Gastprofessor der Bayreuther Religionswissenschaft lehrte über

Transcrição

Gastprofessor der Bayreuther Religionswissenschaft lehrte über
Gastprofessor der Bayreuther Religionswissenschaft lehrte über Religionen Ostund Südostasiens
Vom 10. bis 14. Januar war der Religionswissenschaftler und Ostasienexperte Prof. Dr.
Michael Pye im Rahmen der William James Professur zu Gast in der Bayreuther
Religionswissenschaft. Michael Pye hatte bis 2005 den Lehrstuhl für Religionswissenschaft in
Marburg inne. Seitdem ist er an der buddhistischen Ōtani Universität in Kyōto tätig.
Unter dem Titel „Aspekte der Religionen Ost- und Südostasiens: Grundlagen, Vielfalt,
Dynamik“ referierte Michael Pye in einer einwöchigen Serie von Vorlesungen und
Kolloquien zum gegenwärtigen religiösen Leben in China, Japan, Korea, Indonesien und
Kambodscha. Der besondere Reiz seiner Ausführungen zu Themen wie Religionspluralismus,
Religionsdynamik, Innovation etc. lag darin, dass er sie anhand von Beispielen aus
unterschiedlichen asiatischen Kulturregionen entwickelte. Auf anschauliche Weise verknüpfte
er die Ergebnisse seiner Feldstudien in den verschiedenen Ländern mit systematischen Fragen
der Religionswissenschaft.
So entwickelte er anhand der asiatischen Beispiele eine dreifache Religionstypologie. Sie
unterscheidet zwischen „primal religion“ als einer Art unreflektierter Volksreligiosität,
„critical religion“ als distinkte religiöse Traditionen und „civil religion“ als Referenz auf
religiöse Konzepte und rituelle Handlungen in säkularen Kontexten, z.B. in politischen
Diskursen. Vor allem mit dem Modell der primal religion richtet Pye den Blick weg von
religiösen Institutionen hin zu alltäglichem religiösen Verhalten, das sich um als heilig
betrachtete Orte, zyklisch wiederkehrende lokale Feste sowie die rituelle Gestaltung
biographischer Übergangsphasen entfaltet. Diese Art religiösen Lebens wird in lokalen
Gemeinschaften tradiert und oft gar nicht als „religiös“ wahrgenommen (wie im Falle Japans
z.B. Riten der Ahnenpflege, Neujahrsbesuche in Tempel oder Schrein u.ä.m.). Gerade in
religiös pluralen Ländern kann die Manifestation der primal religion in den critical religion
die gemeinsame Basis unterschiedlicher Traditionen bilden.
Eine weitere zentrale Thematik war Pyes Ansatz einer Theorie der religiösen Innovation. Sie
berücksichtigt insbesondere die Frage, ob Innovationen innerhalb oder außerhalb bestehender
Normen einer bestimmten Überlieferung stattfinden, und ob sie zu einer organisatorischen
Abspaltung führen oder nicht. Von einer Neureligion spricht Pye dann, wenn die Bewegung
mit bestehenden religiösen Konzepten bricht und eine unabhängige Organisation bildet.
Gleichzeitig liegt diese Festlegung häufig quer zum Selbstverständnis der Gemeinschaften
selbst, die sich - wie z.B. der koreanische Won Buddhismus - einerseits eindeutig in die
buddhistische Tradition einordnen, andererseits eine eigenständige Legitimationsgrundlage
behaupten. So ist es durchaus möglich, eine neureligiöse Bewegung sowohl als Neureligion
als auch als Teil einer ‚großen religiösen Tradition‘ zu bezeichnen.
Neben dem wissenschaftlichen Programm boten sich bei einem öffentlichen Empfang und
einer von den Studierenden organisierten Feier die Gelegenheit, in informeller Atmosphäre
mit dem Wissenschaftler aus Kyōto ins Gespräch zu kommen.