dieser Flotte vorausgesetzt — der schließliche Zusammenstoß
unter für B sehr ungünstigen Bedingungen auf die Länge der Zeit nicht
m ehr vermieden werden kann.
W endet dagegen B nach steuerbord, also nach y 5, so kommt es
unmittelbar nach diesem Manöver zum Durchbruch beider Flotten, unter
Verhältnissen, welche für dieselben als gleich bezeichnet werden können.
Es darf aber nicht vergessen werden, daß A diese Angriffsbewegung be­
gann und B den Kurswechsel im letzten Momente behufs Abwendung
einer großen Gefahr durchführte, weshalb anzunehmen ist, daß die
Flotte A nach erfolgtem Durchbruch neuerdings die Initiative zur Ge­
winnung einer vorteilhaften Angriffsposition ergreifen werde. Zu diesem
Behufe wird A , sobald der Gegner die Kursbewegung nach steuerbord
beginnt, das Signal geben, den Kurs zu verkehren, und diese W endung
unmittelbar nach erfolgtem Durchbruch durchführend, dem Gegner an der
131
Queue folgen und denselben auf diese Weise bis zu dem von achter er­
folgenden Zusammenstoß in Abhängigkeit erhalten.
Die Flotte A würde daher, wenn für die Kursverkehrung ein Zeit­
raum von zirka 3 Minuten erforderlich ist, imstande sein, dem Gegner
auf eine Distanz von 1500 m zu folgen, und diese Distanz, ihre größere
Schnelligkeit berücksichtigend, bei gleichzeitiger Fortsetzung des Artillerie­
gefechts, langsam verkleinern. B wäre daher, falls sie nicht gerade
gleichzeitig mit jener A ’s die Kursverkehrung vornahm, m it dieser Queue­
stellung aufs äußerste bedroht und vielleicht gar nicht m ehr imstande,
durch taktische Bewegungen eine Erleichterung der Situation herbeizu­
führen. Jedenfalls ist für den taktischen Nahkampf jene Flotte im Vorteile,
welche über besser drehende und schnellere Schlachtschiffe verfügt.
Eventuell wird es für dieses Gefechtsbeispiel zum Melee kommen, in
dem die Bedingungen für den Erfolg in erster Linie von den F äh ig ­
keiten und Eigenschaften der Schiffskommandanten abhängen, welche
für diese Phase des Kampfes die schon reduzierten offensiven Eigen­
schaften ihrer Schiffe zur vollsten Ausnützung zu bringen haben, aber
nur dann auf Erfolg rechnen dürfen, wenn auch die defensiven Werte
der Schiffe ausreichend große sind.
A n g r i f f s m e t h o d e IV b. — Der Angriff gegen die Queue und
Flanke der Queue-Division, Angriffsmethode IV b, kann sich auch aus
dem Artilleriekampfe in gleichen Kursen entwickeln, falls die seitliche
Distanz der Flotten, wie aus Fig. 13 zu entnehmen, keine allzu große ist.
In [letzterem Falle wird daher vorerst eine entsprechende Annäherung
an die Flotte des Gegners stattfinden müssen, an welche sich sodann
die weiteren Angriffsbewegungen, Fig. 16, anzuschließen haben. Der
Angriff erfolgt sodann aus x auf eine Dwarsdistanz von 3600 m und
erreicht I A auf diesem Wege die Pos. x x, wobei zu bemerken ist, daß
es sich vielleicht empfehlen dürfte, um den Gegner nicht vorzeitig auf­
merksam zu machen, diese A nnäherung allmählich, also in der Richtung
nach t zu vollziehen.
Beabsichtigt nun die Flotte B den Artilleriekampf in annähernd
gleichen Kursen fortzusetzen, so wird sie ihren Kurs beibehalten und
erst durch den gleichzeitigen Kurswechsel I M’s nach x 2 sich über die
Angriffsabsichten des Gegners zu orientieren imstande sein. B wird
daher vielleicht von s aus durch einen gleichzeitigen Kurswechsel nach
Sj den unmittelbar bevorstehenden Zusammenstoß für die nächste Zeit
verhindern können. Ist aber die Flotte A , wie wir annehmen, schneller,
so wird sie den Gegner in dessen Queue sehr bald erreichen. Zögert
aber B hinsichtlich der folgenden Manöver, so kommt es zum Flanken­
angriff I I B ’s durch IM .
132
Der gleichzeitige Queueangriff von I I B erfolgt dann durch die
Division II A , welche von r aus um 4 Striche nach steuerbord wendete
und von r„ durch einen gleichzeitigen Kurswechsel um 4 Striche nach
backbord eine einfache Staffellinie bildet, mit welcher sie an der Queue
B ’s auf Distanzen von 700— 1400 m folgt. Selbstverständlich wird für
F ig . 16.
dieses wie für ähnliche kombiniert durchzuführende Manöver die
Distanz I und II A ’s voneinander und von der Queue B ’s zu berück­
sichtigen sein. Jene Division von A , welche für den beabsichtigten
Angriff näher dem Gegner und besser situiert ist, darf daher von der
entfernteren Division in ihren Bewegungen nicht behindert und aufgehalten werden. I A darf daher, falls sie in x 2 die Planke von II B au f
133
geringe Distanz bedroht, in ihren weiteren Bewegungen nach z nicht
gestört werden, und hat die Division I I A , sollte es notwendig sein,
durch Herabminderung der Schnelligkeit, vielleicht durch eine Seiten­
ziehung nach ex, vorzusorgen, daß I A nicht behindert werde.
Die Division I I A kann auch, um die eigenen Angriffsziele länger
zu maskieren, erst später, vielleicht von r17 bis dahin im Kielwasser der
Tete-Division folgend, nach steuerbord ausbrechen, nur würde es dann
notwendig werden, einen größeren Kurswechsel vorzunehmen, um die
gewünschte Queueposition in r2 zu erreichen. Es erfolgt dann durch
einen gleichzeitigen Kurswechsel II A ’s um 6 Striche nach backbord, der
Übergang zur Elachstaffellinie, in welcher diese Division den beabsich­
tigten Queueangriff ausführt.
Was nun die mutmaßlichen Abwehrmanöver der Flotte B betrifft,
während A ihre Angriffsbewegungen ausführt, so hängen dieselben in
erster Linie davon ab, daß der Kommandierende sich rechtzeitig über
die beabsichtigte Angriffsweise seines Gegners klar wird. B könnte bei­
spielsweise den Angriff A ’s in Queue und Flanke ohne weiters durch
eine weitgehende Schnelligkeitsherabminderung verhindern. W enn daher
B durch die Fahrtm inderung zurückbleibend q erreicht, während I A
nach x 1 gelangt, so würde der Flankenangriff dieser Division bei x 2 die
Luft treffen, und wäre I B durch eine seitliche Entwicklung aus y 3 im ­
stande, selbst die Flanke B ’s zu bedrohen. Die Division I A hätte daher
für diesen Fall von x { einen gleichzeitigen Kurswechsel um zirka 10 Striche
nach x 3 behufs Änderung der Angriffsrichtung vorzunehmen und den
Moment des Zusammenstoßes zu verzögern. Dasselbe gilt auch von II A,
welche Division, sobald sie sich überzeugt hat, daß der Gegner nicht
an der Queue zu erreichen ist, vielleicht von r 5 aus versuchen wird,
II B in der Flanke anzugreifen.
Die Bewegungen B ’s, ob sie aus y3 im Gegenmarsch nach s5
wendet oder von yi aus nach s3 oder si einen gleichzeitigen Kurswechsel
vornimmt, werden in dieser Gefechtsphase stets durch die Angriffs­
bewegungen A ’s veranlaßt, während diese Flotte im späteren Verlaufe
des Kampfes die Abwehrbewegungen B ’s zu berücksichtigen haben wird.
Ganz und gar im Sinne der Angriffsmodalitäten I —IV durchgeführte Bei­
spiele werden daher weder im Ernstfälle noch gelegentlich von Übungs­
manövern Vorkommen, im letzteren Falle nur dann, wenn die Bewegungen
beider Flotten, um ein bestimmtes Gefechtsbild darzustellen, bis un­
mittelbar vor dem Zusammenstöße genau vorgeschrieben wären.
B e m e r k u n g e n zur F l o t t e n f ü h r u n g in e i n er Sc hl ac ht . —
Die Durchführung der verschiedenen Angriffsmodalitäten wird daher
schon bald nach dem Beginn der Angriffsbewegungen der verschiedenen
Divisionen manche notwendige Änderung erfahren, wobei alle folgenden
134
Manöver aus den wichtigsten taktischen Grundsätzen resultieren: d e n
G e g n e r m i t Ü b e r m a c h t n a c h e i n a n d e r u n d an d e s s e n s c h w ä c h ­
ster Stelle anzugreifen.
Diese Grundsätze zielbewußt zu berücksichtigen und den Gegner
dadurch in fortwährender Abhängigkeit zu erhalten, erfordert daher
seitens des Höchstkommandierenden wie der Divisions- und Schiflfskommandanten ein g r o ß e s t a k t i s c h e s W i s s e n , w e l c h e s t h e o ­
re ti s c h er le rn t und g e le ge ntlich vieler Manöver pr ak tisch
g e ü b t u n d e r p r o b t w e r d e n m u ß . Derjenige Admiral, welcher sich
über die Führung seiner Flotte in der Aktion ausschließlich auf die
Eingebung des Augenblicks verläßt, wird gegenüber einem Flottenführer,
der auch in diesem Momente die tief eingeprägten Grundsätze der theo­
retisch erlernten Seetaktik verwertet, sich bleibend im Nachteile befinden.
Große Flottenführer, wie N e l s o n , F a r r a g u t , T e g e t t h o f f , haben eben
ihre eigene Schlachttaktik geschaffen und ihre Abteilungs- und Schiffskommandanten für die Aktion entsprechend belehrt; weniger befähigte
Flottenführer, also die Mehrzahl derselben, werden in geistiger Beziehung
sehr wohl daran tun, s i c h n i c h t g a n z a u f d i e e i g e n e n F ä h i g k e i t e n
zu v e r l a s s e n , s o n d e r n , s i c h a n g u t e V o r b i l d e r a n l e h n e n d ,
v e r s u c h e n , b e s t i m m t e Ziele u n d A n g r i f f s m e t h o d e n , we l c he
a l l e n O f f i z i e r e n i h r e r F l o t t e g e l ä u f i g s i n d , zu v e r f o l g e n .
Selbstverständlich ist es für die eben besprochene Angrififsweise
wie für alle übrigen Angriffsbeispiele sehr wichtig, jede Bewegung
zur richtigen Zeit zu beginnen, was wohl nur möglich ist, wenn der
Flottenkommandant das volle Talent besitzt, R a u m u n d Z e i t zu berück­
sichtigen. Es wird daher jeweilig die Längen- und Flächenentwicklung
der eigenen Flotte und jene des Gegners, ebenso wie die Entfernung
derselben und die Zeit, welche für die Zurücklegung bestimmter Wege
notwendig ist, und außerdem die eigene und die Vorwärtsbewegung des
Gegners zu berücksichtigen sein, um im richtigen Momente in der zweck­
m äßigsten Form auf dem richtigen Punkte einzutreffen.
Bestimmte Regeln lassen sich daher, da so viele Faktoren zu be­
rücksichtigen sind, für den Moment, wo eine Bewegung beginnen soll,
wohl nicht geben. Im m erhin ist es möglich, für die eigene, aus so und
so vielen Schlachtschiffen zusammengesetzte Flotte und für einen Gegner,
dessen Stärke und taktische Gliederung in verschiedener Weise an­
genommen werden kann, für bestimmte Gefechtsmethoden (beispiels­
weise für den Kampf der Kiellinie gegen die Kiellinie in gleichen wie
in Gegenkursen) die wichtigsten Momente für den Angriff durch die
eigene Flotte festzusetzen, und wären diese Daten, bezugnehmend auf
frühere Angaben, gelegentlich von Übungsmanövern der praktischen
Erprobung zu unterziehen.
135
Die Zusammensetzung alles dessen, was auf diese Weise theoretisch
und praktisch festgesetzt und gelehrt werden kann, würde dann für
jede Flotte jenes W issen darstellen, welches mit dem Namen „ S e e ­
t a k t i k “ bezeichnet wird, keinesfalls aber mit der Evolutionslehre ver­
wechselt werden darf. Daß diese Verwechslung häufig genug vorkommt,
kann nicht geleugnet werden. Dem Autor dieser Studie lag aber der
Gedanke nahe, nicht für die A rt der taktischen Verwertung der Kiel­
linie absolut neues zu bringen, s o n d e r n a u f d i e N o t w e n d i g k e i t
u n d d i e A r t u n d W e i s e d e s T a k t i k s t u d i u m s h i n z u w e i s e n , ein
so wichtiges Studium, für welches leider nahezu alle Behelfe fehlen.
V e r w e r t u n g l ä n g e r e r K i e l l i n i e n i n d e r A k t i o n . — Selbst­
verständlich nimmt die Schwierigkeit für die Verwendung der Kiellinie
in der Schlacht zu, je größer ihre Längenentwicklung wird und gilt dies
besonders für den taktischen Nahkampf behufs Erreichung günstiger A n­
griffspositionen im Sinne der verschiedenen Angriffsmodalitäten I bis IV.
Aber selbst für die Durchführung des Artilleriegefechtes in gleichen wie
in Gegenkursen werden längere Kiellinien immer schwieriger zu evo­
lutionieren sein, wie dies aus früheren Beispielen entnommen werden
wolle, in welchen 12 gegen 12 Schlachtschiffe kämpften.
W ir glauben daher, daß die Grenze dieser Formierungsweise in der
Kiellinie mit der angegebenen Ziffer von 12 Schiffen, deren Längenentwickluug 4500 m beträgt, gefunden sein dürfte. Diese Distanz von der Tete zur
Queue ist schon für die früher besprochenen Beispiele so groß, daß der
Einfluß des Flottenkommandanten auf die Queue ein geringerer wird und
für die taktische Leitung nur dann ausreicht, wenn der Gegner eben davon
absieht, das Gefecht in andere Bahnen zu lenken, also taktische A n­
griffsformen zur Durchführung zu bringen.
Beabsichtigt aber der Kommandierende einer größeren Flotte,
welche in drei Divisionen gegliedert ist, den artilleristischen Passierungskampf aufzugeben und den taktischen Nahkampf herbeizuführen, so bleiben
ad P u n k t I—IV die Aufgaben der I. und II. Division der angreifenden
Flotte dieselben, welche in den einzelnen Beispielen dargestellt wurden.
Die Bewegungen der III. Division haben sich aber hauptsächlich gegen
die Flanke oder einen Flügel der feindlichen Mitteldivision zu richten,
um dieselbe zu beschäftigen und von der Tete-Division abzudrängen;
eventuell wird sie eine A rt Reservestellung einnehmen, um je nach den
Bewegungen des Gegners, das Eingreifen einer feindlichen Division zum
Nachteile der taktische Pläne verfolgenden I. und II. Division ihrer
Flotte zu verhindern.
Wie wir uns diese Verwertung der III. Division vorstellen, deren Bewe­
gungen selbständig zu leiten sind, mag aus nachfolgendem Beispiele, Fig. 17,
entnommen werden, welches der Angriffsweise I b, Fig. 11, entspricht.
136
Es erfolgt dann aus x die Annäherung von I und II A in der Rich­
tung nach x 1 und x 2 worauf erstere Division, aus x 2 nach steuerbord
Fig. 17.
wendend, die Pos. x 3 an der Queueflanke des Gegners erreicht, wäh­
rend II A von s aus die gleiche W endung beginnt. Es entstehen hiedurch
in den Pos. x 4, slf zwei Flachstaffellinien, welche, das Aufgeben der P o­
137
sition von III und II B berücksichtigend, diesen Divisionen folgen werden.
Hiebei nehm en wir an, daß die direkt bedrohten Divisionen III und II B ,
um dem Flankenangriff auszuweichen, rechtzeitig, also von t und tx einen
gleichzeitigen Kurswechsel um 8 Striche nach backbord vornehmen, wo­
durch sie in der Frontlinie die Pos. y s und in weiterer Folge yi er­
reichen, während I B von t2 aus im Gegenmarsch nach z1 wendet.
Die Division III A wird aber, gleichzeitig mit I A nach steuerbord
drehend, ebenfalls eine A nnäherung an den Gegner mit der Absicht voll­
ziehen, sich je nach den Bewegungen 75’s zwischen der II. und I. Di­
vision dieser Flotte einzuschieben, und wird sie, wenn tunlich, I I B an
der Queue oder Flanke angreifen, was ihr, den Kurs nach r: fortsetzend,
eventuell nach r 2 oder r3 Kurswechslungen vernehmend, gelingen dürfte.
Sollte I B , was kaum angenommen werden kann, den Kurs nach y i
fortgesetzt haben, so wird sie behufs Vereinigung mit II und III B eben­
falls nach backbord in der Richtung nach z wenden, und wird es nun­
m ehr Aufgabe von III A sein, den Kurs nach ri fortsetzend, diese Ver­
einigung zu verhindern.
Da sich nunm ehr der taktische Nahkampf in eine Reihe von Einzel­
aktionen der verschiedenen Divisionen löst und sich die Zahl der mög­
lichen Bewegungen jeder Division steigert, so sind wir nicht mehr im ­
stande, weitere Angaben über die voraussichtlich folgenden Manöver zu
machen. Es tritt nun der Moment ein, wo es sogar unmöglich wird, die
nächsten Bewegungen zu signalisieren, und wo der Grundsatz zu gelten
hat, daß der Kampf mit der nächsten Abteilung des Gegners, u. zw.
bugan, den Intentionen des Kommandierenden folgend, solange weiter­
zuführen ist, als die Offensive aufrecht erhalten werden kann. Über die
Form des Kampfes, und es dürfte sehr bald schon zum Melee kommen,
entscheiden dann die Verhältnisse des Augenblickes und die Fähigkeiten
der Schiffskommandanten.
VII.
D ie Ki e l l i n i e g e g e n di e K i e l l i n i e in v e r s c h i e d e n e n S t ä r k e n .
— W ir haben bis jetzt für das Artilleriegefecht wie für den späteren
taktischen Nahkampf, auf beiden Seiten der kämpfenden Flotten eine
gleiche Anzahl von Schlachtschiffen mit gleichen Gefechtswerten an­
genommen, was den Verhältnissen des Ernstfalles kaum entsprechen
dürfte. Es ist sogar für eine künftige Aktion sehr wahrscheinlich, daß
diese W erte verschieden sein werden.
Dieser Unterschied in der Zahl kann durch den Einzelwert der
Schlachtschiffe, durch die bessere Führung und die größere Tüchtigkeit
der Bemannungen einen entsprechenden Ausgleich finden, eventuell durch
M itteilu n g en aus dem G ebiete des Seew esens 1905. N r. 2.
138
diese Faktoren so sehr zugunsten der ziffermäßig schwächeren Flotte
verschoben werden, daß der Gegner gezwungen wird, den Kampf auf­
zugeben.
Was nun den Einzelwert der Schlachtschiffe betrifft, so unterliegt
es wohl keinem Zweifel, daß es keine absolut vollkommenen Schlacht­
schiffe gibt und kann das verhältnism äßig beste Schiff hinsichtlich seiner
Eigenschaften nur als Kompromiß jener W ünsche betrachtet werden,
welche die See-Offiziere zu stellen berechtigt sind, deren Vereinigung
aber in einem einzigen Schiffe als unmöglich erscheint. Diese W ünsche
hier anzuführen, würde die Grenzen dieser A rbeit weit überschreiten;
die wichtigsten Angaben hierüber sind in meinem W erke: „Politik und
Seekrieg" enthalten. Im allgemeinen kann aber angenommen werden,
daß Schlachtschiffe größeren Tonnengehaltes größere Gefechtswerte be­
sitzen als solche geringeren Tonnengehaltes. Dies schließt natürlich
nicht aus, daß bei annähernd gleichen Verhältnissen, das eine oder
andere Schiff besonders gelungen ist, vielleicht eine etwas größere
Schnelligkeit entwickelt als die meisten übrigen Schiffe, daß es in einer
bestimmten Kichtung eine größere Eisenm asse verfeuert, oder die Mann­
schaft besser schützt, aber ausschlaggebend können diese Unterschiede
nicht sein, weil schließlich alle Errungenschaften im Kriegsschiffbau
sehr bald schon allgemeines Gut werden, und weil eben der beste
Schiffbau-Ingenieur nicht zaubern kann. Dies hat der gewesene ChefKonstrukteur der englischen Kriegs-M arine Sir W h i t e gelegentlich eines
Vortrages in überzeugender Weise dargelegt, und entspricht wohl der
größere Tonnengehalt der englischen Schlachtschiffe gegenüber anderen
einem größeren Gefechtswerte, der sich in jeder Aktion fühlbar machen
dürfte. Selbstverständlich trifft diese Angabe nicht hinsichtlich aller
Gefechtseigenschaften zu, nachdem es bekanntlich für große Schiffe
sehr schwierig ist die Schnelligkeit kleinerer zu erreichen. W enn also
ein Schiff einen zirka um 2 5 % größeren Tonnengehalt als ein anderes
Schlachtschiff besitzt, so wird ersteres in der Summe seiner defensiven
Eigenschaften sogar eine größere W ertsteigerung erfahren haben, als
dem angegebenen Prozentsatz entspricht, während dagegen die Steigerung
der offensiven Eigenschaften etwas zurückbleibt. Letztere werden zweifels­
ohne, speziell was die Artilleriekraft und die Torpedoarmierung betrifft,
auf einem um 2b% größeren Schiffe, also auf einem 15.000 t-Schiffe,
größer als auf einem 12.000 ^-Schiffe sein müssen, während die Schnellig­
keit als eminenteste Offensiveigenschaft nicht leicht eine Steigerung er­
fahren dürfte; man wird sogar vollauf zufrieden sein, wenn größere
Schiffe die Schnelligkeit kleinerer erreichen. Freilich darf für den Kampf
zweier Flotten nicht vergessen werden, daß die Schnelligkeit nicht im
Verlaufe der Schlacht, speziell nicht im Verlaufe des Artilleriegefechtes,
139
sondern erst zum Schlüsse derselben zur Verwertung gelangt, also in
dem Augenblicke, wo eine Flotte früher gewonnene Vorteile zur vollen
Ausnützung bringen will, oder wo sie infolge des vom Gegner ge­
wonnenen Übergewichtes sieh den vernichtenden Folgen desselben
durch ihre größere Schnelligkeit entziehen kann. Da aber angenommen
werden muß, daß zwei Flotten, welche sich in See treffen und eine
Schlacht einleiten, hiefür wichtige strategische und taktische Gründe
haben, so wird eben die schnellere, welche den Kampf vermeiden könnte,
durch Herabm inderung ihrer Schnelligkeit dem Gegner Gelegenheit zum
Kampfe geben. Derselbe wird dann im taktischen Verbände mit einer
Mittelschnelligkeit geführt w erden, die schwerlich mehr als 14 bis
15 Knoten betragen dürfte, und kommt somit, wie eben erwähnt, die
volle Schnelligkeit, welche beispielsweise bei den Schiffen des Typs
V i t t o e i o E m a n u e l e 2 2 Knoten beträgt, erst für den Ausgang des Kampfes
zur W irkung, falls nicht früher die schnelleren und speziell defensiv
schwächeren Schiffe so sehr gelitten hätten, daß nur wenige derselben
imstande wären, ihre größere Schnelligkeit für die Flucht auszunützen.
Ganz bestimmte, für alle Fälle verbindliche Kegeln lassen sich daher
für den W ert der Schlachtschiffe nicht festsetzen, und wird es in jeder
Aktion Momente geben, in welchen die eine oder andere besonders h er­
vorragende Eigenschaft (Schnelligkeit, Drehfähigkeit, größerer Panzer­
schutz etc.) zur vollen Ausnützung gelangt. Als V ertreter der zwei
wichtigsten Richtungen, größte Schnelligkeit und kleinerer Tonnengehalt,
oder bei geringerer Schnelligkeit größerer Tonnengehalt und größerer
Gefechtswert, können die letzten Schlachtschiffsbauten der Italiener und
Engländer einander gegenübergestellt werden. Es handelt sich somit für
England um Schlachtschiffe der K i n g E d w a r d VII.-Klasse von 16.350 t
und einer Schnelligkeit von 18 Knoten und für Italien um solche des
Typs V iT TO Rio E m a n u e l e mit 12.625 t Gehalt und einer zu gewärtigenden
Schnelligkeit von 22 Knoten.
Es m üßten daher, wenn wir den Tonnengehalt dieser Schiffe und
vielleicht auch ihre Baukosten berücksichtigen, 6 englische Schiffe dieses
Typs 8 italienischen Schiffen gleichwertig gegenüberstehen, also 98.100
verbaute t der englischen gegen 100.990 t der italienischen Schiffe.
Wenn wir nun von dem geringfügigen Unterschied im Tonnengehalte
absehen und die m ilitärischen W erte der beiden Flotten einander gleich­
stellen, so ist für die Beurteilung derselben einerseits der größere tak­
tische Vorteil der ziffermäßig kleineren englischen Flotte und auf der
anderen Seite der Vorteil der größeren Schnelligkeit der italienischen
Flotte zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen.
Mi l i t ä r i s c h e We r t e v e r s c h i e d e n s t a r k e r Fl ot t e n im P ass i e r u n g s g e f e c h t e . — Was nun den militärischen W ert der oban-
140
geführten 8 italienischen und 6 englischen Schlachtschiffe betrifft, so ist
derselbe aus den Angaben der folgenden Tabelle zu entnehmen.
Ob nun die beiden Schiffsgruppen von 8 und 6 Schiffen hinsichtlich
ihrer vollen artilleristischen Leistungsfähigkeit einander gleich sind, oder
ob sich, die verschiedenen Kaliber berücksichtigend, zugunsten der einen
oder anderen Flotte ein geringer Überschuß ergibt, wird, auch die Ver­
schiedenheit der Defensivwerte dieser Schiffe berücksichtigend, schwierig
zu bestimmen sein. Voraussichtlich wird das große Übergewicht der
englischen Schiffe in 3 0 '5 und 23 cm-Geschützen durch die bedeutende
Zahl (96) der italienischen 20 cm-Geschütze einigermaßen ausgeglichen,
wobei freilich noch das Übergewicht der 15 cm- über die 7 *6 cm-Geschütze und das der leichten Geschütze zugunsten der englischen Schiffe
zu berücksichtigen ist. Groß wird dieser Unterschied schwerlich sein,
weshalb wir von schwierigen und weitgehenden Auseinandersetzungen
absehen wollen, welche ja im Vergleiche mit dem Ernstfälle doch nie
die volle W ahrheit ergeben, da nicht nur die Durchschlagskraft der
verschiedenen Geschosse, sondern auch die Panzerung des Gegners und
die Auftrefffläche desselben berücksichtigt werden müßten, was theoretisch
kaum ausführbar erscheint. Es kann sich daher für die folgenden A n­
gaben nur um die Anzahl der beiderseits im Verlaufe der Passierung
in der Kiellinie verfeuerten Schüsse handeln, wobei wir weder auf die
Installierungsweise der Geschütze noch auf die defensiven Eigenschaften
der Schiffe Rücksicht nehm en können. Auch müssen wir für diesen
Vergleich von der Verwertung der Torpedowaffe absehen, da sich die
Gelegenheit hiezu nicht in derselben kontinuierlichen Weise wie für die
Artillerie als Hauptwaffe ergibt und außerdem die Anzahl der U nter­
wasser-Lancierapparate beider Gruppen nahezu die gleiche ist.
W enn wir daher für die artilleristische Leistungsfähigkeit zweier
Kiellinien in Gegenkursen den einfachsten Fall, wie er aus den Fig. 1,
2, 3 zu entnehm en ist, berücksichtigen, so erfolgt die Passierung der
zwei verschieden langen Kiellinien, also der Flotte A aus 6 Schiffen
und der Flotte B aus 8 Schiffen bestehend, für eine Längenausdehnung
von 2100 und 2900 m (Fig. 1, Pos. x ti, yG) auf eine Dwarsdistanz von
3100 m und hängt die beiderseitige Feuerleistung von der Anzahl der
141
Schlachtschiffe, bezw. der auf ihnen installierten Geschütze, ihrer Feuer­
schnelligkeit und von der Fähigkeit ab, den Gegner in der wirksamsten
Dwarsdistanz und früher und später auf größere Distanzen möglichst
lange im Feuer zu halten. Es kommt somit die beiderseitige Länge der
Kiellinien, d. h. die F ä h i g k e i t d e r k ü r z e r e n L i n i e , i h r F e u e r
g e g e n die l ä n g e r e d u r c h l ä n g e r e
Z e i t a b g e b e n zu k ö n n e n , w e s e n t l i c h
in B e t r a c h t .
Wenn diese Tatsache nun in einem
mein Werk: „Politik und Seekrieg“ be­
sprechenden Artikel von S t r e f f l e u r s
„ Österreichischer M ilitä r-Z eitsch rift“, Sep­
tember-Heft 1903, direkt negiert wird, so
beruht dies auf einer leicht nachweisbaren
unrichtigen Auffassung der Verhältnisse,
weshalb wir diese wichtige Frage, welche
schon manchen Zweifel hervorgerufen hat,
nachträglich etwas eingehender erörtern
wollen. Hiebei gehen wir von der A n­
nahme aus, daß die Artilleriewerte beider
Gruppen, wie die Feuerschnelligkeit der­
selben, speziell was die Hauptgeschütze
betrifft, die gleichen seien, weshalb uns
nachfolgend hur der Einfluß der verschieden
langen Kiellinien auf die Feuerleistung be­
schäftigen soll.
Wenn nun für eine gleiche Schiffs­
geschwindigkeit von 14 Knoten die P a s ­
sierung mit 28 Knoten, also pro Minute
mit 860 m Schnelligkeit erfolgt, so würde,
Fig. 18, jedes einzelne Schiff von A (wenn
wir die beiderseitigen Annäherungsverhält­
nisse, welche gleich sind, nicht berück­
sichtigen), die Flotte B passierend, deren
Länge yü s 2900 m beträgt, so viel Schüsse
abgeben können, als sich für die Passierungszeit (die Feuerschnelligkeit in Rech­
nung ziehend) Schiffe dem Ziele bieten. Hiebei wurde die Schiffsdistanz
mit 400 m und die Länge eines Schiffes rund mit 100 m
angenommen.
Die Passierungszeit beträgt somit für jedes Schiff M’s, die Längen­
entwicklung H ’s, geteilt durch die Passierungsschnelligkeit pro Minute,
somit 2 9 0 0 :8 6 0 = 3*3 Minuten. Dies ergibt für jedes 30*5 cm-Geschütz
142
der 6 Schiffe A ’s, die Sehußschnelligkeit der 3 0 -5 cm im Sinne der A n­
gaben mit e i n e r Minute berechnet, also für 6 Schiffe pro Geschütz,
6 X 3 '3 : 1 = 19*8 Schüsse in der Dwarsrichtung oder nahezu der­
selben.
In derselben Zeit wird jedes Schiff von B in der Pos. yc vom Tete­
schiffe beginnend, so viel Schüsse aus den Hauptgeschützen abgeben
können, als der Passierungszeit jedes Schiffes längs der 2100 m langen
Linie x 6 r der Flotte A entspricht. Dies ergibt somit für die gleiche
Feuerschnelligkeit pro Geschütz 2100 : 860 = 2 ;4 Minuten Passierungs­
zeit und 2 -4 Schuß, also für 8 Schiffe J5’s 8 X 2 ' 4 = 19• 2 Schüsse.
Es kann daher gesagt werden, daß die Flotte A infolge ihrer ge­
ringeren Länge pro schweres Geschütz im Verlaufe der Passierung, also
im Dwarsfeuer, trotz der geringeren Schiffszahl ebensoviele, also 19 Schüsse
abgeben kann, als die aus 8 Schiffen bestehende feindliche Flotte. Berück­
sichtigen wir jedoch die Anzahl der beiderseits zur Verfügung stehenden
3 0 '5 cm-Geschütze, so würde die Flotte A im Verlaufe der Passierung
in der Dwarsrichtung (oder nahezu derselben) 19 X 24 = 456 und die
Flotte B 19 X 16 — 304 Schüsse abzugeben imstande sein.
Ähnliche Verhältnisse würden im Verlaufe der Passierung auch
hinsichtlich der übrigen Geschütze platzgreifen, wobei entsprechend der
größeren Geschützzahl und Schußgeschwindigkeit die Anzahl der ab­
gegebenen Schüsse eine um vieles größere wird. Die Feuerleistung
findet aber auch in diesem Falle, trotzdem die Flotte A nur über
6 Schiffe und der Gegner über 8 Schiffe verfügt, ihren Ausgleich durch
die geringere Längenentwicklung A ’s, und wird diese Feuerleistung durch
das Verhältnis 8 X 2 ' 4 : 6 X 3 * 3 in theoretisch richtiger und der Praxis
entsprechender W eise zum Ausdruck gebracht.
Noch leichter verständlich wird dieser Einfluß der verschieden
langen Kiellinien für die Feuerleistung der Flotten A und B , wenn wir
annehmen, daß für die Abgabe je eines 3 0 ’5 an-Schusses nicht eine
Minute, sondern nur 0 -93 Minuten Zeit erforderlich wären, also ein Zeit­
raum, welcher jedes Schiff von A und B von Schuß zu Schuß stets in
die Dwarsrichtung des zweitfolgenden Schiffes führt, also von 800 zu
800 m.
W enn wir daher vorerst von der Voraussetzung ausgehen, daß die
Flotte B unbeweglich ist und jedes Schiff von A mit der doppelten
Schnelligkeit in 0 -93 Minuten 800 m zurücklegt, so würde das Schiff 1
der Flotte A in der Pos. a x den ersten Schuß auf das Schiff I von B
in der Pos. b1 in der D w arsrichtung abgeben. Nach weiteren 0 -93 Minuten
wird dasselbe Schiff Nr. 1 in der Pos. a 2 imstande sein, einen Schuß
auf das Schiff III des Gegners, u. zw. wieder in der Dwarsrichtung ab­
zugeben, sodann den dritten Schuß in der Pos. a 3 gegen Schiff V und
143
den vierten Schuß in der Pos. ai gegen das Schiff VII. Jedes 30 • 5 cmGeschütz M’s kann daher im Verlaufe des Passierens vier Schüsse,
u. zw. stets in der Dwarsrichtung gegen die Schiffe I, III, V, VII ab­
geben.
Die Verhältnisse der Flotte B gestalten sich nun, wenn wir an­
nehmen, daß die Schiffe M’s unbeweglich wären und die Schiffe B 's in
CP 93 Minuten 800 m zurücklegen, in analoger Weise.
Das Schiff I von B wird daher in der Pos. bx den ersten Schuß
in der Dwarsrichtung auf Nr. 1 der Flotte A abgeben, dann in der
Pos. b2 den zweiten Schuß auf Nr. 3 und in der Pos. b3 den dritten
auf Nr. 5 von A .
In der Pos. (welche der Pos. a 5 des Schiffes 1 von A voll­
kommen entspricht) hat Nr. I von B die Dwarsrichtung schon über­
schritten und kompensieren sich daher die weiteren 6 Schüsse von
Nr. I der Flotte B , welche dieses Schiff, sich vom Gegner entfernend,
bis zur Pos. &(J abzugeben imstande ist, mit den 6 Schüssen, welche
N r. 1 von A bis zur Pos. a 10 verfeuert. Da beide Schiffe im Verlaufe
der Annäherung, also von 5500 m ihr Feuer eröffnend, bis zur Erreichung
der ersten Dwarsdistanz je 5 Schüsse abgeben können, so sind die Ver­
hältnisse für die A nnäherung wie für die Entfernung von A und B die
gleichen und resultiert der Vorteil A ’s nur aus den Feuerresultaten in
der D warsrichtung und entspricht dies Schuß Verhältnis von 4 : 3 pro
Geschütz genau dem früher im Wege der Rechnung gefundenen Ver­
hältnisse von 3 ’3 : 2 -4 oder direkt dem Verhältnisse der kämpfenden
Schiffe A : B = 6 : 8 .
Schiffe größeren Tonnengehaltes sind daher für das angeführte
Zahlenverhältnis zweier Flotten, wenn ihre artilleristische Arm ierung im
Verhältnisse zu dieser V ergrößerung steht, infolge ihrer Fähigkeit, die
Geschütze im Passierungskampfe durch längere Zeit ausnützen zu können,
imstande, mindestens den gleichen Artillerie-Effekt wie die schwächeren
Schiffe der ziffermäßig stärkeren Flotte zu produzieren. Hiebei ist aber
zugunsten der ziffermäßig stärkeren Schiffsgruppe zu berücksichtigen, daß
sich die von ihr abgegebenen Schüsse auf 6 Schiffe von A und die
letzterer Flotte auf 8 Schiffe von B verteilen, was zweifelsohne einen
Vorteil der letzteren Flotte bedeutet, welcher jedoch durch den größeren
Defensivwert der stärkeren Schiffe H ’s wieder wettgemacht werden dürfte.
Es würde sich daher noch eine weitere Steigerung der Gefechtswerte
der einzelnen Schlachtschiffe empfehlen und wären daher den 8 Schlacht­
schiffen der .B-Flotte vier doppelt so große und artilleristisch um vieles
stärkere Schiffe der M-Flotte gegenüber zu stellen. Wir kommen auf
diesem W ege, die stete Vergrößerung der Schlachtschiffe berücksichtigend,
zu 20.000 č - S c h i f f e n , de n S c h l a c h t s c h i f f e n d e r Zu k u n f t .
144
Der zunehmende Tonnengehalt der englischen, amerikanischen und
russischen Schlachtschiffe1) beweist aber, daß die Annahme der wesent­
lichen Überlegenheit größerer gegen kleinere Schlachtschiffe, eine ge­
ringere Zahl der ersteren angenommen richtig ist. Selbstverständlich
gibt es auch in dieser Richtung eine Grenze und dürfte dieselbe haupt­
sächlichst aus der Schwierigkeit, die M aschinenleistung entsprechend zu
steigern, resultieren.
Hier wäre noch hinzuzufügen, daß der eben nachgewiesene artille­
ristische Vorteil der kürzeren Kiellinie im Passierungskampfe in Gegenkursen
für den Kampf in gleichen Kursen verschwindet und daher diese Form der
Gefechtsführung für ziffermäßig schwächere Flotten zu vermeiden ist.
T a k t i s c h e V o r t e i l e k ü r z e r e r K i e l l i n i e n . — Die kürzere Kiel­
linie ist aber hinsichtlich ihrer taktischen Führung, speziell für den tak­
tischen Nahkampf, der längeren überlegen und wird sie daher leichter
jene günstigen Positionen zu erreichen imstande sein, welche für den
Zusammenstoß den Erfolg wahrscheinlich machen. Hiebei gehen wir von
der Voraussetzung aus, daß beide Flotten ihre erste Annäherung und
die den Zusammenstoß vorhergehenden Manöver mit gleicher Schnellig­
keit bewirken, weil sonst, einen größeren Schnelligkeitsüberschuß der
Flotte B angenommen, dieselbe jedes sich treffen und jeden Zusammen­
stoß verhindern kann. Die größere Schnelligkeit ist daher fallweise eine
eminent offensive Eigenschaft, und wenn wir die Notwendigkeit stärkerer
Einheiten annehmen, so wollen wir gerne zugeben, daß dieselben nur
dann zur vollen Ausnützung gelangen können, wenn dieselben auch
schneller sind wie die früher angeführten Schiffe der K i n g E d w a r d Klasse, wofür wir ja in dem W erke „Politik und Seekrieg“ eintreten.
F ü r das folgende Beispiel, Fig. 19, können wir daher annehmen,
daß die zum taktischen Nahkampfe führenden Bewegungen beider Flotten
mit der gleichen Eskadreschnelligkeit von 14 Knoten zur Durchführung
gelangen und daß den 6 Schiffen von A , 8 Schiffe der Flotte B gegen­
überstehen. Die Flotte A hält nun nach wiederholten Passierungen in der
Pos. x 15 während B die Pos. y 1 erreichte, den Moment für gekommen,
um den Nahkampf zu erzwingen und wählt sie hiefür die einfachste
Angriffsmethode la , gegen die feindliche Flanke, in ihrer Gesamtaus­
dehnung. Zu diesem Behufe nimmt A von x l einen gleichzeitigen K urs­
wechsel um 8 Striche nach steuerbord vor und erreicht in der Pos. x 2,
eine Flachstaffellinie bildend, die Flanke B ’s, deren Tete, falls diese
Flotte den früheren Kurs fortsetzte, nach y 2 gelangt.
1) Das von C u n i b e r t i ausgearbeitete Projekt eines 17.000 č-Schiffes für eine
Schnelligkeit von 24 Knoten beweist, daß dieser geniale Schilfbau-Ingenieur und die
italienische M arine-Leitung sich der N otw endigkeit, größere Schlachtschiffe zu bauen,
nicht verschließen.
145
Voraussichtlich wird aber die Flotte B , sobald A von x x die W en­
dung nach steuerbord vornahm, den Flankenangriff en gleicher Weise erwiedern und vielleicht von r aus, einen gleichzeitigen Kurswechsel um
S Striche nach steuerbord durchführen, worauf es zum Durchbruche der
beiden frontal entwickelten Flotten kommt, in welchem, infolge der
längeren Linie B ’s, zwei Schiffe des rechten Flügels nicht zur vollen
W irkung gelangen. Dieses Verhältnis wird stets an dem einen oder
anderen Flügel zugunsten der kürzeren Linie eintreten und noch deut­
licher zum Ausdrucke gelangen, falls A vor
dem Beginn des gleichzeitigen Kurswechsels
eine A nnäherung der Kiellinie an B bewirkt.
Diese Annäherung vollzieht sich dann aus x l
nach s und s1, während der Gegner von der
Pos. y 0 seinen Kurs fortsetzt, worauf sich aus
diesen Punkten die gleichzeitigen Kurswechs­
lungen von I A und I I A nach steuerbord
anschließen und in x 3 die Queue-Division B 's
den gefährlichen Flankenangriffen beider Di­
visionen A-’s ausgesetzt wäre. Die QueueDivision von B wird daher voraussichtlich,
während I B die Pos. y3 erreicht, früher
schon, vielleicht von t aus nach backbord
wenden, um, bei t2 durchbrechend, dem
Flankenangriffe auszuweichen. Folgt aber die
gesamte Flotte B den Angriffsbewegungen
A ’s, so käme es von t x zu einem frontalen
Durchbruch beider Flotten; nur wären die
Schiffe von I B , keinen Gegner vor sich
findend, für längere Zeit von jeder taktischen
W irkung ausgeschlossen.
Geht aber die Angriffsbewegung von
der längeren Kiellinie B aus, so würde der
Vorteil der kürzeren Kiellinie M’s, für die
verschiedenen Angriffsmethoden, sehr bald schon zum Ausdruck gelangen,
was leicht im Wege der Zeichnung nachzuweisen wäre.
M ö g l i c h k e i t d e r U m f a s s u n g d e r k ü r z e r e n d u r c h di e
l ä n g e r e K i e l l i n i e . — Es erübrigt uns nur noch, die Möglichkeit der Um­
fassung der kürzeren durch die längere Kiellinie zu besprechen, wobei
wir für die Durchführung der taktischen Bewegungen beider Flotten
einmal gleiche und dann verschiedene Schiffsschnelligkeiten annehmen.
Diese Umfassung der einen Flotte durch die andere, wobei die
umfassende Flotte in der Kiellinie formiert ist, bezweckt den enger
146
formierten Gegner, speziell wenn jede der Divisionen eine schwer be­
wegliche Flächenformation bildet, durch ein Kreisen um dieselbe, bei
lebhafter Feuerwirkung möglichst zu schädigen ( J a l u -Schlacht), wobei
der Flottenkommandant an der Tete die Umfassung ausführt und regelt,
ohne Signale abgeben zu müssen. Diese L i e b l i n g s i d e e d e r K i e l ­
w a s s e r t a k t i k e r ist freilich nur solange durchführbar, als die eng
formierte Flotte des Gegners mit dieser Gefechtsführung einverstanden
ist und würde ein gleichzeitiger Kurswechsel der zentral postierten
Flotte nach jener Flanke, welche am
schnellsten zu erreichen ist, oder sonstwie
taktische Vorteile bietet, zur Sprengung
der Kiellinie und zum Angriffe einzelner
Teile durch die gesamte Macht der in
einer Flächenformation gegliederten Flotte
führen.
Von der Darstellung eines solchen
Zusammenstoßes müssen wir hier absehen,
da wir uns hier nur mit dem Kampf zweier
verschieden langer Kiellinien zu beschäf­
tigen haben, von denen die längere, B ,
Fig. 20, die Umfassung der kürzeren, der
Flotte A , versucht. Es stehen für dieses
Gefechtsbeispiel wieder 6 Schiffe der Flotte
A den 8 Schiffen von B gegenüber, deren
Artilleriewerte in ihrer Gesamtheit und deren
Eskadreschnelligkeiten von je 14 Meilen die
gleichen sind.
W enn wir nun annehmen, daß die
Flotte B den Gegner nach absolviertem
Passierungskampfe auf 2000 m an dessen
Queue umfassen will, so wird vorerst für
die Flotte B der Drehungsmoment zu be­
stimmen sein, um an der Queue AL’s
die geeignete Position zur Beschießung
derselben zu gewinnen. Beginnt nun B in der Pos. y, während A die
Pos. x erreichte und sich somit die Teteschiffe dwars vom Kurse
peilen, diese Drehung, so wird sie, die seitliche Entfernung von 2000 m
aufrecht erhaltend, zur Erreichung der Pos. ?/, einen Weg von
— 2000 X 3*14 = 6280 m zurückzulegen haben, wobei wir den
Schnelligkeitsverlust B ’s infolge der Steuerbewegung nicht berücksich­
tigen wollen. A würde daher, denselben W eg im früheren Kurse zurück-
147
legend, die Pos. x, erreichen und würde in diesen Pos. x n yx, die
Distanz der Tete J3’s von der Queue J -’s in r, 4600 m betragen. Das
Resultat der Umfassung, vom artilleristischen, wie vom taktischen Stand­
punkte betrachtet, wäre daher ein vollkommen ungenügendes.
Die Flotte B , welche die Umfassung versucht, m üßte daher schon
früher, vielleicht aus s, die Tete A ’s in der Pos. x, 4 Striche peilend,
die Wendung beginnen und würden dann die Teten beider Flotten
gleichzeitig die Pos. x 3, y3 erreichen, falls A , was nicht zu erwarten
ist, den Kurs bis x 3 fortsetzt.
Im Verlaufe dieses Kurswechsels JB’s von s aus gelangt nun diese
Flotte mit ihrer Tete vorerst nach s,, während A die Pos. r 3 erreicht
und die Queue dieser Flotte in r x zirka 1050 m vom Gegner entfernt
ist, eine Distanz, welche schon in der W irkungssphäre moderner Tor­
pedos gelegen ist und daher wegen Bedrohung der nächsten Schiffe -B’s
in der Breitseite nicht kleiner sein dürfte.
Betrachten wir nun die artilleristischen Resultate dieser Umfassung
bis zu dem Momente, wo B die Pos. s, erreicht. In derselben werden
sämtliche 8 Schiffe dieser Flotte gegen sämtliche 6 Schiffe A ’s und
umgekehrt ihr Feuer abzugeben imstande sein, u. zw. mit allen Ge­
schützen einer Bordseite, also unter gleichen Verhältnissen, wobei wir
annehmen, daß die Schiffe beider Flotten nach vorne und achter die
gleiche Artilleriekraft abgeben können.
Nun tritt aber im Verlaufe der weiteren Umfassung B ’s, in der Pos. y2,
während die Queue von A in r2 eintrifft, der Moment ein, wo sämtliche
8 Schiffe von B , u. zw. 4 auf jeder Seite von A , die Queue dieser Flotte
auf 2400 m im Feuer aller Geschütze einer Bordseite halten, während A
nur die nach achter installierten Geschütze zu verwenden fähig ist.
Diese schwere Bedrohung der Queue von A wird daher diese Flotte,
bevor der Gegner die Pos. st erreicht, veranlassen, jene Bewegungen
vorzunehmen, welche notwendig sind, um allen Schiffen die Gelegenheit
zur vollen Ausnützung ihrer Artillerie zu geben. Zu diesem Behufe g e­
nügt es, wenn A durch einen Kurswechsel im Gegenmarsch, vielleicht
von m aus, nach steuerbord wendet, wobei diese Flotte in der Pos. m 1
die Queue i>” s, deren Tete die Pos. y2 erreichte, in derselben Weise be­
droht, wie A früher selbst bedroht wurde, als sie den Kurs nach x.2
fortsetzte. Es käme dann, da auch B gezwungen wäre, eine Änderung
ihres Kurses vorzunehmen, unter gleichen Verhältnissen, wie wir dies
in der Fig. 5 darstellten, zum Kreisen beider Flotten, die gleichzeitig
die Pos. x 4, yx erreichen, wobei sie sich mehr oder weniger gegenseitig
an der Queue bedrohen. Nur ist hiebei die Gefährdung der längeren
Kiellinie von B stets eine größere, weil sie von der kürzeren Flotte A
leichter erreicht werden kann, wie dies aus den letzten Positionen beider
148
Flotten zu entnehmen ist, in welcher die Tete M’s bei x i von der
Queue B 's bei s2 nur 1100 m entfernt ist.
Diese Angaben könnten auch in einfachster Weise, gelegentlich
eines Übungsmanövers, nachgewiesen werden, da ein direktes Zusammen­
treffen von Queue und Tete leicht zu vermeiden ist. E in U m f a s s e n
d e r e i n e n F l o t t e d u r c h die a n d e r e , fall s b e i d e in d e r K i el ­
l inie f o r m i e r t sind, ist daher, g l e i c h e S c h n e l l i g k e i t e n v o r ­
a u s g e s e t z t , e i n f a c h u n m ö g l i c h , wenn eben eine derselben, die
längere oder die kürzere, diese Umfassung verhindern will.
D ie U m f a s s u n g , f a l l s v e r s c h i e d e n e S c h n e l l i g k e i t e n a n ­
g e n o m m e n w e r d e n . — Nun wird aber die Frage zu beantworten sein,
ob sich diese taktischen Verhältnisse ändern, falls die Schnelligkeit
beider Flotten eine verschiedene ist, wenn also beispielsweise die maxi­
male Schnelligkeit M’s 18 und die B ’s 22 Knoten betragen würde,
während wir die Durchschnitts-Eskadreschnelligkeit beider Flotten noch
immer mit 14 Knoten annehmen, eine Schnelligkeit, die im Eskadreverbande manövrierend, bisher noch nicht übertroffen wurde.
Die Schnelligkeit B ’s, welche Flotte ausschließlich aus Schiffen des
V i t t o r i o E m a n u e l e - T ) 7p s zusammengesetzt sein müßte,
wäre somit eine
so große, daß die Bestimmung, ob sie eine Schlacht annimmt oder d er­
selben ausweicht, zweifelsohne in ihrer Macht läge. Sind nun beide
Flotten der Ansicht, daß sie stark genug für einen Kampf in geschlossenen
Form en sind, und liegt es auch sonstwie im Interesse der schnelleren
Flotte, eine Schlacht zu wagen, so wird es trotz der geringeren Schnellig­
keit M’s dazu kommen.
Wenn nun beide Flotten aufeinander abhalten und sie den A rtillerie­
kampf im Sinne früherer Angaben in Gegenkursen führen, so wird im
Verlaufe des Artilleriegefechts Vor- und Nachteil nur von der besseren
Verwendung der Artillerie, also von der Vereinigung der größeren Artillerie­
werte und dem besseren Schießen abhängen. Es kann dann, wie in
Fig. 20 gezeigt wurde, der Moment eintreten, wo die schnellere Flotte B .
den Versuch unternimmt, den langsameren Gegner zu umfassen, und
fragt es sich nun, ob die sehr große Schnelligkeitsdifferenz von 4 Knoten
das Umfassungsmanöver irgendwie begünstigt? Diese Frage können wir
nun, auf Grund der folgenden Betrachtungen, bestimmt verneinen.
Beginnt B aus irgend einem Punkte, vielleicht schon aus s, das
Umfassungsmanöver, indem es in der Dichtung nach s1? y2, y,A wendet,
so handelt es sich für die schnellere Flotte B nur um die Erreichung
der Queueposition y 2, in welcher sie die Queue A ’s, freilich nur vor­
übergehend, mit überlegenen Kräften bedroht. Diese Position verliert an
W ert, je m ehr sich B der Pos. y3 nähert, und würde sie im weiteren
Verlaufe des Kampfes, falls B von ihrer größeren Schnelligkeit Gebrauch
149
macht, also je früher sie y 5 und im weiteren Verlaufe die Dwarsstellung
mit der Flotte A erreicht, also für den Kampf in gleichen Kursen, ver­
schwinden. Solange somit die Flotte B den Gegner in der Pos. y 2 an
der Queue bedroht, ist erstere Flotte in Vorteil, und wird sie behufs
längerer Einhaltung dieser Position lieber unter die beiderseitige Eskadre­
schnelligkeit herabgehen, aber nicht in die Lage kommen, ihre größere
Schnelligkeit auszunützen.
Nun muß aber auch für diesen Fall angenommen werden, daß die
Flotte A nicht dulden werde, daß sie der Gegner an der Queue um ­
faßt, weßhalb sie, rechtzeitig nach m x drehend, dies zu verhindern wissen
wird. Selbst wenn A , ihren Kurs nach x 2 einhaltend, dem Gegner Ge­
legenheit gäbe, diese Umfassung der Queue zu vollziehen und letzterer
behufs Festhaltung dieser vorzüglichen Position, vielleicht von y2 aus,
einen entsprechend großen gleichzeitigen Kurswechsel nach steuerbord
vornehmen würde, und sodann von y6 aus der Flotte A an der Queue
nach x 3 folgt, selbst dann wäre B gezwungen, die Schnelligkeit des
Gegners einzuhalten, weshalb sie erst recht nicht in die Lage käme,
ihre größere Schnelligkeit zu verwerten. Selbstverständlich würde dann
ein Kurswechsel M’s im Gegenmarsche genügen, um von x 7 oder x 8
aus die eine oder andere Flanke von B zu bedrohen.
Dies dürfte die Flotte B auf ihrem Wege nach y7 veranlassen,
durch einen gleichzeitigen Kurswechsel oder im W ege des Auflaufs
wieder die Kiellinie herzustellen, und käme es dann unter gleichen V er­
hältnissen zum Kreisen beider Flotten, wobei zu bemerken wäre, daß es
in der Macht der schnelleren Flotte B liegt, die langsamere an der
Queue zu erreichen, solange eben beide Flotten die Kiellinie einhalten.
Dies würde die Flotte A veranlassen, dem Gegner durch einen ent­
sprechend großen, gleichzeitigen Kurswechsel direkte auf den Leib zu
rücken, was somit zum Zusammenstöße beider Flotten und im weiteren
Verlaufe des Gefechts zum Melee führen müßte, in dem, soll der Kampf
ausgekämpft werden, die schnellere Flotte B nicht imstande wäre, von
ihrer größeren Schnelligkeit Gebrauch zu machen.
D ie g r ö ß e r e S c h n e l l i g k e i t d e r e i n e n o d e r a n d e r e n F l o t t e
k o m m t d a h e r w e d e r für den P a s s i e r u n g s k a m p f z w e i e r Ki el ­
l i n i e n , n o c h für d en Z u s a m m e n s t o ß in B e t r a c h t , falls die
l a n g s a m e r e o d e r s c h n e l l e r e d e n s e l b e n h e r b e i zu f ü h r e n b e a b ­
s i c h t i g t , n u r ist die s c h n e l l e r e F l o t t e s t e t s in d e r La g e , die
R e s u l t a t e d e s Z u s a m m e n s t o ß e s a u s z u n ü t z e n , bezw. d e n K o n ­
s e q u e n z e n d e s s e l b e n a u s d e m W e g e zu g e h e n .
D i e V o r t e i l e d e r k ü r z e r e n g e g e n di e l ä n g e r e K i e l l i n i e
g e l a n g e n j e d o c h — gleiche militärische W erte derselben angenommen
— fü r d e n A r t i l l e r i e k a m p f in G e g e n k u r s e n , wi e f ü r d e n t a k ­
150
t i s c h e n N a h k a m p f und Z u s a m m e n s t o ß ,
zum Ausdrucke.
in d e u t l i c h e r W e i s e
V III.
S c h l u ß b e t r a c h t u n g e n . — Mit diesen Angaben glauben wir
über die taktische Verwertung der Kiellinie gegen die Kiellinie alles
W issenswerte gebracht zu haben, was freilich nicht ausschließt, daß im
Wege des Versuches, also vorerst auf dem Papier und später gelegent­
lich von Übungsmanövern, nicht die eine oder andere bessere Verwen­
dungsweise dieser Formation und Ordnung gefunden werden kann. Selbst­
verständlich lassen sich für das Passierungsgefecht kaum irgendwie
günstige Änderungen finden, aber für den taktischen Nahkampf, wie
für die Details der Führung, u. zw. für den Angriff und noch mehr für
die Abwehr, wird dies vielleicht möglich sein. Dies setzt, wie wir in
diesem Artikel und anderswo wiederholt anführten, seitens aller See­
offiziere die volle Kenntnis der Seetaktik als theoretische W issenschaft
und in Ergänzung derselben d ie j e n e r b e s o n d e r e n G r u n d s ä t z e
v o r a u s , w e l c h e s i c h g e l e g e n t l i c h v i e l e r Ü b u n g s m a n ö v e r , s o­
z u s a g e n al s s o r g s a m g e h ü t e t e s G e h e i m w i s s e n f ü r di e e i g e n e
Flotte herausbildeten,
Die allgemeinen Grundsätze für die Gefechtsführung, ob nun die
Kielwasserlinie oder eine andere lineare oder Flächenformation als die
meist geschätzte Form für die Durchführung von Flottenmanövern ge­
wählt wurde, müssen aber ein- für allemal feststehen, was für den
Ernstfall nicht ausschließt, daß der Kommandierende als schöpferischer
Geist, in einer Situation, die infolge unerwarteter Bewegungen des
Gegners für ihn neu ist, Neues und Unerwartetes mit Erfolg anordnen
und durchführen wird.
Zweifelsohne kann in der Anordnung und Verwendung einer be­
stimmten Formation und Ordnung kein Arkanum für den Erfolg ge­
funden werden, da es sich fallweise noch s e h r um die Art und Weise
der Führung, also um die Verwertung dieser Form in der Schlacht
handelt. Dies schließt aber nicht aus, daß jeder See-Offizier, welcher
sich mit der Seetaktik selbst nur oberflächlich beschäftigt, auf Grund
theoretischer Erwägungen und praktischer Erfahrungen, die Überzeugung
gewinnen wird, daß eine bestimmte Formierungsweise die richtigste sei
und entsprechend evolutioniert, am meisten Aussicht auf Erfolg bietet.
Wir möchten soweit gehen, zu sagen, daß der manchem See-Offizier an­
haftende Mangel dieser Überzeugung gleichzeitig einen Mangel an tak­
tischen Kenntnissen bekundet.
In jeder Marine wird es daher, zum Teil als Erbschaft aus ver­
gangenen Zeiten, also aus Tradition, zum Teil als Lieblingsform des
151
Höchstkommandierenden, eine bestimmte Formierungsweise und eine
feststehende A rt der Evolutionierung der Flotte geben, welche mit
größter W ahrscheinlichkeit für den Ernstfall Verwendung finden dürfte.
Dieses Geheimwissen innerhalb jeder Flotte ist daher sorgfältig zu
pflegen und auszubilden und wird sich m ehr oder weniger überall, auf
Grund dieses Wissens, die praktische Flottenführung entwickeln. Ein
Flottenführer, der sich erst im letzten Momente, unm ittelbar vor der
Schlacht, sozusagen einer Inspiration folgend, für die eine oder andere
Formierungsweise ausspricht, oder dieselbe je nach Laune wechselt,
dürfte kaum Erfolge erringen. Jeder derselben wird sich daher mehr
oder weniger von dem A r k a n u m e i n e r b e s t i m m t e n F o r m u n d
A r t i h r e r E v o l u t i o n i e r u n g b e h e r r s c h e n l a s s e n , wobei s i c h
d i e s e F o r m f r e i l i c h d u r c h di e A r t u n d We i s e , w i e s i e i n d e r
S c h l a c h t v e r w e r t e t wi r d, a u s e i n e m w e r t l o s e n G e f ü g e z u m
fö r d e rn d e n I n s t r u m e n t e für den Sieg entwickelt!
Wenn wir daher noch immer für den W ert der Doppelstaffelformen
eintreten, so halten wir die Begeisterung anderer Offiziere für die Kiel­
linie oder die schachförmige Kolonne durchaus für berechtigt und ver­
suchten wir in dieser Arbeit zu zeigen, daß die von uns aufgestellten
allgemeinen seetaktischen Grundsätze ebenso gültig für die eine wie die
andere Formation seien. Nachdem ferner die taktische Literatur, soweit
dieselbe dem Autor bekannt ist, hinsichtlich der Führung der Kiellinie
im Gefecht, bisher nichts Erschöpfendes brachte, so glauben wir mit
dieser Monographie der Kiellinie auf einen freundlichen Leserkreis
rechnen zu dürfen.
Jedenfalls ist die Verwertung der Kiellinie in der Aktion eine ver­
hältnismäßig einfache, da für den Passierungskam pf in Gegenkursen wie
in gleichen Kursen, behufs Ausnützung der w i c h t i g s t e n Wa f f e , d e r
A r t i l l e r i e , die Flottenführung sich ohne Signale vollziehen kann. Die
Schlacht wird daher schon vom Beginne an zum Artillerieduelle, in
welchem die bessere Feuerleitung und die besseren Vormeister für den
Erfolg m aßgebend sind. Es wird daher der artilleristischen Ausbildung
der Offiziere wie der M annschaft die größte Aufmerksamkeit zuzuwenden
sein. Selbstverständlich wird man nichts Unmögliches verlangen dürfen,
aber jedenfalls erscheint es als a u s g e s p r o c h e n e P f l i c h t des Flotten­
kommandanten hinsichtlich aller die Feuerleitung und die Abgabe des
Feuers betreffenden vielseitigen Fragen, allgemein verbindliche und all­
gemein gekannte Bestimmungen für die Aktion zu treffen. Die Ver­
wertung des Feuers in der Seeschlacht auf größte Distanz beginnend,
allmählich herabgehend auf eine Mittel- und nahe Distanz, bis zum
Momente des Durchbruchs, wo man speziell die schwersten Geschütze
auf Pistolenschußweite zur Ausnützung bringt, muß daher hinsichtlich
152
der za verwendenden Geschoßgattungen, der Distanzermittlung, der Feuer­
schnelligkeit und Feuerökonomie, des Zieles und der Befehlsübermitt­
lung genau bestimmt und allen Organen, welche hiebei Verwendung
finden, genau bekannt sein.
In die Details dieser zahlreichen F ragen, welche je nach A n­
schauung der leitenden Offiziere eine verschiedene Lösung finden dürften,
können wir uns hier naturgemäß nicht einlassen; auch wird die theore­
tisch gefundene Lösung nicht immer der Praxis entsprechen, da sich
diese Verhältnisse schon gelegentlich der kriegsm äßigen Schießübungen
schwierig gestalten und sich diese Schwierigkeiten in der Schlacht noch
wesentlich steigern. Es wird daher zur absoluten Notwendigkeit, alle
Fragen der Feuerverwertung für die Aktion in wenigen, genau präzi­
sierten Bestimmungen zu vereinigen, da komplizierte Anordnungen und
Vorschriften, wenn sie noch so gut und richtig sind, im Kampfe ein­
fach keine Berücksichtigung finden werden.
Die Konzentrierung der Feuerleitung in der Hand des Schiffs­
kommandanten, der vollauf mit der Schiffsführung im Gefechte zu tun
hat, ist daher einfach ein Ding der Unmöglichkeit und wird dieselbe im
Sinne der allgemein gültigen Feuervorschriften und der Direktiven des
Sehiffskommandanten an den ranghöchsten Artillerie-Offizier übergehen
müssen. Aber auch dieser wird sich mangels an Übersicht über die
zahlreiche, verschieden postierte Artillerie eines großen Schlachtschiffes
und mangels an verläßlichen und leicht funktionierenden Befehlüber­
tragungsmitteln, mit einer allgemein gehaltenen Leitung zufrieden geben
und sich hinsichtlich der Ausnützung dieser Waffe auf die Kenntnisse
und Initiative der einzelnen Artillerie-Gruppenoffiziere verlassen müssen.
Wie viele gute Gelegenheiten würden für die Ausnützung der Artillerie
im allgemeinen verloren gehen, wenn die Leitung eine vollkommen
zentralisierte wäre und jeder Offizier nur im Sinne der W eisungen von
oben, welche oft gar nicht eintreffen können, seine Anordnungen treffen
dürfte!
Kurz gehaltene, bestimmte Befehle für das Feuergefecht und weit­
gehende Initiative der Gruppenkommandanten, eventuell der Vormeister
selbst, sind daher für den Erfolg des Artilleriekampfes von größter
Wichtigkeit. F ür den Vormeister ist aber die Übung, u. zw. eine fort­
laufende Übung, von eminenter Bedeutung und wird nach gründlicher
Auswahl derselben, ihrer Fortbildung und Erhaltung für eine längere
Dienstleistung, die größte Aufmerksamkeit zu schenken sein.
Das Scheibenschießen der einzelnen Schiffe und später das in tak­
tischen Verbänden, kann daher nicht häufig genug geübt werden, wobei
in erster Linie jede Ü b e r h a s t u n g , als Erbteil vergangener Zeiten, zu
vermeiden ist. W enn nur immer möglich, speziell im Eskadre-Verbande,
153
wird man bei Tag und Nacht, Dämmerung, Regenwetter und Sonnen­
schein, also für die verschiedensten Beleuchtungsarten, bei jeder Gelegen­
heit des Exerzierens und des Gefechtsalarms, jene Übungen vornehmen
müssen, welche sich auf die Erm ittlung der Distanz, die W ahl des
Zieles, u. zw. der Schiffe, wie einzelner Teile derselben, die F euerart etc.,
also auf alle Yerhältnisse und Modalitäten beziehen, welche im Verlaufe
einer Schlacht eintreten können.
Fig. 21.
Was nun die Übung des kriegsm äßigen Scheibenschießens betrifft,
so kann dieselbe für den Kampf zweier Kiellinien, Fig. 21, in einfachster
Weise durchgeführt werden. Die scheibenschießenden Schiffe der Kiel­
linie A haben dann auf die verschiedenfarbig m arkierten Schleppscheiben
der Schiffe JB, welche im Gegenkurse passierend, eine Schiffsdistanz von
800 m einhalten und die Scheiben auf 300 m Distanz mitführen, ihr
Feuer unter genau geregelten Verhältnissen abzugeben. F ür das an­
gegebene Beispiel beträgt die Dwarsdistanz 2400 m und würde beispielsJlitteilu n g en aus dum Gebiete des Seewesens 1905. N r. 2.
154
weise für das Breitseitfeuer des Schiffes Nr. 6 gegen die Scheibe I,
zwischen den Schiffen 1 und 2 von B , ein Ausschußwinkel von 17°
vorhanden sein, welcher somit rechts und links der Scheibe A b­
weichungen von 300 und 400 m zuläßt, was für die Sicherheit beider
Schiffe ausreichen dürfte. Dieser Sicherheitsfaktor wäre noch groß genug,
wenn man von Nr. 6 auf die Scheibe II und III schießen würde, doch
wird es sich vorsichtshalber empfehlen, das Feuer enger zu begrenzen.
Nach erfolgter Passierung beider Flotten verkleinert sich jedoch der
Ausschußwinkel sehr rasch und würde derselbe vielleicht in der Pos. x
noch ausreichen, aber in x 1 zu klein werden. Jedenfalls wären für die
Durchführung des Scheibenschießens ins Detail gehende Instruktionen
festzusetzen und auch die Schnelligkeit gelegentlich größerer Kurs­
änderungen zu regeln, um die Scheiben vor dem Kentern zu bewahren.
Vielleicht würde es sich auch empfehlen, um diese Übung dem E rnst­
fälle ähnlicher zu gestalten, von parallelen zu schiefen Bahnen der
Flotten A und B , welche nach
x 3 und y i: y 2 führen, überzugehen,
oder statt der einfachen eine gebrochene Kiellinie (Fig. 7) als F or­
mierungsweise für eine der Flotten anzuordnen.
Daß selbst dann eine solche Schießübung noch lange nicht den
Verhältnissen in einer Schlacht entspricht, ist selbstverständlich, aber
man wird bei dieser Gelegenheit doch imstande seiD, das Verhalten der
Vormeister im Feuer, u. zw. hinsichtlich ihrer Schießresultate wie ihres
allgemeinen Benehmens, kritisch zu prüfen, was für ihre spätere A us­
wahl und Verwendung wichtig sein dürfte.
Vielleicht wäre es auch für den weiteren Verlauf dieser Übung
instruktiv, das Feuer gleichzeitig von beiden Kiellinien, für wechselnde
Distanzen und Ziele abzugeben, zu welchem Behufe auch die Schiffe der
Flotte A , auf Distanzen von 800 m, Scheiben auszubringen hätten.
Desgleichen wird als Anfangsübung auch das Scheibenschießen
in gleichen Kursen zu üben sein, man wird aber sehr bald schon zu
den instruktiveren Übungen in Gegenkursen übergehen können.
F ür die Verwertung des Torpedos ergeben sich im Passierungskampfe wohl keine Gelegenheiten, da man im Verlaufe desselben stets
eine torpedosichere Distanz einhalten wird und der Versuch einer größeren
A nnäherung den Gegner veranlassen dürfte, sich seitlich zu entfernen.
E rst im Verlaufe des taktischen Nahkampfes und später im Durchbruche,
ferner wenn es einer Flotte gelang, eine günstige Queueposition zu er­
reichen, werden sich Gelegenheiten ergeben, Lanzierungen vorzunehmen.
Daß sich dieselben für ein Übungsmanöver nur in wenigen Fällen eignen
dürften, ist begreiflich und wird man daher diese Waffe, was sie ja für
die Schlacht tatsächlich ist, als gefährliche Zufallswaffe der Schlacht­
schiffe betrachten, welcher gleichfalls die Aufgabe zukommt, den Gegner
155
fern zu halten. Dies schließt aber die Vornahme von Torpedoangriffs­
manövern und Lancierungen seitens der den Schlachtschiffen zugeteilten
Torpedoboote nicht aus und werden dieselben gelegentlich von Flotten­
manövern mit vorgeschriebenen Bahnen, gegen die Flanke oder Queue
des Gegners, vielleicht auch gelegentlich eines Durchbruchs zu üben
sein. Auch das häufige Mitführen von Torpedobooten im Feuerlee der
Schiffe, ebenso wie ihre Evolutionierung im Verlaufe einer Aktion
(Scheibenschießübung), behufs Erreichung der Lancierstellung, auf Grund
der von den Geleitschiffen zu gebenden Handsignale, wäre fleißig zu üben.
Was endlich die dritte Offensivwaffe, die Ramme betrifft, so ist die­
selbe noch um vieles mehr als der Torpedo als Zufallswaffe zu betrachten,
die gegebenenfalls im Durchbruche, oder wenn schnellere Schiffe dem
Gegner an der Queue folgen, Verwendung finden können wird. Im
Kampfe der Kiellinie gegen die Kiellinie dürften sich aber selbst im
Durchbruche nur in Ausnahmsfällen (Steuer- oder M aschininhavarien)
Gelegenheiten zur Verwertung der Ramme ergeben. Es fehlt eben für
den Durchbruch die in Flächenformationen vorhandene z w e i t e L i n i e ,
welche die, gelegentlich der Passierung der ersten Linie geschaffene
günstige Position, für einen Rammangriff auszunützen imstande ist.
Der Vollständigkeit halber haben wir noch der Verwendung von
Offensivminen (Treibminen) zu gedenken, die ja gegenwärtig im russisch­
japanischen Kriege eine große Rolle spielen, wenn sich auch für den
Passierungskam pf zweier Kiellinien keine Gelegenheit zu ihrer V er­
wertung ergibt. Im m erhin würde es sich für alle Schlachtschiffe em­
pfehlen, solche Minen mitzuführen, um sie vielleicht im Verlaufe des
taktischen Nahkampfes, falls es dem Gegner gelang, eine Queuestellung
zu erreichen, zu verwerten. Selbstverständlich steht die Ausnützung dieser
gefährlichen Zufallswaffe in keinerlei Beziehung zur anfänglich inne­
gehabten Formation und wird sie hauptsächlichst erst dann Verwendung
finden können, wenn eine der Flotten gezwungen ist, den Kampf ab­
zubrechen, wenn es somit zum Rückzug der schwächeren Flotte kommt,
welcher die stärkere an ihrer Queue folgen wird.
Was nun die taktische Führung zweier Kiellinien betrifft, so ist
dieselbe, wie wir wiederholt erwähnten, für den Passierungskam pf eine
äußerst einfache, was aber die Durchführung entsprechender Flotten­
übungen nicht ausschließt und würden sich speziell im Kreisen zweier
Flotten, bezugnehmend auf das Einhalten der Distanz wie ihre Änderung,
und die Sicherung der Queue, m anch praktische Fingerzeige ergeben.
Für die Führung des taktischen Nahkampfes, u. zw. auf Grund der ver­
schiedenen Angriffsmögiichkeiten, wird man gelegentlich der Sommer­
manöver taktische Erfahrungen zu sammeln imstande sein. Zu diesem
Zwecke sind anfänglich nur Manöver mit vorgezeichneten Bahnen und
156
erst später unabhängige Manöver zu üben, wobei dieselben aut genau
festgesetzte Distanz zum Abbruch zu bringen wären. F ür die D urch­
führung solcher Übungen könnten anfänglich die verschiedenen Angriffs­
modalitäten in der von uns gebrachten Ausführung Verwendung finden;
es würde sich jedoch empfehlen, diesbezüglich Preisaufgaben zu stellen
und die besten Lösungen derselben praktisch zur Anschauung zu bringen.
Daß die kriegerischen Ereignisse der letzten Monate vor P o r t
A r t h u r recht interessant waren, aber hinsichtlich der Flottenführung in
einer Schlacht keinerlei Anhaltspunkte geben und wir nach wie vor auf
die Zukunftsseeschlacht1) zweier m oderner Flotten warten, um aus den
Resultaten derselben taktische Folgerungen ziehen zu können, wollen wir
hier noch anführen. Jedenfalls wäre es verfrüht, aus den Erfolgen der
Nachtgefechte, in welchen die japanischen Torpedoboote eine rühmliche
Rolle spielten, dem Torpedo, wie dies von begeisterten Anhängern ge­
schah, eine erste Position für dessen Verwertung in der Schlacht anzuweisen; diese gehört nach wie vor der Artillerie, welche das Gefecht
und den Erfolg einleitet, was freilich für den ferneren Verlauf einer
Aktion nicht ausschließt, daß der Torpedo, unterstützt durch die
Anfangsleistungen der Artillerie, dieselben zum vorteilhaften Abschluß
bringen wird.
Nachdem wir die W ichtigkeit der Seetaktik, wie jene der F euer­
leitung und die Notwendigkeit, daß diese Disziplinen das Gemeingut
aller Seeoffiziere werden, mit aufrichtigster Überzeugung nachzuweisen
versuchten, wollen wir diesen lang gewordenen Artikel schließen.
Cilli, den 16. August 1904.
Wirkungsweise bekappter Panzergranaten.
Von den in neuerer Zeit erzielten Erfolgen der Artillerie, speziell
hinsichtlich der W irkung ihrer Geschosse am Ziele, ist einer der be­
merkenswertesten die E rh ö h u n g ' der Durchschlagsfähigkeit der Panzer­
granaten durch Anwendung der Geschoßkappen. Die Ursachen dieser
Überlegenheit der Kappengeschosse über gewöhnliche Panzergranaten
sollen in der nachstehenden Abhandlung auf Grund der bei Versuchen mit
verschiedenen Plattensorten gewonnenen Erfahrungen kurz erörtert werden.
1) Über die Seeschlacht hei P o r t A r t h u r vom 10. und über das Gefecht bei
T s u s h i m a am 14. August fehlen einstweilen alle D etails; jedenfalls scheint es zum
Nahkampf gekommen zu sein und dürfte, wie es zu erwarten war, die Entscheidung
durch die bessere Führung und Verwertung der Artillerie der japanischen Flottfe
herbeigeführt worden sein.
157
Seit der ersten Anwendung schmiedeeiserner Panzerplatten in den
fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, an welchen die damaligen
gußeisernen ßundkugeln glatter Geschütze machtlos abprallten, besteht
ein beständiger Konkurrenzkampf, ein abwechselndes gegenseitiges Ü ber­
bieten zwischen Panzerung und Artillerie und trotz der scheinbar schon
an der äußersten Grenze der Leistungsfähigkeit des toten Materials an­
gelangten Auswertung desselben ist ein Stillstand auch heute noch
nicht abzusehen. Jedes Jah r bringt neue Verbesserungen und Ü ber­
raschungen mit sich.
Die letzte Errungenschaft auf dem Gebiete des Panzerwesens bildete
die seit dem Jahre 1890 erfolgte allgemeine Einführung der Kr u p p s c h e n
zementierten und gehärteten Nickelchromstahlplatten, mit welchem Schritte
die Panzerung scheinbar die Geschoßwirkung endgültig brach legte.
Wenn auch entsprechend starke K. 0 .-Platten für gute Geschosse nicht
undurchdringlich waren, so bildete das unvermeidliche Zerschellen der
letzteren ein Moment, das die W irksamkeit eines Schusses wesentlich
herabsetzte, wenn nicht ganz aufhob. Lange blieb jedoch die Panzer­
platte nicht Siegerin im Konkurrenzkämpfe; kaum drei Jahre nach
den verblüffenden Ergebnissen der Plattenversuche, tauchten die noch
wunderbarer klingenden N achrichten über die Resultate der Kappen­
geschosse auf, vor deren übermächtigem Durehschlagsvermögen selbst
die stärksten Kr u p p s c h e n Platten nicht m ehr standhalten konnten. Mit
der allgemeinen Einführung von bekappten Panzergranaten ist daher bis
auf weiteres (innerhalb gewisser Grenzen) die Artillerie der Panzerung
gegenüber im Vorteile.
Als Überlegenheit des einen oder ändern Kampfmittels wird ge­
wöhnlich der Fall bezeichnet, daß Platten in der Dicke des Geschoß­
kalibers auch auf kurze Gefechtsdistanzen nicht m ehr oder noch durch­
schlagen werden. So durchschlägt z. B. eine, 15 cm -Panzergranate von
45'5/ct/ Gewicht eine 150 mm starke K. C.-Platte auf 500 m nicht mehr,
während eine gleichstarke ungehärtete Nickelstahlplatte mit Leichtigkeit
noch auf 3000 m durchschlagen wird. Im ersten Falle ist die Platte,
im letzten das Geschoß überlegen.
Die Kappengeschosse sind nun in dieser Beziehung den gegen­
wärtig besten Panzerplatten überlegen, indem auf kurze Distanzen mit
entsprechend großen Auftreffgeschwindigkeiten l a/ 2, ja selbst 2 Kaliber
starke Platten durchschlagen werden können.
Die L iteratur über die nunm ehr in fast allen Staaten zur E in­
führung gelangten Geschosse ist ziemlich reichhaltig, und die Schluß­
folgerungen der meisten Autoren gipfeln darin, daß gegenwärtig nur
eine ausreichende Verstärkung des Panzers und eine Vergrößerung der
Gefechtsdistanzen Schutz gegen dieselben zu gewähren vermögen. Die
158
U r s a c h e n der Überlegenheit der Kappengeschosse über unbekappte
Panzergranaten werden oft gar nicht erwähnt, meist nur oberflächlich
gestreift, und befriedigen die gegebenen Erklärungen die Anforderungen
nicht, die an eine auch nur elementare Theorie gestellt werden können.
Die vielleicht am weitesten verbreitete Erklärung der W irkung der
Kappengeschosse ist die, daß das Material der Kappe dem Geschosse
als Schmiermittel bei seinem Durchgänge durch die Platte dient und
hiedurch die große Reibung zwischen Geschoßumfang und Plattenöffnung
verhindert. W enn die W irkung der Geschoßkappe tatsächlich in nichts
anderm bestehen würde, so wäre die angeführte Voraussetzung nur bei
weichen Platten zutreffend, bei welchen die Geschoßspitze und -Mantel­
fläche tatsächlich im Schußloche gleitend mit der Platte in Berührung
kommt, während bei harten Platten, wo eine Berührung zwischen Geschoß
und Plattenöffnung gar nicht vorkommt, eine verstärkte W irkung nicht
eintreten dürfte. Es haben aber alle Versuche ganz unzweideutig die Ü ber­
legenheit der Kappengeschosse nur bei gehärteten Platten gezeigt, während
bei weichen keinerlei Vorteil gegenüber unbekappten besteht.
Gegen die Annahme, daß die Kappe als Schmiermittel dient, spricht
auch noch die zur Erw ärm ung und zum Schmelzen der Kappe aufzu­
wendende große Energiemenge, die vom Geschosse abgegeben werden
muß, und die für die eigentliche Durchschlagsarbeit verloren geht. Bei
den vom k. u. k. marine-technischen Komitee durchgeführten Versuchen
betrug das Gewicht einer Kappe an einer 12 cm-Panzergranate zirka
l 'h h g . Zur Erw ärm ung dieser Masse auf die Schmelztemperatur des
Stahles (zirka 1400° 0.) würden 1*5 X 0-1165 X 1400, d. s. 245 Kalorien
zum Schmelzprozesse selbst zirka 50 Kalorien verbraucht werden, was
einem Energieverlust von 124 m t gleichkommt. Nun haben aber bei
einigen Versuchen Kappengeschosse mit rund 376 m t Auftreff-Energie
die betreffende Panzerplatte nicht nur glatt durchschlagen, sondern sind
auch noch nach dem Durchdringen eines 4 m starken Kugelfanges
200— 400 m weit geflogen. Diese Leistung wäre wohl nicht möglich
gewesen, wenn gleich 33% der Auftreff-Energie auf das Schmelzen der
Kappe verwendet worden wären. U nter gleichen Verhältnissen geschossene
unbekappte 12 cm -Panzergranaten wurden, trotzdem ihnen diese 3 3 %
Energie zur Verfügung standen, abgewiesen und zerschellten an der Platte.
Allerdings treten an der Treffstelle oft bedeutende Wärme-Effekte
auf, so daß die Umgebung des Schußloches in der Platte und eventuelle
Geschoßbruchstücke gelbe bis blaue Anlauffarben zeigen, was auf eine
Erw ärm ung von zirka 300° 0. hindeutet; aber bis zum Schmelzpunkte
von beinahe 1400° ist diese Temperatur noch weit entfernt.
Eine zweite verbreitete Version besagt, daß die Kappe den ersten
Chok aufnimmt, der beim Auftreffen des Geschosses auf die Panzerplatte
159
entsteht, in dem Sinne, wie etwa die Puffer an einem Eisenbahnwagen
den Stoß beim Zusammentreffen mit einem zweiten. Präziser ausgedrückt
m üßte dieser Eall so lauten: Die Kappe nimmt jene Energiem enge auf,
die das Zertrüm mern des Geschosses verursacht, und läßt nur jenen
Teil derselben frei, der zum Durchschlagen der Platte erforderlich ist.
Hiebei ist aber das Verhältnis von Kappen- und Geschoßgewicht außer
acht gelassen, was bei den vorkommenden sehr großen Energiem engen
nicht zulässig ist. Das Gewicht der Geschoßkappe beträgt wohl nie m ehr als
5—
des Geschoßgewichtes. Die Kappe wird somit, nach der Theorie
der Form änderungsarbeit der Körper, nur eine geringe, und mit Rück­
sicht auf das, gegenüber dem Geschoßstahle minderwertige Material,
sogar nur eine verschwindend kleine Energiem enge aufnehmen können,
ohne in ihrem molekularen Zusammenhänge gestört zu werden. Es sind
jedoch die Kappengeschosse gerade bei hohen Energiemengen, hohen
Geschwindigkeiten, wesentlich wirksamer als bei kleinen, wo der Ausfall
an den wenigen Metertonnen Arbeit wohl wenig ausgeben kann.
Eine weitere Erklärung knüpft an folgendes Beispiel an: Eine Nadel
läßt sich durch ein Brett ohne Deformation nicht durchstecken. Steckt
man jedoch die Nadel zuerst in einen Korkstöpsel hinein, daß sie sich
nicht verbiegen kann, so ist es ein Leichtes, die beabsichtigte A rbeit zu
leisten. Nun — als Führung des Geschosses kann das kleine Klümpchen
Metall an der Spitze nicht sonderlich in Betracht kommen, insbesondere
da es, wie wir gleich sehen werden, dann schon vollkommen deformiert
ist, wenn das Geschoß die Führung am notwendigsten brauchen würde,
nämlich während die Geschoßspitze durch die harte Panzerplatte durch­
dringt.
W esentlich m ehr W ahrscheinlichkeit, als die bisher erwähnten E r­
klärungen, hat jene für sich, die ein E n t h ä r t e n der obersten Platten­
schichten, und hiedurch die Verwandlung der Platte in eine Homogen­
stahlplatte annimmt. Daß unter dem Einflüsse der beim Auftreffen ent­
stehenden Tem peratur von einigen hundert Graden im Vereine mit den
heftigen Erschütterungen eine molekulare Veränderung der Platte Vor­
kommen muß, ist sehr wahrscheinlich. Fraglich ist es nur, ob die
Kürze der Zeit zu einer solchen Veränderung ausreicht.
Um nun eine Erklärung zu schaffen, die allen den bei den er­
wähnten Versionen beanständeten Mängeln ausweicht, und die Über­
legenheit der Kappengeschosse auf reinem mechanischen W ege nach­
weist, vergegenwärtige man sich, induktiv vorgehend, die einzelnen
Phasen, die sich beim Durchschlagen verschiedenartiger Panzerplatten
durch gehärtete Geschosse im allgemeinen abspielen. Hiebei tritt auch
der wesentliche Unterschied zutage, der die Durchschläge der harten
und weichen Platten charakterisiert.
160
Bei sehr weichen, etwa schmiedeeisernen Platten braucht der an
der Berührungsstelle des Geschosses auftretende Druck nur eine mäßige
Größe, etwa 30—35 leg pro m m 2, zu erreichen, und schon fängt das
Material der Platte an seitlich auszuweichen, abzufließen, die Spitze des
Geschosses dringt wie ein Meißel oder Körner in das Plattenmaterial
ein. Das verdrängte Eisen bewegt sich selbstverständlich nach jener
Seite hin, wo der geringere W iderstand obwaltet, also aus der vorderen
Plattenebene heraus, ganz eigentümliche charakteristische Auftreibungen,
Krausen, bildend. Auf der hinteren Seite der Platte entsteht gleichzeitig
eine Ausbauchung. Ohne die Festigkeit des Geschoßmateriales zu über­
schreiten, also ohne das Geschoß zu deformieren, wächst der Druck der
Spitze in dem sich bildenden Schußkanale so lange an, bis die Spitze die
Rückseite der Platte durchbricht, wo er dann rasch auf 0 abnimmt,
welchen W ert er in dem Augenblicke erreicht, wann die Spitze, der
ogivale Teil des Geschosses, die Platte verläßt. Durch die W irkung der
Geschoßspitze werden den Massenteilchen seitliche Beschleunigungen
erteilt, wodurch der Schußkanal sich erweitert und an der Hinterseite
der Platte eine mäßige Wulst entsteht, ohne daß eigentlich viel Material
der Platte verloren gegangen wäre. Die in Fig. 2 dargestellte Form des
161
Gesehoßdurehschlages deutet daher auf eine geringe Festigkeit und
Härte kombiniert mit großer Zähigkeit der Platte hin.
Etwas anders verhält sich homogener weicher Stahl, oder unge­
härteter Nickelstahl. Im ersten Momente werden wir zwar dieselben
Erscheinungen auftreten sehen, wie bei den Schmiedeeisenplatten, also
die gekräuselte Auftreibung an der Vorderseite der Platte. Da jedoch
die Zähigkeit des Stahles eine geringere ist als die des W eicheisens,
werden an der Rückseite im aufgetriebenen Material radiale Sprünge
und Risse entstehen, und es wird nicht ein geschlossener Kragen,
soidern ein Kranz spitziger pyramidenähnlicher Zacken erscheinen, einzelie dieser Zacken werden an ihren Anhaftestellen abbrechen und weggesihleudert werden, und es entsteht dann eine, das Kaliber des Ge­
schosses weit übersteigende, mehr oder weniger kreisförmige Bruchfläche
um tas Schußloch herum.
W esentlich anders verhalten sich gehärtete, speziell K ru p p sc h e
K. O.Platten.
Jachdem der W iderstand gegen das Eindringen ein (gegenüber
desjengen ungehärteter Platten) sehr hoher ist, das Geschoß daher in
seiner lewegung fast zu momentanem Stillstände gebracht wird, entsteht
162
an der Spitze des Geschosses beim Auftreffen ein ganz enormer spezi­
fischer Druck (jedenfalls nicht weniger als 100— 120 kg/m m 2), dem das
beste Material und die sorgfältigste H ärtung des Geschosses nicht wider­
stehen können. Im zweiten Momente nach dem Auftreffen ist daher die
Spitze des Geschosses schon deformiert, und die entstandene breite, ab­
gerundete Fläche sucht nun das Plattenmaterial zu komprimieren, nach­
dem ihr infolge ihrer großen Dimensionen ein direktes Eindringen unFig. 3.
möglich ist. Infolge der verteilten Belastung wird die vordere FUbhe
der Platte eingedrückt, selbstverständlich baucht sich der hintere Teil aus.
W ährend dieser Vorgänge, die sich natürlich in einem unenilich
kleinen Zeitraum abspielen, will der zylindrische Teil des Gesclnsses
seinen W eg fortsetzen; nachdem ihn aber daran die deformierte Gesihoßspitze, bezw. die Platte hindert, staucht er sich auf, bis die geringe
Zähigkeit des gehärteten Materials überwunden ist und das Geschoß
zerschellt. Die hiedurch ihres Rückhaltes beraubte Spitze legt sch nun
flach an die Platte an, und adhäriert infolge der kantigen, zackigtn Ober­
fläche mit großer Kraft an dieser, ist sozusagen mit ihr vershweißt.
163
Charakteristisch ist hiebei die nahezu pilzförmige Gestalt, die die Spitze an­
nimmt, wobei der Stiel des Pilzes durch die Aushöhlung des Geschosses
begrenzt wird. In Fig. 5 ist die Entstehung dieser Pilzform deutlich
ersichtlich gemacht.
W ar die Auftreff-Energie des Geschosses eine geringe, so vermag
die Platte, ohne weiteren Schaden zu nehmen, den Stoß auszuhalten, d. h.
F ig. 4.
die nach dem Zerschellen des Geschosses und nach der Erhitzung der
Treffstelle noch vorhandene Energie durch elastische Schwingungen auf­
zunehmen. Die W irkung des Geschosses hört dann mit den eben geF ig. 5.
schilderten Vorgängen auf: die Platte hat das Geschoß vollkommen ab­
gewiesen.
W ar jedoch die Auftreff-Energie eine entsprechend große, so ist
der auf die Platte übertragene Teil derselben unter Umständen genügend
groß, um ein Öffnen, bezw. Durchschlagen der Panzerplatte zu verur­
sachen. Dieser nunm ehr eintretende Vorgang läßt sich auf Basis der
Gesetze des unvollkommen elastischen Stoßes leicht erklären.
164
Die vom vorigen Momente herrührende deformierte Spitze bildet
hiebei den Träger eines Teiles der Auftreff-Energie, und belastet, wie
ein Stempel, eine Fläche von mehr oder weniger Ausdehnung. W ie
auf einer Lochmaschine wird nun der vor diesem Stempel liegende
Pfropf aus der Platte herausgestanzt, indem die Scherfestigkeit des
Materiales auf einer konischen oder konkaven Fläche (am Umfange des
Pfropfens) überwunden wird, ohne daß ein eigentliches Eindringen des
Geschosses in das Plattenmaterial stattgefunden hätte. Die Platte ist
glatt durchschlagen; oder falls der Pfropfen noch mit einem Teile seiner
Oberfläche an der Platte hängt, heißt es, die Platte ist geöffnet. Hiebei
bildet sich die insbesondere auf der Rückseite charakteristische Form ,
die in der folgenden Fig. 6 dargestellt ist.
Unter allen Umständen, d. h. ob die Platte durchschlagen wird
oder nicht, zerschellt das Geschoß in sehr viele, sehr kleine Stücke.
Dieses Verhalten zeigen alle, auch Geschosse bester Qualität, so daß
F ig. 6.
hinter die Platte, auch bei vollkommenen Durchschlägen, nur Bruchstücke
des Geschosses und der herausgestanzte Plattenpfropf gelangen können.
Diese Form des Durchschlages ist so charakteristisch für die harte
Platte, als die früher beschriebene für die weiche. Es kommt fast nie
eine andere Erscheinung vor, wenn die Plattenstärke dem Geschoß­
kaliber ungefähr entspricht. Ist dies nicht der Fall, ist das Geschoß im
Kaliber der Platte bedeutend überlegen (z. B. ein 24 cm-Geschoß gegen
eine 160 mm-Platte), so ist die Erschütterung eine so große, daß ein
großes Stück der Platte einfach herausbricht. Dann ist auf der Vorder­
seite eine unregelmäßige Splitterung, an der Rückseite eine große konkave
Fläche sichtbar.
Aber auch in diesem Falle wird die Geschoßspitze deformiert und
mit der Platte verschweißt und das Geschoß in tausende kleine Splitter
zerteilt.
Diese Vorgänge und Erscheinungen entziehen sich selbstverständlich
vollkommen unserer Kontrolle. Abgesehen davon, daß es ein höchst
gewagtes Unterfangen wäre, sich das Durchschlagen einer gehärteten
Panzerplatte aus der nächsten Nähe betrachten zu wollen, ist auch die
165
Zeitdauer eine so unendlich kleine, daß an ein Fixieren der einzelnen
Phasen des Vorganges, z. B. auf photographischem Wege, gar nicht zu
denken ist. Es sind daher alle diese Erklärungen nur Hypothesen; doch
dürfte denselben eine gewisse W ahrscheinlichkeit nicht abzusprechen
sein, da sie aus Schießversuchen abgeleitet wurden, und bei neuen
Versuchen immer wieder ihre Bestätigung finden. Auch die nun fol­
gende Erklärung der W irkungsweise der Kappengeschosse hat nur hypo­
thetischen W ert, doch schmiegt sie sich an die vorhergehenden gut au,
so daß auch ihr, gegenüber den früher erwähnten mangelhaften Theorien,
ein Vorzug gegeben werden kann.
W ir haben gesehen, daß die Geschoßwirkung auf harte Platten
eine unbefriedigende ist (nachdem das Geschoß zerschellt), weil der
beim Auftreffen auf die Platte entstehende hohe spezifische Druck auf
die Geschoßspitze das Zertrüm mern des Geschosses einleitet. Eine ent­
sprechend große Abflachung der Spitze müßte daher in diesem Sinne
Fig. 7.
als günstig angenommen werden, da durch Vergrößerung der Fläche
der Druck auf die Flächeneinheit geringer ausfallen wird. Durchgeführte
Versuche haben jedoch ergeben, daß infolge des erschwerten Eindringens
des „Stempelgeschosses“ in die harte Platte, eine bessere W irkung nicht
erzielt werden kann. Es ist daher die Konstruktion der Kappengeschosse
in Anwendung gekommen, bei denen einerseits der spezifische Druck
au f die Geschoßspitze infolge Verteilung auf eine größere Fläche ver­
mindert, aber anderseits auf den Vorteil, den ein spitzes Geschoß beim
Durchschlagen der Platte bietet, nicht verzichtet wird.
D ie ü b e r le g e n e W ir k u n g d e r K a p p e n g e s c h o s s e b e r u h t
d e m n a c h a u f dem U m s ta n d e , d a ß d ie S p itz e d es G e s c h o s s e s
im e r s te n M o m e n te d e s A u f tr e f f e n s a u f d ie P l a t t e n i c h t d e­
f o r m i e r t w ird . Durch das Vorhandensein der Kappe wird nämlich
der Druck nicht nur auf die Geschoßspitze allein, sondern auf einen
ziemlich großen Querschnitt des Ogivals gleichmäßig verteilt (Fig. 8). Der
spezifische Druck überschreitet daher die Grenze nicht, über welche
hinaus die Festigkeit des vorzüglichen, gehärteten Geschoßmateriales
166
beeinträchtigt werden würde. Infolgedessen wird sich auch die Spitze
nicht deformieren, sondern gleich einem Meißel oder Körner in die
harte Schichte eindringen. Diese Arbeit wird dem Geschosse um so
leichter fallen, als der unter dem Einflüsse der Kappe in der Platte
entstandene M a t e r ia l k e g e l 1) die Zerstörung der äußersten Platten­
schichte, die in ihrem diamantharten Teile doch nur wenige Millimeter
stark ist, bereits eingeleitet hat.
In diesem Momente hat die Kappe ihre Mission schon erfüllt und
das Geschoß setzt seinen W eg nunm ehr allein und unbeschädigt in der
Platte fort. Hiebei spielt sieh folgender Vorgang ab: Ist die Spitze erst
ein wenig in die harte Schichte der Platte eingedrungen, so springen
die durch die sich immer m ehr verbreiternde Meißelfläche nach der
Fig. 8 .
Seite weggedrückten Partikelchen der harten Schichte, deren Zusammen­
hang durch den Materialkegel bereits gelockert ist, ab und geben dem
Geschosse den W eg frei. Auf der Vorderseite der Platte werden sich
daher die für die harten Platten charakteristischen Ausbröckelungen
zeigen. Dort, wo die harte und die weiche Schichte der Platte inein­
ander übergehen, kann infolge der größeren Zähigkeit der letzteren kein
*) Nach den Lehren Prof. Fr. K ic k s bildet sich hei der Bearbeitung von
Materialien unter der arbeitenden Fläche des Werkzeuges im Material selbst ein ver­
dichteter kegelförmiger Körper, der die Trennung, bezw. Deformation des Arbeit­
stückes eigentlich bewirkt. Die Existenz dieses Materialkegels läßt sich sehr deutlich
mit Hülfe von Platten, die aus mehreren in verschiedenen Farben brennenden Ton­
streifen hergestellt sind, nachweisen. Bei Druckproben von sehr sprödem Material
(Sandstein) brechen aus dem Probekörper die Materialkegel direkt heraus.
167
Ausbröckeln m ehr Vorkommen und das Loch verengt sich daher bis auf
eine das Kaliber des Geschosses nicht viel übersteigende Dimension.
Nun sollte man meinen, daß der weitere Vorgang dem Durchschlagen
von Homogenstahlplatten ähnlich sein müßte. Dies ist jedoch nicht der
Fall, da die Qualitätseigenschaften des zum H ärten bestimmten Platten­
materiales wesentlich andere sind, als des ungehärteten Stahles. Infolge
geringerer Zähigkeit des Materiales reißt der von dem entsprechenden
Geschoßquerschnitte belastete Pfropf aus der Platte heraus, so daß auch
die Rückseite der Platte nach dem Durchschlage vollkommen den
Charakter der harten Platte zeigt. Das herausgebrochene Plattenstück
ist jedoch von denjenigen der normalen Durchschläge vollkommen ver­
schieden. W ährend dort der Pfropf fast die unveränderte Dicke der
Platte besitzt, hat hier die eindringende unversehrte Spitze den Pfropf
ganz oder wenigstens zum größten Teile durchdrungen, in den meisten
Fällen ist dieser hiebei in m ehrere Stücke gebrochen.
Von der Kappe ist bisher noch nie eine Spur gefunden worden.
Es ist wahrscheinlich, daß dieselbe beim Eindringen des Geschosses
radial aufgetrieben und zerrissen wird, wobei sich die kleinen Stückchen
mit den Splittern der Platte vermischen.
Die Überlegenheit der W irkung von Kappengeschossen über un­
bekappte Panzergranaten beruht daher, wie erwähnt, auf dem Umstande,
daß die Spitze des Geschosses erhalten bleibt. W ährend bei gewöhn­
lichen Geschossen in dem ersten Momente der Druck in dem Maße,
als die Geschoßgeschwindigkeit von der Auftreffgeschwindigkeit gegen
Null zu abnimmt, so rasch anwächst, daß die Festigkeit des Geschoß­
materiales überwunden wird, bleibt infolge der Verteilung des Druckes
auf eine größere Fläche bei den Kappengeschossen der spezifische Druck
weit unter dieser Grenze, und erhebt sich auch bei dem nachfolgenden
Durchschlagen der Panzerplatte nicht m ehr über die kritische Grenze,
da die harte Schichte durch den entstandenen Materialkegel zerstört ist.
Die Druckkurve der Kappengeschosse gegen harte Platten wird daher
ähnlich derjenigen von Spitzgeschossen gegen weiche Platten verlaufen.
Anfangs, so lange das Ogival in die Platte eindringt, langsam ansteigend,J)
bis dasselbe in der Platte verschwunden ist, dann in jenem Momente,
wo der Pfropf durchreißt, jäh abfallend, wodurch eine Ecke in der Kurve
entstehen muß.
Die Druckkurve der unbekappten Geschosse verläuft hingegen
ähnlich derjenigen von Stempelgeschossen. Der Totaldruck steigt rasch
an und haltet sich, solange die Scherfestigkeit am Umfange der Treff1) Diese Kurve repräsentiert den gesamten Druck, der spezifische Druck (auf
die Flächeneinheit) nimmt vom ersten Momente an sofort ab, da mit Zunahme des
Totaldruckes auch gleichzeitig die Fläche zunimmt, auf die sich der Druck verteilt.
168
stelle überwunden wird, fast auf einer gleichen Höhe, um dann nach
dem Durchstanzen der Platte rasch abzunehmen. Der spezifische Druck
an der Spitze wächst vom ersten Momente des Auftreffens sehr rasch
bis zur Bruchbelastung an, wo dann die Spitze als solche verschwindet.
Die bezüglichen Flächen, welche von jeder der Kurven, der Abszissen­
achse und den beiden Endordinaten eingeschlossen werden, die A rbeits­
flächen, müssen einander gleich sein.
Aus diesen Ausführungen kann ersehen werden, daß das Problem
der Kappengeschosse, so merkwürdig im Anfang auch die Erfolge des­
selben erscheinen mochten, doch auf Grund einer einfachen mechani­
schen Erscheinung erklärt werden kann. Die Druekübertragung von der
Fig. 9.
Treffstelle, d. h. der Vorderfläche der Kappe auf den wirksamen Quer­
schnitt im Ogival, geschieht in einer Wellenbewegung mit einer enorm
holien Geschwindigkeit, also für praktische Verhältnisse momentan, und
kann auch als vollständig (gleichmäßig) angenommen werden, wenn die
Kappe fest auf dem Geschosse aufsitzt.
Die solide und gute Befestigung der Kappen am Geschosse ist
daher der wichtigste Faktor in der Konstruktion der Kappengeschosse.
Die Kappe muß auf dem ganzen Umfange ihrer Höhlung mit der Ge­
schoßspitze in innigster Berührung stehen, damit die Druckübertragung
entsprechend erfolgen kann. Dieser Umstand leistet auch volle Gewähr
dafür, daß sich die Kappe weder im Bohre noch während des Fluges
vom Geschosse trennen kann, welches Vorkommnis im ersteren Falle zu
Unglücksfällen, im letzteren zu bedeutenden Fehlschüssen Anlaß geben
169
würde. Eine solche feste und absolut verläßliche Verbindung ist nur
durch metallische Lötung zu erreichen, bei welcher auch kleine, zwischen
Kappe und Geschoß nach dem Aufschleifen vorhandene Spielräume un­
schädlich gemacht werden. Ein zu diesem Behufe geeignetes Lot muß
zwei Eigenschaften besitzen; erstens eine entsprechend hohe Festigkeit,
zweitens eine niedere Schmelztemperatur, bei welcher die H ärtung des
Geschosses beim Anlöten der Kappen nicht angegriffen wird, die also
weit unter 200° 0. liegen muß. Da sich diese beiden Eigenschaften ent­
gegenstehen, indem gewöhnlich leichtes Schmelzen mit geringer F estig­
keit und um gekehrt gepaart ist, und die Komposition einer entsprechen­
den Legierung auf Schwierigkeiten stößt, ist das Anlöten nicht allge­
mein üblich.
Die Methode des Anlötens der Kappe am Geschosse hat auch
praktische Vorteile, indem ältere Geschosse ohneweiters mit Kappen
versehen werden können, und auch bei der Erzeugung neuer nicht dar­
auf Rücksicht genommen werden muß, daß einzelne später m it Kappen
versehen werden sollen. Ein großer Vorteil des Anlötens der Kappen
besteht vor, anderen gebräuchlichen Befestigungsarten auch darin, daß
durch diese Manipulation der Geschoßkopf nicht geschwächt wird, wie
durch das Eindrehen einer Rille oder das Einschleifen von seichten Ver­
tiefungen in die Geschoßspitze. Selbst das Stehenlassen von erhabenen
Rippen in der Nähe der Spitze ist wegen der plötzlichen Querschnitts­
veränderung, durch welche leicht ein Reißen beim H ärten des Geschosses
verursacht werden kann, ungünstig. Durch das Eindrehen von Rillen
(Verletzen der Oberfläche) in fertige Geschosse kann es Vorkommen,
daß die unter großer Spannung auf die inneren Schichten komprimierend
wirkende äußere, gehärtete Schichte ganz durchbrochen w ird; ein A b­
springen des Kopfes, eventuell ein Zerfallen des ganzen Geschosses
schon vor der Verwendung kann die Folge davon sein.
Eine weitere Methode der Befestigung von Geschoßkappen ist das
Aufschrauben der Kappen auf dem Geschoßkopf; selbstverständlich ist
diese Befestigungsart nur bei neuen Geschossen vor der Härtung an ­
wendbar.
W as das M a t e r ia l der Kappen anbetrifft, dürfte, allem nach zu
schließen, eine größere Auswahl möglich sein, als es im ersten
Momente scheinen würde. Das m arine-technische Komitee verwendete
bei den Versuchen m ehrere voneinander in ihren physikalischen Eigen­
schaften sehr weit abweichende Materialien, doch waren in den Resul­
taten keinerlei Unterschiede zu konstatieren. Sehr wahrscheinlich ist es,
daß jede Firm a, bezw. jeder Staat, der mit Kappengeschossen Versuche
durchgeführt, ein von allen anderen verschiedenes Material verwendet,
und mit demselben m ehr oder minder zufriedenstellende Resultate erzielt
M itteilungen aus dem G ebiete des S eew esens 1905. N r.
2.
J2
170
hat. Als Haupterfordernis kann eine entsprechend hohe Druckfestigkeit
(kein allzu weiches Material!) und eine relativ große Zähigkeit an­
genommen werden, daß die Kappe beim Auftreffen des Geschosses aut
die Platte nicht sofort in Stücke springt.
Auch die F o r m der Kappe scheint auf die Resultate von keinem
großen Einflüsse zu sein, da fast jede Firm a eine andere bevorzugt.
Einige der gebräuchlichen Form en sind in Fig. 10 dargestellt, doch
gibt es außer diesen noch eine große Zahl. W esentlich dürfte bei den
Kappenformen die breite vordere Fläche (Spitze) und die Größe des von
der Kappe noch bedeckten Querschnittes des Geschoßogivals sein ; ersterer
Umstand wegen des größeren, sich in der Platte bildenden Materialkegels,
letzterer wegen der günstigeren Druckverteilung im Geschoßkopfe. Die
günstigste Form ist jedenfalls die, welche bei kleinstem Volumen (Ge­
wicht) noch eine ausreichende W irkung äußert. Auf ballistische Be­
denken braucht weiter keine besondere Rücksicht genommen zu werden,
da die Form der Geschoßspitze bei den hohen Geschoßgeschwindigkeiten
Fig. 10.
moderner Geschütze die Flugbahn nicht in jenem Maße modifiziert, als
dies bei kleineren Geschwindigkeiten der Fall ist. (Mit wachsender Ge­
schwindigkeit nim mt der W ert der Geschoßform ab.) Nebstbei wird aber
durch die Verlegung des Schwerpunktes m ehr gegen die Spitze zu die
Flugbahn des Geschosses günstig beeinflußt und die Schußpräzision,
sowie die Schußweite erhöht. M ehrere von der Firm a Krupp ausgeführte
Versuche bestätigten dieses Verhalten der Kappengeschosse.
A ußer dem bereits besprochenen Vorteil der Kappengeschosse
gegenüber gewöhnlichen Panzergranaten: des um zirka 20% erhöhten
Durchschlags Vermögens derselben, steht noch der folgende wesentliche
Vorteil auf der Seite dieser neuartigen Geschoßgattung, nämlich, daß,
wie schon erörtert, die Geschosse beim Durchschlagen der Panzerplatten
meist ganz bleiben, oder höchstens an den Grenzen der W irkungsfähig­
keit in wenige große Stücke brechen. Diese Erscheinung ist geeignet,
die Sprengwirkung der Geschosse wesentlich zu erhöhen, bezw. die
Möglichkeit zu bieten, diese erst vollwertig ausnützen zu können. Die
Sprengwirkung der gewöhnlichen Panzergranaten (die der weit schwächer
171
konstruierten Zündergranaten natürlich um so m ehr) kann durch das aus­
nahmslos vorkommende Zerschellen der Geschosse an den gehärteten
Platten eigentlich gar nicht ausgewertet werden, da sich die Explosion noch
vor der Platte, also außerhalb des geschützten Raumes abspielt; hinter
die Platte kommen im besten Palle nur kleine Bruchstücke, die zwar
einen genau in der Verlängerung der Flugbahn liegenden kegelförmigen
Raum gefährden, aber nicht in der Lage sind, wie von Sprenggeschossen
erwartet werden muß, den ganzen Raum hinter der Treffstelle unsicher
zu machen. Eine gute Sprengwirkung kann nur dann eintreten, wenn das
Geschoß, wie bei weichen Platten, beim Durchschlagen nicht zerschellt,
sondern als Ganzes hinter die Platte kommt. Die Anwendung von hoch­
explosiven Sprengpräparaten sichert auch bei den mit kleinen Hohl­
räumen ausgestatteten bekappten Panzergranaten eine Minenwirkung, wie
sie von unbekappten, mit einer weit stärkeren Sprengladung versehenen
Zündergranaten in gepanzerten Räumen nimmer geleistet werden kann.
Leider ist die W irkung der Kappengeschosse keine gleichmäßige
bei allen Geschwindigkeiten. Eine ausgesprochene Überlegenheit der
Kappengeschosse über gewöhnliche Panzergranaten ist nur bei hohen
Auftreffgeschwindigkeiten zu konstatieren, während bei kleineren, auch
wenn die Auftreff-Energie des Kappengeschosses für das Durchschlagen
der dünneren Platte ausreichend wäre, die W irkung beider Geschoßtypen
fast gleich ist. Mit anderen Worten, auf große Schußdistanzen ist das
Kappengeschoß nicht wirksamer als eine gewöhnliche Panzergranate.
Die Geschwindigkeitsgrenze liegt bei 500 m/sec und da diese Geschwindig­
keiten.beim 12 em-Geschütz L/40 schon auf 2000—2400 m, beim 15 cmGeschütz auf zirka 2800 und bei den modernen 24 cm-Geschützen auf
7000 m erreicht werden, so ist die Verwendbarkeit der Kappengeschosse
im Grunde eigentlich nur auf den Nahkam pf beschränkt. Allerdings ist
für diesen, eben infolge der erwähnten Möglichkeit der Vergrößerung der
Sprengwirkung, die Anwendung der Kappengeschosse von großem Vor­
teil; über die wirksame Grenze hinaus jedoch unnütz.
Eugen K o d a r v. T h u r n w e r t h ,
k. u. k. Marine-Artillerie-Ingenieur.
Stapellauf des deutschen Linienschiffes D E U T S C H L A N D .
Am 19. November v. J. ist auf der K ru p p sc h e n G e rm a n ia -W e rft
zu K ie l in Gegenwart des deutschen Kaisers das Typschiff der neuesten
deutschen Linienschiff-Klasse vom Stapel gelaufen und erhielt bei der
Taufe den Namen D e u t s c h l a n d . Das auf einer der überdachten Hellinge
Modell des deutschen
Linienschiffes
D E U T SC H L A N D .
173
der G e rm a n ia -W e rft erbaute Schiff entspricht in seinen Hauptab­
messungen der B r a u n s c h w e i g - Klasse, deren vor kurzem in Dienst ge­
stelltes Typschiff ebenfalls auf der G e rm a n ia -W e rft gebaut wurde. Die
Hauptdaten der D e u t s c h l a n d sind:
Länge zwischen den P erp e n d ik e ln
121*5 m
Größte B reite
22*2 v
T iefg a n g
7 , 65 m
Der Gürtelpanzer, im Bereich der vitalen Teile des Schiffes an­
geordnet, hat mittschiffs eine Dicke von 225 m m , an den Enden des
Schiffes eine solche von 100 mm. Das Panzerdeck reicht vom Heck bis
zum Bug und ist an den Seiten bis zur Unterkante des Gürtelpanzers
herabgezogen. Außerdem ist eine gepanzerte Zitadelle, sowie eine ge­
panzerte, m it einem Panzerdeck versehene Batteriedeckkasematte vor­
handen. Zwei gepanzerte Kommandotürme, von 300 und 140 m m Dicke,
dienen zum Schutze der Kommando-Elemente.
Die Bestückung besteht aus:
4 28 cm-Geschützen hinter 280 mm Panzerschutz,
10 17 n
n
v
dem Kasemattpanzer,
4 17 n
ri
in Einzelkasematten,
22 8 ’ 8 cm»
4 3 , 7 ti -Maschinenkanonen in den Marsen und
4 8 ram-M aschinengewehren,
6 Unterwasser-Torpedo-Lancierrohren.
Das neue Schiff erhält drei mit dreifacher Expansion arbeitende
Hauptmaschinen, die 16.000 Pferdekräfte indizieren und dem Schiffe eine
Fahrgeschwindigkeit von 18 Knoten geben sollen. Den Dampf liefern
6 Zylinder- und 8 W asserrohrkessel, System S c h u lz - T h o r n y c r o f t.
Der normale Kohlenvorrat beträgt 700 t, kann aber durch Füllung
der Reservebunker auf 1600 t erhöht werden. Die Doppelbodenzellen
fassen 200 t Teeröl, das ebenfalls zur Feuerung verwendet werden kann.
Das Schiff soll als Flaggenschiff dienen und wird entsprechende
W ohnräum e für den aus 35 See-Offizieren bestehenden Stab, für 35 DeckOffiziere, 16 Fähnriche und 650 Mann Besatzung erhalten.
Fremde Kriegs-Marinen.
England.
Unter den Flaggen-Offizieren treten demnächst folgende Dienst­
wechsel ein. Im Kommando der Mittelmeer-Flotte löst Vize-Admiral Lord
174
Charles B e r e s f o r d den gegenwärtig Kommandierenden, Admiral Sir
Compton E. D o m v ile ab; ferner werden daselbst die Divisionskomman­
danten Vize-Admiral Reginald, N. C u s ta n c e und die Kontre-Admiräle
Sir Baldwin W. W a lk e r und William Des. Y. H a m i l t o n durch die
K ontre-Adm iräle H. T. G r e n f e l l , Hon. Hedworth L a m b to n , bezw.
Sir Richard P o o r e , Bart, ersetzt. Das Kommando der Kanal-Eskadre
übernimmt Kontre-Admiral William M ay, zu dessen Nachfolger als Kon­
trollor der Flotte Captain B r a d w a r d i n e - J a c k s o n ernannt wurde.
Bei dem kürzlich erfolgten Preisscheibenschießen mit den 15 cmKanonen in der Kanal-Eskadre wurden bemerkenswerte Resultate er­
zielt. Die hierbei verwendete Scheibe hatte die gewöhnliche Form
9 ‘ 1 X 6 ' I m im Geviert; das Feuern auf dieselbe währte zwei Minuten,
begann bei 1828 m Distanz und endete auf 2377 m. Im ganzen wurden
227 Schuß abgegeben, wovon 149 Treffer erzielten. Die mittlere Anzahl
Schüsse pro Minute und Geschütz betrug 9-45, jene der Treffer 6*2.
Des Flaggenschiff C a e s a r ergab das beste Schießresultat. A r i a d n e , gegen­
wärtig Flaggenschiff auf der nordamerikanischen Station, hielt bisher
den Rekord mit 17 Treffern unter 19 Schüssen. Eines der Geschütze
des C a e s a r hatte ein annäherndes Ergebnis, 18 Treffer unter 21 Schüssen,
wovon in der ersten Minute 11 Schüsse mit ebensovielen Treffern, dann
10 Schüsse mit 7 Treffern erzielt w urden; weitere ausgezeichnete Resultate
wurden auf demselben Schiffe gewonnen, indem 11 Schüsse 9 Treffer und
9 Schüsse die gleiche Anzahl Treffer ergaben.
Auf dem Schlachtschiff P r i n c e G e o r g e wurden, gelegentlich des
Umbaues auf der Werfte in P o r t s m o u t h , die 7*6 cm vom Hauptdeck
auf das Oberdeck verlegt, vier davon in den Ecken stehend. Durch diese
Verlegung glaubt man Torpedobootsangriffen besser begegnen zu können,
weshalb eine solche Verlegung dieser Kanonen gelegentlich auch auf
allen übrigen Schiffe der MAJESTic-Klasse vorgenommen werden soll. Auf
P r i n c e G e o r g e wurden auch die 4 - 7 cm-Kanonen von den Marsen aus­
gehoben und je zwei achter, bezw. vorne auf die Brücken installiert.
Die Probefahrten des P r i n c e G e o r g e werden in der ersten Dezember­
woche vorgenommen, worauf er den J u p i t e r in der Kanal-Eskadre ablöst.
Die Artillerie-Erprobung des Schlachtschiffes K i n g E d w a r d VII. fand
kürzlich im Kanal statt. Bei der Beschießung der 23 •6 cm-Geschütze
wurde das Achterdeck des Schlachtschiffes K i n g E d w a r d VII. um 12*6 c m
eingedrückt. Die Probefahrten begannen am 7. November mit einer
24stündigen Vorprobefahrt. Am 16. folgte eine 30stündige mit */B Ma­
schinenkraft, worauf am 18. November eine gleich lange mit 4/ s Ma­
schinenkraft sich anschloß.
175
D as A ü flassen der ß am m e als Offensivwaffe wird ernstlich er­
w ogen, nachdem b ei den großen F ah rgesch w in d ig k eiten der m odernen
Schiffe dieselbe als nutzlos an geseh en wird. D ie neuen Panzerkreuzer
der MiNOTAUR-Klasse bekom m en keine ß am m e. A uch die neuesten franzö­
sisch en Kreuzer besitzen keine solch e m ehr.
Panzerkreuzer B l a c k P r i n c e , dessen Kiel am 23. April 1903 gelegt
wurde, ist das erste englische Schiff, das völlig klar zur Indienststellung
auf der Bauwerfte fertiggestellt wird. Der Stapellauf fand bei einem Ab­
laufgewicht von 6500 i am 7. November bei den „Thames Ironw orks“
statt. Das Schiff ist 153*9 m über alles, bezw. 146’3 m zwischen den
Perpendikeln lang, 22*36 m breit und deplaciert bei 8*07 m Tauchung
vorne und 8*37 m Tiefgang achter 13.550 t. Es besitzt einen durch­
gängigen Gürtelpanzer, dessen größte Stärke mittschiffs 152 mm beträgt
und die auf 101 m m , bezw. 76 m m auf den Enden vorne, bezw. achter
abnimmt. Die Zitadelle oder Batterie, mittschiffs gelegen, ist rechtwinklig
und wird durch 152 m m starke Panzerplatten geschützt, hinter welchen
zehn 15 cm-Geschütze aufgestellt werden, von denen acht Breitseitgeschütze
sind, während die beiden achteren breitseits, nach achter und vorne
feuern können. Diese Geschütze sind von einander durch 51 mm starke
Splitterschutzwände getrennt. Auf dem Oberdeck sind fünf 23 cm-Ge­
schütz e in Barbetten von 151, bezw. 76 mm Stärke aufgestellt; ein
sechstes solches Geschütz steht auf dem Vorkastell. Das vorderste und
achterste dieser Geschütze stehen in der Kiellinie und verfügen über
einen Feuersektor von 310°, die übrigen stehen in den Schiffseiten in
der Nähe der Zitadellenden und vermögen über 180° zu schießen. Die
Sehutzdecks sind mit 28 4 * 7 cm-Schnellfeuerkanonen arm iert; außerdem
sind als Landungsgeschütze zwei 7 • 6 cm und zwei Maxim-Kanonen an
Bord vorhanden. Die Batterie besitzt ein Stahlschutzdeck von 25 mm
Stärke, das sich nach vorne auf das Hauptdeck erstreckt. Außerdem ist
noch das gewölbte Panzerdeck von 19 m m Stärke in der Höhe der
Wasserlinie vorhanden, das über die ganze Schiffslänge reicht. Der
stählerne Kommandoturm ist 253 mm dick. Das Panzergewicht des Schiffes
beträgt ohne dem Panzerdeck 1600 t. Eine Neueinführung bei diesem
Schiffe ist der Einbau der Geschoßkammern in die Passage, hart an
dem Munitionsaufzuge, wodurch die Herbeischaffung der Projektile be­
schleunigt wird. Die 15 cm-Geschoßaufzüge haben elektrischen, die für
die 23 cm hydraulischen Antrieb. Die Arm ierung vervollständigen drei
45 cm-Lancierrohre, die alle unter W asser, u. zw. je eines auf jeder
Breitseite, eines achter eingebaut sind. Der Vorsteven hat ßam m form
und ist verstärkt durch das Panzerdeck, das senkrecht gegen die ßam m e
aufsteigt und mit dieser verbunden ist. Der Doppelboden ist für Auf­
176
nähme von Heizöl eingerichtet, und mit den für diesen Zweck erforder­
lichen Pumpen, Bohren, F iltern etc. versehen. Die Luftversorgung des
Schiffes geschieht mittels elektrisch betriebenen Ventilatoren; zur Be­
leuchtung an Bord dienen 1400 Glühlichter. Gesteuert wird B l a c k P r i n c e
mit einem Balanceruder, das durch Steuermaschinen von Messrs. „Bow
and M c L achland“ betätigt wird. Zwei Spille, eines vorne durch Dampf,
und eines achter elektrisch betrieben, dienen für die Handhabung der
fünf Anker, wovon drei nach W a s t e n e y s S m i t h ’s stocklosen Typ ver­
fertigt sind. Das Schiff bekommt 4 Kamine, 2 Masten ohne Gefechts­
marsen, 6 Projektoren und 13 Boote, einschließlich 2 Dampfbooten.
Die Maschinen für B l a c k P r i n c e , die 23.000 e indizieren werden, be­
finden sich zur Zeit noch in Bau.
Kreuzer 1. Kl. T e r r i b l e ergab während seiner F ahrt nach Ostasien
und zurück, sehr bemerkenswerte Dampfleistungen, aus denen mit Rück­
sicht darauf, daß das Schiff B e lle v ille -K e s s e l besitzt, einige Zahlen
von hohem Interesse sind, insbesonders, wenn man sie mit jenen aus
seiner ähnlichen Ausreise vor zwei Jahren vergleicht. Tatsächlich wurde
heuer weniger Kohle für die F ahrt nach W e i - h a i - w e i und zurück be­
nötigt als nur für die Heimreise im Jahre 1902. Überdies war das
Schiff heuer vor seiner Ausreise länger im W asser und tiefer geladen
als vor zwei Jahren und kam noch um 0 ’3 m tiefer zurück, was zur
Erzielung der gleichen Geschwindigkeit eine größere Maschinen­
kraft erforderte. Vor zwei Jahren durchfurchte das Schiff auf seiner
Heimreise 11.045 Seemeilen mit 11-8 Knoten im Mittel und verbrauchte
hiebei 7006 t Kohle. Heuer durchmaß es auf der Hin- und Rückreise
21.741 Seemeilen mit 12*6 Knoten Geschwindigkeit und benötigte hiefür
nur 6435 t Kohle. Bei der F ah rt im Jahre 1902 dürfte das Schiff längere
Zeiten in Häfen zugebracht haben, doch selbst, wenn alle verbrannte
Kohle während der F ahrten in Anschlag gebracht wird, so stellt sich
der Verbrauch im Jahre 1902 auf 11.163 t für eine einzelne Fahrt,
gegen 10.092 t heuer für die doppelte F ahrt. Die Hauptsache liegt je ­
doch im ausgewiesenen Kohlenverbrauch pro ind. e und Stunde, der im
Jah r 1902 1*3 kg gegen 0*8 kg heuer betrug.
Vier Kreuzer 3. Kl. haben ihre Probefahrten beendet und da einer
derselben P a r s o n s Turbinenantrieb besitzt, ist Gelegenheit vorhanden,
einen Schluß durch Vergleich mit den übrigen Schiffen auf die Ökonomie
dieses Antriebsystem s zu ziehen. Die erzielten Resultate sind von der
größten W ichtigkeit, denn sie zeigen, daß die Turbine weniger Dampf
und infolgedessen weniger Heizmaterial für eine bestimmte Dampfleistung
erfordert als Kolbenmaschinen und dabei wichtige taktische und schiff­
bautechnische Vorteile in sich schließt. Die vier erwähnten Schiffe sind
177
T o p a z e und D i a m o n d , von L a ir d in B ir k e n h e a d
erbaut und an der
C ly d e erprobt, S a p p h i r e von P a lm e r s hergestellt und an der Nordost­
küste erprobt, sämtliche mit Kolbenmaschinen versehen und A m e t h y s t ,
der auf A r m s t r o n g s W erfte in E ls w ic k erbaut wurde und P a r s o n s
Dampfturbinen besitzt. Es steht nur noch der Versuch der Kohlen­
ökonomie bei voller M aschinenkraft aus. Bei 20 Knoten F ah rt brauchte
das Turbinenschiff 3 0 % weniger Kohle und Dampf als die übrigen Schiffe.
Bei 18 Knoten betrug die Ersparnis an 2 0 $ , bei 16 Knoten etwa 1 0 $
und bei 14 Knoten stellte sich dieser Verbrauch annähernd gleich. Bei
noch geringeren Fahrgeschwindigkeiten kamen die Kolbenmaschinen in
Vorteil, doch darf nicht außer acht gelassen w erden, daß auf allen
Kriegsschiffen zahlreiche Hülfsmaschinen bestehen, die Dampfverschwender
sind und nicht einmal den ganzen Dampf verbrauchen, von dem bei
langsamerem M aschinengang etwa 1/ i in die Kondensatoren bei verhält­
nism äßig hohem Druck zurückströmt. Vor zwei Jahren wurde bestimmt,
daß dieser Exhaustdam pf in den Niederdruckzylindern der Haupt­
maschinen ausgenützt werde. Dieses System wurde bei den oben­
genannten drei Schiffen mit Kolbenmaschinen angewendet und es unter­
liegt keinem Zweifel, daß, wenn das Gleiche auch bei A m e t h y s t in A n­
wendung käme, die Turbinen auch bei den kleinsten Kraftleistungen
ebenso ökonomisch arbeiten würden, als die Kolbenmasehinen. Die vier
Kreuzer deplacieren 3 0 0 0 1 und sollen bei 9000 ind. e eine F ahrge­
schwindigkeit von 218/ 4 Knoten aufweisen. Das beste mit Kolben­
maschinen erzielte Resultat war bei S a p p h i r e , der 22*24 Knoten lief;
T o p a z e vollführte 22 *1 Knoten und A m e t h y s t , das Turbinenschiff, lief mit
derselben Kesselleistung 23*63 Knoten. Dieser Gewinn wird noch be­
langreicher, wenn erwogen wird, daß die Luftpressung in den Kessel­
räumen nur 43 m m gegen 51 und 63 m m bei den übrigen Schiffen
betrug. Auch wiegt die Turbo-M aschinenanlage weniger als Kolben­
maschinen gleicher Leistungsfähigkeit. Es wurden mit den einzelnen
Schiffen auch 24 und 3 0 ständige Dauerfahrten unternom m en, die be­
m erkenswerte Ergebnisse brachten. Obgleich es bei Dampfturbinen un­
möglich ist, in der üblichen A rt die M aschinenleistung zu bezeichnen,
muß doch als bestimmt angenommen werden, daß das m it Turbinen
versehene Schiff, vorausgesetzt, daß es gleiche Form en und W asser­
verdrängung wie die übrigen Schiffe besitzt, bei jeder Probefahrt die­
selbe Kraft erfordert, um die gleiche Geschwindigkeit zu erzielen. Es
ist daher richtig, den W asser- oder Dampfverbrauch und den Kohlen­
verbrauch pro Krafteinheit und Stunde anzugeben. Bei 10 Knoten F ah rt
schien das Turbinenschiff eher m ehr als 2*25 hg Dampf pro ind. e und
Stunde und bei 14 Knoten etwa 0 ' 4b leg zu verbrauchen, doch wie schon
erwähnt, vermag dieser scheinbare Verlust an Ökonomie durch Verwen-
178
dung des Exhaustdampfes aus den Hiilfsmaschinen aufgehoben zu werden.
Bei 1 8 Knoten erforderten die Turbinen an 1 - 3 5 hg und bei 2 0 Knoten
sogar nur 2 * 3 6 leg Dampf weniger als die Kolbenmaschine. Bei noch
höherer Fahrgeschw indigkeit war die Ökonomie größer, zwischen 3 * 1 5
bis 3 '6 leg oder über 3 0 ^ . W as den Kohlenverbrauch anbelangt, war
derselbe auf A m e t h y s t bei 1 0 Knoten höher, bei 1 4 Knoten etwa gleich.
Bei 1 8 Knoten stellte er sieh um 0 2 2 5 hg oder 20% , bei 2 0 Knoten
um 0 * 3 6 hg oder 3 0 ^ und bei voller M aschinenkraft um 0 * 4 5 hg oder
volle £0% geringer als bei den Kolbenmaschinen. In Tabellenform
stellen sich die Resultate folgenderweise:
Kohlenverbraucb
W asserverbrauch
pro in d . e und Stunde in kg pro in d . e und Stunde in kg
Turbomaschine
Kolbenmasehine
Turbomaschine
Kolbenmaschine
Bei 10 Knoten Fahrt
n 14
n
n
v 18
n
n
n 22
n
n
n 22
n
n
n
23' 63 i)
n
Der Einfluß dieser Ökonomie auf den Aktionsradius ist sehr be­
deutend; so kann beispielsweise das Turbinenschiff mit seinen 750 1
Kohle an Bord 3160 Meilen mit 20 Knoten durchdampfen, während die
mit Kolbenmaschinen versehenen Schiffe mit der gleichen M aschinen­
kraft nur 2140 Meilen zurücklegen können.
Torpedo-Aviso (Scout)
w ick ins W asser gelassen.
A
t t e n t iv e
wurde am 22. November in E ls-
Die größeren Schiffbaufirmen, die sich mit Herstellung von Tor­
pedobootszerstörern befassen, erhielten den Auftrag, Vorschläge für den
Bau von 33—34 K noten-Fahrzeugen einzubringen. Es ist dies eine
höhere Geschwindigkeit, als bisher je für solche Fahrzeuge verlangt
wurde. Sie wird gefordert, da der russisch-japanische Krieg gezeigt hat,
daß hohe Fahrgeschwindigkeit der wichtigste Faktor für Torpedofahr­
zeuge ist. Bezüglich des Motors werden keine Bedingungen gestellt und
kann derselbe sowohl in Kolbenmaschinen oder auch in Dampfturbinen
bestehen. Die Admiralität wünscht ferner, daß diese Fahrzeuge einen
m öglichst großen Aktionsradius bei m äßiger F ahrt ausweisen. Die ein­
zigen Torpedobootszerstörer, die bisher 33 Knoten liefen, waren V i p e r
und C o b r a , die aus vom Turbinenantrieb unabhängigen Gründen verloren
gingen.
179
Drei der neuen Unterseeboote sollten kürzlich von D o v e r aus den
Ärmelkanal durchqueren, mußten aber schlechten W etters wegen wieder
zurückkehren.
Ein von jüngeren See-Offizieren des T h a m e s bemanntes U ntersee­
boot durchquerte kürzlich die Strecke S p i t e h e a d - Co w e s , etwa
12 Meilen in außergewöhnlich kurzer Zeit. Diese F ah rt ist bem erkens­
wert wegen der Strömungen und Sandbänke im S o l e n t , welche Navi­
gationsbeschwernisse anstandslos überwunden wurden. Die Anmeldungen
Freiwilliger für den Unterseebootsdienst mehren sich derart, daß stets
mehr als notwendig vorhanden sind.
Unterseeboot B1, das anfangs November von der V ic k e rs -W e rfte
ablief, wurde außerhalb des B a r r o w -Hafens mehrfachen Erprobungen
unterzogen. Das Boot gehört einem neuen Typ an und ist länger und
im Umfang größer als die H-Klasse; auch besitzt es m annigfache Ver­
besserungen, namentlich in den für das Unter- und Auftauchen be­
stimmten Vorrichtungen. W ährend der Erprobung verblieb es drei
Stunden unter W asser, wobei die Fahrgeschwindigkeit unter W asser
und die Manövrierfähigkeit des Bootes geprüft wurde, die sich als sehr
befriedigend herausstellten. Die Erprobung ergab durchaus günstige Re­
sultate, es dürfte demnach bald an den Bau der übrigen JB- Boote
geschritten werden, mit deren Herstellung bis zur Beendigung und E r­
probung des ersten Probebootes gewartet wurde.
D ie ApoLLo-Klasse dürfte bald aus
w erden, B r i l l i a n t , ein V ertreter derselben,
der F lottenliste gestrich en
wurde bereits kondem niert.
D iese Schiffe liefen 1890 18 K noten, nunm ehr vollführen sie kaum m ehr
15, und da auch ihre A rtillerie, zw ei 15 cm-, sech s 12 cm -K anonen, u n ­
gen ü gen d ist, wurde ihre A u ssch eid u n g aus der F lottenliste b esch lossen .
F erner sollen die AuRORA-Klasse, die 5 Schiffe der MEDEA-Klasse und
w ahrsch einlich alle Schiffe der PALLAs-Klasse unter die H afenschiffe e in ­
gereih t w erden, g leich w ie unter den Schlachtschiffen der T r a f a l g a r und
S a n s PAREiL-Typ, bis er vom R o y a l SovEREiGN-Typ abgelöst w erden kann.
Sobald die R eorganisation des Flottenm aterials beendet ist, w erden sich
die Panzerkreuzer aus der D r a k e - , O r e s s y - , D e v o n s h i r e - und OouNTY-Klasse
zusam m ensetzen, w ährend als n ieh tgesch ü tzte Kreuzer die P o w e r f u l - ,
D i a d e m - und GEM-Klasse verbleiben. D er E n c o u n t e r - , M i n e r v a - und E d g a r Typ w ird noch eine zeitlang w eiterbehalten, doch vorn eh m lich für Schul­
zw ecke verw endet w erden. V on S ch lach tsch iffen soll die A d m i r a l s - , die
C o lo s s u s -
und die CoNQUEROR-Klasse au sgeschied en w erden.
Schlachtschiff R e v e n g e unternahm im Verein mit Sloop B a s i l i s k
wiederholt Versuche zur Kohlenüberschiffung in See nach dem System
180
M e tc a lfe . Der erste Versuch dauerte eine Stunde, während welcher Zeit,
bei 8 Knoten F ahrt und unter Vornahme von Kurswechsel, 33 t Kohle
übernommen wurden. Ein zweiter Versuch fand am 10. November im
Kanal bei hohem Seegange statt, wobei B a s i l i s k derart stampfte, daß die
Klüsenrohre unter W asser kamen. Die Bollbewegungen betrugen 15° nach
einer und 5° nach der anderen Seite, während die Schiffe mit 10 Knoten
fuhren. Dennoch vermochte man binnen 2h 16m 100 t Kohle zu über­
schiffen; später mußte der Versuch wegen Reißens einer Schlepptrosse
abgebrochen werden. W ährend des Kohlenübersehiffens wendeten die
Schiffe häufig, um die Einrichtungen bei allen Seeverhältnissen zu er­
proben; die Kohlensäcke tauchten in der ganzen Zeit nur zweimal ins
W asser; abgesehen davon, daß 2 Bremsbänder rissen, funktionierte der
Apparat anstandslos.
Die den Artillerie-Schulschiffen in den heimischen Häfen zugeteilteu
seegehenden Beischiffe werden durch modernere Schiffe ersetzt. I m m o r ­
t a l i t y , U n d a u n t e d und N a r c i s s u s ,
die seit 1885 diesen Dienst versehen
und zeitweise als Beischiffe des W i l d f i r e in S h e e r n e s s , des C a m b r i d g e
in D e v o n p o r t und des E x c e l l e n t in P o r t s m o u t h in Verwendung
standen, werden von E n d y m i o n , T h e s e u s und G r a f t o n abgelöst. Diese drei
Schwestersehiffe des H a w k e , der an Stelle des N o r t h a m p t o n kam, werden
mit den anderen Schulschiffen eine homogone, gut arm ierte Eskadre ab­
geben, die im Erfordernisfalle dem Feinde auch in See entgegentreten
kann. Auch im Personal der Reserve sollen wichtige Reformen in Be­
ratung stehen. In Zukunft wird jedes Schiff auf der Mobilisierungsliste
eine vollwertige Gefechtseinheit sein, weshalb beabsichtigt wird, jedem
derselben mindestens ein Viertel der vollen Bem annung an Mannschaft
an Bord zu geben, gleichgültig ob das Schiff im Dock, auf der W erfte
oder aber an einer Boje vertäut sei. Es sei hiebei in Erinnerung ge­
bracht, daß der reduzierte Bemannungsstand für die Schiffe, wie es von
Lord S e lb o r n e festgesetzt w ar, wegen Mangel an Mannschaft bisher
nicht vollkommen eingehalten werden konnte. Nunm ehr soll ein Komitee
für Reorganisierungsarbeiten bei der Küstenwache beauftragt werden,
die besten Methoden zu ersinnen, eine große Anzahl von kriegstaug­
lichen Matrosen, die bisher in Diensten zu Lande Verwendung fanden,
abzulösen, um sie als Bemannungen für die Schiffe der ^.-Division der
Flottenreserve zu verwenden. Damit würden dann auch die Schwierig­
keiten, die bei Indienststellungen neuer Schiffe wegen Mannschafts­
mangel auftreten, zum größten Teil behoben sein.
Zu einer Übung wurde eine Dampfbarkasse und ein Riemenboot
vom Torpedoschulschiffe V e r n o n ausgesandt, um Minen im P o r c h e s t e r O re e k zu lichten. Die Boote schleppten beide Enden einer Leine, um
181
die ausgelegten Minen zu fischen. Hiebei explodierte eine Mine und
schlug in die Seiten beider Fahrzeuge große Breschen, wobei ein
Matrose und ein Heizer ihr Leben einbüßten und zwei weitere Mann
schwer verwundet wurden. Nach einer anderen Version sollen die Boote
Ladungen zum Sprengen der Minen gelegt haben und diese in zu großer
Nähe der Boote zur Explosion gekommen sein. Die Ursache des U n­
falles scheint darin zu liegen, daß die Ladung zum Sprengen der Minen
verlegt wurde und die Boote später näher an sie herankam en, als für
die Übung supponiert war. Es heißt auch, daß die Schleppleine, an
welcher die Explosivladung befestigt war, sich in die Schraube der
Dampfbarke verfing und beim Rotieren derselben aufgewunden wurde,
worauf, als die Ladung unter das Heck des Fahrzeuges kam, die E x­
plosion eintrat. Es ist als Glück zu betrachten, daß der Unfall mit einem
verhältnismäßig geringen Verlust an Menschenleben ablief. Es währte
an 20 Minuten, bis die zur Hilfe herbeieilenden Boote an die Unfallstelle
herankamen, und als die im W asser befindlichen Leute aufgelesen wurden,
waren die m eisten durch den langen Aufenthalt in dem stark erhitzten
W asser gänzlich erschöpft.
Ein neues Lecktuch, ersonnen von „Jam es Speeding and Co.u in
S u n d e r l a n d , wurde kürzlich im See-Arsenal zu P o r t s m o u t h erprobt. Es
ist aus zwei Lagen Segelleinwand gefertigt, die durch horizontal laufende,
galvanisierte, eiserne Hohlbänder in 38 cm Abständen überquert sind.
Die Enden dieser Bänder sind am Lecktuch mit Kupfernieten, die Mitte
derselben mittels Rebschnur verbunden, so daß 35 cm Spielraum vor­
handen ist. Ist das Tuch an Ort und Stelle, so preßt der W asserdruck
das Tuch nach innen, wodurch gleichzeitig die Bänder gezwungen
werden, soweit nach auswärts zu springen, bis der Raum zwischen der
Mitte der Bänder und dem Tuche 38 cm beträgt, wonach ein weiteres
Biegen und Bauchen durch die Rebschnüre verhindert wird. Das Leck­
tuch wurde auf dem Kreuzer 1. Kl. C u m b e r l a n d versucht, und dabei fest­
gestellt, daß es bei geringem Gewicht leicht zu handhaben und rasch aus­
zubringen sei. Weitere Versuche werden auf einem indienstgestellten
Schiffe vorgenommen.
Mr. Albert V ic k e r s sprach sich kürzlich für den Bau von Schlacht­
schiffen mit etwa einem Dutzend 3 0 '5 cm-Geschützen aus, die durch
starken Panzer geschützt werden und volle 20 Knoten laufen sollen. Die
Kosten eines solchen Schiffes fallen bei dem Umstande, als in England
billiger als sonstwo gebaut werden kann (die Tonne kostet in England
68 £ , in Frankreich 92 £ und in Italien 80 £ ) kaum ins Gewicht. Auch
kam er auf den Einfluß der Verbesserungen im Torpedo wesen zu sprechen
und auf die Distanz, in welcher in naher Zeit Seegefechte ausgetragen
182
werden dürften, wobei er beklagte, daß viele englische Schiffe noch mit 15 cm
bestückt sind und daß erst neuester Zeit von diesem Kaliber abgegangen
wurde, nachdem vorher schon die Chilenen im jetzigen englischen
T e it j m p h und S w i f t s u b e die 15 c m - als Nebengeschütze abgeschafft hatten.
Frankreich.
Budgetberichterstatter M. Charles B os schlägt den Bau von 9 großen
und 6 kleineren Panzerkreuzern vor. Die neuen Schiffe sollen die Eigen­
schaften der Schlachtschiffe und Panzerkreuzer in sich vereinigen uud
einen schwächeren Panzer als die ersteren bekommen. Ihre Geschwindig­
keit soll 23— 24 Knoten betragen und ihre Artillerie aus 24 cm-Geschützen bestehen, wobei die mittlere Artillerie entfällt. Großes Gewicht
soll bei ihrem Bau auf vollkommene Homogenität gelegt werden, damit
ihre Geschütze und das Ausrüstungsmaterial untereinander ausgewechselt
werden können. F erner soll der Bau kleinerer Fahrzeuge, besonders von
Torpedobootszerstörern und Unterseebooten, gefördert werden. Torpedo­
bootszerstörer werden als die einzigen tauglichen Fahrzeuge im Ober­
wasser-Torpedokriege angesehen, zu welcher Anschauung man in E ng­
land viel früher kam.
Torpedo-Aviso
gestrichen.
D
ague
wurde aus dem ersten Teil der Flotten'liste
Die nach S a ig o n gesandten Torpedoboote ändern ihre Bezeichnung.
Nr. 245 wird 10 S, 246 wird 1 1 S, 247 wird 12 S, 248 wird 13 S, 249
wird 14 S und 254 wird 15 S benannt. Die nach M a d a g a s k a r be­
stimmten Boote werden mit „M “ bezeichnet, u. zw. erhält Torpedoboot
Nr. 261 die Bezeichnung I M , Nr. 262 wird 2 M , 271 wird S M , 272
wird 4 M , 287 wird 5 M und 290 wird 6 M .
Die 45 cm-Fischtorpedos mit 150 kg Druck im Luftreservoir werden
für die Arm ierung aller Kategorien neuer Schiffe eingeführt. Diese Tor­
pedos bekommen die Schlachtschiffe von P a t b i e an, die Kreuzer vom
J u l e s - F ü b e y an, die Torpedobootszerstörer angefangen vom C a b q u o i s , die
Torpedoboote von Nr. 318 an und die Unterseeboote von Q 47 an. Die
Einführung dieses neuen Torpedotyps erfordert Abänderungen in den
bestehenden Installierungen für die Bedienung, bei den Ladeeinrichtungen
des Beservoirs und der Lanciervorrichtung, weshalb bereits die not­
wendigen Weisungen, soweit sie die bei Privatetablissements in Bau be­
findlichen Schiffe betreffen, ergingen. F ür die in den See-Arsenalen in
Herstellung begriffenen Schiffe, deren Luftkompressoren bereits abgeliefert
wurden, wird es notwendig, stärkere Druckluftkästen einzuführen und zu
183
dem Kompressor einen weiteren Kompressor anzufügen, da die zum
Laden der Reservoire notwendige verdichtete Luft in Hinkunft 180 hg
Druck pro cm2 aufweisen muß.
T em p e r l e y -A pparate für die Kohlenüberschiffung in See sollen
künftighin nicht mehr auf den Schiffen installiert werden, doch behalten
jene Schiffe, die solche Apparate bereits besitzen, dieselbe weiter. Im
allgemeinen genügen die an Bord befindlichen Krane und Motoren, um
das Überschiffen von Kohle in See bewerkstelligen zu können.
Deutschland.
Das Schulschiff
bisherige Hafenschiff
M
D
a r ie
wurde aus der Flottenliste gestrichen; das
erhielt den Namen J u p i t e r .
eutsch land
Italien.
Dem Parlam ente sollen neue Bauvorschläge für Schiffe eingebracht
werden, welche eine erhebliche Verm ehrung des Flottenmaterials herbei­
führen. Das Marinebudget pro 1905 soll um 10 Millionen Lire erhöht
und 50 Millionen zum Bau von 3 Panzerkreuzern und 30 Torpedoboots­
zerstörern verwendet werden.
Die vier im Bau befindlichen Tauchboote A , B , G und D erhielten
die Namen S q u a l o , N a r v a l o , O t a r i a und T r i c h e c o .
Der aktive M annschaftsstand der Marine betrug am 31. Dezember
1903 21.324 Köpfe (11.070 Mann wurden im laufenden Jahre assentiert).
Außerdem befanden sich 25.431 Mann in der ersten Reservekategorie
und 8905 in der zweiten, was zusammen 55.660 Mann ergibt, etwa
5000 Mann weniger als im Vorjahr.
M a rc o n i wechselte von P o ld h u , der C o rn w a llis-S ta tio n aus,
mit dem italienischen M arine-Minister in A n c o n a drahtlose Depeschen,
auf eine Distanz von etwa 1000 Meilen. Die A n c o n a -S ta tio n war ur­
sprünglich nicht für Depeschierung auf weite Distanzen ausersehen. Die
Linie zwischen diesen beiden Stationsorten geht nahezu ganz über Land.
Die elektrischen W ellen hatten ganz Frankreich, einen beträchtlichen
Teil von Italien zu durchlaufen und auf ihrem W ege einige der höchsten
Alpengipfel zu überwinden.
Rußland.
Panzerschiff P j o t r V e l i k i j , das bereits 30 Jahre alt ist, kommt auf
der Baltischen W erfte zum Umbau. Sein äußeres Aussehen wird voll­
kommen verändert, der BTeibord vorne bedeutend erhöht.
184
Torpedoboot Nr. 141 erhielt auf der Iz o ra -W e rfte Y a rro w W asserrohrkessel, wie solche auch Torpedoboot Nr. 138 bekommt.
Letztere erhalten auch die Torpedoboote N r. 103, 119 und 120. Der
Bau der neuen Torpedobootszerstörer wird eifrigst fortgesetzt, überdies
wurden 21 solche Fahrzeuge neu zum Bau angeordnet. In P e t e r s b u r g
wird eine große Modellwerfte für Neubauten eingerichtet, wofür
2,500.000 Kr. verausgabt werden.
Vereinigte Staaten.
Der M arinebudget-Voranschlag für das Verwaltungsjahr 1905/06
weist eine Ausgabe von 114,530.638 Dollars aus, um 17,372.448 Dollars
mehr als im Vorjahr. Hievon entfallen 30,410.833 Dollars auf Schiffs­
und Maschinenbauten und 14,000.000 Dollars auf Panzerungen und A r­
mierungen.
Schlachtschiff N e w J e b s e y der GEOBGiA-Klasse ist am 10. November
von der Werfte der „Fore Fiver Shipbuilding Co.11 in Q u in c y , Mass.
abgelaufen. Diese Klasse deplaciert 15.000 t und erhält eine F a h r­
geschwindigkeit von 19 Knoten. Als Artillerie führen diese Schiffe vier
3 0 '5 cm -Geschütze; acht 20 cm-, zwölf 15 cm-, zwölf 7*6 cm-, zwölf
4*7 cm- und acht 3*7 cm-Schnellfeuerkanonen, zwei Maschinenkanonen
und sechs automatische C olt-K anonen; auch bekommen sie UnterwasserTorpedo-Lancierapparate.
Beim Stapellauf des Schlachtschiffes N e b e a s c a am 7. Oktober erhielt
der Ablaufweg eine gleichm äßige Neigung von 0-072 Zoll pro F uß. Die
Neigung des Schiffes betrug 5/ 8 eines Zolles pro Fuß und sein Ablauf­
gewicht 6719 t. Zur Schm ierung wurde Stearin, Talg und Walölseife
verwendet. Die Begistrier-Instrum ente zeigten die folgenden A ngaben:
Zeitdauer von der Inbewegungsetzung des Schiffes bis zum Erreichen
der größten GeseÄwindigkeit 23 sec; größte Geschwindigkeit 12 Knoten
pro Stunde; zurückgelegte Distanz bis zum Erreichen der größten Ge­
schwindigkeit 68 • 27 m ; Koeffizient der Initialreibung 0 *46; Distanz bis
zum Pivotpunkt 102*1 m. Der Druck auf die Stapelklötze betrug
26.074 hg pro m 2.
Die neuen Scouts C h e s t e e , S a l e m und B i e m i n g h a m bekommen die
folgenden Hauptabm essungen: 129*2 m Länge zwischen den P erpen­
dikeln, 14*22 m Breite, 5*5 m Tiefgang und 4310 t Deplacement. Bei
der Probefahrt haben sie bei 5*12 m Tauchung 3750 t zu deplacieren.
An A rm ierung bekommen sie zwölf 7*6 cm-Kanonen und zwei 5*7 cmUnterw asser-Lancierrohre und werden Munition für 3600 Schuß sowie
185
acht Torpedos mit sich führen. Der Maschinenraum wird durch ein 37 m m
starkes geneigtes und ein 51 m m starkes aufrecht stehendes Stahldeck,
ferner durch 25 m m starke Nickelstahl-Querwände geschützt. Der Steuer­
apparat, soweit über dem Oberdeck befindlich, wird ebenfalls durch 51 mm
starken Panzer an den Seiten und durch 25 mm starken auf dem Decke
beschirmt. Der Bemannungsstand der neuen Scouts wurde mit 11 Offi­
zieren, 5 Deckoffizieren und 368 Mann festgesetzt.
Die Kohlendampfer E r i e und O n t a r i o bekommen die folgenden A b­
messungen : 142 m Länge über alles, 137 *15 m zwischen den P erpen­
dikeln, 18*29 m Breite und 7*9 m Tiefgang. Bei 5500 t Kohlenladung
werden die Schiffe 12.500 t deplacieren, doch werden sie bis 7000 t
Kohle an Bord mitführen können. Die Zwillingsmaschinen werden von
sechs W asserrohrkesseln für 7500 ind. e betrieben und den Schiffen
16 Knoten Fahrgeschw indigkeit verleihen. An Armierung bekommen
sie vier 7*6 c m -K anonen, an Bemannung 213 Mann und 19 Offiziere.
Literatur.
Waffenlehre. Herausgegeben von Anton K o rz e n , k. u. k. ArtillerieOberingenieur, Lehrer an der Kriegsschule und Rudolf K ü h n , k. u. k.
Artillerie-Ingenieur, Lehrer an der Kriegsschule. Buchdruckerei W. H a m ­
b u r g e r . Wien, VI/2, Mollardgasse Nr. 41. 1904.
Dieses W erk soll einen Studien- und Nachsehlagebehelf bilden,
welcher das gesamte Waffenwesen tunlichst erschöpfend und doch in
möglichster Kürze behandelt. Es gliedert sich in einen a llg e m e in e n
T e il mit 6 Heften: 1. Schießwesen, 2. Geschützrohre und deren Ver­
schlüsse, 3. Lafettierung der Geschützrohre, 4. M unition der Feuerwaffen, 5. R ieht- und Beobachtungsmittel, 6. K rieg sfuhr werke; und in
einen s p e z ie lle n T e il mit 8 Heften: 7. Handfeuerwaffen, 8. M aschinengewehre, 9. Gebirgsgeschütze, 10. Feldkanonen, 11. Feldhaubitzen,
12. Scluvere Geschütze des Feldheeres, 13. Belagerungs- und Verteidi­
gungsgeschütze, 14. K üsten- und Schiffsgeschütze. Diese Ausgabeweise
verfolgt den Zweck, daß jeder A bschnitt für sich gesondert in einem
Hefte behandelt ist, und daß somit allen bedeutsamen F ortschritten jeder
einzelnen Materie durch eine rasche Neu-Auflage des betreffenden Heftes
stets Rechnung getragen werden kann. Der Text beschreibt die in den
europäischen Großmächten eingeführten Waffen und gibt die W irkungs­
daten der einzelnen Systeme sowie ihre Leistungsfähigkeit an Hand vor­
züglicher bildlicher Darstellungen an.
M itteilungen aus dem G ebiete des Seew esens 1905. N r. 2.
13
186
Bisher sind 3 Hefte erschienen, u. zw.: 1. Schießwesen, 7. H a n d ­
feuerwaffen und 9. Gcbirgsgeschütze. Es genüge an dieser Stelle der
Hinweis, daß die als Lehrer an der Kriegsschule tätigen Verfasser ein
vorzügliches Spezialwerk geschaffen haben, das jedem Offizier ein nütz­
licher, unentbehrlicher Behelf sein wird.
Der deutsche Segelsport. Herausgegeben von Marinemaler Willy
S t ö w e r. Unter Mitwirkung von Redakteur G. B e litz , Regierungsrat
Dr. R ie s s und Schiffbau-Ingenieur de A h n a . Mit 128 Textbildern,
15 Aquarelldrucken nach Originalen des Herausgebers, einem Takelungs­
plane und einer Flaggentafel. Leipzig. Verlag von F. A. B r o c k h a u s .
1905. 315 Textseiten, Quartformat. In Prachtband gebunden 25 Mk.
Mit dem raschen Heranwachsen der deutschen Flotte ist auch der
deutsche Segelsport zu großer Entwicklung gelangt, und steht dermalen
auf solcher Höhe, daß er im friedlichen W ettstreit mit England und
Amerika auf achtunggebietende Erfolge blicken kann. Die deutschen
Segelklubs zählen 30.000 Mitglieder, und zu den jährlichen Segelregatten
strömen Hunderttausende nach K iel, B e r l i n und H a m b u r g . An der
Spitze des deutschen Jachtwesens steht der deutsche Kaiser, begeistert
und unermüdlich dem Segelsport sich hingebend. Das vorliegende
Prachtw erk ist wahrhaft geeignet, diesem schönen Sport zahlreiche neue
Freunde zu gewinnen. Marinemaler Willy S tö w e r hat für dasselbe 15
meisterhafte Aquarelle geschaffen, deren Reproduktion in künstlerischer
Vollendung gelang. In unerreichter Weise verstand es der dem Segel­
sport ebenfalls eifrig huldigende Künstler, die verschiedenen Stimmungen
und Lichteffekte in seinen Bildern festzuhalten. In der Darstellung der
See mit ihren in Nord- und Ostsee so grundverschiedenen und wech­
selvollen Effekten zeigt sich S tö w e r als vollendeter M eister; jeder
einzelne der 15 Aquarelldrucke ist ein Kunstwerk ersten Ranges. Die
120 Textbilder veranschaulichen den Segelsport in trefflicher Weise.
Der Text gliedert sich in die Abschnitte: „Zur Geschichte des Segel­
sports“ ; „Jachttypen“ ; „Anschaffung und Indiensthaltung von Jachten“ ;
„Entwurf von Jachten“ ; „Bau von Jachten“ ; „Einrichtung von Jachten“ ;
„W ettsegeln“ ; „Aus den Tagen der Kieler W oche“ ; „Jachtreisen“ (Atlantic-Reise des M e t e o r ) ; „Das Motorboot“ ; „Das deutsche Klub wesen“ ;
„Das Ende der Segelsaison“. — Das, Kaiser W ilh e lm II. gewidmete, mit
einem vorzüglichen P orträt des deutschen Kaisers in Farbendruck (eben­
falls von S tö w e r) als Titelbild versehene und sehr elegant ausgestattete
Prachtw erk wird in allen Marine- und Sportkreisen, wie im großen
Publikum, insbesondere in Deutschland und Österreich-Ungarn, eine
freundliche Aufnahme finden.
187
Breusings Steuerm annskunst. Im Verein mit Dr. 0. F u l s t und
Dr. H. M e ld a u neu bearbeitet und herausgegeben von Dr. 0. S c h i l li n g ,
Direktor der Seefahrtschule in Bremen. Siebente Auflage. Leipzig, Verlag
von M. H e in s i u s Nachfolger. 1904. Preis geh. 12 Mk.
B r e u s i n g s vorzügliches Navigations-Handbuch wurde in diesen
Blättern in seinen früheren Auflagen wiederholt besprochen. Der mit
271 Figuren und 1 Diagramm-Tafel ausgestattete, klar geschriebene Text
ist in folgende Kapitel geschieden: 1. A rithm etik; 2. Ebene Geometrie
oder P lanim etrie; 3. Räumliche Geometrie oder Stereom etrie; 4. Ebene
Trigonom etrie; 5. Sphärische Trigonometrie; 6. Geographische Steuer­
m annskunst; 7. Astronomische Vorkenntnisse; 8. Astronomische Steuer­
m annskunst; 9. Der Kompaß an Bord eiserner Schiffe; 10. Nautische
Instrumente. — Die Neuauflage der „Steuerm annskunst“ weist gegen ihre
Vorgänger außer einzelnen Verbesserungen nur in dem Kapitel „Der
Kompaß an Bord eiserner Schiffe“ erhebliche Änderungen und Zu­
sätze auf.
Feld-Handbnch für Truppen-Offiziere. Von Hermann Ho e r n e s ,
Hauptmann im k. u. k. Infanterie-Regimente Erzherzog R a i n e r Nr. 59.
Linz 1904. Druck und Verlag der k. u. k. Hof-Buchdruekerei und Verlags­
anstalt Jos. F e i c h t i n g e r s Erben. Preis direkt bezogen unter der Adresse:
„Verlag des Feld-Handbuches für Truppen-Offiziere von H., Linz a. D .“
2 K .; im Buchhandel 2 -5 0 K .
Dieses Nachschlagebuch für Truppen-Offiziere bringt in schlagwort­
artiger Form eine Zusammenstellung der im Truppendienste häufigst
gebräuchlichen organischen Daten, Auszüge des taktischen Teiles des
Exerzierreglements für die Fußtruppen, Kavallerie und Artillerie, soweit
sie für das Zusammenwirken der drei Waffen erforderlich sind, des Feld­
dienstes, Notizen aus dem technischen U nterricht, der Train- und Verpflegsvorschrift, Schießinstruktion u. s. w. Das in Taschenformat gehaltene
Büchlein wird jedem Truppen-Offizier ein wertvoller Ratgeber und Be­
helf sein.
Les Turbines ä vapenr. P ar G. H a r t, Ingenieur-civil. Paris. Grand
in 8° (25 X 16) de 139 pages, avec 53 figures et 1 planche. 1904. Lihrairie
G a u t h i e r - V i l l a r s , Quai des G rands-Augustins, 55. Paris (6e). P rix 4frs.
Entsprechend der rasch zunehmenden Bedeutung der Dampfturbine
nimmt die Literatur über diese neuesten Betriebsmaschinen in allen
Sprachen und Ländern zu. Das vorliegende Buch bringt im ersten Teile
allgemeine Betrachtungen, Beschreibung und Klassifikation, sowie die
Theorie der Dampfturbinen. Der zweite Teil beschreibt die wichtigsten
188
Typen derselben, ihre Installierungsarten und Erfolge, u. zw. P a r s o n s
Turbinen, die T u r b i n i a , die Versuche in der englischen Marine, die Tur­
binen von De L a v a l, E a te a u , die Spiralscheibenturbine De L av a l,
O u rtis , R ie d le r - S tu m p f, Z o e lly , L in d w a r k , W e s tin g h o u s e ,
V e ic h e lt und S c h u lz . Das Buch des H errn H a r t zeichnet sich durch
klare Schreibweise und deutliche schematische Skizzen im Text aus.
Die beigegebene Tafel enthält 24 photographische Abbildungen der ge­
bräuchlichsten Dampfturbinen.
Observations oeeanographiques et meteorologiques dans la region
dn courant de Guinee (1855—1900). Veröffentlichung des „Itoninklijh
Nederlandsch Meteorologisch In stitu u ts, No. 95. 1904. De B ilt bei
U tre c h t.
Diese Publikation bildet eine verbesserte und erweiterte NeuAuflage des im Jahre 1895 von dem königl. niederländischen Meteoro­
logischen Institute herausgegebenen W erkes „De Guinea-en Equatoriaal
stroomen“, in welcher das Hauptgewicht auf die meteorologischen Ta­
bellen gelegt ist. Dem W erke sind 8 Tafeln in Großfolio angeschlossen,
welche die Strömungs- und W indverhältnisse, die W asser- und Luft­
temperatur, den barometrischen Luftdruck und die Regenmengen an der
afrikanischen W estküste vom Ivap B la n c o und Kap 3 P o in t s bis zum
40.° W. L., und vom Äquator bis zum 25.° N. Br. graphisch veran­
schaulichen.
The sea-going battleship, B y Commander William H o v g a a rd ,
B oyal D anish N avy.
Bei der am 17. und 18. November v. J. in N e w -Y o rk abge­
haltenen Generalversammlung der „Society o f N aval Architects and
M arine-E ngineers“ hielt der dänische Kommandeur, H err W. H o v g a a rd ,
einen Vortrag, betitelt: „D as H o c h s e e - S c h l a c h t s c h i f f “. Aus dem
uns vorliegenden Abdruck dieses Vortrages entnehm en wir die nach­
stehenden Hauptangaben dieses Schiffes:
D eplacem ent
17.000 t
Größte L änge
140*2 m
v
B re ite
24*38 m
Größter Tiefgang
7*4 m
F ahrgeschw indigkeit
18 Knoten
Heizmaterial-Vorrat (Kohle und Teeröl), äquivalent 2000 t Kohle.
Der Panzerschutz besteht in den Seiten aus 3 Lagen, u. zw .: dem
W asserlinien-Gürtel, in der Mitte 254 mm, an den Schiffsenden 101m m
stark; oberhalb desselben steht der mittlere Seitenpanzer von 203 mm,
189
und darüber der obere Seitenpanzer 152 m m stark. Der mittlere Seiten­
panzer reicht vom Bug bis fast nach achter; die oberste Panzerlage läßt
beide Enden frei und ist vorne und achter durch eine 152 mm starke
Panzer-Querwand abgeschlossen. Die Artillerie besteht aus vier 30-5 cmGeschützen paarweise in zwei 305 mm starken Panzerkasematten vorne
und achter in der Mittellinie des Schiffes installiert, zwölf 23 cm-Ge­
schützen, paarweise in 6 Kasematten, je 3 pro Schiffsseite aufgestellt,
endlich aus einer entsprechenden Anzahl 7 ’5 c m -Schnellfeuerkanonen.
Das Schiff führt 3 Kamine und 2 niedere Gefechtsmasten.
Zeitschriften-Index.1)
Artillerie, Bewaffnung, Sprengtechnik und Panzerwesen. A r m y a n d
N a v y Jou rn al. (New-York.) Nr. 2152. Instruction of naval ordnance officers. S. 290.
— l ii v is ta m a rittim a . November. D i un „coefficiente di m erito“ per i proietti. S. 233.
— S cien tific A m erica n . S u pplem en t. Nr. 1505, 1506. Recoil. S. 24.112, 24.130.
Astronomie, Nautik, Navigation. A n n a le n der H yd ro g ra p h ie u n d der
m aritim en M eteorologie. Nr. 11. Berechnung von Länge und Standlinien, unabhängig
vom Chronometer. S. 497. Die Beobachtung der Kimmtiefe. S. 514. Bemerkungen zu
dem Aufsatz des Herrn Navigationslehrer Reuter. S. 518. — Zee. Nr. 12. Azimuth
zonder hoogte. (Forts.) S. 599.
E lektrizität und Magnetismus. Kompaß wesen. M a r in e -H u n d sc h a u .
Dezember. Weiteres zur Kompaßbehandlung. S. 1386. — R e v ista general de m arina.
(Madrid.) November. Experiencas de telegrafia sin hillos. S. 663.
Expeditionen, Reiseberichte, Geographisches. D eutsche R u n dsch au .
Nr. 3. Pernambuco. S. 100.
Handels-Marine. R evu e des d e u x m ondes. 1. Nov. Les inscrits maritimes et
les greves recentes. S. 158. — S cien tific A m erican . S u pplem en t. Nr. 1507, 1508. De­
velopments in means of communication by sea during the nineteenth century. S. 24.146,
24.158.
Hydrographie und Ozeanographie. Häfen und Kanäle. A n n a len der
H yd ro g ra p h ie u n d der m a ritim en M eteorologie. Nr. 11. Eigentümliche Gezeiten­
verhältnisse an der niederländischen Küste. S. 522. — E ngin eer. Nr. 2550. The inter­
national engineering congress at St. Louis. — Harbours and works on the sea coast.
S. 467. — Z eitsc h rift des österreichischen In g en ieu r- u n d A rch itek ten -V erein es.
Nr. 46. Der Hafen von Triest. S. 629.
Jachtwesen. W a ssersp o rt. Nr. 45, 46, 47, 48, 49. Rudern und Skullen. (Forts.)
S. 667, 676, 688, 704, 716. Nr. 46. Britische Schonerjacht C i c e l y . S. 682. Nr. 49.
K l e i n - P o l l y . S. 722. — Y acht. Nr. 1391, 1393. Le yachting en Russie. S. 725, 763.
Nr. 1391. Le yacht ä moteur auxiliaire S y b a r i t e . S.727. Nr. 1392. La goelette auxiliaire
de 53 tx A r a i c a n . S. 741. Nr. 1394. Le 20 tonneaux M a l g r e - t o ü t . S. 774. Le sea bird
americain N a i a b . S. 779. Nr. 1395. Le steam-yacht franfais M e r l i n . S. 796.
1) Alle in diesem Index angeführten Zeitschriften liegen in der k. u. k. MarineBibliothek auf.
190
Kriegs-Marine: Organisation, Verwaltung, Stapelläufe, Probefahrten,
Schiffsbeschreibungen, Allgemeines. (Torpedofahrzeuge siehe Torpedowesen.)
A rm e eb la tt. Nr. 47. Die Erziehung der japanischen Seekadetten. S. 3. — A rm y and
N a v y Jou rn al. (New-York.) Nr. 2150. Our naval engineer problem. S. 241. Nr. 2151.
Launch of the N e w J e r s e y . S. 258. Annual reports. S. 266. Nr. 2153. Keport of rear
admiral C o n v e r s e . S. 317. — B o letin del cen tro naval. (Buenos-Aires.) Dezember.
Necesidad de un programa naval. S. 428. — B u lle tin o f f d e l. Nr. 25. Decret deter­
m inant l ’uniforme d’officiers de divers corps de la marine. S. 976. — E n g in eer.
Nr. 2549. H. M. S. K i n g E d w a r d VII. S. 439. The Japanese cruisers N i s s i i i n and
K a s u g a . S. 451. Nr. 2550. H. M. armoured cruiser B l a c k P r i n c e . S. 470. The steam
trials of modern warships. S. 473. Nr. 2552. The French Marine. S. 524. H. M. S.
T e e r i b l e . S. 524. The battleship D e u t s c h l a n d . S. 525. — E n g in eerin g . Nr. 2027.
Steam trials of H. M. S. D o m i n i o n . S. 607. Nr. 2028. The function and design of
cruisers. S. 651. Nr. 2029. A voyage w ith B elleville boilers. S. 686. — M a rin eb la d .
Nr. 5. M arinebegrooting voor het dienstjaar 1905. S. 477. — M a rin e fran gaise.
Nr. 158. La discipline necessaire et la crise des arsenaux. S. 321. — M o n ite u r de la
flotte. Nr. 44, 45, 46, 47, 48, 49. La marine au parlement. S. 3, 3, 3, 5, 3, 3. Nr. 47.
Le rapport sur le budget de la marine. S. 3. — R e v ista general de m arin a. (Madrid.)
November. Expansion del poder naval brasileno. S. 561. — R e v ista m a ritim a b ra zileira .
September. O preparo do novo pessoal de una marinha moderna. S. 473. — S d e n tific
A m erican . Bd. 91, Nr. 20. The trial trip of the armored cruiser C o l o r a d o . S. 336.
— Scientific A m erican . S u pplem en t. Nr. 1504. F ast Turkish protected cruiser A b d u l
H a m i d . S. 24.093. — U n ited Service G azette. Nr. 3751. Beorganisation of the British
naval forces. S. 973. — U n ited Service M ag a zin e. November. A thirty years of naval
progress. S. 105. — Y acht. Nr. 1391. Le recrutement des officiers de vaisseau. S. 721.
Nr. 1392. Le cuirasse anglais K i n g E d w a r d V II. S. 744. Nr. 1393. Le projet de loi
sur les officiers mecaniciens. S. 753. Nr. 1394. Les croiseurs-estafettes dans la marine
russe. S. 772. Nr. 1395. Le rapport de M. Ch. Bos sur le budget de la marine. S. 785.
Marinegeschichte. M a rin e-R u n d sch a u ;. November. Der Ausbruch der russi­
schen Flotte aus Port Arthur am 10. August. S. 1205. — Yacht. Nr. 1392. La bataille
navale du 1 0 aoüt et les avaries du C e s a r e v i t c h . S. 746.
Maschinenwesen. (Maschinenprobefahrten siehe Kriegs-Marine.) E n ­
gineer. Nr. 2550. Steam turbines. S. 474. Nr. 2551. Marine engine models at South
Kensigton. S. 491. — E n gin eerin g. Nr. 2029. The economy of steam-turbines in
cruisers. S. 689. Nr. 2030. The future of the steam turbine. S. 719. — R evu e m aritim e.
September. Moteurs ä gaz et ä petrole. S. 125. — R iv is ta m a rittim a . November. La
grossezza delle pale d’elica. S. 239. — Schiffbau. Nr. 3, 4. Der S chulz-W asserrohr­
kessel. (Forts.) S. 113, 149. — U n ited S ervice G a zette. Nr. 3750. Turbines in the
navy. S. 951.
Schiffbau-, Schiffsaus- und Zurüstung. (Schiffsbeschreibungen siehe
Kriegs-Marine.) A r m y a n d N a v y J o u rn a l. (New-York.) Nr. 2153. Naval architects
and engineers. S. 318. — E n gin eer. Nr. 2549. Shipbuilding in Germany. S. 449. The
dynamics of a ship launch. S. 449. Nr. 2551. Liverpool docks improvements. S. 492.
— E n g in ee rin g . Nr. 2027. The conditions of warship trials. S. 615. — M a r in e -R u n d schau. Dezember. Unterwasserpanzer. S. 1369. — N eue m ilitärische B lä tte r . Nr. 20.
Der Schlachtschiffbau bei den Hauptseemächten. S. 541. — Schiffbau. Nr. 3. Entwurf
eines flachgehenden Zwei-Turbinenschrauben-Bootes. (Schluß.) S. 109. Nr. 4. Quer­
festigkeit von Schiffen. S. 153. — Scien tific A m erican . S u pplem en t. Nr. 1506. A com­
parison of late designs of battleships and cruisers. S. 24.131. Nr. 1508. Interesting
repair work on the steamship E k l i p t i k a . S. 24.157. — Z e itsc h rift des V ereines
191
deutscher In gen ieure. Nr. 46. Die hydraulische Krananlage auf dem Dampfer B a r des Norddeutschen Lloyds. S. 1729.
Schiffsunfälle und R ettungsw esen. Bergungen. H an sa. Nr. 47. Schiffs­
unfälle an der deutschen Küste (1 8 9 2 — 1902). S. 563. — M o n ite u r de la flotte. Nr. 48.
Statistique des naufrages. S. 3. — S cien tific A m erican . Su pplem en t. Nr. 1508. Naval
b a ro ssa
salvage boats. S. 2 4.1 5 9.
Seerecht und Schiffahrtsgesetze. A rm y a n d N a v y G azette. (London.)
Nr. 2339. Contraband and neutrality. S. 1116. — M o n ite u r de la flotte. Nr. 44.
L’incident de Hull. Les elements de l’enquete. S. 3. Nr. 46. Les droits des neutres.
S. 3. — N in e tee n th Century. November. The rights and duties of neutrals. S. 697.
— R evu e de d r o it in te rn a tio n a l. Nr. 5. La guerre russo-japonaise et le droit inter­
national. S. 461. — R iv is ta m a rittim a . November. L’istituto di diritto internazionale.
S. 221.
Seetaktik, Seekrieg, Seemanöver, Strategie zur See, K üstenvertei­
digung und Kriegshäfen. D a n ze rs A rm ee-Z eitu n g. Nr. 45. Der Kriegshafen Port­
land. S. 3. — In te rn a tio n a le R evu e ü b er die gesam ten A rm een u n d F lo tte n . Bei­
heft 56. Die Küstenverteidigung an der Ostsee. S. 1 — 43. — L e g a n avale. Nr. 21.
La conquista commerciale dell’ Adriatico. S. 479. Nr. 22. Le odierne condizioni dell’
Adriatico. S. 529. — M a rin e fran gaise. Nr. 158. La maitrise de la mer. S. 327. Drang
nach Osten; L’ile de Thasos et la politique allemand dans le Levant. S. 332. —
M a rin e-R u n dsch au . November. Ein Brief des Generals v. Stosch aus dem Jahre 1877
und seine Stellung in der Entwicklungsgeschichte moderner Seetaktik. S. 1187. De­
zember. Die Aufgabe der nach den ostasiatischen Gewässern entsandten russischen Ost­
see-Flotte. S. 1311. Die englischen Landungsmanöver an der Küste von Essex im Sep­
tember 1904. S. 1331. — N eu e m ilitärisch e B lä tte r. Nr. 22, 23. Die strategische
Bedeutung von Ägypten und dem Roten Meere. (Forts.) S. 571, 581. — R e vista
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