a-t 6 - Arznei

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a-t 6 - Arznei
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arznei-telegramm 6/94
Warenzeichen in
Österreich
und Schweiz
(Beispiele)
FSMEImmunglobulin:
FSME-BULIN
(A)
FSME-BULIN
IMMUNO
(CH)
behandelt jeder Arzt nach Kriterien, die seiner persönlichen Präferenz und Erfahrung entsprechen. Aufgabe des
arznei-telegramm ist es jedoch, Erkenntnisse nach wissenschaftlichen Kriterien darzustellen und so Hilfen für
therapeutische Entscheidungen anzubieten, –Red.
CANDIDA IM STUHL – WANN BEHANDELN?
In letzter Zeit fordern immer mehr Patienten von mir eine Behandlung
ihrer „Pilzinfektionen”. In der Regel ist dem eine Stuhluntersuchung bei anderen Kollegen oder bei einem Heilpraktiker vorausgegangen. Als Ergebnis dieser Untersuchungen wurde den Patienten dann mitgeteilt, daß eine Besiedlung
FSME-Impfmit Candida vorliege... Meines Erachtens ist eine Behandlung bei Candidastoff:
FSME-IMMUN besiedlung im Stuhl unnötig, sofern an Haut bzw. Schleimhäuten kein patholo(A, CH)
gischer Befund festzustellen ist bzw. der Patient auch sonst asymptomatisch
ist... Ich möchte Sie diesbezüglich um Therapierichtlinien bitten. Insbesondere
Nystatin:
interessiert mich die Frage, ab welcher Keimzahlhöhe eine Candida-Infektion
MYCOSTATIN
behandelt werden muß.
(A, CH)
Dr. med. E. MARTMÜLLER-FOELSCHE
D-73732 Esslingen
Bei 50% bis 75% der Bevölkerung läßt sich im Stuhl
Candida nachweisen. Hefen bis 1000/g Stuhl gelten in der
Regel als unbedeutend, mehr als 1 Million/g als pathologisch. Besonders bei abwehrgeschwächten Personen wie
Zucker-, Krebs- oder AIDS-Kranken, zytostatisch oder antibakteriell Behandelten können sich die Pilze stark vermehren, mit dem Risiko einer systemischen Mykose. Für
diesen Personenkreis kann eine Behandlung erwogen
werden, wenn sich mehr als 1000 Hefen/g Stuhl finden,
klinische Symptome aber fehlen. Sonst soll der Darm nur
dann saniert werden, wenn der Pilzbefall mit klinischem
Befund einhergeht. Zur Behandlung eignet sich Nystatin
(MORONAL u.a.),1 das in der Regel zwei Wochen lang
eingenommen werden soll. Da die Speiseröhre häufig mitbefallen ist, wird eine Kombination von Dragees und
Suspension empfohlen. Zuckerfreie Kost soll den Pilzen
den Nährboden entziehen und ein saures Darmmilieu (frisches rohes Sauerkraut, Trinken verdünnten Apfelessigs)
die Myzelbildung verhindern,2 –Red.
1
2
MUELLER, R. L.: intern. praxis 34 (1994), 288
MENZEL, I.: intern. praxis 34 (1994), 287
PRODUKTPLAZIERUNG VON ACE-HEMMERN
Die Marketingstrategie der Arzneimittelfirmen bezüglich ACE-Hemmer
hat m.E. die Grenze des Zumutbaren überschritten... Der Verordnungstrend
wird massiv durch das Krankenhaus gefördert, da hier die lokale Produktwerbung anscheinend noch am effektivsten zu sein scheint. Dabei halte ich dies
aus juristischer Sicht für sehr problematisch, da dem Patienten kein Beipackzettel vorgelegt wird bzw. kaum eine diesbezügliche Aufklärung erfolgt. Würde
der Patient einen Beipackzettel im Krankenhaus bekommen, würde er die Einnahme des Präparates, wie meist in der freien Praxis, aus gutem Grund ablehnen. Bis auf möglicherweise wenige Ausnahmen kann sicherlich auf ACE-Hemmer ganz verzichtet werden, da sie kaum als Monopräparat, sondern meist nur
in Kombination mit verschiedenen anderen blutdrucksenkenden oder herzwirksamen Medikamenten eingesetzt werden... Die ACE-Hemmer werden durch
das Marketing m.E. alleine aus preislichen Gründen in die Verordnungsfeder
hineingepuscht, da die klassische Medikation, die gegenüber ACE-Hemmern
viele Vorteile aufweist, einen enormen Preisverfall erlebt hat.
Dr. med. E. ESCH (Internist)
D-50827 Köln
ZECKENALARM DURCH ÄRZTEKAMMER
... aber kein Hinweis
auf die häufigeren Borreliosen
...Früher habe ich großzügig zur FSME-Impfung geraten. In der Zwischenzeit halte ich die von Zecken übertragene Borreliose klinisch für viel relevanter als die FSME, zumal nach meinem Wissensstand bei dem bei uns vorkommenden Virustyp praktisch keine Todesfälle beschrieben sind und auch
bleibende Schäden extrem selten sind...
Ich traute meinen Augen nicht, als ich heute morgen eine Pressemeldung im Offenburger Tageblatt las. Danach schlägt die Ärzteschaft in BadenWürttemberg „Alarm!” und rät dringend zu einer FSME-Impfung für alle, die
sich im Freien aufhalten oder für ein Wochenende in den Schwarzwald fahren
usw. Sie warnt sogar vor den tödlichen Gefahren einer FSME. Daß Zecken viel
häufiger Borrelien übertragen, welche gravierende, chronische Erkrankungen
zur Folge haben können (a-t 11 [1987], 96; 6 [1989], 56), kam bei den Journalisten offenbar überhaupt nicht an.
Ich verstehe die Welt nicht mehr. Entweder haben die Arzneimittelkommission und das BGA leichtfertig gewarnt und leichtfertig zur engen Impfindikation geraten, oder die Landesärztekammer hat sich leichtfertig vor den Wagen
einer Marketingaktion der Firma Immuno spannen lassen.
Dr. med. U. TRAUNECKER (Arzt f. Allgemeinmed., Betriebsmed.)
D-77718 Gengenbach
Wer lügt – oder verdreht hier die Tatsachen? Wem soll ich glauben –
Ihren Veröffentlichungen oder diesen hier (Konsensuspapier FSME-Impfung
1994 der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns und der Bayerischen Gesellschaft für Immun-, Tropenmedizin und Impfwesen e.V.)?
Dr. KAMPFFMEYER (Hautärztin)
D-85221 Dachau
In den letzten Wochen konnte man mehrfach in der Laienpresse über
die Empfehlung zur FSME-Impfung lesen. ... Gibt es neuere epidemiologische
Ergebnisse, die eine Änderung der Einstellung zur FSME-Impfung nahelegen
und die in Ihren mehrfach warnenden Stellungnahmen noch nicht berücksichtigt sind ...
Dr. med. R. BURR (Allgemeinmediziner)
D-72145 Hirrlingen
Ist bei den gegebenenfalls zur FSME-Impfung anstehenden Patienten
der Einsatz des FSME-Impfstoffes ENCEPUR der Firma Behring für die aktive
Immunisierung unbedenklich zu empfehlen? Sollte für die Auffrischimpfungen
nach erfolgter Grundimmunisierung der Behring-Impfstoff eingesetzt werden
oder sollte generell auf weitere aktive Immunisierungen gegen FSME verzichtet
werden und im Bedarfsfall – bei Zeckenbiß in gefährdeter Region – auf die
passive Immunisierung zurückgegriffen werden?
Dr. med. A. FUCHS (Kinderarzt)
D-40597 Düsseldorf-Benrath
Die Zeckensaison beginnt etwa im April eines Jahres mit einer Häufung von Infektionen im Mai und Juni. Für
die in der kalten Jahreszeit vorzunehmende Aktivimmunisierung gegen FSME wäre es im Sommer – kurz vor Ferienbeginn – zu spät. Mit einem hinreichenden Impfschutz
ist etwa zwei Wochen nach der zweiten Impfung zu rechnen – bei den üblichen Impfungen an den Tagen 0 und 28
also sechs Wochen nach Impfbeginn, bei Schnellimmunisierung mit ENCEPUR an den Tagen 0 und 7 (dritte
Impfung am Tag 21) bereits nach drei Wochen. Zurückhaltung erscheint unverändert geboten (vgl. a-t 1 [1994], 2),
da das Risiko eines Impfschadens möglicherweise das
Erkrankungsrisiko übertrifft. Hinweise auf eine Zunahme
des FSME-Erkrankungsrisikos in Baden-Württemberg im
Vergleich zu Bayern fehlen. Anderslautende Mitteilungen
sind nicht durch Zahlenangaben begründet. In der Bundesrepublik ist mit 60 bis 120 Frühsommer-Meningoenzephalitiden im Jahr zu rechnen (a-t 5 [1993], 49). Auch in
Endemiegebieten soll nur eine von etwa 100 bis 2.000
Zecken das Virus tragen. Selbst der Biß einer infizierten
Zecke bleibt überwiegend ohne Folgen oder verursacht
nur leichte grippeartige Beschwerden. Nur etwa jedem
zehnten Biß einer infizierten Zecke folgen Symptome des
Zentralnervensystems.1 Differentialdiagnostisch ist die
Borreliose zu berücksichtigen. Das Risiko einer Infektion
mit Borrelien, die antibiotisch behandelt werden kann, ist
500- bis 1000mal größer (a-t 6 [1991], 50).
Von insgesamt 153 Meldungen an das NETZWERK
DER GEGENSEITIGEN INFORMATION entfallen 89, darunter viele schwerwiegende neurologische Komplikationen, auf den Marktführer FSME-IMMUN (Immuno), 37 auf
Impfstoffe der Behringwerke (ENCEPUR u.a.) und 4 auf
FSME-IMPFSTOFF SSW (Sächsische Serumwerke, nicht
mehr im Handel, Produkt war identisch mit Behring-Vakzine). Für die übrigen fehlt die Angabe des Herstellers. Auffällig häufige Lokalreaktionen einschließlich Abgeschlagenheit, Gliederschmerzen und erhöhte Temperatur nach
Erstimpfung mit ENCEPUR werden auf dem im Vergleich
zum Immuno-Impfstoff höheren Antigengehalt zurückgeführt.
Gegen die Verwendung des FSME-Immunglobulins
(FSME-BULIN S, FSME-IMMUNGLOBULIN BEHRING)
spricht zum einen dessen ungenügender Schutz, der bei
etwa 60% liegen soll. Zum anderen kann das Immunglo-