Kurbelwelle - Thailand Special

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Kurbelwelle - Thailand Special
www.dreiradreise.de
Technik
Motor – Reparatur & Revision
Kurbelwelle mit Pleuel
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Kurbelwelle mit Pleuel (Lagern und Wellendichtringen)
Bilder rechts: Nach langer Lagerung
oft anzutreffen, Rostschäden
Die Kurbelwelle, eine der preisintensivsten und kritischsten Baugruppe des Ape 216/218 ccm³ Motors.
Fahrleistungen von mehreren 100.000 km mit einer KW sind möglich. Oft wird sie jedoch bei nicht betriebsüblichen
Bedingungen früher in Mitleidenschaft gezogen. Die nachfolgende Tabelle zeigt mögliche Ursachen.
Nr.
Bauteil und Defekt
Lokalisation
Ursache
Revision
20
Kurbelwelle.
Kurbelwangen verdreht
Höhenspiel messen, 3/100mm
sollen an den Achsenden nicht
überschritten werden.
Folgeschaden abrupter Blockade
durch Getriebedefekt (auch
Kupplung), Pleuellagerdefekt
(gefressen), temporäre
Lüfterradblockade (Fremdkörper),
Kolbenklemmer.
20,
11,
26
Kurbelwelle.
Gewinde an Achsen defekt
augenscheinliche Überprüfung
Fehler nach unsachgemäßer
Reparatur (falsches Muttergewinde, lässt sich meist instandsetzen
verkantet, angeschlagen)
20,
18,
22
Fehler nach unsachgemäßer
Kurbelwelle, Aussparung für
Reparatur
augenscheinliche Überprüfung
Halbmondkeil.
lässt sich meist instandsetzen
(Polrad oder Kupplungskorb auf
Ausgeschlagen. (kupplungssonst Kurbelwelle ersetzen
Folgeschaden nach abrupter
Kurbelwellenachse verdreht)
oder lüfterradseitig)
Blockade (Getriebeschaden,
Kolbenklemmer, Lüfterradblockade)
20,
13,
23
Kurbelwelle, Auflagefläche
der Simmerringe.
(Wellendichtringe)
Beschädigt
Gleitfläche auf Kurbelwelle
augenscheinlich überprüfen ob
rostig, rau oder eingelaufen
Seitenspiel messen =
Feststellung Verschleißgrenze
(s. Datentabelle), Höhenspiel =
defekt
29,
30,
31
Pleuel, unteres Lager.
Hubzapfen verschlissen
Fehler nach unsachgemäßer
Reparatur (verkratzt, Riefen, Grat)
Beschädigung durch Rost nach
langer Standzeit ohne Benützung
augenscheinlich (Lupe) auf
Rostspuren prüfen, wenn mit
Seitenwangen Rostspuren dann
meist auch Lager betroffen
Gleitfläche für Wellendichtringe
auf Kurbelwelle läppen (nicht
Lageraufnahme!) oder
Kurbelwelle ersetzen
Verschleiß durch Laufleistung
selten.
Motorbetrieb mit Gemisch anstelle
Getrenntschmierung
auf Leichgängigkeit und glatten
Beschädigung durch Rost nach
Lauf (absolut leichtgängig, glatt,
langer Standzeit ohne Benützung
ruckfrei) prüfen
Auf Anlauffarben überprüfen
(Anlauffarben vorhanden =
Überhitzung = defekt)
Kurbelwelle instandsetzen
(richten) oder ersetzen
Selten Fehler in Zweitaktölführung
neuer Pleuelsatz inkl. Lager /
Hubzapfen oder Kurbelwelle
komplett ersetzen.
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Motor – Reparatur & Revision
augenscheinliche Überprüfung
(Anlauffarben, Rostfraß)
Kurbelwelle mit Pleuel
Fehler nach unsachgemäßer
Reparatur (Lager mit falscher
Feinabmessung eingesetzt)
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Lager mit korrektem Maß
(Kategorie / Übermaß)
einsetzen, bei Beschädigung
Pleuel oder komplette
Kurbelwelle ersetzen
19,
31,
2
Pleuel, oberes Lager
verschlissen, defekt, Spiel
19
Pleuel oberes Lager
unsachgemäß
messen, akustische Kontrolle,
erhöhte Laufgeräusche während Fehler nach unsachgemäßer
Reparatur (Lager mit falscher
des Betriebes (zu kleines
Lager), Anlauffarben (zu großes Feinabmessung eingesetzt)
Lager)
durch passendes Lager
ersetzen, bei Beschädigung
(Anlauffarben) Pleuel oder
Kurbelwelle komplett ersetzen.
Pleuelstange.
Krumm / verbogen
Fehler nach unsachgemäßer
Reparatur (schwergängiger
messen (auch augenscheinliche
Kolbenbolzen bei Kolbenmontage /
Überprüfung ) Spiel, Parallelität
Demontage ohne Abstützung
zu Kurbelwangen
ausgetrieben / herausgeschlagen
bzw. eingebaut)
Pleuel oder Kurbelwelle
komplett ersetzen.
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Beschädigung durch Rost nach
auf Leichtgängigkeit und glatten langer Standzeit ohne Benützung
Lauf (absolut leichtgängig, glatt,
ruckfrei) prüfen
selten Verschleiß aufgrund hoher
Laufleistung (ovales Pleuelauge)
Kurbelwellenlager
Nicht nur im Internetauktionshaus trifft man oft auf nachfolgende oder eine ähnliche Beschreibung „lief bis zum
Ausbau tadellos“. Stimmt vermutlich, jedoch über die Hälfte aller so erworbenen Ape-Motore wiesen Rostschäden
im Bereich des Hubzapfens auf. Sieht die Kurbelwelle ähnlich wie auf dem Bild auf der ersten Seite oben rechts
aus, ist der Hubzapfen fast immer entsprechend der Abbildung darunter beschädigt, meist auch das zugehörige
Nadellager. Spuren unsachgemäßer Lagerung eines (teilzerlegten) Motors.
Wird ein Motor mit solcher Beschädigung wieder in Betrieb genommen geht es meist einige 100km gut bis das
Lager hörbar zu klappern beginnt oder festfrisst.
Die Demontage von Zylinder und Ansaugstutzen ist kein übermäßiger Aufwand, die dann mögliche Sicht auf die
Kurbelwelle zeigt ob sich Feuchtigkeit in die Lager geschlichen hat.
Beschädigungen
Die häufigsten weiteren Ursachen für Kurbelwellenschäden
sind:
•
Verdrehte Kurbelwangen nach Motorblockade
•
Defektes überhitztes unteres Pleuellager nach Betrieb
des Motors mit Gemisch- anstelle von
Getrenntschmierung
•
Verbogenes Pleuel nach unsachgemäßem
Kolbenbolzen Aus- oder/und Einbau
Bild oben. Getrenntschmierungsverweigerer,
Fragmente von Lager, Pleuelauge, Hubzapfen.
Ob die Kurbelwelle krumm oder die Kurbelwangen verdreht sind lässt sich nach
Demontage des Lüfterrades auch im eingebauten Zustand messen, ebenfalls das Spiel
der Hauptlager. In der Liste nicht aufgeführt sind Krumme Kurbelwellenachsen aufgrund
fahrlässiger Beschädigung (Hammerschläge,.. ) von stümperhaften Demontageversuchen.
Eine krumme oder angebrochene Achse aufgrund eines Motorschadens ist mir bisher nicht
bekannt.
Ohne die Kurbelwelle zu spalten, sie auseinander zu pressen, bleibt die Sicht auf das
Innenleben des unteren Pleuellagers nahezu verwehrt. Überhitzungsschäden lassen sich
jedoch auch recht praxisnah an vorhanden Anlauffarben außen, und durch die schmalen
Auskerbungen am unteren Pleuelauge erkennen.
Bild links Messuhr. Läuft die Kurbelwelle noch rund? Viele mechanische Werkstätten,
Drehereien, ... bieten eine solche Messmöglichkeit alternativ zur über 100.- teuren
Ausgabe einer eigenen Anschaffung
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Kurbelwelle mit Pleuel
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Lager
Die Kurbelwellenlager sind kräftig dimensioniert. Messung und mikroskopische Kontrolle an Lagern von Motoren
mit teilweise über 100.000 km zeigten stets tadellose Verschleißwerte. Der obligatorische Wechsel müsste in den
meisten Fällen sehr wahrscheinlich nicht sein. Ein Restrisiko, wenn man sie nicht ersetzt, bleibt. (nicht verschleißbedingte Beschädigung) Wie groß? (ich habe sie immer ersetzt). Das kupplungsseitige Kugellager Ausführung C5
gegen ein C4 mit geringerem Spiel zu tauschen (geeignete Ausführung bezüglich Käfig und Drehzahlfestigkeit
beachten) hat sich, soweit meine Erfahrung reicht, bei ordentlich gerichteter Kurbelwelle bewährt. Beide Lager gibt
es alternativ zum Originalersatzteil oft erheblich günstiger im Lagerhandel.
Durch ein defektes Kurbelwellenlager kommt es bei laufendem Motor zu Geräuschveränderungen, bevorzugt im
niederen Drehzahlbereich auch werden oft verstärkte Vibrationen im Bereich der Kurbelwellenresonanzdrehzahl
(ca. 800u/min) bemerkt. Da jedoch meist weitere Beschädigungen primär und sekundär vorliegen ist eine solche
Beurteilung subjektiv durchgeführt nur Hinweis geringer Relevanz.
Hinweis: Das vorgesehene Spiel des zündungsseitigen Wälzlager (auch neu) ist beim Druck gegen das Lüfterrad
spürbar.
Wellendichtringe
Die Wellendichtringe (Simmerringe) der Kurbelwelle sind in obiger Tabelle nicht aufgeführt, während des Betriebes
gehen diese selten kaputt (lebenslange Haltbarkeit). Wenn doch zeigt sich dies zündungsseitig durch
Zweitaktölaustritt am (Gebläse-) Verkleidungsteil unter dem Lüfterrad bzw. nach Demontage des Polrades und der
Zündgrundplatte direkt am Motorblock (dieser muss im Bereich des Simmerrings sauber und trocken sein). Der
Wellendichtring lässt sich nach Demontage der Zündgrundplatte wechseln ohne den Motor zu zerlegen. Von einen
im normalen Betrieb verschlissenen kupplungsseitigen Simmerring wurde mir bisher noch nicht berichtet, auch
keiner der 40 sezierten Motore zeigte hier übermäßigen Verschleiß. Im Zweifel ermöglicht eine Druckprüfung recht
zuverlässig den Zustand (die Dichtheit) der Wellendichtringe ohne voreiliges Motorzerlegen zu beurteilen.
Beim Zerlegen des Motors lässt es sich kaum vermeiden die (durch den Betrieb spröderen) Simmerringe erheblich
zu dehnen. Oft reibt beim Ausbau der Kurbelwelle die scharfe Kannte eines Halbmondkeils oder Gewindes
versehentlich über die Simmerringdichtfläche und beschädigt sie. Es ist deshalb geboten die Wellendichtringe bei
Reparaturen immer zu ersetzen. Sie werden beide speziell für Piaggio gefertigt, Standartversionen nach DIN 3760
(Stärke, Benzinbeständigkeit, Drehzahlfestigkeit) sind nicht geeignet. Sie sind meines Wissen nur als
Originalersatzteil erhältlich.
Pleuel
Piaggio bietet (Stand 2008) keine Pleuelreparatursätze mehr an. Jedoch gibt es solche von Maccucchelli mit der
Bezeichnung BCO209. (alternativ BCO210, dann muss der Hubzapfen noch gebohrt werden) Diese sind in
Deutschland schwierig zu bekommen. Der Worb5 Scooterparts, Andreas Wrobel repariert Kurbelwellen und hat
auch passende bzw. die genannten Pleuel im Angebot.
Tipp: Nicht wundern wenn dir das Teil 15, Sicherungsring, abhanden kommt, ab 1983 wurde es nur noch in der
Ersatzteilliste verbaut nicht jedoch im Motor.
Bauformen
Es gibt 4 Varianten der Kurbelwelle Die Explosionszeichnung zu Beginn
dieses Beitrages zeigt eine Ausführung ohne Getrenntschmierung. Bei den
Bildern rechts sind die Unterschiede im Ausschnitt zwei älterer Varianten
sowie einer aktuellen Kurbelwelle zu sehen.
1. a) alte Ausführung ohne Getrenntschmierung.
Dieses gab es auch noch mit
b) Pleuel für einen 16er anstelle des 18er Kolbenbolzens.
2. Erste Ausführung mit Getrenntschmierung (AFT1)
3. aktuell
Die Ausführung so auch Explosionszeichnungen der Modelle vor dem
Vespacar (MP, ..) unterscheiden sind teilweise von obigen Abbildungen
erheblich, jedoch mit etwas Fantasie ....
Überprüfen: Sind die Gewinde und Ausschnitte für die Halbmondkeile
polrad- & kupplungsseitig intakt? Wenn nicht können sie oftmals repariert
werden, beispielsweise beim Worb5 in Koblenz.