Grundmodelle der Aufbauorganisation im Unternehmen

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Grundmodelle der Aufbauorganisation im Unternehmen
Grundmodelle der Aufbauorganisation im Unternehmen
- ein kritischer Vergleich -
Hausarbeit im Sommersemester 2000
Fachhochschule Frankfurt am Main
Fachbereich Wirtschaft
Studiengang Betriebswirtschaft
1. Semester
eingereicht bei
eingereicht von
Prof. Dr. Felix Liermann
Marion Schlachter
[email protected]
Note: 1,3
Grundmodelle der Aufbauorganisation im Unternehmen
I
Inhaltsverzeichnis
1
Organisation im Unternehmen
1
2
Leitungsaspekte
1
2.1 Leitungssystem
1
2.1.1 Allgemeines
1
2.1.2 Einliniensystem
1
2.1.3 Mehrliniensystem
3
2.1.4 Stabliniensystem
4
2.2 Leitungsspanne und Gliederungstiefe
3
4
Organisationsstrukturen
4
5
3.1 Strukturierungskonzepte
5
3.2 Funktionale Organisation
6
3.2.1 Grundmodell
6
3.2.2 Vor- und Nachteile
6
3.3 Divisionale Organisation
7
3.3.1 Grundmodell
7
3.3.2 Vor- und Nachteile
8
3.4 Matrix-Organisation
8
3.4.1 Grundmodell
8
3.4.2 Vor- und Nachteile
9
Kritischer Vergleich
Literaturverzeichnis
10
12
Grundmodelle der Aufbauorganisation im Unternehmen
II
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Einliniensystem – Idealtyp
2
Abbildung 2 Einliniensystem mit Fayol’schen Brücken
3
Abbildung 3 Mehrliniensystem – Idealtyp
4
Abbildung 4 Stabliniensystem – Idealtyp
5
Abbildung 5 breite Leitungsspanne – geringe Gliederungstiefe
6
Abbildung 6 geringe Leitungsspanne – größere Gliederungstiefe
6
Abbildung 7 Funktionale Organisation – Grundmodell
8
Abbildung 8 Divisionale Organisation – Grundmodell
10
Abbildung 9 Matrix-Organisation – Grundmodell
13
Grundmodelle der Aufbauorganisation im Unternehmen
1
1 Organisation im Unternehmen
In einem Unternehmen gestaltet sich der gesamte betriebliche Ablauf
nach festgelegten Regelungen, die eine optimale Erfüllung der Unternehmensziele gewährleisten sollen. Sowohl das Festlegen dieser Regeln als
auch ihre Durchführung im Unternehmen bezeichnet man mit dem Begriff
Organisation.
Die betriebliche Organisation beinhaltet die Verknüpfung aller eingesetzten Faktoren im Unternehmen im Hinblick auf Ordnung, Zielgerichtetheit
und Wirtschaftlichkeit. Im Rahmen der Organisation eines Betriebes unterscheidet man zwei zentrale Aufgabenbereiche, die Aufbau- und die Ablauforganisation.
Hinsichtlich des zeitlichen und räumlichen Arbeitsablaufs sind die betrieblichen Faktoren bei der Ablauforganisation so zu gestalten, dass ein zusammenhängender und vollständiger Prozessverlauf gewährleistet ist.
Im Gegensatz dazu wird mit dem Begriff Aufbauorganisation ein System
bezeichnet, dass für eine klare Verteilung und Abgrenzung der betrieblichen Aufgaben sorgt und eine bestimmte Ordnung der Zuständigkeiten
und Verantwortungen im Betrieb schafft.1
Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird gemäß Aufgabenstellung nur der
Aspekt der Aufbauorganisation behandelt.
2 Leitungsaspekte
2.1
Leitungssysteme
2.1.1 Allgemeines
Bei der Bildung von Hierarchien kommt die Frage nach dem Aufbau einer
zielgerichteten Koordination der einzelnen Organisationseinheiten auf.
Dazu sind Kommunikationsbeziehungen hinsichtlich der Weisungsbefugnis und dem Informationsaustausch zwischen den über- und untergeordneten Leitungsebenen erforderlich.
1
vgl. Korndörfer, W.; 1999: S. 449, Weidner, W./Freitag, G.; 1995: S. 21,
Wirtschaftslexikon 1997 Bd. 1, S.19, Spalte 1 sowie S. 277, Spalte 2
Grundmodelle der Aufbauorganisation im Unternehmen
2
Eng verbunden mit diesen grundsätzlichen Regelungen der Kommunikation zwischen den Organisationseinheiten ist die Festlegung der Kompetenzen für die einzelnen Instanzen.
Bei der Strukturierung dieser rangmäßigen Beziehungen sind zwei Grundformen anzutreffen, das Einliniensystem und das Mehrliniensystem. Diese
treten jedoch meist nicht in ihrer Reinform sondern in Mischformen auf.
2.1.2 Einliniensystem
Beim Einliniensystem dominiert das Fayol’sche Prinzip der „Einheitlichkeit
der Auftragserteilung“. In dieser Form der Organisation soll jede untergeordnete Instanz jeweils nur von einer übergeordneten Stelle Weisungen
erhalten.2
Der Begriff des Einliniensystems ist darauf zurückzuführen, dass alle
Instanzen in einen einheitlichen Dienstweg eingegliedert sind und sich
daraus von der obersten bis zur untersten Hierarchieebene über mehrere
Zwischenstufen eine eindeutige Linie der Weisungsbefugnisse und Verantwortungen ergibt.
Abbildung 1 Einliniensystem – Idealtyp
Dieses System besticht durch seinen verhältnismäßig einfachen und klaren Aufbau, die eindeutigen Unterstellungsverhältnisse und die genaue
Kompetenzabgrenzung. Dagegen sprechen die fehlende Dynamik, die
oftmals zeitaufwendigen und umständlichen Kommunikationswege zwi2
vgl. Bühner, R.; 1996: S. 108
Grundmodelle der Aufbauorganisation im Unternehmen
3
schen den Ebenen sowie eine hohe Belastung der oberen Hierarchieebenen mit Koordinationsaufgaben.
Um die negativen Aspekte des Einliniensystems zu verringern, können
jedoch zusätzliche Querverbindungen eingesetzt werden. So kann z.B. ein
direkter Informationsfluss zwischen den Instanzen der unteren Ebenen
durch sogenannte Fayol’sche Brücken hergestellt werden. 3
- - - - Fayol’sche Brücke
Abbildung 2 Einliniensystem mit Fayol'schen Brücken
2.1.3 Mehrliniensystem
Das Mehrliniensystem hingegen gliedert sich nach dem Prinzip des kürzesten Weges, das die schnelle Erteilung und Ausführung von Anweisungen fördert. Hierbei sind mehrere übergeordnete Stellen gegenüber den
nachgeordneten Einheiten im Rahmen ihres jeweiligen Aufgabengebietes
weisungsbefugt. Diese Form der Leitungskonzeption ist auf das Funktionsmeistersystem von Taylor zurückzuführen.
Da es innerhalb dieses Systems allerdings zu Mehrfachunterstellungen
kommen kann, gilt als Voraussetzung für seine Funktionalität, dass Aufgaben- und Kompetenzbereiche konsequent voneinander abgegrenzt
werden und eine reibungslose Koordination durch die übergeordneten Leitungsebenen gewährleistet ist.
3
vgl. Laux, H./Liermann, F.; 1997: S. 187, Wöhe, G.; 1996: S. 189 f., Weidner, W./
Freitag, G.; 1995: S. 74 f.
Grundmodelle der Aufbauorganisation im Unternehmen
4
Abbildung 3 Mehrliniensystem - Idealtyp
Bei diesem System liegen die Vorteile in der Spezialisierung durch die Teilung in Funktionsbereiche, den direkten Weisungs- und Informationswegen und der Möglichkeit neuartiger Lösungen durch ein produktives Konfliktpotential.
Dem gegenüber stehen die Schwierigkeiten der Fehlerzurechnung, die
Abgrenzungsproblematik von Zuständigkeiten und Kompetenzen sowie
die Möglichkeit, dass die ehemals produktiven Konflikte in den persönlichen oder kontraproduktiven Bereich übergehen.
Da Spezialisierung in der heutigen Zeit jedoch kaum vermeidbar, ja sogar
notwendig und wünschenswert ist, entwickelte sich aus diesem Idealtyp
des Mehrliniensystems die sogenannte Matrixorganisation.4
Wie zu Anfang erwähnt, findet sich keines dieser Modelle in seiner Reinform in der Realität wieder. In der Praxis der Unternehmen bietet es sich
nach einem Vergleich viel eher an, die beiden Systeme miteinander zu
kombinieren, um so deren Stärken und Schwächen miteinander zu kompensieren.
4
vgl. Bühner, R.; 1996: S. 109, Laux, H./Liermann, F.; 1997: S. 189, Weidner, W./
Freitag, G.; 1995: S. 75 f.
Grundmodelle der Aufbauorganisation im Unternehmen
5
2.1.4 Stabliniensystem
Das Stabliniensystem ist eine Verknüpfung des Einliniensystems mit dem
Mehrliniensystem, die dazu dienen soll, die Vorteile beider Systeme zu
nutzen und dabei Nachteile zu reduzieren. Hierbei werden der Linie eine
oder mehrere Stabsstellen zur Seite gestellt.
Ziele dieses Aufbaus sind, die jeweiligen Instanzen zu entlasten und sie
qualifiziert zu unterstützen. Aus diesem Grund haben Stabstellen nur eine
beratende Funktion jedoch keinerlei Weisungs- und Entscheidungsbefugnisse.
Abbildung 4 Stabliniensystem - Idealtyp
Auch dieses System ist nicht vollkommen frei von Nachteilen. Da Stabstellen zumeist durch Experten mit hoher fachlicher Qualifikation besetzt werden müssen, kann es dazu führen, dass die Stabsmitglieder sich durch
mangelnde Kompetenz, was die Weisungsbefugnis betrifft, unterfordert
fühlen und demotiviert werden.
Deshalb ist es wichtig darauf zu achten, dass personelle und formale
Voraussetzungen, wie z.B. das Recht der Linie auf und die Pflicht des
Stabes zur Beratung, erfüllt sind, damit Stabstelle und Linie miteinander
harmonieren und kooperieren.5
5
vgl. Bühner, R.; 1996: S. 116-120, Korndörfer, W.; 1999: S. 452, Laux, H./Liermann, F.;
1997: S. 188
Grundmodelle der Aufbauorganisation im Unternehmen
2.2
6
Leitungsspanne und Gliederungstiefe
Bei der formalen Gliederung eines Leitungssystems unterscheiden wir zudem die Leitungsspanne und die Gliederungstiefe.
Dabei bezeichnet die Leitungsspanne, auch Kontrollspanne genannt, die
Anzahl der Stellen, die einer übergeordneten Instanz direkt unterstellt
sind. Sie wird beeinflusst durch Komplexität und Schwierigkeit der zu verrichtenden Aufgabe.
Hieraus ergibt sich die Pyramidenform einer Organisationsstruktur. Da die
Aufgaben der oberen Leitungsebenen meist komplexer und schwieriger
sind, wird man dort nur eine geringe Leitungsspanne finden, wohingegen
in den unteren Hierarchieebenen meist größere Spannen anzutreffen sind.
Abbildung 5 breite Leistungsspanne - geringe Gliederungstiefe
Die Gliederungstiefe dagegen ist die Anzahl der Hierarchiestufen, auch
Leitungsebenen genannt. Diese bestimmt sich durch die Leitungsspanne,
da zwischen diesen beiden Kriterien eine Verbindung besteht. D.h. je
mehr Mitarbeiter einem einzelnen Vorgesetzten untergeordnet sind, also
je größer die Leitungsspanne ist, desto weniger Leitungsebenen sind notwendig.
Abbildung 6 geringere Leitungsspanne - größere Gliederungstiefe
Grundmodelle der Aufbauorganisation im Unternehmen
7
Je nach den Aufgaben im Unternehmen empfiehlt sich eine geringe Leitungsspanne, um eine bessere Wahrnehmung der Leitungsaufgaben zu
gewährleisten, oder eine geringe Gliederungstiefe für eine direktere Kommunikation von unten nach oben und umgekehrt.
3 Organisationsstrukturen
3.1
Strukturierungskonzepte
Der Sinn der praktischen Aufbauorganisation in einem Unternehmen ist
es, geeignete Konzepte aus den vorhanden Grundmodellen zu entwickeln.
Die verschiedenen Idealtypen besitzen in ihrer Anordnung individuelle Eigenheiten sowie typische Stärken und Schwächen. Da diese Rahmenstrukturen auf das jeweilige Unternehmen zugeschnitten werden, um die
Stärken zu kombinieren und die Schwächen zu reduzieren, ergeben sich
eine Vielzahl unterschiedlichster Gestaltungsmöglichkeiten.
In der Praxis werden sich daher die Idealmodelle nur sehr selten bzw. gar
nicht finden lassen, sondern verschiedene Abwandlungen. Relevant für
die weitere Betrachtung sind jedoch die drei häufigsten Grundmodelle in
ihrer Reinform, die Funktionale und Divisionale Organisation sowie die
Matrix-Organisation, wobei die Gliederung der zweiten Leitungsebene betrachtet wird.6
6
vgl. Grochla, E.; 1995: S. 130 f., Hub, H.; 1994: S. 56, Krüger, W.; 1993: S. 95
8
Grundmodelle der Aufbauorganisation im Unternehmen
3.2
Funktionale Organisation
3.2.1 Grundmodell
Die Aufteilung in Funktionsbereiche richtet sich nach den Aufgaben, die im
jeweiligen Unternehmen zu erfüllen sind (z.B. Beschaffung, Fertigung, Absatz). Aus diesem Grund wird dieser Typ auch als verrichtungsorientiertes
Modell bezeichnet.
Leitung
Einkauf
A
Fertigung
B
A
Absatz
B
A
B
Abbildung 7 Funktionale Organisation - Grundmodell
Es handelt sich hierbei um ein Modell im Sinne des Einliniensystems, bei
dem die Unterteilung in verschiedene Funktionsbereiche auf der zweiten
Leitungsebene erfolgt. Alle nachfolgenden Hierarchieebenen können jedoch sowohl verrichtungs- als auch objektorientiert gestaltet sein.
Im Vordergrund einer solchen Strukturierung steht die Spezialisierung der
einzelnen Verrichtungen. Mit der Funktionalen Organisationsstruktur soll
gewährleistet werden, dass die Aufgaben aller Teilbereiche mit der größtmöglichen fachlichen Qualifikation ausgeführt werden.7
3.2.2 Vor- und Nachteile
Die Gliederung eines Unternehmens nach dem Modell der Funktionalen
Organisation setzt voraus, dass ein relativ kleines Produktprogramm gegeben und der Absatzmarkt vergleichsweise stabil ist.
Unter diesen Voraussetzungen spricht für die Anwendung des Aufbaus
nach Funktionsbereichen, dass die Unterstellungsverhältnisse und Kom7
vgl. Grochla, E.; 1995: S. 131-133, Hub, H.; 1994: S. 57, Schertler, W.; 1995: S. 33
Grundmodelle der Aufbauorganisation im Unternehmen
9
petenzregelungen sehr transparent sind und die Arbeitsteilung einem logischen Produktionsablauf folgt. Außerdem sind die einzelnen Teilbereiche
durch ihre Spezialisierung hocheffizient und die Kosten durch die einfache
Besetzung der Spezialistenstellen relativ niedrig.
Dem gegenüber stehen allerdings erhebliche Nachteile. So wird die Koordination der Funktionsbereiche untereinander durch die Spezialisierung
erschwert. Hierbei entsteht oftmals durch die fehlende Marktnähe einiger
Teilbereiche ein sogenannter Bereichsegoismus, der eine einheitliche
Ausrichtung der Produktion verhindert.
Sehr schwer wiegen zudem auch Wettbewerbsnachteile, die bei einer Erweiterung der Produktpalette oder der Vergrößerung des Unternehmens,
z.B. der Absatz auf internationalen Märkten, entstehen können. Auch sind
übergreifende Prozesse, wie z.B. die Produktentwicklung, aufgrund der
zahlreichen Schnittstellen und der langen Wege sehr schwerfällig.8
8
vgl. Hub, H.; 1994: S. 57 f., Krüger, W.; 1993: S. 96 f., Schertler, W.; 1995: S. 33 f.
10
Grundmodelle der Aufbauorganisation im Unternehmen
3.3
Divisionale Organisation
3.3.1 Grundmodell
Die Bildung von Teilbereichen auf der zweiten Leitungsebene erfolgt bei
der divisionalen Organisation nach dem Prinzip der Objektgliederung. Die
Einteilung kann nach Produkten bzw. Produktgruppen, Regionen oder
auch Kundengruppen erfolgen.
Leitung
Produkt A
Produkt B
Einkauf
Fertigung
Produkt C
Absatz
Abbildung 8 Divisionale Organisation - Grundmodell
Solche objektbezogenen Einheiten werden als Sparten, Geschäftsbereiche oder Divisionen (engl. divisions) bezeichnet. Die weitere Gliederung
der nachfolgenden Hierarchieebenen erfolgt hierbei meist verrichtungsorientiert. Eine solche Division verfügt über sämtliche für sie notwendigen
Funktionsbereiche relativ autonom, ist aber im Rahmen der Unternehmung rechtlich unselbständig.
Bei dieser organisatorischen Verselbständigung besteht die Möglichkeit,
die Sparten z.B. als sogenannte Profit-Center zu führen. Damit sind die
Teilbereiche für ihren Erfolg weitestgehend selbst verantwortlich und die
Aufgabe der Unternehmensleitung besteht lediglich darin, die einzelnen
Center zu koordinieren und kontrollieren sowie langfristige Ziele zu definieren.9
9
vgl. Grochla, E.; 1995: S. 137 f., Krüger, W.; 1993: S. 100, Schertler, W.; 1995: S. 34
Grundmodelle der Aufbauorganisation im Unternehmen
11
3.3.2 Vor- und Nachteile
Voraussetzungen für die Funktionalität der objektorientierten Organisation
sind u.a. das Angebot einer breiten Produktpalette seitens der Unternehmen, bei denen sich die Fertigungsverfahren der einzelnen Produkte
grundlegend unterscheiden, und dass die Märkte eine hohe Produktdynamik fordern. Zudem muss jeder Teilbereich mindestens die Funktionen
von Produktion und Absatz umfassen, andere Bereiche können hingegen
zentral im Unternehmen gegliedert sein.
Von Vorteil sind bei dieser Struktur die Möglichkeiten, auf Änderungen
flexibler und damit schneller reagieren zu können, sowie der relativ geringe Koordinationsbedarf durch die Unternehmensleitung, so dass diese
sich in erster Linie strategischen Aufgaben widmen kann.
Dafür spricht auch, dass Änderungen in einzelnen Märkten sich i.d.R. nur
auf einzelne Sparten auswirken, andere davon aber nicht betroffen werden. Genauso positiv wirkt sich aus, dass eine Neuordnung der Divisionen
sowohl bei Erweiterung der Angebotspalette als auch bei einer Ausweitung bzw. einer Verringerung des Geschäftsvolumens aufgrund der flexiblen Struktur der objektorientierten Organisation relativ leicht durchführbar
ist.
Auch die organisatorische Autonomie der einzelnen Sparten bringt einige
Nachteile mit sich. So besteht die Möglichkeit, dass einzelne Bereiche sich
gegenüber der Gesamtunternehmung isolieren und übergeordnete Ziele
vernachlässigen. Im Gegensatz zur Gesamtleitung, die langfristig plant,
haben die Teilbereiche meist nur die kurzfristige Erfolgsmaximierung im
Blick.
Außerdem kann es zu Problemen kommen, sobald ein Geschäftsprozess
über mehrere Sparten hinweggeht oder Informationen aus verschiedenen
Sparten benötigt werden. Zugleich macht sich hier der Kostenfaktor bemerkbar, da es durch die dezentrale Anordnung von Ausführungsarbeiten
(z.B. Produktion und Absatz) in den einzelnen Divisionen zu doppelten
Besetzungen kommt.10
10
vgl. Grochla, E.; 1995: S. 139, Hub, H.; 1994: S. 59-62, Krüger, W.; 1993: S. 101 f.,
Schertler, W.; 1995: S. 34 f.
Grundmodelle der Aufbauorganisation im Unternehmen
3.4
12
Matrix-Organisation
3.4.1 Grundmodell
Im Gegensatz zur funktionalen sowie divisionalen Organisationsstruktur
erfolgt die Gliederung auf der zweiten Leitungsebene sowohl nach dem
Verrichtungs- als auch nach dem Objektprinzip. Beide Systeme überlagern sich und es entsteht eine mehrdimensionale Organisationsstruktur im
Sinne des Mehrliniensystems.
Hierbei ergibt sich für die untergeordneten Instanzen eine Mehrfachunterstellung, bei der sie gleichberechtigt sowohl von der funktionalen als auch
von der objektorientierten Seite Weisungen empfangen. Das beim Einliniensystem geltende Prinzip der Einheitlichkeit der Auftragserteilung wird
ersetzt durch das „System der dualen Führung bzw. das Prinzip des Weisungskompetenzdualismus“.11
Von erheblicher Bedeutung für das Funktionieren einer Matrixorganisation
ist, dass vor allem das Führungspersonal im Bezug auf Kommunikations-,
Kooperations- und Konfliktfähigkeit überdurchschnittlich qualifiziert ist.
11
Grochla, E.; 1995: S. 140, vgl. auch Hub, H.; 1994: S. 63, Krüger, W.; 1993: S. 111 f.
13
Grundmodelle der Aufbauorganisation im Unternehmen
Geschäftsleitung
Einkaufsleiter
Fertigunsleiter
Vertriebsleiter
Produktmanager A
Einkauf A
Fertigung A
Vertrieb A
Produktmanager B
Einkauf B
Fertigung B
Vertrieb B
Produktmanager C
Einkauf C
Fertigung C
Vertrieb C
funktionales Leitungssystem
divisionales Leitungssystem
Abbildung 9 Matrix-Organisation - Grundmodell
3.4.2 Vor- und Nachteile
Obwohl die Anforderungen an die Mitarbeiter und das Management bei
einer mehrdimensionalen Organisationsform höher als bei eindimensionalen sind, gibt es Überlegungen, die eine derartige Struktur erforderlich machen.
Bei den folgenden Situationen könnte dies der Fall sein, so z.B. wenn die
Aufgaben im Unternehmen relativ komplex sind und sich stetig ihr Grad an
Innovationen aber auch an Risiko erhöht. Die Matrixorganisation ist auch
denkbar für ein Unternehmen, dessen wirtschaftliches Umfeld sich häufig
verändert und damit Änderungen der Aufgaben- oder auch der Produktstruktur erforderlich macht.
Grundmodelle der Aufbauorganisation im Unternehmen
14
Die Matrixorganisation stellt einen Versuch dar, die spezifischen Vorteile
der Funktionalen und Divisionalen Organisation zu kombinieren. Demnach
ist es eine Verbindung aus der Spezialisierung im Funktionsbereich und
dem Gesamtüberblick eines Produktes aus dem Objektbereich.
Durch den kombinierten Einsatz verschiedener Fachspezialisten sowohl
im verrichtungsorientierten als auch im objektorientierten Bereich ergibt
sich ein hohes Problemlösungspotential, da Probleme von den einzelnen
Teilbereichsmanagern aus unterschiedlichen Sichtweisen betrachtet werden können.
Daneben ist gerade für die Anpassung an das Unternehmensumfeld die
große Flexibilität dieses Systems von Vorteil, da ohne größere Umstrukturierung Objektbereiche geschaffen bzw. aufgelöst werden können.12
Wenn auch in dieser Struktur versucht wird, die Vorteile der Funktionalen
und Divisionalen Organisation zu kombinieren, ist die Matrixorganisation
doch nicht frei von Nachteilen.
Hierbei stellt die Teilung der Kompetenzen das Hauptproblem dar. Obwohl
die Konfliktfähigkeit von Vorteil ist, kann sie sich auch negativ auswirken.
So wird die Flexibilität oft durch langwierige Diskussionen und Konflikte
gestört. Zudem kann es dazu führen, dass sich die gleichberechtigten
Teilbereichsmanager aufgrund unterschiedlicher Zielsetzungen nicht auf
ein Vorgehen einigen können.
In diesem Fall ist die anfänglich gewünschte und geförderte Konfliktsituation kontraproduktiv und hemmt die gesamte Produktion, da möglicherweise zu viele oder qualitativ schlechte Kompromisse eingegangen werden und bis zur endgültigen Entscheidung zuviel Zeit verloren geht.
Wenn man sich nun noch die oben genannte Voraussetzung ins Gedächtnis ruft, dass die Führungskräfte überdurchschnittlich qualifiziert sein sollten und berücksichtigt, dass bei der Matrixorganisation die Führungsposi-
12
vgl. Grochla, E.; 1995: S. 145, Hub, H.; 1994: S. 65, Krüger, W.; 1993: S. 112 f.,
Schertler, W.; 1995: S. 43
Grundmodelle der Aufbauorganisation im Unternehmen
15
tionen im Vergleich zu den eindimensionalen Systemen nahezu verdoppelt werden, sollte man auch den Kostenfaktor nicht außer acht lassen.13
4 Kritischer Vergleich
Da alle Grundmodelle unterschiedliche Voraussetzungen mit sich bringen
und keines der drei Systeme nur Vorteile hat, muss jedes Unternehmen
abwägen, welche Organisationsstruktur für seine Aufgaben und Ziele die
richtige ist.
Die Funktionale Organisation eignet sich besonders für Unternehmen mit
einer kleinen Produktpalette bzw. mehreren ähnlichen Produkten mit vergleichbaren Fertigungsabläufen. Sie ist zweckmäßig, wenn sowohl das
Umfeld als auch die Technologien und Verfahren sich längerfristig nur unwesentlich verändern.
Auch wenn sich im Laufe der Zeit mehrere der Voraussetzungen ändern,
ist es nicht zwingend erforderlich, die Struktur zu wechseln, sondern es
bestehen vielfältige Alternativen und Möglichkeiten, die Funktionale Organisationsstruktur zu variieren. Am häufigsten geschieht dies durch Stäbe
im Sinne des Stabliniensystems.14
Demgegenüber eignet sich die Divisionale Organisation vor allem für
Großunternehmen, die eine Vielzahl unterschiedlicher Produkte herstellen
und deren Umfeld vergleichsweise dynamisch ist. Dies fordert eine große
Flexibilität, besonders z.B. in Marktbereichen, die große Innovationen in
die Entwicklung neuer Verfahren voraussetzen.
Die Grundidee, die hinter der objektorientierten Organisation steckt ist,
dass einzelne Geschäftsbereiche relativ unabhängig voneinander sind, so
dass die Sparten im Idealfall „Quasi-Unternehmen“ darstellen.
Hierbei gibt es unterschiedliche Ausprägungen, die das Unternehmen je
nach Zielvorgaben nutzen kann. Man differenziert Cost-Center, die sich
primär an Kostengrößen orientieren, Profit-Center, die an Erfolgsgrößen
13
vgl. Grochla, E.; 1995: S. 140+145, Hub, H.; 1994: S. 65 f., Krüger, W.; 1993: S. 112 f.,
Schertler, W.; 1995: S. 44
14
vgl. Grochla, E.; 1995: S. 136, Hub, H.; 1994: S. 58, Krüger, W.; 1993: S. 97 ff.
Grundmodelle der Aufbauorganisation im Unternehmen
16
gemessen werden, und Investment-Center, die sich sowohl nach Erfolgsgrößen als auch nach der Gewinnverwendung richten.
Auch bei der Divisionalen Organisation besteht die Möglichkeit zur Optimierung der Strukturen. So ist es denkbar und auch üblich, einzelne Bereiche nicht in die Sparten zu integrieren, sondern eine Zentralabteilung zu
bilden, die der obersten Leitungsebene direkt unterstellt ist.15
Die Matrixorganisation, die ja die Vorteile der Funktionalen und Divisionalen Organisation verbindet, eignet sich im Hinblick auf Projekte besonders
für einmalige und sehr komplexe Aufgabenstellungen. Sie ist jedoch auch
im Produktbereich zweckmäßig, wenn es sich um ein Mehrproduktunternehmen handelt, bei dem es darauf ankommt, sich rasch einem veränderten Umfeld anpassen zu müssen.
Der Kern des Problems liegt in diesem Systems an den vielfältigen Konfliktmöglichkeiten. Hier muss es der Unternehmensleitung gelingen, die
Führungspositionen mit geeigneten Mitarbeitern zu besetzen, sonst ist die
Gefahr sehr groß, dass das System daran scheitert.16
Die drei beschriebenen Grundmodelle der Aufbauorganisation können
nicht im eigentlichen Sinne miteinander verglichen werden, da sie unterschiedliche Voraussetzungen fordern. Die Aufgabe eines Unternehmens
besteht darin, sich seine Ziele und betrieblichen Voraussetzungen zu verdeutlichen, um dann nach diesen Kriterien das geeigneteste Organisationssystem auszuwählen.
Absolut gesehen gibt es kein „besser oder schlechter“, sondern vielmehr
nur für die jeweiligen Unternehmensziele geeignet oder ungeeignet.
15
16
vgl. Grochla, E.; 1995: S. 138, Hub, H.; 1994: S. 63, Krüger, W.; 1993: S. 102-110
vgl. Hub, H.; 1994: S. 66, Krüger, W.; 1993: S. 113
Grundmodelle der Aufbauorganisation im Unternehmen
17
Literaturverzeichnis
Bühner, Rolf
Betriebswirtschaftliche Organisationslehre,
8. Auflage, München, Oldenbourg Verlag, 1996
Grochla, Erwin
Grundlagen der organisatorischen Gestaltung,
Nachdruck, Stuttgart, Schäffer-Poeschel Verlag, 1995
Hub, Hanns
Aufbauorganisation, Ablauforganisation,
1. Auflage, Wiesbaden, Gabler Verlag, 1994
Krüger, Wilfried
Organisation der Unternehmung, 2. Auflage,
Stuttgart, Verlag W. Kohlhammer, 1993
Korndörfer, Wolfgang
Allgemeine Betriebswirtschaftslehre,
12. Auflage, Wiesbaden, Gabler Verlag, 1999
Laux, Helmut
Liermann, Felix
Grundlagen der Organisation,
4. Auflage, Berlin, Springer-Verlag, 1997
Schertler, Walter
Unternehmensorganisation, 6. Auflage, München, Oldenbourg Verlag, 1995
Weidner, Walter
Freitag, Gerhardt
Organisation in der Unternehmung,
5. Auflage, München, Carl Hanser Verlag, 1996
Wöhe, Günter
Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 19. Auflage,
München, Verlag Franz Vahlen, 1996
Wirtschaftslexikon
in 10 Bänden
14. Auflage, Wiesbaden, Gabler Verlag, 1997
18
Grundmodelle der Aufbauorganisation im Unternehmen
Erklärung über die selbständige Anfertigung der Hausarbeit
Hiermit versichere ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig und
ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe.
Alle Stellen, die wörtlich oder sinngemäß aus veröffentlichten und nicht
veröffentlichten Schriften entnommen sind, sind als solche kenntlich gemacht.
Die Arbeit hat in gleicher oder ähnlicher Form noch keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegen.
Ort, Datum
Unterschrift

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