Programmheft herunterladen

Transcrição

Programmheft herunterladen
Expedition Salonen
Abo: Zeitinsel I – Expedition Salonen
In unserem Haus hören Sie auf allen Plätzen gleich gut – leider auch Husten, Niesen und Handyklingeln. Ebenfalls aus Rücksicht auf die Künstler bitten wir Sie, von Bild- und Tonaufnahmen
während der Vorstellung abzusehen. Wir danken für Ihr Verständnis!
2,50 E
Esa-Pekka Salonen / Philharmonia Orchestra
die expedition salonen beginnt
Esa-Pekka Salonen ist seit dieser
Saison neuer Exklusivkünstler am
KONZERTHAUS DORTMUND und
wird sich mit einem repräsentativen Querschnitt seines interpretatorischen und schöpferischen
Œuvres in der Ruhrmetropole präsentieren. Die dreijährige Residenz
unter der Überschrift »Expedition
Salonen« sieht in den folgenden
Spielzeiten die Präsentation weiterer multimedialer Inszenierungen
vor, die Vernetzung mit der am
Konzerthaus Dortmund bereits tätigen »Musikerfamilie«
(u. a. »Junge Wilde«, Mahler Chamber Orchestra) sowie die Aufführung von neuen Werken Salonens,
die der Komponist für den Dortmunder Konzertsaal schreibt.
4I 5
Robert Schumann
Kreidezeichnung von E. Bendemann, 1859
Saisoneröffnung – Philharmonia Orchestra
Dienstag, 14.09.2010 · 20.00
Esa-Pekka Salonen Dirigent · Antti Siirala Klavier
Abo: Orchesterzyklus I – Meisterkonzerte
Robert Schumann (1810 – 1856)
Ouvertüre zu »Genoveva« op. 81 (1848)
Konzert für Klavier und Orchester a-moll op. 54 (1845)
Allegro affetuoso
Intermezzo. Andantino grazioso
Allegro vivace
– Pause ca. 20.50 Uhr –
Jean Sibelius (1865 – 1957)
»Lemminkäinen«-Suite op. 22 (1896)
Lemminkäinen und die Mädchen auf Saari
Der Schwan von Tuonela
Lemminkäinen in Tuonela
Lemminkäinen zieht heimwärts
– Ende ca. 22.10 Uhr –
Einführung mit Prof. Dr. Michael Stegemann um 19.15 Uhr im Saal
6I7
Programm
Philharmonia Orchestra
Donnerstag, 16.09.2010 · 20.00
WDR Rundfunkchor Köln · David Marlow Einstudierung · Esa-Pekka Salonen Dirigent
Abo: Orchesterzyklus II – Meisterkonzerte
Maurice Ravel (1875 – 1937)
Sergej Prokofiew (1891 – 1953)
»Le Tombeau de Couperin« (»Das Grabmahl von Couperin«) (1919)
Fassung für Orchester
Prélude. Vif
Forlane. Allegretto
Menuet. Allegro moderato
Rigaudon. Assez vif
»Romeo und Julia«-Suiten Nr. 1 op. 64a, Nr. 2 op. 64b und
Nr. 3 op. 101 – Auszüge (1936/1946)
Die Montagues und die Capulets (aus: Suite Nr. 2)
Das Mädchen Julia (aus: Suite Nr. 2)
Menuett (aus: Suite Nr. 1)
Maskentanz (aus: Suite Nr. 1)
Romeo und Julia (aus: Suite Nr. 1)
Morgentanz (aus: Suite Nr. 3)
Romeo am Brunnen (aus: Suite Nr. 3)
Der Tod Tybalts (aus: Suite Nr. 1)
Aubade (aus: Suite Nr. 3)
Romeo am Grabe Julias (aus: Suite Nr. 2)
Julias Tod (aus: Suite Nr. 3)
Claude Debussy (1862 – 1918)
Trois Nocturnes für Orchester und Frauenchor (1899)
Nuages. Modéré
Fêtes. Animé et très rythmé
Sirènes. Modérément animé
– Pause ca. 20.55 Uhr –
– Ende ca. 22.10 Uhr –
Einführung mit Prof. Dr. Michael Stegemann um 19.15 Uhr im Komponistenfoyer
Das Konzert wird von WDR 3 live übertragen.
86I7
I9
Programm
Tristan und Isolde
Freitag, 17.09.2010 · 17.00
Violeta Urmana Isolde · Gary Lehman Tristan · Anne Sofie von Otter Brangäne ·
Matthew Best König Marke · Jukka Rasilainen Kurwenal · Stephen Gadd Melot ·
Joshua Ellicott Hirte, Stimme eines jungen Seemanns · Darren Jeffery Steuermann · Sinfonischer Chor
der Chorakademie am Konzerthaus Dortmund · Joachim Gerbens Einstudierung ·
Philharmonia Orchestra · Esa-Pekka Salonen Dirigent · Bill Viola Visual Artist ·
Peter Sellars Artistic Collaborator · Ben Zamora Lichtdesign
Abo: Große Stimmen II
Richard Wagner (1813 – 1883)
»Tristan und Isolde« WWV 90 (1859)
Handlung in drei Aufzügen (halbszenische Aufführung)
Erster Aufzug
– Pause ca. 18.20 Uhr –
Zweiter Aufzug
– Pause ca. 20.10 Uhr –
Dritter Aufzug
– Ende ca. 22.00 Uhr –
Einführung mit Prof. Dr. Holger Noltze um 16.00 Uhr im Komponistenfoyer
Koproduktion mit dem Philharmonia Orchestra und dem »Lucerne Festival«
In Zusammenarbeit mit dem Southbank Centre London und der Symphony Hall Birmingham
Das Video zu »Tristan und Isolde« wurde vom Bill Viola Studio in Zusammenarbeit mit der
Opéra national de Paris, der Los Angeles Philharmonic Association, dem Lincoln Center for the
Performing Arts, der James Cohan Gallery in New York und Haunch of Venison in London produziert.
10 I 11
Esa-Pekka Salonen
8I 9I 13
12
Saisoneröffnung – Philharmonia Orchestra
Robert Schumann Konzert für Klavier und Orchester a-moll op. 54
Robert Schumann Ouvertüre zu »Genoveva« op. 81
Robert Schumanns Oper »Genoveva« ist ein Werk, das bei Musikliebhabern große Verehrung und
zugleich deutliche Ablehnung hervorgerufen hat. Zu viel Text, zu viel Pathos, zu wenig Sanglichkeit,
monierten die Kritiker, die wie immer auch Robert Schumanns Instrumentationskünste anzweifelten. »Genoveva« mag zwar eher eine psychologische Studie sein als eine bühnenwirksame
Oper; dennoch ist das Stück mittlerweile für die Bühne entdeckt worden. Im Mittelpunkt steht
Genoveva von Brabant, eine Figur, die ihr Vorbild im französischen Mittelalter hat. Ihre Geschichte
zählte im 18. Jahrhundert zu den bekanntesten volkstümlichen Stoffen. Für seine Oper benutzte
Robert Schumann Friedrich Hebbels 1843 veröffentlichte tragische »Genoveva«-Version, die er
jedoch noch stark veränderte. Im April 1847 begann er in Dresden mit der Komposition; im August
1848 war das Werk abgeschlossen. Im Jahr 1850 ging es zum ersten Mal in Leipzig über die
Bühne; am Pult stand Robert Schumann selbst.
Die Oper erzählt von der treu sorgenden Ehefrau Genoveva, die ihren Ehemann Siegfried in den
Krieg verabschiedet. Dessen Vertrauter Golo soll einstweilen auf die Alleingelassene Acht geben.
Doch Golo ist in Genoveva verliebt. Als sie ihm aus Abschiedsschmerz ohnmächtig in die Arme fällt,
stiehlt er sich einen Kuss von ihr. Die Amme Margaretha, vor Jahren wegen ihrer Hexenkunst von
Siegfried verbannt, wird Zeugin dieser verbotenen Intimitäten und erkennt ihre Chance zur Rache
an Siegfried. Golo gesteht den verbotenen Kuss – Genoveva weist ihn heftig zurück. Daraufhin
schlägt seine Liebe in Hass um: Er dichtet ihr eine Liebesaffäre an, die Genoveva als zügelloses
Weib brandmarkt und zur Folge hat, dass sie eingekerkert wird. Der heimgekehrte Siegfried befiehlt Genovevas Tod; Golo ist es, der sie hinrichten soll. Doch natürlich ist Rettung nicht fern,
überraschenderweise kommt sie von der Hexe Margaretha. Um ihr Seelenheil zu sichern sorgt sie
dafür, dass Genoveva ihrem Ehemann verzeiht: ein gewaltsam-positives Ende, das nicht Hebbels,
sondern Schumanns Erfindung ist.
Das Drama um die vermeintlich untreue Gattin kann man in der Ouvertüre im Kleinen miterleben.
Das Vorbild Richard Wagner ist hier nicht zu überhören. Die Idee der Leitmotivik greift Schumann
auf, entwickelt sie aber subtil weiter. Gleich zu Beginn, im dritten Takt der langsamen Einleitung,
erklingt das dunkle Motiv, das Golo zugeordnet ist. Das so genannte »Bastard-Motiv«, eine Phrase
der Solovioline, schließt sich an. Im Hauptteil, mit »Leidenschaftlich bewegt« überschrieben, entfalten sich die Motive weiter. Mittels eines prägnanten Hornsignals mischt sich Siegfried in den
musikalischen Fluss ein. Genoveva bleibt musikalisch dagegen eher im Hintergrund – zart leuchtet
ihr Motiv im Wechselspiel zwischen Violinen und Klarinetten auf. In schmetterndem Dur endet die
»Genoveva«-Ouvertüre – genau wie die Oper.
14 I 15
Während Schumanns »Genoveva« nach ihrer Uraufführung – und bis heute – der Gegenstand von
kritischem Argwohn blieb, stieg sein Klavierkonzert bald auf in den Olymp der unvergänglichen Repertoireklassiker. Dabei hatte der Komponist lediglich ein Ziel vor Augen, das er auch später bei seiner
Oper verfolgte: Er wollte die Grenzen des Genres sprengen, etwas gänzlich Neues versuchen.
Ein Virtuose am Klavier war Schumann nur in jungen Jahren. Die Überbeanspruchung seines
Ringfingers – mit Hilfe abenteuerlicher, selbstgebauter Apparaturen – bezahlte der Komponist
mit dem Verlust seiner pianistischen Fähigkeiten und seiner Karriere. Dem Klavier aber blieb
Schumann treu. Zudem heiratete er mit Clara Wieck eine Frau, deren Leben als Konzertpianistin
ebenfalls eng mit dem Klavier verknüpft war. Schumann lernte Clara bereits als neunjähriges Mädchen kennen, als er in Leipzig Jura studierte und ihr Klavierunterricht im Hause Wieck gab. Jahre
dauerte der Kampf um ihre Ehe, die schließlich im Jahr 1849 geschlossen wurde. Mit seinem Klavierkonzert hat Robert Schumann seiner Frau gewissermaßen eine Liebeserklärung gemacht. Der
Name Clara ist im Hauptmotiv des Werkes verborgen, das nur wenige Takte nach Beginn erklingt.
Schumann wählte die italianisierte Form des Namens, Chiara, extrahierte alle Tonbuchstaben und
formte sie zu seinem Motiv c, h, a, a. Die Notenfolge erscheint im Konzert auf immer neue Weise,
in unterschiedlicher Klangfarbe, Phrasierung und Rhythmisierung.
Ausgangspunkt des Konzertes war eine Fantasie für Klavier und Orchester. Sie entstand 1841,
wurde aber weder gedruckt noch öffentlich aufgeführt. Schon von diesem Werk war Clara sehr
angetan: »Das Klavier ist auf das Feinste mit dem Orchester verwebt – man kann sich das Eine
nicht denken ohne das Andere.« Die Fantasie war eine erste Erprobung von Schumanns neuen
Ideen: Sinfonisches, Virtuoses und kammermusikalische Passagen finden hier zu einer neuen Einheit zusammen. »Ich sehe, ich kann kein Konzert schreiben für den Virtuosen; ich muss auf etwas
Anderes sinnen«, schrieb dazu der Komponist – und dachte über »ein Mittelding zwischen Sinfonie,
Konzert und großer Sonate« nach. Seine Fantasie legte er zunächst beiseite, erst 1845 griff er sie
wieder auf und komponierte zwei Sätze hinzu. Die Uraufführung des kompletten Konzertes fand
schließlich am 4. Dezember 1845 statt, im Dresdner Hotel de Saxe. Der Widmungsträger Ferdinand
Hiller dirigierte, Clara Schumann saß am Flügel. Die Kritiken entdeckten eine »kenntnisreiche Verwendung der Effekte ohne Effekthascherei« und lobten die »Klarheit und Durchsichtigkeit« des
Werkes.
Der abstürzenden Akkordkaskade im ersten Satz Allegro affettuoso, im leidenschaftlich-warmherzigen Allegro also, folgt das »Clara-Hauptthema« des Konzerts, das vom Klavier vorgestellt und
vom Orchester aufgegriffen wird. Damit wäre das musikalische Material, das fortan die Musik
beherrscht, bereits komplett. Selbst wenn das Konzert zu lyrischen Tiefen oder zu kammermu-
Werke
sikalischen Dialogen findet, ist das »Clara-Thema« präsent. Nach einer großen, auskomponierten
Kadenz eilt der Satz allegro molto seinem Schluss entgegen. Der zweite Satz ist ein Intermezzo
voller Delikatesse, ein hingetupftes Andantino grazioso mit feinsten kammermusikalischen Momenten. Clara Schumann interpretierte diese Musik (laut einer Mitteilung ihrer Schülerin Adelina
de Lara) gänzlich unsentimental. Schließlich leitet eine verklärte Reminiszenz an den Kopfsatz zum
Finale über. Dort, im Allegro vivace, kehrt das Hauptthema wieder, eingespannt in einen Dreiertakt.
Abwechslungsreich fließt die Musik dahin – die Aufgabe des Pianisten ist es, hier Details innerhalb der romantischen Euphorie hörbar zu machen. Mit diesem heiteren, beseelten Rondo, das
an keiner Stelle zum virtuosen Selbstzeck wird, endet das »vielleicht schönste Klavierkonzert der
Romantik«, wie es der Musikwissenschaftler Hans Christoph Worbs genannt hat.
Jean Sibelius »Lemminkäinen«-Suite op. 22
Das 19. und beginnende 20. Jahrhundert war die Zeit, in der zahlreiche europäische Nationen zu
einem neuen Selbstverständnis fanden. Nicht nur auf politischem Gebiet fand diese Selbstfindung
statt, besonders auch Literatur und Musik wurden in diesem Zusammenhang zum Träger wichtiger
Botschaften. In Finnland war es die Musik von Jean Sibelius, die in hohem Maße Identität stiftete. Für ihn war das finnische Nationalepos »Kalevala«, eine Sammlung altfinnischer Geschichten,
Mythen und Heldensagen, eine lebenslange Quelle der Inspiration. Bereits 1892 hatte Sibelius
in seiner Chorsinfonie »Kullervo« op. 9 Texte aus dem »Kalevala« vertont. Schon ein Jahr später
sollte es eine Oper sein, die auf die Sammlung Bezug nimmt. »Der Bau des Bootes« sollte sich um
den jungen Väinämoinen drehen, der sich in die Tochter des Mondes verliebt – eine »Kalevala«Geschichte, die von der Kraft des Gesanges erzählt, vom Totenreich Tuonela und dem glücklichen
Sieg der Liebe. Die Librettoskizze des Dichters Johan Henrik Erkko erwies sich zwar als lyrisch inspiriert, aber nicht als dramaturgisch stark. Sibelius lag der Stoff am Herzen. Doch ein Besuch der
Wagner-Festspiele 1894 in Bayreuth veranlasste ihn dazu, alle Opernpläne fallen zu lassen. »Parsifal« und »Tristan und Isolde« überwältigten ihn derart, dass er sogar seine Karriere als Komponist
infrage stellte. Sibelius aber schöpfte dennoch neuen Mut. Mit dem Vorbild Franz Liszt vor Augen
fand er für die bereits fertig gestellten Teile seiner Oper eine neue Form: die der Sinfonischen
Dichtung. »Ich glaube, ich bin wirklich jemand, der mit Tönen malt und dichtet«, berichtete Sibelius
enthusiastisch. Seine Musik projizierte er auf einen anderen Handlungsstrang des »Kalevala«: die
Geschichte Lemminkäinens, der im Epos die Rolle des draufgängerischen Liebhabers einnimmt.
Welche Teile der Oper Eingang in die »Lemminkäinen«-Suite fanden, weiß man heute nur zum
Teil. Fest steht, dass Sibelius die 1894 komponierte Ouvertüre zum ›Schwan von Tuonela‹ umgearbeitet hat. »Das Ganze war als Programmsinfonie gedacht«, gab Sibelius viel später zu. Dass er
dabei von Hector Berlioz Impulse bekam, ist wahrscheinlich: Die »Faust«-Sinfonie des Franzosen
16 I 17
war in Helsinki um 1894/95 sehr beliebt. Sibelius’ Suite ist aber keine reine Programmmusik. Sie
gehorcht auch anderen Bauplänen: In ihren vier Sätzen kann man den Ablauf einer konventionellen
Sinfonie wieder erkennen. Die Uraufführung fand schließlich am 13. April 1896 in Helsinki statt.
›Lemminkäinen und die Mädchen auf Saari‹ ist in Sonatenform geschrieben. Die Tondichtung
schildert den Versuch des Helden, die schöne, aus einer mächtigen Familie stammende Kylliki auf
Saari zu erobern. Die Mädchen der Insel machen sich zunächst über Lemminkäinen lustig, erliegen dann aber seinem Charme. Kylliki weist ihn zurück, eine Handlungsweise, die Lemminkäinen
allerdings nicht akzeptiert: Er entführt das Mädchen und trägt sie auf seinem Schlitten davon. Einige Details in Sibelius’ Partitur sind programmatisch deutbar. Gleich in den ersten Takten klingen
Hörner durch den Nebel, die Streicher zeichnen die Bewegung der Wellen nach. Ein tänzerisches
Thema der Bläser stellt die Mädchen der Insel dar. Den nach Liebe gierenden Lemminkäinen
kennzeichnet eine unendliche Melodie. Eine erotische, leidenschaftliche Atmosphäre bestimmt
den Satz, in dem sich die musikalischen Motive der Handelnden verschlingen.
Wenn außerhalb Finnlands Musik aus der »Lemminkäinen«-Suite zu hören ist, dann ist es gemeinhin der zweite Satz der Suite, ›Der Schwan von Tuonela‹. Dunkel ist er instrumentiert, Flöten,
Klarinetten und Trompeten fehlen. Stattdessen werden die Streicher in hohe Register geführt –
was gleich zu Beginn stark an Sibelius’ Bayreuther Wagner-Erfahrungen erinnert. In der statischen
Musik beschreibt ein vom Cello unterstütztes Englischhornsolo Tuonela, das Totenreich. Es »ist von
einem breiten Flusse mit schwarzem Wasser umgeben, auf dem der Schwan majestätisch und
singend dahin zieht«, hat Sibelius dazu erklärt.
In ›Lemminkäinen in Tuonela‹ setzt sich der Besuch des Helden im Totenreich fort. Viele Abenteuer muss er dort bestehen, unter anderem einen Kampf gegen den Schwan ausfechten. Diesen
Kampf beschreibt Sibelius mit einer Musik, in der vielleicht noch am deutlichsten ihre opernhafte
Herkunft durchscheint. Im Reich des Friedens und des Todes erwachen böse Geister, die gegen
den Helden antreten. Streichertremoli und gewaltige Steigerungen künden von Gefahr. Zu sehr
finnisch wirkenden, runenartig in sich kreisenenden Klängen tritt schließlich Lemminkäinens Mutter auf, eine Zauberin. Ihr gelingt es, ihren in Stücke gehauenen Sohn wieder zusammenzusetzen.
Nahezu sakral wirken die Jubelklänge, unter denen Lemminkäinen von den Toten aufersteht.
Im Finale ›Lemminkäinen zieht heimwärts‹ dient ein Fagottmotiv als Keimzelle für alle folgenden
musikalischen Entwicklungen. Man könnte sich hier den wilden Ritt des Helden vorstellen, einem
glücklichen Ende entgegen. Die poetische Idee dieser Tondichtung, die wie ein überschäumender
Nachtrag zum Vorigen wirkt, hat Sibelius selbst beschrieben. »Ich würde mir wünschen, dass wir
Finnen etwas mehr Stolz in uns hätten. Lasst den Kopf nicht hängen! Wessen müssten wir uns
schämen?«
Werke
Philharmonia Orchestra
Maurice Ravel »Le Tombeau de Couperin«
Zu klein und zu schwächlich: So lautete das Urteil des Militärs über Maurice Ravel, als der Komponist sich meldete, um wie sein Bruder Edouard am Ersten Weltkrieg teilzunehmen. Zwar konnte
Ravel seinem Land auch gut durch Komponieren dienen, das wusste er. Die Rolle des unbeteiligten
Zuschauers lag ihm jedoch nicht. Im Alter von 39 Jahren trennte Ravel sich von seiner 74 Jahre
alten Mutter und trat als Schwesternhelfer in die Armee ein. Keinen Monat war er in dieser Position
tätig, als er im Oktober 1914 einige neue Klavierstücke vollendet hatte, die später in die Suite »Le
Tombeau de Couperin« eingehen sollten. Im März 1915 wurde Ravel Fahrer im 13. Artillerieregiment:
ein gefährlicher Job, anstrengend für den körperlich zarten Komponisten. Für zwei Jahre trat nun
die Musik für ihn in den Hintergrund. Erst nach dem Tod seiner Mutter 1917 widmete Ravel sich
wieder verstärkt dem Komponieren und komplettierte auch seine französische Suite. Das einst sehr
heiter gedachte Stück nahm dabei eher verhaltene Züge an, denn jeder Satz von »Le Tombeau de
Couperin« ist einem Freund gewidmet, den Ravel an der Front verlor. Nach der Uraufführung 1919
instrumentierte der Komponist vier seiner sechs Klavierstücke; im Februar 1920 wurde die Suite
uraufgeführt: Rhené-Baton leitete das Orchestre Pasdeloup. »Die Metamorphose der Klavierstücke in
sinfonische Werke war für Ravel ein Spiel, das zu einer Perfektion getrieben wurde, die den Charme
des Originals noch übertraf«, so urteilte der Musikkritiker und Komponist Alexis Roland-Manuel über
die Instrumentationskünste seines Freundes. Und wirklich erscheint die Suite perfekt ausbalanciert,
farbig, raffiniert, durchsichtig und brillant – ein Ergebnis von Sorgfalt und Ökonomie gleichermaßen.
Der »Grabstein« (»Tombeau«) für Maurice Ravels Militärfreunde ist ein empfindsames Stück
Erinnerung, zuweilen durchzogen von melancholischen Untertönen, aber teilweise auch geradezu
heiter. Das temperamentvoll-verspielte Prélude imitiert den Cembalo-Stil Jean-Philippe Rameaus
oder François Couperins. Für die Forlane hat Ravel zunächst eine Vorlage Couperins studiert und
transkribiert, um sich stilistische Sicherheit zu verschaffen. Im Menuet spielt die Oboe eine besondere Rolle. Und der alte provenzalische Tanz Rigaudon wurde nie mit solch einem Elan nachempfunden. Nicht verwunderlich ist, dass auf diese Musik bald auch das Ballett aufmerksam wurde.
Im November 1920 kam am Théâtre des Champs-Élysées eine Tanzfassung heraus, uraufgeführt
durch das Schwedische Ballett und Désiré-Emile Inghelbrecht.
Claude Debussy Trois Nocturnes für Orchester und Frauenchor
Wann sich musikalische Ideen im Kopf eines Komponisten entwickeln und später Früchte tragen,
lässt sich nicht immer mit Gewissheit sagen. Gerne aber gehen Musikwissenschaftler gerade
solchen Details auf den Grund. Im Falle von Claude Debussys Trois Nocturnes fördert ein solcher
18 I 19
Forscherdrang zahlreiche Quellen zutage. Einige Kompositionsskizzen scheinen dabei bis ins Jahr
1892 zurückzureichen und führen zu einem Werk, dessen Partitur heute verloren ist: den »Trois
Scènes au Crépuscule« (»Drei Szenen in der Dämmerung«). Sie waren wohl das Urmaterial, aus
dem später die Trois Nocturnes entstanden. Vielleicht wären die Nocturnes jedoch nie komponiert worden, hätte Claude Debussy nicht Bekanntschaft mit dem Ysaÿe-Quartett gemacht, das
Ende Dezember 1983 in Paris die Uraufführung seines Streichquartetts bestritt. Von Eugène Ysaÿe,
einem der größten Violinvirtuosen seiner Zeit, war Debussy begeistert. Er entschloss sich im September 1894, für den Geiger ein Stück zu schreiben. Material aus den ominösen »Scènes au
Crépuscule« wollte er dazu verwenden. Was die Klangfarben dieses Werkes betrifft, schwebte ihm
etwas gänzlich Neues vor: »Ein Experiment mit unterschiedlichen Schattierungen, die von einer
Farbe allein gewonnen werden können – wie eine Graustudie in der Malerei.« Die Komposition
aber stellte Debussy zunächst zurück – seine gleichzeitig entstehende Oper »Pelléas et Mélisande«
nahm ihn zu sehr in Anspruch. Zu einem Werk für Ysaÿe kam es schließlich nie. Stattdessen formte
er aus dem Material drei Orchesterstücke, die den Namen »Nocturnes« erhielten.
Die künstlerischen Einflüsse, die in den Nocturnes dingfest gemacht werden können, sind vielfältig. Von den »Scènes au Crépuscule« her überträgt sich ein Zusammenhang mit symbolistischen
Gedichten Henri de Régniers. Eine wichtige Inspirationsquelle waren aber wohl auch die »Nocturnes« genannten Bilder von James McNeill Whistler, dem in Paris lebenden Maler amerikanischer
Herkunft. Er hatte den Hafen von Valparaiso in Chile, die Themse in London und den Vergnügungspark Cremorne Gardens bei Nacht gemalt.
Zwei Jahre arbeitete Debussy an den Nocturnes. Mit seinem »Prélude à l’après-midi d’un faune«
hatte er 1894 einen unglaublichen Erfolg gehabt; jetzt galt es, nicht dahinter zurück zu bleiben,
was schließlich auch gelang. Als die ersten beiden Nocturnes schließlich im Dezember 1900 aufgeführt wurden, im Rahmen der Pariser Lamoureux-Konzerte, fanden die Kritiker kaum Worte für
das, was sie da gehört hatten. »Das ist pure Musik, erdacht jenseits der Grenzen der Realität, in
der Welt der Träume«, war zu lesen.
Anlässlich der ersten Gesamtaufführung am 27. Oktober 1901 hat der Komponist eigenhändig
Programmnotizen verfasst: »Das Wort Nocturnes ist hier in einem allgemeinen und dekorativen
Sinn zu verstehen. Es handelt sich also nicht um die übliche Form der Nocturne, sondern um
alles, was dieser Begriff an Impressionen und Lichterspiel erwecken kann. Nuages: das ist der
Anblick des unbeweglichen Himmels, über den langsam und melancholisch die Wolken ziehen
und in einem Grau ersterben, in das sich zarte weiße Töne mischen.« Trübe und statisch wirkt
die Wolkenwand aus Tönen, die musikalischen Motive drehen sich in sich selbst. Davor setzt sich
besonders ein Englischhornsolo immer wieder ab. Sein chromatisches Aufwärtsmotiv lässt, laut
Debussy-Biograf Léon Vallas, an ein vorbeiziehendes Boot mit Nebelhorn denken.
Werke
»Fêtes: das ist der tanzende Rhythmus der Atmosphäre, von grellen Lichtbündeln für Augenblicke erhellt; ein Aufzug fantastischer Gestalten nähert sich dem Fest und verliert sich in ihm. Der
Hintergrund bleibt stets der Gleiche: das Fest mit seinem Gewirr von Musik und Lichtern, die in
einem kosmischen Rhythmus tanzen.« Das Treiben im Bois de Boulogne soll Debussy zu seiner
Musik angeregt haben. In einem Marsch zieht die Garde Nationale auf und passiert vor dem inneren Ohr des Konzertgängers.
»Sirènes: das ist das Meer und seine unerschöpfliche Bewegung; über die Wellen, auf denen das Mondlicht flimmert, tönt der geheimnisvolle Gesang der Sirenen, lachend und in der
Unendlichkeit verhallend.« Eine Hommage an die See hat Debussy hier komponiert – später
sollte er sich dem Thema mit »La Mer« (1905) noch weit ausführlicher widmen. Ein Vokalisen
singender Frauenchor trägt hier wesentlich zum ätherischen, rauschhaften Kolorit des Satzes
bei und symbolisiert zudem den Sirenengesang als solchen. Um deren verführerische Klänge
eng mit den Stimmen des Orchesters zu verweben, benötigte Debussy viel Zeit und Geduld. Das
Ergebnis war ein Stück, das zu seiner Zeit wie Zukunftsmusik klang. »Ich liebe die Musik leidenschaftlich, und weil ich sie liebe, versuche ich sie zu befreien von den unfruchtbaren Traditionen,
die sie ersticken. Sie ist eine freie Kunst, grenzenlos wie die Elemente, der Wind, der Himmel,
das Meer!«, so Debussys künstlerisches Credo. Mit den Nocturnes warf er alle Traditionen sinfonischer Gestaltung und thematischer Konflikte über Bord – und sicherte sich damit einen Platz
in der Musikgeschichte.
Sergej Prokofiew »Romeo und Julia«-Suiten Nr. 1 op. 64a, Nr. 2 op. 64b und Nr. 3 op. 101
Mit seinem Ballett zu William Shakespeares »Romeo und Julia« stieß Sergej Prokofiew im Jahr
1935 zu einer neuen Qualität seines Komponierens vor. Er war gerade nach Russland zurückgekehrt, im Ausland hatte er kein Glück gefunden. Zwar hatte er weltweit Ruhm geerntet als Dirigent,
Pianist und Komponist. Doch Prokofiew gab freimütig zu: »Die Luft in der Fremde kann mich nicht
inspirieren, weil ich Russe bin und nichts für einen Menschen schädlicher ist als das Leben im
Exil.« Mitte der 1930er-Jahre, nachdem sich Prokofiew endgültig in Moskau niederließ, begann
seine »russische Periode«. Sie bescherte seiner Musik größere Melodik, mehr Einfachheit und
Volkstümlichkeit.
Wie die Beschäftigung mit »Romeo und Julia« begann, hat der Komponist selbst erzählt. »Ende
1934 kam es mit dem Leningrader Kirow-Theater zu Verhandlungen über ein Ballett. Wir kamen
auf Shakespeares ›Romeo und Julia‹. Aber das Kirow-Theater besann sich ­anders, und an seiner
statt schloss das Moskauer Bolschoi-Theater einen Vertrag ab.« Im Verlauf des Sommers 1935
komponierte Prokofiew seine »Romeo und Julia«-Musik; Anfang Oktober desselben Jahres fand
20 I 21
sogar bereits eine konzertante Aufführung im Bolschoi-Theater statt. Dort allerdings befand man
das Werk für untanzbar. Keinen konkreten Aufführungstermin vor Augen, formte Prokofiew die
Musik zunächst zu zwei Suiten um, die 1936 in Moskau und 1937 in Leningrad uraufgeführt wurden (die dritte folgte wesentlich später, quasi als Nachtrag, im März 1946 als op. 101). Erst Ende
1938 kam es zur Uraufführung des kompletten Balletts im tschechischen Brünn. Die Aufführung
fand praktisch keine Resonanz. Sowjetische Musikchroniken beschrieben dagegen noch sehr viel
später die Leningrader Realisation von 1940 am Kirow-Theater als eigentliche Uraufführung, die
dann auch endlich den verdienten Erfolg brachte. Besonders die Primaballerina Galina Ulanowa
wurde mit Lob überschüttet. Dabei hatte sie anfangs deutliche Schwierigkeiten mit dem Stück:
»In Prokofiews Musik gibt es viel Unerwartetes, Ungewohntes, für den Tanz Unbequemes. Der
häufige Wechsel der Rhythmen z. B. verursachte den Darstellern Schwierigkeiten und behinderte
sie.« Am Bolschoi-Theater in Moskau wurde dessen ungeachtet die Partie der Julia zu Ulanowas
Paraderolle und verhalf ihr zu Weltruhm.
In »Romeo und Julia« arbeitete Prokofiew mithilfe von Leitthemen die musikalischen Charaktere
der Hauptpersonen heraus und erschuf ein motivisches Geflecht, das 52 Einzelnummern lang
trägt. Die Themen hängen den Figuren nicht wie Etiketten an, sondern sind lebendige musikalische Verkörperungen, die sie beschreiben und gleichzeitig ihre psychische Verfassung andeuten.
Bei der tänzerischen Umsetzung der Musik reichte der klassische Tanzstil oftmals nicht aus, die
Mitwirkenden griffen zu Mitteln des Ausdruckstanzes und der Pantomime. In »Musik der Zeit« von
1953 beschrieb ein Beobachter das Bühnengeschehen: »›Romeo und Julia‹, ein Ballett, das so voller Farben, Leidenschaft, Erregung und Waffenspiel ist, dass manche nicht mehr als einen Akt am
Abend ertragen können. Es enthält nur ganz wenig wirklichen Tanz. Eher ist es eine ausgearbeitete
Pantomime oder eine Oper ohne Worte.«
In seinem Ballett hat Prokofiew eine Technik angewandt, die der des Filmschnitts sehr nahe
kommt. Immer wieder bricht er musikalische Phrasen ab und nimmt andere auf – ähnlich dem
Perspektiv- und Bildwechsel bei einer Kamera. In den Orchestersuiten jedoch, die große Beliebtheit
erlangten und das Ballett auch beim Konzertpublikum bekannt gemacht haben, tritt diese Technik
eher in den Hintergrund. Nur vage folgen die Sätze der Chronologie des Balletts. Die erste Suite op.
64a präsentiert musikalische Themen aus dem ersten und zweiten Akt des Balletts. Ein heiter-unbeschwerter Volkstanz macht den Anfang, gefolgt von einem pompös-würdevollen Menuett und einem
latent agressiven Maskentanz; die Suite endet im wuchtig-schrillen Tod Tybalts. Die zweite Suite op.
64b zeichnet zunächst ein Porträt der verfeindeten Familien, schrill, lärmend und tragisch. Anmutig
dagegen wirkt die musikalische Charakterisierung Julias. Wie schwebend und berauscht wirken die
Klänge, mit denen sich Julia und Romeo verabschieden. Nach einem Tanz der Antillenmädchen
endet Prokofiew schlicht, nicht ohne das Todesmotiv seines Balletts ausführlich variiert zu haben.
Die dritte Suite gibt sich über weite Strecken lyrisch und schließt mit Julias Tod.
Werke
Tristan und Isolde
Richard Wagner »Tristan und Isolde« WWV 90
Rechtsanwä lte | Par tner schaf tsgesellschaf t | Notare
staadenvonboxberg.de
Der perfekte
Einsatz.
Mit dem letzten Konzertabend der Zeitinsel »Expedition Salonen« unternimmt der Weltstar aus
Finnland ein ganz besonderes Experiment. Zusammen mit dem Regisseur Peter Sellars und dem
weltweit wohl bedeutendsten Videokünstler Bill Viola entwickelte Esa-Pekka Salonen für die Walt
Disney Concert Hall in Los Angeles ein außergewöhnliches Projekt. An drei Abenden in Folge präsentierte er dort im Jahr 2004 jeweils einen Akt von Richard Wagners Oper »Tristan und Isolde«
und stellte ihr Musik gegenüber, die ohne dieses Werk gar nicht denkbar gewesen wäre. Dem
ersten Akt des »Tristan« wurde Alban Bergs Lyrische Suite beigestellt, der zweite Akt rieb sich
an Claude Debussys Suite aus »Pelléas und Mélisande«. Kaija Saariahos »Cinq reflets« mischte
Salonen dem dritten Akt bei. In seinen Videobildern erforschte Bill Viola dazu die Themenkreise, die
Wagners Oper bestimmen: Betrug, Verwandlung, Wiedergeburt, Erinnerung und Zeit. Feuer, Wasser,
Luft und Erde sind die Elemente, die seine Bildsprache bestimmen. Salonen hält Viola für den
»wichtigsten zeitgenössischen Videokünstler der Welt. Seine Sprache ist perfekt für Wagner […].
Die Bilder sind von eindringlicher Schönheit und nachdem man sie gesehen hat, wird man sie
nicht wieder vergessen«. Im Jahr 2005 entschied sich Peter Sellars dazu, das »Tristan«-Projekt
ohne die fremden musikalischen Zugaben zu präsentieren. Das Ergebnis, im April jenes Jahres
in der Opéra national de Paris uraufgeführt, blieb gleichwohl spektakulär.
Peter Sellars weiß: Wagners »Tristan« ist schwer zu inszenieren. Der Komponist selbst brach
1860 einen ersten Versuch ab, nach immerhin 77 Proben. »Tristan und Isolde«, Wagners siebentes
vollendetes Bühnenwerk, beschäftigte ihn fünf Jahre hindurch. Eine Oper, die an letzte Fragen
rührt. »Ewige Vereinigung in ungemessenen Räumen, ohne Schranken, ohne Banden, unzertrennbar«: Davon träumte Richard Wagner, als er seinen »Tristan« schrieb. Die Vorlage fand der
Komponist bei dem mittelalterlichen Dichter Gottfried von Straßburg, der eine Sage schriftlich
festgehalten hat, die schon lange zuvor im Volksmund lebendig war. Wagner übernahm hier das
Wesentliche – und gestaltete doch alles neu. Eine Nebensächlichkeit bei Straßburg wird zum Kern
seiner eigenen Dichtung: die Schicksalhaftigkeit der Liebe zweier Menschen, die füreinander bestimmt sind und die sich gegen alle Widerstände durchsetzen. Damit hatte Wagner zudem einmal
mehr sein Lieblingsthema angeschlagen: die Urmacht der Liebe, die Konventionen sprengt und
Schranken überwindet.
Das innere Erleben der Personen wird zu einer bestimmenden Komponente der Oper. Subjektives Empfinden – zum Beispiel der Zwiegesang in der Liebesnacht, Tristans innere Monologe und
Isoldes Liebestod – stehen den realen Bühnenereignissen gegenüber. Es entsteht ein Netzwerk
von seelischen Vorgängen, Reflexionen, Gedanken und Erinnerungen. Im Orchester und in der
dichten Leitmotiv-Komposition findet es seinen Widerpart.
Spieker & Jaeger I [email protected] I www.spieker-jaeger.de
Kronenburgallee 5 I 44139 Dortmund I Telefon +49 231 9 58 58 - 0
Werke
Dass Richard Wagner das unendliche Liebessehnen des Paares so eindringlich darzustellen
verstand, hat auch seinen Grund in eigenen Erfahrungen, die er in der stürmischen Affäre mit Mathilde Wesendonck gemacht hat. Die Frau von Wagners Mäzen Otto Wesendonck war die Muse des
»Tristan« und so bedeutend für das Werk, dass Wagner sie in der Kompositionsskizze des ersten
Aktes 1857 mit einem Widmungsgedicht verewigte. Ein Jahr später wurde aus dieser Liebe ein
Skandal. Wagner musste nach Venedig fliehen.
sich behandeln zu lassen. Sie entfernte das Gift, heilte die Wunde und rettete ihm so das Leben.
Als er ihr in die Augen sah, brachte sie es nicht über sich, ihren Verlobten zu rächen. Tristan ging
zurück in seine Heimat. Er kam schließlich zurück – doch nicht, wie Isolde gehofft hatte, um ihre
Beziehung zu vertiefen. Stattdessen ist er als Kurier gekommen, um sie als Siegestrophäe und
Braut seinem Freund, König Marke von Cornwall, zu überreichen. Isolde war am Boden zerstört
und öffentlich gedemütigt.
Über die Musik des »Tristan« ist viel geschrieben worden. Der Opernkenner Kurt Pahlen hebt
hervor, dass sie in ihrem Anspruch, ihrem Ziel und ihrer Grundidee gänzlich neu sei: »Ihr Wert
ist einzig und allein durch die Assoziationen bestimmt, durch die Gefühle und Bilder, die sie im
Hörer hervorruft. Der sinnliche Eindruck, der Zwang zum Miterleben ist hier einziges Ziel.« Ein
zeitgenössisches Publikum hat zu Wagners Zeiten wohl schon beim Vorspiel dieser »Handlung
in drei Aufzügen« seinen Ohren nicht getraut. In den ersten Takten findet sich bereits der so
genannte »Tristanakkord«, jener bedeutsame Klang, mit dem zum ersten Mal in der Musikgeschichte eine Dissonanz funktionsharmonisch nicht wirklich aufgelöst wurde. Nach der Meinung
vieler Musikforscher beginnt hier die musikalische Moderne. Dass Wagner mit seiner Oper viel
wagte und neue Horizonte aufriss, wusste er selbst am besten. Mathilde Wesendock schrieb
er: »Kind! Dieser Tristan wird was Furchtbares! Dieser letzte Akt!!! – Ich fürchte die Oper wird
verboten – falls durch schlechte Aufführung nicht das Ganze parodiert wird –: nur mittelmäßige
Aufführungen können mich retten! Vollständig gute müssen die Leute verrückt machen.«
Isolde und Brangäne haben einen geheimen Vorrat von Salben und Elixieren, einem Geschenk
von Isoldes Mutter, mit auf die Reise genommen. Das heiligste und schönste Elixier ist ein Trank
aus der reinen, konzentrierten Essenz der Liebe. Es gibt aber auch einen Todestrank, eine schnelle
Lösung, um ein vertanes Leben auszulöschen, wenn der Schmerz unerträglich wird. Auf dem
Höhepunkt der Reise trinken Isolde und Tristan den tödlichen Cocktail. Sie sehen sich in die Augen
und trinken begierig, beide sehnen sich nach Erlösung. Allerdings wissen sie nicht, dass Brangäne
die Phiolen vertauscht hat und sie nun pure Liebe in sich aufnehmen. Für einen unendlichen
Augenblick denken Tristan und Isolde, sie hätten die Grenze vom Leben zum Tod überschritten;
ihre Herzen sind frei. Ihre geheime Liebe wird zu einem unaufhaltsamen, reißenden Strom, als
das Schiff in den Hafen läuft und König Marke mit schallenden Trompeten angekündigt wird. Die
grellen Lichter der Welt von Macht und Prestige lassen ihren Traum verblassen; Tristan und Isolde
bleiben verwirrt und erstaunt zurück.
Synopsis – »Tristan und Isolde« aus der Sicht von Peter Sellars
Erster Aufzug
Zwei verstörte, wütende, verzweifelte und verletzte Menschen befinden sich auf einer langen Reise
auf demselben Schiff. Keiner der beiden erwartet, die Fahrt zu überleben. Bei Isolde zeigt sich
die selbstmörderische Verzweiflung in harten, zerstörerischen Stimmungsumschwüngen, bitterem
Sarkasmus, unbeherrschbarem Weinen und dem Bedürfnis, sich auszusprechen. Bei Tristan ist
es die vernarbte, schmerzliche Stille der emotionalen Blockade und Verleugnung – während der
gesamten Reise hat sich Tristan geweigert, Isoldes Anwesenheit zur Kenntnis zu nehmen. Ihre
engsten Freunde, Brangäne, eine Heilerin und Seherin, und Kurwenal, ein alter Soldat, sind entschlossen, ihnen durch ihre dunkelsten Stunden zu helfen und sie davon abzuhalten, sich selbst
oder anderen noch mehr Schaden zuzufügen.
Jahre zuvor hatte Tristan den irischen Ritter Morold im Kampf getötet; er selbst wurde durch
Morolds giftgetränkte Klinge verwundet. Diese Wunde konnte nur von Morolds Verlobter, der Prinzessin und Schamanin Isolde, geheilt werden. Unter dem Namen Tantris kam Tristan zu ihr, um
24 I 25
Zweiter Aufzug
In der Dämmerung hallt der Klang von Jagdhörnern durch die Wälder. Tristans »bester Freund«
Melot hat eine nächtliche Jagd für König Marke organisiert. Im sterbenden Licht der Abendröte
sieht Isolde voraus, dass Tristan selbst die eigentliche Beute ist. Sie hat nur Augen und Ohren für
die Schönheit der Natur, die Harmonie des Abends und das Gute, das in jedem Herzen liegt. Ihr
Herz ist vom Mond erhellt, von der Göttin der Liebe und der weiblichen Kraft, die das Universum
durchströmt. Wenn sie die letzte Fackel löscht, wird Tristan, der tief im Wald wartet, zu ihr ins
Mondlicht treten. Brangäne spürt, dass überall Spione lauern. Sie bittet Isolde, die Fackel brennen
zu lassen und begibt sich zu ihrem Wachturm. Isolde erstickt die Flamme und erwartet die Ankunft
ihres Geliebten im Dunklen.
Der anfängliche Adrenalinrausch von Gefahr und Glücksgefühl weicht erst Zweifeln, dann etwas
unbeholfenen Scherzen und schließlich harter Arbeit. Isolde fragt Tristan direkt, warum er versucht
hat, sie zu verraten. Was hat ihn dazu getrieben? Mit ihrer Hilfe und in schmerzhaften Ausbrüchen
von Selbsterkenntnis kommt alles, was Tristan in sich verschlossen hatte, heraus. Die Faszination
glänzenden Ruhmes, die Welt zu seinen Füßen und der Eindruck des Erfolgs veränderte seine
Persönlichkeit so, dass er sich selbst fremd wurde. Er verletzte seine engsten Freunde ohne es
zu merken; die wachsende Kluft zwischen seinem Bild in der Öffentlichkeit und seinem stets
Werke
niedrigen Selbstwertgefühl führte zu schwelendem Selbsthass. Er fühlte sich der Frau unwürdig,
deren Loblied er sang, und versuchte das zu kompensieren, indem er sich in militärische Abenteuer stürzte.
Isolde beginnt zu verstehen, dass der Mann, den sie zuvor als arrogant und kalt empfunden
hat, in Wahrheit Angst hatte und verzweifelt war. Sie muss allerdings auch erkennen, wie tief sie
verletzt wurde und wie sehr ihr dieser Schmerz immer noch zusetzt. Eine Basis für eine ernsthafte Beziehung zwischen Tristan und Isolde kann es nur geben, wenn sich die beiden mit ihren
Fehlern, Enttäuschungen und dem Betrug intensiv auseinandersetzen und die Kraft gebende
und schöpferische Fantasie, die die Liebe stärkt, von den Lügen, Ausflüchten und Unwahrheiten
trennen, die das Vertrauen vergiften.
Zusammen treten sie in das Reich der Nacht, das nächtliche Ich, den weiten Raum in jedem
Menschen, der nichts mit dem alltäglichen Leben zu tun hat. Alles Denken, alles Äußerliche, alle
Erinnerung ist ausgelöscht in einer Nacht vollkommener Liebe »Herz an Herz, Mund an Mund,
eines Atems«. Als ihre Entrückung den Höhepunkt erreicht, dringt Brangänes warnende Stimme
durch die Nacht wie Wolken, die über dem Meer aufziehen. Die bittere Wahrheit, dass alle Freude
in dieser Welt vergänglich ist, alles Schöne sterben oder getötet werden wird, macht die Liebesmusik noch kostbarer – wir hören die himmlische Stimme des Mitgefühls, die den Sterblichen
Buddhas vier edle Wahrheiten darlegt.
Isolde fragt sich, was am nächsten Morgen geschehen wird. Marke und Melot beobachten sie
aus dem Wald heraus. Tristan sieht seinen eigenen Tod voraus und erklärt, dass er bereit sei, in
dieser Nacht zu sterben. Behutsam erinnert Isolde ihn an das kleine Wort »und« in »Tristan und
Isolde«. Von nun an soll er sie in seine Träume und Albträume mit einbeziehen – er ist nicht länger
allein. Tristan ist Isolde und Isolde ist Tristan. Selbst im Tod werden sie in einer Liebe ohne Angst
leben, namenlos, endlos, ohne weitere Leiden und Trennungen.
Der Tag bricht an. Melot sucht den direkten Weg zur Macht, indem er die verbotene Liebe
mit großer moralischer Empörung verrät und für das wehrlose Paar Höchststrafen fordert. König
Marke weiß, dass dieser Weg weder Wiedergutmachung noch Gerechtigkeit bietet. Als er sein
Herz ausschüttet, wird deutlich, dass auch der König nur ein Mann ist, dass er der erste war, der
Tristan geliebt hat, und dass die »Liebe, die ihren Namen nicht zu nennen wagt« so stark ist wie
jede andere Liebe. Er geht unendlich zärtlich mit dem Mann um, der ihn betrogen hat. Er ist in der
Hölle. Er hofft, eines Tages zu wissen, warum.
Tristan hat König Marke verlassen, um Isolde zu finden; dann verließ er Isolde, indem er sie
Marke zuführte. Schamerfüllt erkennt Tristan, dass er Isolde, falls sie bei ihm bleiben will, nur ein
26 I 27
Leben voll von Versagen und Tod bieten kann. Er hat keine Heimat. Er hat nie eine Heimat gehabt.
Er hat seinen Vater und seine Mutter, die bei seiner Geburt starb, nie kennen gelernt. Isoldes tröstende Worte sind wundersam. Wo auch immer die beiden zusammen sind, wird ihre Heimat sein.
Sie liebt Tristan noch mehr in seinem Scheitern als im Erfolg. Dreißig Sekunden später liegt Tristan
im Sterben. Er provoziert Melot und lässt sich ohne Gegenwehr verwunden.
Dritter Aufzug
Nach der Liebe ist die letzte Aufgabe im Leben eines Menschen der Tod. Wir tauchen ein in die
letzten Todesqualen, Halluzinationen, Erinnerungen und Traumbilder eines sterbenden Mannes.
Die Sinne setzen aus, aber der Schmerz dauert an. Eine Tür öffnet sich, während sich eine
andere schließt.
Tristan liegt wochenlang im Koma. Kurwenal bringt seinen Körper zurück in die Heimat seiner Vorfahren nach Burg Kareol. Auf einer Klippe über dem Meer erwartet und verfolgt er das
langsame Absinken seines besten Freundes in den Tod. Ein Hirte weiter oben im Gebirge spielt
auf der Flöte eine endlose alte Melodie, die durch die kühle Abendluft weht. Kurwenal hat den
Hirten gebeten, die Melodie zu ändern, wenn er ein Schiff näher kommen sieht. Er hat nach Isolde
geschickt, die, wenn sie noch am Leben ist, als einzige Heilerin Tristan aus dem Reich des Todes
zurückholen kann.
Tristan regt sich. Die alte Melodie ruft ihn zurück in diese Welt. Er versucht, das Land
auf der anderen Seite zu beschreiben, ein Reich des grenzenlosen, endgültigen Vergessens.
Hier blendet das Sonnenlicht, der brennende Schmerz in seinem Körper ist unerträglich. In
»Noch losch das Licht nicht aus, noch ward’s nicht Nacht im Haus: Isolde lebt und wacht;
sie rief mich aus der Nacht« ist Tristan sich sicher, dass er Isoldes Schiff in der Ferne
sieht, dass sie wieder zu ihm kommt, um ihn zu heilen. Doch da ist kein Schiff. Sein Leben zieht an ihm vorbei als er in die Bewusstlosigkeit hinübergleitet. Kindheitserinnerungen,
Gedanken an die Eltern, die er nie gekannt hat, vermischen sich mit dem Wiedererleben seiner vorangegangenen Nahtoderfahrungen. Schmerz durchflutet sein Gehirn.
Die Hitze seines Körpers war nicht mehr zu ertragen, der Geist zerrt am Fleisch. An der
Schmerzgrenze geistiger und körperlicher Leiden kommt ein Moment der gleißend hellen Klarheit: Den magischen Trank – war es Gift oder ein Liebeselixier? – hat niemand
anderes als er selbst gebraut, aus allem Schmerz, Kummer, Leid und der Freude seines
Lebens.
Ein Schiff erscheint am Horizont, als Tristan einen Herzanfall erleidet. Kurwenal stürmt Isolde
entgegen. In einem letzten Anfall unbeschreiblichen Schmerzes reißt Tristan seine Verbände ab
und blutet; er fühlt sich frei, ist freudig erregt.
Werke
Im Sterben hört er Isoldes Stimme. Konnte er nicht noch eine Stunde länger auf sie warten? Sie
fleht ihn an, weiter zu atmen. So viel hat sie ihm noch zu sagen. Sie kam als seine Braut, wie kann
sie mit seiner Beerdigung gestraft werden? Ihr Schock und die überwältigende Trauer steigern
sich zu Schweigen.
Ein zweites Schiff wird gesichtet. Marke und Brangäne legen an. Melot führt die Vorhut an.
Kurwenal tötet Melot und anschließend sich selbst. Die Gruppe kam, zu spät, auf einer Mission
der Vergebung und Wiedergutmachung. Jetzt regt sich Isolde. Mit einem langen Blick auf Tristan
singt sie: »Mild und leise, wie er lächelt, wie das Auge hold er öffnet – seht ihr’s Freunde? Fühlt
und seht ihr’s nicht? Hör ich nur diese Weise, die so wundervoll und leise, Wonne klagend, alles
sagend, mild versöhnend aus ihm tönend, in mich dringet, auf sich schwinget, hold erhallend um
mich klinget? Heller schallend, mich umwallend, sind es Wellen sanfter Lüfte? In dem wogenden
Schwall, in dem tönenden Schall, in des Welt-Atems wehendem All – ertrinken, versinken – unbewusst – höchste Lust!«
Bewegte Bilderwelt für »Tristan und Isolde« – Anmerkungen von Bill Viola
»Die Wunde ist die Stelle, an der das Licht in dich eindringt.« Rumi
Richard Wagners »Tristan und Isolde« ist die Geschichte einer Liebe, die so intensiv und tief
ist, dass sie nicht auf die Körper der Liebenden begrenzt bleiben kann. Um ihre Liebe ganz
begreifen zu können, müssen Tristan und Isolde letztlich über das Leben hinausgehen. Dieses
Thema der spirituellen Natur menschlicher Liebe ist sehr alt und kann über die mittelalter­lichen
Ursprünge der keltischen Legende hinaus bis zu den hinduistischen und buddhistischen Traditionen des Tantra zurückverfolgt werden, die im Unterbewusstsein westlicher Kultur verschüttet
sind. Es war Peter Sellars, der mich auf die Verbindung des »Tristan« zu östlichen Quellen, die
mich schon lange beschäftigten, aufmerksam machte. Schnell wurde ich durch seinen magnetischen Sog und die klare, aber vielgestaltige Schlichtheit der Konzeption des Komponisten in
Wagners Werk des 19. Jahrhunderts hineingezogen.
Um mich der Arbeit zu nähern, hörte ich mir zunächst verschiedene Aufnahmen der Musik
an, arbeitete dann aber vorwiegend mit dem Libretto, um die Visualisierung einer Bilderwelt zu
schaffen, die innerhalb und außerhalb der Geschichte, die auf der Bühne umgesetzt wird, fließt.
Bewegte Bilder leben in einem Bereich irgendwo zwischen dem zeitlichen Drängen der Musik und
der stofflichen Tatsache eines Gemäldes und sind so gut geeignet, die praktischen Elemente des
Bühnenbilds mit der lebendigen Dynamik einer Aufführung zu verbinden. Ich wusste von Anfang an,
dass ich die Bilder die Geschichte nicht direkt illustrieren oder darstellen lassen wollte. Stattdes-
28 I 29
sen wollte ich eine Bilderwelt schaffen, die parallel zu der Handlung auf der Bühne bestand, so wie
eine feinsinnige, poetische Erzählung verborgene Dimensionen unseres Innersten vermittelt.
Die Bilder sollen als symbolische Repräsentationen des Verborgenen dienen, die, um es mit
den Worten von Seyyed Hossein Nasr zu sagen, zu »Reflexionen der spirituellen Welt im Spiegel des Materiellen und Vergänglichen« werden. Sie zeigen das menschliche Bewusstsein in
einem seiner empfindlichsten, eindringlichsten Zustände: die Hingabe an eine absolute, alles
verzehrende Liebe. Die Fülle der Erfahrungen mit dieser Kraft erstreckt sich über ein ganzes Leben, vom aufgeregten, naiven Herzklopfen eines verliebten Teenagers bis zum weit reichenden
Verständnis einer viel größeren Liebe als fundamentalem, universellen Grundsatz menschlichen
Seins, die sich im Laufe des Lebens zeigt und von den Heiligen und Esoterikern aller Kulturen in
der Geschichte ausführlich beschrieben wurde.
Die Bilder in den drei Aufzügen beinhalten verwobene, wiederkehrende Leitgedanken, geben
aber klar verschiedene Stufen auf dem Weg der Liebenden zur Erlösung wider.
Der erste Aufzug stellt das Thema Reinigung vor, den universellen Akt, mit dem sich eine
Person auf das symbolische Opfer und den Tod vorbereitet, der für die Wandlung und die Wiedergeburt notwendig ist. Die gemeinsame Entscheidung, den Todestrank zu nehmen, lässt die
Liebenden unter die Oberfläche dringen und enthüllt den unendlichen Ozean einer unsichtbaren,
immateriellen Welt.
Der zweite Aufzug handelt vom Erwachen der Lichtgestalt; durch das reinigende Licht der
Liebe wird das strahlende spirituelle Wesen, das der dunklen Trägheit des menschlichen Körpers innewohnt, befreit. Licht in die Welt zu bringen ist das Grundmotiv dieses Aufzugs. Als die
Außenwelt schließlich in ihren ekstatischen Bund eindringt, legt sich eine Finsternis auf die
Liebenden, deren einzige Erlösung im Schmerz der Trennung und der Selbstopferung liegt.
Der dritte Aufzug beschreibt die Auflösung des Selbst in den Stadien des Sterbens, dem
schwierigen und schmerzvollen Prozess der Trennung und des Zerfalls der körperlichen und
geistigen Bestandteile des Bewusstseins. Wir erleben die Todesqualen und das Delirium
eines sterbenden Mannes, die Visionen, Träume und halluzinatorischen Offenbarungen, die
an der Oberfläche seines Bewusstseins spielen. Als die Flammen der Leiden und des Fiebers
schließlich den Geist verzehren und klar ist, dass dem Verlangen des Körpers nie mehr
entsprochen wird, zerspringt die spiegelnde Oberfläche und zerfällt in sanfte Wellen puren
Lichts. Die Liebenden steigen nacheinander empor und werden friedlich in ein Reich jenseits
der Gegensätze von männlich und weiblich, Geburt und Tod, Licht und Dunkel, Anfang und
Ende geführt.
Werke
Neue Wege zu gehen benötigt Energie.
Und den richtigen Partner.
Wir danken RWE herzlich für die
Unterstützung der Expedition Salonen.
Esa-Pekka Salonen Dirigent
Esa-Pekka Salonen – dieser Name steht nicht nur für einen international anerkannten Dirigenten,
sondern auch für einen Komponisten, dessen Werke weltweit aufgeführt werden. In Helsinki geboren, studierte Esa-Pekka Salonen an der Sibelius-Akademie und später in Italien, u. a. bei Donatoni
und Castiglioni. Sein Debüt als Dirigent gab er 1979 mit dem Finnish Radio Symphony Orchestra.
Von 1985 bis 1994 war Salonen Erster Gastdirigent des Philharmonia Orchestra London und von
1985 bis 1995 Chefdirigent des Swedish Radio Symphony Orchestra. Von 1992 bis 2009 leitete
er als Music Director das Los Angeles Philharmonic und wurde 2009 mit dem Titel des Ehrendirigenten ausgezeichnet. Seit September 2008 ist Salonen Principal Conductor und Artistic Advisor
des Philharmonia Orchestra in London.
In seiner ersten Saison mit dem Philharmonia Orchestra initiierte er das neunmonatige Projekt »City of Dreams: Vienna 1900-1935«, das die Musik und Kultur Wiens aus der Zeit zwischen
1900 und 1935 präsentiert. Das Projekt war zugleich der Startschuss für die erste gemeinsame
Europatournee, die sie in über 18 Städte führte. Höhepunkt des Projektes war die halbszenische
Aufführung von Alban Bergs Oper »Wozzeck« im Oktober 2009.
Zu den Höhepunkten in seiner Zeit als Music Director des Los Angeles Philharmonic gehören
unter anderem die Residenzen bei den »Salzburger Festspielen«, der Kölner Philharmonie und
dem Théâtre du Châtelet Paris sowie Tourneen durch Japan und zu den wichtigsten Musikfestivals
Europas. Anlässlich seiner 17-jährigen Amtszeit ehrte ihn das LA Philharmonic mit einer Reihe von
Konzerten, inklusive der Uraufführung seines Violinkonzertes.
Esa-Pekka Salonen ist bekannt für seine Interpretationen zeitgenössischer Musik und hat
zahlreiche Werke uraufgeführt. Nachdem Salonen im September 2004 bei der finnischen Erstaufführung von Kaija Saariahos Oper »L’amour de loin« in Helsinki am Pult stand und 2006 die
Uraufführung ihrer Oper »Adriana Mater« an der Opéra national de Paris dirigiert hat, leitete er im
August 2007 die finnische Erstaufführung von Saariahos »La Passion de Simone« in der Regie von
Peter Sellars in Helsinki und führte die Produktion danach beim »Baltic Sea Festival« in Stockholm
auf, das er 2003 mitbegründet hat.
Salonens umfangreiche Diskografie spiegelt ebenso seine intensive Auseinandersetzung mit
der Musik des 20. Jahrhunderts wider. Im September 2009 erschienen Schönbergs »Gurrelieder«
mit Salonen und dem Philharmonia Orchestra beim Label Philharmonia/Signum auf CD. Zu den
weiteren Neuerscheinungen bei diesem Label zählen Mahlers 6. und 9. Symphonie sowie Berlioz’
»Symphonie Fantastique«. Salonens erste gemeinsame Aufnahme mit dem Los Angeles Philharmonic für Deutsche Grammophon (Strawinskys »Le sacre du printemps«) erschien im Oktober
16I17
32
I 33
2006 und wurde im Dezember 2007 für einen »Grammy« nominiert. Im November 2008 veröffentlichte Deutsche Grammophon eine neue CD mit Salonens Klavierkonzert sowie »Helix« and
»Dichotomie«, die im November 2009 für einen »Grammy« nominiert wurde.
Philharmonia Orchestra
Das Philharmonia Orchestra gehört zu den großen Orchestern dieser Welt. Es gilt als bedeutendster musikalischer Pionier Großbritanniens und kann auf einen außerordentlichen Katalog
von Einspielungen zurückblicken. Das Philharmonia besticht durch seine Virtuosität und einen
innovativen Ansatz bei Publikumsentwicklung, Residenzen und Bildungsförderung sowie durch
den Einsatz neuer Technologien, mit denen das Publikum in aller Welt angesprochen wird. Gemeinsam mit den gefragtesten Solisten der Welt und vor allem mit seinem Principal Conductor
und Artistic Advisor Esa-Pekka Salonen steht das Philharmonia Orchestra im Zentrum des britischen Musiklebens.
Das Philharmonia könnte sich heutzutage zu Recht als britisches Nationalorchester bezeichnen, da es die musikalischen Qualitätsmaßstäbe, die für London und die bedeutendsten Konzertsäle in aller Welt gelten, auch bei seinen Auftritten in ganz Großbritannien anlegt. In der Saison
2009/10 gab das Orchester über 150 Konzerte. Hinzu kommen Kammerkonzerte mit Solisten
des Orchesters sowie Einspielungen für Filme, CDs und Computerspiele. Seit fast 15 Jahren
widmet sich das Orchester zudem seinem hoch angesehenen nationalen und internationalen
Residenz-Programm, das 1995 mit den Residenzen in der Bedford Corn Exchange und dem Londoner Southbank Centre begründet wurde. So gab das Orchester in der Spielzeit 2009/10 nicht
nur über 50 Konzerte in der sanierten Royal Festival Hall des Southbank Centre, sondern feierte
auch sein dreizehnjähriges Jubiläum als Resident Orchestra der De Montfort Hall in Leicester
und war im neunten Jahr Partnerorchester des Anvil in Basingstoke. Der umfangreiche Tourneekalender führte das Ensemble darüber hinaus in über 30 der angesehensten internationalen
Konzertsäle in Europa, China und Japan unter Dirigenten wie Esa-Pekka Salonen, Christoph von
Dohnányi, Vladimir Ashkenazy, Riccardo Muti und Lorin Maazel.
Das Philharmonia Orchestra hat in seiner Geschichte stets auf neue Wege und moderne Technologien gesetzt, um seinem Publikum in aller Welt erstklassige Musikerlebnisse zu bieten: Millionen
Menschen haben seit 1945 ihren ersten Zugang zu klassischer Musik über eine PhilharmoniaEinspielung gefunden. Heute können Musikfreunde das Ensemble auch über Webcasts, Podcasts,
Downloads, Computerspiele und Filmmusik sowie durch die von jährlich über 2 Millionen Menschen besuchte interaktive Website »The Sound Exchange« (www.philharmonia.co.uk/thesoundexchange) erleben. 2005 wurde das Philharmonia als erste klassische Musikorganisation für einen
Biografien
Programm
»BT Digital Music Award« nominiert und stellte im selben Jahr das allererste vollkommen interaktive Webcast eines britischen Orchesters vor. Mittlerweile laden über 3500 Menschen monatlich
kostenlose Philharmonia video podcasts herunter, die Interviews mit Künstlern und Beiträge über
das Repertoire und Projekte zeigen. Diese Filme werden zudem von mehr als 60 000 Menschen
auf YouTube angesehen. Doch auch Einspielungen und Livesendungen spielen weiterhin eine wesentliche Rolle bei den Aktivitäten des Orchesters: Seit 2003 besteht eine wichtige Partnerschaft
mit dem Rundfunksender Classic FM, wo das Ensemble als The Classic FM Orchestra on Tour
auftritt. Daneben gestaltet es weiterhin Sendungen für BBC Radio 3.
Antti Siirala Klavier
Beim »Leeds-Wettbewerb« 2003 überzeugte der junge finnische Pianist mit einer ausdrucksstarken Darbietung des 4. Beethoven-Konzerts die Jury und das Publikum. Er wurde mit dem 1.
Preis, der Goldmedaille und dem Publikumspreis ausgezeichnet. Mit diesem wichtigen Wettbewerbsgewinn hat Siirala ein ansehnliches Kleeblatt an Preisen: Er gewann auch die internationalen
Wettbewerbe von Dublin 2003, London 2000 und den 10. »Beethoven-Wettbewerb« in Wien – als
jüngster Preisträger in dessen Geschichte.
Siirala arbeitet mit Dirigenten wie Herbert Blomstedt, Semyon Bychkov, Pietari Inkinen, Neeme
Järvi, Fabio Luisi, Sakari Oramo, Esa-Pekka Salonen, Jukka-Pekka Saraste, Osmo Vänskä, Hugh
Wolff und Xian Zhang zusammen. Einladungen führten und führen ihn u. a. zu folgenden Orchestern: Deutsches Symphonie-Orchester Berlin, Bamberger Symphoniker, WDR Sinfonieorchester
Köln, Tonhalle-Orchester Zürich, Wiener Symphoniker, Orchestre National de Belgique, City of Birmingham Symphony Orchestra, Detroit Symphony und New Japan Philharmonic Orchestra.
Meilensteine seiner stetig steigenden Künstlerlaufbahn waren die Recitals beim »Lucerne Festival«, »Klavier-Festival Ruhr« und den Festivals in Bozen, Bath und Kilkenny sowie in der Kölner
Philharmonie, in der Londoner Wigmore Hall und im Concertgebouw Amsterdam. Für drei Jahre
war Siirala Künstler in der Reihe »Junge Wilde« am KONZERTHAUS DORTMUND. Für die Saison
2009/10 erhielt er u. a. eine Wiedereinladung vom City of Birmingham Symphony Orchestra und
gab in der Klavierreihe der Berliner Philharmoniker als einer von vier Pianisten (neben PierreLaurent Aimard, Lang Lang und Martin Helmchen) einen Klavierabend.
Sein Repertoire umfasst neben deutscher Klassik und Romantik auch zeitgenössische Werke.
So brachte er neben Erstaufführungen von Walter Gieseler, Kuldar Sink und Uljas Pulkkis das neue
Klavierkonzert von Kalevi Aho zur Uraufführung. Kaja Saariahos erstes Klavierwerk »Balladen« ist
Teil seines aktuellen Recitalprogramms.
34 I 35
In der Saison 2010/11 wird Antti Siirala u. a. sein Debüt beim Tonhalle-Orchester unter der
Leitung von Xian Zhang geben.
WDR Rundfunkchor Köln
Der WDR Rundfunkchor Köln ist seit 1947 die »Stimme« des Westdeutschen Rundfunks. Das Sendegebiet Nordrhein-Westfalen ist ebenso sein zu Hause wie nationale und internationale Bühnen.
Die 48 Sängerinnen und Sänger des Profi-Ensembles zeichnen sich durch Vielseitigkeit ebenso
aus wie durch Spezialisierung.
Das Spektrum des WDR Rundfunkchores Köln reicht von der Musik des Mittelalters bis zu zeitgenössischen Kompositionen, von geistlicher Musik bis zur Operette. A-cappella-Konzerte, groß
besetzte Oratorien mit Orchester, solistisch besetzte Vokalmusik bilden ebenso sein Profil wie
sinfonisches Repertoire oder Filmmusik und Oper. Mehr als 140 Ur- und Erstaufführungen zeichnen das bisherige Programm des WDR Rundfunkchores Köln aus, u. a. von Schönberg, Henze,
Stockhausen, Nono, Boulez, Zimmermann, Penderecki, Stockhausen, Xenakis, Berio, Höller, Eötvös,
Hosokawa, Pagh-Paan, Zender, Tüür und Mundry. Der Rundfunkchor ist in steter Bewegung, dringt
in neue Räume vor, sucht engagiert nach Herausforderungen und bringt Partituren größter Schwierigkeitsgrade zum Klingen. Die Einladungen an Laien zum »Singen mit dem WDR Rundfunkchor«
gehören ebenso zum Aufgabenspektrum wie Familienkonzerte oder die Zusammenarbeit mit
Schulen beim WDR 5 Schulwettbewerb »Wir sind Manager«.
David Marlow tritt mit der Spielzeit 2010/11 die Position des Chorleiters beim WDR Rundfunkchor an und übernimmt damit die Verantwortung für die Einstudierung des Chores für alle
wichtigen Projekte mit den eigenen WDR-Orchestern, aber auch für die Kooperationen mit dem
Mahler Chamber Orchestra, der Dresdner Philharmonie, dem Beethoven Orchester Bonn und dem
Philharmonia Orchestra.
Als hochkarätiges Vokalensemble des WDR mit enormer Strahlkraft ist der WDR Rundfunkchor
Köln im Radio und Fernsehen, im Studio, bei Konzerten und auf CD-Produktionen zu erleben.
Ein großer und wichtiger Arbeitsbereich des WDR Rundfunkchores Köln gilt nach wie vor der
Zusammenarbeit mit Orchestern, vorrangig mit dem WDR Sinfonieorchester Köln und dem WDR
Rundfunkorchester Köln bei Radio- und Fernsehaufnahmen, im Studio, bei Konzerten und CDProduktionen. Weitere Partner waren und sind u. a. die Cappella Coloniensis, das Boston Symphony Orchestra und London Philharmonic Orchestra, das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin,
das Orchester der Mailänder Scala, die Bochumer Symphoniker und Essener Philharmoniker, das
Biografien
Orchester der Beethovenhalle Bonn und die Sinfonieorchester der ARD. Am Dirigentenpult stehen
die jeweiligen Chefs und renommierte Gastdirigenten, gespielt wird das gesamte Spektrum der
Chor- und Orchesterliteratur des 19. bis 21. Jahrhunderts. Die Konzerte finden im gesamten WDRSendegebiet statt, aber auch auf internationalen Bühnen wie in Amsterdam, Athen, Baden-Baden,
Boston, Brüssel, Cleveland, Genf, Gran Canaria, Jerusalem, London, Mailand, New York, Osaka,
Paris, Rom, San Sebastian, Tel Aviv, Tokio, Washington und Zürich.
Violeta Urmana Isolde
Geboren in Litauen, machte sich Violeta Urmana zunächst als Mezzosopran einen Namen und
wurde weltbekannt für ihre Interpretation von Rollen wie Kundry in Wagners »Parsifal« und Eboli
in Verdis »Don Carlos«. Neben vielen anderen Partien sang sie diese beiden Rollen in allen wichtigen Opernhäusern und unter Dirigenten wie Claudio Abbado, Daniel Barenboim, Bertrand de Billy,
Pierre Boulez, Riccardo Chailly, James Conlon, James Levine, Fabio Luisi, Zubin Mehta, Sir Simon
Rattle, Donald Runnicles, Giuseppe Sinopoli, Christian Thielemann und Franz Welser-Möst.
Nach ihrem Debüt als Sieglinde in Wagners »Die Walküre« bei den »Bayreuther Festspielen«
debütierte sie im Dezember 2002 offiziell als Sopran in der Titelrolle von »Iphigénie en Aulide«
unter Riccardo Muti zur Saisoneröffnung des Teatro alla Scala in Mailand. Seitdem sang sie erfolgreich viele Sopranpartien: Maddalena in Giordanos »Andrea Chénier« in Wien, Lady Macbeth
in Verdis »Macbeth« in Sevilla, Isolde in Wagners »Tristan und Isolde« in Rom (konzertant), die
Titelrolle in Ponchiellis »La Gioconda«, Leonora in Verdis »La Forza del Destino« in London sowie
2005 die Titelpartien in »Tosca« in Florenz und Los Angeles, in »Ariadne auf Naxos« an der New
York Metropolitan Opera und in »La Wally« am Wiener Konzerthaus. Große Erfolge waren auch
ihre Debüts als Norma in Dresden, als Elisabetta in Verdis »Don Carlos« in Turin, als Aida an der
Mailänder Scala, als Amelia in Verdis »Un Ballo in Maschera« in Florenz, ihre erste szenische
Aufführung von »Tristan und Isolde« 2008 in Tokio und Kobe sowie in der Titelrolle von Glucks
»Iphigénie en Tauride« in Valencia. 2010 gab sie ihr viel beachtetes Debüt als Odabella in »Attila«
an der Met, Dirigent war Riccardo Muti.
Als Konzert- und Recitalsängerin tritt Violeta Urmana mit einem großen Repertoire von Johann Sebastian Bach bis Alban Berg in allen wichtigen Musikzentren in Europa, den USA und
Japan auf.
Violeta Urmanas Aufnahmen umfassen die Titelrolle in »La Gioconda« unter Marcello Viotti,
Auszüge aus »Tristan und Isolde« und »Götterdämmerung« unter Antonio Pappano, Azucena in
Verdis »Il Trovatore« unter Riccardo Muti, Cuniza in Verdis »Oberto« unter Sir Neville Marriner,
36 I 37
Violeta Urmana
Beethovens Sinfonie Nr. 9 unter Claudio Abbado, Berlioz’ »La mort de Cléopâtre« unter Bertrand
de Billy, Zemlinskys »Maeterlinck-Lieder« und Strawinskys »Le Rossignol« unter James Conlon,
Mahlers Sinfonie Nr. 2 unter Kazushi Ono sowie Mahlers »Lied von der Erde« und »RückertLieder« unter Pierre Boulez. Darüber hinaus sind eine Lieder-CD und DVDs von vielen ihrer
Opernproduktionen erhältlich.
2002 wurde sie in London mit dem renommierten »Royal Philharmonic Society Music
Award« ausgezeichnet. 2009 erhielt sie den Titel der Kammersängerin an der Wiener Staatsoper.
Gary Lehman Tristan
Die »New York Times« bejubelte vor einiger Zeit Gary Lehmans Debüt als Tristan in »Tristan und Isolde« an der Metropolitan Opera folgendermaßen: »Etwas wie ein Retter ist aus
den Trümmern erstanden. […] Tristan zu überleben ist an sich schon eine Leistung. Mr
Lehman erreichte mehr als das bloße Überleben und die Met muss sich glücklich schätzen, ihn zu haben.« Gary Lehman gab an diesem Abend sowohl sein Rollen- als auch sein
Hausdebüt neben Deborah Voigt als Isolde. Seine aufregende Saison 2007/08 setzte er mit
Tristan beim »Stars of the White Nights Festival« in St. Petersburg unter der Leitung von
Valery Gergiev sowie als Erik im »Fliegenden Holländer« beim »Savonlinna Opera
Fetsival« in Finnland fort. Daneben sang er in dieser Spielzeit Florestan in »Fidelio« an
der Oper Roanoke, das Tenorsolo in Beethovens 9. Sinfonie mit dem Columbus Symphony
und war als Einspringer an der Los Angeles Opera sowohl als Tristan als auch als Florestan
zu sehen.
In Gary Lehmans kurzen drei Jahren im Heldentenor-Fach hat er in Wagners schwierigsten
Partien eine Vielzahl hervorragender Kritiken bekommen, u. a. für seinen Tannhäuser am Theater
Erfurt, sein Heldentenor-Debüt als Parsifal an der Los Angeles Opera, seinen ersten Siegmund in
»Die Walküre« in der Produktion von Graham Vick an der Long Beach Opera und Jonathan Doves
Version des »Rings« sowie für seinen Samson, als der er neben Denyce Graves in »Samson et
Dalila« an der Orlando Opera zu erleben war. Gary Lehman trat zuvor als Baritonsolist mit Opernensembles in Nordamerika auf, darunter u. a. die New York City Opera, Atlanta Opera, Pittsburgh
Opera, Opera Company of Philadelphia, das Michigan Opera Theater, die Arizona Opera, Boston
Lyric Opera und das Opera Theater of St. Louis.
Gary Lehman wurde in Ohio geboren. Er hat einen Bachelor of Music von der Dana School of
Music an der Youngstown State University und setzte seine Studien an der Indiana University
38 I 39
Gary Lehman
fort. Als Teil seiner Ausbildung trat er in über 90 Vorstellungen der Lyric Opera of Chicago auf,
wo er Mitglied des Lyric Opera Center for American Artists war.
singen sowie in Händels »Tamerlano« neben Plácido Domingo am Gran Teatro del Liceu in
Barcelona.
Anne Sofie von Otter Brangäne
Matthew Best König Marke
Anne Sofie von Otter ist als eine der großen Sängerinnen ihrer Generation bekannt und gehört zu
den gefragtesten Künstlerinnen unserer Zeit – sowohl bei Dirigenten, Orchestern, Opernhäusern
als auch bei Plattenfirmen.
Matthew Best studierte am Kings College in Cambridge und am National Opera Studio. 1982
gewann er den »Kathleen Ferrier Award«. Er sang Kurwenal (»Tristan und Isolde«), Don Pizarro
(»Leonore«) unter Gardiner bei den »Proms«, bei den »Salzburger Festspielen«, am Concertgebouw
Amsterdam und beim »Lincoln Center Festival« in New York, Swallow (»Peter Grimes«), »Siegfried«,
»Die Walküre« und »Elektra« in Stuttgart, die Titelrolle im »Fliegenden Holländer«, Amfortas (»Parsifal«), Wotan (»Das Rheingold«), Ramfis (»Aida«) und König Marke (»Tristan und Isolde«). Als Konzertsänger sang er u. a. in Beethovens Sinfonie Nr. 9, »Elias«, Verdis Requiem, Berlioz’ »L’Enfance
du Christ« und Mahlers Sinfnonie Nr. 8.
Zu ihren letzten Opernhighlights zählen Bizets »Carmen« (Festivals in Glyndebourne und Santa
Fe), Glucks »Orfeo« (Stockholm, München) und »Alceste« (Paris, Théâtre du Châtelet), Monteverdis
»L’Incoronazione di Poppea« und Lullys »Thesée« (Paris, Théâtre des Champs-Élysées), Clairon
in Strauss’ »Capriccio« (Paris, Palais Garnier), Ravels »L’heure espagnole« (Stockholm), Didon in
Berlioz’ »Les Troyens« (Genf), Baba in Strawinskys »The Rake’s Progress« (Wien), Brangäne (Los
Angeles) und Waltraute (Festivals in Salzburg und Aix-en-Provence), Offenbachs »La Grande-Duchesse de Gerolstein« (Basel) sowie Debussys Melisande und Gräfin Geschwitz in Bergs »Lulu«
(New York).
Unter seinen zahlreichen Einspielungen sind u. a. Beethovens »Leonore«, Berlioz’ »L’Enfance du
Christ«, Brittens »Billy Budd« und »Peter Grimes«, Elgars »The Dream of Gerontius« und Rossinis
»Il barbiere di Siviglia«.
Als international gefeierte Liedsängerin gibt Anne Sofie von Otter zusammen mit ihrem langjährigen Begleiter Bengt Forsberg Liederabende auf der ganzen Welt. Sie ist für ihre frische und
innovative Programmgestaltung bekannt. Eine ebenso erfolgreiche Konzertkarriere führt sie regelmäßig sie in die bedeutendsten Konzertsäle Europas und Nordamerikas, wo sie mit den namhaftesten Dirigenten zusammenarbeitet.
Matthew Best machte sich auch einen Namen als Dirigent. Ihn verbindet eine lange Zusammenarbeit mit The Corydon Orchestra and Singers, dessen Gründer und Künstlerischer Leiter er
ist. Als Gastdirigent leitete er das English Chamber Orchestra, BBC National Orchestra of Wales,
Northern Sinfonia, London Mozart Players, City of London Sinfonia, The Manchester Camerata und
The Hanover Band.
Aus der exklusiven Zusammenarbeit Anne Sofie von Otters mit der Deutschen Grammophon
sind zwischen 1985 und 2009 eine Vielzahl an Aufnahmen hervorgegangen. In diesem Jahr begann sie eine neue aufregende Partnerschaft mit dem Label Naïve. Ihre erste Aufnahme dort, »Love
Songs«, ist eine Zusammenarbeit mit dem legendären Jazzpianisten Brad Mehldau und wird im
Oktober 2010 veröffentlicht.
Die laufende Saison beinhaltet eine ausgedehnte Recital-Tournee durch die USA und Europa mit Brad Mehldau, Konzerte mit dem Israel Philharmonic und Zubin Mehta, dem Los
Angeles Philharmonic und Esa-Pekka Salonen sowie mit dem San Francisco Symphony und
Michael Tilson Thomas. Mit dem Concerto Copenhagen und Lars Ulrik Mortensen sowie den
Musiciens du Louvre · Grenoble und Marc Minkowski geht sie auf Konzertreisen. In einer
Saison voller Operndebüts wird Anne Sofie von Otter in Neuproduktionen von Rameaus »Castor et Pollux« am Theater an der Wien und Charpentiers »Médée« an der Frankfurter Oper
40 I 41
Jukka Rasilainen Kurwenal
Der Finnische Bassbariton Jukka Rasilainen studierte in Rom bei Tina Scapini-Rella. Noch während seines Studiums debütierte er als Leporello (»Don Giovanni«) in einer Inszenierung von
Gian Carlo del Monaco. Von 1985 bis 1986 war er Mitglied des Internationalen Opernstudios
in Zürich.
Von 1986 bis 1993 war er Mitglied der Ensembles der Theater Dortmund und Krefeld/
Mönchengladbach, wo er die Gelegenheit hatte, wichtige Rollen wie die Titelpartien in »Wozzeck«,
»Falstaff« und »Nabucco« sowie Raimondo (»Lucia di Lammermoor«), Jochanaan (»Salome«) und
Scarpia (»Tosca«) zu studieren. 2005 debütierte er bei den »Bayreuther Festspielen« in der Titelpartie des »Fliegenden Holländers« und sang dort 2006 den Amfortas. Weitere Höhepunkte der
Biografien
Saison 2005/06 waren Auftritte als Kurwenal zusammen mit Ben Heppner und Waltraud Meier an
der Opéra Bastille (Regie: Peter Sellars, Dirgent: Esa-Pekka Salonen) sowie die »Ring«-Produktion
am Théâtre du Châtelet in Paris (Regie: Robert Wilson, Dirigent: Christoph Eschenbach). 2008 sang
er Telramund in Genf, Kurwenal bei den »Bayreuther Festspielen« und den Förster (»Das schlaue
Füchslein«) an der Opéra Bastille in Paris; 2009/10 war er in einer Neuproduktion des »Rings« in
Tokio zu hören.
2004 ernannte die Sächsische Staatsoper Dresden Jukka Rasilainen zum Kammersänger.
aus dem Gesangswettbewerb von ’s-Hertogenbosch als Sieger hervor, ausgezeichnet mit gleich
vier Preisen. Joshua Ellicott konzertiert regelmäßig mit britischen Orchestern wie dem Royal Philharmonic, der Northern Sinfonia, dem Scottish Chamber Orchestra oder der Academy of St Martin
in the Fields; 2008 stellte er sich als Solist bei den »BBC Proms« vor. Weitere Auftritte führten
ihn zum Stavanger Symphony Orchestra, zum Rotterdam Philharmonic Orchestra sowie zu Het
Brabants Orkest. Als Opernsänger gestaltet Ellicott ein Repertoire von Mozart bis Britten: 2008
debütierte er als Narr im »Wozzeck« am Brüsseler Théâtre Royal de la Monnaie; 2009 war er in
Schostakowitschs »Paradies Moskau« bei den »Bregenzer Festspielen« zu erleben.
Stephen Gadd Melot
Darren Jeffery Steuermann
Der aus Berkshire im Südosten Englands stammende Bariton Stephen Gadd sammelte seine ersten
musikalischen Erfahrungen als Chorknabe an der Kathedrale von Coventry. Später absolvierte er
zunächst ein Ingenieursstudium in Cambridge, bevor er sich doch für die Musik entschied und seine
Stimme bei Patrick McGuigan am Royal Northern College of Music in Manchester ausbilden ließ.
Er wurde 1990 mit dem »Kathleen Ferrier Memorial Scholarship« ausgezeichnet und gehörte drei
Jahre später bei Plácido Domingos »Operalia«-Gesangswettbewerb zu den Finalisten. Regelmäßig ist
Stephen Gadd am Londoner Royal Opera House zu erleben, aber auch bei renommierten Bühnen auf
dem Kontinent. Die »Salzburger Festspiele« verpflichteten ihn als Paolo in Schrekers »Die Gezeichneten« und betrauten ihn bei einem Japan-Gastspiel mit der Rolle des Grafen Almaviva in Mozarts
»Figaro«. An der Opéra national de Paris trat er in Hindemiths »Cardillac« auf, an der Norske Opera in
Oslo als Germont Père in »La traviata«, an der English National Opera als Renato im »Maskenball«, an
der Opéra National du Rhin als Valentin in Gounods »Faust«. In der Saison 2009/10 war Stephen Gadd
u. a. in Puccinis »La fanciulla del West« an der Nederlandse Opera Amsterdam zu Gast und gestaltete
die Titelpartie in Verdis »Macbeth« beim »Glyndebourne Festival«.
Darren Jeffery, 1976 in Fordham, Cambridgeshire, geboren, studierte bei Patrick McGuigan am
Royal Northern College of Music. Zu seinen Opernrollen zählen Donner (»Das Rheingold«), Hobson
(»Peter Grimes«) an der English National Opera, Haly (»L’Italiana in Algeri«), Figaro (»Le nozze di Figaro«) an der Opéra de Montpellier, Theseus (»A Midsummer Night’s Dream«), Truffaldino (»Ariadne
auf Naxos«), Hauptmann (»Wozzeck« von Gurlitt) und Father Trulove (»The Rake’s Progress«) am
Teatro Real Madrid, Masetto (»Don Giovanni«) in Rom mit Antonio Pappano und im Concertgebouw
sowie Father Trulove in Bologna unter Riccardo Chailly, am Théâtre de la Monnaie Brüssel und an
der Opéra National de Lyon. Sein Konzertrepertoire umfasst Werke wie die »Matthäus-Passion«,
»Elias«, »Messias«, Verdis Requiem, die »Johannes-Passion«, Bachs h-moll-Messe, Beethovens 9.
Sinfonie, »Die Schöpfung« sowie »Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze«.
Als Konzertsänger interpretiert Gadd ein Repertoire, das von Händel und Bach bis zu William
Walton, Benjamin Britten und Michael Tippett reicht. Auf dem Plattenmarkt ist Gadd mit Mozarts
»Krönungsmesse« und den »Vesperae Solenne Confessore« sowie mit Purcells »Dioclesian« präsent. Als Komponisten und Orchestrator kann man ihn auf der CD »Rutter & Gadd: Familiy Album«
hören, die er gemeinsam mit seiner Frau, der Sopranistin Claire Rutter, eingespielt hat.
Joshua Ellicott Hirte, Stimme eines jungen Seemanns
Der Tenor Joshua Ellicott stammt aus Manchester. Er studierte Musik in York und anschließend
Gesang an der Londoner Guildhall School of Music and Drama bei Adrian Thompson. 2006 ging er
42 I 43
Darren Jeffery wirkte an Aufnahmen des Mozart-Requiems und von »Falstaff« unter Sir Colin Davies für das LSO Live Label im Londoner Barbican mit sowie an einer Produktion der »Diebischen Elster« für Chandos. Er trat in den Programmen »In Tune« und »Voices« des Radiosenders BBC3 auf und
konzertierte bei den »BBC Proms« 2008 mit dem BBC Symphony Orchestra unter Sir Andre Davis.
Darren Jeffery war Finalist bei der »Seattle International Wagner Competition« 2008. Derzeit
studiert er bei Margaret Kingsley.
Sinfonischer Chor der Chorakademie am Konzerthaus Dortmund
Die Chorakademie ist Europas größte Singschule. Aufgeteilt in die Bereiche Kinder, Jugend und
Konzert singen in der Chorakademie inzwischen 1300 Sängerinnen und Sänger in über 30 Chören.
Der Sinfonische Chor, das Erwachsenen-Ensemble der Chorakademie, ist mittlerweile ein angesehener, fester Bestandteil der Dortmunder Kulturszene. Im Mittelpunkt des Chores steht der große
Biografien
Bill Viola
Bereich der Chorsinfonik. Der Sinfonische Chor sang bereits in verschiedensten Produktionen
wie z. B. Donizettis »Roberto Devereux« (Edita Gruberova), Mahlers Sinfonie Nr. 3 (Zubin Mehta),
Mozarts »Titus« (Münchner Kammerorchester), Weills »Dreigroschenoper« (Max Raabe, Ensemble Modern), Strawinskys »Les Noces« bzw. Bernsteins »Chichester Psalms« im Konzerthaus
Dortmund, der Beethovenhalle in Bonn und der Kölner Philharmonie.
Joachim Gerbens Einstudierung
Joachim Gerbens, der künstlerische Leiter des Sinfonischen Chores der Chorakademie, studierte Dirigieren und Chorleitung, Musikpädagogik, Musikwissenschaft, Philosophie und Pädagogik in Köln. Er
leitet seit 1980 verschiedene Chöre, darunter den des Musikinstitutes Koblenz. Als Gast arbeitete er
u. a. mit dem Loh-Orchester Sondershausen, dem WDR Rundfunkchor Köln, dem SDR-Chor Stuttgart
und dem Philharmonic Chorus & Orchestra Norwich. Seit 1982 ist er Dozent an der Folkwang-Hochschule Essen und in der Ausbildung von Opern-, Konzert- und Profichorsängern tätig. Als Chorleiter
und Musikpädagoge wirkt Joachim Gerbens in der Chorakademie Dortmund seit ihrer Gründung.
Bill Viola Visual Artist
Bill Viola ist ein Pionier der Videokunst und international anerkannt als einer der führenden Künstler
unserer Zeit. Er war maßgeblich daran beteiligt, Video zu einer lebendigen Form zeitgenössischer
Kunst zu machen und hat durch seine Werke dazu beigetragen, die technologischen und inhaltlichen Möglichkeiten sowie die historische Reichweite dieses Mediums zu erweitern.
Seit 40 Jahren schafft Viola architektonische Videoinstallationen, Videofilme, Klanglandschaften,
elektronische Musikaufführungen, Flachbild-Videos und Videos für Fernsehübertragungen ebenso
wie für Konzerte, Opern und geistliche Räume. Seine Einkanal-Videos sind auf DVD weit verbreitet,
seine Schriften wurden für internationale Leser publiziert und übersetzt. Violas Videokreationen
nutzen raffinierte Medientechnologie auf meisterhafte Weise, um damit die spirituelle und wahrnehmende Seite menschlicher Erfahrungen zu erkunden, indem er sich auf universelle menschliche Themen stützt – Geburt, Tod, Bewusstseinsentwicklung. Seine Arbeiten haben Wurzeln sowohl in westlicher wie in fernöstlicher Kunst sowie den Traditionen des Zen-Buddhismus, des
islamischen Sufismus und der christlichen Mystik.
Seine Werke werden weltweit in Museen und Galerien gezeigt und sind in vielen renommierten
Kollektionen zu sehen. Maßgebliche Ausstellungen waren »Bill Viola: Installations and Videotapes«
1987 im Museum of Modern Art, New York, »Unseen Images« 1992 in der Kunsthalle Düsseldorf,
Biografien
»Buried Secrets« 1995 im U. S. Pavillon der 46. »Biennale Venedig« und »Bill Viola: A 25-Year Survey«, das 1997 vom Whitney Museum of American Art organisiert wurde. 2003 zeigte das J. Paul
Getty Museum in Los Angeles »Bill Viola: The Passions«; 2006 lockte »Bill Viola: Hatsu-Yume (First
Dream)« mehr als 340 000 Besucher ins Mori Art Museum in Tokio; 2008 präsentierte der Palazzo
delle Esposizioni in Rom »Bill Viola: Visioni Interiori«.
Nach seinem Abschluss an der Syracuse University 1973 studierte Viola bei und arbeitete mit
dem Komponisten David Tudor. Unter dessen Leitung nahm er an der »Rainforest«-Gruppe und
Composers Inside Electronics teil, wo er mit Musik und Klangskulpturen experimentierte. Seine
Erfahrungen mit Musikkomposition und -aufführungen beeinflussten seine visuellen Werke nachhaltig. Musikprojekte neben »Tristan und Isolde« waren das 1994 Video »Déserts«, das die gleichnamige Komposition Edgar Varèse begleiten sollte, und eine Suite aus drei neuen Videos für die
Welttournee »Fragility« der Rock-Gruppe Nine Inch Nails im Jahr 2000.
Viola ist Träger zahlreicher Ehrentitel und Preise, darunter der »MacArthur Fellowship« und der
»Eugene McDermott Award in the Arts« des MIT. Er wurde in die American Academy of Arts and
Sciences gewählt, von der französischen Regierung zum Commandeur des Arts et des Lettres
ernannt und jüngst von der katalanischen Regierung mit dem »XXI Catalonia International Prize«
ausgezeichnet.
Peter Sellars Artistic Collaborator
Peter Sellars ist als Theater-, Opern- und Festivalregisseur einer der innovativsten und stärksten Künstler der darstellenden Künste in Amerika und darüber hinaus. Als visionärer Künstler
ist Sellars bekannt für seine bahnbrechenden Interpretationen klassischer Werke. Ob Mozart,
Händel, Shakespeare, Sophokles oder der chinesische Dramatiker des 16. Jahrhunderts Tang
Xianzu, Peter Sellars berührt das Publikum und thematisiert zeitgenössische soziale und politische Fragestellungen.
Sellars inszenierte u. a. bereits an der Chicago Lyric Opera, beim »Glyndebourne Festival«, an
der Netherlands Opera, Opéra national de Paris, San Francisco Opera und bei den »Salzburger
Festspielen« und etablierte so einen Ruf als Anwalt zeitgenössischer Opern, der Werke von Olivier
Messiaen, Paul Hindemith und György Ligeti auf die Bühne brachte. Inspiriert von Kompositionen
Kaija Saariahos, Osvaldo Golijovs und Tan Duns hat er Produktionen ihrer Werke geleitet, die das
Repertoire der modernen Oper erweitert haben. Sellars war die treibende Kraft hinter zahlreichen
Neukompositionen seines langjährigen Kooperationspartners John Adams, darunter »Nixon in China«, »The Death of Kleinghoffer«, »El Niño« und »Doctor Atomic«.
46 I 47
Peter Sellars
Sellars-Projekte der jüngeren Vergangenheit umfassten eine von der Kritik gefeierte Inszenierung von Strawinskys »Oedipus Rex« und der »Psalmensinfonie« beim Los Angeles
Philharmonic und dem »Sydney Festival« sowie eine Produktion von Shakespeares »Othello«,
die durch ihre zeitgemäße emotionale Kraft beeindruckte und in Wien, Bochum, und New York
zu sehen war.
Peter Sellars, Jahrgang 1957, stammt aus Pittsburgh, Pennsylvania. Schon während seines
Literatur- und Musikstudiums entstanden rund 40 Inszenierungen. Sellars war Intendant mehrerer großer Festivals, darunter 1990 und 1993 das »Los Angeles Festival«, das »Adelaide Arts
Festival« 2002 in Australien und die »Biennale Venedig« 2003. 2006 war er Künstlerischer Leiter
von »New Crowned Hope«, einem einmonatigen Festival in Wien, zu dem er internationale Künstler
verschiedener kultureller Hintergründe einlud, anlässlich des Wiener Mozart-Jahres zu dessen
250. Geburtstags neue Werke in den Bereichen Musik, Theater, Tanz, Film, bildende Kunst und
Architektur zu schaffen.
Peter Sellars ist Professor am Fachbereich World Arts and Cultures an der University of California, Los Angeles, und Kurator des »Telluride Film Festival«. Seine weiteren Lehrtätigkeiten umfassen Gastprofessuren am Center for Theater Arts an der University of California, Berkeley. Er selbst
studierte an der Harvard University. Er ist Träger des »MacArthur Fellowship«, »Erasmus Prize«,
»Sundance Institute Risk-Takers Award« sowie des »Gish Prize« und wurde kürzlich in die American Academy of Arts and Sciences gewählt.
Ben Zamora Lichtdesign
Ben Zamora schloss sein Studium an der University of Washington mit einem Master of Fine
Arts in Lichtdesign und an der University of California, Santa Cruz, mit einem Bachelor of
Arts im Fach Theatre Arts ab. Seine Designs wurden auf der ganzen Welt gesehen, so am
Lincoln Center for the Performing Arts in New York, am Mariinsky-Theater in St. Petersburg,
in der Walt Disney Concert Hall bei einer Zusammenarbeit mit dem Los Angeles Philharmonic, am De Doelen mit dem Rotterdam Philharmonic Orchestra, am Intiman Theatre in
Seattle, am Theatre Row und Joyce SoHo in New York, bei Sushi Performance and Visual Art
in San Diego, am Portland Institute of Contemporary Art sowie bei verschiedenen Premieren
am On The Boards in Seattle. Ben Zamora war mit seiner künstlerischen Mitarbeiterin Etta
Lilienthal in der engeren Auswahl für die »Stranger’s Genius Awards« 2009. Er ist Gastdozent an der Seattle University und im Vorstand des renommierten Washington Ensemble
Theatre.
48 I 49
Produktionsteam »Tristan und isolde«
Assistant Conductor Christian Karlsen
Assistant Director/Stage Manager Elsa Grima
Assistant Stage Managers Jocelyn Bundy, Paul Carr
Production Manager Damian Partington
Projectionist, XL Video Gregory Rice
Video Operators Sylvain Levacher, Guilhem Jayet
Production Electrician John Tapster
Rigger Felix Pascal
Project Co-ordinator Henrietta Bredin
Zu den Videoprojektionen
Schauspieler
John Hay Tristan (Heavenly Bodies)
John Hay ist ein Luftakrobat, der einen Großteil seines Lebens mit seinem Training als Turner
verbracht hat. Zwei Jahre lang war er Mitglied der kanadischen Turner-Nationalmannschaft (199597), gewann Medaillen in nationalen und internationalen Wettkämpfen und war 1997 »Province of
Manitoba Athlete of the Year«. Hay war 1997 bei der Produktion »O« des Cirque du Soleil dabei und
drei Jahre lang einer ihrer führenden Luftakrobaten und Trainer. John Hay arbeitete an den ViolaProjekten »Going Forth By Day« und »Emergence« mit.
Jeff Mills Tristan (Earthly Bodies)
Jeff Mills arbeitet seit fast 20 Jahren als professioneller Theaterdarsteller und Musiker. Er nahm
Schauspielunterricht an der University of California, Santa Barbara, dem National Theater Conservatory in Denver und der Guildford School of Acting and Dance in England. Neben verschiedenen Film-, Werbe- und Sprecherengagements war Jeff Mills häufig an Theatern in den USA zu
sehen, darunter die Denver Center Theater Company, das »Colorado Shakespeare Festival« und
Shakespeare Santa Barbara. Zurzeit arbeitet er bei der von der Kritik gefeierten Boxtales Theater
Company.
Sarah Steben Isolde (Heavenly Bodies)
Sarah Steben ist Trapezkünstlerin, Akrobatin, Tänzerin und Stuntfrau. In den letzten acht Jahren
hat sie viele internationale Preise für ihre Zirkusdarbietungen bei Festivals in Stockhholm, Genf,
Paris und Monte Carlo erhalten. Steben trat beim Cirque du Soleil in »Saltimbanco« und »O« und
Biografien
als Trapezkünstlerin bei Musikern wie Madonna und Aerosmith auf. Dies ist ihr zweites Projekt mit
Bill Viola; zuvor arbeitete sie an »Emergence« mit.
Lisa Rhoden Isolde (Earthly Bodies)
Lisa Rhoden machte ihren Master of Fine Arts an der University of Southern California. Nach einer Zeit
an der Royal Academy of Dramatic Arts in London arbeitete sie am Shakespeare Theatre at the Folger
in Washington D. C. unter der Regie von Michael Kahn, Paul Giovanni und Toby Robertson in »Hamlet«,
»Richard II.«, »Anthony and Cleopatra«, »As You Like It« und der »Beggar’s Opera« auf. Weitere Aufführungen beinhalten »Nora«, »Two Rooms«, »Onkel Wanja«, »Tartuffe«, »The Fantastics«, »Female Transport«,
»Children of a Lesser God«, »The Heiress«, »Macbeth« und »Alls Well That Ends Well«. In Film und Fernsehen
war sie in »Big Apple«, »Without a Trace«, »The Handler«, »American Family« und »Pinero« zu sehen.
Alex MacInnis Technical director, Video and performance
Alex MacInnis arbeitet seit fast zwei Jahrzehnten als Editor und Videograf und beschäftigt sich
dabei mit Themen wie Tornados, Pumas, religiöse Erscheinungen, dem Einmarsch in den Irak, dem
Berufsverkehr in Los Angeles und seiner Begeisterung für Enten.
Video Credits
Director Bill Viola
Executive Producer Kira
Gaffer Bobby Wotherspoon
Perov
Producer S. Tobin
Produktion
Kirk
Production Manager Genevieve Anderson
Director of Photography Harry Dawson
Camera Assistant Brian Garbellini
Harry Dawson Director of Photography
Assistant Director Kenny
Key Grip Chris
Centrella
Special Effects Coordinator Robbie
Knott
Production Designer Wendy
Samuels
Max
Wardrobe Stylist Cassendre de le Fortrie
Art Director David
Bowers
Post production supervisor Michael
Seit 15 Jahren arbeitet Harry Dawson mit Bill Viola zusammen; er erweiterte Violas Palette durch
den 35-mm-Film und brachte sein umfangreiches Wissen über Lichtdesign in Violas VideokunstInstallationen ein. Dawson stützt sich auf seine 35-jährige Erfahrung als Werbe- und Dokumentarfilmer. Seine Filme laufen auf PBS, dem Discovery Channel und TNT und sind täglich in Museen zu
sehen, darunter das Museum of Contemporary Art und das Natural History Museum in Los Angeles,
das Plains Indian Museum in Cody, Wyoming, sowie das National Cowgirl Museum and Hall of
Fame in Fort Worth, Texas.
Actors (principals)
Tristan (heavenly bodies) John
Hay
Mills
Isolde (heavenly bodies) Sarah Steben
Isolde (earthly bodies) Lisa Rhoden
Tristan (earthly bodies) Jeff
Hemingway
MacInnis
On-line editor Brian Pete (LaserPacific Media Corp.)
Colorist Mike Sowa (LaserPacific Media Corp.)
Digital artists Brian Ross (LaserPacific Media Corp),
Editor/live video mix Alex
Sound designers Mikael
Stunt Coordinator Tom
Ficke
Stunt Actor Robin Bonaccorsi
Sound mixer Tom
Sangrin, Becky Allen
Ozanich
Kira Perov Executive Producer
Kira Perov ist Executive Director des Bill Viola Studios. Seit 1978 arbeitet sie eng mit Bill Viola, ihrem Partner und
Ehemann, zusammen, übernimmt Leitung und Assistenz bei den Produktionen seiner Videos und Installationen,
gibt Publikationen heraus und koordiniert und kuratiert seine Ausstellungen weltweit. Als Executive Producer
leitete sie die Produktion des Videos für »Tristan und Isolde« in vielen Details und kreativen Entscheidungen. Bevor sie Bill Viola traf war Kira Perov Director of Cultural Activities an der La Trobe University in Melbourne, wo sie
Ausstellungen und Konzerte veranstaltete, und arbeitete am Long Beach Museum of Art in Kalifornien, wo sie
die Geschichte von zehn Jahren Videokunst-Ausstellungen und der Video-Sammlung des Museums darstellte.
Ihr neuestes Buch, »Bill Viola: Visioni Interiori«, erschien zur Ausstellung gleichen Namens in Rom.
50 I 51
Special thanks to
Gerard Mortier (Intendant, Opéra national de Paris, 2005)
Deborah Borda (President, Los Angeles Philharmonic Association)
Jane Moss (Vice President, Programming, Lincoln Center for the Performing Arts)
James Cohan (James Cohan Gallery, New York)
Graham Southern, Harry Blain (Haunch of Venison Gallery, London)
Leon Silverman (Executive Vice President, LaserPacific Media Corp.)
Biografien
MCO Residenz NRW
Leidenschaft und Raserei
Im zweiten Jahr der NRW-Residenz steht beim Mahler Chamber Orchestra wieder eine konzertante
Opernaufführung auf dem Programm. Mit Ben Heppner als Otello und Krassimira Stoyanova
als Desdemona präsentieren sie Verdis musikalische Umsetzung des Shakespeare-Stoffes.
Mi 06.10.2010 · 19.30
GroSSe Kammermusik
In der MCO Academy mischen sich Studierende des Orchesterzentrum|NRW unter die
Profis und sammeln wichtige Erfahrungen für ihren zukünftigen Berufsalltag. Unter Ton Koopmann
spielen die Musiker Werke von Händel, Mozart und Carl Philipp Emanuel Bach.
Do 16.12.2010 · 20.00
Alte Bekannte
Der junge Dirigent Robin Ticciati steht am Pult, wenn das MCO seine Vielseitigkeit als
Sinfonieorchester, Begleiter des Pianisten Pierre-Laurent Aimard und Ensemble passionierter Kammermusiker unter Beweis stellt: Werke von Berlioz, Chopin, Kurtág und Schumann.
Sa 19.03.2011 · 20.00
Name mit Programm
Im letzten Residenzkonzert der Saison stehen beim MCO pünktlich zum Gustav-MahlerGedenkjahr dessen Sinfonie Nr. 4 sowie Orchesterlieder mit der Sopranistin Mojca Erdmann
auf dem Programm.
Di 24.05.2011 · 20.00
Musik ist wie ein Puzzle aus Tönen: Viele Elemente fügen sich zusammen
zur Erfolgsmelodie des KONZERTHAUS DORTMUND. Unterstützen auch
Sie hochkarätige Konzerte und profitieren durch Kartenvorkaufsrecht,
exklusive Einladungen, kostenlosen Bezug von Broschüren etc. Werden
Sie Teil der Gemeinschaft der »Freunde des Konzerthaus Dortmund e.V.«
Infos: T 0231- 22 696 261· www.konzerthaus-dortmund.de
Weiterhören
Texte Markus Bruderreck, Peter Sellars, Bill Viola
Fotonachweise
S. 04 © Richard Haughton
S.11 © Bill Viola, Standbild aus »Tristan und Isolde«, Foto Kira Perov
S.12 © Mat Hennek / DG
S. 30 © Clive Barda
S.37 © Christine Schneider
S.44 © Kira Perov
S.47 © Kevin Higa
Herausgeber KONZERTHAUS DORTMUND
Brückstraße 21 · 44135 Dortmund
T 0231-22 696 200 · www.konzerthaus-dortmund.de
Geschäftsführer und Intendant Benedikt Stampa
Redaktion Dr. Jan Boecker · Marion Schröder
Gestaltung Denise Graetz
Anzeigen Anne-Katrin Röhm · T 0231-22 696 161
Druck Hitzegrad Print Medien & Service GmbH
Wir danken den beteiligten Künstleragenturen und Fotografen für die freundliche Unterstützung. Es war nicht in allen Fällen
möglich, die Bildquellen ausfindig zu machen. Rechteinhaber bitte melden. Druckfehler und Änderungen von Programm und
Mitwirkenden vorbehalten.
Impressum

Documentos relacionados