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Expedition Salonen Abo: Zeitinsel I – Expedition Salonen In unserem Haus hören Sie auf allen Plätzen gleich gut – leider auch Husten, Niesen und Handyklingeln. Ebenfalls aus Rücksicht auf die Künstler bitten wir Sie, von Bild- und Tonaufnahmen während der Vorstellung abzusehen. Wir danken für Ihr Verständnis! 2,50 E Esa-Pekka Salonen / Philharmonia Orchestra die expedition salonen beginnt Esa-Pekka Salonen ist seit dieser Saison neuer Exklusivkünstler am KONZERTHAUS DORTMUND und wird sich mit einem repräsentativen Querschnitt seines interpretatorischen und schöpferischen Œuvres in der Ruhrmetropole präsentieren. Die dreijährige Residenz unter der Überschrift »Expedition Salonen« sieht in den folgenden Spielzeiten die Präsentation weiterer multimedialer Inszenierungen vor, die Vernetzung mit der am Konzerthaus Dortmund bereits tätigen »Musikerfamilie« (u. a. »Junge Wilde«, Mahler Chamber Orchestra) sowie die Aufführung von neuen Werken Salonens, die der Komponist für den Dortmunder Konzertsaal schreibt. 4I 5 Robert Schumann Kreidezeichnung von E. Bendemann, 1859 Saisoneröffnung – Philharmonia Orchestra Dienstag, 14.09.2010 · 20.00 Esa-Pekka Salonen Dirigent · Antti Siirala Klavier Abo: Orchesterzyklus I – Meisterkonzerte Robert Schumann (1810 – 1856) Ouvertüre zu »Genoveva« op. 81 (1848) Konzert für Klavier und Orchester a-moll op. 54 (1845) Allegro affetuoso Intermezzo. Andantino grazioso Allegro vivace – Pause ca. 20.50 Uhr – Jean Sibelius (1865 – 1957) »Lemminkäinen«-Suite op. 22 (1896) Lemminkäinen und die Mädchen auf Saari Der Schwan von Tuonela Lemminkäinen in Tuonela Lemminkäinen zieht heimwärts – Ende ca. 22.10 Uhr – Einführung mit Prof. Dr. Michael Stegemann um 19.15 Uhr im Saal 6I7 Programm Philharmonia Orchestra Donnerstag, 16.09.2010 · 20.00 WDR Rundfunkchor Köln · David Marlow Einstudierung · Esa-Pekka Salonen Dirigent Abo: Orchesterzyklus II – Meisterkonzerte Maurice Ravel (1875 – 1937) Sergej Prokofiew (1891 – 1953) »Le Tombeau de Couperin« (»Das Grabmahl von Couperin«) (1919) Fassung für Orchester Prélude. Vif Forlane. Allegretto Menuet. Allegro moderato Rigaudon. Assez vif »Romeo und Julia«-Suiten Nr. 1 op. 64a, Nr. 2 op. 64b und Nr. 3 op. 101 – Auszüge (1936/1946) Die Montagues und die Capulets (aus: Suite Nr. 2) Das Mädchen Julia (aus: Suite Nr. 2) Menuett (aus: Suite Nr. 1) Maskentanz (aus: Suite Nr. 1) Romeo und Julia (aus: Suite Nr. 1) Morgentanz (aus: Suite Nr. 3) Romeo am Brunnen (aus: Suite Nr. 3) Der Tod Tybalts (aus: Suite Nr. 1) Aubade (aus: Suite Nr. 3) Romeo am Grabe Julias (aus: Suite Nr. 2) Julias Tod (aus: Suite Nr. 3) Claude Debussy (1862 – 1918) Trois Nocturnes für Orchester und Frauenchor (1899) Nuages. Modéré Fêtes. Animé et très rythmé Sirènes. Modérément animé – Pause ca. 20.55 Uhr – – Ende ca. 22.10 Uhr – Einführung mit Prof. Dr. Michael Stegemann um 19.15 Uhr im Komponistenfoyer Das Konzert wird von WDR 3 live übertragen. 86I7 I9 Programm Tristan und Isolde Freitag, 17.09.2010 · 17.00 Violeta Urmana Isolde · Gary Lehman Tristan · Anne Sofie von Otter Brangäne · Matthew Best König Marke · Jukka Rasilainen Kurwenal · Stephen Gadd Melot · Joshua Ellicott Hirte, Stimme eines jungen Seemanns · Darren Jeffery Steuermann · Sinfonischer Chor der Chorakademie am Konzerthaus Dortmund · Joachim Gerbens Einstudierung · Philharmonia Orchestra · Esa-Pekka Salonen Dirigent · Bill Viola Visual Artist · Peter Sellars Artistic Collaborator · Ben Zamora Lichtdesign Abo: Große Stimmen II Richard Wagner (1813 – 1883) »Tristan und Isolde« WWV 90 (1859) Handlung in drei Aufzügen (halbszenische Aufführung) Erster Aufzug – Pause ca. 18.20 Uhr – Zweiter Aufzug – Pause ca. 20.10 Uhr – Dritter Aufzug – Ende ca. 22.00 Uhr – Einführung mit Prof. Dr. Holger Noltze um 16.00 Uhr im Komponistenfoyer Koproduktion mit dem Philharmonia Orchestra und dem »Lucerne Festival« In Zusammenarbeit mit dem Southbank Centre London und der Symphony Hall Birmingham Das Video zu »Tristan und Isolde« wurde vom Bill Viola Studio in Zusammenarbeit mit der Opéra national de Paris, der Los Angeles Philharmonic Association, dem Lincoln Center for the Performing Arts, der James Cohan Gallery in New York und Haunch of Venison in London produziert. 10 I 11 Esa-Pekka Salonen 8I 9I 13 12 Saisoneröffnung – Philharmonia Orchestra Robert Schumann Konzert für Klavier und Orchester a-moll op. 54 Robert Schumann Ouvertüre zu »Genoveva« op. 81 Robert Schumanns Oper »Genoveva« ist ein Werk, das bei Musikliebhabern große Verehrung und zugleich deutliche Ablehnung hervorgerufen hat. Zu viel Text, zu viel Pathos, zu wenig Sanglichkeit, monierten die Kritiker, die wie immer auch Robert Schumanns Instrumentationskünste anzweifelten. »Genoveva« mag zwar eher eine psychologische Studie sein als eine bühnenwirksame Oper; dennoch ist das Stück mittlerweile für die Bühne entdeckt worden. Im Mittelpunkt steht Genoveva von Brabant, eine Figur, die ihr Vorbild im französischen Mittelalter hat. Ihre Geschichte zählte im 18. Jahrhundert zu den bekanntesten volkstümlichen Stoffen. Für seine Oper benutzte Robert Schumann Friedrich Hebbels 1843 veröffentlichte tragische »Genoveva«-Version, die er jedoch noch stark veränderte. Im April 1847 begann er in Dresden mit der Komposition; im August 1848 war das Werk abgeschlossen. Im Jahr 1850 ging es zum ersten Mal in Leipzig über die Bühne; am Pult stand Robert Schumann selbst. Die Oper erzählt von der treu sorgenden Ehefrau Genoveva, die ihren Ehemann Siegfried in den Krieg verabschiedet. Dessen Vertrauter Golo soll einstweilen auf die Alleingelassene Acht geben. Doch Golo ist in Genoveva verliebt. Als sie ihm aus Abschiedsschmerz ohnmächtig in die Arme fällt, stiehlt er sich einen Kuss von ihr. Die Amme Margaretha, vor Jahren wegen ihrer Hexenkunst von Siegfried verbannt, wird Zeugin dieser verbotenen Intimitäten und erkennt ihre Chance zur Rache an Siegfried. Golo gesteht den verbotenen Kuss – Genoveva weist ihn heftig zurück. Daraufhin schlägt seine Liebe in Hass um: Er dichtet ihr eine Liebesaffäre an, die Genoveva als zügelloses Weib brandmarkt und zur Folge hat, dass sie eingekerkert wird. Der heimgekehrte Siegfried befiehlt Genovevas Tod; Golo ist es, der sie hinrichten soll. Doch natürlich ist Rettung nicht fern, überraschenderweise kommt sie von der Hexe Margaretha. Um ihr Seelenheil zu sichern sorgt sie dafür, dass Genoveva ihrem Ehemann verzeiht: ein gewaltsam-positives Ende, das nicht Hebbels, sondern Schumanns Erfindung ist. Das Drama um die vermeintlich untreue Gattin kann man in der Ouvertüre im Kleinen miterleben. Das Vorbild Richard Wagner ist hier nicht zu überhören. Die Idee der Leitmotivik greift Schumann auf, entwickelt sie aber subtil weiter. Gleich zu Beginn, im dritten Takt der langsamen Einleitung, erklingt das dunkle Motiv, das Golo zugeordnet ist. Das so genannte »Bastard-Motiv«, eine Phrase der Solovioline, schließt sich an. Im Hauptteil, mit »Leidenschaftlich bewegt« überschrieben, entfalten sich die Motive weiter. Mittels eines prägnanten Hornsignals mischt sich Siegfried in den musikalischen Fluss ein. Genoveva bleibt musikalisch dagegen eher im Hintergrund – zart leuchtet ihr Motiv im Wechselspiel zwischen Violinen und Klarinetten auf. In schmetterndem Dur endet die »Genoveva«-Ouvertüre – genau wie die Oper. 14 I 15 Während Schumanns »Genoveva« nach ihrer Uraufführung – und bis heute – der Gegenstand von kritischem Argwohn blieb, stieg sein Klavierkonzert bald auf in den Olymp der unvergänglichen Repertoireklassiker. Dabei hatte der Komponist lediglich ein Ziel vor Augen, das er auch später bei seiner Oper verfolgte: Er wollte die Grenzen des Genres sprengen, etwas gänzlich Neues versuchen. Ein Virtuose am Klavier war Schumann nur in jungen Jahren. Die Überbeanspruchung seines Ringfingers – mit Hilfe abenteuerlicher, selbstgebauter Apparaturen – bezahlte der Komponist mit dem Verlust seiner pianistischen Fähigkeiten und seiner Karriere. Dem Klavier aber blieb Schumann treu. Zudem heiratete er mit Clara Wieck eine Frau, deren Leben als Konzertpianistin ebenfalls eng mit dem Klavier verknüpft war. Schumann lernte Clara bereits als neunjähriges Mädchen kennen, als er in Leipzig Jura studierte und ihr Klavierunterricht im Hause Wieck gab. Jahre dauerte der Kampf um ihre Ehe, die schließlich im Jahr 1849 geschlossen wurde. Mit seinem Klavierkonzert hat Robert Schumann seiner Frau gewissermaßen eine Liebeserklärung gemacht. Der Name Clara ist im Hauptmotiv des Werkes verborgen, das nur wenige Takte nach Beginn erklingt. Schumann wählte die italianisierte Form des Namens, Chiara, extrahierte alle Tonbuchstaben und formte sie zu seinem Motiv c, h, a, a. Die Notenfolge erscheint im Konzert auf immer neue Weise, in unterschiedlicher Klangfarbe, Phrasierung und Rhythmisierung. Ausgangspunkt des Konzertes war eine Fantasie für Klavier und Orchester. Sie entstand 1841, wurde aber weder gedruckt noch öffentlich aufgeführt. Schon von diesem Werk war Clara sehr angetan: »Das Klavier ist auf das Feinste mit dem Orchester verwebt – man kann sich das Eine nicht denken ohne das Andere.« Die Fantasie war eine erste Erprobung von Schumanns neuen Ideen: Sinfonisches, Virtuoses und kammermusikalische Passagen finden hier zu einer neuen Einheit zusammen. »Ich sehe, ich kann kein Konzert schreiben für den Virtuosen; ich muss auf etwas Anderes sinnen«, schrieb dazu der Komponist – und dachte über »ein Mittelding zwischen Sinfonie, Konzert und großer Sonate« nach. Seine Fantasie legte er zunächst beiseite, erst 1845 griff er sie wieder auf und komponierte zwei Sätze hinzu. Die Uraufführung des kompletten Konzertes fand schließlich am 4. Dezember 1845 statt, im Dresdner Hotel de Saxe. Der Widmungsträger Ferdinand Hiller dirigierte, Clara Schumann saß am Flügel. Die Kritiken entdeckten eine »kenntnisreiche Verwendung der Effekte ohne Effekthascherei« und lobten die »Klarheit und Durchsichtigkeit« des Werkes. Der abstürzenden Akkordkaskade im ersten Satz Allegro affettuoso, im leidenschaftlich-warmherzigen Allegro also, folgt das »Clara-Hauptthema« des Konzerts, das vom Klavier vorgestellt und vom Orchester aufgegriffen wird. Damit wäre das musikalische Material, das fortan die Musik beherrscht, bereits komplett. Selbst wenn das Konzert zu lyrischen Tiefen oder zu kammermu- Werke sikalischen Dialogen findet, ist das »Clara-Thema« präsent. Nach einer großen, auskomponierten Kadenz eilt der Satz allegro molto seinem Schluss entgegen. Der zweite Satz ist ein Intermezzo voller Delikatesse, ein hingetupftes Andantino grazioso mit feinsten kammermusikalischen Momenten. Clara Schumann interpretierte diese Musik (laut einer Mitteilung ihrer Schülerin Adelina de Lara) gänzlich unsentimental. Schließlich leitet eine verklärte Reminiszenz an den Kopfsatz zum Finale über. Dort, im Allegro vivace, kehrt das Hauptthema wieder, eingespannt in einen Dreiertakt. Abwechslungsreich fließt die Musik dahin – die Aufgabe des Pianisten ist es, hier Details innerhalb der romantischen Euphorie hörbar zu machen. Mit diesem heiteren, beseelten Rondo, das an keiner Stelle zum virtuosen Selbstzeck wird, endet das »vielleicht schönste Klavierkonzert der Romantik«, wie es der Musikwissenschaftler Hans Christoph Worbs genannt hat. Jean Sibelius »Lemminkäinen«-Suite op. 22 Das 19. und beginnende 20. Jahrhundert war die Zeit, in der zahlreiche europäische Nationen zu einem neuen Selbstverständnis fanden. Nicht nur auf politischem Gebiet fand diese Selbstfindung statt, besonders auch Literatur und Musik wurden in diesem Zusammenhang zum Träger wichtiger Botschaften. In Finnland war es die Musik von Jean Sibelius, die in hohem Maße Identität stiftete. Für ihn war das finnische Nationalepos »Kalevala«, eine Sammlung altfinnischer Geschichten, Mythen und Heldensagen, eine lebenslange Quelle der Inspiration. Bereits 1892 hatte Sibelius in seiner Chorsinfonie »Kullervo« op. 9 Texte aus dem »Kalevala« vertont. Schon ein Jahr später sollte es eine Oper sein, die auf die Sammlung Bezug nimmt. »Der Bau des Bootes« sollte sich um den jungen Väinämoinen drehen, der sich in die Tochter des Mondes verliebt – eine »Kalevala«Geschichte, die von der Kraft des Gesanges erzählt, vom Totenreich Tuonela und dem glücklichen Sieg der Liebe. Die Librettoskizze des Dichters Johan Henrik Erkko erwies sich zwar als lyrisch inspiriert, aber nicht als dramaturgisch stark. Sibelius lag der Stoff am Herzen. Doch ein Besuch der Wagner-Festspiele 1894 in Bayreuth veranlasste ihn dazu, alle Opernpläne fallen zu lassen. »Parsifal« und »Tristan und Isolde« überwältigten ihn derart, dass er sogar seine Karriere als Komponist infrage stellte. Sibelius aber schöpfte dennoch neuen Mut. Mit dem Vorbild Franz Liszt vor Augen fand er für die bereits fertig gestellten Teile seiner Oper eine neue Form: die der Sinfonischen Dichtung. »Ich glaube, ich bin wirklich jemand, der mit Tönen malt und dichtet«, berichtete Sibelius enthusiastisch. Seine Musik projizierte er auf einen anderen Handlungsstrang des »Kalevala«: die Geschichte Lemminkäinens, der im Epos die Rolle des draufgängerischen Liebhabers einnimmt. Welche Teile der Oper Eingang in die »Lemminkäinen«-Suite fanden, weiß man heute nur zum Teil. Fest steht, dass Sibelius die 1894 komponierte Ouvertüre zum ›Schwan von Tuonela‹ umgearbeitet hat. »Das Ganze war als Programmsinfonie gedacht«, gab Sibelius viel später zu. Dass er dabei von Hector Berlioz Impulse bekam, ist wahrscheinlich: Die »Faust«-Sinfonie des Franzosen 16 I 17 war in Helsinki um 1894/95 sehr beliebt. Sibelius’ Suite ist aber keine reine Programmmusik. Sie gehorcht auch anderen Bauplänen: In ihren vier Sätzen kann man den Ablauf einer konventionellen Sinfonie wieder erkennen. Die Uraufführung fand schließlich am 13. April 1896 in Helsinki statt. ›Lemminkäinen und die Mädchen auf Saari‹ ist in Sonatenform geschrieben. Die Tondichtung schildert den Versuch des Helden, die schöne, aus einer mächtigen Familie stammende Kylliki auf Saari zu erobern. Die Mädchen der Insel machen sich zunächst über Lemminkäinen lustig, erliegen dann aber seinem Charme. Kylliki weist ihn zurück, eine Handlungsweise, die Lemminkäinen allerdings nicht akzeptiert: Er entführt das Mädchen und trägt sie auf seinem Schlitten davon. Einige Details in Sibelius’ Partitur sind programmatisch deutbar. Gleich in den ersten Takten klingen Hörner durch den Nebel, die Streicher zeichnen die Bewegung der Wellen nach. Ein tänzerisches Thema der Bläser stellt die Mädchen der Insel dar. Den nach Liebe gierenden Lemminkäinen kennzeichnet eine unendliche Melodie. Eine erotische, leidenschaftliche Atmosphäre bestimmt den Satz, in dem sich die musikalischen Motive der Handelnden verschlingen. Wenn außerhalb Finnlands Musik aus der »Lemminkäinen«-Suite zu hören ist, dann ist es gemeinhin der zweite Satz der Suite, ›Der Schwan von Tuonela‹. Dunkel ist er instrumentiert, Flöten, Klarinetten und Trompeten fehlen. Stattdessen werden die Streicher in hohe Register geführt – was gleich zu Beginn stark an Sibelius’ Bayreuther Wagner-Erfahrungen erinnert. In der statischen Musik beschreibt ein vom Cello unterstütztes Englischhornsolo Tuonela, das Totenreich. Es »ist von einem breiten Flusse mit schwarzem Wasser umgeben, auf dem der Schwan majestätisch und singend dahin zieht«, hat Sibelius dazu erklärt. In ›Lemminkäinen in Tuonela‹ setzt sich der Besuch des Helden im Totenreich fort. Viele Abenteuer muss er dort bestehen, unter anderem einen Kampf gegen den Schwan ausfechten. Diesen Kampf beschreibt Sibelius mit einer Musik, in der vielleicht noch am deutlichsten ihre opernhafte Herkunft durchscheint. Im Reich des Friedens und des Todes erwachen böse Geister, die gegen den Helden antreten. Streichertremoli und gewaltige Steigerungen künden von Gefahr. Zu sehr finnisch wirkenden, runenartig in sich kreisenenden Klängen tritt schließlich Lemminkäinens Mutter auf, eine Zauberin. Ihr gelingt es, ihren in Stücke gehauenen Sohn wieder zusammenzusetzen. Nahezu sakral wirken die Jubelklänge, unter denen Lemminkäinen von den Toten aufersteht. Im Finale ›Lemminkäinen zieht heimwärts‹ dient ein Fagottmotiv als Keimzelle für alle folgenden musikalischen Entwicklungen. Man könnte sich hier den wilden Ritt des Helden vorstellen, einem glücklichen Ende entgegen. Die poetische Idee dieser Tondichtung, die wie ein überschäumender Nachtrag zum Vorigen wirkt, hat Sibelius selbst beschrieben. »Ich würde mir wünschen, dass wir Finnen etwas mehr Stolz in uns hätten. Lasst den Kopf nicht hängen! Wessen müssten wir uns schämen?« Werke Philharmonia Orchestra Maurice Ravel »Le Tombeau de Couperin« Zu klein und zu schwächlich: So lautete das Urteil des Militärs über Maurice Ravel, als der Komponist sich meldete, um wie sein Bruder Edouard am Ersten Weltkrieg teilzunehmen. Zwar konnte Ravel seinem Land auch gut durch Komponieren dienen, das wusste er. Die Rolle des unbeteiligten Zuschauers lag ihm jedoch nicht. Im Alter von 39 Jahren trennte Ravel sich von seiner 74 Jahre alten Mutter und trat als Schwesternhelfer in die Armee ein. Keinen Monat war er in dieser Position tätig, als er im Oktober 1914 einige neue Klavierstücke vollendet hatte, die später in die Suite »Le Tombeau de Couperin« eingehen sollten. Im März 1915 wurde Ravel Fahrer im 13. Artillerieregiment: ein gefährlicher Job, anstrengend für den körperlich zarten Komponisten. Für zwei Jahre trat nun die Musik für ihn in den Hintergrund. Erst nach dem Tod seiner Mutter 1917 widmete Ravel sich wieder verstärkt dem Komponieren und komplettierte auch seine französische Suite. Das einst sehr heiter gedachte Stück nahm dabei eher verhaltene Züge an, denn jeder Satz von »Le Tombeau de Couperin« ist einem Freund gewidmet, den Ravel an der Front verlor. Nach der Uraufführung 1919 instrumentierte der Komponist vier seiner sechs Klavierstücke; im Februar 1920 wurde die Suite uraufgeführt: Rhené-Baton leitete das Orchestre Pasdeloup. »Die Metamorphose der Klavierstücke in sinfonische Werke war für Ravel ein Spiel, das zu einer Perfektion getrieben wurde, die den Charme des Originals noch übertraf«, so urteilte der Musikkritiker und Komponist Alexis Roland-Manuel über die Instrumentationskünste seines Freundes. Und wirklich erscheint die Suite perfekt ausbalanciert, farbig, raffiniert, durchsichtig und brillant – ein Ergebnis von Sorgfalt und Ökonomie gleichermaßen. Der »Grabstein« (»Tombeau«) für Maurice Ravels Militärfreunde ist ein empfindsames Stück Erinnerung, zuweilen durchzogen von melancholischen Untertönen, aber teilweise auch geradezu heiter. Das temperamentvoll-verspielte Prélude imitiert den Cembalo-Stil Jean-Philippe Rameaus oder François Couperins. Für die Forlane hat Ravel zunächst eine Vorlage Couperins studiert und transkribiert, um sich stilistische Sicherheit zu verschaffen. Im Menuet spielt die Oboe eine besondere Rolle. Und der alte provenzalische Tanz Rigaudon wurde nie mit solch einem Elan nachempfunden. Nicht verwunderlich ist, dass auf diese Musik bald auch das Ballett aufmerksam wurde. Im November 1920 kam am Théâtre des Champs-Élysées eine Tanzfassung heraus, uraufgeführt durch das Schwedische Ballett und Désiré-Emile Inghelbrecht. Claude Debussy Trois Nocturnes für Orchester und Frauenchor Wann sich musikalische Ideen im Kopf eines Komponisten entwickeln und später Früchte tragen, lässt sich nicht immer mit Gewissheit sagen. Gerne aber gehen Musikwissenschaftler gerade solchen Details auf den Grund. Im Falle von Claude Debussys Trois Nocturnes fördert ein solcher 18 I 19 Forscherdrang zahlreiche Quellen zutage. Einige Kompositionsskizzen scheinen dabei bis ins Jahr 1892 zurückzureichen und führen zu einem Werk, dessen Partitur heute verloren ist: den »Trois Scènes au Crépuscule« (»Drei Szenen in der Dämmerung«). Sie waren wohl das Urmaterial, aus dem später die Trois Nocturnes entstanden. Vielleicht wären die Nocturnes jedoch nie komponiert worden, hätte Claude Debussy nicht Bekanntschaft mit dem Ysaÿe-Quartett gemacht, das Ende Dezember 1983 in Paris die Uraufführung seines Streichquartetts bestritt. Von Eugène Ysaÿe, einem der größten Violinvirtuosen seiner Zeit, war Debussy begeistert. Er entschloss sich im September 1894, für den Geiger ein Stück zu schreiben. Material aus den ominösen »Scènes au Crépuscule« wollte er dazu verwenden. Was die Klangfarben dieses Werkes betrifft, schwebte ihm etwas gänzlich Neues vor: »Ein Experiment mit unterschiedlichen Schattierungen, die von einer Farbe allein gewonnen werden können – wie eine Graustudie in der Malerei.« Die Komposition aber stellte Debussy zunächst zurück – seine gleichzeitig entstehende Oper »Pelléas et Mélisande« nahm ihn zu sehr in Anspruch. Zu einem Werk für Ysaÿe kam es schließlich nie. Stattdessen formte er aus dem Material drei Orchesterstücke, die den Namen »Nocturnes« erhielten. Die künstlerischen Einflüsse, die in den Nocturnes dingfest gemacht werden können, sind vielfältig. Von den »Scènes au Crépuscule« her überträgt sich ein Zusammenhang mit symbolistischen Gedichten Henri de Régniers. Eine wichtige Inspirationsquelle waren aber wohl auch die »Nocturnes« genannten Bilder von James McNeill Whistler, dem in Paris lebenden Maler amerikanischer Herkunft. Er hatte den Hafen von Valparaiso in Chile, die Themse in London und den Vergnügungspark Cremorne Gardens bei Nacht gemalt. Zwei Jahre arbeitete Debussy an den Nocturnes. Mit seinem »Prélude à l’après-midi d’un faune« hatte er 1894 einen unglaublichen Erfolg gehabt; jetzt galt es, nicht dahinter zurück zu bleiben, was schließlich auch gelang. Als die ersten beiden Nocturnes schließlich im Dezember 1900 aufgeführt wurden, im Rahmen der Pariser Lamoureux-Konzerte, fanden die Kritiker kaum Worte für das, was sie da gehört hatten. »Das ist pure Musik, erdacht jenseits der Grenzen der Realität, in der Welt der Träume«, war zu lesen. Anlässlich der ersten Gesamtaufführung am 27. Oktober 1901 hat der Komponist eigenhändig Programmnotizen verfasst: »Das Wort Nocturnes ist hier in einem allgemeinen und dekorativen Sinn zu verstehen. Es handelt sich also nicht um die übliche Form der Nocturne, sondern um alles, was dieser Begriff an Impressionen und Lichterspiel erwecken kann. Nuages: das ist der Anblick des unbeweglichen Himmels, über den langsam und melancholisch die Wolken ziehen und in einem Grau ersterben, in das sich zarte weiße Töne mischen.« Trübe und statisch wirkt die Wolkenwand aus Tönen, die musikalischen Motive drehen sich in sich selbst. Davor setzt sich besonders ein Englischhornsolo immer wieder ab. Sein chromatisches Aufwärtsmotiv lässt, laut Debussy-Biograf Léon Vallas, an ein vorbeiziehendes Boot mit Nebelhorn denken. Werke »Fêtes: das ist der tanzende Rhythmus der Atmosphäre, von grellen Lichtbündeln für Augenblicke erhellt; ein Aufzug fantastischer Gestalten nähert sich dem Fest und verliert sich in ihm. Der Hintergrund bleibt stets der Gleiche: das Fest mit seinem Gewirr von Musik und Lichtern, die in einem kosmischen Rhythmus tanzen.« Das Treiben im Bois de Boulogne soll Debussy zu seiner Musik angeregt haben. In einem Marsch zieht die Garde Nationale auf und passiert vor dem inneren Ohr des Konzertgängers. »Sirènes: das ist das Meer und seine unerschöpfliche Bewegung; über die Wellen, auf denen das Mondlicht flimmert, tönt der geheimnisvolle Gesang der Sirenen, lachend und in der Unendlichkeit verhallend.« Eine Hommage an die See hat Debussy hier komponiert – später sollte er sich dem Thema mit »La Mer« (1905) noch weit ausführlicher widmen. Ein Vokalisen singender Frauenchor trägt hier wesentlich zum ätherischen, rauschhaften Kolorit des Satzes bei und symbolisiert zudem den Sirenengesang als solchen. Um deren verführerische Klänge eng mit den Stimmen des Orchesters zu verweben, benötigte Debussy viel Zeit und Geduld. Das Ergebnis war ein Stück, das zu seiner Zeit wie Zukunftsmusik klang. »Ich liebe die Musik leidenschaftlich, und weil ich sie liebe, versuche ich sie zu befreien von den unfruchtbaren Traditionen, die sie ersticken. Sie ist eine freie Kunst, grenzenlos wie die Elemente, der Wind, der Himmel, das Meer!«, so Debussys künstlerisches Credo. Mit den Nocturnes warf er alle Traditionen sinfonischer Gestaltung und thematischer Konflikte über Bord – und sicherte sich damit einen Platz in der Musikgeschichte. Sergej Prokofiew »Romeo und Julia«-Suiten Nr. 1 op. 64a, Nr. 2 op. 64b und Nr. 3 op. 101 Mit seinem Ballett zu William Shakespeares »Romeo und Julia« stieß Sergej Prokofiew im Jahr 1935 zu einer neuen Qualität seines Komponierens vor. Er war gerade nach Russland zurückgekehrt, im Ausland hatte er kein Glück gefunden. Zwar hatte er weltweit Ruhm geerntet als Dirigent, Pianist und Komponist. Doch Prokofiew gab freimütig zu: »Die Luft in der Fremde kann mich nicht inspirieren, weil ich Russe bin und nichts für einen Menschen schädlicher ist als das Leben im Exil.« Mitte der 1930er-Jahre, nachdem sich Prokofiew endgültig in Moskau niederließ, begann seine »russische Periode«. Sie bescherte seiner Musik größere Melodik, mehr Einfachheit und Volkstümlichkeit. Wie die Beschäftigung mit »Romeo und Julia« begann, hat der Komponist selbst erzählt. »Ende 1934 kam es mit dem Leningrader Kirow-Theater zu Verhandlungen über ein Ballett. Wir kamen auf Shakespeares ›Romeo und Julia‹. Aber das Kirow-Theater besann sich anders, und an seiner statt schloss das Moskauer Bolschoi-Theater einen Vertrag ab.« Im Verlauf des Sommers 1935 komponierte Prokofiew seine »Romeo und Julia«-Musik; Anfang Oktober desselben Jahres fand 20 I 21 sogar bereits eine konzertante Aufführung im Bolschoi-Theater statt. Dort allerdings befand man das Werk für untanzbar. Keinen konkreten Aufführungstermin vor Augen, formte Prokofiew die Musik zunächst zu zwei Suiten um, die 1936 in Moskau und 1937 in Leningrad uraufgeführt wurden (die dritte folgte wesentlich später, quasi als Nachtrag, im März 1946 als op. 101). Erst Ende 1938 kam es zur Uraufführung des kompletten Balletts im tschechischen Brünn. Die Aufführung fand praktisch keine Resonanz. Sowjetische Musikchroniken beschrieben dagegen noch sehr viel später die Leningrader Realisation von 1940 am Kirow-Theater als eigentliche Uraufführung, die dann auch endlich den verdienten Erfolg brachte. Besonders die Primaballerina Galina Ulanowa wurde mit Lob überschüttet. Dabei hatte sie anfangs deutliche Schwierigkeiten mit dem Stück: »In Prokofiews Musik gibt es viel Unerwartetes, Ungewohntes, für den Tanz Unbequemes. Der häufige Wechsel der Rhythmen z. B. verursachte den Darstellern Schwierigkeiten und behinderte sie.« Am Bolschoi-Theater in Moskau wurde dessen ungeachtet die Partie der Julia zu Ulanowas Paraderolle und verhalf ihr zu Weltruhm. In »Romeo und Julia« arbeitete Prokofiew mithilfe von Leitthemen die musikalischen Charaktere der Hauptpersonen heraus und erschuf ein motivisches Geflecht, das 52 Einzelnummern lang trägt. Die Themen hängen den Figuren nicht wie Etiketten an, sondern sind lebendige musikalische Verkörperungen, die sie beschreiben und gleichzeitig ihre psychische Verfassung andeuten. Bei der tänzerischen Umsetzung der Musik reichte der klassische Tanzstil oftmals nicht aus, die Mitwirkenden griffen zu Mitteln des Ausdruckstanzes und der Pantomime. In »Musik der Zeit« von 1953 beschrieb ein Beobachter das Bühnengeschehen: »›Romeo und Julia‹, ein Ballett, das so voller Farben, Leidenschaft, Erregung und Waffenspiel ist, dass manche nicht mehr als einen Akt am Abend ertragen können. Es enthält nur ganz wenig wirklichen Tanz. Eher ist es eine ausgearbeitete Pantomime oder eine Oper ohne Worte.« In seinem Ballett hat Prokofiew eine Technik angewandt, die der des Filmschnitts sehr nahe kommt. Immer wieder bricht er musikalische Phrasen ab und nimmt andere auf – ähnlich dem Perspektiv- und Bildwechsel bei einer Kamera. In den Orchestersuiten jedoch, die große Beliebtheit erlangten und das Ballett auch beim Konzertpublikum bekannt gemacht haben, tritt diese Technik eher in den Hintergrund. Nur vage folgen die Sätze der Chronologie des Balletts. Die erste Suite op. 64a präsentiert musikalische Themen aus dem ersten und zweiten Akt des Balletts. Ein heiter-unbeschwerter Volkstanz macht den Anfang, gefolgt von einem pompös-würdevollen Menuett und einem latent agressiven Maskentanz; die Suite endet im wuchtig-schrillen Tod Tybalts. Die zweite Suite op. 64b zeichnet zunächst ein Porträt der verfeindeten Familien, schrill, lärmend und tragisch. Anmutig dagegen wirkt die musikalische Charakterisierung Julias. Wie schwebend und berauscht wirken die Klänge, mit denen sich Julia und Romeo verabschieden. Nach einem Tanz der Antillenmädchen endet Prokofiew schlicht, nicht ohne das Todesmotiv seines Balletts ausführlich variiert zu haben. Die dritte Suite gibt sich über weite Strecken lyrisch und schließt mit Julias Tod. Werke Tristan und Isolde Richard Wagner »Tristan und Isolde« WWV 90 Rechtsanwä lte | Par tner schaf tsgesellschaf t | Notare staadenvonboxberg.de Der perfekte Einsatz. Mit dem letzten Konzertabend der Zeitinsel »Expedition Salonen« unternimmt der Weltstar aus Finnland ein ganz besonderes Experiment. Zusammen mit dem Regisseur Peter Sellars und dem weltweit wohl bedeutendsten Videokünstler Bill Viola entwickelte Esa-Pekka Salonen für die Walt Disney Concert Hall in Los Angeles ein außergewöhnliches Projekt. An drei Abenden in Folge präsentierte er dort im Jahr 2004 jeweils einen Akt von Richard Wagners Oper »Tristan und Isolde« und stellte ihr Musik gegenüber, die ohne dieses Werk gar nicht denkbar gewesen wäre. Dem ersten Akt des »Tristan« wurde Alban Bergs Lyrische Suite beigestellt, der zweite Akt rieb sich an Claude Debussys Suite aus »Pelléas und Mélisande«. Kaija Saariahos »Cinq reflets« mischte Salonen dem dritten Akt bei. In seinen Videobildern erforschte Bill Viola dazu die Themenkreise, die Wagners Oper bestimmen: Betrug, Verwandlung, Wiedergeburt, Erinnerung und Zeit. Feuer, Wasser, Luft und Erde sind die Elemente, die seine Bildsprache bestimmen. Salonen hält Viola für den »wichtigsten zeitgenössischen Videokünstler der Welt. Seine Sprache ist perfekt für Wagner […]. Die Bilder sind von eindringlicher Schönheit und nachdem man sie gesehen hat, wird man sie nicht wieder vergessen«. Im Jahr 2005 entschied sich Peter Sellars dazu, das »Tristan«-Projekt ohne die fremden musikalischen Zugaben zu präsentieren. Das Ergebnis, im April jenes Jahres in der Opéra national de Paris uraufgeführt, blieb gleichwohl spektakulär. Peter Sellars weiß: Wagners »Tristan« ist schwer zu inszenieren. Der Komponist selbst brach 1860 einen ersten Versuch ab, nach immerhin 77 Proben. »Tristan und Isolde«, Wagners siebentes vollendetes Bühnenwerk, beschäftigte ihn fünf Jahre hindurch. Eine Oper, die an letzte Fragen rührt. »Ewige Vereinigung in ungemessenen Räumen, ohne Schranken, ohne Banden, unzertrennbar«: Davon träumte Richard Wagner, als er seinen »Tristan« schrieb. Die Vorlage fand der Komponist bei dem mittelalterlichen Dichter Gottfried von Straßburg, der eine Sage schriftlich festgehalten hat, die schon lange zuvor im Volksmund lebendig war. Wagner übernahm hier das Wesentliche – und gestaltete doch alles neu. Eine Nebensächlichkeit bei Straßburg wird zum Kern seiner eigenen Dichtung: die Schicksalhaftigkeit der Liebe zweier Menschen, die füreinander bestimmt sind und die sich gegen alle Widerstände durchsetzen. Damit hatte Wagner zudem einmal mehr sein Lieblingsthema angeschlagen: die Urmacht der Liebe, die Konventionen sprengt und Schranken überwindet. Das innere Erleben der Personen wird zu einer bestimmenden Komponente der Oper. Subjektives Empfinden – zum Beispiel der Zwiegesang in der Liebesnacht, Tristans innere Monologe und Isoldes Liebestod – stehen den realen Bühnenereignissen gegenüber. Es entsteht ein Netzwerk von seelischen Vorgängen, Reflexionen, Gedanken und Erinnerungen. Im Orchester und in der dichten Leitmotiv-Komposition findet es seinen Widerpart. Spieker & Jaeger I [email protected] I www.spieker-jaeger.de Kronenburgallee 5 I 44139 Dortmund I Telefon +49 231 9 58 58 - 0 Werke Dass Richard Wagner das unendliche Liebessehnen des Paares so eindringlich darzustellen verstand, hat auch seinen Grund in eigenen Erfahrungen, die er in der stürmischen Affäre mit Mathilde Wesendonck gemacht hat. Die Frau von Wagners Mäzen Otto Wesendonck war die Muse des »Tristan« und so bedeutend für das Werk, dass Wagner sie in der Kompositionsskizze des ersten Aktes 1857 mit einem Widmungsgedicht verewigte. Ein Jahr später wurde aus dieser Liebe ein Skandal. Wagner musste nach Venedig fliehen. sich behandeln zu lassen. Sie entfernte das Gift, heilte die Wunde und rettete ihm so das Leben. Als er ihr in die Augen sah, brachte sie es nicht über sich, ihren Verlobten zu rächen. Tristan ging zurück in seine Heimat. Er kam schließlich zurück – doch nicht, wie Isolde gehofft hatte, um ihre Beziehung zu vertiefen. Stattdessen ist er als Kurier gekommen, um sie als Siegestrophäe und Braut seinem Freund, König Marke von Cornwall, zu überreichen. Isolde war am Boden zerstört und öffentlich gedemütigt. Über die Musik des »Tristan« ist viel geschrieben worden. Der Opernkenner Kurt Pahlen hebt hervor, dass sie in ihrem Anspruch, ihrem Ziel und ihrer Grundidee gänzlich neu sei: »Ihr Wert ist einzig und allein durch die Assoziationen bestimmt, durch die Gefühle und Bilder, die sie im Hörer hervorruft. Der sinnliche Eindruck, der Zwang zum Miterleben ist hier einziges Ziel.« Ein zeitgenössisches Publikum hat zu Wagners Zeiten wohl schon beim Vorspiel dieser »Handlung in drei Aufzügen« seinen Ohren nicht getraut. In den ersten Takten findet sich bereits der so genannte »Tristanakkord«, jener bedeutsame Klang, mit dem zum ersten Mal in der Musikgeschichte eine Dissonanz funktionsharmonisch nicht wirklich aufgelöst wurde. Nach der Meinung vieler Musikforscher beginnt hier die musikalische Moderne. Dass Wagner mit seiner Oper viel wagte und neue Horizonte aufriss, wusste er selbst am besten. Mathilde Wesendock schrieb er: »Kind! Dieser Tristan wird was Furchtbares! Dieser letzte Akt!!! – Ich fürchte die Oper wird verboten – falls durch schlechte Aufführung nicht das Ganze parodiert wird –: nur mittelmäßige Aufführungen können mich retten! Vollständig gute müssen die Leute verrückt machen.« Isolde und Brangäne haben einen geheimen Vorrat von Salben und Elixieren, einem Geschenk von Isoldes Mutter, mit auf die Reise genommen. Das heiligste und schönste Elixier ist ein Trank aus der reinen, konzentrierten Essenz der Liebe. Es gibt aber auch einen Todestrank, eine schnelle Lösung, um ein vertanes Leben auszulöschen, wenn der Schmerz unerträglich wird. Auf dem Höhepunkt der Reise trinken Isolde und Tristan den tödlichen Cocktail. Sie sehen sich in die Augen und trinken begierig, beide sehnen sich nach Erlösung. Allerdings wissen sie nicht, dass Brangäne die Phiolen vertauscht hat und sie nun pure Liebe in sich aufnehmen. Für einen unendlichen Augenblick denken Tristan und Isolde, sie hätten die Grenze vom Leben zum Tod überschritten; ihre Herzen sind frei. Ihre geheime Liebe wird zu einem unaufhaltsamen, reißenden Strom, als das Schiff in den Hafen läuft und König Marke mit schallenden Trompeten angekündigt wird. Die grellen Lichter der Welt von Macht und Prestige lassen ihren Traum verblassen; Tristan und Isolde bleiben verwirrt und erstaunt zurück. Synopsis – »Tristan und Isolde« aus der Sicht von Peter Sellars Erster Aufzug Zwei verstörte, wütende, verzweifelte und verletzte Menschen befinden sich auf einer langen Reise auf demselben Schiff. Keiner der beiden erwartet, die Fahrt zu überleben. Bei Isolde zeigt sich die selbstmörderische Verzweiflung in harten, zerstörerischen Stimmungsumschwüngen, bitterem Sarkasmus, unbeherrschbarem Weinen und dem Bedürfnis, sich auszusprechen. Bei Tristan ist es die vernarbte, schmerzliche Stille der emotionalen Blockade und Verleugnung – während der gesamten Reise hat sich Tristan geweigert, Isoldes Anwesenheit zur Kenntnis zu nehmen. Ihre engsten Freunde, Brangäne, eine Heilerin und Seherin, und Kurwenal, ein alter Soldat, sind entschlossen, ihnen durch ihre dunkelsten Stunden zu helfen und sie davon abzuhalten, sich selbst oder anderen noch mehr Schaden zuzufügen. Jahre zuvor hatte Tristan den irischen Ritter Morold im Kampf getötet; er selbst wurde durch Morolds giftgetränkte Klinge verwundet. Diese Wunde konnte nur von Morolds Verlobter, der Prinzessin und Schamanin Isolde, geheilt werden. Unter dem Namen Tantris kam Tristan zu ihr, um 24 I 25 Zweiter Aufzug In der Dämmerung hallt der Klang von Jagdhörnern durch die Wälder. Tristans »bester Freund« Melot hat eine nächtliche Jagd für König Marke organisiert. Im sterbenden Licht der Abendröte sieht Isolde voraus, dass Tristan selbst die eigentliche Beute ist. Sie hat nur Augen und Ohren für die Schönheit der Natur, die Harmonie des Abends und das Gute, das in jedem Herzen liegt. Ihr Herz ist vom Mond erhellt, von der Göttin der Liebe und der weiblichen Kraft, die das Universum durchströmt. Wenn sie die letzte Fackel löscht, wird Tristan, der tief im Wald wartet, zu ihr ins Mondlicht treten. Brangäne spürt, dass überall Spione lauern. Sie bittet Isolde, die Fackel brennen zu lassen und begibt sich zu ihrem Wachturm. Isolde erstickt die Flamme und erwartet die Ankunft ihres Geliebten im Dunklen. Der anfängliche Adrenalinrausch von Gefahr und Glücksgefühl weicht erst Zweifeln, dann etwas unbeholfenen Scherzen und schließlich harter Arbeit. Isolde fragt Tristan direkt, warum er versucht hat, sie zu verraten. Was hat ihn dazu getrieben? Mit ihrer Hilfe und in schmerzhaften Ausbrüchen von Selbsterkenntnis kommt alles, was Tristan in sich verschlossen hatte, heraus. Die Faszination glänzenden Ruhmes, die Welt zu seinen Füßen und der Eindruck des Erfolgs veränderte seine Persönlichkeit so, dass er sich selbst fremd wurde. Er verletzte seine engsten Freunde ohne es zu merken; die wachsende Kluft zwischen seinem Bild in der Öffentlichkeit und seinem stets Werke niedrigen Selbstwertgefühl führte zu schwelendem Selbsthass. Er fühlte sich der Frau unwürdig, deren Loblied er sang, und versuchte das zu kompensieren, indem er sich in militärische Abenteuer stürzte. Isolde beginnt zu verstehen, dass der Mann, den sie zuvor als arrogant und kalt empfunden hat, in Wahrheit Angst hatte und verzweifelt war. Sie muss allerdings auch erkennen, wie tief sie verletzt wurde und wie sehr ihr dieser Schmerz immer noch zusetzt. Eine Basis für eine ernsthafte Beziehung zwischen Tristan und Isolde kann es nur geben, wenn sich die beiden mit ihren Fehlern, Enttäuschungen und dem Betrug intensiv auseinandersetzen und die Kraft gebende und schöpferische Fantasie, die die Liebe stärkt, von den Lügen, Ausflüchten und Unwahrheiten trennen, die das Vertrauen vergiften. Zusammen treten sie in das Reich der Nacht, das nächtliche Ich, den weiten Raum in jedem Menschen, der nichts mit dem alltäglichen Leben zu tun hat. Alles Denken, alles Äußerliche, alle Erinnerung ist ausgelöscht in einer Nacht vollkommener Liebe »Herz an Herz, Mund an Mund, eines Atems«. Als ihre Entrückung den Höhepunkt erreicht, dringt Brangänes warnende Stimme durch die Nacht wie Wolken, die über dem Meer aufziehen. Die bittere Wahrheit, dass alle Freude in dieser Welt vergänglich ist, alles Schöne sterben oder getötet werden wird, macht die Liebesmusik noch kostbarer – wir hören die himmlische Stimme des Mitgefühls, die den Sterblichen Buddhas vier edle Wahrheiten darlegt. Isolde fragt sich, was am nächsten Morgen geschehen wird. Marke und Melot beobachten sie aus dem Wald heraus. Tristan sieht seinen eigenen Tod voraus und erklärt, dass er bereit sei, in dieser Nacht zu sterben. Behutsam erinnert Isolde ihn an das kleine Wort »und« in »Tristan und Isolde«. Von nun an soll er sie in seine Träume und Albträume mit einbeziehen – er ist nicht länger allein. Tristan ist Isolde und Isolde ist Tristan. Selbst im Tod werden sie in einer Liebe ohne Angst leben, namenlos, endlos, ohne weitere Leiden und Trennungen. Der Tag bricht an. Melot sucht den direkten Weg zur Macht, indem er die verbotene Liebe mit großer moralischer Empörung verrät und für das wehrlose Paar Höchststrafen fordert. König Marke weiß, dass dieser Weg weder Wiedergutmachung noch Gerechtigkeit bietet. Als er sein Herz ausschüttet, wird deutlich, dass auch der König nur ein Mann ist, dass er der erste war, der Tristan geliebt hat, und dass die »Liebe, die ihren Namen nicht zu nennen wagt« so stark ist wie jede andere Liebe. Er geht unendlich zärtlich mit dem Mann um, der ihn betrogen hat. Er ist in der Hölle. Er hofft, eines Tages zu wissen, warum. Tristan hat König Marke verlassen, um Isolde zu finden; dann verließ er Isolde, indem er sie Marke zuführte. Schamerfüllt erkennt Tristan, dass er Isolde, falls sie bei ihm bleiben will, nur ein 26 I 27 Leben voll von Versagen und Tod bieten kann. Er hat keine Heimat. Er hat nie eine Heimat gehabt. Er hat seinen Vater und seine Mutter, die bei seiner Geburt starb, nie kennen gelernt. Isoldes tröstende Worte sind wundersam. Wo auch immer die beiden zusammen sind, wird ihre Heimat sein. Sie liebt Tristan noch mehr in seinem Scheitern als im Erfolg. Dreißig Sekunden später liegt Tristan im Sterben. Er provoziert Melot und lässt sich ohne Gegenwehr verwunden. Dritter Aufzug Nach der Liebe ist die letzte Aufgabe im Leben eines Menschen der Tod. Wir tauchen ein in die letzten Todesqualen, Halluzinationen, Erinnerungen und Traumbilder eines sterbenden Mannes. Die Sinne setzen aus, aber der Schmerz dauert an. Eine Tür öffnet sich, während sich eine andere schließt. Tristan liegt wochenlang im Koma. Kurwenal bringt seinen Körper zurück in die Heimat seiner Vorfahren nach Burg Kareol. Auf einer Klippe über dem Meer erwartet und verfolgt er das langsame Absinken seines besten Freundes in den Tod. Ein Hirte weiter oben im Gebirge spielt auf der Flöte eine endlose alte Melodie, die durch die kühle Abendluft weht. Kurwenal hat den Hirten gebeten, die Melodie zu ändern, wenn er ein Schiff näher kommen sieht. Er hat nach Isolde geschickt, die, wenn sie noch am Leben ist, als einzige Heilerin Tristan aus dem Reich des Todes zurückholen kann. Tristan regt sich. Die alte Melodie ruft ihn zurück in diese Welt. Er versucht, das Land auf der anderen Seite zu beschreiben, ein Reich des grenzenlosen, endgültigen Vergessens. Hier blendet das Sonnenlicht, der brennende Schmerz in seinem Körper ist unerträglich. In »Noch losch das Licht nicht aus, noch ward’s nicht Nacht im Haus: Isolde lebt und wacht; sie rief mich aus der Nacht« ist Tristan sich sicher, dass er Isoldes Schiff in der Ferne sieht, dass sie wieder zu ihm kommt, um ihn zu heilen. Doch da ist kein Schiff. Sein Leben zieht an ihm vorbei als er in die Bewusstlosigkeit hinübergleitet. Kindheitserinnerungen, Gedanken an die Eltern, die er nie gekannt hat, vermischen sich mit dem Wiedererleben seiner vorangegangenen Nahtoderfahrungen. Schmerz durchflutet sein Gehirn. Die Hitze seines Körpers war nicht mehr zu ertragen, der Geist zerrt am Fleisch. An der Schmerzgrenze geistiger und körperlicher Leiden kommt ein Moment der gleißend hellen Klarheit: Den magischen Trank – war es Gift oder ein Liebeselixier? – hat niemand anderes als er selbst gebraut, aus allem Schmerz, Kummer, Leid und der Freude seines Lebens. Ein Schiff erscheint am Horizont, als Tristan einen Herzanfall erleidet. Kurwenal stürmt Isolde entgegen. In einem letzten Anfall unbeschreiblichen Schmerzes reißt Tristan seine Verbände ab und blutet; er fühlt sich frei, ist freudig erregt. Werke Im Sterben hört er Isoldes Stimme. Konnte er nicht noch eine Stunde länger auf sie warten? Sie fleht ihn an, weiter zu atmen. So viel hat sie ihm noch zu sagen. Sie kam als seine Braut, wie kann sie mit seiner Beerdigung gestraft werden? Ihr Schock und die überwältigende Trauer steigern sich zu Schweigen. Ein zweites Schiff wird gesichtet. Marke und Brangäne legen an. Melot führt die Vorhut an. Kurwenal tötet Melot und anschließend sich selbst. Die Gruppe kam, zu spät, auf einer Mission der Vergebung und Wiedergutmachung. Jetzt regt sich Isolde. Mit einem langen Blick auf Tristan singt sie: »Mild und leise, wie er lächelt, wie das Auge hold er öffnet – seht ihr’s Freunde? Fühlt und seht ihr’s nicht? Hör ich nur diese Weise, die so wundervoll und leise, Wonne klagend, alles sagend, mild versöhnend aus ihm tönend, in mich dringet, auf sich schwinget, hold erhallend um mich klinget? Heller schallend, mich umwallend, sind es Wellen sanfter Lüfte? In dem wogenden Schwall, in dem tönenden Schall, in des Welt-Atems wehendem All – ertrinken, versinken – unbewusst – höchste Lust!« Bewegte Bilderwelt für »Tristan und Isolde« – Anmerkungen von Bill Viola »Die Wunde ist die Stelle, an der das Licht in dich eindringt.« Rumi Richard Wagners »Tristan und Isolde« ist die Geschichte einer Liebe, die so intensiv und tief ist, dass sie nicht auf die Körper der Liebenden begrenzt bleiben kann. Um ihre Liebe ganz begreifen zu können, müssen Tristan und Isolde letztlich über das Leben hinausgehen. Dieses Thema der spirituellen Natur menschlicher Liebe ist sehr alt und kann über die mittelalterlichen Ursprünge der keltischen Legende hinaus bis zu den hinduistischen und buddhistischen Traditionen des Tantra zurückverfolgt werden, die im Unterbewusstsein westlicher Kultur verschüttet sind. Es war Peter Sellars, der mich auf die Verbindung des »Tristan« zu östlichen Quellen, die mich schon lange beschäftigten, aufmerksam machte. Schnell wurde ich durch seinen magnetischen Sog und die klare, aber vielgestaltige Schlichtheit der Konzeption des Komponisten in Wagners Werk des 19. Jahrhunderts hineingezogen. Um mich der Arbeit zu nähern, hörte ich mir zunächst verschiedene Aufnahmen der Musik an, arbeitete dann aber vorwiegend mit dem Libretto, um die Visualisierung einer Bilderwelt zu schaffen, die innerhalb und außerhalb der Geschichte, die auf der Bühne umgesetzt wird, fließt. Bewegte Bilder leben in einem Bereich irgendwo zwischen dem zeitlichen Drängen der Musik und der stofflichen Tatsache eines Gemäldes und sind so gut geeignet, die praktischen Elemente des Bühnenbilds mit der lebendigen Dynamik einer Aufführung zu verbinden. Ich wusste von Anfang an, dass ich die Bilder die Geschichte nicht direkt illustrieren oder darstellen lassen wollte. Stattdes- 28 I 29 sen wollte ich eine Bilderwelt schaffen, die parallel zu der Handlung auf der Bühne bestand, so wie eine feinsinnige, poetische Erzählung verborgene Dimensionen unseres Innersten vermittelt. Die Bilder sollen als symbolische Repräsentationen des Verborgenen dienen, die, um es mit den Worten von Seyyed Hossein Nasr zu sagen, zu »Reflexionen der spirituellen Welt im Spiegel des Materiellen und Vergänglichen« werden. Sie zeigen das menschliche Bewusstsein in einem seiner empfindlichsten, eindringlichsten Zustände: die Hingabe an eine absolute, alles verzehrende Liebe. Die Fülle der Erfahrungen mit dieser Kraft erstreckt sich über ein ganzes Leben, vom aufgeregten, naiven Herzklopfen eines verliebten Teenagers bis zum weit reichenden Verständnis einer viel größeren Liebe als fundamentalem, universellen Grundsatz menschlichen Seins, die sich im Laufe des Lebens zeigt und von den Heiligen und Esoterikern aller Kulturen in der Geschichte ausführlich beschrieben wurde. Die Bilder in den drei Aufzügen beinhalten verwobene, wiederkehrende Leitgedanken, geben aber klar verschiedene Stufen auf dem Weg der Liebenden zur Erlösung wider. Der erste Aufzug stellt das Thema Reinigung vor, den universellen Akt, mit dem sich eine Person auf das symbolische Opfer und den Tod vorbereitet, der für die Wandlung und die Wiedergeburt notwendig ist. Die gemeinsame Entscheidung, den Todestrank zu nehmen, lässt die Liebenden unter die Oberfläche dringen und enthüllt den unendlichen Ozean einer unsichtbaren, immateriellen Welt. Der zweite Aufzug handelt vom Erwachen der Lichtgestalt; durch das reinigende Licht der Liebe wird das strahlende spirituelle Wesen, das der dunklen Trägheit des menschlichen Körpers innewohnt, befreit. Licht in die Welt zu bringen ist das Grundmotiv dieses Aufzugs. Als die Außenwelt schließlich in ihren ekstatischen Bund eindringt, legt sich eine Finsternis auf die Liebenden, deren einzige Erlösung im Schmerz der Trennung und der Selbstopferung liegt. Der dritte Aufzug beschreibt die Auflösung des Selbst in den Stadien des Sterbens, dem schwierigen und schmerzvollen Prozess der Trennung und des Zerfalls der körperlichen und geistigen Bestandteile des Bewusstseins. Wir erleben die Todesqualen und das Delirium eines sterbenden Mannes, die Visionen, Träume und halluzinatorischen Offenbarungen, die an der Oberfläche seines Bewusstseins spielen. Als die Flammen der Leiden und des Fiebers schließlich den Geist verzehren und klar ist, dass dem Verlangen des Körpers nie mehr entsprochen wird, zerspringt die spiegelnde Oberfläche und zerfällt in sanfte Wellen puren Lichts. Die Liebenden steigen nacheinander empor und werden friedlich in ein Reich jenseits der Gegensätze von männlich und weiblich, Geburt und Tod, Licht und Dunkel, Anfang und Ende geführt. Werke Neue Wege zu gehen benötigt Energie. Und den richtigen Partner. Wir danken RWE herzlich für die Unterstützung der Expedition Salonen. Esa-Pekka Salonen Dirigent Esa-Pekka Salonen – dieser Name steht nicht nur für einen international anerkannten Dirigenten, sondern auch für einen Komponisten, dessen Werke weltweit aufgeführt werden. In Helsinki geboren, studierte Esa-Pekka Salonen an der Sibelius-Akademie und später in Italien, u. a. bei Donatoni und Castiglioni. Sein Debüt als Dirigent gab er 1979 mit dem Finnish Radio Symphony Orchestra. Von 1985 bis 1994 war Salonen Erster Gastdirigent des Philharmonia Orchestra London und von 1985 bis 1995 Chefdirigent des Swedish Radio Symphony Orchestra. Von 1992 bis 2009 leitete er als Music Director das Los Angeles Philharmonic und wurde 2009 mit dem Titel des Ehrendirigenten ausgezeichnet. Seit September 2008 ist Salonen Principal Conductor und Artistic Advisor des Philharmonia Orchestra in London. In seiner ersten Saison mit dem Philharmonia Orchestra initiierte er das neunmonatige Projekt »City of Dreams: Vienna 1900-1935«, das die Musik und Kultur Wiens aus der Zeit zwischen 1900 und 1935 präsentiert. Das Projekt war zugleich der Startschuss für die erste gemeinsame Europatournee, die sie in über 18 Städte führte. Höhepunkt des Projektes war die halbszenische Aufführung von Alban Bergs Oper »Wozzeck« im Oktober 2009. Zu den Höhepunkten in seiner Zeit als Music Director des Los Angeles Philharmonic gehören unter anderem die Residenzen bei den »Salzburger Festspielen«, der Kölner Philharmonie und dem Théâtre du Châtelet Paris sowie Tourneen durch Japan und zu den wichtigsten Musikfestivals Europas. Anlässlich seiner 17-jährigen Amtszeit ehrte ihn das LA Philharmonic mit einer Reihe von Konzerten, inklusive der Uraufführung seines Violinkonzertes. Esa-Pekka Salonen ist bekannt für seine Interpretationen zeitgenössischer Musik und hat zahlreiche Werke uraufgeführt. Nachdem Salonen im September 2004 bei der finnischen Erstaufführung von Kaija Saariahos Oper »L’amour de loin« in Helsinki am Pult stand und 2006 die Uraufführung ihrer Oper »Adriana Mater« an der Opéra national de Paris dirigiert hat, leitete er im August 2007 die finnische Erstaufführung von Saariahos »La Passion de Simone« in der Regie von Peter Sellars in Helsinki und führte die Produktion danach beim »Baltic Sea Festival« in Stockholm auf, das er 2003 mitbegründet hat. Salonens umfangreiche Diskografie spiegelt ebenso seine intensive Auseinandersetzung mit der Musik des 20. Jahrhunderts wider. Im September 2009 erschienen Schönbergs »Gurrelieder« mit Salonen und dem Philharmonia Orchestra beim Label Philharmonia/Signum auf CD. Zu den weiteren Neuerscheinungen bei diesem Label zählen Mahlers 6. und 9. Symphonie sowie Berlioz’ »Symphonie Fantastique«. Salonens erste gemeinsame Aufnahme mit dem Los Angeles Philharmonic für Deutsche Grammophon (Strawinskys »Le sacre du printemps«) erschien im Oktober 16I17 32 I 33 2006 und wurde im Dezember 2007 für einen »Grammy« nominiert. Im November 2008 veröffentlichte Deutsche Grammophon eine neue CD mit Salonens Klavierkonzert sowie »Helix« and »Dichotomie«, die im November 2009 für einen »Grammy« nominiert wurde. Philharmonia Orchestra Das Philharmonia Orchestra gehört zu den großen Orchestern dieser Welt. Es gilt als bedeutendster musikalischer Pionier Großbritanniens und kann auf einen außerordentlichen Katalog von Einspielungen zurückblicken. Das Philharmonia besticht durch seine Virtuosität und einen innovativen Ansatz bei Publikumsentwicklung, Residenzen und Bildungsförderung sowie durch den Einsatz neuer Technologien, mit denen das Publikum in aller Welt angesprochen wird. Gemeinsam mit den gefragtesten Solisten der Welt und vor allem mit seinem Principal Conductor und Artistic Advisor Esa-Pekka Salonen steht das Philharmonia Orchestra im Zentrum des britischen Musiklebens. Das Philharmonia könnte sich heutzutage zu Recht als britisches Nationalorchester bezeichnen, da es die musikalischen Qualitätsmaßstäbe, die für London und die bedeutendsten Konzertsäle in aller Welt gelten, auch bei seinen Auftritten in ganz Großbritannien anlegt. In der Saison 2009/10 gab das Orchester über 150 Konzerte. Hinzu kommen Kammerkonzerte mit Solisten des Orchesters sowie Einspielungen für Filme, CDs und Computerspiele. Seit fast 15 Jahren widmet sich das Orchester zudem seinem hoch angesehenen nationalen und internationalen Residenz-Programm, das 1995 mit den Residenzen in der Bedford Corn Exchange und dem Londoner Southbank Centre begründet wurde. So gab das Orchester in der Spielzeit 2009/10 nicht nur über 50 Konzerte in der sanierten Royal Festival Hall des Southbank Centre, sondern feierte auch sein dreizehnjähriges Jubiläum als Resident Orchestra der De Montfort Hall in Leicester und war im neunten Jahr Partnerorchester des Anvil in Basingstoke. Der umfangreiche Tourneekalender führte das Ensemble darüber hinaus in über 30 der angesehensten internationalen Konzertsäle in Europa, China und Japan unter Dirigenten wie Esa-Pekka Salonen, Christoph von Dohnányi, Vladimir Ashkenazy, Riccardo Muti und Lorin Maazel. Das Philharmonia Orchestra hat in seiner Geschichte stets auf neue Wege und moderne Technologien gesetzt, um seinem Publikum in aller Welt erstklassige Musikerlebnisse zu bieten: Millionen Menschen haben seit 1945 ihren ersten Zugang zu klassischer Musik über eine PhilharmoniaEinspielung gefunden. Heute können Musikfreunde das Ensemble auch über Webcasts, Podcasts, Downloads, Computerspiele und Filmmusik sowie durch die von jährlich über 2 Millionen Menschen besuchte interaktive Website »The Sound Exchange« (www.philharmonia.co.uk/thesoundexchange) erleben. 2005 wurde das Philharmonia als erste klassische Musikorganisation für einen Biografien Programm »BT Digital Music Award« nominiert und stellte im selben Jahr das allererste vollkommen interaktive Webcast eines britischen Orchesters vor. Mittlerweile laden über 3500 Menschen monatlich kostenlose Philharmonia video podcasts herunter, die Interviews mit Künstlern und Beiträge über das Repertoire und Projekte zeigen. Diese Filme werden zudem von mehr als 60 000 Menschen auf YouTube angesehen. Doch auch Einspielungen und Livesendungen spielen weiterhin eine wesentliche Rolle bei den Aktivitäten des Orchesters: Seit 2003 besteht eine wichtige Partnerschaft mit dem Rundfunksender Classic FM, wo das Ensemble als The Classic FM Orchestra on Tour auftritt. Daneben gestaltet es weiterhin Sendungen für BBC Radio 3. Antti Siirala Klavier Beim »Leeds-Wettbewerb« 2003 überzeugte der junge finnische Pianist mit einer ausdrucksstarken Darbietung des 4. Beethoven-Konzerts die Jury und das Publikum. Er wurde mit dem 1. Preis, der Goldmedaille und dem Publikumspreis ausgezeichnet. Mit diesem wichtigen Wettbewerbsgewinn hat Siirala ein ansehnliches Kleeblatt an Preisen: Er gewann auch die internationalen Wettbewerbe von Dublin 2003, London 2000 und den 10. »Beethoven-Wettbewerb« in Wien – als jüngster Preisträger in dessen Geschichte. Siirala arbeitet mit Dirigenten wie Herbert Blomstedt, Semyon Bychkov, Pietari Inkinen, Neeme Järvi, Fabio Luisi, Sakari Oramo, Esa-Pekka Salonen, Jukka-Pekka Saraste, Osmo Vänskä, Hugh Wolff und Xian Zhang zusammen. Einladungen führten und führen ihn u. a. zu folgenden Orchestern: Deutsches Symphonie-Orchester Berlin, Bamberger Symphoniker, WDR Sinfonieorchester Köln, Tonhalle-Orchester Zürich, Wiener Symphoniker, Orchestre National de Belgique, City of Birmingham Symphony Orchestra, Detroit Symphony und New Japan Philharmonic Orchestra. Meilensteine seiner stetig steigenden Künstlerlaufbahn waren die Recitals beim »Lucerne Festival«, »Klavier-Festival Ruhr« und den Festivals in Bozen, Bath und Kilkenny sowie in der Kölner Philharmonie, in der Londoner Wigmore Hall und im Concertgebouw Amsterdam. Für drei Jahre war Siirala Künstler in der Reihe »Junge Wilde« am KONZERTHAUS DORTMUND. Für die Saison 2009/10 erhielt er u. a. eine Wiedereinladung vom City of Birmingham Symphony Orchestra und gab in der Klavierreihe der Berliner Philharmoniker als einer von vier Pianisten (neben PierreLaurent Aimard, Lang Lang und Martin Helmchen) einen Klavierabend. Sein Repertoire umfasst neben deutscher Klassik und Romantik auch zeitgenössische Werke. So brachte er neben Erstaufführungen von Walter Gieseler, Kuldar Sink und Uljas Pulkkis das neue Klavierkonzert von Kalevi Aho zur Uraufführung. Kaja Saariahos erstes Klavierwerk »Balladen« ist Teil seines aktuellen Recitalprogramms. 34 I 35 In der Saison 2010/11 wird Antti Siirala u. a. sein Debüt beim Tonhalle-Orchester unter der Leitung von Xian Zhang geben. WDR Rundfunkchor Köln Der WDR Rundfunkchor Köln ist seit 1947 die »Stimme« des Westdeutschen Rundfunks. Das Sendegebiet Nordrhein-Westfalen ist ebenso sein zu Hause wie nationale und internationale Bühnen. Die 48 Sängerinnen und Sänger des Profi-Ensembles zeichnen sich durch Vielseitigkeit ebenso aus wie durch Spezialisierung. Das Spektrum des WDR Rundfunkchores Köln reicht von der Musik des Mittelalters bis zu zeitgenössischen Kompositionen, von geistlicher Musik bis zur Operette. A-cappella-Konzerte, groß besetzte Oratorien mit Orchester, solistisch besetzte Vokalmusik bilden ebenso sein Profil wie sinfonisches Repertoire oder Filmmusik und Oper. Mehr als 140 Ur- und Erstaufführungen zeichnen das bisherige Programm des WDR Rundfunkchores Köln aus, u. a. von Schönberg, Henze, Stockhausen, Nono, Boulez, Zimmermann, Penderecki, Stockhausen, Xenakis, Berio, Höller, Eötvös, Hosokawa, Pagh-Paan, Zender, Tüür und Mundry. Der Rundfunkchor ist in steter Bewegung, dringt in neue Räume vor, sucht engagiert nach Herausforderungen und bringt Partituren größter Schwierigkeitsgrade zum Klingen. Die Einladungen an Laien zum »Singen mit dem WDR Rundfunkchor« gehören ebenso zum Aufgabenspektrum wie Familienkonzerte oder die Zusammenarbeit mit Schulen beim WDR 5 Schulwettbewerb »Wir sind Manager«. David Marlow tritt mit der Spielzeit 2010/11 die Position des Chorleiters beim WDR Rundfunkchor an und übernimmt damit die Verantwortung für die Einstudierung des Chores für alle wichtigen Projekte mit den eigenen WDR-Orchestern, aber auch für die Kooperationen mit dem Mahler Chamber Orchestra, der Dresdner Philharmonie, dem Beethoven Orchester Bonn und dem Philharmonia Orchestra. Als hochkarätiges Vokalensemble des WDR mit enormer Strahlkraft ist der WDR Rundfunkchor Köln im Radio und Fernsehen, im Studio, bei Konzerten und auf CD-Produktionen zu erleben. Ein großer und wichtiger Arbeitsbereich des WDR Rundfunkchores Köln gilt nach wie vor der Zusammenarbeit mit Orchestern, vorrangig mit dem WDR Sinfonieorchester Köln und dem WDR Rundfunkorchester Köln bei Radio- und Fernsehaufnahmen, im Studio, bei Konzerten und CDProduktionen. Weitere Partner waren und sind u. a. die Cappella Coloniensis, das Boston Symphony Orchestra und London Philharmonic Orchestra, das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin, das Orchester der Mailänder Scala, die Bochumer Symphoniker und Essener Philharmoniker, das Biografien Orchester der Beethovenhalle Bonn und die Sinfonieorchester der ARD. Am Dirigentenpult stehen die jeweiligen Chefs und renommierte Gastdirigenten, gespielt wird das gesamte Spektrum der Chor- und Orchesterliteratur des 19. bis 21. Jahrhunderts. Die Konzerte finden im gesamten WDRSendegebiet statt, aber auch auf internationalen Bühnen wie in Amsterdam, Athen, Baden-Baden, Boston, Brüssel, Cleveland, Genf, Gran Canaria, Jerusalem, London, Mailand, New York, Osaka, Paris, Rom, San Sebastian, Tel Aviv, Tokio, Washington und Zürich. Violeta Urmana Isolde Geboren in Litauen, machte sich Violeta Urmana zunächst als Mezzosopran einen Namen und wurde weltbekannt für ihre Interpretation von Rollen wie Kundry in Wagners »Parsifal« und Eboli in Verdis »Don Carlos«. Neben vielen anderen Partien sang sie diese beiden Rollen in allen wichtigen Opernhäusern und unter Dirigenten wie Claudio Abbado, Daniel Barenboim, Bertrand de Billy, Pierre Boulez, Riccardo Chailly, James Conlon, James Levine, Fabio Luisi, Zubin Mehta, Sir Simon Rattle, Donald Runnicles, Giuseppe Sinopoli, Christian Thielemann und Franz Welser-Möst. Nach ihrem Debüt als Sieglinde in Wagners »Die Walküre« bei den »Bayreuther Festspielen« debütierte sie im Dezember 2002 offiziell als Sopran in der Titelrolle von »Iphigénie en Aulide« unter Riccardo Muti zur Saisoneröffnung des Teatro alla Scala in Mailand. Seitdem sang sie erfolgreich viele Sopranpartien: Maddalena in Giordanos »Andrea Chénier« in Wien, Lady Macbeth in Verdis »Macbeth« in Sevilla, Isolde in Wagners »Tristan und Isolde« in Rom (konzertant), die Titelrolle in Ponchiellis »La Gioconda«, Leonora in Verdis »La Forza del Destino« in London sowie 2005 die Titelpartien in »Tosca« in Florenz und Los Angeles, in »Ariadne auf Naxos« an der New York Metropolitan Opera und in »La Wally« am Wiener Konzerthaus. Große Erfolge waren auch ihre Debüts als Norma in Dresden, als Elisabetta in Verdis »Don Carlos« in Turin, als Aida an der Mailänder Scala, als Amelia in Verdis »Un Ballo in Maschera« in Florenz, ihre erste szenische Aufführung von »Tristan und Isolde« 2008 in Tokio und Kobe sowie in der Titelrolle von Glucks »Iphigénie en Tauride« in Valencia. 2010 gab sie ihr viel beachtetes Debüt als Odabella in »Attila« an der Met, Dirigent war Riccardo Muti. Als Konzert- und Recitalsängerin tritt Violeta Urmana mit einem großen Repertoire von Johann Sebastian Bach bis Alban Berg in allen wichtigen Musikzentren in Europa, den USA und Japan auf. Violeta Urmanas Aufnahmen umfassen die Titelrolle in »La Gioconda« unter Marcello Viotti, Auszüge aus »Tristan und Isolde« und »Götterdämmerung« unter Antonio Pappano, Azucena in Verdis »Il Trovatore« unter Riccardo Muti, Cuniza in Verdis »Oberto« unter Sir Neville Marriner, 36 I 37 Violeta Urmana Beethovens Sinfonie Nr. 9 unter Claudio Abbado, Berlioz’ »La mort de Cléopâtre« unter Bertrand de Billy, Zemlinskys »Maeterlinck-Lieder« und Strawinskys »Le Rossignol« unter James Conlon, Mahlers Sinfonie Nr. 2 unter Kazushi Ono sowie Mahlers »Lied von der Erde« und »RückertLieder« unter Pierre Boulez. Darüber hinaus sind eine Lieder-CD und DVDs von vielen ihrer Opernproduktionen erhältlich. 2002 wurde sie in London mit dem renommierten »Royal Philharmonic Society Music Award« ausgezeichnet. 2009 erhielt sie den Titel der Kammersängerin an der Wiener Staatsoper. Gary Lehman Tristan Die »New York Times« bejubelte vor einiger Zeit Gary Lehmans Debüt als Tristan in »Tristan und Isolde« an der Metropolitan Opera folgendermaßen: »Etwas wie ein Retter ist aus den Trümmern erstanden. […] Tristan zu überleben ist an sich schon eine Leistung. Mr Lehman erreichte mehr als das bloße Überleben und die Met muss sich glücklich schätzen, ihn zu haben.« Gary Lehman gab an diesem Abend sowohl sein Rollen- als auch sein Hausdebüt neben Deborah Voigt als Isolde. Seine aufregende Saison 2007/08 setzte er mit Tristan beim »Stars of the White Nights Festival« in St. Petersburg unter der Leitung von Valery Gergiev sowie als Erik im »Fliegenden Holländer« beim »Savonlinna Opera Fetsival« in Finnland fort. Daneben sang er in dieser Spielzeit Florestan in »Fidelio« an der Oper Roanoke, das Tenorsolo in Beethovens 9. Sinfonie mit dem Columbus Symphony und war als Einspringer an der Los Angeles Opera sowohl als Tristan als auch als Florestan zu sehen. In Gary Lehmans kurzen drei Jahren im Heldentenor-Fach hat er in Wagners schwierigsten Partien eine Vielzahl hervorragender Kritiken bekommen, u. a. für seinen Tannhäuser am Theater Erfurt, sein Heldentenor-Debüt als Parsifal an der Los Angeles Opera, seinen ersten Siegmund in »Die Walküre« in der Produktion von Graham Vick an der Long Beach Opera und Jonathan Doves Version des »Rings« sowie für seinen Samson, als der er neben Denyce Graves in »Samson et Dalila« an der Orlando Opera zu erleben war. Gary Lehman trat zuvor als Baritonsolist mit Opernensembles in Nordamerika auf, darunter u. a. die New York City Opera, Atlanta Opera, Pittsburgh Opera, Opera Company of Philadelphia, das Michigan Opera Theater, die Arizona Opera, Boston Lyric Opera und das Opera Theater of St. Louis. Gary Lehman wurde in Ohio geboren. Er hat einen Bachelor of Music von der Dana School of Music an der Youngstown State University und setzte seine Studien an der Indiana University 38 I 39 Gary Lehman fort. Als Teil seiner Ausbildung trat er in über 90 Vorstellungen der Lyric Opera of Chicago auf, wo er Mitglied des Lyric Opera Center for American Artists war. singen sowie in Händels »Tamerlano« neben Plácido Domingo am Gran Teatro del Liceu in Barcelona. Anne Sofie von Otter Brangäne Matthew Best König Marke Anne Sofie von Otter ist als eine der großen Sängerinnen ihrer Generation bekannt und gehört zu den gefragtesten Künstlerinnen unserer Zeit – sowohl bei Dirigenten, Orchestern, Opernhäusern als auch bei Plattenfirmen. Matthew Best studierte am Kings College in Cambridge und am National Opera Studio. 1982 gewann er den »Kathleen Ferrier Award«. Er sang Kurwenal (»Tristan und Isolde«), Don Pizarro (»Leonore«) unter Gardiner bei den »Proms«, bei den »Salzburger Festspielen«, am Concertgebouw Amsterdam und beim »Lincoln Center Festival« in New York, Swallow (»Peter Grimes«), »Siegfried«, »Die Walküre« und »Elektra« in Stuttgart, die Titelrolle im »Fliegenden Holländer«, Amfortas (»Parsifal«), Wotan (»Das Rheingold«), Ramfis (»Aida«) und König Marke (»Tristan und Isolde«). Als Konzertsänger sang er u. a. in Beethovens Sinfonie Nr. 9, »Elias«, Verdis Requiem, Berlioz’ »L’Enfance du Christ« und Mahlers Sinfnonie Nr. 8. Zu ihren letzten Opernhighlights zählen Bizets »Carmen« (Festivals in Glyndebourne und Santa Fe), Glucks »Orfeo« (Stockholm, München) und »Alceste« (Paris, Théâtre du Châtelet), Monteverdis »L’Incoronazione di Poppea« und Lullys »Thesée« (Paris, Théâtre des Champs-Élysées), Clairon in Strauss’ »Capriccio« (Paris, Palais Garnier), Ravels »L’heure espagnole« (Stockholm), Didon in Berlioz’ »Les Troyens« (Genf), Baba in Strawinskys »The Rake’s Progress« (Wien), Brangäne (Los Angeles) und Waltraute (Festivals in Salzburg und Aix-en-Provence), Offenbachs »La Grande-Duchesse de Gerolstein« (Basel) sowie Debussys Melisande und Gräfin Geschwitz in Bergs »Lulu« (New York). Unter seinen zahlreichen Einspielungen sind u. a. Beethovens »Leonore«, Berlioz’ »L’Enfance du Christ«, Brittens »Billy Budd« und »Peter Grimes«, Elgars »The Dream of Gerontius« und Rossinis »Il barbiere di Siviglia«. Als international gefeierte Liedsängerin gibt Anne Sofie von Otter zusammen mit ihrem langjährigen Begleiter Bengt Forsberg Liederabende auf der ganzen Welt. Sie ist für ihre frische und innovative Programmgestaltung bekannt. Eine ebenso erfolgreiche Konzertkarriere führt sie regelmäßig sie in die bedeutendsten Konzertsäle Europas und Nordamerikas, wo sie mit den namhaftesten Dirigenten zusammenarbeitet. Matthew Best machte sich auch einen Namen als Dirigent. Ihn verbindet eine lange Zusammenarbeit mit The Corydon Orchestra and Singers, dessen Gründer und Künstlerischer Leiter er ist. Als Gastdirigent leitete er das English Chamber Orchestra, BBC National Orchestra of Wales, Northern Sinfonia, London Mozart Players, City of London Sinfonia, The Manchester Camerata und The Hanover Band. Aus der exklusiven Zusammenarbeit Anne Sofie von Otters mit der Deutschen Grammophon sind zwischen 1985 und 2009 eine Vielzahl an Aufnahmen hervorgegangen. In diesem Jahr begann sie eine neue aufregende Partnerschaft mit dem Label Naïve. Ihre erste Aufnahme dort, »Love Songs«, ist eine Zusammenarbeit mit dem legendären Jazzpianisten Brad Mehldau und wird im Oktober 2010 veröffentlicht. Die laufende Saison beinhaltet eine ausgedehnte Recital-Tournee durch die USA und Europa mit Brad Mehldau, Konzerte mit dem Israel Philharmonic und Zubin Mehta, dem Los Angeles Philharmonic und Esa-Pekka Salonen sowie mit dem San Francisco Symphony und Michael Tilson Thomas. Mit dem Concerto Copenhagen und Lars Ulrik Mortensen sowie den Musiciens du Louvre · Grenoble und Marc Minkowski geht sie auf Konzertreisen. In einer Saison voller Operndebüts wird Anne Sofie von Otter in Neuproduktionen von Rameaus »Castor et Pollux« am Theater an der Wien und Charpentiers »Médée« an der Frankfurter Oper 40 I 41 Jukka Rasilainen Kurwenal Der Finnische Bassbariton Jukka Rasilainen studierte in Rom bei Tina Scapini-Rella. Noch während seines Studiums debütierte er als Leporello (»Don Giovanni«) in einer Inszenierung von Gian Carlo del Monaco. Von 1985 bis 1986 war er Mitglied des Internationalen Opernstudios in Zürich. Von 1986 bis 1993 war er Mitglied der Ensembles der Theater Dortmund und Krefeld/ Mönchengladbach, wo er die Gelegenheit hatte, wichtige Rollen wie die Titelpartien in »Wozzeck«, »Falstaff« und »Nabucco« sowie Raimondo (»Lucia di Lammermoor«), Jochanaan (»Salome«) und Scarpia (»Tosca«) zu studieren. 2005 debütierte er bei den »Bayreuther Festspielen« in der Titelpartie des »Fliegenden Holländers« und sang dort 2006 den Amfortas. Weitere Höhepunkte der Biografien Saison 2005/06 waren Auftritte als Kurwenal zusammen mit Ben Heppner und Waltraud Meier an der Opéra Bastille (Regie: Peter Sellars, Dirgent: Esa-Pekka Salonen) sowie die »Ring«-Produktion am Théâtre du Châtelet in Paris (Regie: Robert Wilson, Dirigent: Christoph Eschenbach). 2008 sang er Telramund in Genf, Kurwenal bei den »Bayreuther Festspielen« und den Förster (»Das schlaue Füchslein«) an der Opéra Bastille in Paris; 2009/10 war er in einer Neuproduktion des »Rings« in Tokio zu hören. 2004 ernannte die Sächsische Staatsoper Dresden Jukka Rasilainen zum Kammersänger. aus dem Gesangswettbewerb von ’s-Hertogenbosch als Sieger hervor, ausgezeichnet mit gleich vier Preisen. Joshua Ellicott konzertiert regelmäßig mit britischen Orchestern wie dem Royal Philharmonic, der Northern Sinfonia, dem Scottish Chamber Orchestra oder der Academy of St Martin in the Fields; 2008 stellte er sich als Solist bei den »BBC Proms« vor. Weitere Auftritte führten ihn zum Stavanger Symphony Orchestra, zum Rotterdam Philharmonic Orchestra sowie zu Het Brabants Orkest. Als Opernsänger gestaltet Ellicott ein Repertoire von Mozart bis Britten: 2008 debütierte er als Narr im »Wozzeck« am Brüsseler Théâtre Royal de la Monnaie; 2009 war er in Schostakowitschs »Paradies Moskau« bei den »Bregenzer Festspielen« zu erleben. Stephen Gadd Melot Darren Jeffery Steuermann Der aus Berkshire im Südosten Englands stammende Bariton Stephen Gadd sammelte seine ersten musikalischen Erfahrungen als Chorknabe an der Kathedrale von Coventry. Später absolvierte er zunächst ein Ingenieursstudium in Cambridge, bevor er sich doch für die Musik entschied und seine Stimme bei Patrick McGuigan am Royal Northern College of Music in Manchester ausbilden ließ. Er wurde 1990 mit dem »Kathleen Ferrier Memorial Scholarship« ausgezeichnet und gehörte drei Jahre später bei Plácido Domingos »Operalia«-Gesangswettbewerb zu den Finalisten. Regelmäßig ist Stephen Gadd am Londoner Royal Opera House zu erleben, aber auch bei renommierten Bühnen auf dem Kontinent. Die »Salzburger Festspiele« verpflichteten ihn als Paolo in Schrekers »Die Gezeichneten« und betrauten ihn bei einem Japan-Gastspiel mit der Rolle des Grafen Almaviva in Mozarts »Figaro«. An der Opéra national de Paris trat er in Hindemiths »Cardillac« auf, an der Norske Opera in Oslo als Germont Père in »La traviata«, an der English National Opera als Renato im »Maskenball«, an der Opéra National du Rhin als Valentin in Gounods »Faust«. In der Saison 2009/10 war Stephen Gadd u. a. in Puccinis »La fanciulla del West« an der Nederlandse Opera Amsterdam zu Gast und gestaltete die Titelpartie in Verdis »Macbeth« beim »Glyndebourne Festival«. Darren Jeffery, 1976 in Fordham, Cambridgeshire, geboren, studierte bei Patrick McGuigan am Royal Northern College of Music. Zu seinen Opernrollen zählen Donner (»Das Rheingold«), Hobson (»Peter Grimes«) an der English National Opera, Haly (»L’Italiana in Algeri«), Figaro (»Le nozze di Figaro«) an der Opéra de Montpellier, Theseus (»A Midsummer Night’s Dream«), Truffaldino (»Ariadne auf Naxos«), Hauptmann (»Wozzeck« von Gurlitt) und Father Trulove (»The Rake’s Progress«) am Teatro Real Madrid, Masetto (»Don Giovanni«) in Rom mit Antonio Pappano und im Concertgebouw sowie Father Trulove in Bologna unter Riccardo Chailly, am Théâtre de la Monnaie Brüssel und an der Opéra National de Lyon. Sein Konzertrepertoire umfasst Werke wie die »Matthäus-Passion«, »Elias«, »Messias«, Verdis Requiem, die »Johannes-Passion«, Bachs h-moll-Messe, Beethovens 9. Sinfonie, »Die Schöpfung« sowie »Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze«. Als Konzertsänger interpretiert Gadd ein Repertoire, das von Händel und Bach bis zu William Walton, Benjamin Britten und Michael Tippett reicht. Auf dem Plattenmarkt ist Gadd mit Mozarts »Krönungsmesse« und den »Vesperae Solenne Confessore« sowie mit Purcells »Dioclesian« präsent. Als Komponisten und Orchestrator kann man ihn auf der CD »Rutter & Gadd: Familiy Album« hören, die er gemeinsam mit seiner Frau, der Sopranistin Claire Rutter, eingespielt hat. Joshua Ellicott Hirte, Stimme eines jungen Seemanns Der Tenor Joshua Ellicott stammt aus Manchester. Er studierte Musik in York und anschließend Gesang an der Londoner Guildhall School of Music and Drama bei Adrian Thompson. 2006 ging er 42 I 43 Darren Jeffery wirkte an Aufnahmen des Mozart-Requiems und von »Falstaff« unter Sir Colin Davies für das LSO Live Label im Londoner Barbican mit sowie an einer Produktion der »Diebischen Elster« für Chandos. Er trat in den Programmen »In Tune« und »Voices« des Radiosenders BBC3 auf und konzertierte bei den »BBC Proms« 2008 mit dem BBC Symphony Orchestra unter Sir Andre Davis. Darren Jeffery war Finalist bei der »Seattle International Wagner Competition« 2008. Derzeit studiert er bei Margaret Kingsley. Sinfonischer Chor der Chorakademie am Konzerthaus Dortmund Die Chorakademie ist Europas größte Singschule. Aufgeteilt in die Bereiche Kinder, Jugend und Konzert singen in der Chorakademie inzwischen 1300 Sängerinnen und Sänger in über 30 Chören. Der Sinfonische Chor, das Erwachsenen-Ensemble der Chorakademie, ist mittlerweile ein angesehener, fester Bestandteil der Dortmunder Kulturszene. Im Mittelpunkt des Chores steht der große Biografien Bill Viola Bereich der Chorsinfonik. Der Sinfonische Chor sang bereits in verschiedensten Produktionen wie z. B. Donizettis »Roberto Devereux« (Edita Gruberova), Mahlers Sinfonie Nr. 3 (Zubin Mehta), Mozarts »Titus« (Münchner Kammerorchester), Weills »Dreigroschenoper« (Max Raabe, Ensemble Modern), Strawinskys »Les Noces« bzw. Bernsteins »Chichester Psalms« im Konzerthaus Dortmund, der Beethovenhalle in Bonn und der Kölner Philharmonie. Joachim Gerbens Einstudierung Joachim Gerbens, der künstlerische Leiter des Sinfonischen Chores der Chorakademie, studierte Dirigieren und Chorleitung, Musikpädagogik, Musikwissenschaft, Philosophie und Pädagogik in Köln. Er leitet seit 1980 verschiedene Chöre, darunter den des Musikinstitutes Koblenz. Als Gast arbeitete er u. a. mit dem Loh-Orchester Sondershausen, dem WDR Rundfunkchor Köln, dem SDR-Chor Stuttgart und dem Philharmonic Chorus & Orchestra Norwich. Seit 1982 ist er Dozent an der Folkwang-Hochschule Essen und in der Ausbildung von Opern-, Konzert- und Profichorsängern tätig. Als Chorleiter und Musikpädagoge wirkt Joachim Gerbens in der Chorakademie Dortmund seit ihrer Gründung. Bill Viola Visual Artist Bill Viola ist ein Pionier der Videokunst und international anerkannt als einer der führenden Künstler unserer Zeit. Er war maßgeblich daran beteiligt, Video zu einer lebendigen Form zeitgenössischer Kunst zu machen und hat durch seine Werke dazu beigetragen, die technologischen und inhaltlichen Möglichkeiten sowie die historische Reichweite dieses Mediums zu erweitern. Seit 40 Jahren schafft Viola architektonische Videoinstallationen, Videofilme, Klanglandschaften, elektronische Musikaufführungen, Flachbild-Videos und Videos für Fernsehübertragungen ebenso wie für Konzerte, Opern und geistliche Räume. Seine Einkanal-Videos sind auf DVD weit verbreitet, seine Schriften wurden für internationale Leser publiziert und übersetzt. Violas Videokreationen nutzen raffinierte Medientechnologie auf meisterhafte Weise, um damit die spirituelle und wahrnehmende Seite menschlicher Erfahrungen zu erkunden, indem er sich auf universelle menschliche Themen stützt – Geburt, Tod, Bewusstseinsentwicklung. Seine Arbeiten haben Wurzeln sowohl in westlicher wie in fernöstlicher Kunst sowie den Traditionen des Zen-Buddhismus, des islamischen Sufismus und der christlichen Mystik. Seine Werke werden weltweit in Museen und Galerien gezeigt und sind in vielen renommierten Kollektionen zu sehen. Maßgebliche Ausstellungen waren »Bill Viola: Installations and Videotapes« 1987 im Museum of Modern Art, New York, »Unseen Images« 1992 in der Kunsthalle Düsseldorf, Biografien »Buried Secrets« 1995 im U. S. Pavillon der 46. »Biennale Venedig« und »Bill Viola: A 25-Year Survey«, das 1997 vom Whitney Museum of American Art organisiert wurde. 2003 zeigte das J. Paul Getty Museum in Los Angeles »Bill Viola: The Passions«; 2006 lockte »Bill Viola: Hatsu-Yume (First Dream)« mehr als 340 000 Besucher ins Mori Art Museum in Tokio; 2008 präsentierte der Palazzo delle Esposizioni in Rom »Bill Viola: Visioni Interiori«. Nach seinem Abschluss an der Syracuse University 1973 studierte Viola bei und arbeitete mit dem Komponisten David Tudor. Unter dessen Leitung nahm er an der »Rainforest«-Gruppe und Composers Inside Electronics teil, wo er mit Musik und Klangskulpturen experimentierte. Seine Erfahrungen mit Musikkomposition und -aufführungen beeinflussten seine visuellen Werke nachhaltig. Musikprojekte neben »Tristan und Isolde« waren das 1994 Video »Déserts«, das die gleichnamige Komposition Edgar Varèse begleiten sollte, und eine Suite aus drei neuen Videos für die Welttournee »Fragility« der Rock-Gruppe Nine Inch Nails im Jahr 2000. Viola ist Träger zahlreicher Ehrentitel und Preise, darunter der »MacArthur Fellowship« und der »Eugene McDermott Award in the Arts« des MIT. Er wurde in die American Academy of Arts and Sciences gewählt, von der französischen Regierung zum Commandeur des Arts et des Lettres ernannt und jüngst von der katalanischen Regierung mit dem »XXI Catalonia International Prize« ausgezeichnet. Peter Sellars Artistic Collaborator Peter Sellars ist als Theater-, Opern- und Festivalregisseur einer der innovativsten und stärksten Künstler der darstellenden Künste in Amerika und darüber hinaus. Als visionärer Künstler ist Sellars bekannt für seine bahnbrechenden Interpretationen klassischer Werke. Ob Mozart, Händel, Shakespeare, Sophokles oder der chinesische Dramatiker des 16. Jahrhunderts Tang Xianzu, Peter Sellars berührt das Publikum und thematisiert zeitgenössische soziale und politische Fragestellungen. Sellars inszenierte u. a. bereits an der Chicago Lyric Opera, beim »Glyndebourne Festival«, an der Netherlands Opera, Opéra national de Paris, San Francisco Opera und bei den »Salzburger Festspielen« und etablierte so einen Ruf als Anwalt zeitgenössischer Opern, der Werke von Olivier Messiaen, Paul Hindemith und György Ligeti auf die Bühne brachte. Inspiriert von Kompositionen Kaija Saariahos, Osvaldo Golijovs und Tan Duns hat er Produktionen ihrer Werke geleitet, die das Repertoire der modernen Oper erweitert haben. Sellars war die treibende Kraft hinter zahlreichen Neukompositionen seines langjährigen Kooperationspartners John Adams, darunter »Nixon in China«, »The Death of Kleinghoffer«, »El Niño« und »Doctor Atomic«. 46 I 47 Peter Sellars Sellars-Projekte der jüngeren Vergangenheit umfassten eine von der Kritik gefeierte Inszenierung von Strawinskys »Oedipus Rex« und der »Psalmensinfonie« beim Los Angeles Philharmonic und dem »Sydney Festival« sowie eine Produktion von Shakespeares »Othello«, die durch ihre zeitgemäße emotionale Kraft beeindruckte und in Wien, Bochum, und New York zu sehen war. Peter Sellars, Jahrgang 1957, stammt aus Pittsburgh, Pennsylvania. Schon während seines Literatur- und Musikstudiums entstanden rund 40 Inszenierungen. Sellars war Intendant mehrerer großer Festivals, darunter 1990 und 1993 das »Los Angeles Festival«, das »Adelaide Arts Festival« 2002 in Australien und die »Biennale Venedig« 2003. 2006 war er Künstlerischer Leiter von »New Crowned Hope«, einem einmonatigen Festival in Wien, zu dem er internationale Künstler verschiedener kultureller Hintergründe einlud, anlässlich des Wiener Mozart-Jahres zu dessen 250. Geburtstags neue Werke in den Bereichen Musik, Theater, Tanz, Film, bildende Kunst und Architektur zu schaffen. Peter Sellars ist Professor am Fachbereich World Arts and Cultures an der University of California, Los Angeles, und Kurator des »Telluride Film Festival«. Seine weiteren Lehrtätigkeiten umfassen Gastprofessuren am Center for Theater Arts an der University of California, Berkeley. Er selbst studierte an der Harvard University. Er ist Träger des »MacArthur Fellowship«, »Erasmus Prize«, »Sundance Institute Risk-Takers Award« sowie des »Gish Prize« und wurde kürzlich in die American Academy of Arts and Sciences gewählt. Ben Zamora Lichtdesign Ben Zamora schloss sein Studium an der University of Washington mit einem Master of Fine Arts in Lichtdesign und an der University of California, Santa Cruz, mit einem Bachelor of Arts im Fach Theatre Arts ab. Seine Designs wurden auf der ganzen Welt gesehen, so am Lincoln Center for the Performing Arts in New York, am Mariinsky-Theater in St. Petersburg, in der Walt Disney Concert Hall bei einer Zusammenarbeit mit dem Los Angeles Philharmonic, am De Doelen mit dem Rotterdam Philharmonic Orchestra, am Intiman Theatre in Seattle, am Theatre Row und Joyce SoHo in New York, bei Sushi Performance and Visual Art in San Diego, am Portland Institute of Contemporary Art sowie bei verschiedenen Premieren am On The Boards in Seattle. Ben Zamora war mit seiner künstlerischen Mitarbeiterin Etta Lilienthal in der engeren Auswahl für die »Stranger’s Genius Awards« 2009. Er ist Gastdozent an der Seattle University und im Vorstand des renommierten Washington Ensemble Theatre. 48 I 49 Produktionsteam »Tristan und isolde« Assistant Conductor Christian Karlsen Assistant Director/Stage Manager Elsa Grima Assistant Stage Managers Jocelyn Bundy, Paul Carr Production Manager Damian Partington Projectionist, XL Video Gregory Rice Video Operators Sylvain Levacher, Guilhem Jayet Production Electrician John Tapster Rigger Felix Pascal Project Co-ordinator Henrietta Bredin Zu den Videoprojektionen Schauspieler John Hay Tristan (Heavenly Bodies) John Hay ist ein Luftakrobat, der einen Großteil seines Lebens mit seinem Training als Turner verbracht hat. Zwei Jahre lang war er Mitglied der kanadischen Turner-Nationalmannschaft (199597), gewann Medaillen in nationalen und internationalen Wettkämpfen und war 1997 »Province of Manitoba Athlete of the Year«. Hay war 1997 bei der Produktion »O« des Cirque du Soleil dabei und drei Jahre lang einer ihrer führenden Luftakrobaten und Trainer. John Hay arbeitete an den ViolaProjekten »Going Forth By Day« und »Emergence« mit. Jeff Mills Tristan (Earthly Bodies) Jeff Mills arbeitet seit fast 20 Jahren als professioneller Theaterdarsteller und Musiker. Er nahm Schauspielunterricht an der University of California, Santa Barbara, dem National Theater Conservatory in Denver und der Guildford School of Acting and Dance in England. Neben verschiedenen Film-, Werbe- und Sprecherengagements war Jeff Mills häufig an Theatern in den USA zu sehen, darunter die Denver Center Theater Company, das »Colorado Shakespeare Festival« und Shakespeare Santa Barbara. Zurzeit arbeitet er bei der von der Kritik gefeierten Boxtales Theater Company. Sarah Steben Isolde (Heavenly Bodies) Sarah Steben ist Trapezkünstlerin, Akrobatin, Tänzerin und Stuntfrau. In den letzten acht Jahren hat sie viele internationale Preise für ihre Zirkusdarbietungen bei Festivals in Stockhholm, Genf, Paris und Monte Carlo erhalten. Steben trat beim Cirque du Soleil in »Saltimbanco« und »O« und Biografien als Trapezkünstlerin bei Musikern wie Madonna und Aerosmith auf. Dies ist ihr zweites Projekt mit Bill Viola; zuvor arbeitete sie an »Emergence« mit. Lisa Rhoden Isolde (Earthly Bodies) Lisa Rhoden machte ihren Master of Fine Arts an der University of Southern California. Nach einer Zeit an der Royal Academy of Dramatic Arts in London arbeitete sie am Shakespeare Theatre at the Folger in Washington D. C. unter der Regie von Michael Kahn, Paul Giovanni und Toby Robertson in »Hamlet«, »Richard II.«, »Anthony and Cleopatra«, »As You Like It« und der »Beggar’s Opera« auf. Weitere Aufführungen beinhalten »Nora«, »Two Rooms«, »Onkel Wanja«, »Tartuffe«, »The Fantastics«, »Female Transport«, »Children of a Lesser God«, »The Heiress«, »Macbeth« und »Alls Well That Ends Well«. In Film und Fernsehen war sie in »Big Apple«, »Without a Trace«, »The Handler«, »American Family« und »Pinero« zu sehen. Alex MacInnis Technical director, Video and performance Alex MacInnis arbeitet seit fast zwei Jahrzehnten als Editor und Videograf und beschäftigt sich dabei mit Themen wie Tornados, Pumas, religiöse Erscheinungen, dem Einmarsch in den Irak, dem Berufsverkehr in Los Angeles und seiner Begeisterung für Enten. Video Credits Director Bill Viola Executive Producer Kira Gaffer Bobby Wotherspoon Perov Producer S. Tobin Produktion Kirk Production Manager Genevieve Anderson Director of Photography Harry Dawson Camera Assistant Brian Garbellini Harry Dawson Director of Photography Assistant Director Kenny Key Grip Chris Centrella Special Effects Coordinator Robbie Knott Production Designer Wendy Samuels Max Wardrobe Stylist Cassendre de le Fortrie Art Director David Bowers Post production supervisor Michael Seit 15 Jahren arbeitet Harry Dawson mit Bill Viola zusammen; er erweiterte Violas Palette durch den 35-mm-Film und brachte sein umfangreiches Wissen über Lichtdesign in Violas VideokunstInstallationen ein. Dawson stützt sich auf seine 35-jährige Erfahrung als Werbe- und Dokumentarfilmer. Seine Filme laufen auf PBS, dem Discovery Channel und TNT und sind täglich in Museen zu sehen, darunter das Museum of Contemporary Art und das Natural History Museum in Los Angeles, das Plains Indian Museum in Cody, Wyoming, sowie das National Cowgirl Museum and Hall of Fame in Fort Worth, Texas. Actors (principals) Tristan (heavenly bodies) John Hay Mills Isolde (heavenly bodies) Sarah Steben Isolde (earthly bodies) Lisa Rhoden Tristan (earthly bodies) Jeff Hemingway MacInnis On-line editor Brian Pete (LaserPacific Media Corp.) Colorist Mike Sowa (LaserPacific Media Corp.) Digital artists Brian Ross (LaserPacific Media Corp), Editor/live video mix Alex Sound designers Mikael Stunt Coordinator Tom Ficke Stunt Actor Robin Bonaccorsi Sound mixer Tom Sangrin, Becky Allen Ozanich Kira Perov Executive Producer Kira Perov ist Executive Director des Bill Viola Studios. Seit 1978 arbeitet sie eng mit Bill Viola, ihrem Partner und Ehemann, zusammen, übernimmt Leitung und Assistenz bei den Produktionen seiner Videos und Installationen, gibt Publikationen heraus und koordiniert und kuratiert seine Ausstellungen weltweit. Als Executive Producer leitete sie die Produktion des Videos für »Tristan und Isolde« in vielen Details und kreativen Entscheidungen. Bevor sie Bill Viola traf war Kira Perov Director of Cultural Activities an der La Trobe University in Melbourne, wo sie Ausstellungen und Konzerte veranstaltete, und arbeitete am Long Beach Museum of Art in Kalifornien, wo sie die Geschichte von zehn Jahren Videokunst-Ausstellungen und der Video-Sammlung des Museums darstellte. Ihr neuestes Buch, »Bill Viola: Visioni Interiori«, erschien zur Ausstellung gleichen Namens in Rom. 50 I 51 Special thanks to Gerard Mortier (Intendant, Opéra national de Paris, 2005) Deborah Borda (President, Los Angeles Philharmonic Association) Jane Moss (Vice President, Programming, Lincoln Center for the Performing Arts) James Cohan (James Cohan Gallery, New York) Graham Southern, Harry Blain (Haunch of Venison Gallery, London) Leon Silverman (Executive Vice President, LaserPacific Media Corp.) Biografien MCO Residenz NRW Leidenschaft und Raserei Im zweiten Jahr der NRW-Residenz steht beim Mahler Chamber Orchestra wieder eine konzertante Opernaufführung auf dem Programm. Mit Ben Heppner als Otello und Krassimira Stoyanova als Desdemona präsentieren sie Verdis musikalische Umsetzung des Shakespeare-Stoffes. Mi 06.10.2010 · 19.30 GroSSe Kammermusik In der MCO Academy mischen sich Studierende des Orchesterzentrum|NRW unter die Profis und sammeln wichtige Erfahrungen für ihren zukünftigen Berufsalltag. Unter Ton Koopmann spielen die Musiker Werke von Händel, Mozart und Carl Philipp Emanuel Bach. Do 16.12.2010 · 20.00 Alte Bekannte Der junge Dirigent Robin Ticciati steht am Pult, wenn das MCO seine Vielseitigkeit als Sinfonieorchester, Begleiter des Pianisten Pierre-Laurent Aimard und Ensemble passionierter Kammermusiker unter Beweis stellt: Werke von Berlioz, Chopin, Kurtág und Schumann. Sa 19.03.2011 · 20.00 Name mit Programm Im letzten Residenzkonzert der Saison stehen beim MCO pünktlich zum Gustav-MahlerGedenkjahr dessen Sinfonie Nr. 4 sowie Orchesterlieder mit der Sopranistin Mojca Erdmann auf dem Programm. Di 24.05.2011 · 20.00 Musik ist wie ein Puzzle aus Tönen: Viele Elemente fügen sich zusammen zur Erfolgsmelodie des KONZERTHAUS DORTMUND. Unterstützen auch Sie hochkarätige Konzerte und profitieren durch Kartenvorkaufsrecht, exklusive Einladungen, kostenlosen Bezug von Broschüren etc. Werden Sie Teil der Gemeinschaft der »Freunde des Konzerthaus Dortmund e.V.« Infos: T 0231- 22 696 261· www.konzerthaus-dortmund.de Weiterhören Texte Markus Bruderreck, Peter Sellars, Bill Viola Fotonachweise S. 04 © Richard Haughton S.11 © Bill Viola, Standbild aus »Tristan und Isolde«, Foto Kira Perov S.12 © Mat Hennek / DG S. 30 © Clive Barda S.37 © Christine Schneider S.44 © Kira Perov S.47 © Kevin Higa Herausgeber KONZERTHAUS DORTMUND Brückstraße 21 · 44135 Dortmund T 0231-22 696 200 · www.konzerthaus-dortmund.de Geschäftsführer und Intendant Benedikt Stampa Redaktion Dr. Jan Boecker · Marion Schröder Gestaltung Denise Graetz Anzeigen Anne-Katrin Röhm · T 0231-22 696 161 Druck Hitzegrad Print Medien & Service GmbH Wir danken den beteiligten Künstleragenturen und Fotografen für die freundliche Unterstützung. 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