BDB Forum Niedersch. - Bundesverband deutscher Banken
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BDB Forum Niedersch. - Bundesverband deutscher Banken
Bundesverband deutscher Banken Deutschland zwischen Globalität und nationalen Blockaden Achtes Gesellschaftspolitisches For um der Banken Schönhauser Gespräche Schönhauser Gespräche Das Forum Als Schlüsselbranche sind die Banken vielseitig mit der Gesellschaft verknüpft: Sie unterliegen Pflichten, Ansprüchen, Er war tungen; auf ihre Mitwirkung ist der Kreislauf der Wir tschaft angewiesen. Aus Mitwirkung er wächst Mitverantwor tung. Das gilt nicht nur für das Verhältnis der Banken zur Kundschaft; sie schulden darüber hinaus der Öf fentlichkeit, der Gesellschaft und auch dem Staat ihr Wissen und ihren Rat. Insoweit sind sie zur Mitsprache aufgerufen. Der Mitsprache, dem freien Austausch von Meinungen, Ansichten und Informationen dient das Gesellschaftspolitische Forum der Banken, als Schönhauser Gespräche nach dem Or t der bisherigen Veranstaltungen benannt. Zum Gespräch eingeladen sind alljährlich Repräsentanten aus Politik, Gesellschaft und Wir tschaft. Das Thema Die Globalisierung schreitet voran; Wir tschaft und Gesellschaft verändern sich in atemberaubender Geschwindigkeit. Ist die Politik, die sich noch weitgehend im nationalen Rahmen vollzieht, auf diesen Wandel vorbereitet? Sind die Deutschen flexibel genug, um sich auf die neuen Rahmenbedingungen und die gewachsenen Anforderungen einzustellen? Wie kann Deutschland im Inneren und nach außen Handlungsfähigkeit zurückgewinnen? Fragen, die sich stellen, wenn es um Deutschlands Zukunft geht. Fragen, die im Mittelpunkt der Achten Schönhauser Gespräche standen. Schönhauser Gespräche Achtes Gesellschaftspolitisches Forum der Banken am 23. November 2000 auf Schloss Schönhausen, Berlin-Niederschönhausen Vakat Deutschland zwischen Globalität und nationalen Blockaden Achtes Gesellschaftspolitisches For um der Banken Schönhauser Gespräche Inhaltsübersicht Begrüßung und Einführung 7 Dr. Manfred Weber, Hauptgeschäftsführer und Mitglied des Vorstandes, Bundesverband deutscher Banken, Berlin Deutschland im internationalen Wettbewerb: Die Innenansicht 11 Dr. h. c. Lothar Späth, Ministerpräsident a. D., Vorstandsvorsitzender, Jenoptik AG, Jena Deutschland im internationalen Wettbewerb: Die Außenansicht 19 Dr. Herwig Schlögl, Stv. Generalsekretär, OECD, Paris Nationale Blockaden: Zur Neudefinition der Rolle des Staates 25 Prof. Dr. Norbert Walter, Chefvolkswirt, Deutsche Bank Gruppe, Frankfurt am Main Diskussion 33 Moderation: Prof. Dr. h. c. Joachim Fest, Kronberg im Taunus Wie kann Deutschland Handlungsfähigkeit zurückgewinnen? 41 Wolfgang Clement, Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf Perspektive Europa: Teil der Lösung oder Teil des Problems? 51 Friedrich Merz, Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Berlin Diskussion 58 Moderation: Prof. Dr. h. c. Joachim Fest Zusammenfassung und Ausblick 81 Stefan Baron, Chefredakteur, Wirtschaftswoche, Düsseldorf Verabschiedung 87 Dr. Manfred Weber Teilnehmer 88 Die bisherigen Veranstaltungen – Schönhauser Gespräche 92 5 Begrüßung und Einführung Dr. Manfred Weber Hauptgeschäftsführer und Mitglied des Vorstandes, Bundesverband deutscher Banken, Berlin eine sehr verehrten Damen, meine Her- schon wieder in einen niedrigeren Gang zurück- ren. Ich begrüße Sie ganz herzlich im schalten? Ich habe jedenfalls in den letzten Wo- Namen des Bundesverbandes deutscher Banken, chen den Eindruck gewonnen, dass dies ge- auch im Namen unseres Präsidenten, Herrn Dr. schieht. Man kann ja auch leicht in den Rück- Heintzeler. Aufgrund eines Trauerfalles in seiner wärtsgang geraten. Haben wir den Reformstau Familie kann er leider am diesjährigen Forum denn tatsächlich schon überwunden, über den nicht teilnehmen. wir zuvor in Deutschland so viel diskutiert M Das ist das Achte Gesellschaftspolitische haben? Ich denke, es wäre mehr als zweifelhaft, Forum der Banken. Wir wollen mit diesen diese Frage zu bejahen. Zu viele Aufgaben sind Schönhauser Gesprächen wichtige Fragen er- noch unerledigt. Es wäre viel zu früh, um sich örtern, Probleme, bei denen auch politischer entspannt zurückzulehnen. Handlungsbedarf besteht, deren Lösung für unser Auch das Lob, das kürzlich der Interna- Land wichtig ist. Ich denke, unser heutiges Thema tionale Währungsfonds Deutschland für seine „Deutschland zwischen Globalität und nationa- Haushalts- und Finanzpolitik erteilt hat – ich len Blockaden“ erfüllt diese Bedingungen. Wenn meine: zu Recht –, war ja mit einer deutlichen zurzeit über unsere wirtschaftliche Zukunft ge- Warnung versehen. Es sei völlig offen, so der sprochen wird, dann stehen die Globalisierung IWF, ob die derzeitige konjunkturelle Stärke und ihre Auswirkungen im Mittelpunkt und da- zum Sprungbrett für dauerhaftes und robustes mit auch die Frage: Wie können wir uns darauf Wachstum werde oder ob „Deutschlands Ge- einstellen? Welche Anpassungen sind notwendig? schichte enttäuschender Konjunkturverläufe Kurzum: Wo steht Deutschland heute? aufgrund starrer Strukturen bestätigt wird“. Wenn man sich diese Frage stellt, muss In der Tat: Wenn wir den Konjunktur- man, so meine ich, zunächst feststellen: In der motor am Laufen halten wollen, sind weitere Politik bewegt sich wieder etwas. Das ist für sich Anpassungen unausweichlich. Das gilt – das ist betrachtet so schlecht ja nicht. Die Regierung heute Gott sei Dank fast Allgemeingut ge- Schröder hat nach den ersten äußerst holprigen worden – zunächst einmal für die Sozialversi- zwölf Monaten im zweiten Jahr ihrer Amtszeit cherungsbeiträge, einfach auch um die Abga- Tritt gefasst. Das eine oder andere Reformpro- benbelastung in diesem Bereich in vertretbaren jekt ist auf den Weg gebracht worden. Ich denke Grenzen zu halten. beispielsweise an das Sparpaket, ich denke an die Wir brauchen darüber hinaus – ein ganz Steuerreform. Manches hätte man sich hier etwas aktuelles Thema – eine überzeugendere Form mutiger, etwas entschlossener, etwas entschiede- der Alterssicherung, und zwar nicht nur im Be- ner gewünscht. Gleichwohl lautet per saldo mein reich der betrieblichen Altersvorsorge, sondern Urteil: Das sind positive Weichenstellungen. insbesondere auch den Aufbau einer eigenstän- Man muss aber weiter fragen: Ist es damit ge- digen freiwilligen zusätzlichen privaten Alters- tan? Darf die Regierung bei den Reformen jetzt vorsorge. Hier liegt ein Entwurf auf dem Tisch. „Darf die Regierung bei den Reformen jetzt schon wieder in einen niedrigeren Gang zurückschalten?“ 7 Begrüßung und Einführung Dr. Manfred Weber Die Grundtendenz ist meines Erachtens richtig: erforderlichen Rahmenbedingungen einfordern. denz, eine Aufhellung des Meinungsbildes er- Weitergedacht heißt das doch: Wenn nationale weniger im Bereich der gesetzlichen Rente, mehr Nur dann werden wir unser Hauptanliegen, kennbar wird. Man sieht zunehmend auch die Untätigkeit und Misserfolge nur allzu häufig mit im eigenverantwortlichen, im privaten Bereich, Arbeitsplätze neu zu schaffen und langfristig zu Chancen und nicht nur die Risiken, die mit dem Hinweis auf europäische und globale Ent- und zwar kapitalgedeckt. Schaue ich mir die sichern, erreichen können. diesem Prozess verbunden sind. Die Deutschen wicklungen entschuldigt werden, braucht man bewegen sich offensichtlich. sich auch nicht darüber zu wundern, dass die Einzelheiten an, dann komme ich jedoch zu dem In den USA ist es gelungen, für 30 Millio- Urteil: Mit dieser Reform wird die Regierung – nen abgebaute Arbeitsplätze 50 Millionen neue Die Frage lautet wiederum nur: Bewegen Menschen über kurz oder lang das Vertrauen in wenn man dem Entwurf folgt; die Beratungen Arbeitsplätze zu schaffen. Warum sollte das wir uns schnell genug? Ist dieser positive Grund- die Gestaltungskraft der Politik verlieren. Si- stehen ja noch an –, dem Anspruch nicht gerecht nicht auch bei uns möglich sein? trend stabil genug, damit er sich nicht beim cher: Im Zuge dieses Prozesses der Globalisie- nächsten Gegenwind, etwa in der internationa- rung sind traditionelle Handlungsspielräume, len Wirtschaftskonjunktur, wieder umkehrt? sind Instrumente der Politik verloren gegangen werden, mehr Klarheit und Ordnung in die Alterssicherung zu bringen. für den Euro-Kurs. Das kann im Moment nie- Hier sind zumindest Zweifel angebracht. oder haben sich geändert. Das heißt aber doch Ich fürchte, wenn dieser Entwurf so Gesetz manden so richtig erfreuen. Gleichwohl: Warum Denn was als entscheidende Grundbedingung nicht, dass die Politik am Ende ihrer Möglich- wird, werden wir in Bälde eine neue Diskussion sollten wir uns hieran nicht ein Beispiel nehmen? für eine größere und dauerhafte Zuversicht keiten angekommen ist. Es führt doch auch gar über die Reform der Alterssicherung führen Warum sollten wir nicht mit dem nötigen Selbst- fehlt, ist auch und nicht zuletzt das Vertrauen nicht weiter, ständig von der „Ohnmacht“ oder müssen. Ich weiß nicht, ob man das der Be- vertrauen ans Werk gehen? der Menschen in die Politik, mit diesen Proble- vom „Verschwinden“ der Politik zu reden oder Der diesjährige Nobelpreisträger für Öko- men der Globalisierung fertig zu werden. Nur gar vom „Ende der Geschichte“. Ich denke auch an die Flexibilisierung des nomie, der Amerikaner James Heckman, hat es 32 Prozent der Deutschen, so unsere repräsen- Meine Damen und Herren, um unsere Zu- Arbeitsmarktes. Der IWF hat zu Recht – ähnlich den Europäern einmal mehr ins Stammbuch ge- tative Umfrage, trauen der Politik zu, dass sie kunft zu gestalten, brauchen wir auch wieder wie der Sachverständigenrat – den Finger in die- schrieben. Er meint: „Der wichtigste Grund für diese Probleme meistern kann. mehr Selbstvertrauen in unsere eigenen Fähig- se Wunde gelegt. In welche Richtung gehen wir die derzeitige Euro-Schwäche ist das mangelnde hier? Anstelle einer notwendigen Liberalisierung Vertrauen in die Reformfähigkeit Europas.“ Wenn wir nach den Gründen dafür fragen, keiten. Wenn wir politische Handlungsfähigkeit warum die Bürger der Politik in der Sache so we- zurückgewinnen wollen, müssen wir insbesondere hier ansetzen. sehe ich vorgeschlagene Maßnahmen, die zu In der Tat: Wie sollen andere dieses Ver- nig zutrauen, so scheint die Politik selbst – diesen einer neuen Regulierung führen. Das sind falsche trauen bekommen, wenn selbst wir es nicht Eindruck muss man auch haben – dazu nicht un- Ich weiß sehr wohl: Das Thema Glo- Weichenstellungen. Ich nenne ferner die Ein- haben? Hier ist auch ein Ansatzpunkt der Um- wesentlich beizutragen. Ich meine das in dem balisierung lässt sich weder auf die wirtschaft- engung der Möglichkeiten befristeter Beschäfti- frage, die wir ja traditionell im Vorfeld der Sinne, wie es Frau Professor Landfried kürzlich in lichen Komponenten noch auf die mentale gungsverhältnisse, die Ausweitung der Mitbestim- Schönhauser Gespräche durchführen: Wie stehen der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ schrieb. Dimension reduzieren, die ich gerade angespro- mung und den Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit. die Deutschen zur Globalisierung? Sind sie bereit, Sie ist der Meinung, dass das mangelnde Ver- chen habe. Globalisierung ist ein vielschichtiges Schlagwortartig hört sich manches gut an; be- diese Herausforderung anzunehmen? Haben sie, trauen der politischen Eliten in die Gestaltbarkeit Thema. Lassen Sie uns deshalb keine weitere züglich der Auswirkungen in der Praxis muss mit anderen Worten, Vertrauen? der entgrenzten Welt deren eigene Passivität ge- Zeit verlieren, lassen Sie uns einsteigen in das genüber den Prozessen der Entgrenzung erkläre. Schönhauser Gespräch. man große Bedenken haben. 8 so erfolgreich ist, hat auch gewisse Konsequenzen Ohne den Propheten spielen zu wollen: völkerung zumuten sollte, zumuten kann. „Mit neuen Regulierungen ist in diesen Zeiten ebenso wenig wie mit Abschottung und Protektion ein Blumentopf zu gewinnen.“ Die Tatsache, dass Amerika wirtschaftlich Die Ergebnisse dieser Umfrage sind er- Mit neuen Regulierungen – lassen Sie es nüchternd und hoffnungsvoll zugleich: ernüch- mich salopp ausdrücken – ist in diesen Zeiten ternd, weil die Globalisierung noch immer von ebenso wenig wie mit Abschottung und Protek- vielen Deutschen, ja von zu vielen Deutschen, tion ein Blumentopf zu gewinnen. Wir müssen eher als Bedrohung denn als Chance wahrge- auf den Wettbewerb setzen, auf Leistungsorien- nommen wird; hoffnungsvoll, weil im Vergleich tierung. Wir müssen von der Politik die hierzu zu früheren Umfragen eine gewisse positive Ten- „Die Deutschen bewegen sich offensichtlich. Die Frage lautet wiederum nur: Bewegen wir uns schnell genug?“ 9 Deutschland im internationalen Wettbewerb: Die Innenansicht Dr. h. c. Lothar Späth, Ministerpräsident a. D., Vorstandsvorsitzender, Jenoptik AG, Jena eine Damen und Herren! In 25 Minuten der Struktur her im Osten größer als im Westen. eine solche Übersicht zu geben, das kann Ich kann nur davor warnen, in Ostdeutschland eigentlich nur bedeuten, Stichworte aufzuzählen. weiterhin mit einer strategischen Subventions- Ich will versuchen, mich vor allem mit ein paar politik und ähnlichen Maßnahmen etwas be- Stichworten zu befassen, welche die Überschnei- wegen zu wollen. Vergessen Sie es! Wir brauchen dung von Wirtschaft und Politik betreffen. im Osten das, was wir auch im Westen brauchen M Wir befinden uns derzeit in einem Zu- – nämlich eine innovative Politik und eine inno- stand, dass wir zunehmend die Notwendigkeit vative Wirtschaft. Es müssen möglichst schnell von Reformen erkennen. Aber die Machbarkeit die Hochschulen ausgebaut und Forschungsein- von Reformen scheint lediglich in einem Umfang richtungen geschaffen werden, um im Osten eine möglich zu sein, der im Verhältnis zu dem Tempo, entsprechende moderne Infrastruktur zu ent- das Ökonomie und Globalisierung vorlegen, wickeln. Wir dürfen nicht mit dem Fehler fort- deutlich geringer ist. Ich glaube, das Schlimmste fahren, zunächst im Osten den Westen zu kopie- ist der Versuch der Politik, sich dauernd über jene ren und dann den Osten zusammen mit dem Themen zu unterhalten, welche die Politik nicht Westen umzustellen, etwa nach dem Motto: Jetzt mehr bestimmen wird. Die Globalisierung schrei- sind im Westen wie im Osten die Problemlagen tet unabhängig davon fort, was die deutsche Wirt- gleich, also können wir mit der Reform begin- schaftspolitik dazu sagt. Das interessiert außer nen. Das ist gedanklich der größte Fehler, den jenen, die Innenpolitik betreiben, niemanden. wir machen können. Lassen Sie mich das, was ich meine, am Wenn ich in Singapur meinen Geschäfts- Beispiel der deutschen Wiedervereinigung ver- partner begrüße und mich mit „Späth, Ost- deutlichen. Die deutsche Wiedervereinigung ist deutschland“ vorstelle, bekomme ich zur Ant- abgeschlossen, auch in ökonomischer Hinsicht. wort: „Chong, Westsingapur“. In Amerika für die neuen Bundesländer Investo- Dieser Gesprächspartner ist zunächst irri- ren mit der Begründung zu suchen, dort gebe es tiert. Er ist vielleicht 30 Jahre alt, hat vor zehn viele Arbeitskräfte, die auf der Straße liegen, Jahren mit dem Studium begonnen und versteht war vor zehn Jahren ein spannendes Thema, von deutscher und europäischer Politik etwa so auch noch vor drei Jahren. Ich habe in Jena heute viel wie ich von den Osttimor-Problemen. Man mit all den Problemen zu kämpfen, die ich auch redet in einem solchen Fall am besten übers Ge- im Westen hätte. Man bekommt sowohl in Jena schäft, damit man sich nicht gegenseitig durch als auch in Stuttgart keine Facharbeiter mehr. missverständliche Äußerungen irritiert. Auch in Jena kann ich kein Industriegelände In der Politik ist es auch wichtig, ein hinzubekommen. In Jena habe ich es mit 12 Pro- Kapitel gegebenenfalls für abgeschlossen zu zent Arbeitslosigkeit zu tun, in Baden-Württem- erklären. Das ist psychologisch vielleicht sehr berg wären es 5 Prozent, denn der Umfang der schwierig, aber so bekommt man eine Pro- nicht mehr benötigten Qualifikationen ist von blematik vom Tisch. „Die Globalisierung schreitet unabhängig davon fort, was die deutsche Wirtschaftspolitik dazu sagt.“ 11 Deutschland im internationalen Wettbewerb: Die Innenansicht Dr. h.c. Lothar Späth Ein Problem, das uns sowohl im Osten als auch lichen Kantenlänge eines Karamellbonbons an- Okinawa erinnert, was dort beschlossen wurde, fassung als auch der politischen Kräfte scheitert. im Westen herausfordert, ist die europäische sehe, bin ich nicht sicher, ob hier die zukünftigen welche wilde Reaktion auf diese Konferenz auf Man kann der früheren Regierung von CDU/CSU Dimension. Dazu will ich jetzt keine weiteren großen Fortschritte im Wettbewerb der Binnen- den Finanzmärkten erfolgte. Niemand hat mir und FDP sicher nicht vorwerfen, sie habe nichts Ausführungen machen; in dieser Hinsicht freue märkte zu erwarten sind. Wir haben in Deutsch- die Beschlüsse dieser Konferenz nennen und die Großartiges vollbracht. Hier denke ich vor allem ich mich auf die Ausführungen von Herrn Walter. land jahrelang über das Reinheitsgebot beim Reaktion der Finanzmärkte darstellen können. an die Zeiten des unglaublichen Wandels im Zu- Ich habe zunehmend Zweifel, ob eine Strategie, Bier gestritten. Daran wird sichtbar, dass wir Auf dieser Konferenz wurde im Grunde sammenhang mit der deutschen Einheit. Trotz die für ein Europa zutreffend war, das es Gott aufpassen müssen, dass wir nicht die Schieds- nichts beschlossen. Man hat lediglich fest- Transferleistungen von mehr als 1 Billion DM ist sei Dank nicht mehr gibt, einfach auf eine neue richter im Binnenmarkt werden, während die gestellt, dass sich weltweit die Unterschiede zwi- die D-Mark immer noch stabil. Hier ist Großarti- Dimension von Europa übertragbar ist und ob anderen die Spieler sind, auch auf anderen Bin- schen Sommer und Winter leicht verändern, was ges geleistet worden. Das möchte ich vorweg- die Idee der Vereinigten Staaten von Europa, die nenmärkten, beispielsweise der NAFTA. aber keine nachhaltigen Probleme erzeugen schicken, um nicht als Nestbeschmutzer zu gelten. vielen institutionellen Überlegungen zugrunde Vor kurzem hat mir ein Freund mit Ent- werde. Darüber hinaus solle es den Armen bes- Die 90er-Jahre sind aber schlicht verloren liegt, etwa in Richtung der Nachbildung eines setzen gesagt: „Weißt du eigentlich, dass die ser gehen, ohne dass die Reichen geschädigt gegangen, was die Notwendigkeit betrifft, den Parlaments und eines Nationalstaates, über- Hälfte aller Bundesligaspieler Ausländer sind?“ werden. Die Finanzmärkte haben nicht reagiert. beginnenden Globalisierungsprozess, der zeit- haupt noch sinnvoll ist oder ob man nicht den Auf meine Frage hin, wie es denn bei den Der finanzielle Aufwand für diese Konferenz lag gleich mit der deutschen Einheit sichtbar wurde, Mut haben muss, Europa neu zu denken. Schiedsrichtern sei, hat er mir geantwortet: „Da allerdings bei etwa einer halben Milliarde DM. mit den richtigen politischen Aktionen zu beglei- Es gibt keine europäische Wirtschafts- „Der Staat wird weder auf europäischer noch auf nationaler Ebene die wesentlichen Elemente der Globalisierung stark beeinflussen können.“ 12 gibt es noch genügend Deutsche.“ Stellen Sie sich demgegenüber vor, was ten. Es ist eigenartig, dass die neue Regierung als politik, genauso wenig wie es eine deutsche Hier wird ein deutsches Problem sichtbar, passiert, wenn Alan Greenspan für 13 Cent ein reformfreudig gilt. Es kommt eben immer auf Wirtschaftspolitik gibt. Wo wollen Sie denn im das zunehmend ein europäisches Problem wird: Ortsgespräch mit einem Journalisten führt, die- das Niveau an, das man zugrunde legt. Ich will Internet im Hinblick auf den Flächentarifvertrag Wir haben zu viele Schiedsrichter, während die sen zum Spaziergang um 17 Uhr einlädt, dann die Steuerreform gar nicht kritisieren, aber wei- die Grenze durch Europa ziehen? Stürmer fehlen. um 17.10 Uhr hustet und erklärt: „Ich denke tere Reformen müssen folgen. Außer dieser Im Grunde genommen müssen wir so- In diesem Zusammenhang erwähne ich über die Zinsen nach.“ Hier sehen Sie den Un- Steuerreform wird man vielleicht noch die Ren- wohl in der Politik als auch in der Wirtschaft zu die Diskussion über die Green Card und die terschied in der Größenordnung hinsichtlich tenreform hinbekommen. Auch da müssen sich ganz ähnlichen Verhältnissen kommen. Die Ausrichtung unserer zukünftigen Bildungspo- dessen, was die Globalisierung und deren Ord- weitere Stufen anschließen. Die Gesundheitsre- Wirtschaft muss ihre Probleme mit strategischen litik. Es stellt sich die Grundfrage, ob wir heute nungshüter im Vergleich zu politischen Entschei- form muss zur Beruhigung der Gemüter auf der Allianzen lösen. Sie wird die Globalisierung im nicht für die 25 Jahre büßen müssen, in denen dungen bewirken können. Strecke bleiben. Bei der Mitbestimmung müssen Grunde mit Netzwerken bewältigen. Ich weiß wir den risikofreien Fortschritt in Europa woll- Das bedeutet allerdings nicht, dass die neue Regulierungen eingeführt werden, um ge- nicht, ob die Politik einen anderen Weg als jenen ten. Ich wiederhole: Die Globalisierung findet Politik nicht wichtig ist. Die entscheidende Fra- rade noch eine Mehrheit für die Rentenreform der Schaffung von Netzwerken beschreiten auf jeden Fall statt. Wir sind Gegenstand der ge ist vielmehr, ob die Politik tut, was ihre Auf- zu sichern, bevor die Kraft erlahmt. kann. Man muss überlegen, wie solche Netz- Globalisierung, nicht Handelnde im Rahmen gabe ist, nämlich Politik zu betreiben. Damit Nach den nächsten Landtagswahlen und werke aussehen müssen, welche Dichte sie ha- der Globalisierung. Der Staat wird weder auf sind wir bei der Innenansicht Deutschlands. Sie der Sommerpause beginnt der Wahlkampf 2002. ben können. Es können Netzwerke sein, die den europäischer noch auf nationaler Ebene die scheint mir dadurch geprägt zu sein, dass nun- Da will man niemanden mehr beunruhigen. Sol- Euro-Raum absichern, es können Netzwerke wesentlichen Elemente der Globalisierung stark mehr die Erkenntnis vorhanden ist, dass che Perspektiven sind im Grunde genommen sein, welche die europäische Politik absichern. beeinflussen können. Wenn ich deutlich machen umfassende Reformen dringend notwendig katastrophal. Ich glaube, die Politik muss sich wieder mehr will, wie sehr sich die Wirtschaft von der Politik sind, der Spielraum gering ist und die Bereit- Ich will versuchen, die erforderlichen fun- den politischen als den wirtschaftlichen Themen unabhängig gemacht hat, frage ich das Audi- schaft, nachhaltige Reformen durchzuführen, damentalen Reformen anzusprechen. Da ich nicht widmen. Wenn ich mir die Richtlinie zur einheit- torium, ob man sich noch an die Konferenz von am Harmonisierungsdruck sowohl unserer Ver- wieder gewählt werden muss, kann ich das in ei- „Das bedeutet nicht, dass die Politik nicht wichtig ist. Die entscheidende Frage ist, ob die Politik tut, was ihre Aufgabe ist, nämlich Politik zu betreiben.“ 13 Deutschland im internationalen Wettbewerb: Die Innenansicht Dr. h.c. Lothar Späth ner Form tun, die ein Stück weit brutal sein kann. später keine Rente erhält, persönlich unter- seines Rentenbeitrags, und wenn der Bevölke- alles längst im Gange ist. Vonseiten der Politik Lassen Sie mich mit dem Thema Steuern begin- schreibt, wird das seine Wahlchancen nicht er- rung immer wieder verdeutlicht wird, dass es ei- werden dann aber wieder ganz begeistert junge nen. Ich bin sehr dafür, dass die Belastungen ver- höhen. Die Opposition wird den Teufel tun, ihm nen Zusammenhang zwischen der Höhe der ge- Unternehmen unterstützt, die auf den Neuen ringert werden. Die Senkung des Spitzensteuer- den Rücken zu stärken. leisteten Beiträge und den zu erwartenden Ren- Markt kommen und nichts anderes tun, als neue satzes ist hauptsächlich auf den internationalen Zu den Betriebsrenten: Diejenigen Unter- tenleistungen gibt, dann muss akzeptiert werden, Verfahren und neue Produkte zu entwickeln, die Wettbewerb der Standorte zurückzuführen. Sie nehmen, die in dieser Hinsicht nicht rechtzeitig dass der Autofahrer am Wochenende sagt: das Leben verlängern und es schöner machen. wird die deutsche Wirtschaft gar nicht so sehr ausgestiegen sind und heute noch voll in der „Jetzt fahre ich 1 000 Kilometer mit dem Auto, Wären sie erfolgreich, bedeutete dies eine Kata- beeinflussen, wie wir dies weithin glauben. Verantwortung für die Erfüllung der Ansprüche um etwas für meine Rente zu tun!“ So werden strophe für die Lohnnebenkosten. Die einzige Alle sind glücklich, dass wir nun eine stehen, brauchen sich keine Sorgen zu machen, neue Staus produziert, für deren Beseitigung vernünftige Lösung könnte sein, dass die Bürger Steuerreform haben, wenn man auch zugibt, was sie ihren Aktionären in den nächsten Jahren man die Mineralölsteuer erneut erhöhen müsste. zum Schluss alles selbst bezahlen. So würden sich dass viele Maßnahmen falsch sind. Man glaubt, wohl anbieten können. Wenn die Aktionäre Ich will damit verdeutlichen: Es gibt keine man sei – wie es in der Politik heißt – auf dem gleichzeitig die Bezieher der Betriebsrenten sind, Separierung der Probleme und damit auch keine Früher gab es alle vier Jahre eine Gesund- richtigen Wege. Die Skeptiker hingegen erklären, mag das anders sein. Übersicht über die Probleme. Vor wenigen Tagen heitsreform, dann alle vier Monate, jetzt alle Wenn man die Staatslasten aus der nicht konnte man in der Zeitung lesen, dass die Deut- vier Wochen. Die Herstellung des Bundesgesetz- gedeckten Rentenversicherung einmal kapitali- sche Bahn AG bankrott ist und ein Defizit von blattes lässt kürzere Rhythmen nicht zu. Man Ich meine, viel entscheidender ist die Frage, siert, wird einem angst und bange. Dasselbe gilt 40 bis 50 Milliarden DM erwartet. Heute ist zu kann jedem vernünftigen Menschen erklären, wie wir die volkswirtschaftlichen Erträge ein- für die erforderlichen Rückstellungen für die Be- lesen, dass die Bahn mit einer unglaublichen An- dass das Gesundheitswesen teurer wird, der setzen. Hier spielt die Rentenreform eine fun- triebsrenten und den Druck des Gesetzgebers strengung 5 Milliarden DM bis zum Jahre 2005 Aufenthalt auf Mallorca hingegen billiger. Heute damentale Rolle. An der Rentenreform wird zur Sicherung dieser Ansprüche. investieren will. braucht man eben weniger Geld für einen auf diesem Wege dürfe man nicht fortschreiten, anderenfalls werde aus der Chance eine Krise. „Wenn die Staatslasten sichtbarer wären, käme es nicht zu solchen verrückten Lösungen wie jener, dass man partiell seine Rentenbeiträge an der Tankstelle bezahlen kann.“ 14 „Früher gab es alle vier Jahre eine Gesundheitsreform, dann alle vier Monate, jetzt alle vier Wochen. Die Herstellung des Bundesgesetzblattes lässt kürzere Rhythmen nicht zu.“ die Probleme der Gesundheitsreform auflösen. deutlich, dass fundamentale Veränderungen er- Es wird eine Mehrwertsteuererhöhung als Einige Bemerkungen zum deutschen Ge- Mallorcaaufenthalt, aber mehr für gesundheit- forderlich sind. Die Notwendigkeit der Renten- einzige Lösung übrig bleiben. Der Globalhaus- sundheitswesen. Hier finden wir Beweise dafür, liche Maßnahmen. Jeder weiß, dass jemand, der reform basiert auf unpolitischen Problemen: Die halt planwirtschaftlicher Art führt dazu, dass wie Fakten und Entwicklungen geleugnet wer- früher mit 65 Jahren unter der Aufsicht des Fach- Bevölkerung wird heute im Durchschnitt sieben derartige Probleme nicht direkt sichtbar sind. den. Man kann niemandem klarmachen, dass arztes an seinem zweiten Herzinfarkt verstorben Jahre älter. In absehbarer Zeit werden die medi- Wenn die Staatslasten sichtbarer wären, käme das deutsche Gesundheitswesen zukünftig billi- wäre, heutzutage sechs Bypässe erhält und sich zinischen Fortschritte dazu führen, dass man ein es nicht zu solchen verrückten Lösungen wie je- ger wird oder dass auch nur die Kosten stabil mit 70 Jahren zum Seniorensport anmeldet. weiteres Mal fünf bis sieben Jahre älter wird. ner, dass man partiell seine Rentenbeiträge an bleiben. Das Gesundheitswesen und der Wellness- Jeder weiß, dass man auch in Deutschland Unsere gegenwärtige soziale Sicherung ist ein ty- der Tankstelle bezahlen kann. Heutzutage ist bereich sind nach der Internetentwicklung die gentechnisch hergestellte Produkte konsumiert, pisches Kind der Industriegesellschaft und taugt nicht einmal eine Bilanz möglich, welche Mittel großen innovativen Bereiche. Wenn wir das In- obwohl man im Grunde gegen die Gentechnik nicht für eine Dienstleistungsgesellschaft. einer Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur ternet und die virtuelle Welt beherrschen, wenden ist. Sobald der Arzt sagt, man müsse so etwas Eine mögliche Veränderung besteht in der zugute kommen und welche Summen für wir uns wieder den Menschen, der Familie und schlucken, weil man anderenfalls in die Gruft Senkung der Rentenhöhe und einer daraus resul- andere Zwecke eingesetzt werden. Man kann dem Wohlfühlen zu. müsse, ist man willens, unter Ausblendung aller tierenden Stärkung der privaten Initiative. Das jedem Autofahrer klarmachen, dass er an der Die Menschen werden immer älter. Dabei ist für die heute 20-Jährigen machbar, aber bei Tankstelle mehr bezahlen muss, wenn er auf stehen wir erst am Anfang der Transplantations- Wir betreiben ein Gesundheitswesen, das den heute 50-Jährigen beginnt der Ärger. Selbst den Straßen nicht so häufig im Stau stecken will. medizin und der Gentechnik. Zwar wird es auch nicht funktionieren kann, und wir halten an wenn der Bundeskanzler die Briefe an die Un- Wenn dem Autofahrer von den Politikern er- auf diesen Gebieten Kommissionen geben, die einer Rentensystematik fest, die ebenfalls nicht glücksgeneration, die Beiträge bezahlt hat und klärt wird, er zahle an der Tankstelle einen Teil das alles zu verhindern versuchen, auch wenn funktionieren kann. Wenn wir die Verkehrs- Risiken solche Produkte zu schlucken. 15 Deutschland im internationalen Wettbewerb: Die Innenansicht Dr. h.c. Lothar Späth „Wenn der Staat in der Lage wäre, sein gesamtes System in Profit Center aufzuteilen, könnte er erkennen, wo die Probleme liegen.“ infrastruktur verbessern wollen, dürfen wir die kurzfristig eine Lösung darstellen. Das hat aber Ein großes Problem ist die Inkompatibilität Hochschulreform, eine große Experimentier- Mittel, die für diesen Bereich eingenommen wer- einen angenehmen Nebeneffekt. Schon jetzt ist von Erfahrungen der Älteren mit den Bedarfs- freude dynamischer Art in dieser Gesellschaft. den, nicht anderweitig ausgeben. Die Reste von das Problem vorhanden, dass die Produktivitäts- anforderungen der Jungen. Damit sind wir Ich habe jetzt zehn Jahre lang experi- Ideologie aus der Anfangszeit der derzeitigen steigerung den Dienstleistungssektor mit immer beim Stichwort Bildungsreform. Bezüglich der mentiert, vielleicht mehr als andere. Alles, was Bundesregierung bewirken so etwas wie die Öko- mehr Personal versorgt. In Baden-Württemberg, Bildungsreform wissen wir inzwischen alle, ich in Jena geplant habe, war falsch. Alles, was steuer, hingegen nicht so etwas wie die erwähnte das wirtschaftlich gesehen ausgezeichnet dasteht, dass wir sie nur im Wettbewerb bewerkstel- mir andere vorgeschlagen haben, war auch Gliederung von Risiken und Finanzierungsele- sind in den letzten zehn Jahren 10 Prozent aller ligen können. Ich hoffe, dass ich diese Reform falsch. Unser Glück war, dass wir nicht ver- menten. Wenn in einem Betrieb ein neues Produkt Produktionsbetriebe eingegangen und 20 Pro- noch erlebe, nämlich Wettbewerb im deutschen sucht haben, Altes zu regenerieren, sondern hergestellt wird, muss dieser Vorgang für sich ge- zent des Personals sind aus diesen Betrieben aus- Bildungswesen. dass wir einfach Neues probiert haben. Beim nommen kalkuliert werden. Wenn der Staat in der geschieden. Gleichzeitig stieg der Umsatz um Gestern Abend war ich in einem Internat Erproben von Neuem ist das Risiko geringer Lage wäre, sein gesamtes System in Profit Center 25 Prozent. Hier zeigt sich das ganz typische in Roßleben, in Thüringen gelegen, weitab vom als beim Festhalten am Alten. Zuerst aber aufzuteilen, könnte er erkennen, wo die Probleme Bild: Wir haben wieder Wachstum, aber die pulsierenden Leben. Dort habe ich ein paar muss Vertrauen geschaffen werden. Nach wie liegen, und auf diese Weise könnte er den Pro- Arbeitslosigkeit verschwindet nicht. Computerfreaks gesehen, die sich mit Begeiste- vor ist man in Deutschland misstrauisch ge- Es gibt folgendes grundsätzliche Problem, rung in einem 1530 gebauten Gebäude der In- genüber Neuerungen. Die Deutschen lieben Unsere erste Antwort auf die Globalisie- das auch ganz starke soziale Wirkungen hat. In ternetvernetzung widmen. Gott sei Dank hält Amerika, wollen es aber nicht kopieren. Die rung war eine starke Produktivitätssteigerung. der Industriegesellschaft konnte man das Alters- sich diese Generation nicht an die Spielregeln Hälfte der Deutschen sagt: „Wir müssen wer- Das war erfolgreich. Die Erfolge beispielsweise problem lösen. In der Industriegesellschaft konn- der Gewerkschaften und der Arbeitgeberver- den wie die Amerikaner, sonst schaffen wir es der deutschen Automobilindustrie bestehen da- te der ältere Arbeitnehmer das, was er an Mus- bände. Vergleichen Sie einmal den Organisa- nicht.“ Die andere Hälfte sagt: „Wir wollen rin, dass sie die japanischen Hersteller dadurch kelkraft nicht mehr hatte, durch Lebenserfahrung tionsgrad hinsichtlich der Gewerkschaften und bloß nichts verändern, sonst werden wir wie überholt hat, dass sie 20 Prozent mehr Autos ausgleichen. Das ist in der modernen Informati- der Arbeitgeberverbände bei den Start-up-Un- die Amerikaner!“ mit 20 Prozent weniger Beschäftigten produziert. onsgesellschaft nicht mehr möglich. Wenn Sie zu ternehmen mit dem Organisationsgrad der klas- Diese typisch deutsche Haltung wird Heutzutage denkt sie gründlich darüber nach, Hause mit Ihren Kindern 20 Minuten lang Video- sischen Firmen der Old Economy. Es gibt beson- nicht weiterführen. Wir müssen den Begriff In- wie man 40 Prozent mehr Autos mit 40 Prozent spiele machen, können Sie den Wert Ihrer Leben- ders viele Funktionäre dort, wo nichts mehr zu novation ohne Freiheit, ohne Deregulierung, weniger Beschäftigen produzieren kann. Diese serfahrung abschließend einschätzen! Nicht mehr holen ist; der Organisationsgrad ist ganz ohne Solidarität neu definieren als eine begeis- Reaktion mit einer Produktivitätssteigerung der Opa mit dem Werkzeugkasten, der das Haus schwach dort, wo Dynamik herrscht. terte Hingabe an die Humanität. Dann sollten wird noch ein paar Jahre positive Effekte her- in Ordnung hält, ist der Liebling der Familie, son- Weil Produktivitätssteigerungen nicht wir auch einmal wieder mehr über europäische vorrufen – bis uns die anderen wieder einholen. dern der Opa muss heutzutage warten, bis ihm ausreichen, um die vorhandenen Probleme zu Werte diskutieren, wenn es schon um eine Al- Die Produktivität zu steigern kann also nur der Enkel das Videogerät einstellt. lösen, brauchen wir eine Bildungsreform, eine ternative zu Amerika geht. blemen langfristig gesehen zu Leibe rücken. 16 17 Deutschland im internationalen Wettbewerb: Die Außenansicht Dr. Herwig Schlögl, Stv. Generalsekretär, OECD, Paris eine Damen! Meine Herren! Es ist für das Ende des Aufschwungs in den USA prophe- mich eine große Freude, hier die OECD zeit haben. Das reicht in die Mitte der 90er-Jah- vertreten zu dürfen und einige Ideen und Analy- re zurück. Es ist anders gekommen. Auch der sen zu Ihrem wichtigen Thema beitragen zu Präsident der amerikanischen Notenbank ist in können. Die Außenansicht fordert natürlich den seinen Bewertungen schließlich wesentlich vor- internationalen Vergleich heraus. sichtiger geworden und hat mit seiner Politik zu M Lassen Sie mich daher mit einem vergleichenden Blick auf die Entwicklung in den USA, in dieser Entwicklung, insbesondere der Entwicklung des Produktionspotenzials, beigetragen. Europa und in Japan in den 90er-Jahren begin- Ich möchte hier folgende interessante Ent- nen. Ich glaube, wir alle haben mit einer gewissen wicklung besonders hervorheben. Es gab in den Faszination die Wachstumsdynamik der US-Wirt- USA, gestützt auf die ICT-Technologie, am so schaft in den 90er-Jahren verfolgt. Es lohnt sich, genannten Ende des Wachstumszyklus seit 1995 nach den Ursachen dieser außerordentlichen Ent- eine Beschleunigung des Produktivitätszuwach- wicklung in den USA zu fragen. Es lassen sich ses. Nach dem, was in unseren Lehrbüchern drei Ursachengruppen bestimmen, nämlich ers- steht, nimmt am Ende eines Zyklus der Produk- tens die makroökonomische Stabilität durch den tivitätszuwachs ab. Abbau des Budgetdefizits und durch eine am Natürlich sind die 90er-Jahre drittens Geldwert orientierte Geldpolitik. Vielleicht noch auch durch eine Kombination glücklicher Um- wichtiger ist die frühzeitige Liberalisierung und stände gekennzeichnet. An erster Stelle stehen Deregulierung wichtiger Infrastrukturbereiche, die niedrigen Öl- und Rohstoffpreise. Der Öl- lange bevor man in Europa und in Japan an diese preis betrug im Januar 1999 noch 10 Dollar pro Themen herangegangen ist. Zu nennen ist hier Barrel. Zu den glücklichen Faktoren für die USA auch eine hohe Flexibilität der Arbeitsmärkte. gehört auch die Tatsache – sie hat gewiss öko- Als zweite Ursachengruppe möchte ich nomisch und politisch handfeste Gründe –, dass die Innovationskraft und die Dynamik des Un- die USA auch in den 90er-Jahren die erfolgreich- ternehmenssektors erwähnen. Sie ist gekenn- ste Volkswirtschaft als Importeur von Investi- zeichnet durch eine extrem hohe Investitions- tionskapital und als Importeur von Humankapi- rate im Bereich der Informations- und Kommu- tal waren. Gerade der Faktor Humankapital ist nikationstechnologien (ICT), natürlich auch ganz entscheidend für die Dynamik der ameri- gestützt auf eine Industrie, die derartige Pro- kanischen Volkswirtschaft. Nicht nur in Silicon dukte herstellt. Hier spielen die USA eine be- Valley, sondern auch in anderen so genannten achtliche Führungsrolle. Die ICT-Industrie hat Centers of Excellence haben mittlerweile sehr mit einem Drittel zur Gesamtwachstumsrate in viele Nichtamerikaner, nicht zuletzt Deutsche den 90er-Jahren in den USA beigetragen. und Franzosen, ihren Arbeitsplatz gefunden. Sie wissen wahrscheinlich, dass ökono- Diese drei Ursachenkomplexe hatten mische Experten und wissenschaftliche Institute natürlich auch Auswirkungen auf die Situation „Europa hat bei der Liberalisierung und Deregulierung gegenüber den USA noch erheblichen Aufholbedarf.“ 19 Deutschland im internationalen Wettbewerb: Die Außenansicht Dr. Herwig Schlögl „In Europa haben die Liberalisierung und die Deregulierung wichtiger Infrastrukturbereiche mit einem erheblichen Timelag gegenüber den USA begonnen.“ 20 in Europa. In Europa haben die Liberalisierung mit der geringen Sparquote und dem extrem ho- bleme nicht lösen. Im Gegenteil muss man die gesamten deutschen Systems betrachtet wurde. und die Deregulierung wichtiger Infrastruktur- hen Leistungsbilanzdefizit der USA zusammen, Ohnmacht der Defizitfinanzierung erkennen. Ich nenne die Stichworte Green Card und Zu- bereiche mit einem erheblichen Timelag gegen- das in der Tat das Risiko einer Umkehrung der Mittlerweile beträgt die Gesamtverschuldung in wanderung und die sehr ernste Auseinanderset- über den USA begonnen. Inzwischen ist diese Kapitalströme mit entsprechenden Konsequen- Japan 130 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. zung mit dem Rechtsradikalismus und der Aus- wichtige Aufgabe in Angriff genommen worden; zen für den Dollarkurs und die Zinsen beinhaltet. Bevor ich etwas näher auf Deutschland ein- länderfeindlichkeit. Es ist für die Politik nicht gleichwohl besteht hier erheblicher Aufholbe- Für Europa liegen die Risiken nach wie gehe, möchte ich kurz etwas zur New Economy einfach, dieses Bild zu korrigieren. Wir in der darf, nicht zuletzt im Bereich des ICT-Sektors. vor im strukturellen Bereich. Man muss sich fra- sagen. Der lange Wachstumszyklus in den USA OECD konstatieren sehr klar, dass die Bundes- Bei den Internetzugangskosten sowie der Zahl gen: Wird es eine Reformpause geben? Wird hat einige zu der Auffassung verleitet: Das öko- regierung zumindest drei wichtige Reformansät- der Internetprovider per 1 000 Einwohner befin- man angesichts der einigermaßen vertretbaren nomische Entwicklungsmodell hat sich verändert, ze auf den Weg gebracht hat: die Steuerreform, det sich Deutschland im Vergleich zu den USA, positiven Wachstumszahlen im Grunde genom- wir leben in einer so genannten New Economy, die Haushaltskonsolidierung und Ansätze zur zu Finnland und zu Schweden noch in der Start- men selbstgefällig, auch selbstgefällig in der Po- insbesondere im ICT-Bereich, auf dem Gebiet der Reform der sozialen Sicherungssysteme. phase. Ich benutze bewusst den Begriff „Start- litik, auch im Unternehmenssektor, gestützt auf Biotechnologie und anderen neuen Sektoren. Es Die Steuerreform entspricht im Grund- phase“, weil wir es hier mit einer Technologie zu den schwachen Euro? Wir wissen, dass die Ab- wäre ein Fehlschluss, im makroökonomischen satz den Grundlinien der OECD: Verbreiterung tun haben, die in besonderer Weise geeignet ist, wertung einer Währung auf lange Sicht nicht Sinne von einer New Economy zu sprechen, der Steuerbasis und Senkung der nominalen nachgeahmt zu werden. Der Zugang zu diesen von Vorteil ist, sondern im Gegenteil letztlich wenn man damit das Ende von Konjunktur- Steuersätze. Technologien ist relativ einfach. Europa verfügt die Wettbewerbsfähigkeit eher reduziert. zyklen, von Inflation und von Arbeitslosigkeit Bei der Haushaltskonsolidierung geht die meint. Eine solche New Economy werden wir im Orientierung der OECD in Richtung einer Ver- nächsten Jahrzehnt wohl nicht erleben. besserung der Qualität der Staatsausgaben bei über das entsprechende Potenzial. Deshalb glaube Zu Japan möchte ich nur bemerken, dass ich, dass Europa unter den richtigen politischen es sich hier um einen Sonderfall handelt. Was Rahmenbedingungen die Chance hat, den langen die 90er-Jahre für die USA waren, waren sie mit Auf mikroökonomischer Ebene leben wir in Wachstumspfad, den wir in den 90er-Jahren in umgekehrtem Vorzeichen für Japan: Japan hat der Tat in einer Electronic Economy. Hierdurch Die Rentenreform mit ihrer Komponente den USA beobachtet haben, nachzuahmen. ein Jahrzehnt der Stagnation und deflationärer werden sich die Funktionsweise der Märkte und der, wie ich vermute, freiwilligen kapitalgestütz- Ich möchte jetzt nicht die einzelnen Entwicklungen hinter sich. Auch die Prognosen die internen Unternehmensabläufe radikal verän- ten Zusatzversicherung geht in die richtige Rich- Wachstumszahlen wiedergeben, wie sie in dem für die nächsten ein, zwei Jahre sind nicht be- dern. Was letzteren Punkt angeht, können wir nur tung. Offen ist zweifellos die Frage, wie die Ver- vor kurzem erschienenen Economic Outlook der sonders beeindruckend. Vermutungen anstellen. Wir erkennen, dass hier teilung der Lasten zwischen den Generationen einem entsprechenden Abbau der Defizite. OECD zu finden sind. Sicherlich wird sich das Nach meinem persönlichen Eindruck ist revolutionäre Umbrüche im Gange sind, die erst erfolgen soll. Das halte ich für eine extrem wich- Wachstum in den USA abschwächen. Fairerwei- in Japan ein ganzes industrielles Entwicklungs- Mitte der 90er-Jahre begonnen haben. Sie sind tige und letztlich politische Entscheidung. se muss ich, wenn ich vom Aufholpotenzial Eu- modell gescheitert, das auf einer gezielten Welt- möglicherweise eine Erklärung für die Beschleuni- ropas spreche, hinzufügen: Nach unseren jetzi- marktexpansion, finanziert durch billige Kredite, gung des Produktivitätszuwachses in den USA. gen Prognosen bleibt das Wachstum in Europa, unter Missachtung der Rentabilität und flan- Damit komme ich zu Deutschland. Das die deutsche Vereinigung unzureichend wahrge- wenn auch geringfügig, immer noch hinter dem kiert durch einen geschützten Binnenmarkt sowie Deutschlandbild im Ausland ist vielfach ver- nommen. Diese Belastungen sind abzulesen an Wachstum der USA zurück, obwohl sich das die Abschöpfung der Verbraucher beruhte. Die- zerrt. Zumal ich hier wichtige Politiker sehe, den nach wie vor hohen Nettotransferzahlungen Wachstum in den USA abschwächen wird. jenigen Länder wie beispielsweise Südkorea, die weise ich darauf hin, dass es vielfach verzerrt des Bundes, der Länder, der Sozialversicherungs- Das ist sozusagen unsere Normalprognose. das japanische Modell nachgeahmt haben, haben wird durch Einzelthemen der politischen Dis- träger usw. Diese Transferzahlungen – etwa 100 Ich möchte nicht verschweigen, dass die Risiken mit denselben Problemen zu kämpfen. Allein kussion. Ich erinnere mich an die Diskussion Millionen DM pro Jahr – enthalten eine extrem einer wirtschaftlichen Entwicklung nach unten mit einer kontinuierlichen Defizitfinanzierung, über die deutschen Ladenöffnungszeiten, die im hohe Konsumkomponente. Das heißt, aus poli- in den USA höher sind als in Europa. Dies hängt wie sie in Japan erfolgt, kann man derartige Pro- Ausland als Kennzeichen für die Rigidität des tischen Gründen geht ein großer Teil dieser Von außen her werden die anhaltenden Belastungen der deutschen Volkswirtschaft durch „Es wäre ein Fehlschluss, von einer New Economy zu sprechen, wenn man damit das Ende von Konjunkturzyklen, von Inflation und von Arbeitslosigkeit meint.“ 21 Deutschland im internationalen Wettbewerb: Die Außenansicht Dr. Herwig Schlögl Transfers letztlich in den Konsum, sprich: in den werbsfähigkeit Deutschlands, Frankreichs und Defizitausgleich West/Ost bei der Rentenversi- anderer wichtiger europäischer Länder hängt cherung und der Arbeitslosenversicherung. Meine auch vom Erfolg der europäischen Politik und Experten sagen mir, dass dies zukünftig auch bei der künftigen europäischen Integration ab. Dazu der Krankenversicherung der Fall sein wird. gehört mit an erster Stelle der Erfolg des Euro. Die deutsche Vereinigung ist im ökonomischen Sinne eine Hypothek im Hinblick auf die Ich glaube, die Zukunft des Euro wird nis erregend ist – die OECD wird in ihrem neuen entscheidend davon abhängen, ob wir in Politik Länderbericht Deutschland darauf hinweisen –, und Wirtschaft mehr Konvergenz in Europa dass der Aufholprozess der neuen Länder offen- haben werden oder wieder zu mehr Divergenz sichtlich ins Stocken geraten ist. Die Politik kommen. Genau diese Tendenzen werden mei- muss sehr sorgfältig über Struktur und Höhe der nes Erachtens von den internationalen Devisen- Transferleistungen nachdenken. märkten sehr, sehr sorgfältig beobachtet. Hinsichtlich der anderen Bereiche der Es geht nicht nur um die Reformfähigkeit deutschen Politik und anderer Elemente der Deutschlands, sondern es geht auch um die Re- Wettbewerbsfähigkeit gibt es vonseiten der formfähigkeit der Europäischen Union; das OECD einige Warnungen. Wir erkennen, dass brauche ich hier nicht weiter auszuführen. Ein die Gefahr besteht, insbesondere im Bereich der ganz entscheidender Bereich im ökonomischen Flexibilisierung der Arbeitsmärkte das Rad zu- Sinne ist auch die Agrarpolitik. Sie stellt eine ex- mindest partiell zurückzudrehen. trem hohe ökonomische Belastung für die Wett- men an sich ist beachtlich, gestützt auf mäßige bewerbsfähigkeit und die Zukunftsfähigkeit Deutschlands und Europas dar. Lohnabschlüsse, die den Vorteil haben, dass sie Mein Fazit lautet, dass Deutschland in zum Teil längerfristig vereinbart sind. Dies ist der Tat auf dem Weg ist, in einer Reihe von Be- ein Wettbewerbsvorteil im System. Das darf reichen zu reformieren, dass Deutschland, man nicht verschweigen. wenn man sich die Wirtschaft anschaut, in Eu- Positiv wirken die Produktivitätszuwäch- ropa „second to none“ ist. Deutschland sollte se und last, not least die Schwäche des Euro. weiterhin an dem Grundsatz festhalten, sich Im Hinblick auf die Lohnstückkosten ist seit am internationalen Kontext zu orientieren, ins- 1995 eine beachtliche Stabilität festzustellen. besondere an der Dynamik und der Innovati- Dies trägt natürlich zur Wettbewerbsfähigkeit onskraft in den USA. Insofern meine ich: Die Deutschlands bei. Situation in Deutschland und die Perspektiven Lassen Sie mich abschließend noch etwas zu Europa und zum Euro sagen. Die Wettbe- 22 nicht bestanden. globale Rolle der deutschen Wirtschaft. Besorg- Die Wettbewerbsfähigkeit der Unterneh- „Die deutsche Vereinigung ist im ökonomischen Sinne eine Hypothek im Hinblick auf die globale Rolle der deutschen Wirtschaft.“ Der Euro hat seinen abschließenden Test noch Deutschlands sind gut, aber nicht so gut, dass man zur Selbstgefälligkeit übergehen könnte. Nationale Blockaden: Zur Neudefinition der Rolle des Staates Prof. Dr. Norbert Walter, Chefvolkswirt, Deutsche Bank Gruppe, Frankfurt am Main eine sehr verehrten Damen! Meine Her- päische Staatensystem beruhte bis zum Westfäli- ren! Gilt „panta rhei“ auch für die res schen Frieden auf der Idee der Universalitas, also publica? Nach gängiger Auffassung steht das dem Anspruch und dem Selbstverständnis einer Modell des 19. Jahrhunderts, der Nationalstaat, europäischen Ordnung mit einer Führungsmacht. ebenso wie das Modell des 20. Jahrhunderts, Regelwerke als Basis für Staaten und ihre der Wohlfahrtsstaat, auf dem Prüfstand. Wie Abgrenzung gegeneinander sind ebenso neu. Sie lautet die Antwort im 21. Jahrhundert ange- sind eine Erfindung des 19. und 20. Jahrhunderts. sichts der Realität der Globalisierung? Wie kann Zumindest erfolgte ihre Verwirklichung erst zu dem Einzelnen im 21. Jahrhundert im Rahmen dieser Zeit. Handel und Industrialisierung waren dieser Realität Schutz geboten werden? die Faktoren, die Standards erzwungen haben, M Es gibt viele, die der Globalisierung mit Sorge entgegentreten, gar Angst vor ihr haben. die Bildungssysteme herausforderten, die die Sprache zu einem wichtigen Medium machten. Der Bestseller zu diesem Thema trägt deshalb in Der Nationalstaat also doch nicht die seinem Titel auch den Begriff „Globalisierungs- Norm, doch nicht das Normale? Wodurch wer- falle“. Dies suggeriert, dass es früher einmal so den die Grenzen des Nationalstaats heute gebil- etwas wie den wirklich souveränen National- det? Die Kongruenz zwischen gesellschaftlichen, staat gegeben hat. Aber es war wohl auch im 19. wirtschaftlichen und politischen Räumen ist zer- Jahrhundert so, dass Toleranz und Kooperation stört. Es gibt gesellschaftliche und wirtschaft- der Nachbarn relevant waren. Autarkie war im- liche Wirklichkeiten, die jenseits des Nationalen mer nur eine Notlösung und nie eine wirkliche liegen. Neu ist die Delegation staatlicher Funkti- Option staatlichen Handelns. Auch im Verhält- on an internationale Organisationen wie den In- nis zum Individuum herrschte der Staat nicht ternationalen Währungsfonds und die Welt- unbeschränkt: Selbst in der Diktatur gab es handelsorganisation. Aber demgegenüber haben Nischen individueller Freiheit. wir noch sehr oft politisch die Begrenzung ge- Historisch betrachtet scheint mir der Na- nau auf diese Einheit. tionalstaat zumindest in Europa nicht naturge- Die Nationalstaaten haben nach den Er- wachsen zu sein. Für mich ist der Nationalstaat fahrungen der Kriegs- und Zwischenkriegszeit in Europa, mit einer größeren historischen Elle unter amerikanischer Führung die Macht in in- gemessen, das eigentliche Artefakt, insbesondere ternationalen Organisationen zu teilen gelernt. der ethnisch definierte Nationalstaat. Wir sind Das ist die eine Wirklichkeit, die zu ignorieren der Raum der Völkerwanderungen. Das Römi- nicht lohnt. Eine zusätzliche neue Wirklichkeit, sche Reich, das Heilige Römische Reich Deut- verbunden mit dem Stichwort Globalisierung, scher Nation, Habsburg, das Commonwealth ist die Einflussnahme durch multinationale Fir- sind Wirklichkeiten, die mit der exzessiven Beto- men und Nichtregierungsorganisationen. Sind nung des souveränen Nationalstaats offenkun- wir mit diesen Nationalstaaten, die zum Teil dig nicht so recht zusammenpassen. Das euro- Souveränität an internationale Organisationen „Befinden wir uns in einem Raum, in dem der Nationalstaat ohne Gestaltungskraft ist?“ 25 Nationale Blockaden: Zur Neudefinition der Rolle des Staates Prof. Dr. Norbert Walter „Der Staat kann Bedingungen schaffen, um die Gunst mobiler Faktoren zu gewinnen. Diese mobilen Faktoren sind Sparer, Investoren, mobile Arbeitnehmer und mobile Manager.“ 26 und zum Teil an wirtschaftliche und gesell- dung –, durch die Informationstechnologie und haben noch immer ihre amerikanische, japani- das Gelingen der privaten Wirtschaftstätigkeit schaftliche Spieler verlieren, die nicht demokra- die Medien. Ich vermute, dass ohne Radio und sche oder europäische Farbe. Die Finanzmärkte und für die Befriedigung gesellschaftlicher Wün- tisch legitimiert sind, in neuen Strukturen ange- Fernsehen die Schlussakte von Helsinki nicht sind noch immer in einem enormen Maße seg- sche dringend brauchen, immer öfter ihrer Na- kommen? Befinden wir uns in einem Raum, in ausgereicht hätte, um den Kommunismus zu mentiert. Wie können wir erklären, dass die Ja- tur nach international. Sie emanzipieren sich dem der Nationalstaat ohne Gestaltungskraft Fall zu bringen. paner für eine Verzinsung in Höhe von 1,7 Pro- vom Nationalen. Das gilt zum einen für Fragen ist? Ich glaube nicht. Der Staat kann in diesem Aber nicht nur die Ausbildung und die zent pro Jahr sparen, obwohl es auf diesem Glo- der Sicherheit. Wer in Europa einen Binnen- neuen Geflecht Bedingungen schaffen, um die Informationstechnologie, sondern auch die Ver- bus offenkundig bessere Alternativen gibt und es markt schafft, also die Binnengrenzen beseitigt, Gunst mobiler Faktoren zu gewinnen. Diese mo- minderung der Transportkosten ist ein entschei- darüber hinaus weniger gefährdete Papiere als definiert die Sicherheit als eine europäische Auf- bilen Faktoren sind Sparer, Investoren, mobile dender Faktor dafür, dass diese Wirklichkeit Anleihen der japanischen Regierung gibt? gabe für die Polizei, die Armee und die Justiz. Arbeitnehmer und mobile Manager. Diese zu nicht mehr verdrängt werden kann. Internatio- Der Nationalstaat hat lange Zeit geglaubt, Es kann nicht sein, dass man dann, wenn man attrahieren ist die Schlüsselaufgabe. Ihre Er- nale Kontakte sind heute weniger Kontakte der mit der Steuerhoheit ein Instrument in der Hand den Binnenmarkt will über die politische Union füllung definiert Gelingen und Erfolg. Das ist Regierungen und der Administration, sie sind zu haben, um steuern zu können. Angesichts der so debattiert, als sei dies eine Option, zu der auch eine Realität – eine Realität, der man sich zumeist Geschäftsbeziehungen, akademischer Mobilität von Produktionsfaktoren reduziert man Ja oder Nein sagen könnte. in der politischen Klasse oftmals nicht gerne Austausch, die Kooperation von NGOs. Der sich diese Möglichkeit immer öfter auf Steuern Aber auch die persönliche Unversehrtheit, stellt, denn sie ist verbunden mit Implikationen, nationalstaatliche Einfluss ist noch immer vor- auf immobile Faktoren. Diese werden in einem also etwas, was durch staatliche Instanzen zu ge- die mit alten Vorstellungen und alten Regelun- handen, aber er ist eher zu sichern bei der Be- Staat, der allokativ das Gestern fördert und dis- währleisten ist – ich nenne beispielhaft Probleme gen insbesondere des Wohlfahrtsstaats nicht in wegung von Personen und physischen Gütern. tributiv das Risikovermeidende fördert, als An- der Umwelt und der Ernährung –, wird immer Einklang zu bringen sind. Da unsere Welt immer öfter virtuell wird, ist das griff auf die schützenswerten Rechte angesehen. sichtbarer zu einer Aufgabe, die durch eine na- Die Bedeutung der mobilen Faktoren ist Konzept des nationalstaatlichen Einflusses – Wir haben also ein Dilemma: Wir können tionale Einheit nicht zu erfüllen ist. Hier nenne deshalb so groß, weil damit die Souveränität im Herr Späth hat darauf hingewiesen – immer bei der vorhandenen Globalisierung immer öfter ich nur die Stichworte Terrorismus, Drogen, Sinne der Weisungsgewalt des Staates und die seltener wirklich relevant. faktisch nur immobile Faktoren besteuern, aber Rinderwahnsinn und Ölpest. Hier liegen offen- Verlässlichkeit der Besteuerungsbasis nicht Gleichwohl: Wer erklärt, die Globalisie- genau dort regt sich der Widerstand. Wie kön- kundig Sachverhalte vor, die Antworten erfor- mehr gegeben sind. Wenn der Staat in dieser rung sei etwas, was sozusagen ohne den Staat nen Anreize geschaffen werden, wie können dern, die jenseits des Nationalstaats liegen. neuen Realität Regeln setzt, die nicht im Ein- geschehen ist, übertreibt. Der Staat, auch der Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit Ähnlich liegen die Antworten, die der klang mit Präferenzen stehen, ist die Emigration Nationalstaat, ist Pate für eine der wichtigsten der Staat durch solche Anreize steuert, anstatt Staat in Bezug auf die Stabilität der Finanzmärkte möglich, während früher allein die innere Emi- Voraussetzungen für diesen Prozess, nämlich durch Steuern zu steuern? Der Staat kann auch zu geben hat, in wichtigen Bereichen jenseits des gration die Option war. Eine innere Emigration die Liberalisierung. Es gab und gibt eine fortge- immer öfter nicht mehr autonom wirken beim Nationalen. Es kann nicht sein, dass die Fusion hat nicht diese dramatischen Folgen wie die setzte politische Entscheidung für ein neues Sys- Setzen von Normen. Er wird immer öfter zum zwischen der Deutschen Börse und der London faktische Emigration. tem. Dieses scheint irreversibel zu sein, weil es Koordinator und zum Moderator. Stock Exchange durch das hessische Wirt- In vielen Fällen braucht es gar nicht mehr den Interessen der meisten entspricht. Es gibt Es gibt einen Bereich, der definitions- schafts- und Sozialministerium gesteuert wird. zur faktischen Abwanderung zu kommen. Es keine Volksaufstände gegen die damit verbun- gemäß, der konstitutiv Aufgabe des Staates Diese Frage hat mich, wie Sie sich leicht vorstel- reicht die Drohung der Abwanderung bereits denen Segnungen. bleibt: die Kollektivgüter. Das sind diejenigen len können, in der letzten Zeit durchaus be- aus, ein verändertes Verhalten der Politik zu Dies alles hört sich nach kompletter Glo- Güter, die wir als Private nicht bereitstellen kön- schäftigt. Für solche Fragen brauchen wir provozieren. Dies alles ist deshalb so, weil heut- balisierung, nach kompletter Entgrenzung, dem nen beziehungsweise wofür es keine Anreiz- offenkundig europäische Antworten. Wir brau- zutage die Mobilitätshürden viel niedriger sind: völligen Abschied vom Nationalen an. Dies ist strukturen gibt, damit wir sie bereitstellen. Frei- chen aber eine staatliche Aufsicht. Wir brauchen durch die Ausbildung – auch die Sprachausbil- aber falsch. Die meisten multinationalen Firmen lich werden diese kollektiven Güter, die wir für für den „lender of last resort“ Antworten. Diese „Der Staat kann auch immer öfter nicht mehr autonom wirken beim Setzen von Normen. Er wird immer öfter zum Koordinator und zum Moderator.“ 27 Nationale Blockaden: Zur Neudefinition der Rolle des Staates Prof. Dr. Norbert Walter „Der Nationalstaat wird angeknabbert, aber er ist noch immer der Eckstein für die Lösungen.“ 28 Antworten können aber beispielsweise dann, Ganz offenkundig findet auf dieser Ebene die nicht spricht. Jene Länder, die keine Standards sorge für andere Risiken gibt. Das ist allerdings wenn immer mehr Banken nicht mehr auf das kulturelle Gestaltung, die Bildungspolitik, die haben und wenig Steuern erheben, sind nicht je- nicht gleichbedeutend mit einer staatlichen Insti- Geschäft im Heimatland beschränkt sind, son- Wirtschaftsförderung statt. Diesen Regionen ne, in denen sich die Unternehmen und die Bür- tution, die dieses gewährleistet. Dort kann und dern Global Player oder mindestens europäische steht nicht nur der eigene Nationalstaat offen, ger am wohlsten fühlen. Anderenfalls wären die muss Wahlfreiheit herrschen. Anbieter sind, nicht mehr auf der nationalen sondern die Welt. Es ist klar ersichtlich, dass in Staaten Afrikas sehr viel begehrter. Stabilität Interessant ist, dass der Widerstand ge- Ebene verharren. unserer staatlichen Ordnung gute Bürgermeister, und Infrastruktur sind entscheidende Faktoren. gen die Erosion des Nationalstaats von links Die kollektiven Güter, die der staatlichen die zum Anfassen sind, wieder gewählt werden Es ist wichtig, mit ihnen positiv zu wuchern. und von rechts kommt, dass wir eine Allianz Einflussnahme bedürfen, die über die Landes- und Identifikation sowie Akzeptanz auslösen. Marktwirtschaft und Demokratie sind of- von nationalen, ökologischen und Verteilungs- grenzen hinausreichen, erfordern die Abgabe Dort gibt es eine viel höhere Akzeptanz als für fensichtlich nicht gleichzusetzen mit dem Ende der interessen haben und dass diese auf merkwür- nationaler Souveränitätsrechte. Oder sollte ich die abstraktere höhere staatliche Ebene. Daher Geschichte. Wir befinden uns mitten im Wettbe- dige Weise gegen die Globalisierung koalieren. stattdessen konstruktiver sagen: Sie erfordern spricht vieles dafür, dass in der Zukunft hoheit- werb der Modellvarianten. Die Modellvarianten Diese Erfahrung haben wir in Seattle machen das Gewinnen von Souveränität in diesen Fra- liche Rechte, wo immer möglich, auf dieser Ebene unterscheiden sich im Grad der Intervention bei können. Die Verlierer einer solchen Koalition gen durch gemeinschaftliche Antworten auf angesiedelt werden sollten, da sie dort verläss- der Allokation und der Distribution. Die Antwor- sind vor allem die Ärmeren, aber auch die Be- diese Herausforderungen? licher mit den Präferenzen der Bürger in Ein- ten darauf sind noch nicht endgültig gefunden. weglicheren und damit am Ende, weil nur die In dem Moment, da ich es so formuliert klang zu bringen sind. Dass dies nicht nur ein Am Ende kommt es auf den Staat und Beweglicheren etwas voranbringen, alle. Diese habe, stehe ich sofort vor dem Dilemma, dass Abstraktum ist, zeigt die sehr lebendige und zu die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes an. rückwärts gerichteten Koalitionen von Seattle solche Antworten die Bürger offenkundig mit ei- Recht geführte Debatte über den Länderfinanz- Eine Besserung der Situation wird augenschein- oder von Prag gilt es deshalb argumentativ zu nem Identitätsproblem befrachten. Die Bürger ausgleich in Deutschland. lich nicht durch eine besonders engagierte attackieren. Sie sind in ihren Motivationen wissen nicht, wer für sie steht, an wen sie sich Der Nationalstaat wird angeknabbert, Industriepolitik bewirkt, sondern immer öfter ernst zu nehmen, aber hinsichtlich ihrer Instru- wenden sollen. Europa beispielsweise ist offen- aber er ist noch immer der Eckstein für die Lö- durch die Verbesserung der Möglichkeiten für mente sind sie nicht zu akzeptieren. kundig zu fern. Europa ist aber nach meiner sungen. Eine Weltregierung ist weder wahr- die Individuen und die Firmen. Es kommt ent- Mit dem, was ich beschrieben habe, habe Einschätzung für diese Frage ein außerordent- scheinlich noch ist sie wünschenswert. National- scheidend – hier kann ich das Plädoyer von ich deutlich gemacht, dass auch die Staaten, lich fruchtbares Übungsfeld für die Welt. staaten, die den beschriebenen Herausforderun- Herrn Späth nur vehement unterstützen – auf nicht nur die Unternehmen und nicht nur die Die Fragen, die ich eben beschrieben habe, gen zügig, entschlossen und kreativ entsprechen, folgende Faktoren an: Erziehung, Forschung Arbeitnehmer, im Wettbewerb stehen. Bei aller sind keine typisch europäischen Fragen; sie sind haben im Wettbewerb einen Vorteil, sie können und Motivation zum Strukturwandel. Bei letz- Bereitschaft zum Vergleich: Der Staat ist konsti- internationale Fragen. Aber kaum jemand, we- eine Vorbildfunktion erfüllen. terem Punkt sind natürlich insbesondere die tutionell etwas anderes als ein Unternehmen. Unternehmer angesprochen. Der Staat in der Demokratie erfordert die Ab- der in Amerika noch in Asien, hat im Verlauf Viele befürchten, dass die Globalisierung der letzten 50 Jahre so viele konstruktive Erfah- und der Wettbewerb, unter den Nationalstaaten Ich glaube, es muss noch etwas hinzutre- stimmung. Dort ist die Abstimmung konstitu- rungen gesammelt, wie man es machen kann einerseits und zwischen den Nationalstaaten ten: Eine staatliche Ordnung, die dauernd über tiv. Dort ist deshalb Geschwindigkeit nicht al- und wie man es nicht machen sollte, um in und internationalen Organisationen, aber auch die Zukunft redet, muss die Zeitpräferenz, wel- les. Abstimmung erfordert Zeit. Wenn wir in dieser Frage voranzukommen, wie die Europäer. den Regionen andererseits, dazu führen, dass die che die Menschen haben, notfalls korrigieren. der Wirtschaft dieses nicht akzeptieren, wenn Der Nationalstaat wird aber nicht nur Staaten im Wettbewerb zu immer niedrigeren Ich überlasse es jedenfalls nicht den Einzelnen, wir nicht begreifen, dass der Staat immer durch die Globalisierung angeknabbert, er wird Standards und zu immer niedrigeren Steuern obwohl ich ein entschlossener Marktwirtschaft- langsamer sein muss und sein wird als die Un- auch angeknabbert von den Regionen, in Zuflucht nehmen, dass es also einen Wettbe- ler bin, ob sie für ihr Alter vorsorgen. Ich halte ternehmen, tendieren wir zu falschen Lösungen. Deutschland von den Ländern oftmals sogar werb hin zum Minimalstaat gibt. Die Antwort es für sachgerecht, dass es eine obligatorische Das bedeutet natürlich nicht, nicht nach Lö- von den darunter liegenden lokalen Einheiten. darauf lautet, dass die Evidenz dafür überhaupt Verpflichtung zur Altersvorsorge und zur Vor- sungen zu suchen, wie der Staat im Rahmen „Der Staat ist konstitutionell etwas anderes als ein Unternehmen. Der Staat in der Demokratie erfordert die Abstimmung.“ 29 Nationale Blockaden: Zur Neudefinition der Rolle des Staates Prof. Dr. Norbert Walter dieser Abstimmungsnotwendigkeiten effizien- besser ist, erst zu handeln und dann zu denken, Es scheint mir falsch zu sein, über den Staat Es ist erkennbar, dass das Denken jenseits des ter werden kann. Dafür gibt es wahrlich viele ob es nicht besser wäre, erst zu denken und dann und unsere gesellschaftliche Verfasstheit in Zu- Nationalstaats bei Politikern mittlerweile eben- Beispiele und Gelegenheiten. zu handeln. Dies gilt namentlich für Technolo- kunft zu sprechen, ohne etwas über die Baustei- so wenig ausgeprägt ist wie bei der Bevölke- Wie überwinden wir unsere Blockaden? gien, deren Folgen nur schwierig abzuschätzen, ne, die sozusagen das Gewebe darstellen, zu rung insgesamt. Ich befürchte fast, dass meine Durch Herrn Späth als lauten Wecker der Gesell- aber für viele Lebensbereiche potenziell drama- sagen. Ich glaube, dass es immer wichtiger Generation ihren Kindern nicht vermitteln schaft? – Ich wünschte es, aber ich glaube es tisch sind, wie z. B. die Gentechnologie. wird, die Familie für wichtiger zu halten, als die kann, dass man für Europa arbeiten muss, um nicht. Ich glaube, dass die Krise als Auslöser not- Offenkundig ist, dass die Konsensgesell- 68er-Generation glaubte. Ich denke, wenn wir die Integration aufrechtzuerhalten. Ich befürchte, wendig ist. Wir haben bezüglich der Altersver- schaft unseres Landes ein ideales Modell war – dies nicht von uns aus begreifen, wird der sich dass der Rückfall in nationalstaatliche Konzepte sorgung und der demographischen Entwicklung ich betone: war. Ein australischer Kollege hat es verbreitende Islam unseren westlichen Gesell- näher liegt, als viele von uns meinen. eine volle Generation verschlafen. Wie soll ich einmal sehr gut formuliert, indem er sagte: Euer schaften diese Erkenntnis vermitteln. Es sollte Was folgt aus alledem? Der Nationalstaat darauf hoffen, dass Einsicht unter solchen Um- Gesellschaftsmodell ist hervorragend geeignet für nicht der Nationalstaat sein, der den Menschen ist nicht überflüssig, muss aber seine Rolle neu ständen zu Antworten führt? Ich glaube schon, Fahrten auf der perfekten Autobahn in einem S- einen vertrauten Orientierungspunkt, das Ge- definieren. Auch Staaten müssen sich auf Kern- dass es am Ende der Krise bedarf, um die Refor- Klasse-Mercedes, aber verdammt ungeeignet für fühl der Zugehörigkeit, Halt in einer turbulen- aufgaben konzentrieren, Entscheidungsprozesse men zustande zu bringen. Wohlstand macht de- den Knüppeldamm oder eine schlammige Straße. ten Welt gibt, sondern die Familie. straffen, den geringeren Handlungsspielraum fensiv, fördert Schutzinteressen und macht träge. Unsere Konsensgesellschaft fährt leiden- Der Nationalstaat ist ein gewünschter Fix- effizient nutzen. Gleichzeitig muss es selbstver- schaftlich bei unverwandtem Blick in den punkt, seine Bedeutung sollte aber nicht über- ständlich werden, Aufgaben, wo nötig, an regio- Es gibt offenkundig auch noch so etwas Rückspiegel. Das ist eine rücksichtsvolle Art schätzt, nicht überbetont werden, droht doch nale Institutionen und internationale Orga- wie nationale Charaktere: Aufgeschlossene, des Fahrens, aber nicht geeignet bei dichtem immer die Gefahr eines übersteigerten Nationa- nisationen zu delegieren. Ist das neue Modell, Neugierige, Mutige. Eine Bürgermeisterin von Verkehr und vor allem dann, wenn die Straße lismus, des Chauvinismus. Die Globalität erfor- von dem ich gesprochen habe, die Triade mit Köln hat mir einmal gesagt, es sei nicht verwun- kurvig wird. Unser Korporativismus ist nicht dert gerade die Überwindung der Leitkulturmen- Amerika, Europa und Asien als Pfeilern, aufge- derlich, dass wir anders seien als die Amerika- geeignet, diesen Umbruch frühzeitig zu erken- talität. Wir brauchen stattdessen Verfassungs- baut aus nationalen Modulen, deren regionale ner. Schließlich seien diejenigen, die besonders nen und zu begleiten. patriotismus. Einen solchen brauchen wir aber Unterschiedlichkeit ihren Reichtum ausmacht Neben der Konsensgesellschaft steht auch nicht allein auf der nationalen Ebene, sondern und den Wunsch der Bürger nach Nähe be- jene andere deutsche Spezialität, der Föderalis- auch auf europäischer. Das, was ich in den letzten friedigt, unser neues Modell? Ich glaube, ich Ich will das nur zitiert haben und mir nicht mus, auf dem Prüfstand: Steckt auch dieser in Tagen über die Europäische Grundrechte-Charta habe es nur unzureichend beschrieben. Deshalb ganz zu Eigen machen, denn ich bin ja auch noch der Krise? – Meine Antwort lautet: ja und nein. lesen durfte, scheint mir viele gute, wichtige und möchte ich abschließend in einem Satz zusam- immer hier. Wir sollten durchaus auch das „vote Wir brauchen für unsere staatliche Ordnung weiterführende Elemente zu enthalten – gleich- menfassen, worauf ich setze: Ich setze darauf, by non exit“ so vieler Talente als Ausdruck dafür sicherlich nicht die Abschaffung des Föderalis- zeitig aber auch zu viele den Status quo vertei- dass der Nationalstaat im 21. Jahrhundert auf nehmen, dass der Standort Deutschland offen- mus, aber seine Umgestaltung: weg mit den Ge- digende Artikel. Das sind die Artikel, die in dem Weg ist zu „verschweizern“. Eine Währung sichtlich Hoffnung begründet. Man darf trotz meinschaftsaufgaben, klare Zuordnung von der zweiten Hälfte dieser Charta zu finden sind. und ein internationaler Finanzplatz, eine Armee, des Erfolges der Amerikaner in den 90er-Jahren Verantwortung und finanzielle Anreize für gutes 50 Jahre Frieden in Europa – zu lange, um viele Sprachen, starke Kantone mit finanzpoli- hin und wieder durchaus fragen, ob es wirklich Verhalten, also auch in diesem Sinne Wettbewerb. unseren Einigungswillen fortdauern zu lassen? tischer Autonomie und viel Bürgersinn. Heterogenität macht die Entscheidung schwer. „Ich glaube schon, dass es am Ende der Krise bedarf, um die Reformen zustande zu bringen. Wohlstand macht defensiv, fördert Schutzinteressen und macht träge.“ gut zu Fuß waren, ausgewandert. Hier geblieben seien nur die Fußkranken. 30 „Die Globalität erfordert gerade die Überwindung der Leitkulturmentalität. Wir brauchen stattdessen Verfassungspatriotismus – auch auf europäischer Ebene.“ 31 Diskussion Moderation: Prof. Dr. h. c. Joachim Fest, Kronberg im Taunus Meine Damen zeugen, dass wir diese Handlungsfähigkeit nicht und Herren, wir sollten uns bei der Diskussion mehr besitzen, dass wir sie zurückgewinnen auf ein paar Gesichtspunkte konzentrieren, die müssen und dass wir sie auch zurückgewinnen bisher immer wieder aufgetaucht sind: Es geht können. Da sind viele gefordert, wir auch. zum einen um überholte Strukturen und hinter David Marsh: ihnen zum anderen auch um überholte Denkwei- kung zu Europa. Mir als einem wohlwollenden sen. Ferner war von den zurückgehenden Steue- benachbarten Ausländer scheint es ein Parado- rungsmöglichkeiten der Nationalstaaten die Re- xon zu sein, dass nun die gemeinsame europäi- de. Für viele lautet die Alternative: Wenn die sche Währung existiert, aber niemand in der Staaten einem gewissen Maß an Flexibilität nicht Lage ist, sie richtig einzusetzen. Versagt hier die genügen, kann man abwandern, denn es gibt Politik? Wir benutzen dieses Instrument nur, Vernetzungen ganz abseits der staatlichen Ebene. um Riesensummen Euro auf den Kapitalmärk- Immer wieder tauchte die Frage auf: Hin- ten aufzunehmen und dann in den USA statt in ken die Staaten – das gilt nicht nur für Deutsch- Europa Investitionen zu tätigen. Wie kann man land – allzu sehr den Entwicklungen hinterher? dies erklären? Prof. Dr. h. c. Joachim Fest: Zunächst eine kleine Bemer- Wie lässt sich die Lücke zwischen den Entwick- Ich muss mit Herrn Walter ein wenig ins lungen in der Wirtschaft und den Entwicklungen Gericht gehen, weil er behauptet hat, es werde im politischen Bereich schließen? Von der Wirt- eine gewisse Krise benötigt, damit in Deutsch- schaft her wird immer mehr Flexibilität gefordert. land überhaupt etwas passiert. Ich glaube, Sollte man diese Forderung nach mehr Flexibi- Deutschland ist gegen Krisen gewappnet, und lität nicht auch an die staatliche Ebene richten? zwar aus guten Gründen. Deutschland war doch Unser heutiges Thema in den ersten Jahren des vergangenen Jahrhun- lautet: „Handlungsfähigkeit zurückgewinnen: derts Weltmeister, was Krisen angeht; jetzt soll Deutschland zwischen Globalität und natio- Deutschland so undynamisch und handlungs- nalen Blockaden“. unfähig sein, dass man nicht mehr in der Lage Dr. Ger t Dahlmanns: Ich meine, der eigentliche Imperativ für ist, eine richtige Krise herbeizuführen? Deutschland und vielleicht auch für Europa Ich finde, das ist gut so. Deutschlands lautet: Handlungsfähigkeit zurückgewinnen! Stärke liegt in der Herbeiführung einer gewis- Mit der Frage, was dem entgegensteht, betreten sen unterschwelligen Katharsis. In den Betrie- wir eine riesige Bühne. Wir sollten den Schein- ben gibt es jeden Tag sozusagen Revolutionen. werfer auf einen einzigen Punkt auf dieser Büh- Daher rührt ja auch die Wettbewerbsfähigkeit ne richten, nämlich auf den Souverän, den Bür- der deutschen Industrie. ger, den Wähler. Wir werden mit allen unseren Ich glaube, in Zukunft müssen Sie diese Bemühungen und allen richtigen Analysen nicht Kombination aufrechterhalten: für die Außen- ohne Krise zum Ziel gelangen, wenn es nicht welt eine gewisse Fassade einer scheinbaren gelingt, den Bürger, den Wähler davon zu über- Lähmung, damit der Euro richtig unterbewertet „Wir sind schon viel zu lange auf dem Weg der Konsensgesellschaft vorangeschritten.“ 33 Diskussion Moderation: Prof. Dr. h. c. Joachim Fest bleibt, aber innerhalb des Landes eine Fortset- haben wollen, müssen wir den Sozialstaat to- den eigentlich gar nicht dargestellt. Die Frage europäischen Rahmen meine Handlungsfähig- zung der Reformen in den Betrieben, die jeden tal verändern. Das wollen wir aber auch nicht. ist, warum die Politiker so wenig risikobereit keit sehr viel geringer. Wir klagen darüber, dass Tag landauf, landab bewerkstelligt werden. Wei- Wenn der Nationalstaat so sehr an Bedeutung sind, denn sie müssten ja den Strukturwandel Europa nicht so gut funktioniert, dass der Euro- ter so mit dieser gelungenen Kombination! verliert – Herr Walter, Sie werden wohl Recht durch die Gesetzgebung beschleunigen. Mir fällt Kurs niedrig ist. Wir sollten aber feststellen, Herr Marsh, haben mit dieser Feststellung –, müssen wir auf, dass die Menschen mit kreativer Fantasie, dass es den Euro immerhin gibt. Wenn ich mir ich habe meine Zweifel, ob diese Kombination dann nicht bestimmte Dinge, die jetzt staatlich die Innovatoren, die Unternehmer – manche anschaue, wie ich mich heutzutage in Europa auf Dauer so gelungen sein wird. Aber das bleibt geregelt sind, internationalisieren? Sie haben auf nennen sie auch Spinner – immer in der Minder- und darüber hinaus bewegen kann, finde ich, abzuwarten. Europa hingewiesen; das stimmt. Es ist bisher heit sind. Wenn man der Minderheit hilft, ist das dass wir gegenüber früher enorme Fortschritte Herr Walter hat gesagt, es bedarf der Krise, mit Ausnahme Ihrer Bemerkung zu Seattle kein nicht notwendigerweise die Grundlage für den gemacht haben. um unsere Probleme zu lösen. Ich stimme ihm Wort gesagt worden zu den internationalen Re- nächsten Wahlerfolg. Die Mehrheit ist eher – Der Fragestellung, wie wir noch hand- zu. Wir erleben im Augenblick, dass Reform- geln, insbesondere Wettbewerbsregeln, um die nicht im politischen Sinne gemeint – konser- lungsfähiger werden können, würde ich mich ansätze gehandelt werden, die als Reform be- man die außenhandelspolitischen Regeln viel- vativ, erhaltend, Besitzstände wahrend, nicht Be- sofort anschließen. Aber den negativen Grund- zeichnet werden, in Wirklichkeit aber Rück- leicht ergänzen muss. sitzstände riskierend. ton finde ich nicht richtig. Jeder weiß, dass wir D r. O t t o G r a f L a m b s d o r f f : „Es ist gar nicht politically correct, etwas gegen die Konsensgesellschaft zu sagen. Ich halte sie aber für einen höchst bedenklichen Weg.“ 34 schritte sind. Sowohl Herr Späth als auch Herr Nach der Konferenz von Seattle hatte ich Deshalb fürchte ich, dass auch das Partei- viele Probleme zu lösen haben, dass vieles sehr Schlögl haben auf die Vorgänge auf dem Ar- einen Briefwechsel mit der Leitung von Green- ensystem dazu führt, dass Änderungen erst mit- verbesserungswürdig ist. Aber wir sollten dabei beitsmarkt hingewiesen. Sie haben verheerende peace. Es ist in der Tat erforderlich, die Seattle- hilfe einer Krise möglich sind, während in den nicht außer Acht lassen, dass im Ganzen ge- Auswirkungen. Das schöne deutsche Wort „not- Koalition mit Argumenten zu attackieren. Aber weniger regulierten Staaten dieser Bereich von sehen die Chancen und Möglichkeiten, die wir wendig“ bedeutet ja, dass immer erst die Not niemand kümmert sich darum, es geschieht über- Chancen und Risiken privatisiert ist. Wir disku- heute haben, größer sind als früher. Wir beschäf- etwas wendet, obwohl man vorher erkennen haupt nichts. Die deutsche Politik rührt sich nicht tieren darüber, verhindern es und stellen, nach- tigen uns vielleicht zu sehr mit der Fragestel- kann, dass man es anders machen müsste. hinsichtlich der Fragen von Seattle und der WTO. dem die anderen die Innovationen durchgeführt lung, ob wir die gegebenen Chancen zu wenig Ich halte das für eine Folge der Konsensge- Es wird während der Amtszeit des derzeitigen Ge- und das Risiko getragen haben, fest, dass auch nutzen. Diese Fragestellung ist in Ordnung, aber sellschaft. Wir sind damit bisher sehr gut gefah- neraldirektors der WTO keine Gipfelkonferenz Chancen vorhanden sind. Wir sind zu Ex-post- wir müssen auch berücksichtigen, dass uns sol- ren. Es ist gar nicht politically correct, etwas ge- mehr geben können. Das alles liegt im Argen. Innovatoren geworden. Das Ausland macht uns che Chancen überhaupt gegeben sind. Wir nut- gen die Konsensgesellschaft zu sagen. Ich halte sie Pr of. Dr. Gerhar d Pr osi: Die Frage ist, wa- vor, wie man Chancen ergreift; anschließend tun zen sie auch in erheblichem Umfang. aber für einen höchst bedenklichen Weg, auf dem rum sich die Strukturen nicht anpassen, warum wir es dann auch. Denken Sie beispielsweise an Rüdiger von Voss: wir schon viel zu lange vorangeschritten sind. Ich wir keine Evolutionen haben, sondern Krisen, die Biotechnologie, an den so genannten Jobkil- ten Buch von Odo Marquard mit dem Titel brauche Ihnen nicht zu erklären, was seit der Kon- Revolutionen brauchen. Herr Walter sagte, es ler Mikroelektronik, dessen Entwicklung wir „Philosophie des Stattdessen“ ein Kapitel über zertierten Aktion und dem Bündnis für Arbeit wäre vielleicht ganz gut, erst zu denken und früher verhindert haben. Überall sind wir zu rei- die „Kompensationstüchtigkeit“, in dem der unter diesem Titel alles veranstaltet worden ist. dann zu handeln. Könnte das vielleicht einer der nen Imitatoren geworden. Herr Walter, vielleicht Verfasser ausführt, dass die Globalisierung Es liegt mir daran, Herrn Walter zuzustimmen: Gründe sein? Wir wägen immer die Risiken ab, müssen wir manchmal doch erst handeln und kompensatorische Antworten stimuliert. Auf Auch ich bin Marktwirtschaftler, jedenfalls stellen immer die Probleme dar und verschlafen dann über die Risiken nachdenken. der einen Seite ist eine verstärkte Individualisie- nehme ich das für mich in Anspruch; ich bin darüber die Chancen. Pr of. Dr. Hans Joachim Langmann: „Wir sind zu Ex-post-Innovatoren geworden. Das Ausland macht uns vor, wie man Chancen ergreift; anschließend tun wir es dann auch.“ Es gibt in dem lesenswer- Mein rung festzustellen, auf der anderen Seite als Ant- sogar ein Liberaler – aber er hat völlig Recht, In den Medien werden die potenziellen Eindruck ist, dass ein zu negativer Grundton wort auf die Europäisierung die Regionalisierung. wenn er von der Verpflichtung zur privaten Risiken einer Neuerung dargestellt. Miesmachen vorherrscht. Ich finde, ich verfüge über eine sehr Ich schließe nicht aus, dass die unruhige politi- Vorsorge spricht. Anderenfalls geht das zu- bringt vielleicht Stimmen. Die schlechte Nach- große Handlungsfähigkeit. Vor zehn oder zwölf sche Entwicklung unserer Zeit einen Hinweis lasten der Gesellschaft. Wenn wir das nicht richt ist die gute Nachricht. Die Chancen wer- Jahren war sowohl im nationalen als auch im darauf liefert, dass es noch nie so notwendig 35 Diskussion Moderation: Prof. Dr. h. c. Joachim Fest „Wir werden nach der Fusionswelle möglicherweise erleben, dass große Einheiten auseinander brechen, weil sie nicht beherrschbar sind.“ war wie heute, einen handlungsfähigen Staat Wir werden nach der Fusionswelle mög- Das Gefühl der Bürgerinnen und Bürger besagt, Deutschland ein so perfektioniertes Arbeits- zurückzuerobern. Europa wird uns ja bei der licherweise erleben, dass große Einheiten ausei- eigentlich ist die Welt ganz in Ordnung. Wir kön- und Tarifrecht haben. Ich habe gestern gehört, Lösung der Rentenfrage ebenso wenig helfen nander brechen, weil sie nicht beherrschbar nen den Gutachten allerdings entnehmen, dass es im Bundestag werde ein Hörgeräteakustiker- wie bei der Reform der Sozialsysteme. Also sind. Ich glaube, deshalb müssen wir in anderer im Hinblick auf die Beschäftigungsdynamik in schutzgesetz beraten. Ich weiß nicht, ob es muss der Staat handlungsfähiger werden. Wir Weise als bisher über den Staat nachdenken. anderen Ländern besser aussieht als bei uns. stimmt, aber geglaubt haben es alle. Jede Grup- müssen dazu beitragen, dass die politischen Prof. Dr. h. c. Joachim Fest: Herr von Voss, Die Politiker sind auch deshalb ängstlicher pe, jeder Interessenverband bekommt die ge- Prozesse auch in dem Dialog zwischen Staat kann es nicht sein, dass der Einfluss der Natio- geworden, weil es die Erfahrungen aus den Jah- wünschte gesetzliche Normierung zur Absiche- und Gesellschaft so ablaufen, dass eine Stär- nalstaaten zurückgeht und dennoch nichts an ren 1998 und 1999 gegeben hat. Die frühere Bun- rung des eigenen Bereichs. Dabei leben wir in kung des Staates ermöglicht wird. Die Gruppen ihre Stelle tritt? desregierung hat 1998 viele Veränderungen vor- einer Zeit der Deregulierung, der Entbürokrati- werden es allein nicht schaffen; sie sind auch Christian Wulf f: Ich fühle mich zu einer Aus- genommen und ist dafür abgewählt worden. Die sierung und der Verschlankung. im Bündnis für Arbeit nicht ausreichend hand- sage ermutigt, weil hier die Frage gestellt wurde, jetzige Bundesregierung hat 1999 eingeräumt, Die Bürgerinnen und Bürger haben Angst, lungsfähig, um eine für alle Bürger legitimierte warum die Politik so ängstlich sei, so wenig mu- dass Veränderungen doch erforderlich sind. wenn der rechtliche Schutz vermeintlich verrin- und überzeugende Korrektur auf den Weg zu tig, die Handlungsfähigkeit zu reklamieren und Dafür wurde sie bei den Wahlen 1999 abgestraft. gert wird, und sehen nicht die Chance, die darin bringen. Veränderungen voranzutreiben. Ich glaube, dass Wer erklärt, dass sich bei der Rente etwas stecken kann. Hier scheint mir die Kernaufgabe Ich glaube trotz aller weltweiten Überle- eine Gesellschaft in einer Krise mit großen Pro- tun muss, dass es Kürzungen und Einschrän- der Gesellschaftspolitik zu liegen. gungen nicht, dass der Nationalstaat überflüssig blemen, die offenkundig sind, Veränderungen kungen geben muss, wird abgewählt. Wer hin- Eckhar t Thomas: wird. Ich glaube eher, dass es zu einer – wenn leichter durchsetzen kann als eine Wohlstands- gegen erklärt, das alles müsse nicht so schlimm fen, was Herr Langmann gesagt hat. Auch ich auch zeitlich verlagerten – Rückbesinnung auf gesellschaft. Nach dem Krieg hat sich jeder auf werden, wird gewählt. Dabei spielt keine Rolle, bin der Meinung, wenn ich mich in meinem un- die Notwendigkeit staatlicher Strukturen kommt, das Morgen, auf die nächsten Jahre, auf die Zu- von welcher Partei solche Äußerungen jeweils ternehmerischen Umfeld umsehe, dass das Glas auf die Notwendigkeit von Obrigkeit. Das halte kunft überhaupt gefreut, weil es ja nur besser kommen. Hier gibt es ja auch Variationsmög- halb voll und nicht halb leer ist. Ich kann als be- ich nicht für ausgeschlossen. Je stärker die Glo- werden konnte. Wenn es vielen Menschen im lichkeiten. Das ist ein echtes Problem für den sonders rühmenswertes Beispiel dafür die Stadt balisierung um sich greift, desto unvermeid- Lande gut geht, fürchten sich viele vor dem Umgang mit den Wählern. Frankfurt anführen, die es geschafft hat, den licher wird es, dass die Bürgerinnen und Bürger Morgen, vor der Zukunft, weil es ihnen ja auch Was bedeutet das für diejenigen, die Ver- Neubau einer Großdruckerei, bei der wir drucken nach einer neuen Heimat suchen und nicht nur schlechter gehen könnte und weil Besitzstände änderungen für notwendig erachten? Ich glaube, lassen, innerhalb von sechs Wochen nach Stel- verwiesen sein wollen auf den Staat als den ins Wanken geraten könnten. man muss dem Einzelnen eine Verheißung bie- lung des Bauantrags zu genehmigen. Wer hätte Insofern ist es ein tagesaktuelles Problem, ten. Man muss dem Einzelnen deutlich machen, so etwas vor fünf Jahren für möglich gehalten? Wir werden möglicherweise erleben, dass dass die Stimmung in Deutschland besser sein dass die Veränderungen ihm und seiner Familie Heute gibt es auch zwischen Unternehmen und die Bürgerinnen und Bürger ihre Mitsprache- dürfte als die tatsächliche Lage. Die Gutachten – Vorteile bringen. Man muss die Bürgerinnen Betriebsräten eine ganz andere Art der Ge- möglichkeiten reklamieren und, auf diesem des ifo-Instituts, des Sachverständigenrats, des und Bürger ermutigen, solche Veränderungen zu sprächsbereitschaft als vor zehn Jahren. Votum aufbauend, nach – ich formuliere es ein- Internationalen Währungsfonds, der OECD – wollen und zu erkennen, dass eine private, freie Der erste Diskussionsredner hat den mal polemisch – neuen Obrigkeiten Umschau besagen, dass Deutschland bei der Beschäfti- Alterssicherung nach eigenen Schwerpunkten Wähler in den Mittelpunkt gerückt. Mich, der halten werden. Dafür müssen wir Vorsorge tref- gungsdynamik auf Platz 15 zurückgefallen ist. besser ist als ein staatliches Gesamtsystem, dass ich im Medienbereich arbeite, treibt die Frage fen. Ich glaube nicht, dass es zu einer Internatio- Wir haben fast 3 Prozent Wachstum, trotzdem im Gesundheitswesen die Wahlmöglichkeit beim um: Wie transportieren wir die Botschaft zum nalisierung kommen wird, die an der Stelle des entstehen keine neuen Arbeitsplätze. Wie soll Leistungskatalog nicht eine soziale Diskriminie- Wähler, zum Bürger? Ich registriere mit großer Nationalstaats größere Einheiten hervorruft, die sich die Situation denn bei 1 oder 1,5 Prozent rung, sondern vielmehr eine echte Chance bietet. Trauer, wie die aufrüttelnde Botschaft von handlungsfähig sind. Wachstum darstellen? Es bedrückt mich besonders, dass wir in Roman Herzog verpufft ist. Ich knüpfe einige „actor of last resort“. 36 Ich möchte an das anknüp- „Die Bürgerinnen und Bürger haben Angst, wenn der rechtliche Schutz vermeintlich verringert wird, und sehen nicht die Chance, die darin stecken kann.“ 37 Diskussion Moderation: Prof. Dr. h. c. Joachim Fest „Cicero war seiner Heimat Apulien sehr verbunden und liebte sie. Aber er war gleichzeitig stolzer Bürger von Rom.“ Hoffnung daran, dass vielleicht das, was Sie, hinzugefügt: Der Eckstein ist angeknabbert, dies inhaltet das Ausschalten der Gruppeninte- darf man um Gottes willen nicht vor den Wahl- Herr Späth, heute in Ihrem vorzüglichen Vor- müssen wir zur Kenntnis nehmen und – wenn es ressen und das Anhören des Souveräns Bürger. en tun! Da aber nach den Wahlen immer vor trag aufgezeigt haben, aufgenommen wird. Ich geht – konstitutiv ausfüllen. Ich denke, das gilt Manche bei uns weisen süffisant darauf hin, den Wahlen ist, besteht das Problem, dass der finde es eine Aufgabe, die der besten Kräfte wür- auf der europäischen Ebene ebenso wie – Stich- dass die Schweiz ja nur ein kleines Land ist. Ich souveräne Bürger nicht handeln kann, weil er dig ist, in der jüngeren Generation – damit mei- wort Finanzausgleich – auf den darunter liegen- finde es immer wieder faszinierend: Man meint, das Problem nicht begreift. ne ich diejenigen, die heute um die 40 Jahre alt den Ebenen. Wir benötigen sicherlich beides. die Leute seien doof, aber in der Summe treffen Mein Ansatz lautet, ob nicht wenigstens die Vielleicht darf ich Ihnen, Herr von Voss, sie die richtigen Entscheidungen, selbst wenn sie Chance besteht, dass die Medien und andere zurufen, was Cicero von sich sagte. Er war sei- sagen: Lasst die Europäer erst einmal ihr Durch- dazu beitragen, eine Ordnung der Probleme zu Zu der Bemer- ner Heimat Apulien sehr verbunden und liebte einander in Ordnung bringen, anschließend verlangen. Es geht nicht, dass man an der kung von Herrn Prosi, besser erst zu handeln sie. Aber er war gleichzeitig stolzer Bürger von kommen wir schon; beim Zehnerli sind wir da- Tankstelle seine Rentenbeiträge bezahlt. Wenn und dann zu denken: Ich handele nach der Me- Rom. Ich möchte, dass wir dieses ins 21. Jahr- bei und das Weggli behalten wir. Das alles sind man den Bürgerinnen und Bürgern nüchtern thode, den Gedanken beim Reden zu konkreti- hundert übersetzen. Entscheidungen des Souveräns Bürger. Ich kann die Probleme hinsichtlich der Infrastruktur, sieren. Mir scheint, dass diejenigen, die sich so Dr. h. c. Lothar Späth: hier keine Gruppeninteressen erkennen. der Finanzierung des Verkehrs, des Wettbe- verhalten, durchaus darüber reflektieren dürfen, Bürger. Die verdammte Konsensgesellschaft lebt Das Unternehmerlager ist ziemlich optimi- werbs zwischen Auto, Schiene und Flugzeug ob diese Methode für alle Probleme angemessen davon, dass die Interessengruppen am runden stisch; auch ich gehöre dazu. Wir können näm- erklärt, wird das auch begriffen. Das beobach- ist. Ich darf noch einmal auf die BSE-Problema- Tisch sitzen und unter dem Begriff Konsens die lich handeln, ohne die Lasten des Staates am te ich immer wieder. Aber kaum hat man es er- tik hinweisen. In diesem Zusammenhang wäre Verteidigung der Summe ihrer Interessen durch Schluss ertragen zu müssen, notfalls durch Aus- klärt, erzählt ein anderer, es gehe um eine Fra- Denken vielleicht doch besser gewesen. Ausgleichsverhandlungen verstehen, dass die wanderung. Der Staat bleibt auf seinen Renten- ge der sozialen Gerechtigkeit und der Senkung Zu der Frage, ob denn eine Krise die ein- Länder in der Kultusministerkonferenz statt des und Pensionsproblemen sitzen. Die Innovatoren der Lohnnebenkosten. Und die Unternehmer zige Chance böte: Natürlich hoffe ich dringend, föderalen Wettbewerbs das Einstimmigkeits- gehen fröhlich von dannen und betrachten von klatschen auch noch Beifall zu einer Entwick- dass es nicht so ist. Ich räume ein: Ich weiß, dass prinzip einführen, damit sich nichts bewegt. außen, wie die Krise abläuft. Die Veränderung, lung, dass künftig die Rentenbeiträge auch die wir bewirken können, besteht darin, dass der über die Mineralölsteuer finanziert werden, Bürger als Souverän begreift, was los ist. und anschließend wird ein Zuschuss der Ren- sind – nach Fackelträgern zu suchen, welche die Botschaft von Roman Herzog aufnehmen. P r o f . D r. N o r b e r t Wa l t e r : 38 Der Souverän ist der es in Europa oftmals statt Krisenlösungen auch Wir haben kein Wahlrechtssystem, das zu Monti-Lösungen gibt. Wir sollten in unserer Ge- Mehrheiten führt, sondern eines, das durch Ko- sellschaft, in unserer Wirtschaft und in unserer alitionsstrukturen die Konsensgesellschaft herbei- Wegen der Komplexität mancher Themen tenversicherung zur Straßenfinanzierung ge- Politik die Chance, den „bösen Buben“ Europäi- zwingt. Der Souverän ist hier der Dumme, weil er – ich erinnere an das Gesundheitswesen oder fordert, damit die Schiene nicht untergeht! sche Kommission zu haben, sehr viel aktiver als gezwungenermaßen die falschen Entscheidungen die Rentenproblematik – versucht die Politik Dieses Verwirrspiel lässt den Souverän Bürger bisher nutzen, damit von dorther die dringend trifft. Er wählt eine politische Gruppierung in die mit einem Verwirrspiel ohnegleichen, die in einem größeren Gemeinwesen nicht erken- erforderliche Umgestaltung in Fragen der Libe- Bundesregierung und als Ausgleich wählt er bei Wiederwahl zu sichern. Man kann den Wählern nen, worin das Problem besteht. ralisierung vorangebracht werden kann, um zu den Landtagswahlen sofort die Opposition in die nicht mutig zurufen: Ich sage dir, auch wenn du Herr Walter, ich gebe Ihnen zu: Wahr- Hause im demokratischen Prozess bei nicht voll- Gegenposition. Anschließend ärgert er sich darü- mich abwählst, wenn wir diese Opfer jetzt nicht scheinlich ist dies alles erst in der Krise mög- kommener Informiertheit unserer Bürger immer ber, dass er diese Personen gewählt hat, damit bringen, dann müssen sie unsere Kinder bringen! lich. Aber es wäre doch außerordentlich gut, noch die Wiederwahl sichern zu können. diese etwas entscheiden, was diese aber nicht tun. – Die Antwort könnte lauten: Das ist ein gutes wenn in einem modernen Staat, in dem man Zu den Ausführungen von Herrn von Voss: Ich möchte den Begriff der Verschweize- Wort! Wenn der Politiker dann aber sagt, dies über so viele Informationsmöglichkeiten ver- Ich hoffe, deutlich genug gesagt zu haben, dass rung aufnehmen, den Herr Walter gebraucht wolle er in Gesetzesform gießen, wird der Wäh- fügt, gewisse Weichenstellungen schon vor Ein- wir den Nationalstaat brauchen. Ich habe ihn hat, den ich hier zum ersten Mal gehört habe ler erklären: Das wirst du schön bleiben lassen! tritt der Krise erfolgen könnten. Das ist nur ei- sogar als einen Eckstein beschrieben. Ich habe und der mir sehr gut gefällt. Dieser Begriff be- Alle Berater werden dem Politiker sagen: Das ne Hoffnung. Aber so lange ich lebe, hoffe ich. „Wir haben kein Wahlrechtssystem, das zu Mehrheiten führt, sondern eines, das durch Koalitionsstrukturen die Konsensgesellschaft herbeizwingt.“ 39 Wie kann Deutschland Handlungsfähigkeit zurückgewinnen? Wolfgang Clement, Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf eine sehr verehrten Damen und Herren! Wir erwarten bei allen Unsicherheiten, die es Es ist mir ein Vergnügen, dass ich vom gibt und die ich jetzt im Einzelnen nicht zu schil- Bundesverband deutscher Banken eingeladen dern brauche, einen länger dauernden wirt- wurde. Es ist für jemanden, der in der preußischen schaftlichen Aufschwung. Es gibt rund 600 000 Provinz lebt, immer wieder ein Erlebnis, nach Erwerbstätige mehr und rund 270 000 Arbeits- Berlin kommen zu dürfen. Ich freue mich auf lose weniger als noch vor einem Jahr. M die Diskussion mit Ihnen und will mich eingangs auf ganz wenige Bemerkungen konzentrieren. Übertragen auf Nordrhein-Westfalen bedeutet dies: Wir haben zum ersten Mal seit etwa Deutschland ist, wie wir wissen, im Auf- zehn Jahren eine solche Erholung auf dem Ar- bruch. Die wirtschaftlichen Rahmendaten weisen beitsmarkt endlich auch im Ruhrgebiet. Sie wis- erkennbar nach oben. Eine Welle von Firmen- sen vermutlich, dass wir in Nordrhein-Westfalen gründungen belebt den Wettbewerb. Unerledigte den stärksten Anpassungsprozess durchzuma- Probleme wie die Konsolidierung der Staats- chen hatten, den es im Westen der Bundesrepu- finanzen oder die Unternehmensteuerreform blik Deutschland jemals gab. Wir haben in die- sind angepackt worden. ser Landschaft in den letzten 20 Jahren 1,7 Mil- Das alles stammt nicht, wie Sie geahnt lionen industrielle Arbeitsplätze verloren. Wir haben, von mir, auch nicht aus der Halbzeit- haben diesen Verlust zahlenmäßig bereits aufge- bilanz der Bundesregierung, sondern – Herr fangen. Wir haben sogar leicht über diese Zahl Dr. Weber wird es erkannt haben – aus einer hinaus zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen. Studie, die der Bundesverband deutscher Banken Die Bedingungen sind jetzt so günstig wie vor einigen Monaten veröffentlicht hat. Ich kann nie, die Arbeitsmarktsituation – sie ist für mich das, was dort festgestellt wird, nur bestätigen. einer der wichtigsten Maßstäbe – wieder in den Demnach ist es ganz offensichtlich so, Griff zu bekommen. Es ist offensichtlich mög- dass wir Begriffe wie Blockade oder Reform- lich, die Arbeitslosigkeit zurückzudrängen. Es stau, die bis vor einiger Zeit die politische ist ja auch nicht einzusehen – das sage ich als je- Debatte bei uns mit geprägt haben, in Wahrheit mand, der aus Nordrhein-Westfalen kommt –, vergessen können. Der Aufschwung ist – das ist dass in den Niederlanden die Arbeitslosigkeit die Realität – vor allen Dingen auf dem Ar- weniger als 3 Prozent beträgt, in Nordrhein- beitsmarkt in Gang gekommen. Wir haben ein Westfalen aber etwa 9 Prozent, natürlich sehr Wirtschaftswachstum von 3 Prozent. Wir er- stark geprägt durch das Ruhrgebiet. warten auch weiterhin ein Wirtschaftswachs- Der Blick auf Nordrhein-Westfalen kann tum. Es ist nicht zwingend, dass wir in gelegentlich täuschen. Im Sauerland, woher Deutschland die positiven Signale, die es gibt, Herr Merz kommt – das meine ich nicht abwer- jeweils herunterreden. Wir könnten eine solche tend, denn schließlich kommen meine Eltern Situation auch einmal zur Kenntnis nehmen. auch von dort –, im Münsterland, in Ostwest- Aber das fällt uns oft nicht leicht. falen, am Mittelrhein gibt es Arbeitsamtsbezirke „Wir brauchen in Deutschland eine Rückbesinnung auf Eigenverantwortung und Selbstverwaltung.“ 41 Wie kann Deutschland Handlungsfähigkeit zurückgewinnen? Wolfgang Clement mit 6 Prozent Arbeitslosigkeit, nicht unter- winden, neue Technologien und neue Unter- brochen 100-Jährigen. Das ist immer wieder ein setzung – ganz, wie Sie wollen – mit der Bundes- schiedlich zu den Gegebenheiten in Süddeutsch- nehmen ins Land zu bringen und zu entwickeln. schönes Erlebnis; das ist der einzige Vorteil, den regierung über die Entfernungspauschale und land. Aber es gibt Probleme im Ruhrgebiet, im Dieser Prozess bedeutet, die erfolgreichen Pro- ich gegenüber meinem Vorgänger habe. Ähnliches. All dies kostet ja Geld. rechtsrheinischen Köln – das wird oft übersehen zesse in Deutschland fortzusetzen: die Liberali- Wir müssen in der Altersvorsorge eine Hieran wird übrigens auch deutlich – aber – oder im ehemaligen Aachener Kohlerevier, die sierung der Medien- und Telekommunikations- Neujustierung vornehmen. Das bedeutet, die dieses Thema will ich jetzt nicht weiter vertiefen –, es anderswo nicht gibt. politik, die Haushaltskonsolidierung und die Beiträge kontrolliert in Grenzen zu halten. Ich wie problematisch Mischfinanzierungen sind. Die erwähnten Daten zeigen, dass es mög- große Steuerreform, die übrigens für ein Land habe es noch nicht erlebt, dass eine Rentenre- Hier in Berlin, weit weg von Nordrhein-West- lich ist, die Arbeitslosigkeit zurückzudrängen. wie Nordrhein-Westfalen im Jahre 2001 einen form vorgelegt werden konnte, bei der die Stabi- falen, wird eine Entfernungspauschale oder Wir haben die Absicht, was übrigens für das ge- Einnahmerückgang von 5,5 Milliarden DM be- lität der Beiträge für mindestens zwei Jahrzehnte Ähnliches beschlossen, aber die Kosten sind zu sellschaftliche Klima und nicht nur für die wirt- deutet. Es kommt darauf an, den Reformkurs garantiert wurde. über 50 Prozent von den Ländern zu tragen. Das schaftliche Entwicklung wichtig ist, die Jugendar- fortzusetzen. Was ist dazu in der nächsten Zeit Neben der Stabilisierung der Beiträge ist ist auf die Dauer nicht vernünftig. Wir müssen beitslosigkeit innerhalb von fünf Jahren faktisch zu tun? Auf diese Frage will ich einige kurze es wichtig, die heutigen Rentner nicht zu verun- eine Entmischung vornehmen im Verhältnis zwi- auf null zu bringen. Zurzeit hat sie sich in etwa Antworten zu geben versuchen. sichern, sondern ihnen das zu sichern, was sie schen den Ländern und dem Bund, im Verhält- Zunächst geht es natürlich darum, das Be- sich erworben haben. Das gilt übrigens auch für nis zwischen dem Bund und Europa. gonnene fortzusetzen. Das heißt, der nächste diejenigen, die innerhalb der nächsten zehn Jahre Wenn wir uns auf die wirklich notwen- Es ist möglich, dass wir unseren Platz in Schritt ist die Rentenreform. Bei allem, was hier in Rente gehen, denn sie können sich gegen eine digen Reformen konzentrieren, ist als nächster der Weltwirtschaft behaupten und an den Vor- in Berlin ansonsten diskutiert wird, ist die Ren- Rentenreform nicht zur Wehr setzen. Die bei- Schritt eine Gesundheitsreform erforderlich. Ich teilen der Globalisierung teilnehmen. Es ist auch tenreform die wichtigste Reform, die wir vor tragsbezogene Rente muss gesenkt werden, habe zu dieser Problematik keine Patentantwort. möglich, diese Ziele unter der Orientierung an uns haben. Ich war – optimistisch, wie ich bin – während gleichzeitig eine neue Säule errichtet Meiner Einschätzung nach gibt es eine solche den Grundlagen der Chancengleichheit, der so- davon ausgegangen, dass sie bis zum Sommer wird, nämlich die private und die betriebliche auch nicht. Wir haben uns bei der Diskussion zialen Gerechtigkeit und unserem herkömm- dieses Jahres faktisch abgehandelt sein wird, Vorsorge, die – so weit sozial erforderlich – über die Kostenbegrenzung und Budgetierungen lichen Verständnis von sozialer Marktwirtschaft wenn auch noch nicht gesetzgeberisch. Nun zieht staatlich begünstigt wird. Dazu gibt es aus verfangen und drehen uns im Kreise. Es gibt kein zu erreichen. Deswegen, um das offen zu sagen, es sich etwas länger hin. Aber ich gehe davon aus, meiner Sicht keine Alternative. Es mag an dieser weltweit ideales Gesundheitssystem, wenn ich das klingt ein Motto wie jenes dieser Veranstaltung dass bis zum Frühjahr nächsten Jahres die Ren- oder jener Stelle Diskussionsbedarf geben, aber richtig sehe. Aber bessere Systeme als das deut- – „Handlungsfähigkeit zurückgewinnen: Deutsch- tenreform absolviert sein wird, und zwar entlang keinen grundsätzlichen. sche Gesundheitssystem gibt es. Das Gesundheits- land zwischen Globalität und nationalen Blo- den Linien, welche die Bundesregierung vorge- Ich will hier hinzufügen, dass aus der system in der Bundesrepublik Deutschland ist ckaden“ – in meinen Ohren etwas pessimistisch, zeichnet hat. Aus meiner Sicht gibt es dazu keine Sicht der Länder – vermutlich aller Länder; ganz offensichtlich innovationsfeindlich. Teilwei- „Es ist möglich, dass wir unseren für Banker eigentlich völlig ungewöhnlich pessiPlatz in der Weltwirtschaft behaupmistisch. Wir befinden uns aus meiner Sicht ten und an den Vorteilen der Gloauch nicht in einem Schwebezustand zwischen balisierung teilnehmen.“ Alternative. Es gibt keine Alternative dazu, die jedenfalls trifft das für Nordrhein-Westfalen zu se gibt es an den Hochschulen und in Forschungs- Balance zwischen den aktiven Arbeitnehmerinnen – die Verschiebung der Förderung der betrieb- stätten noch Innovationen, aber anschließend und Arbeitnehmern auf der einen Seite und den lichen Altersvorsorge um ein Jahr richtig ist. werden sie beispielsweise in den USA umgesetzt, Globalisierung und Blockaden, sondern wir be- Rentnerinnen und Rentnern auf der anderen Seite Dies bedeutet nämlich, dass wir unsere Kassen angefangen beim Katheter. Leider wandern in den finden uns in einem Prozess der Veränderung, wieder herzustellen. Das ist in einem Renten- noch einigermaßen unter Kontrolle halten kön- meisten Fällen auch die entsprechenden Forsche- den wir in dieser Form noch nicht erlebt haben. system immer wieder erforderlich. Wir müssen die nen. Ich habe auf den Einnahmerückgang im rinnen und Forscher ins Ausland ab. Bezogen auf Nordrhein-Westfalen bedeutet Balance auch deshalb wieder herstellen, weil die nächsten Jahr hingewiesen. Alles andere würde Wir brauchen hier neue Anstrengungen. dieser Prozess der Veränderung beispielsweise, Menschen gottlob immer älter werden. Ich gratu- uns im Moment überfordern. Daher rührt übri- Sie bestehen aber nicht, glaube ich, in den ge- den Rückbau der Industrialisierung zu über- liere in Nordrhein-Westfalen derzeit ununter- gens auch unsere Diskussion oder Auseinander- genwärtigen Diskussionen zwischen Regierung halbiert. Sie geht jetzt in deutlich höherem Tempo zurück als die allgemeine Arbeitslosigkeit. 42 „Wir müssen eine Entmischung vornehmen im Verhältnis zwischen den Ländern und dem Bund, im Verhältnis zwischen dem Bund und Europa.“ 43 Wie kann Deutschland Handlungsfähigkeit zurückgewinnen? Wolfgang Clement und Opposition, sondern in einem neuen Ver- umfassen, die später in eine Betreibergesellschaft aus vernünftiges Projekt ist. Wir diskutieren zess ein, einschließlich bei den Schulen. Die Stel- such, der mit allen an der Gesundheitswirtschaft übergeleitet werden kann. Ferner brauchen wir derzeit über die Finanzierung dieses Projekts lung der Schulleitung soll gestärkt werden. Wir Beteiligten gestartet werden muss. einen Einstieg in ein entfernungsabhängiges Metrorapid. Es soll möglichst eine private haben an zunächst 200 Schulen begonnen, die Hier handelt es sich um eines der zu- Nutzungsentgelt, beginnend mit den LKWs, aus Finanzierung sein. Autonomie der Schulen zu stärken, einschließ- kunftsfähigsten und wichtigsten Themenfelder, meiner Sicht – anders, als der Kollege Klimmt es Wir brauchen andere Güterverteilsysteme. mit denen wir es zu tun haben, übrigens auch gesehen hat – sofort ausgeweitet auf Privat-PKWs. Wir können die derzeitige Situation insbeson- Die Probleme der Unterrichtsversorgung was den Weltmarkt angeht. In Nordrhein-West- Auf der anderen Seite sollte ein Abbau anderer dere in einem so dicht besiedelten Raum wie durch eine zu geringe Zahl von beispielsweise falen reden wir auf diesem Gebiet zwischen dem Steuern erfolgen. Wir benötigen etwa 4 Milliar- Nordrhein-Westfalen nicht durchhalten. Die Informatik- und Mathematiklehrern kann man Klinikum in Aachen und dem Herzzentrum in den DM an zusätzlichen Einnahmen, um den Diskussion dieser Themen ist für mich wichtiger bei 160 000 Pädagogen in Nordrhein-Westfalen Bad Oeynhausen über insgesamt 800 000 Be- Straßenbau in dem erforderlichen Umfang fort- als vieles andere, worüber gestritten wird. nicht mehr zentral von Düsseldorf aus lösen. schäftigte, also über einen der beschäftigungs- setzen zu können. 44 „Wir brauchen in Deutschland insgesamt und erst recht im Bildungssystem eine Rückbesinnung auf Eigenverantwortung, auf Selbstverwaltung.“ Diese Probleme müssen von dem mittelständi- Als Ländervertreter sage ich es nur ungern: chen, das insbesondere die Länder angeht. Es Das dritte große Reformfeld, das ich an- Aus meiner Sicht ist es richtig, auf die Kfz-Steuer handelt sich um den Bereich Bildung, Wissen- Das gilt erst recht für die Hochschulen. sprechen möchte, betrifft den Verkehr und das zu verzichten und entsprechend umzusteigen. Da- schaft und Forschung. Hier geht es um das ver- Wir haben den Prozess einer stärkeren Autono- Thema Mobilität. Hier weiß man in einem zu ist allerdings eine Kompensation erforderlich, mutlich wichtigste Reformfeld, mit dem wir es mie der Hochschulen eingeleitet. Wir gehen Land wie Nordrhein-Westfalen möglicherweise und zwar eine vollständige. Wir haben da so un- zu tun haben. Betrachten wir einmal die Region damit in einen Prozess der Kooperation und der am besten Bescheid. Verkehrlich gesehen sind sere Erfahrungen, was Kompensationen anlangt. Nordrhein-Westfalen und die Beneluxstaaten. Konkurrenz der Hochschulen hinein, den wir bisher in Deutschland nicht gekannt haben. wirksamsten Sektoren. „In unserem Lande ist nichts so wichtig wie die Sicherung der Mobilität. Es gibt kein wichtigeres Wirtschaftsthema.“ Schließlich möchte ich ein Thema anspre- lich der Personalhoheit. schen Unternehmen „Schule“ gelöst werden. wir in Nordrhein-Westfalen in Deutschland am Themen wie die Bahnreform und Ähn- Hier leben 44 Millionen Menschen. Die Wirt- höchsten belastet. 750 Kilometer Autobahn liches möchte ich jetzt nicht ansprechen, aber ich schaftskraft entspricht der von Großbritannien. Zweitens: Wir müssen Schulen und Hoch- haben eine Verkehrsbelastung von über 60 000 sage mit allem Nachdruck, hier in Berlin: In unse- Dort ist die Dichte an Schulen, Hochschulen, schulen mit allem ausstatten, was die neuen Kraftfahrzeugen pro Tag zu bewältigen. Nicht rem Lande ist nichts so wichtig wie die Sicherung Fachhochschulen und Forschungsstätten so Medien zu bieten haben. Am Ende dieses Jahres selten sind es 100 000 bis 120 000 Kraftfahr- der Mobilität. Es gibt kein wichtigeres Wirt- hoch wie nirgends auf der Welt. Diese Region ist werden bei uns alle Schulen mit einem Internet- zeuge. Bayern ist nach Nordrhein-Westfalen das schaftsthema. Ich habe vorhin nur angedeutet, bereits heute in verkehrlicher Hinsicht – bei anschluss und einem PC ausgestattet sein. Wir Bundesland mit dem zweitlängsten Autobahn- wie sich in Nordrhein-Westfalen die Verkehrsbe- allen bestehenden Problemen – weiter ent- wollen im Laufe der nächsten anderthalb Jahre netz. Dort sind über 400 Kilometer Autobahn lastung darstellt. Wer sich die Entwicklung des wickelt als andere Bereiche. Unsere Wettbe- alle Klassen entsprechend ausstatten. Wir quali- sechsspurig ausgebaut; in Nordrhein-Westfalen Personenverkehrs und vor allen Dingen des werbsfähigkeit hängt davon ab, dass wir die fizieren zurzeit unsere 160 000 Lehrerinnen und sind es von den 750 Kilometern Autobahn Güterverkehrs bis zum Jahre 2010/2015 an- qualifiziertesten Arbeitnehmer, Techniker, Wis- Lehrer entsprechend. Bei 40 000 Lehrerinnen weniger als 350 Kilometer. schaut, muss zu dem Ergebnis kommen, dass es senschaftler, Ingenieure haben. Wenn das der und Lehrern ist dies bereits erfolgt. Hier gibt es ein Finanzierungsproblem, das in überschaubarer Zeit zum Stillstand auf unse- Fall ist, fühlen wir uns unschlagbar. mit den bisherigen Finanzierungsinstrumenten ren Autobahnen kommt, wenn wir nicht zu einer nicht lösbar zu sein scheint. Deshalb glaube ich, grundlegenden Veränderung kommen. Hier handelt es sich um langwierige Pro- Das bedeutet eine erhebliche Umstellung zesse. Wir können sie nicht erfolgreich durch- in unseren Bildungssystemen. Dazu nur ein paar stehen ohne das Zusammenwirken mit der pri- Stichworte. vaten Wirtschaft. Ohne dass sich Unternehmen dass die Vorschläge der Pällmann-Kommission Natürlich weiß ich, dass sich Veränderun- nicht nur in Teilen, sondern insgesamt vernünftig gen nicht nur auf der Straße, sondern auch auf Erstens: Wir brauchen in Deutschland ins- sind. Die hier fällige Reform sollte, beginnend der Schiene abspielen müssen. Wir brauchen In- gesamt und erst recht im Bildungssystem eine mit den Bundesautobahnen, den Einstieg in eine novationen wie den Transrapid oder in Nord- Rückbesinnung auf Eigenverantwortung, auf Drittens: Der Staat wird sich nach meinem Finanzierungsgesellschaft für die Bundesstraßen rhein-Westfalen den Metrorapid, der ein über- Selbstverwaltung. Wir leiten bei uns diesen Pro- Verständnis aus der Bildungspolitik nicht zurück- dort teilweise in außerordentlich beeindruckender Weise engagieren, ist das nicht zu schaffen. 45 Wie kann Deutschland Handlungsfähigkeit zurückgewinnen? Wolfgang Clement „Wir müssen gerade auf dem Gebiet der Bildung zu einem anderen Verhältnis zwischen Staat und privatem Engagement kommen.“ ziehen. Schulen, Hochschulen, Bildung und Wis- nen und Meister im Tischlern, im Nähen und Luxemburg leben, wissen das. Deshalb be- den Beneluxstaaten und Frankreich enorme senschaft bleiben eine öffentliche Aufgabe. Wir Ähnlichem unterrichten, haben bisher 12 Pro- ginnen wir mit dem Englischunterricht in allen Potenziale, und zwar zu beiderseitigem Nutzen. werden unsere Anstrengungen auf diesem Sektor zent der Schüler eine Berufsausbildung erfolg- dritten Grundschulklassen. Wir setzen unsere Wir müssen in der Europäischen Union den verstärken müssen. Wir wissen – die neuen Me- reich absolvieren können. Durch den Einsatz Bemühungen um mehr Fremdsprachenkennt- Integrations- und den Erweiterungsprozess fort- dien sind dafür nur ein kleines erstes Beispiel –, von Berufspraktikern in diesen Schulen konnte nisse fort, um den Anschluss an unsere Nach- setzen. Wir müssen gleichzeitig die Europäische dass diese Aufgabe nicht mehr allein durch die diese Quote auf jetzt 60 Prozent erhöht werden. barn zu finden. Union wieder vom Kopf auf die Füße stellen. Wir öffentlichen Hände zu erfüllen ist. Wir müssen Daran ist erkennbar, dass auf diesem Gebiet Wir möchten natürlich auch nichts un- müssen – anders formuliert – die Balance zwi- gerade auf dem Gebiet der Bildung zu einem enorme Entwicklungen möglich sind. Wir kön- versucht lassen, um im internationalen Wettbe- schen Brüssel, den Mitgliedstaaten und den anderen Verhältnis zwischen Staat und priva- nen eben nicht alles über einen Leisten schlagen. werb bestehen zu können. Wir führen in Nord- Regionen neu austarieren. tem Engagement kommen. Dasselbe gilt natürlich auch für die besonders rhein-Westfalen in mindestens einer Schule pro Wir müssen – da unterscheidet sich meine Begabten, denen wir entsprechende Entwick- Kreis und pro Stadt das Abitur nach zwölf Jah- Position nicht von jener Bayerns; es handelt sich lungschancen geben müssen. ren ein. Ich vermute, diese Möglichkeit werden hier im Grunde genommen um die Position aller Ich begrüße es, dass die Deutsche Bank zusammen mit der Ruhr-Universität in Bochum 46 ein Weiterbildungsprogramm aufgelegt hat. Es Die Entwicklung auf diesem Sektor ist letztendlich alle Schulen offerieren. Das Abitur Bundesländer – die Europäische Union dazu gibt viele solcher Beispiele. Wir haben in Nord- überaus beeindruckend. Meine Philosophie dazu nach zwölf Jahren ist nicht ein Angebot allein bringen, sich auf die Aufgaben zu konzentrieren rhein-Westfalen die Türen für private Hoch- lautet, dass wir gut beraten sind, die Breite der für Hochbegabte, sondern ein Normalangebot, und sich auf diese zurückzuziehen, die europa- schulen und private Bildungseinrichtungen ge- Bildung und Ausbildung zu erhalten. Das ist un- das an den Schulen zur Verfügung gestellt wer- weit gelöst werden müssen. Das andere muss öffnet. Das begann mit der Privaten Universität sere Stärke, das haben wir in Deutschland besser den soll und muss. preisgegeben werden. Witten/ Herdecke. Es gibt inzwischen mehrere entwickelt als andere Länder: jeder und jedem Ich gehe davon aus, dass wir nach relativ Es gibt auf diesem Sektor unglaubliche private Fachhochschulen. Wir lassen Schulen ihre bzw. seine Chance zu geben, auch den kurzer Zeit feststellen können, was vernünftiger Fehlentwicklungen. Wir erleben in Zeiten einer für Hochbegabte in privater Trägerschaft zu. Schwächeren. Wenn man diese Breite in der in- ist: das Abitur nach zwölf Jahren oder nach Europäischen Währungsunion, dass wir nicht Tabus kann es auf diesem Feld nicht geben. ternationalen Konkurrenz erhalten will, braucht 13 Jahren. Wir können diese Diskussion, die etwa annähernd gleiche steuerrechtliche Stan- Es kann nur darum gehen, alle Möglichkeiten zu man auch die absolute Spitze. Das ist nicht anders uns über viele Jahre beschäftigt hat, hoffentlich dards haben, sondern wir erleben unter dem nutzen, um insbesondere die junge Generation vorstellbar, als dass wir die Talente fördern, die bald beenden. Einfluss einer ersten leichten Krise, nämlich entsprechend ihren Talenten qualifizieren zu sich entwickelt haben. Wir kehren zurück zu einer Ich will nicht unerwähnt lassen, dass aus dem Anstieg der Ölpreise, dass die Staaten un- können. Das gilt für Lernschwächere genauso gewissen Form der Differenzierung. Nirgendwo der Sicht eines Landes wie Nordrhein-Westfalen, terschiedlich reagieren und es auf engstem wie für die Begabtesten. Für Lernschwächere sonst ist die Differenzierung so angebracht wie aus seiner Interessenlage heraus, der europäische Raum zu Wettbewerbsverzerrungen kommt. Es müssen wir – fast könnte man sagen: wieder – im Bildungssystem; nicht um Unterschiede her- Prozess von überaus großer Bedeutung ist. Wenn handelt sich um Wettbewerbsverzerrungen, die dazu übergehen, junge Leute, die erkennbar auszuarbeiten, sondern um Unterschieden ge- wir überhaupt von Blockaden sprechen, dann absolut unzuträglich sind. Ich nenne hier als einen Schulabschluss nicht erreichen, ab der recht werden zu können und damit die Entwick- müssen wir feststellen, dass hier ein Kernpro- Beispiele Maßnahmen zugunsten von Unter- achten Klasse in Betrieben ausbilden zu lassen – lungsmöglichkeiten zu fördern. blem liegt. Ich argumentiere hier aus der Sicht ei- glasgartenbaubetrieben in den Niederlanden, wir haben dazu die ersten Modellversuche ein- Natürlich gehört zu allem, was Bildung nes Landes mit 18 Millionen Einwohnern, einer zugunsten des Güterverkehrsgewerbes in den geleitet – oder Ausbilder aus den Betrieben in und Wissenschaft angeht, die Internationalisie- Exportstärke, die ungefähr jener von Spanien Niederlanden, zugunsten der Landwirtschaft in die Schulen kommen zu lassen. rung. Wir in Deutschland sind eine unglaublich entspricht, und dessen Exporte zu 60 Prozent in sämtlichen Nachbarstaaten. Die Europäische Die Ergebnisse sind teilweise beein- introvertierte Gesellschaft. Wir in Nordrhein- die Staaten der Europäischen Union gehen. Wir Union muss sich auf jene Felder konzentrieren, druckend. Bei Schulen für Lernschwächere in Westfalen, die wir in unmittelbarer Nach- sind auf Europa angewiesen, wir sind Europäer. die überwölbend sind und, unbeackert, wie sie Nordrhein-Westfalen, in denen jetzt Meisterin- barschaft zu den Niederlanden, Belgien und Wir sehen in dem Austausch insbesondere mit sind, bearbeitet werden müssen. Ich nenne als „Wir müssen die Europäische Union wieder vom Kopf auf die Füße stellen, die Balance zwischen Brüssel, den Mitgliedstaaten und den Regionen neu austarieren.“ 47 Wie kann Deutschland Handlungsfähigkeit zurückgewinnen? Wolfgang Clement „Die Länder erwarten, dass es auf der Gipfelkonferenz in Nizza ein Signal zu einer klaren Kompetenzabgrenzung gibt.“ Beispiele die Außen- und Sicherheitspolitik, die dort gemeinsam nach einem Hamster gesucht: lich ist –, bei gemeinsamem guten Willen über- Wenn man in Berlin ist, muss man wohl unwei- Zuwanderungspolitik, die Wirtschafts- und die Stadt Aachen, die niederländischen Ge- wunden werden können. Wir haben es nicht ge- gerlich über die Zuwanderung sprechen. Sie Währungspolitik. meinden, die Landesregierung von Nordrhein- schafft, in Deutschland zu einem Einvernehmen werden überrascht sein: In den Ländern ist das Wir brauchen steuerrechtliche, letztlich Westfalen, die Bundesregierung und die Euro- zu kommen. Jetzt suchen wir nach einer eu- eigentlich kein so großes Thema. Eine so geringe auch soziale und ökologische Standards. Die päische Kommission. Wir standen vor einem ropäischen Lösung. Zuwanderung wie derzeit hatten wir schon lan- Mitgliedstaaten und die Regionen sind in der Gerichtsverfahren. Es wurde jahrelang die Re- Generell umschrieben lautet unsere Vor- ge nicht mehr. Das gilt sowohl für die Asylbe- Lage, diese Standards auch umzusetzen, besser, alisierung eines Gewerbegebiets verhindert, stellung, die Geschäftsbankenaktivitäten einer werber als auch für die deutschstämmigen Zu- als das heute geschieht. Wir erleben unbe- weil dort ein Hamster vermutet wurde. Wir privaten Aktiengesellschaft im Rahmen der wanderer und Bürgerkriegsflüchtlinge, die wir schreibliche bürokratische Missgeburten. Wir haben ihn nicht gefunden. Nun haben wir mit Westdeutschen Landesbank zu übertragen. Es überwiegend zurückschicken. haben in Nordrhein-Westfalen den FFH-Prozess dem Bau beginnen dürfen. wird Sie nicht überraschen: Diese private Aktien- Ich weiß, dass wir eine Zuwanderungs- gerade abgeschlossen, das betrifft die Umset- Diese Richtlinien sind übrigens nicht allein gesellschaft gibt es bereits. Das ist also nicht so regelung benötigen, nicht um den Fachkräfte- zung der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie. Dazu eine Erfindung der Europäischen Kommission, problematisch. Ich denke, dass wir dadurch den bedarf zu decken, sondern um den internatio- gab es über 400 Behördensitzungen. Das ganze sondern sie sind vermutlich aus den Mitglied- notwendigen Bewegungsspielraum in diesem nalen Austausch zu fördern, an dem es bei uns Land ist in Aufruhr über die Frage, welche Ge- staaten selbst gekommen. Es gibt drastische Fehl- Sektor auch für die Bank selbst schaffen. mangelt. Das gilt nicht nur für die Hoch- biete wann wohin gemeldet werden müssen. Die entwicklungen, die wir beseitigen müssen. Das hätten wir eigentlich auch miteinander schulen, sondern auch für viele Unternehmen. Meldung erfolgt nach Berlin, von dort aus nach Die Länder erwarten, dass es auf der hinbekommen können. Jetzt erreichen wir es ver- Beispielsweise gilt für die Softwarebranche, Brüssel. Wenn es auf diesem Weg eine Be- Gipfelkonferenz in Nizza ein Signal zu einer mutlich auf einer anderen Ebene. Der Bundes- dass jedes Unternehmen erklärt: Die einzige schwerde beispielsweise einer Naturschutzorga- klaren Kompetenzabgrenzung gibt. Es muss kanzler hat dazu gestern die Gespräche vorbe- Grenze für unser Wachstum stellt der Mangel nisation gibt, beginnt der Prozess von vorn. klar werden, dass es sich um wirkliche Abgren- reitet. Allerdings möchten wir dies nur tun, wenn an Fachleuten dar. Wohin dies alles führen kann, könnte ich zungen handelt, die ständige Erweiterungen gleichzeitig klargestellt wird – das möchte ich Ich will hier alle Schlagworte beiseite lassen, die Ihnen sehr gut anhand der Dechstein-Fleder- ausschließen. Die Bundesregierung stellt sich deutlich sagen –, dass das deutsche Sparkassen- sowieso nicht helfen. Wir müssen das Thema maus beschreiben, die es im Teutoburger Wald vor, diesen Prozess spätestens im Jahr 2004 mit wesen erhalten bleibt, wie es sich heute darstellt. Zuwanderung mit dem Thema Qualifizierung gibt. Sie verhindert bis jetzt den Bau der A 33. klaren Beschlüssen zu den Kompetenzfragen Wir haben diesbezüglich unser Ziel noch nicht verbinden. Ich glaube, unsere Bürgerinnen und Inzwischen kenne ich diese Fledermaus präzise. fortzusetzen, was zu einer Wiederherstellung ganz erreicht. Aus Gründen der Bedienung auch Bürger würden es nicht akzeptieren, wenn wir Sie fliegt in etwa 20 Zentimetern Höhe, und der Balance führen kann. der sozial Schwächeren und der kleinen und isoliert darüber diskutierten, ausländische Fach- Natürlich darf ich es in diesem Kreise mittleren Betriebe wäre es gut – so lautet auch leute zu gewinnen, ohne gleichzeitig alles zu tun, nicht versäumen, darauf hinzuweisen, dass die meine Erfahrung als ehemaliger Wirtschafts- um die Qualifizierung der eigenen Mitarbeiter Ein anderes Beispiel: Wir errichten im Blockaden, die zwischen Privatbanken und minister –, eine gewisse Parallelität zwischen öf- zu fördern und dazu beizutragen, dass sie von deutsch-niederländischen Grenzbereich ein grenz- Landesbanken existieren – gelegentlich war ich fentlich-rechtlichem und privatem Sektor zu er- den enormen wirtschaftlichen und technolo- überschreitendes Gewerbegebiet. Wir haben nicht sicher, wer für die Blockade verantwort- halten, jedenfalls im kommunalen Bereich. gischen Fortschritten einen Vorteil haben. zwar nur bei Nacht. Es soll offensichtlich verhindert werden, dass sie auf der A 33 landet. 48 49 Perspektive Europa: Teil der Lösung oder Teil des Problems? Friedrich Merz, Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Berlin eine Damen und Herren! Nach dem vor- zum Euro geschafft, im westeuropäischen Teil ei- hergehenden weitgehend nordrhein-west- ne dauerhafte Friedens- und Freiheitsordnung zu fälisch geprägten Ritt durch die Bundespolitik errichten. Innerhalb dieser politischen Ordnung will ich nicht der Versuchung erliegen, dazu eine dieses Kontinents nach dem Zweiten Weltkrieg Replik zu geben, allerdings nur unter der Vorbe- wurde die deutsche Einheit möglich. Die deut- dingung, dass Sie mein Schweigen dazu nicht als sche Einheit ihrerseits hat einen neuen Impuls für Zustimmung missinterpretieren. Ich rege an, in den Fortgang der europäischen Einigung gesetzt. der anschließenden Diskussion das Thema der Dies lässt uns, für sich genommen, auf die Neuordnung des Föderalismus in Deutschland zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts mit großer zu behandeln, weil ich die Befürchtung habe, Befriedigung zurückblicken. In dieser Hinsicht dass dieses Thema etwas zu sehr aus der Sicht hat die Politik einen großartigen Erfolg zu ver- der Länder betrachtet wird. Diese Befürchtung melden. Dies reicht bis in eine ganze Reihe von wird immer dann besonders unterstrichen, wenn politischen Entscheidungen hinein, die wir in der bayerische und der nordrhein-westfälische der Gegenwart zu treffen haben. Ich will hier Ministerpräsident einer Meinung sind. einige wenige Aspekte herausgreifen. M Ich will mich in der kurzen mir zur Verfü- In den Europäischen Verträgen ist die gung stehenden Zeit auf das vorgeschlagene The- Wettbewerbspolitik fest verankert. Diese Wett- ma konzentrieren: „Perspektive Europa: Teil der bewerbspolitik besteht im Wesentlichen aus Lösung oder Teil des Problems?“ Ich möchte zu- zwei Teilen, nämlich der Fusionskontrolle und nächst einen kurzen Rückblick geben, mich dann der Subventionskontrolle. Wir haben im eige- etwas länger bei der Gegenwart aufhalten und nen Land eine im Wesentlichen auf die nationa- anschließend einen Blick in die Zukunft werfen. len Zusammenschlüsse konzentrierte Fusions- Lassen Sie mich mit dem Rückblick begin- kontrolle. Wir haben sie durch die Europäi- nen. Die Geschichte der Europäischen Union, schen Verträge auf das Gebiet der Europäischen die unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg mit Union ausgedehnt und haben eine wirksame der politischen Initiative von Robert Schuman Kontrolle der Unternehmenszusammenschlüsse und der berühmt gewordenen Rede von Winston im europäischen Binnenmarkt durch die Verab- Churchill in Zürich begonnen hat, ist wohl die redungen, die im EG-Vertrag getroffen worden erfolgreichste und außergewöhnlichste Ge- sind und die durch den Amsterdam-Vertrag schichte, die der europäische Kontinent seit Karl geringfügig verändert, aber doch in ihrer Sub- dem Großen erlebt hat. Wir haben es durch die stanz bestätigt worden sind. Europäischen Verträge, den EWG-Vertrag, den Das heißt, wir sind auf die Globalisierung Euratom-Vertrag, den EGKS-Vertrag und die jedenfalls im europäischen Maßstab ausreichend spätere Integration dieser Verträge zu einem ein- vorbereitet durch ein Instrument, das den Wett- zigen Vertrag, durch die Geschichte der Euro- bewerb innerhalb des europäischen Binnen- päischen Union bis hin zum Binnenmarkt und markts garantiert. Nachdem in den 50er-Jahren „Wie viel Staat brauchen die Bürger im zusammenwachsenden Europa?“ 51 Perspektive Europa: Teil der Lösung oder Teil des Problems? Friedrich Merz „Die Haushaltskonsolidierung ist erst in Gang gekommen durch die Notwendigkeiten und die vertraglichen Verabredungen im Vorfeld der Einführung des Euro.“ 52 der Versuch, zu einer weltweiten Fusionskon- ses deutsche Problem auch in Deutschland lös- Mitgliedstaaten noch immer mit einer Vetoposi- Haupterreger der BSE-Erkrankung zu sein, aus trolle zu gelangen – ausgerechnet von Kuba aus- bar gewesen wäre und uns nicht jahrelang in tion erfolgreich handelspolitische Gespräche der Nahrungskette zu eliminieren. Wenn die gehend –, gescheitert ist, jedenfalls vorläufig, Brüssel auf offener Bühne beschäftigt hätte. blockieren können. Wir brauchen nach meiner Europäische Union an dieser Stelle ihre Hand- haben sich die Wettbewerbsbehörden in Asien, Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang festen Überzeugung auch in der Handelspolitik lungsfähigkeit nicht beweist, brauchen wir uns Amerika und Europa zu einer so erfolgreichen auf eine Überschrift hinweisen, die heute in der nicht nur ein umfangreiches Mandat der Euro- über eine mangelnde Zustimmung zur europäi- Zusammenarbeit verabredet, dass auch der „Berliner Zeitung“ zu finden ist und die, wie ich päischen Union, sondern auch die Möglichkeit, schen Politik nicht zu wundern. weltweite Wettbewerb bei weltweiten Zusam- denke, auch in diesem Zusammenhang das mit Mehrheiten zu entscheiden, und zwar auch Wie sieht nun die europäische Zukunft menschlüssen effizient kontrolliert werden kann. Richtige aussagt: „Brüssel ist kein Feindesland.“ in den sensiblen Bereichen, bei denen einige Mit- aus? Wir haben mit dem Euro einen Schritt ge- Das zweite Bein der europäischen Wett- So schreibt die „Berliner Zeitung“ heute im Zu- gliedstaaten noch immer ihre Vorbehalte haben. tan, der sich in der politischen Kontinuität der bewerbspolitik fehlt uns in Deutschland: Wir sammenhang mit dem Streit um die Landesban- Wir erleben gleichzeitig mit der zunehmen- Entwicklung der europäischen Politik befindet: haben kein Instrument einer nationalen Subven- ken und die grundsätzliche Frage: Wie viel Staat den Übertragung von Souveränitätsrechten auf Die ökonomische Integration soll Schrittmacher tionskontrolle. Dies hat ausschließlich die Eu- brauchen die Bürger im zusammenwachsenden die europäische Ebene eine starke Verbürokrati- der nachfolgenden politischen Integration sein. ropäische Union übernommen, auch für uns in Europa? Ein Subventions- und ein Kartellverbot sierung der Institutionen, der politischen Prozesse Dies war seit dem Abschluss der Verträge in den Deutschland. Wir haben es so gewollt, wie es in sind die klaren Antworten aus dem Vertrag über und hier insbesondere der Kommission. Meine 50er-Jahren ein Wesensmerkmal der europäi- den Verträgen steht. Bundestag und Bundesrat die Europäische Union. Damen und Herren, es ist meine feste Überzeu- schen Politik. So war es auch im Schuman-Plan haben dem zugestimmt. Deswegen müssen wir Die Haushaltssanierung in den Mitglied- gung, dass wir die Zustimmung der Bürger in Eu- angelegt: Mit der ökonomischen Integration soll es nicht nur ertragen, sondern wir sollten es staaten der Europäischen Union wäre ebenfalls ropa zu dem, was die Europäische Union zwin- die politische Integration befördert werden. begrüßen, dass die Europäische Union diese nicht auf diesen Weg gekommen, wenn wir gend machen muss, nur gewinnen können, wenn Zum Euro: Anders, als es der Präsident Funktion einer wirksamen Kontrolle der Sub- nicht durch die Vorbereitungen zum Euro einen wir hier zu einer größeren Transparenz und zu ei- der Europäischen Zentralbank vor einigen Tagen ventionen übernommen hat. entsprechenden europäischen Zwang in den ner stärkeren demokratischen Legitimation auch öffentlich gesagt hat, steckt nach meiner Auffas- Ich begrüße ganz ausdrücklich, Herr Mi- Mitgliedstaaten hätten umsetzen müssen. Die der Tätigkeit der Institutionen zurückkehren. sung hinter der Schwäche des Außenwerts des nisterpräsident, dass jetzt in Nordrhein-West- Haushaltskonsolidierung, die nicht erst mit In besonders eindrucksvoller Weise hat Euro mittlerweile mehr ein politisches als ein falen eine zielführende Diskussion über die Neu- dem Regierungswechsel 1998 in Deutschland die Europäische Union in den letzten Tagen ihre ökonomisches Problem. Ökonomisch lässt sich ordnung des öffentlichen Bankensektors beginnt. begonnen hat – sie ist richtig, sie ist notwendig, Handlungsunfähigkeit dort bewiesen, wo es um die Außenwertschwäche des Euro durchaus be- Aber geben wir es bitte offen zu: Ohne das Ver- sie war überfällig –, ist erst richtig in Gang ge- ein elementares Interesse des Verbraucherschutzes gründen, auch durch die Abstände der Wachs- tragsverletzungsverfahren der Kommission ge- kommen durch die Notwendigkeiten und die in der Europäischen Union ging. Ich spreche hier tumsraten zu den USA. Aber schon ein Blick auf gen die Bundesrepublik Deutschland wäre dieses vertraglichen Verabredungen im Vorfeld der die schon mehrfach erwähnte BSE-Problematik die Währungsrelation gegenüber dem Schweizer Verfahren so nicht in Gang gekommen. Dank Einführung des Euro. an. Es gehört für mich persönlich zu den Ab- Franken, dem britischen Pfund und auch dem der Initiative auch der Geschäftsbanken der Bun- So weit zu den Lichtseiten der Gegenwart. artigkeiten unserer modernen Lebensmitteler- japanischen Yen lässt eine solche Begründung desrepublik Deutschland und des Vertragsver- Es gibt auch Schattenseiten. Graf Lambsdorff, zeugung, dass an normalerweise nur Pflanzen unvollständig erscheinen. So schrieb das „Han- letzungsverfahrens kommt es jetzt zu einer wirk- Sie haben heute Morgen bereits auf die Probleme fressende Tiere die geschredderten Kadaver der delsblatt“ vor einigen Tagen völlig richtig: samen Kontrolle der in Deutschland an die öf- bei der Handelspolitik hingewiesen. Die Handels- gestorbenen Tiere oder der geschlachteten Tiere „Hinter dem Dollar steht nicht nur Alan Green- fentlichen Banken ausgereichten Subventionen. politik ist in der Tat – jedenfalls zum Teil – in die verfüttert werden und dass die Europäische span, sondern die ganze USA. Wer steht aber ei- Ich möchte in Klammern hinzufügen, weil Zuständigkeit der Europäischen Union überge- Kommission und die Europäische Union insge- gentlich außer der EZB hinter dem Euro? Die wir hier Gäste des Bundesverbands deutscher gangen. Große Teile sind nach wie vor mit dem samt offensichtlich nicht in der Lage sind, diesen europäischen Staaten jedenfalls nicht. Und da Banken sind: Ich hätte mir gewünscht, dass die- Einstimmigkeitsprinzip verbunden, so dass die Teil, der in dem berechtigten Verdacht steht, der soll ein Außenstehender, ein Japaner oder ein „Wer steht aber eigentlich außer der EZB hinter dem Euro? Die europäischen Staaten jedenfalls nicht.“ 53 Perspektive Europa: Teil der Lösung oder Teil des Problems? Friedrich Merz „Das Europäische Parlament dürfte dem Anspruch, eine handlungsfähige Institution zu sein, mittlerweile am nächsten gekommen sein.“ 54 Amerikaner zum Beispiel, an den Euro und seine Das Europäische Parlament hat sich in seiner Agrarsektor. Wenn diese Agrarpolitik der Euro- nur Grundrechte zu formulieren als Abwehr- Zukunft glauben?“ Wo ist die politische Dimen- Zusammensetzung verändert. Das Parlament päischen Union auf die potenziellen neuen Mit- rechte der Bürger gegen das Handeln der Institu- sion dessen, was wir in der Europäischen Union hat seine Handlungsfähigkeit insbesondere im gliedstaaten im Zuge der Osterweiterung über- tionen der Europäischen Union, sondern auch jetzt auf den Weg bringen müssen? Zuge des Gesetzgebungsverfahrens, der Zusam- tragen wird, würde allein für ein Land wie Regeln des Verfahrens zwischen den Institutio- Diese Europäische Union – da sind wir menarbeit zwischen Rat und Parlament bewie- Polen ein zusätzliches Agrarbudget in der Eu- nen und insbesondere die Abgrenzung der Zu- uns sicher einig, Herr Ministerpräsident Clement sen. Das Parlament dürfte dem Anspruch, eine ropäischen Union in Höhe von 10 Milliarden ständigkeiten zwischen Mitgliedstaaten und – muss sich auf ihre Kernkompetenzen konzen- handlungsfähige Institution zu sein, mittlerweile Euro erforderlich werden. Sie sehen allein an Europäischer Union auf die Tagesordnung der trieren. Diese Kernkompetenzen sind schnell be- am nächsten gekommen sein. dieser Zahl, dass eine Übertragung der Agrar- europäischen Politik zu setzen. schrieben: Es ist die Wirtschafts- und Währungs- Das größte Problem muss man wohl in politik, so wie mit dem Euro angelegt, es ist aber der Zusammensetzung und in der Arbeit des Ra- auch eine gemeinsame Außen- und Sicherheits- tes sehen: früher ein Allgemeiner Rat, später Es erscheint mir umgekehrt aber unvor- allerdings weder praktikabel noch justiziabel politik bis hin zu einer gemeinsamen Verteidi- hinzugekommen der Rat der Staats- und Regie- stellbar, dass in der alten Europäischen Union ausformuliert ist, in praktische Politik dergestalt gungspolitik einschließlich, wie ich hinzufügen rungschefs und dann eine Aufsplitterung der die alte Agrarpolitik fortgesetzt und in den Bei- umzusetzen, dass zwischen Europäischer Union möchte, einer gemeinsamen Rüstungs- und Rüs- Zuständigkeiten in eine unübersehbar gewordene trittsländern der Europäischen Union eine neue und Mitgliedstaaten eine Kompetenzordnung tungskontrollpolitik. Es ist aber gewiss auch die Vielzahl von Fachministerräten, die als Gesetz- Agrarpolitik installiert wird. Hier muss die Eu- neu hergestellt wird, wird es auch bei der Ableh- innere Sicherheit, jedenfalls bei der Bewältigung gebungsorgan in der Europäischen Union Ent- ropäische Union selbst eine grundlegende Re- nung von großen Teilen der Bevölkerung gegen- der Probleme, die sich aus der grenzüberschrei- scheidungen treffen, die praktisch von nieman- form vornehmen. über der Politik der Europäischen Union bleiben. tenden organisierten Kriminalität ergeben. dem mehr nachvollzogen werden können. politik im Verhältnis eins zu eins auf die neuen Beitrittsländer nicht möglich ist. Wenn es nicht gelingt, das Subsidiaritätsprinzip, das schon heute im Vertrag steht, das Wir haben deshalb schon zu Beginn der Das Wort vom Verfassungsvertrag, ge- Damit sind die drei Säulen der politischen Meine Damen und Herren, ich glaube, hier Verhandlungen über die so genannte Agenda prägt in der Mitte der 90er-Jahre in einer innen- Kompetenzen der Europäischen Union wohl be- steht das größte Problem zur Lösung an. Ich halte 2000 den Vorschlag gemacht, die Agrarpolitik politischen Debatte in Deutschland, hat mittler- schrieben: äußere Sicherheit, innere Sicherheit viel von den Vorschlägen, die Zuständigkeiten im ähnlich wie die übrigen Strukturfonds der Eu- weile Eingang gefunden in eine größere Zahl und Wirtschafts- und Währungsunion. Rat wieder auf einen Allgemeinen Rat zu konzen- ropäischen Union einer so genannten Kofinan- von europäischen Vereinbarungen, von Texten, Was aber muss die Europäische Union trieren und insbesondere das Problem der durch zierung durch die Mitgliedstaaten der Europäi- auch von Reden, die beispielsweise der französi- tun, um dieses Ziel ihrer Kompetenzen zu errei- Beamte der jeweiligen Ministerien besetzten Fach- schen Union zu unterziehen. Dies würde auch zu sche Staatspräsident in jüngster Zeit in Deutsch- chen? Ich will versuchen, es anhand von drei ministerräte zu beseitigen. Wenn die Europäische einer wesentlich höheren Effizienz der Ausgaben land gehalten hat. Wir können also zuversicht- Bedingungen einzugrenzen. Union nicht zu einem funktionsfähigen Zwei- beitragen – wohl wissend, dass dies jedenfalls im lich sein, dass mit dieser Kompetenzordnung – Erstens: Diese Europäische Union muss kammersystem aus Parlament und Rat kommt Augenblick mit unseren französischen Nach- also Grundrechte, Verfahrensregeln und Kom- ihre eigenen Institutionen wieder handlungs- und sich der Rat wirklich als Gesetzgebungsor- barn so nicht formulierbar ist. petenzabgrenzung zwischen Europäischer Union fähig machen. Eine EU-Kommission mit 19 Mit- gan und nicht als verlängerte Exekutive der jewei- Drittens: Die Europäische Union braucht gliedern aus 15 Mitgliedstaaten und in Zukunft ligen Länderregierungen versteht, werden wir in eine Kompetenzordnung, eine Kompetenzord- mit vielleicht 20 oder gar 27 Mitgliedern an der der Europäischen Union das notwendige Maß an nung in der Abgrenzung auch zu den Zuständig- Ich will aus gegebenem Anlass darauf hin- Spitze wird nicht handlungsfähig sein. Die Euro- Transparenz und auch das notwendige Maß an keiten und Kompetenzen der Mitgliedstaaten. weisen, dass aus meiner Sicht die Zuständigkeit päische Kommission muss die europäische Exe- demokratischer Legitimation nicht erreichen. Hier haben wir mit der Charta der Grundrechte für die Arbeitsmarktpolitik dabei im Wesent- „Die Europäische Union braucht eine Kompetenzordnung; auch in der Abgrenzung zu den Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten.“ und Mitgliedstaaten – ein Schritt in die richtige und notwendige Richtung getan wird. kutive sein. Dazu braucht sie einen schlanken Zweitens: Die Europäische Union muss einen ersten wichtigen Schritt in die richtige lichen in der Hand der Mitgliedstaaten und in- Verwaltungsapparat mit einer auch politisch ihre Finanzen ordnen. Mehr als die Hälfte des Richtung getan, nämlich im Rahmen eines Ver- nerhalb der Mitgliedstaaten – jedenfalls in den handlungsfähigen Spitze. Haushalts der Europäischen Union fließt in den fassungsvertrags der Europäischen Union nicht großen – auch in der Länderzuständigkeit und 55 Perspektive Europa: Teil der Lösung oder Teil des Problems? Friedrich Merz „Die Osterweiterung muss gelingen, weil wir nur dann den Anspruch aufrechterhalten können, eine gesamteuropäische Friedens- und Freiheitsordnung zu errichten.“ 56 in der kommunalen Zuständigkeit bleiben muss. neun auf zwölf Mitglieder und von zwölf auf Alle Versuche, eine europäische Arbeitsmarkt- 15 Mitglieder war im Vergleich zu dem, was politik zu formulieren, werden allein daran jetzt auf die Tagesordnung gesetzt wird, eine scheitern, dass eine größere Zahl von Mitglied- leichte politische Übung. staaten kein Interesse mehr daran haben kann, Diese Osterweiterung kann nur gelingen, wenn beispielsweise mit der Bundesrepublik Deutsch- die notwendigen Voraussetzungen, so wie ich sie land zusammen Arbeitsmarktpolitik zu betrei- zu beschreiben versucht habe, geschaffen werden. ben. Welches Interesse sollten die Niederlande Sie muss gelingen, weil wir nur dann den haben, welches Interesse sollten die Dänen haben, Anspruch aufrechterhalten können, mit den zu mit Deutschland zusammen in der Europäischen Europa zählenden Ländern Osteuropas und Union Arbeitsmarktpolitik zu betreiben? Dies Mittelosteuropas eine gesamteuropäische Frie- müssen wir schon selber leisten. Die Arbeits- dens- und Freiheitsordnung zu errichten. Diese marktpolitik wird eine im Wesentlichen nationale politische Dimension einer gesamteuropäischen Zuständigkeit bleiben. Friedens- und Freiheitsordnung bedarf der ver- Wenn sich die Europäische Union auf die- tieften Debatte in unserem Land. Wir wissen aus sen Weg begibt, also die Neuordnung der Insti- vielen Umfragen, dass die Zustimmung der Bür- tutionen, die Ordnung ihrer Finanzen und die gerinnen und Bürger zu dem, was auf der Herstellung einer Kompetenzordnung, dann europäischen Tagesordnung steht, in den letzten dürfte dies auch der richtige Weg sein, um die Jahren kontinuierlich zurückgegangen ist. Osterweiterung der Europäischen Union zu er- Ich begrüße deswegen ausdrücklich noch möglichen. Meine Damen und Herren, bei der einmal die Gelegenheit, im Rahmen eines sol- Gipfelkonferenz in Kopenhagen zum Abschluss chen Forums zwischen Wirtschaft, Wissen- der finnischen Ratspräsidentschaft Ende letzten schaft und Politik den Austausch über dieses Jahres ist zwölf osteuropäischen und mittel- wichtige Thema fortzusetzen. Wir werden aber europäischen Staaten und der Türkei der Beitritt auch alle – Sie in den Unternehmen, Sie in den in Aussicht gestellt worden. Die Europäische Universitäten und wir in der Politik – ein Union steht mit dieser Erweiterung vor der wesentlich höheres Maß unserer Kraft aufwen- größten Herausforderung ihrer Geschichte. den müssen, ein wesentlich höheres Maß an Eine solche große Zahl von potenziellen neuen Überzeugungskraft einsetzen müssen, um die Mitgliedern hat es in der Geschichte der Euro- Mehrheit der Bevölkerung auf diesem Weg zu päischen Union noch nicht gegeben. Die Er- einer gesamteuropäischen Friedens- und Frei- weiterung von sechs auf neun Mitglieder, von heitsordnung wirklich mitzunehmen. Diskussion Moderation: Prof. Dr. h. c. Joachim Fest, Kronberg im Taunus Meine Da- ben. Sie hat mit dem Globalisierungsprozess zu ben wir bei der bisherigen Kompetenzverteilung? Diese Übertragung führt dazu, dass von der men und Herren! Im Hintergrund der Überle- tun, mit dem Wegfall der Grenzen, mit der Digi- Müssen wir hier Veränderungen vornehmen? Bundesebene her versucht wird, in die Kompe- gungen, die wir heute angestellt haben, stand ja talisierung und auch mit der Tatsache, dass wir Meine Antwort lautet: Wir müssen hier si- tenzen der Länder einzusteigen. Das aber halte immer das Thema Globalisierung. Es ist ver- ernst nehmen müssen, was wir ununterbrochen cherlich einige Veränderungen vornehmen. Wir ich für problematisch. Wir haben ja durch die schiedentlich die Sorge und auch die Hoffnung über die Wissensgesellschaft und die Informati- haben im medialen Sektor und auf den Gebieten föderale Struktur unseres Landes enorme Stär- ausgedrückt worden, dass von dieser Globalisie- onsgesellschaft im Munde führen: Die bestmögli- Kultur und Telekommunikation unterschiedliche ken entwickelt. Im Gegensatz zu vielen Vorurtei- rung ein gewisser Druck auf die Verhältnisse che Qualifikation ist die bestmögliche Standort- Kompetenzverteilungen zwischen Bund und Län- len ist der föderale Bundesstaat auch ökono- auch in diesem Land ausgehen werde, wodurch sicherung. Das habe ich deutlich machen wollen. dern, die auf die Dauer nicht zuträglich sind. Das misch erfolgreicher als unsere zentralstaatlich etwas mehr Bewegung entstünde. Ich erinnere Was die Entwicklung des Föderalismus müssen wir überwinden. Anschließend müssen organisierten Nachbarstaaten. Deshalb glaube nur deshalb daran, damit wir für die nun begin- angeht: Ich unterscheide mich überhaupt nicht wir entsprechend die Finanzmittel neu verteilen, ich, dass wir gut beraten sind zu versuchen, die- nende Diskussion eine Art Mittelpunkt haben. von Herrn Merz, wenn er, bezogen auf die eu- die mit diesen Mischfinanzierungen zwischen se föderale Vielfalt zu erhalten. Zunächst aber möchte ich das aufgreifen, ropäische Ebene, den Vertrauensverlust der Poli- Bund und Ländern verbunden sind. Das Problem Die entsprechende Entwicklung wird sich was Herr Merz zu Anfang gesagt hat. Wir soll- tik beschreibt. Dies gilt nämlich durchgängig. In der finanzschwächeren Länder in Deutschland in Deutschland früher abzeichnen als in den an- ten ein paar Worte auch über den Föderalismus Deutschland und in Europa sind die Verant- besteht nämlich darin, dass sie sich an dieses deren Ländern. Wir haben neun Nachbarstaa- in Deutschland verlieren. Herr Clement hat ja wortlichkeiten und die Kompetenzen nicht klar. Thema nicht herantrauen, weil sie befürchten, so ten. Die deutschen Bundesländer – nicht nur durchaus disparat darüber berichtet. Er hat ei- Es gibt bei den Verantwortlichkeiten inzwischen finanzielle Möglichkeiten zu verlieren. Nordrhein-Westfalen im Verhältnis zu den Bene- nerseits freundliche Worte dafür gefunden, er Vernetzungen, die unüberschaubar geworden In diesem Prozess befinden wir uns derzeit. luxstaaten oder das Saarland im Verhältnis zu hat andererseits aber erklärt, dass durch die sind. Inzwischen sind sie selbst für Profis schwer Wir diskutieren gerade den Finanzausgleich so- Frankreich –, sondern auch Baden-Württemberg Mischfinanzierung und anderes sich der Födera- überschaubar. Deshalb trete ich gemeinsam mit wohl zwischen Bund und Ländern als auch zwi- oder die ostdeutschen Länder werden sich nach lismus gerade im Bildungswesen gelegentlich als anderen Länderchefs in der Bundesrepublik – schen den alten und den neuen Bundesländern. außen orientieren und werden dort teilweise Hemmschuh erweist. nicht mit allen – dafür ein, vor allen Dingen die Wir hoffen, dass wir in der ersten Hälfte des neue Kultur- und Wirtschaftsregionen wieder Ich möchte Herrn Clement und Herrn Mischfinanzierung, die Mischverantwortung in nächsten Jahres zu einer Verständigung über die entdecken und gemeinsam nutzen. Merz bitten, dazu ein paar zusätzliche Bemer- Deutschland abzuschaffen und wieder zu klaren Finanzverteilung kommen können. Jedenfalls die Eine solche Entwicklung liegt bei uns in kungen zu machen. Kompetenzen zunächst im Bundesstaat zu kom- finanzstärkeren Länder möchten, dass in unmit- Nordrhein-Westfalen wegen der angrenzenden men sowie gleichzeitig die Kompetenzfrage in telbarem Zusammenhang damit auch die Proble- Beneluxstaaten nahe, nicht um uns aus dem Na- Bezug auf die europäische Ebene zu klären. me der Mischfinanzierung geklärt werden, besei- tionalstaat zu verabschieden, sondern um die tigt werden. Hier gibt es keinen so großen Unter- Potenziale nutzen zu können, die in einer sol- schied zwischen dem Bund und den Ländern. chen Zusammenarbeit stecken. Deshalb glaube P r o f . D r. h . c . J o a c h i m F e s t : Wolfgang Clement: Ich kann mich nicht erin- nern, Herr Fest, dass ich im Zusammenhang mit 58 dem Föderalismus von einem Hemmschuh gerade In Bezug auf die Kompetenzen, die auf der im Bildungswesen gesprochen habe. Ich habe viel- europäischen Ebene angesiedelt sein sollten, die mehr über die Aufgaben gesprochen, welche die aber genau definiert sein müssen und nicht unun- Wenn man über die Zukunft des Födera- ich, dass wir gut beraten sind, die föderalen Länder in der Bildungspolitik haben. Ich habe ver- terbrochenen Wucherungen unterliegen dürfen, lismus und über das Verhältnis der Mitglied- Strukturen zu pflegen. Wir werden versuchen, sucht, die Reformaufgaben zu beschreiben. unterscheide ich mich in nichts von dem, was staaten zur Europäischen Union spricht, stellt sie einzusetzen. Ich glaube, wir sind dabei erfolg- Die Tiefe dieses Prozesses einer Reform Herr Kollege Merz ausgeführt hat. Bezogen auf man fest, dass das Hauptproblem darin be- reicher, als manches erste Urteil über Kultusmi- des Bildungswesens ist außerordentlich. Wir ste- die Mischfinanzierung in Deutschland handelt es steht, dass es vor allem die in Deutschland ori- nisterkonferenzen oder Ähnliches signalisieren hen nach meinem Verständnis auf diesem Gebiet sich eigentlich um ein technisches Problem. Zu- ginären Bundeskompetenzen sind, die an die könnte. Die Verständigung zwischen den Län- vor einer so großen Veränderung, wie wir sie in nächst einmal muss erneut die Kompetenzabgren- Europäische Union gehen. Hier geht es nicht so dern erfolgt mindestens genauso schnell wie die den vergangenen 50 Jahren noch nicht erlebt ha- zung zwischen Bund und Ländern erfolgen: Blei- sehr um die bisherigen Kompetenzen der Länder. Gesetzgebung auf der Bundesebene. „Im Gegensatz zu vielen Vorurteilen ist der föderale Bundesstaat auch ökonomisch erfolgreicher als unsere zentralstaatlich organisierten Nachbarstaaten.“ 59 Diskussion Moderation: Prof. Dr. h. c. Joachim Fest Bevor ich etwas zum deutschen Sie selbst beschrieben haben, werden immer Damals hat jeder gesagt: Wir haben endlich ei- der nach Karlsruhe marschieren. Deshalb muss Föderalismus sage, möchte ich, Herr Professor mehr Bundeskompetenzen nach Brüssel abwan- nen großen Schritt nach vorn getan im Hinblick die Vorfrage beantwortet werden: Welche Form Fest, eine Vorbemerkung zum Verhältnis der Bun- dern, nicht durch den Vertrag von Maastricht. auf die gemeinsame Verantwortung von Bund von Föderalismus wollen wir haben? Wenn wir desrepublik Deutschland zu Europa machen. Ich Friedrich Merz: und Ländern. den Wettbewerbsföderalismus haben wollen, habe in der Zeit, in der ich dem Europäischen deralismus in Deutschland: Niemand von uns Daraus ist aus meiner Sicht heute einer dann müssen wir uns über die Frage unterhal- Parlament angehört habe, die Binnenmarktge- stellt den Föderalismus infrage. Aber wir müs- der größten Hemmschuhe für eine schnelle und ten, ob die Gleichwertigkeit der Lebensverhält- setzgebung von 1989 an miterlebt. Ich habe sen uns doch darüber klar werden, welchen Fö- problemnahe Entscheidungsfindung des Bundes nisse in der Bundesrepublik Deutschland, die während dieser Zeit gesehen, wie sich die deralismus wir in Deutschland wollen: Wollen und der Länder geworden. Ich bin sehr dafür, unser Grundgesetz postuliert, bedeutet, dass deutschen Länder in Brüssel etabliert haben. Seit wir den kooperativen Föderalismus? Oder wol- dass wir darüber reden, wie wir hier wieder zu wirklich sämtliche Unterschiede zwischen Gar- es den Vertrag von Maastricht gibt, gibt es in len wir den Wettbewerbsföderalismus? Hierüber einer stärkeren Entflechtung der Zuständigkei- misch-Partenkirchen und Flensburg durch den Brüssel mehr Vertreter der Länder und deren Be- gibt es keinen Konsens. Hierüber gibt es in allen ten, der Kompetenzen des Bundes und der Län- Finanzausgleich beseitigt werden müssen. amte als Vertreter des Bundes und deren Beamte. politischen Parteien unterschiedliche Auffassun- der kommen können. Das hat etwas mit der Fi- Ich bin definitiv der Auffassung, dass dies Das Bild der Bundesrepublik Deutschland in gen – bis auf die FDP, die es – mit Verlaub gesagt nanzierung zu tun; denn wir brauchen hier eine nicht sein sollte. Diejenigen, die sich anstrengen, Brüssel ist diffus geworden, weil die Länder ein – auch etwas einfacher formulieren kann, weil strikte Beachtung des Konnexitätsprinzips. Der müssen belohnt werden, auch durch eine erhöh- überproportional hohes Maß an Mitentschei- sie in den Ländern nicht so stark in der Verant- allgemeine Grundsatz lautet: Wer zahlt, schafft te Steuerkraft, und diejenigen, die Fehler ma- dung und Kompetenzen in Brüssel beanspruchen, wortung steht wie die großen Volksparteien. an. Für die Politik ist dieses Prinzip weitgehend chen, müssen dafür bestraft werden. Friedrich Merz: „Das Bild der Bundesrepublik in Brüssel ist diffus geworden, weil die Länder ein überproportional hohes Maß an Mitentscheidung in Brüssel beanspruchen.“ Zunächst noch eine Be- wobei sie sich übrigens auf den neu gefassten Ar- Meine Präferenz liegt bei einem sehr viel außer Kraft gesetzt. Wenn wir in Berlin Gesetze Wolfgang Clement: tikel 23 unserer Verfassung berufen können, den stärkeren Wettbewerbsföderalismus. Wenn wir machen, ist fast immer die Zustimmung des merkung zu Artikel 23 des Grundgesetzes. Wir ich für eine der größten Fehlentscheidungen halte, völlig zu Recht – da gebe ich Ihnen Recht, Herr Bundesrats erforderlich. Dies lähmt uns in ge- müssen sicherlich noch einmal über die Frage die der Gesetzgeber in Deutschland im Zuge einer Clement – über den Wettbewerb in den Ländern wisser Weise. Die Länder beklagen ihrerseits zu diskutieren, wie die Aufgabenverteilung ausse- Neuordnung des Grundgesetzes getroffen hat. sprechen, dann müssen wir auch bereit sein, den Recht, dass sie zu wenig Zuständigkeiten haben. hen soll. Es geht dabei um die Rolle der Regio- Das, was in Artikel 23 steht und zweier ausführ- Wettbewerb zwischen den Ländern zuzulassen. Ich wäre bereit, darüber zu reden, den Ländern nen in Europa. Ich sehe die Situation nicht so lich formulierter Ausführungsgesetze bedarf, löst Wenn dies allgemeine Meinung ist, sind wir mehr Zuständigkeiten im Wettbewerbsföderalis- skeptisch wie Sie, Herr Merz, aber ich gebe zu, im Grunde genommen den Bundesstaat auf und schon einen großen Schritt weiter. mus zu geben, wenn die Länder ihrerseits bereit wir haben hier bisher noch keine klaren Konturen und auch keine klare Kompetenzverteilung. lässt die Bundesrepublik Deutschland in Brüssel Herr Clement, Sie haben von dem techni- wären, dem Bund eine größere Entscheidungs- nur noch als eine Summe von 16 Ländern in Er- schen Problem der Mischfinanzierung gespro- autonomie bis hin zur Einnahme und zur Ausga- scheinung treten. Ich halte das auch von der chen. Ich sehe das nicht als ein technisches Pro- be der Steuermittel zu geben. Außenwirkung her für problematisch. blem an, sondern als ein zutiefst politisches Pro- Schließlich ein Wort zum Finanzausgleich: balance einbezöge, könnte Europa nicht gelingen. Wenn das, was Sie gesagt haben, Herr Cle- blem, das einen wesentlichen Bestandteil der Auch hier muss zuvor die Frage beantwortet Artikel 23 des Grundgesetzes ist ein problemati- ment, richtig wäre – es wäre schön, es wäre richtig schwierigen Entscheidungsprozesse in Deutsch- werden, ob wir für einen kooperativen Födera- scher Versuch. Ich habe hier niemandem gegen- –, nämlich dass durch den Vertrag von Maastricht land ausmacht, wenn es nicht sogar zur Ent- lismus oder für den Wettbewerbsföderalismus über Kritik zu üben, denn ich war an seiner Ent- überwiegend Bundeskompetenzen auf die Eu- scheidungsunfähigkeit führt. sind. Wenn diese Frage nicht beantwortet wird, stehung selbst beteiligt. Nordrhein-Westfalen be- Der große Finanzverbund, durch den fast wird es beim so genannten Maßstäbegesetz ei- zieht in die Arbeit seiner Repräsentanz in Brüssel 90 Prozent der Steuermittel zwischen Bund, nen Formelkompromiss geben, und nach der zunehmend die Wirtschaft ein. Wir suchen dort Nicht, dass wir anei- Ländern und Gemeinden neu verteilt werden, ersten Jahresrechnung werden diejenigen, die die Kooperation mit der Wirtschaft. Dadurch wird nander vorbeireden: Durch die Entwicklung, die war ein gefeiertes Kind der großen Koalition. das Gefühl haben, zu viel gezahlt zu haben, wie- unsere Repräsentanz ihren Charakter verändern. ropäische Union übertragen wurden, hätte es dieser Entwicklung durch die Länder nicht bedurft. Wo l f g a n g C l e m e n t : 60 Einverstanden. Jetzt zum Fö- Ich meine, wenn man die Regionen nicht mit ins europäische Spiel und auch in die Macht- „Es muss die Frage beantwortet werden, ob wir für einen kooperativen Föderalismus oder für den Wettbewerbsföderalismus sind.“ 61 Diskussion Moderation: Prof. Dr. h. c. Joachim Fest „Der Motor meines politischen Tuns speist sich aus dem Vergleich insbesondere mit Bayern. Uns beflügelt sowohl die Kooperation als auch die Konkurrenz.“ Hier besteht allerdings dennoch Diskussions- dass Länder, die sich in einer solchen Phase be- Aber dann schob er ein Beispiel nach und erklär- Auch wenn die Europäische Union irgendwann und Erörterungsbedarf, wie wir in Zukunft un- finden und schwächer sind als Nordrhein-West- te, es gehe schlechterdings nicht an, dass die einmal aus 25 Mitgliedern besteht, wird man sere Aufgaben werden wahrnehmen können. Ich falen, auf Solidarität angewiesen sind. Sie brau- Gärtner in Nordrhein-Westfalen und die Gärt- sich rasch einigen, Vereinheitlichungen vorzu- hielte es aber für falsch, zukünftig die Regionen chen die Mischfinanzierung. ner in den Niederlanden unterschiedlich hohe nehmen. In dem Augenblick aber, da wichtige vollkommen auszuklammern. Europa ist heute Ich stimme zu: Wir brauchen auch den Steuerbelastungen hinsichtlich der Heizkosten Länder wie Nordrhein-Westfalen und Bayern tatsächlich regionenblind. Nordrhein-Westfalen Wettbewerbscharakter. Der Motor meines po- zu tragen hätten. Es ist für die Betreffenden si- ihre Regionalinteressen erkennen, könnte eine hat 18 Millionen Einwohner. Nordrhein-Westfa- litischen Tuns speist sich aus dem Vergleich cherlich ein Ärgernis, wenn sie in einem Land le- wirkungsvolle Bremse vorhanden sein. len ist nirgendwo vertreten. Aber Staaten mit ei- insbesondere mit Bayern. Uns beflügelt sowohl ben, das die Heizkosten künstlich verteuert. ner viel geringeren Einwohnerzahl, die ich jetzt die Kooperation als auch die Konkurrenz. Das Wenn man daraus folgerte, man sollte in res Grundgesetzes quasi der Pfahl in unserem nicht nennen will, weil ich nicht arrogant er- macht unsere Stärke aus. Wir befassen uns Brüssel einen Standard aushandeln, ginge man Fleische ist. So ist es ja auch beabsichtigt. Ich scheinen möchte, sind in Brüssel mit einem zurzeit mit einem Benchmarking auf allen das Risiko eines politischen Kartells ein. Dann finde, so sollte es auch noch eine Zeit lang blei- Kommissar vertreten. Feldern, das sich auf die Bundesländer und würden sich die Mitgliedstaaten rasch darauf ei- ben. Das soll nicht heißen, dass wir uns nicht Europa bezieht. nigen, dass man – aus welchen Gründen auch vorstellen können, ein Europa der Regionen zu immer – eine Ökosteuer einführt. schaffen, das die Nationalstaaten ablöst. Inso- Demnächst kommen die drei baltischen Staaten hinzu. Sie haben gemeinsam noch nicht Wir werden einen Kompromiss finden müs- einmal die Einwohnerzahl von Sachsen. Hier sen, der beiden Aspekten gerecht wird: der Solida- Ich finde, der Wettbewerb ist eine ganz fern möchte ich der Ansicht von Herrn Walter kommt es wirklich zu Problemen. Ich sehe hier rität auf der einen Seite und dem Wettbewerb auf gute Sache. Sollen die nordrhein-westfälischen hinsichtlich der Ablösung des Nationalstaats zunehmend ein Legitimationsproblem. der anderen Seite. Dabei kommt Nordrhein-West- Gärtner doch dem Landesvater und dem Bundes- prognostisch nicht folgen. Ein föderaler Staat ist auf die Bundestreue falen im Verhältnis zwischen den A-Ländern und rat auf den Hacken stehen, damit hier in Berlin Ich fände es sehr gut, immer ein bisschen der Länder angewiesen. Dieses Prinzip ist mir den B-Ländern eine besondere Rolle zu. Ein Kom- nicht allzu rasch eine Ökosteuer eingeführt wird! Sand im Getriebe des allzu schnellen Delegierens längst in Fleisch und Blut übergegangen. Aber promiss ist nicht so leicht zu finden, aber wir sind Die angeführte Wettbewerbsverzerrung nach oben zu haben. Es ist wichtig, mahnende wir müssen auch das jeweilige Gewicht und die nahe am Ziel. Wir möchten gern eine einvernehm- existiert; man kann sie nicht wegdiskutieren und Stimmen wie die von Herrn Clement oder Herrn jeweiligen Interessen einbringen können. Hier liche Lösung zwischen allen Ländern, die beiden sie ist ärgerlich genug. Aber wahrscheinlich be- Stoiber zu hören, auch aus anderen Ländern. Ich besteht wirklich noch Erörterungsbedarf. Gesichtspunkten Rechnung trägt. steht eine größere Chance, sie im Wettbewerb meine, Artikel 23 unseres Grundgesetzes, von Ich denke, dass die der Besteuerungen zu beseitigen, als wenn man dem wir wissen, warum er geschaffen wurde unterschiedliche Interessenlagen und Sorgen. Aber Frage, ob man einen Wettbewerbsföderalismus den Standard nach oben delegiert und irgend- und der auf den ersten Blick ein bisschen merk- dieses Problem ist lösbar. Es wird im Rahmen der oder einen so genannten kooperativen Födera- wann eine für Europa einheitliche Ökosteuer würdig erscheint, kann auf die Dauer seine Diskussion über den Länderfinanzausgleich zu lö- lismus haben will, sowohl für den Fortgang der kommt, die immer wieder erhöht wird. Funktion erfüllen. sen sein. Insofern beantwortet sich dann auch Ihre Europäischen Union als auch für die Frage Ich sehe den Anspruch der Länder, euro- Frage nach dem Wettbewerbsföderalismus. Wir „Handlungsfähigkeit zurückgewinnen“ Bedeu- päische Regionalinteressen einzubringen – das Herr Barbier sei ein Journalist, der den Wettbe- brauchen auf der einen Seite das Bemühen um tung hat. Ministerpräsident Clement hat gesagt, ist praktisch die Debatte über Artikel 23 unseres werbsgedanken vertritt. Das, was gegenwärtig in annähernd gleiche Lebensbedingungen. Man selbstverständlich solle Brüssel nicht alles selber Grundgesetzes –, eher so wie Ministerpräsident den Niederlanden, in Belgien, in Luxemburg, in kann nicht leugnen, dass es je nach Entwicklungs- machen; er hat dabei hinzugefügt, dort solle Clement. Frankreich auf dem Sektor der Energiepreise zu- stand unterschiedliche Bedingungen gibt. man sich auf die Festlegung von Standards Es gibt die Neigung, auch in einer erwei- gunsten des Güterverkehrs, der Landwirtschaft Nordrhein-Westfalen, das seit 38 Jahren zurückziehen. Ich war an dieser Stelle – wie terten Europäischen Union Dinge zu vereinheit- und anderer Bereiche geschieht, ist nichts anderes ein Zahlerland ist, befindet sich derzeit in einer übrigens an vielen anderen Stellen auch – ge- lichen, also eben keinen Wettbewerbsföderalis- als eine sektorale Beihilfe. Auf Deutsch gesagt schwierigen Phase. Ich könnte mir vorstellen, neigt, ihm zuzustimmen. mus in der Europäischen Union einzuführen. handelt es sich um eine Subvention. Wie können Hinsichtlich der Mischfinanzierung gibt es 62 Ich weiß sehr wohl, dass Artikel 23 unse- D r. H a n s D . B a r b i e r : Wolfgang Clement: Bisher dachte ich immer, „Es gibt die Neigung, auch in einer erweiterten Europäischen Union Dinge zu vereinheitlichen, also eben keinen Wettbewerbsföderalismus einzuführen.“ 63 Diskussion Moderation: Prof. Dr. h. c. Joachim Fest Sie so etwas verteidigen, Herr Barbier? Das tun Bundeskanzler Kohl erklärt hat, nämlich dass ei- ter. Man hätte diesen Versuch doch nach zwei Schritt war die deutsche Einheit. Deswegen habe Sie doch nur, um mir die Ökosteuer um die Oh- ne Währungsunion ohne eine irgendwie geartete Jahren aufgeben müssen, in der wohl begründe- ich mich auch immer geweigert – das ist aller- ren hauen zu können! Das, was dort geschieht, ist politische Union auf Dauer nicht überlebens- ten Hoffnung, dass der Hamster längst tot ist. dings lange her –, jemals Mitglied eines Land- eine unzulässige Subvention. fähig sei, stimmt absolut. Wie kann die politi- Wo l f g a n g C l e m e n t : sche Union bewerkstelligt werden zu einem nicht sicher, ob sich die britischen Hamster fort- Es gibt durchaus den Fall, dass Zeitpunkt, da Franzosen und Deutsche zwar pflanzen. Bei uns ist das noch so! in Nordrhein-Westfalen Steuerbelastungen erfol- währungspolitisch vereint sind, aber politisch Pr of. Dr. h. c. Joachim Fest: Es wird ver- sert. Sie kann sich aber verbessern, Herr Cle- gen, während in den angrenzenden Ländern für nach wie vor getrennte Schlafzimmer haben? mutet, dass es in der Umgebung von Hamburg, ment, wenn man der Vorstellung vom Wettbe- fünf oder sieben Jahre Steuerfreiheit gewährt Die englischen Partner warten hier ungeduldig im Mühlenberger Loch, eine bestimmte Wach- werbsföderalismus wirklich folgt und die richti- wird. Wie wollen Sie da noch einen Investor auf eine Antwort. telart gibt. Nur weil man deren Existenz dort gen Konsequenzen zieht. Es geht dabei nicht nur Dr. Hans D. Barbier: David Marsh: „Dass eine Währungsunion ohne eine irgendwie geartete politische Union auf Dauer nicht überlebensfähig sei, stimmt absolut.“ tages zu werden. Was sollte ich denn dort? Dort gibt es ja gar nichts zu entscheiden. Die Situation hat sich seither nicht gebes- nach Nordrhein-Westfalen locken? Im deut- Ich habe eine Frage an Herrn Clement vermutet hat – gesehen hat dieses Tier niemand –, um die Mischfinanzierung, sondern auch um die schen Steuerrecht gilt nun einmal das Legalitäts- hinsichtlich der Westdeutschen Landesbank. hat man den Bau einer Bahnstrecke oder eines Gemeinschaftsaufgaben sowie um den vertika- prinzip. Weder Landesminister noch Bundesmi- Weshalb versuchen Sie nicht, die Investment- Wohngebiets verhindert. Herr Marsh, das ist al- len und den horizontalen Finanzausgleich. nister können hier irgendetwas gewähren. In bankteile der Westdeutschen Landesbank nicht so nicht so selten, wie Sie meinen. Das gibt es Natürlich muss man an die neuen Länder den- den Niederlanden hingegen ist es möglich. nur zu privatisieren, sondern auch zu europäi- nicht nur in Nordrhein-Westfalen, sondern auch ken. Es wäre ein guter Schritt vorwärts, wenn Das ist der Mangel, den wir sieren? Es gibt sehr viele europäische Banken, in anderen Gegenden Deutschlands. man solche Absurditäten wie das Hafenprivileg erkennen. Die Unternehmensbesteuerung muss die durchaus ein Bündnis mit der Westdeutschen D r. O t t o G r a f L a m b s d o r f f : nach Standards erfolgen, wenn auch in gewissen Landesbank eingingen. Täten Sie dies, erfüllten kung zu Artikel 23 des Grundgesetzes: Hier sitzen Bandbreiten. Es geht nicht darum, Gleichmache- Sie die Europapolitik nicht nur mit Banken- lauter Mittäter. Wir haben ihn miteinander for- Das reicht aber nicht aus. Man muss sich rei zu betreiben. Aber man braucht Mindeststan- leben, sondern in einem Land, in dem der Be- muliert. Ich halte diese Bestimmung für eine Fehl- darüber hinaus über die Steuerpolitik und die dards. Anderenfalls kann man im Wettbewerb griff „Fusionitis“ nicht immer zu guten Erfolgen entwicklung. Ich bin nicht so nachsichtig wie Finanzverfassung Gedanken machen. Meine nicht bestehen. Es geht nicht darum, dass uns die führte, würden Sie den Beweis dafür antreten, Herr Barbier. Ich sehe, dass es auch ein paar Vor- Frage lautet: Sind Sie bereit, einer Lösung des Unterglasgartenbaubetriebe bedrängen; wenn dass die Banken in einem grenzüberschreitenden züge gibt. Aber wenn außenpolitische Entschei- Problems näher zu treten, das darin besteht, nichts geschieht, werden sie demnächst nicht Sinne durchaus mit Erfolg fusionieren können. dungen in Brüssel nicht getroffen werden können, dass der Bund die indirekten Steuern erhebt, sie Wolfgang Clement: Eine Bemer- und die Bezahlung großer Regierungen in kleinen Ländern abschaffen könnte. mehr existieren können. Diese Betriebe werden Herr Clement, Sie haben die Horrorge- weil sich der deutsche Verhandlungsführer bei bekommt und auch allein ausgibt, wobei die bei uns in Nordrhein-Westfalen im Verhältnis zu schichte mit dem Hamster gebracht. Damit ha- den Ländern rückversichern muss und erklärt, er Länder nicht mitzureden haben? Für die Ein- den niederländischen Betrieben systematisch platt ben Sie die schlimmsten antieuropäischen Storys müsse erst nach Hause fahren, um mit 16 Län- kommen- und Körperschaftsteuer gibt es eine gemacht. Bisher gibt es in Nordrhein-Westfalen in den Massenblättern in Großbritannien über- dern zu sprechen, dann ist eine Entwicklung ein- gemeinsame Bemessungsgrundlage. Die Hebe- noch etwa 2 000 solcher Betriebe. Wenn die bis- troffen. Als britischer Miteuropäer kann ich an geleitet, die auf Dauer nicht durchzuhalten ist. sätze können die Länder allein bestimmen. Da- herige Entwicklung noch anderthalb Jahre fort- diese Story einfach nicht glauben. Ich glaube Was wir mit dem deutschen Föderalismus bei gibt es einen Wettbewerb unter den Ländern. schreitet, gibt es bei uns keinen einzigen solchen nicht, dass die normale Lebenserwartung eines veranstaltet haben, kann man feststellen, wenn Die Frage, ob das Saarland demnächst irgendwo Betrieb mehr. Das ist ein ganz kritischer Punkt. Hamsters mehr als zwei Jahre beträgt – zumin- man sich den Verfassungsartikel über die kon- eingegliedert werden muss, kann sich auch da- Herr Merz, Sie haben erklärt, dest trifft dies nicht auf einen britischen Hamster kurrierende Gesetzgebung ansieht. Das ist alles durch lösen, dass sich zeigen wird, ob auch ein die Schwäche des Euro sei teilweise auf die Poli- zu –, es sei denn, die Gesundheitsreform hat hier von den Ländern an den Bund verkauft worden, kleines Land wirtschaftlich erfolgreich ist oder tik zurückzuführen. Das, was die Bundesbank Fundamentales bewirkt. Sie haben ganz bewusst um es einmal deutlich auszudrücken. Das be- nicht. Wenn es erfolgreich ist, wird es bestehen schon vor zehn Jahren gesagt hat, was auch gesagt: Es handelt sich um lediglich einen Hams- gann mit der großen Koalition. Der nächste bleiben; anderenfalls wird es von größeren David Marsh: 64 Zum Teil! Herr Marsh, ich bin „Ich habe mich immer geweigert, jemals Mitglied eines Landtages zu werden. Was sollte ich denn dort? Dort gibt es ja gar nichts zu entscheiden.“ 65 Diskussion Moderation: Prof. Dr. h. c. Joachim Fest „Zwar ist im Grundgesetz von der Gleichmäßigkeit der Lebensverhältnisse die Rede, aber mit Wettbewerbsföderalismus hat das wahrlich nichts zu tun.“ Nachbarn eingegliedert. Anders geht es nicht. noch in der Steinzeit. Dann hätten wir das Ren- deutschland erlebt – das habe ich selbst ganz un- Deutschland eintritt. Man kann die Kompeten- Herr Merz hat vollständig Recht: Zwar ist im tenproblem auch nicht, weil man mit durch- mittelbar mitbekommen –, wie blitzschnell sich zen neu austarieren im Sinne von mehr Klarheit. Grundgesetz von der Gleichmäßigkeit der Le- schnittlich 25 Jahren sterben würden. dort die Länder herausgebildet haben. Man hät- Die Einnahmen aus der indirekten Besteuerung bensverhältnisse in den einzelnen Ländern die Wolfgang Clement: Die Westdeutsche Lan- te sich ja auch andere Ländergliederungen als nehmen stärker zu als die anderen Steuereinnah- Rede, aber diese haben wir in den vergangenen desbank wird, soweit es um den Privatbankenteil die nun entstandenen vorstellen können. Es geht men. Dass der Bund hier Interesse zeigt, kann 40 Jahren weder zwischen Ostfriesland und dem geht, in eine Aktiengesellschaft überführt. Diese hier auch um außerordentlich stark wirkende ich mir gut vorstellen. Aber das Interesse der Rhein-Main-Gebiet noch zwischen Hessen und Aktiengesellschaft wird selbstverständlich inter- emotionale Fragen. Es geht um Bindungen, um Länder ist gleichrangig. Derjenige, der auf die Sachsen und auch nicht zwischen Sachsen und national handeln. Sie wird selbstverständlich alle Heimatgefühle und Ähnliches. Einkommensteuer angewiesen ist, bekommt das Mecklenburg herstellen können. Das funktio- Möglichkeiten der Zusammenarbeit nutzen, In Deutschland sind wir deshalb, wie sich Ungleichgewicht zu spüren, das wir befürchten niert nicht. Dieser Grundsatz ist ein großes Hin- auch über die Grenzen hinaus. Einer der Vor- zeigt, nur unter äußerst schwierigen Bedingun- und das den Föderalismus in Probleme bringen dernis, denn mit Wettbewerbsföderalismus hat würfe der Privatbanken lautet ja, dass sie zu sehr gen in der Lage, hier zu Veränderungen zu gelan- kann. Graf Lambsdorff, wir sind bereit, weiter das wahrlich nichts zu tun. über die Grenzen hinausgeht. gen. Deshalb haben wir im Rahmen der Länder zu gehen, als kurz nur über die Mischfinanzie- Herr Clement, bei Ihrer Geschichte vom Herr Marsh, wir benötigen dazu natürlich zu Beginn unserer Diskussion über den Länder- rung und die Gemeinschaftsaufgaben zu reden. Hamster habe ich teilnehmend Ihrer Kollegin eine gewisse Übergangszeit, wir brauchen für eine finanzausgleich klar gesagt: Wir stellen im Zuge Ich gebe zu: Das bedarf zwischen den Ländern Höhn gedacht. gewisse Zeit eine Patronatserklärung. Ich will das der Diskussion über den Länderfinanzausgleich noch einer eingehenden Diskussion. Ich möchte auf Modell jetzt nicht im Einzelnen beschreiben. Wir nicht die Existenz eines Landes infrage, weil wir Herr Professor Prosi, was die Standards in das Problem hinsichtlich der Standards zurück- stehen erst am Beginn der Verhandlungen mit der anderenfalls nicht zu einem Ergebnis gelangen Europa angeht: Auch ich bin nicht der Meinung, kommen. Herr Clement und Herr Merz, wie Europäischen Kommission. Diese Verhandlungen können. Das hat zur Folge, dass man bestimmte dass wir gewissermaßen eine europäische weit wollen Sie mit den Standards eigentlich ge- haben bisher nicht zum Erfolg geführt. Dinge zusichern muss, beispielsweise den Stadt- Gleichschaltung herbeiführen sollten. Ich bin al- P r o f . D r. G e r h a r d P r o s i : 66 hen? Sie sprachen von Steuern und Subventio- An der erwähnten Aktiengesellschaft ha- staaten eine bestimmte Höherbewertung hin- lerdings der Auffassung, dass man in bestimm- nen. Aber die Wettbewerbsfähigkeit wird ja ben zunächst die heutigen Gewährsträger die sichtlich der Einwohnerzahl. Über das Hafenpri- ten Bereichen mindestens Bandbreiten haben auch durch die Höhe der Löhne, der Sozialabga- Anteile. Das ist anschließend veränderbar. Wir vileg müssen wir noch im Einzelnen diskutieren. muss. Das ist nicht neu. Herr Barbier hat es ein ben, der Investitionen in die Infrastruktur und werden uns dann ganz normal im Markt bewe- Wir werden in dieses Feld einen Schuss bisschen abfällig dargestellt, aber wir brauchen dergleichen bestimmt. Wollen Sie auch dieses gen, selbstverständlich mit allen Möglichkeiten Wettbewerb hineinbringen. Das erfordert eine gemeinsame Standards für die Energiebesteue- standardisieren? und Formen der Zusammenarbeit. gewisse Zeit. Man kann nicht von heute auf rung in Europa. Es kann keine andere nord- Ich meine, wir sollten über jeden Unter- Graf Lambsdorff, es ist immer wohltuend, morgen das Steuer herumwerfen und völlig neu rhein-westfälische Sichtweise geben. Für uns ist schied in Europa froh sein, denn durch die Un- Ihnen zuzuhören, weil Sie das Verhältnis bei- beginnen. Es gibt in der Bundesrepublik Deutsch- die Höhe der Energiebesteuerung in den Nieder- terschiede ist der Austausch, ist das Lernen von- spielsweise zwischen Bund und Ländern und un- land annähernd gleiche Lebensverhältnisse, auch landen wichtiger als die Frage, wie die Energie einander, ist Fortschritt möglich. Wir sollten al- ter den Ländern selbst so zugespitzt formulieren. zwischen Ostfriesland und anderen Regionen. in Ostdeutschland besteuert wird. Hier geht es so gerade die Unterschiedlichkeit und nicht die Ich kann aus der Sicht von Nordrhein-Westfalen Das äußert sich auch in den sozialen Gegeben- einfach um ökonomische Tatsachen; das hat Standardisierung und die Gleichheit fördern. sehr gelassen reagieren, weil wir beispielsweise heiten. Ich bin damit einverstanden – das kann nichts mit Emotionen zu tun. Der wirtschaftli- Stellen Sie sich einmal vor, wir würden in ganz nie irgendwelche Gebietsansprüche erhoben ha- ich nur für Nordrhein-Westfalen sagen und che Austausch zwischen den Beneluxstaaten und Europa nach Hamstern suchen! Dadurch käme ben. Sie unterschätzen die Rolle des Regionalis- weiß, wie man in Bayern darüber denkt –, dass Nordrhein-Westfalen ist intensiver als jener zwi- es zu einem absoluten Stillstand bei den Infra- mus und des Föderalismus, die Rolle der Länder man über die Gemeinschaftsaufgaben und die schen Nordrhein-Westfalen und den übrigen strukturinvestitionen. Hätte man damit sehr in Deutschland generell, wenn Sie allein ökono- Mischfinanzierung hinausgeht und in eine Bundesländern. Insofern sind wir beispielsweise frühzeitig begonnen, befänden wir uns heute mische Fragen thematisieren. Wir haben in Ost- Diskussion über die Kompetenzverteilung in bei der Energiebesteuerung oder der Besteue- „Der wirtschaftliche Austausch zwischen den Beneluxstaaten und Nordrhein-Westfalen ist intensiver als jener zwischen NordrheinWestfalen und den übrigen Bundesländern.“ 67 Diskussion Moderation: Prof. Dr. h. c. Joachim Fest „Ein weltweites Problem ist eher die Überbesteuerung, nicht die Unterbesteuerung.“ rung von Kapitalerträgen darauf angewiesen, Dass eine unterschiedlich hohe Besteuerung oder päischen Union bei Freiheit des Waren-, Dienst- auf der Basis dieser Grundlage erhoben wer- dass wir zu gemeinsamen Standards gelangen. ein sehr stark unterschiedlicher Lohn keine sta- leistungs- und Kapitalverkehrs zu schaffen. Die den, müssten sich im Wettbewerb herausbilden. Darum bemühen sich ja auch alle. bile Lösungen darstellen, weil dadurch ungeheuer Frage ist nur, welche Standards es sein sollen, Bei einer anderen Regelung hätten es die Finanz- Ich will nicht eine völlige Gleichheit der große Wanderungen ausgelöst werden, ist klar. wie die Maßstäbe aussehen sollen. minister der Mitgliedstaaten in der Hand, den Steuersysteme, aber wir benötigen ein wenig Da gibt es zwischen Ihnen, Herr Clement, und Ich möchte das am Beispiel der Steuerpoli- Wettbewerb völlig auszuschalten und adminis- Schutz davor, dass diese Systeme sektoral ausge- mir keine unterschiedliche Auffassung. Mein Ver- tik verdeutlichen. Selbstverständlich benötigt trativ ein hohes Steuerniveau festzusetzen, statt nutzt werden. Die Schwäche des Euro liegt auch fahren zur Ermittlung des Standards ist allerdings man in einem europäischen Binnenmarkt ein dass über den Wettbewerb ein niedriges Steuer- in der Tatsache begründet, dass wir die europäi- ein anderes als Ihres. Meine Ermittlung läuft so- binnenmarktkonformes Mehrwertsteuersystem. niveau erzwungen wird. Ich glaube, an dieser sche Währung nicht unterfüttert haben, dass wir zusagen über eine Wettbewerbsbeziehung, Ihre Dieses gibt es bis heute nicht, weil das Einstim- Stelle ist eine Differenzierung notwendig. sie nicht mit einem ausreichenden gemeinsamen liefe über eine politische Absprache. migkeitsprinzip gilt und sich die Mitgliedstaaten Ein ganz interessantes Thema sind die Handeln gerade in diesen Fragen versehen haben. Wolfgang Clement: Ich stimme Ihnen zu, al- nicht darauf verständigen können, dass im Flughäfen. Auch ich kenne die diesbezügliche Auch bei den ökologischen Standards be- lerdings mit Ausnahme der Energiebesteuerung. Raum der Europäischen Union die Mehrwert- Debatte in Nordrhein-Westfalen. Hier geht es darf es einer Annäherung. Es ist doch nicht zu- Ich glaube, dass wir in Europa zu einer gemein- steuer des Herkunftslandes gelten soll. Das wäre im Wesentlichen um das Nachtflugverbot. Der träglich, dass die Flughäfen, die auf engstem samen Energiebesteuerung kommen müssen, der richtige Standard: Es müsste die Mehrwert- Flughafen Maastricht, der relativ weit von der Raum beieinander liegen, mit völlig unterschiedli- auch im Interesse der Steuerung. Hinsichtlich steuer des Herkunftslandes gelten, nicht die des nächsten Wohnbebauung entfernt liegt, hat mit chen Bedingungen antreten und für die Anlieger solcher empfindlicher Sektoren stimme ich Bestimmungslandes. Dann träten nämlich die dem Nachtflugverbot keine Probleme. Der Flug- unterschiedliche Belastungen bringen. Der wirt- Ihnen nicht zu. Ich gehe davon aus, dass wir uns Mehrwertsteuersätze in einen Wettbewerb zu- hafen Köln/Bonn gerät zunehmend unter den schaftliche Erfolg eines Flughafens hängt heute in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union einander. Anderenfalls hat niemand ein Interesse Druck der Anwohner. Wenn sich die nordrhein- davon ab, dass man den Anliegern möglichst viel bestimmte Handlungsmöglichkeiten erhalten daran, danach zu differenzieren, ob ein PKW westfälische Landesregierung dazu entschließt, zumutet. Hier könnten wir durch europäische müssen. Diese Diskussion führen wir derzeit. aus Deutschland oder aus Frankreich kommt, auf dem Köln/Bonner Flughafen ein Nachtflug- Standards den Bürgern viele Belastungen ersparen. Wir erleben, dass sich diese Standards weil in beiden Fällen dieselbe Mehrwertsteuer verbot zu erlassen, warum muss dann die Eu- Es ist doch ein Unterschied, herausmendeln, beispielsweise bezüglich der Ka- erhoben wird: bei einem Verkauf in Deutschland ropäische Union den Maßstab setzen, dass dies Herr Clement, ob sich ein Standard, etwas unge- pitalertragsbesteuerung. Deutschland ist hier die deutsche Mehrwertsteuer, bei einem Verkauf auch in Maastricht der Fall sein muss, obwohl fähr Einheitliches, im Wettbewerb zwischen den zum Handeln bereit, wenn auch die anderen in Frankreich die französische Mehrwertsteuer. dort praktisch keine Anwohner betroffen sind? Niederlanden, Belgien und Nordrhein-Westfalen Länder wie Großbritannien, Luxemburg und die Die Besteuerung nach dem Herkunftsland wäre Dies kann doch wohl nicht der gemeinsame eu- etwa hinsichtlich der Energiebesteuerung oder Schweiz dazu bereit sind. In diesem Fall sind wir ein Standard, der binnenmarktkonform wäre. ropäische Standard sein. Ich finde, hier sollte der Löhne bildet oder ob man diesen Standard bereit, die Höhe der Kapitalertragsbesteuerung Bei den direkten Steuern gibt es ein ande- man sehr sorgfältig differenzieren. Man sollte zuvor festlegt. Das Argument, dass der Wettbe- zu senken, und zwar im Interesse einer gemein- res Problem, Herr Clement: Bei den direkten Gleiches gleich behandeln, Ungleiches sollte werbsstandard beispielsweise bei der Besteuerung samen Besteuerung. Es wäre für uns immer noch Steuern bin ich sehr dafür, dass wir einheitliche man aber auch ungleich behandelt lassen. dazu führt, dass die Staaten ausbluten, weil man besser, uns an dem Standard auszurichten, der Standards in Europa hinsichtlich der Bemes- David Marsh hat die politische Union an- sich wechselseitig unterbietet, hat doch keinerlei sich im europäischen Wettbewerb herausbildet. sungsgrundlage haben. Das bedeutet, dass bei- gesprochen. Ich habe zum Thema politische empirische Fundierung. Ich meine, ein weltweites Hier liegt doch nicht unser Problem. spielsweise in den Niederlanden inländische Union drei Bereiche erwähnt. Bei der Wirt- Problem ist eher die Überbesteuerung, nicht die Friedrich Mer z: Ich möchte das Problem der Konzerngesellschaften genauso besteuert wer- schafts- und Währungsunion sind wir auf einem Unterbesteuerung. Insofern gäbe es Spielraum für Standards etwas differenzierter betrachten. den müssten wie ausländische. Dies ist gegen- guten Weg. Von einer gemeinsamen Außen- und einen Standard, ermittelt durch den Wettbewerb Natürlich gibt es die Notwendigkeit, eine ganze wärtig nicht der Fall. Die Bemessungsgrundlage Sicherheitspolitik sind wir noch weit entfernt. der Regionen. Reihe von gemeinsamen Standards in der Euro- müsste dieselbe sein, aber die Steuersätze, die Als Beispiel möchte ich den Balkan ansprechen. Dr. Hans D. Barbier: 68 „Man sollte Gleiches gleich behandeln, Ungleiches sollte man aber auch ungleich behandelt lassen.“ 69 Diskussion Moderation: Prof. Dr. h. c. Joachim Fest „Gibt es in Deutschland nicht eine größere Fantasie, als nun wieder eine Politik zu betreiben, die gekennzeichnet ist durch Themen wie das Recht auf Teilzeitarbeit?“ Die Europäer haben auf dem Balkan politisch Köln/Bonn weiterhin Nachtflüge geben wird. Es zeichnet ist durch Themen wie das Recht auf Teil- spiel von Herrn Clement bezüglich der subven- total versagt und sind erst dann in die militäri- muss sie geben, so belastend das auch ist. Ich zeitarbeit? Die von Herrn Schlauch angestoßene tionierten Gewächshäuser zurückkommen, weil sche Verantwortung mit einbezogen worden, als möchte darauf hinweisen, dass meine Partei bei Diskussion bezüglich der Tarifverträge will ich sich daran sehr gut der Wirrsinn der Strukturpo- die NATO zusammen mit den Amerikanern ent- den Wahlen in den entsprechenden Wahlkreisen jetzt außen vor lassen. Gibt es nicht die Möglich- litik und der Energiepolitik in den Niederlanden sprechende Beschlüsse gefasst hatte. Über diese Wahlniederlagen einstecken musste. keit, eine Sozial- und Gesellschaftspolitik unter und in Deutschland zeigen lässt. Die Holländer Beschlüsse könnte man den einen oder anderen Ich möchte nur, dass wir uns in Europa Rahmenregelungen zu betreiben, die sicherstel- hatten lange Zeit Steinkohlezechen und haben Satz verlieren, aber das will ich hier nicht tun. darüber verständigen, welche Maschinen nachts len, dass berechtigte soziale Standards nicht ver- sie ganz gezielt in den 50er-Jahren geschlossen. Es ist etwas geschehen, aber nicht deshalb, weil fliegen dürfen und welche nicht. Dort findet der loren gehen, aber dennoch die Vertragsauto- Sie haben umstrukturiert und ganz auf die Karte wir eine gemeinsame Politik betrieben haben. eigentliche Wettbewerb statt. Solche Standards nomie der Beteiligten gestärkt wird, damit Gas gesetzt. Wir in Deutschland haben den Un- Selbst heute wissen wir noch nicht, was wir auf kann man festlegen. Wenn man sich darüber ver- Mobilität und Freizügigkeit gefördert werden? ternehmen in der Energiepolitik ständig – das dem Balkan politisch eigentlich wollen. ständigt, kann man einen ganz anderen Einfluss Auf dem Arbeitsmarkt muss es zu mehr setzt sich derzeit fort – neue Sonderlasten aufer- Der dritte Bereich ist die Innen- und ausüben, als wenn die einzelnen Flughäfen gegen- Mobilität kommen. Derzeit profitiert der Ar- legt. Ich nenne die Stichworte Kraft-Wärme- Rechtspolitik, jedenfalls was grenzüberschrei- einander ausgespielt werden können. Wir haben beitsmarkt weitgehend nur vom demographi- Kopplung, Ökosteuer und Stromeinspeisegesetz. tende Tatbestände angeht. Es gibt auf dem Sek- beispielsweise dafür bezahlt, dass eine bestimmte schen Faktor. Es gibt in Deutschland zu wenige Es wurde eine Gassteuer eingeführt, obwohl wir tor der grenzüberschreitenden Kriminalitäts- israelische Linie ihren Standort von Köln/Bonn neue Wege, zu mehr Beschäftigung zu gelangen. über keine nennenswerten Gasquellen verfügen. bekämpfung keine gemeinsame europäische Jus- nach Maastricht verlegt hat. Wir haben das fi- Insofern war ich mit diesem Teil Ihres Vortrags, Für Erdöl wurden Förderzinsen eingeführt. Dau- tizpolitik. Es ist noch nicht einmal das Problem nanziell gefördert, damit diese laute Maschine Herr Clement, notwendigerweise unzufrieden. ernd wird überlegt: Wo müssen wir bestimmte der Nacheile geregelt. Polizeibeamte aus den vom Flughafen Köln/Bonn verschwand. Könnte es nicht endlich einen politischen Dialog Branchen durch eine Differenzierung der Steuer- Niederlanden dürfen einen Straftäter, der bei Hier gibt es zum Teil absurde Verzerrun- in Deutschland geben, bei dem moderne Themen sätze und durch Ausnahmeregelungen schützen? Moers den Rhein überquert, nur zehn Kilometer gen. Hier geht es auch um ökologische Stan- und zukunftsweisende Entwicklungen aufgegrif- Die Holländer haben für die Gasförderung weit in der Bundesrepublik verfolgen, dann ist dards. Sie sind überaus wichtig, weil Lärm im- fen werden, ohne dass man sich gegenseitig ver- differenzierte Steuersätze eingeführt. Ob das nun Schluss. Ab dort sind sie Privatpersonen. mer mehr zu einem gefährlichen gesundheitli- hakt und zurückkehrt in eine doch sehr tradierte Subventionen oder akzeptable Differenzierungen chen Problem wird. Vorstellung von sozialem Schutz und vertragli- beim Steuersatz sind, wird sich zeigen. Auf der cher Gestaltung des Arbeitsverhältnisses? anderen Seite werden die Holländer auf Deutsch- Wir müssen in der Europäischen Union Rüdiger von Voss: und dies mit handlungsfähigen Institutionen hat auch etwas mit Ihrem Typus zu tun, dass Ich glaube, dass wir mit dem, was wir jetzt land zeigen und erklären: Ihr haltet 5 bis 7 Milli- verbinden. Wir haben diese Institutionen – Rat, Sie in dynamischer und pragmatischer Weise wieder zu diskutieren beginnen, die Ziele nicht er- arden DM an Kohlesubventionen für angemes- Kommission und Parlament –, aber wir müssen moderne Themen aufzugreifen bereit und auch reichen können. Weltweit haben die Elefanten das sen, aber bei unseren 120 Millionen DM für die sie so ausgestalten, dass sie handlungsfähig wer- imstande sind. Für mich war auffallend, dass Tanzen gelernt. In den östlichen Ländern gibt es Gärtner schreit ihr laut auf! Die Deutschen wer- den und ihre demokratische Legitimation stär- Sie in Ihrem Vortrag bei der Schilderung der ar- bereits exterritoriale Rechtsbereiche riesigen Um- den in Brüssel niemanden finden, der dieses wir- ken. Wenn sie nicht über eine solche Legitimati- beitsmarktpolitischen Entwicklung in Nord- fangs. Das wird international noch zunehmen. re deutsche Energiesteuerrecht akzeptiert. on verfügen, wird die Zustimmung der Bevölke- rhein-Westfalen sehr schnell über strukturelle Insofern frage ich mich, ob wir nicht doch rung zu Europa weiter abnehmen. Schwierigkeiten unseres Arbeitsmarkts hinweg- eine andere Art von Gesellschafts- und Sozialpo- Blockade erwähnen, die hier noch nicht beson- Nur ein Satz zur Flug- gegangen sind. Möglicherweise konnte das litik betreiben müssen, wenn wir den jungen ders angesprochen wurde, nämlich die fehlende hafenproblematik. Ich möchte nicht, dass über- wegen der knappen Redezeit nicht anders sein. Menschen mehr Chancen bieten und moderne Flexibilität des Arbeits- und Tarifrechts in all die Nachtflüge eingestellt werden. Sie können Gibt es in Deutschland nicht eine größere Fantasie, Arbeitsverhältnisse schaffen wollen. Deutschland. Die Bertelsmann-Stiftung hat kürz- davon ausgehen, dass es auf dem Flughafen als nun wieder eine Politik zu betreiben, die gekenn- Max Dietrich Kley: Wolfgang Clement: 70 Herr Ministerpräsident, es grenzüberschreitend handlungsfähig werden Ich möchte auf das Bei- Christian Wulf f: „Die Deutschen werden in Brüssel niemanden finden, der dieses wirre deutsche Energiesteuerrecht akzeptiert.“ Ich möchte eine nationale lich zusammen mit Herrn Professor van Suntum 71 Diskussion Moderation: Prof. Dr. h. c. Joachim Fest „Nach dem Betriebsverfassungsgesetz sind die Betriebsräte und die Gewerkschaften für alles zuständig, nur nicht für die Beschäftigungssicherung.“ eine Studie veröffentlicht, nach der die Probleme und die Ameisen leben. Ich glaube, dass wir den Zum anderen gibt es hier eine viel schlimmere regierung eigentlich selbst. Sie braucht für diese in Deutschland ganz wesentlich durch die man- Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Betrie- Entwicklung, denn wir registrieren eine abneh- Reform nicht die Zustimmung des Bundesrats gelnde Flexibilität unseres Arbeits- und Tarif- ben mehr an Kompetenz und Entscheidungsfrei- mende Zustimmung zu Europa und dem eu- und auch nicht die Zustimmung der Gewerk- rechts begründet sind. Hier, so heißt es, seien raum überantworten müssen, statt branchenun- ropäischen Gedanken gerade in Deutschland, schaften. Sie kann diese Reform mit ihrer Bun- dringend Änderungen erforderlich, um die Neu- abhängig alles von Ostfriesland bis Berchtes- dem bisherigen Vorreiter im Zusammenhang destagsmehrheit beschließen – aber sie tut es einstellung von Mitarbeiterinnen und Mitarbei- gaden in gleicher Weise regeln zu wollen. mit dem europäischen Gedanken. nicht. Ich bin nicht gegen einen Konsens, aber tern zu erleichtern, statt sie zu erschweren. Reinhar d Fröhlich: Was hinsichtlich der Solche Nichtentscheidungen wie im Falle wir führen hier seit Monaten eine Diskussion, Wir haben gehört, dass die Unterglasgar- Westdeutschen Landesbank geschieht, ist das, BSE kann es nur geben, weil es keine funktionie- die dem Ziel dient – jedenfalls wird dies so ver- tenbaubetriebe in Nordrhein-Westfalen existen- was wir vor sechs Jahren in Berlin – ich komme rende europäische Öffentlichkeit gibt, weil es mittelt –, die beste Lösung zu finden. Aber ir- ziell gefährdet sind. Wenn man sich dort zwi- von der Berliner Bankgesellschaft – erlebt ha- nicht die Sanktionsmöglichkeit der Abwahl bzw. gendwann muss sich die Bundesregierung darü- schen Unternehmensleitung und Mitarbeiter- ben. Mir sei der Hinweis erlaubt, dass die Tren- der Nichtwahl gibt. Die Verantwortlichkeiten ber im Klaren sein, welche für sie die beste Lö- schaft darüber verständigen würde, in vier nung zwischen öffentlich-rechtlicher und pri- können nicht klar zugeschrieben werden. sung ist. Dann muss sie dies auch gegen den Punkten über den Tarifvertrag hinauszugehen vatrechtlicher Tätigkeit bei Banken durchaus Der europäische Gedanke wird unter ande- Widerstand der Opposition und der Gewerk- und in einem Punkt hinter ihm zurückzubleiben, funktioniert. Aus eigener Erfahrung kann ich sa- rem daran scheitern – denken Sie nur daran, dass schaften durchsetzen. Dazu haben wir die Regie- um die Arbeitsplätze zu sichern, wäre das rechts- gen: Man kommt auf diese Weise gut voran und der Euro-Kurs schlecht ist –, dass es keine Zu- rung gewählt. widrig, weil dies dem Günstigkeitsprinzip wider- wir fühlen uns in dieser Position pudelwohl. schreibbarkeit der Verantwortlichkeiten gibt, dass Ich komme zum Stichwort Ladenschluss- spräche, da man nur solche Vereinbarungen tref- Herr Merz und Herr Clement, unterstützen Sie es eine enorme Differenz zwischen Handlungs- gesetz. Hier waren die Länder drauf und dran, fen kann, die in jedem einzelnen Punkt günstiger meinen Appell, dass die Landesbankenproble- fähigkeit und demokratischer Legitimation gibt. eine Liberalisierung zuzulassen. Der Bundes- sind als der Tarifvertrag. Der Beschäftigungs- matik nicht nur Sache der Landesregierungen Ich will es etwas überspitzen – jetzt spricht wirtschaftsminister hat sozusagen beschlossen, sicherung kommt hier überhaupt keine Bedeu- ist, sondern auch eine nationale Frage, gemäß der Wahlforscher aus mir –: Es bleibt wahrschein- dass hierfür kein Bedarf besteht. Ich weiß nicht, tung zu. Nach dem Betriebsverfassungsgesetz dem Thema dieser Veranstaltung, nämlich na- lich für die demokratischen Entscheidungen nur wie er diesen Bedarf gemessen hat. Man könnte sind die Betriebsräte und die Gewerkschaften für tionale Blockaden abzubauen? noch das übrig, was nicht relevant ist: auf der es doch den Unternehmen und den Käufern alles zuständig, nur nicht für die Beschäftigungs- Pr of. Dr. Jürgen W. Falter: kommunalen Ebene, auf der Länderebene und auf überlassen, darüber zu entscheiden, ob Bedarf sicherung. Insofern ist der Verlust des Arbeits- eine wichtige Aussage getroffen: dass der eu- einer immer stärker ausgehöhlten Bundesebene. existiert oder nicht. platzes sozusagen ein höheres Gut als sein Erhalt. ropäische Gedanke sehr stark unter einem P r o f . D r. H a n s - E c k a r t S c h a r r e r : Herr Hier hat man sich ohne Not selbst Nachdem Herr Clement für dieses Audito- wachsenden Legitimationsdefizit leidet. Das Clement, Sie haben zu Beginn Ihrer Ausführun- blockiert, und zwar offensichtlich am Ende im sollten wir sehr ernst nehmen. gen gesagt, Blockade und Reformstau gehörten Zusammenspiel zwischen Bund und Ländern. rium so viel Erfreuliches geäußert hat – Abitur 72 Herr Merz hat nach der zwölften Klasse, Wettbewerb, Mobilität, Dieses Legitimationsdefizit ist zum einen der Vergangenheit an. Das möchte ich in Zwei- Das will ich aber gar nicht der derzeitigen Bun- Straßenausbau, keine Budgetierung im Gesund- normativ-staatsrechtlich zu verstehen. Der fel ziehen. Es ist sicher richtig und sollte nicht desregierung besonders anlasten, denn dieses heitswesen –, habe ich ein wenig die Hoffnung, Wegfall des Einstimmigkeitsprinzips führt zu ei- gering geschätzt werden, dass die große Steuer- Problem verfolgt uns schon seit 20 Jahren. dass Sie, Herr Ministerpräsident, nur aus Zeit- ner Delegitimation von europäischen Entschei- reform verabschiedet ist und einen bedeutenden Hier ist man schon immer nur sehr langsam gründen nicht mehr die Flexibilisierung des Ar- dungen. Beim Einstimmigkeitsprinzip konnte Reformschritt nach vorn bedeutet. Aber das ist vorangekommen. beits- und Tarifrechts genannt haben, dass Sie man immer noch erklären: Es konnten legiti- nur einer der erforderlichen Schritte. Herr Minis- Herr Schlauch hat eine Regelung vorge- dort aber auch einen Schwerpunkt setzen im Hin- mierte Regierungen mitstimmen und Ja oder terpräsident, Sie haben selbst auf weitere Re- schlagen, die bereits praktiziert wird, sich aber blick auf Mobilität, Flexibilität und Vielfalt ab- Nein sagen. Nach dem Wegfall des Einstimmig- formnotwendigkeiten hingewiesen. in der Grauzone des Gesetzes bewegt, nämlich weichender Regelungen. Die Dinosaurier sind tot keitsprinzips können sie überstimmt werden. Bei der Rentenreform blockiert sich die Bundes- den Betriebsräten zu gestatten, im Einverneh- „Der europäische Gedanke wird unter anderem daran scheitern, dass es keine Zuschreibbarkeit der Verantwortlichkeiten gibt.“ 73 Diskussion Moderation: Prof. Dr. h. c. Joachim Fest „Wir haben heute die Möglichkeit, innerhalb des Tarifsystems Tarife zu vereinbaren, die so niedrig sind, wie man es sich in den Unternehmen selbst in den kühnsten Träumen nicht vorstellt.“ men mit den Unternehmensleitungen von den ment, Sie haben vom Wettbewerb an den Schu- das in den Niederlanden. Dort gibt es härtere ten geraten. Das gilt im Übrigen auch für Fragen Tarifverträgen auch nach unten abzuweichen. len und Hochschulen gesprochen. Ich frage Arbeitsschutzrechte als bei uns, also arbeitneh- der Mitbestimmung. Aber so weit sind wir noch Dies hat einen Sturm der Entrüstung hervorge- mich, wie Sie das bewerkstelligen wollen. merfreundlichere als bei uns. Dort hat man die nicht. Wir kennen ja noch nicht einmal den Ge- rufen. Hiermit wurde offensichtlich ein Tabu Wo l f g a n g C l e m e n t : Ich lade Sie ein, zu be- Fantasie darauf konzentriert, gewissermaßen setzentwurf. Wir können uns doch nicht gegen- angesprochen, das man möglichst weiterhin als sichtigen, was wir in Nordrhein-Westfalen bei- Umgehungstatbestände zu erzeugen. Sie werden seitig eine Blockadehaltung vorwerfen, wenn wir Tabu behandeln möchte, das man auf keinen spielsweise hinsichtlich der Schulen und Hochschu- dort praktiziert, beispielsweise hinsichtlich der den Gesetzentwurf noch gar nicht kennen! Fall offen diskutieren möchte. len getan haben, und es mit dem zu vergleichen, Arbeitnehmerüberlassung, der Zeitarbeit und Wir müssen ein bisschen mehr Kreativität was wir uns vorgenommen und beispielsweise in der Leiharbeit. Die Konditionen des Arbeits- entwickeln. Wir müssen mehr Teilzeitarbeitsplät- der Regierungserklärung formuliert haben. schutzrechts entfallen, wenn ein Arbeitnehmer ze schaffen; das ist ganz unzweifelhaft. Wir müs- Der Vorschlag von Herrn Schlauch wurde sofort unter den Teppich gekehrt. Das halte ich unter dem Gesichtspunkt, unter dem wir hier Wie Herr Schlauch kann nur jemand re- an ein anderes Unternehmen auf Zeit ausgelie- sen aus den 630-Mark-Jobs herauskommen, diskutieren, nämlich Globalität und nationale den, der im Tarifvertragsrecht nicht zu Hause ist, hen wird. Solche Formen müssen wir aus meiner natürlich am besten in einem ganz offenen Pro- Blockaden, für katastrophal. Wenn wir über die in diesem Bereich noch nie gearbeitet hat. Wir Sicht auch in der Bundesrepublik Deutschland zess, indem wir die Teilzeitarbeit so attraktiv und Globalisierung reden, müssen wir uns auch da- haben heute die Möglichkeit, innerhalb des Ta- entwickeln. Dazu gibt es erste Anfänge. Wir ha- so gut handhabbar wie möglich machen. Da un- rüber unterhalten, wie wir auf Herausforderun- rifsystems Tarife zu vereinbaren, die so niedrig ben aus den Niederlanden ein Start-Arbeitsun- terscheiden wir uns wahrscheinlich von anderen. gen der Globalisierung und auf die Anpassungs- sind, wie man es sich in den Unternehmen selbst ternehmen abgekupfert, das mit solchen Zeit- Herr Kley, Sie haben die Energiefragen an- fähigkeit der Unternehmen an die Erfordernisse in den kühnsten Träumen nicht vorstellt. Im arbeitsverträgen arbeitet. der Globalisierung reagieren möchten. Bündnis für Arbeit auf Landesebene unterneh- Das ist meines Erachtens in einem Land arbeiterstadt. Als ich 1960 Abitur gemacht habe, Herr Ministerpräsident Clement, Sie ha- men wir den Versuch, niedrigst entlohnte Arbeit der sozialen Marktwirtschaft die richtige Ant- gab es dort 21 Schachtanlagen. Jetzt gibt es keine ben, so denke ich, zu Recht die Bedeutung von etwas besser zu stellen, um von der Sozialhilfe- wort auf die Notwendigkeit der Flexibilisierung. einzige Schachtanlage mehr. Die Zahl der Zechen Bildung, Wissenschaft und Forschung sowie ei- grenze wegzukommen und dadurch Anreize zur Wir müssen die Balance schaffen zwischen der wird in Nordrhein-Westfalen insgesamt auf zehn ner leistungsfähigen Infrastruktur in Deutsch- Arbeitsaufnahme zu schaffen. Es gibt Tarife von Sicherheit für den Einzelnen bzw. die Einzelne sinken. Damals gab es in Nordrhein-Westfalen land angesprochen. Ich glaube, hier hat es zum 2 000 oder 3 000 DM im Monat brutto. Weniger auf der einen Seite und der notwendigen Flexibi- 600 000 Beschäftigte im Bergbau; jetzt sind es Teil jahrzehntelang Versäumnisse gegeben. Im kann man nun wirklich nicht bezahlen. Diese lität, welche die Unternehmen brauchen, auf der 60 000. Bis 2005 werden es weniger als 35 000 Bundeshaushalt spiegelt sich dies nicht wider. Er Diskussion über eine Entlohnung unter Tarif ist anderen Seite. Ich vermute, dass der niederländi- sein. Dieser Prozess wird sich fortsetzen. Alles ge- wird noch soziallastiger, indem noch höhere An- für mein Verständnis geradezu gespenstisch. So sche Weg der richtige ist. Jedenfalls ist das unse- schah allerdings unter der Bedingung, dass es kei- teile als in der Vergangenheit für die Rentenver- kann nur jemand diskutieren, der sich das Tarif- re Einschätzung, und die Erfolge kann man ja in ne betriebsbedingten Kündigungen gibt. sicherung vorgesehen sind. Damit wird gleich- werk noch nie angeschaut hat. Die Unternehmen den Niederlanden studieren. zeitig die eigentliche Reform der Rentenversi- nutzen die Möglichkeiten der niedrigen Tarife of- Das gilt auch für die Teilzeit. Es ist auffäl- Sockel in der Nähe von 20 Millionen Jahreston- cherung verzögert. Ich frage mich, inwieweit ein fensichtlich gar nicht. Es gibt bei uns manche ge- lig, dass 37 Prozent der Beschäftigten in den Nie- nen zu erhalten. Es spricht einiges dafür, dass in solches System auf Dauer lebensfähig ist. spenstische Diskussion; diese gehört dazu. derlanden in Teilzeit beschäftigt sind. In Deutsch- Brüssel akzeptiert wird, dass es bei der Energie- Ich bin dafür, im Steinkohlebergbau einen Diese Probleme lassen sich nicht ohne Zu Ihnen, Herr von Voss: Ich bin der Auf- land beträgt dieser Anteil nur 17 Prozent. Hier politik Selbstgestaltungsmöglichkeiten der Mit- Geld lösen. Da man das Schwergewicht auf die fassung, wir sollten auf unserem Kontinent ver- liegt ein Manko. Über die Ausgestaltung im Ein- gliedstaaten in der Größenordnung von 10 Pro- Konsum- und Sozialausgaben legt, setzt man die suchen, das, was sich unter dem Siegel soziale zelnen wird man natürlich noch diskutieren müs- zent des Umsatzes geben sollte. Das wären in in der Vergangenheit vorhandene Blockade fort. Marktwirtschaft entwickelt hat, unter den heu- sen. Es ist erforderlich, dass die Regeln auch für Deutschland 50 Millionen Jahrestonnen Stein- Ein Ende sehe ich hier eigentlich nicht. tigen Bedingungen so weit wie irgend möglich kleine und mittlere Unternehmen geeignet sind, kohleeinheiten. Im Jahre 2005 werden wir bei zu erhalten. Aus meiner Sicht beispielhaft gelingt damit diese nicht in bürokratische Schwierigkei- 26 Millionen Jahrestonnen Steinkohleeinheiten P r o f . D r. h . c . J o a c h i m F e s t : 74 gesprochen. Ich komme aus Bochum, einer Berg- Herr Cle- „Wir müssen die Balance schaffen zwischen der Sicherheit für den Einzelnen und der notwendigen Flexibilität, welche die Unternehmen brauchen.“ 75 Diskussion Moderation: Prof. Dr. h. c. Joachim Fest „Der Energiemarkt ist in Deutschland stärker liberalisiert als in irgendeinem Staat innerhalb der Europäischen Union oder auch im Rahmen der gesamten Weltwirtschaft.“ liegen. Die anderen Kapazitäten kann man bei- haftung. Wir befinden uns also auf zwei Sekto- Wochenenden ins Ausland. Wenn man sich eine siert worden ist. Wir diskutieren zurzeit zwi- spielsweise zur Gewinnung erneuerbarer Energi- ren in der Diskussion mit der Europäischen Reihe von Reformen vornimmt, muss man natür- schen den Hochschulen und dem Land über die en einsetzen. Sie werden mir zustimmen: Diese Kommission. Ich stimme zu: Es ist eine nationale lich vonseiten der Politik Prioritäten setzen. Wir Immobiliennutzung. Sobald diese Prozesse ab- erneuerbaren Energien werden nicht entwickelt Frage, wenn wir auch die Sparkassen einbezie- haben zurzeit einiges zu tun. Ich halte viel davon, geschlossen sind, werden wir den Hochschulen werden können, wenn es keine entsprechenden hen. Darüber diskutieren wir zurzeit mit der die Reformen Schritt für Schritt vorzunehmen. die entsprechende Autonomie gewähren. Im Förderungsmechanismen gibt. Es gibt in Gelsen- Europäischen Kommission. Ich hoffe sehr, dass Eine vernünftige Ladenschlussreform kann Ruhrgebiet gibt es Hochschulen, die nur 15 kirchen eine Solarzellenfabrik, die übrigens von wir zu einer Verständigung über alle drei Fragen aus meiner heutigen Sicht nur gelingen, wenn Kilometer voneinander entfernt sind. Man wird Shell gebaut wurde, mit Unterstützung der frühe- kommen. Eine kleine ironische Bemerkung: Wir man für die im Handel Beschäftigten die Arbeits- zukünftig nicht jeden Standort als Volluniver- ren Bundesregierung und der nordrhein-westfäli- sind seit sechs Jahren hinter der Berliner Bank zeiten neben den tarifvertraglichen Regelungen sität erhalten können. Der Idealfall wäre eine schen Landesregierung. Für eine gewisse Über- her. Das ist der Westdeutschen Landesbank festlegt. Das Problem im Zusammenhang mit große Ruhruniversität, die auch auf internatio- gangszeit brauchen wir eine solche Förderung. nicht schlecht bekommen. dem Ladenschluss besteht darin, dass der Laden- naler Ebene noch besser konkurrieren könnte, schluss heute gleichzeitig über die Arbeitszeit ent- als das heute der Fall ist. Daraus ergibt sich scheidet und es daneben keine Regelungen gibt. dann der Wettbewerb. So sehen jedenfalls unse- Diese Selbstgestaltung muss erhalten blei- Herr Scharrer, es ist immer die Frage, ob ben; anderenfalls wird der Umstieg nicht gelingen. ein Glas halb voll oder halb leer ist. Sie sind, was Ich gehöre nicht zu denjenigen, welche die Sonne die Reformen angeht, im Umgang mit uns ein Im Übrigen fände ich es für den Handel an die Stelle aller anderen Energieträger setzen bisschen zu bescheiden. Die Bundesregierung hat ganz gut, wenn wir uns nicht nur mit dem La- Herr Professor Falter, ich vermag jetzt aus wollen. Sie wissen wie ich, Herr Kley, dass wir et- – mit unserer Unterstützung – nicht nur die Steu- denschluss beschäftigten, sondern beispielsweise Zeitgründen nicht in gebührender Weise auf wa im Jahre 2020 in Anbetracht der Entwicklung erreform durchgeführt, sondern auch die Haus- auch mit der Tatsache, dass wir in Deutschland Ihren Hinweis einzugehen. Nur so viel: Es ist ab- der Weltbevölkerung ungefähr das Doppelte an haltskonsolidierung in einem Ausmaß vorgenom- den Handel zurzeit völlig kaputtkonkurrieren solut richtig, dass das Kernproblem das fehlende Energie benötigen, um den Energiehunger der men, dass es auch den Namen Reform verdient. lassen, so dass am Ende ein französisches oder Interesse der Öffentlichkeit an Europa ist. Die- Weltbevölkerung stillen zu können. Wir brauchen Bei der Rentenreform wird die Regierung ein amerikanisches Handelsunternehmen in ses Interesse weckt man aber auch nicht nur also die heutigen Energiequellen plus neue Ener- natürlich eine Entscheidung treffen, aber es Deutschland übrig bleibt. In diesem Prozess be- durch Kompetenzkorrekturen und entsprechen- giequellen. Wenn wir solche nicht rechtzeitig ent- spricht auch nichts dagegen, dass sie abtastet, finden wir uns zurzeit. So etwas leistet sich de Kontrollen, sondern hier liegt das Kernpro- wickeln, werden wir nicht dabei sein. was denn mehrheitsfähig ist. Im Übrigen sind außer Deutschland kein anderes Land. Wenn blem im medialen Bereich. Der Energiemarkt ist in Deutschland im Teile dessen, was kommen soll, zustimmungs- wir über Kartelle und Konzentration sprechen, Übrigen stärker liberalisiert als in irgendeinem Staat pflichtig. Es wird sehr spannend, wie das aus- muss man auch diese Problematik einbeziehen. innerhalb der Europäischen Union oder auch im geht. Diese Teile sind aber so attraktiv, dass ich Was den Wettbewerb an den Hochschulen sche Öffentlichkeit herzustellen. Alle diese Ver- Rahmen der gesamten Weltwirtschaft. Ich meine, glaube, dass sie vom Bundesrat akzeptiert wer- angeht, Herr Professor Fest: Wir werden im ersten suche waren bisher nicht erfolgreich. Ich stimme hier haben wir uns wirklich nichts vorzuwerfen. den. Spätestens im April, so denke ich, wird die Anlauf an 200 Schulen in Nordrhein-Westfalen die Ihnen zu: Entwicklungen wie im Zusammen- Rentenreform in den Strukturen, wie sie heute Schulleitung stärken und gleichzeitig ein Budget hang mit BSE wären nicht vorstellbar, wenn es diskutiert werden, durchgeführt sein. sowohl für Sach- als auch für Personalkosten zur eine europäische Öffentlichkeit gäbe. So werden Herr Fröhlich hat gefragt, ob der Umbau der Landesbanken eine nationale Angelegenheit 76 re Vorstellungen aus. Als ehemaliger Journalist kenne ich ziemlich viele Versuche, so etwas wie eine europäi- sei. Wir befinden uns in einem Verfahren mit der Ich komme jetzt noch zum Ladenschluss. Verfügung stellen. Das gilt erst recht für die Hoch- die Nationalstaaten gegeneinander ausgespielt. Europäischen Kommission. Das hat etwas mit un- Auch ich bin für eine Änderung des gegenwärti- schulen. Wir befinden uns in dieser Beziehung zur- Hier geht es also nicht nur um Änderungen beim seren Wohnungsbauförderungsmitteln zu tun, die gen Ladenschlussrechts. Auch hier befindet sich zeit in einer Übergangsphase, weil wir zunächst Kompetenzkatalog. wir in die Westdeutsche Landesbank eingebracht Nordrhein-Westfalen in Konkurrenz zu den Nie- einmal annähernd gleiche Wettbewerbsbedingun- Friedrich Mer z: haben. Das hat die Kommission angegriffen. derlanden und den anderen Nachbarstaaten. Die gen an den Hochschulen herstellen müssen. den Tarifbereichen die Untergrenze längst er- Darüber hinaus geht es um die Gewährsträger- Einkaufsströme fließen bei uns abends und an den Wir hatten einen Qualitätspakt, der viel kriti- reicht ist, spräche nichts dagegen, § 77 Abs. 3 „Entwicklungen wie im Zusammenhang mit BSE wären nicht vorstellbar, wenn es eine europäische Öffentlichkeit gäbe.“ Wenn es richtig ist, dass in 77 Diskussion Moderation: Prof. Dr. h. c. Joachim Fest „Dass der Binnenmarkt ein Erfolg ist, bestreitet mittlerweile von den vernunftbegabten Menschen in dieser Europäischen Union niemand mehr.“ 78 des Betriebsverfassungsgesetzes ersatzlos zu sind, für mehr Flexibilität, für mehr befristete streichen, denn dann wird kein Betriebsrat in Beschäftigung statt unbefristeter Arbeitslosig- diesem Lande davon nach unten abweichende keit, dann müsste das Land Nordrhein-West- Regelungen treffen und ihnen zustimmen. Ich falen am nächsten Freitag im Bundesrat dieses kann insofern der Argumentation von Herrn Gesetz ablehnen. Clement nicht folgen. Der Bedarf an von Tarif- Schließlich noch zur Frage der Einstim- verträgen abweichenden Regelungen ist erkenn- migkeit in Europa: Herr Professor Falter, ist es bar größer. Wäre es anders, gäbe es nicht – ins- wirklich wahr, dass die Europäische Union dort besondere in den neuen Ländern – einen so mas- an Legitimation verliert, wo das Einstimmig- senhaften Verstoß gegen das Tarifvertragsrecht. keitsprinzip aufgegeben und das Mehrheits- Der prominenteste Fall dieser Art ist unverän- prinzip eingeführt wird? Wenn diese These richtig dert seit einem Jahr die Abweichung vom Bauta- ist, hätten wir in der europäischen Öffentlich- rifvertrag durch die Philipp Holzmann AG. Das, keit überhaupt keine Zustimmung zum euro- was da verabredet wurde, ist rechtswidrig, ver- päischen Binnenmarkt bekommen dürfen. Aber stößt gegen bestehendes Tarifvertragsrecht. gerade im Zusammenhang mit dem Binnenmarkt Trotzdem handhabt man es so mit Zustimmung hat sich in den letzten Wochen und Monaten die der Baugewerkschaft, der Belegschaft, der Un- Zustimmung sogar erhöht. Dass der Binnen- ternehmensführung und des Bundeskanzlers. markt ein Erfolg ist, mit Mehrheit so verab- Ich komme jetzt noch zu dem Themenkom- schiedet, bestreitet, glaube ich, mittlerweile von plex Flexibilität und Teilzeitbeschäftigung. Der den vernunftbegabten Menschen in dieser Euro- Deutsche Bundestag hat in der vorletzten Woche päischen Union niemand mehr. gegen unsere Stimmen eine Änderung des so ge- Ich frage: Finden die aktuellen Maßnah- nannten Beschäftigungsförderungsgesetzes verab- men im Zusammenhang mit der BSE-Krise und schiedet. Damit wurde faktisch ein Instrument zur dem Verbraucherschutz öffentliche Zustimmung, Flexibilisierung durch befristete Beschäftigungsver- weil diese Maßnahmen einstimmig beschlossen hältnisse beseitigt. Stattdessen wurde in das Gesetz wurden? Gälte an dieser Stelle das Mehrheits- ein Rechtsanspruch auf Teilzeit aufgenommen, auf prinzip, wäre ein Großteil der Probleme ver- die einseitige Änderung der Hauptleistungspflicht mutlich bereits gelöst, gegen die Stimmen der des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsvertrag. Briten. Das Einstimmigkeitsprinzip hat bei die- Jenseits aller verfassungspolitischen und sem, meinem Empfinden nach ekelhaften Sach- rechtlichen Fragen, die damit einhergehen: verhalt bisher eine Lösung verhindert, und zwar Wenn wir wirklich mehr Flexibilität schaffen zulasten der Verbraucher und zugunsten einer wollen, muss das Instrument der befristeten Be- außerordentlich erfolgreichen Agrarlobby. Ist schäftigung unverändert erhalten bleiben. Herr das Legitimation? Darüber würde ich mit Ihnen, Clement, wenn Sie so sehr – da stimme ich Herr Professor Falter, und anderen bei Gelegen- Ihnen zu – für mehr Arbeitnehmerüberlassung heit gern noch einmal diskutieren. Zusammenfassung und Ausblick Stefan Baron, Chefredakteur, Wirtschaftswoche, Düsseldorf erehrte Damen! Meine Herren! Den Letz- auflösen zu können. Das war sicher nicht ganz ten beißen die Hunde, heißt es. Ich bin ernst gemeint, sonst wäre er ja heute nicht hier der letzte Redner auf einer langen Liste, am gewesen und hätte seine Zeit verschwendet. Das Ende eines langen Tages. Ich habe wohl nur wäre auch eine Bankrotterklärung der Politik eine Chance, Ihre Aufmerksamkeit zu finden, und der Vernunft. V wenn ich zurückbeiße, also zugespitzt und provozierend formuliere. „Wo ist der German dream‘, das deutsche Modell‘, das international mithalten kann?“ ’ ’ Wenn wir Blockaden in der Politik auflösen wollen, müssen wir zunächst einmal un- Die heutige Veranstaltung war mir zu sere Selbstblockaden auflösen. Wenn wir etwa deutsch, und zwar in zweierlei Hinsicht: Sie war Deregulierung fordern, können wir nicht so re- mir zu konsensual und sie war mir auch zu na- guliert diskutieren, wie wir das heute getan tional, obwohl zum Schluss viel über die Euro- haben. Wir müssen das Netz weiter auswerfen, päische Union gesprochen wurde. wir müssen mehr Originaltöne von den gesell- Die heutige Diskussion war mir außerdem schaftlichen Brennpunkten einholen und nicht zu oligopolistisch. Wenn es richtig ist, dass immer das schon zum Ritual gewordene La- Wettbewerb das Beste aus den Menschen he- mento adagio abspielen. rausholt – in dieser Einschätzung waren wir uns Herr Walter hat erklärt, man müsse erst jedenfalls im Zusammenhang mit dem Thema nachdenken, bevor man handelt. Wir müssen Wettbewerb der Regionen innerhalb der Eu- darüber nachdenken, ob das wirklich uneinge- ropäischen Union einig –, dann gilt dies sicher schränkt richtig ist. In der New Economy gilt auch für die Diagnose von Problemen und für nämlich: Auf die Plätze, los, fertig! und nicht das Finden von Lösungen, also die Therapie. mehr: Auf die Plätze, fertig, los! Ich hätte mir gewünscht, dass hier heute In der Industriegesellschaft konnten wir es ein junger Unternehmensgründer aufgetreten uns noch leisten, konsensorientiert zu agieren. wäre, dass wir einen Studenten gehört hätten, Im Internetzeitalter, einem Zeitalter, das wir der zum Beispiel die Humboldt-Universität ver- auch als Humankapitalismus bezeichnen können, lassen hat und jetzt in Stanford studiert und der in dem es mehr als je zuvor auf Kreativität und uns gesagt hätte, warum er dies getan hat und Innovation ankommt, wird diese Konsensorien- vielleicht gar nicht mehr daran denkt, nach tierung leicht zur Fortschrittsbremse. Deutschland zurückzukehren. Ich hätte mir ge- Warum sind wir so konsensorientiert? wünscht, dass wir hier einen Lehrer, etwa aus Eine wichtige Ursache sehe ich darin, dass Kreuzberg, hören, der über seine Probleme Deutschland ethnisch so homogen ist. Herr spricht, die er mit seiner Klasse hat, in der 80 Walter hat den ethnisch bestimmten National- Prozent türkischstämmige Kinder sind. staat als „Artefakt“ bezeichnet. In diesem Herr Walter hat gesagt, wir müssten wo- Punkt gebe ich ihm völlig Recht. Im Zeitalter möglich abwarten, bis wir in eine schwere Krise der Globalität wird ein ethnisch homogener geraten, um die bestehenden Reformblockaden Staat zum Standortnachteil. 81 Zusammenfassung und Ausblick Stefan Baron „Mit welcher deutschen Leitkultur können wir gegen die amerikanische Leitkultur, die dort American way of life‘ ’ oder American dream‘ heißt, ’ erfolgreich bestehen?“ 82 Damit komme ich zu meinem zweiten Kritik- griff beurteilen mag, verstellt den Blick darauf, land besser lösen?“ Darauf antworteten 27 Pro- trächtlicher Produktivitätsfortschritt –, muss punkt: Wir haben viel zu national diskutiert. worum es beim Thema Immigration im Kern zent mit Ja, 64 Prozent mit Nein. Das alles vor man dafür sehr hohe Kapitalinvestitionen vor- Wenn wir über Globalität diskutieren und kei- geht. Die Frage lautet nicht, wie viele Leute wir der BSE-Krise, vor der Osterweiterung und vor nehmen. Und das erfordert entsprechend hohe nen Referenten aus dem Ausland hören, spricht hereinlassen wollen, die Frage lautet vielmehr: der Euro-Einführung. Denn die meisten Bürger Sparleistungen der Bevölkerung. das für sich. Ich hätte mir gewünscht, dass hier Wie viele Leute wollen überhaupt zu uns kom- meinen: Der Euro ist erst da, wenn wir ihn in ein IT-Spezialist, beispielsweise aus Bangalore, men, von denen, die wir gebrauchen können, die der Tasche haben. spricht, der erklärt, warum er lieber nach Kali- wir auch selber haben wollen? Um die Produktivität in der geforderten Weise zu erhöhen, um mit einem Verhältnis von Die deutsche Bevölkerung betrachtet Eu- drei zu eins oder zwei zu eins Aktive zu Rentnern fornien geht als nach Deutschland. Ich hätte mir Es geht nicht darum, ob man von deut- ropa demnach eher als einen Teil des Problems statt heute vier zu eins auszukommen, müssen hier einen Unternehmer als Teilnehmer ge- scher Leitkultur sprechen darf oder sollte oder denn als Teil der Lösung. Hier liegt ein Spreng- wir auch sehr viel stärker den Bereich E-Business wünscht, der im Silicon Valley arbeitet und uns was überhaupt darunter zu verstehen ist, satz, der uns noch große Blessuren zufügen kann. entwickeln. Herr Schlögl hat darauf hingewie- erklärt, was dort anders läuft als bei uns. Ich sondern es stellt sich die Frage: Mit welcher Aus alledem geht hervor, dass der politi- sen, dass ein Drittel des amerikanischen Wachs- hätte mir einen Vertreter der Europäischen deutschen Leitkultur können wir gegen die sche Spielraum für eine stärkere Einwanderung tums und der größte Teil der Produktivitätsfort- Kommission gewünscht, der uns aus europäi- amerikanische Leitkultur, die dort „American sehr eng ist. Die Deutschen wollen ganz offen- schritte auf diesen Bereich zurückzuführen sind. scher Sicht darstellt, wo er die nationalen Blo- way of life“ oder „American dream“ heißt, sichtlich nicht, dass Deutschland ein Einwande- Die erforderliche Bildungsreform muss ckaden in Deutschland sieht. erfolgreich bestehen? Was ist der „German rungsland wird, jedenfalls wenn man den Begriff umso radikaler sein, je weniger wir auf auslän- Heute macht es nun wirklich keinen Sinn dream“? Wie sieht das „Modell Deutschland“ Einwanderungsland so versteht, dass in 20, 30 disches Know-how, auf ausländisches Human- mehr, ein Problem nur national und nicht unter aus, das es uns ermöglicht, international mit oder 50 Jahren die Mehrheit der hier lebenden kapital zurückgreifen können. globaler Beteiligung zu diskutieren. Das Thema den Besten mitzuhalten? Darüber müssen wir Menschen Zugewanderte oder direkt von diesen der Immigration hat hier fast keine Rolle ge- uns Gedanken machen. Abstammende sind. „Die Bildungsreform muss umso radikaler sein, je weniger wir auf ausländisches Know-how, auf ausländisches Humankapital zurückgreifen können.“ Es gilt das Prinzip der kommunizierenden Röhren. Je weniger Einwanderung wir zu- spielt. Dabei handelt es sich nach meiner festen Eine Mehrheit der Deutschen – das zeigt Wenn es aber politisch nicht durchsetz- lassen, desto mehr Produktivitätsfortschritte Überzeugung um ein, wenn nicht gar das Schlüs- die Umfrage des Bundesverbands deutscher Ban- bar ist, größere Einwanderung nach Deutsch- müssen wir erzielen. Wir müssen dann umso selthema, in dem sich wie in einem Brennglas ken – meint, das Boot sei voll. Auf die Frage, land zuzulassen, wird der Reformdruck an nachdrücklicher etwa die Ausbildungszeiten verdichtet, was es bei uns an nationalen Blocka- wie viele Ausländer in Zukunft in Deutschland anderer Stelle umso stärker. Je weniger Ein- verkürzen. Man kann sicherlich schon nach den gibt. Unsere Handlungsfähigkeit und die leben dürfen, antworteten 10 Prozent mit wanderung man will, desto mehr müssen die zwölf Jahren Abitur machen. Der Wehrdienst Chance, Handlungsfähigkeit zu gewinnen, sind „mehr“, 31 Prozent mit „weniger“ und 55 Pro- Leistungen der Rentenversicherung gekürzt kann entfallen, wenn eine Berufsarmee gebildet entscheidend davon abhängig, wie wir mit die- zent mit „etwa wie heute“. Auf die Frage: werden, desto mehr muss der Generationenver- wird. Man kann die Studiendauer auch von sem Thema umgehen. „Müssen wir in Zukunft unser nationales Be- trag gelockert werden, desto mehr Arbeits- sechs auf vier Jahre reduzieren. Erlauben Sie mir deshalb einige Sätze da- wusstsein als Deutsche stärker bewahren?“ ant- marktreserven müssen mobilisiert werden. Wir müssen aber nicht nur eine Bildungs- zu: Ich glaube, es ist kein Berliner Thema, wie Sie worteten 59 Prozent mit Ja, 38 Prozent mit Desto mehr muss man beispielsweise dann reform durchführen, die mehr Effizienz bringt, gesagt haben, Herr Clement, obwohl es in den Nein. Die in der Diskussion hier aufgeworfene dafür sorgen, dass Frauen in Deutschland stär- also etwa kürzere Studienzeiten, oder die zeit- Ländern, insbesondere im Rheinland – woher Frage, ob es vielleicht eine Renaissance des Na- ker am Berufsleben teilnehmen. Flexibilisie- gemäßere Inhalte zum Gegenstand hat, wir auch ich komme –, nicht so heiß diskutiert wird. tionalstaats in Deutschland geben werde, ist gar rung und Deregulierung auf dem Arbeitsmarkt müssen vor allem eine Bildungsreform anstre- Es ist ein großes nationales Zukunftsthema. nicht so aus der Welt. werden dann umso dringender notwendig. ben, die zu anderen Einstellungen führt. Wir Ich möchte nicht auf die neurotische De- Eine weitere Frage aus der erwähnten Un- Herr Späth hat es angesprochen: Wenn müssen uns dabei vor allem von der deutschen batte über den Begriff der Leitkultur näher ein- tersuchung lautet: „Lassen sich durch die eu- man mit 40 Prozent weniger Beschäftigten 40 Kindergesellschaft emanzipieren, die noch im- gehen. Diese Debatte, wie immer man den Be- ropäische Einigung unsere Probleme in Deutsch- Prozent mehr produzieren will – das ist ein be- mer vom „Vater Staat“ spricht. 83 Zusammenfassung und Ausblick Stefan Baron Bei der Umfrage des Bankenverbands wurde die nach wie vor an erster Stelle. Jeder Politiker, der Frage gestellt: „Brauchen wir in Zukunft mehr wieder gewählt werden will – und Politiker wol- Markt oder mehr soziale Absicherung?“ 27 Pro- len wieder gewählt werden –, begeht politischen zent der Befragten in Deutschland sagten „mehr Selbstmord, wenn er den Wandel zu sehr betont Markt“, 48 Prozent „mehr soziale Absiche- und die Sicherheit hintanstellt. rung“. Das zeigt uns, dass die Diskussion, die Bei der jetzigen Bundesregierung hatten wir hier heute um mehr Deregulierung, mehr Re- wir ein Jahr Chaos, ein Jahr Reform, nun wird form geführt haben, an dem, was die Mehrheit es vermutlich zwei Jahre Pause geben, obwohl, der Bevölkerung will, offenbar völlig vorbeigeht. wie wir heute alle gemeinsam festgestellt haben, Es ist somit kein Wunder, dass Bundes- der Reformstau keineswegs aufgelöst ist und kanzler Schröder – wie es sein Vorgänger Kohl Deutschland noch längst nicht fit ist für das 21. auch getan hat – mit der Parole „Sicherheit im Jahrhundert. Wandel“ in die kommenden Wahlkämpfe gehen will, denn für die Deutschen steht Sicherheit 84 Die Berliner Republik ist in puncto Reformfähigkeit nicht besser als die Bonner Republik. Verabschiedung Dr. Manfred Weber M eine Damen, meine Herren! Unsere Ta- Herrn Professor Baring, Herrn Gibowski und gung geht zu Ende. Wir haben eine Fülle Herrn Professor Stürmer, mit ein. Für Ihre Un- von Anregungen erhalten. Sicherlich – das hat terstützung mein herzlicher Dank. wohl auch niemand erwartet – haben wir die Schließlich danke ich auch – ich glaube, Frage, wie wir Handlungsfähigkeit zurückgewin- ich tue das auch in Ihrer aller Namen – meinen nen können, nicht abschließend beantwortet. Mitarbeitern, die dafür gesorgt haben, dass nun Schon von daher müssen wir im nächsten Jahr zum achten Mal die Möglichkeit zur Durch- mit den Schönhauser Gesprächen weitermachen. führung eines solchen Forums gegeben war. Mir bleibt für heute nur der Dank an alle Vortragenden des Tages für ihre gelungenen Meine Damen und Herren, Beiträge, der Dank an Sie, meine Damen und ich hoffe, dass die Fülle der Informationen und Herren, für Ihr Kommen, Ihr Interesse und Ihre Meinungen, die wir hier heute gehört haben, engagierte Beteiligung an den Diskussionen. Kreise ziehen wird. Vielleicht wird das eine oder Bedanken möchte ich mich auch bei Ihnen, Herr Professor Fest, für die gewohnt sou- andere Ihrer täglichen Arbeit Impulse geben. Das würde ich mir wünschen. veräne Diskussionsleitung, aber natürlich eben- In jedem Falle würde ich mich freuen, Sie so für Ihre Arbeit in unserem Beirat zur Vorbe- auch im nächsten Jahr wieder bei den Schön- reitung der Schönhauser Gespräche. Dieser hauser Gesprächen begrüßen zu können. Dank schließt selbstverständlich die anderen Mitglieder unseres Beirats, Herrn Dr. Barbier, Ich wünsche Ihnen eine gute Heimreise. Auf Wiedersehen! 87 Teilnehmer Wolfgang Artopoeus, Präsident a. D., Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen, Berlin Wolfgang R. Assmann, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied, Herbert Quandt Stiftung, Bad Homburg vor der Höhe Uto Baader, Vorsitzender des Vorstandes, Baader Wertpapierhandelsbank AG, Puchheim Dr. Hans D. Barbier, Leiter, Wirtschaftsredaktion, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Frankfurt am Main Prof. Dr. Arnulf Baring, Historiker und Publizist, Berlin Stefan Baron, Chefredakteur, Wirtschaftswoche, Düsseldorf Dr. Hans J. Barth, Geschäftsführender Direktor, Prognos AG, Basel Dr. Peter Barth, Präsident, ASU – Arbeitsgemeinschaft Selbständiger Unternehmer e. V., Berlin Hans-Jürgen Bartsch, Direktor und Mitglied der Geschäftsleitung, Region Nordost, Dresdner Bank AG, Berlin Markus Becker-Melching, Bundesverband deutscher Banken, Berlin Dr. Hans Bellstedt, Geschäftsführender Gesellschafter, Plato GmbH, Berlin Dr. Winfried Benz, Generalsekretär, Wissenschaftsrat, Köln Willi Berchthold, Vizepräsident, BITKOM – Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und Neue Medien, München Prof. Dr. Charles B. Blankart, Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Institut für Öffentliche Finanzen, Wettbewerb und Institutionen, Humboldt-Universität, Berlin Nikolaus Bömcke, Generalsekretär, Banking Federation of the European Union, Brüssel Anton Börner, Geschäftsführer, Börner & Co., Ingolstadt 88 Ulrich Brümmer, Ressortleiter, Mitteldeutscher Rundfunk, Dresden Prof. Dr. Wilhelm Bürklin, Geschäftsführer, Bundesverband deutscher Banken, Berlin Wolfgang Büsselberg, Vorsitzender des Vorstandes a. D., Bankenverband Niedersachsen e. V., Braunschweig Dr. h.c. Karl Dietrich Bundschuh, Ombudsmann, Bundesverband deutscher Banken, Berlin Dorothea Hülsmeier, Deutsche Presse-Agentur, Berlin Michael Graf von Buquoy, Direktor, Verbindungsbüro Bonn und Berlin, Commerzbank AG, Berlin Dr. Hans-Werner Busch, Hauptgeschäftsführer, Gesamtverband der metallindustriellen Arbeitgeberverbände e. V., Köln Frantisek Cerny, Botschafter, Botschaft der Tschechischen Republik, Berlin Wolfgang Clement, Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf Dr. Gert Dahlmanns, Vorstand, Frankfurter Institut, Stiftung, Marktwirtschaft und Politik, Bad Homburg vor der Höhe Dr. Hansjörg Dellmann, Oberbundesanwalt, Bundesverwaltungsgericht, Berlin Peter Dietlmaier, Executive Director Corporate Communications, Goldman, Sachs & Co. OHG, Frankfurt am Main Hansjörg Döll, Geschäftsführer, Bundesverband deutscher Banken, Berlin Claus Döring, Chefredaktion, Börsen-Zeitung, Frankfurt am Main Dr. Stefan Empter, Bereichsleiter, Wirtschaft, Bertelsmann Stiftung, Gütersloh Dr. Hans-Georg Engel, Vorsitzender, Verband der Auslandsbanken in Deutschland e. V., Frankfurt am Main Jürgen Engert, Gründungsdirektor, ARD-Hauptstadtstudio, Berlin Prof. Dr. Jürgen W. Falter, Institut für Politikwissenschaft, Universität Mainz Dr. Michael Fernholz, Mitglied der Geschäftsleitung, Deutsche Bank AG, Berlin Dr. Hartmut Fest, Ministerialdirigent, Leiter Arbeitsstab strukturelle Aspekte der Globalisierung, Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, Berlin Prof. Dr. h. c. Joachim Fest, Publizist, Kronberg im Taunus Walter Flecken, Mitglied der Geschäftsleitung Region Nord, Deutsche Bank AG, Hannover Stefan Flückiger, Botschaftsrat, Schweizerische Botschaft, Berlin Jan Foltín, Botschafter, Botschaft der Slowakischen Republik, Berlin Prof. Gisela Frick, Mitglied des Deutschen Bundestages, Berlin Reinhard Fröhlich Direktor, Bankgesellschaft Berlin AG, Berlin Dr. Jörg Frhr. Frank von Fürstenwerth, Geschäftsführendes Mitglied des Präsidiums und Vorsitzender der Hauptgeschäftsführung, Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V., Berlin Wolfgang G. Gibowski, Pressesprecher, Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft, Berlin Dr. Rainer Glagow, Leiter, Verbindungsstelle Berlin, Hanns-Seidel-Stiftung e. V., Berlin Karl-Heinz Groß, Vorsitzender des Vorstandes, Bankenverband Saarland e.V., Saarbrücken Dr. Jan Grotheer, Präsident, Finanzgericht Hamburg, Hamburg Prof. Dr. Antonia Grunenberg, Lehrstuhl für Siegfried Guterman, Leiter KS Unternehmenskommunikation, Dresdner Bank AG, Frankfurt am Main Dr. Edith Hagenguth-Werner, Geschäftsführerin, Haniel-Stiftung, Duisburg Thomas Hanke, Financial Times Deutschland, Berlin Wolfgang Hartmann, Mitglied des Vorstandes, Commerzbank AG, Frankfurt am Main Dr. Volker Hauff, Bundesminister a. D., Mitglied des Vorstandes, KPMG, Berlin Hansgeorg Hauser, Mitglied des Deutschen Bundestages, Berlin Detlev Heering, Geschäftsführer, DaimlerChrysler Management Berlin GmbH, Berlin Prof. Thomas Heilmann, Geschäftsführer, Scholz & Friends, Berlin Jan A. M. Hendrikx, Geschäftsführer, EURO Kartensysteme EUROCARD und eurocheque GmbH, Frankfurt am Main Heiner Herkenhoff, Geschäftsführer, Bundesverband deutscher Banken, Berlin Volker Jacobs, Leiter, Parlamentsredaktion, n-tv, Berlin Dietrich Jahn, Ministerialrat, Bundesministerium der Finanzen, Berlin Christian Jung, Bundesverband deutscher Banken, Berlin Matthias Jung, Mitglied des Vorstandes, Forschungsgruppe Wahlen/ ipos, Mannheim Michael Jungblut, Leiter, Hauptredaktion WISO, Zweites Deutsches Fernsehen, Mainz Dr. Richard Kiessler, Chefredakteur, Neue Ruhr Zeitung, Essen Max Dietrich Kley, Stv. Vorsitzender des Vorstandes, BASF AG, Ludwigshafen am Rhein Dr. Burkhard Koch, Vorstand, CEO, IQ International Incubator AG, Berlin Politikwissenschaft, Carl-von-OssietzkyUniversität Oldenburg 89 Teilnehmer Volkmar Kübler, Direktor, Dresdner Bank AG, Frankfurt am Main Dr. Hartmut Kühne, Redakteur Innenpolitik, Rheinischer Merkur, Berlin Jean-Pierre Laboureix, Finanzrat, Botschaft der Französischen Republik, Berlin wissenschaft, Ruhr-Universität Bochum Dr. Melanie Piepenschneider, Leiterin, Politische Akademie, Konrad-Adenauer-Stiftung e. V., Berlin Dr. h. c. Lothar Späth, Ministerpräsident a. D., Prof. Dr. Dr. h. c. Werner Weidenfeld, Direktor, Vorsitzender des Vorstandes, JENOPTIK Centrum für angewandte Politikforschung, AG, Jena Geschwister-Scholl-Institut für Politische Prof. Dr. Peter Steinbach, Institut für Grundlagen der Politik, Freie Universität Berlin Dr. Heiko Plate, Direktor, Commerzbank AG, Kiel Stephan Steuer, Stv. Hauptgeschäftsführer, Bun- Dr. Otto Graf Lambsdorff, Bundesminister a. D., Frank E. Portz, Staatssekretär, Hessisches Mi- desverband deutscher Banken, Berlin Ehrenvorsitzender, Freie Demokratische nisterium für Wissenschaft und Kunst, Partei, Berlin Prof. Dr. Hans Joachim Langmann, Vorsitzender der Geschäftsleitung, Merck KgaA, Darmstadt Dr. Nader Maleki, Präsident, International Ban- Wiesbaden Prof. Dr. Gerhard Prosi, Direktor, Institut für Wirtschaftspolitik, Universität zu Kiel Dieter Rehwinkel, BBI – Berlin-Brandenburgi- Folker Streib, Mitglied der Geschäftsleitung, Filiale Berlin, Commerzbank AG, Berlin Prof. Dr. Michael Stürmer, Chefkorrespondent, Die Welt, Berlin Eckhart Thomas, Verleger, P. Keppler Verlag kers Forum e. V., Frankfurt am Main sches Institut für deutsch-französische Zu- David Marsh, Vice Chairman, Hawkpoint Part- sammenarbeit in Europa e. V., Genshagen Peter Tiedt, Projektmanager, BLEG – Berliner Horst Rödinger, Geschäftsführer, Körber-Stif- Landesentwicklungs-Verwaltungsgesell- ners Limited, London Dr. Hans-Joachim Massenberg, Geschäftsführer, Bundesverband deutscher Banken, Berlin Heinz Klaus Mertes, Geschäftsführer und Chefredakteur, M Com TV Programmproduktion, München Friedrich Merz, Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Mitglied des Deutschen Bundestages, Berlin Edgar Most, Mitglied der Geschäftsleitung, Deutsche Bank AG, Berlin Hildegard Müller, Bundesvorsitzende, Junge Union Deutschlands, und Mitglied des CDU-Präsidiums, Berlin Dr. Karl Dietrich Nehring, Ministerialrat, Leiter, Referat „Geld und Kredit“, Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, Berlin Prof. Dr. Ernst Nolte, Prof. em., FriedrichMeinecke-Institut, Berlin Günter Nooke, Stv. Vorsitzender der CDU/CSUBundestagsfraktion, Mitglied des Deutschen Bundestages, Berlin Dr. Christian Olearius, Sprecher der pers. haft. Gesellschafter, M. M. Warburg & CO KGaA, Hamburg 90 Prof. Dr. Stephan Paul, Fakultät für Wirtschafts- tung, Hamburg Dr. Hergard Rohwedder, Rechtsanwältin, Düsseldorf Jan Roß, Redakteur, Hauptstadtredaktion, Die Zeit, Berlin Rainer Ruff, Regionsleiter, Deutsche Bank 24 AG, Berlin Prof. Michael Rutz, Chefredakteur, Rheinischer Merkur, Bonn Dieter Salditt, Deutsche Bank Dialog, Frankfurt am Main Prof. Dr. Hans-Eckart Scharrer, Vizepräsident, HWWA – Institut für Wirtschaftsforschung Hamburg Dr. Konrad Schily, Präsident a. D., Private Universität Witten Herdecke GmbH, Witten Dr. Klaus G. Schlede, Vorsitzender des Aufsichtsrates, Deutsche Lufthansa AG, Köln Dr. Herwig Schlögl, Stv. Generalsekretär, OECD, Paris Prof. Dr. Jacob de Smit, Rektor, European Business School, Oestrich-Winkel GmbH & Co. KG, Heusenstamm schaft mbH, Berlin Wissenschaften, Universität München Ottheinrich Frhr. von Weitershausen, Geschäftsführer, Walter-Raymond-Stiftung, Berlin Jochen Wendelstorf, Präsident, Bundesamt für Finanzen, Bonn Dr. Axel Wiesener, Mitglied der Geschäftsleitung, Deutsche Bank AG, Berlin Bernd A.Wilken, Bankenverband Hamburg e. V., Hamburg Christian Wulff, Vorsitzender der CDU-Fraktion, Niedersächsischer Landtag, Hannover Prof. Dr. Michael Zöller, Lehrstuhl für Politische Soziologie, Universität Bayreuth Dr. Alexander von Tippelskirch, Sprecher des Vorstandes, IKB Deutsche Industriebank AG, Düsseldorf, und Mitglied des Vorstandes, Bundesverband deutscher Banken, Berlin Prof. Dr. Hans Vorländer, Dekan, Philosophische Fakultät, und Senator, Technische Universität Dresden Rüdiger von Voss, Bundesgeschäftsführer, Wirtschaftsrat der CDU e. V., Berlin Prof. Dr. Norbert Walter, Chefvolkswirt, Deutsche Bank Research, Frankfurt am Main Klaus Wagner-Wieduwilt, Geschäftsführer, Ostdeutscher Bankenverband e. V., Berlin Dr. Manfred Weber, Hauptgeschäftsführer und Mitglied des Vorstandes, Bundesverband deutscher Banken, Berlin Dr. Peter Weber, Präsident, Union der leitenden Angestellten, Berlin Olaf Wegner, Partner, Institut für Personal- und Unternehmensberatung, Köln Prof. Dr. Helge Sodan, Präsident, Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin 91 Die bisherigen Veranstaltungen – Schönhauser Gespräche Wissenschaftlicher Beirat: Dr. Hans D. Barbier, Prof. Dr. Arnulf Baring, Prof. Dr. h. c. Joachim Fest, Wolfgang G. Gibowski, Prof. Dr. Michael Stürmer 1993 Was hält die Deutschen noch zusammen? Die Wiederentdeckung des Gemeinwohls Entfremdung zwischen Ost und West Über die psychologischen Schwierigkeiten der Einheit Monika Maron, Schriftstellerin Macht die Einheit Deutschland stark? Deutschlands Wirtschaft aus internationaler Sicht? Kur t F. Viermetz, Vice Chairman der J. P. Morgan Bank, New York Auf dem Weg zur Einheit Gemeinwohl versus Gruppeninteressen Dr. Bernhard Vogel, Ministerpräsident von Thüringen Haben wir das Gemeinwohl wieder entdeckt – oder nur die Notwendigkeit der Wiederentdeckung? Dr. Hanns Christian Schroeder-Hohenwar th, Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrates der Berliner Handels- und Frankfur ter Bank AG Deutschland in der neuen Weltordnung Bedingungen der Handlungsunfähigkeit Prof. Dr. Michael Stürmer, Leiter des Forschungsinstituts für internationale Politik und Sicherheit, Ebenhausen 1996 Europa – warum? Der alte Kontinent auf der Suche nach Gemeinsamkeit Wer ist eigentlich Europäer? Das Problem: Vielfalt in der Einheit Henryk M. Broder, Publizist Vision Europa Neue Perspektiven für alte Nationalstaaten Senator Jean François-Poncet Handlungsfähigkeit für Europa Weltmacht statt nationaler Ohnmacht Prof. Dr. Henry A. Kissinger, Außenminister a. D. Vision & Wirklichkeit Zusammenfassung und Ausblick Dr. Richard von Weizsäcker, Bundespräsident a. D. Stärkt Europa die Wirtschaft? Erwartungen, Besorgnisse und neue Orientierungen Dipl.-Ing. Jürgen E. Schrempp, Vorstandsvorsitzender der Daimler-Benz AG 1997 Modell Deutschland: Verlust der Balance Wie reformfähig ist die Bundesrepubik? 1994 Sozialstaat und Bürgerfreiheit: Müssen Staat und Bürger ihr Verhältnis neu bestimmen? Sonderbarer Sozialstaat Notizen aus dem gesellschaftlichen Leben Dr. Renate Merklein, Publizistin Die konfiszierte Freiheit Die Krise des Steuerstaates und die Grenzen der Machbarkeit Dr. Otto Graf Lambsdorff, MdB Die verkannte Wirklichkeit Oppor tunismus und Selbstbetrug in unserer Gesellschaft Prof. Dr. Arnulf Baring, FU Berlin Die Wiederentdeckung der Bürgertugenden Ein neues Rollenverständnis zwischen Bürger und Staat Prof. Dr. Richard Schröder, Humboldt-Universität, Berlin Wie geht es weiter? Zusammenfassung und Ausblick Dr. Klaus von Dohnanyi, Bundesminister a. D. Die Lehre aus der Vergangenheit Deutschland im Konzer t der Welt Dr. h. c. Helmut Schmidt, Bundeskanzler a. D. Wirtschaft und Ideologie im Widerstreit Dr. Eberhard von Kuenheim, Vorsitzender des Aufsichtsrates der BMW AG 92 Modell Deutschland Verlust der Balance oder Modellverschleiß Prof. Dr. Wilhelm Hennis, Universität Freiburg Ein neues Bürgerbild Maßstäbe und Imperative für die Gesellschaft Prof. Dr. Berthold Leibinger, Geschäftsführender Gesellschafter der Trumpf GmbH & Co., Ditzingen Ein neues Leitbild Maßstäbe und Imperative für die Wirtschaft Hilmar Kopper, Vorsitzender des Aufsichtsrates der Deutschen Bank AG, Frankfurt am Main Zusammenfassung und Ausblick Prof. Dr. Fritz W. Scharpf, Direktor des Max-PlanckInstituts für Gesellschaftsforschung, Köln 1998 Dem Land Richtung geben: Führung – Eigenverantwortung – Wettbewerb 1995 Deutschland im Umbruch: Die politische Klasse und die Wirklichkeit Die deutsche Politik und die Wirklichkeit Realitätsver fehlung als deutsches Erbteil Dr. Klaus von Dohnanyi, Bundesminister a. D. Deutsche Seelenlage Zwischen Traum und Katzenjammer Dr. Cora Stephan, Publizistin Deutschland – Ein Verein zur Risikovermeidung? Peter Schneider, Publizist, Berlin Der deutsche Geist und die politische Realität Herkunft und Wirkung eines Intellektuellen-Stereotyps Prof. Dr. Hermann Lübbe, Zürich Führung und Wandel: Die Herausforderung annehmen Peter D. Sutherland, Chairman, Goldman Sachs International, London Wie geht es weiter? Zusammenfassung und Ausblick Prof. Dr. Fritz Stern, New York Politik braucht Respekt vor Eigenverantwortung Prof. Dr. Michael Blumenthal, Direktor, Jüdisches Museum, Berlin Wettbewerb als Lebensform Dr. h.c. Tyll Necker, Vizepräsident, Bundesverband der Deutschen Industrie, Köln Was zu tun ist: Das Beispiel Arbeitsmarkt – I Patrick M. Liedtke, Club of Rome, Wirtschaftsbüro Liedtke, Griesheim Was zu tun ist: Das Beispiel Arbeitsmarkt – II Prof. Dr. Manfred J. M. Neumann, Direktor, Institut für Internationale Wirtschaftspolitik, Bonn Am Vorabend: The architecture of the Reichstag and German unity Sir Norman Foster, Foster and Partners, London 93 Die bisherigen Veranstaltungen – Schönhauser Gespräche 1999 Bilanz und Ausblick am Ende des Jahrhunderts: Deutschland auf dem Weg in die „Berliner Republik“ Erfahrungen mit Deutschland Cees Nooteboom, Schriftsteller, Amsterdam Dr. Hans D. Barbier, Leiter der Wirtschaftsredaktion, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Frankfurt am Main Bilanz am Ende unseres Jahrhunderts Prof. Dr. Arnulf Baring, Historiker und Publizist, Berlin Zusammenfassung und Ausblick Dr. Mathias Döpfner, Chefredakteur, Die Welt, Berlin Deutschland, was nun? Dr. Gustav Seibt, Berliner Zeitung, Berlin Auf dem Weg in die „Berliner Republik“? Dr. Michael Naumann, Staatsminister für Angelegenheiten der Kultur und der Medien, Berlin Dr. Josef Joffe, Leiter des Ressorts Außenpolitik, Süddeutsche Zeitung, München 94 Am Vorabend: Deutschlands Rolle in der Welt – wie neu, wie wichtig? Dr. Christoph Bertram, Direktor, Forschungsinstitut der Stiftung Wissenschaft und Politik, Ebenhausen Bundesverband deutscher Banken Impressum Herausgeber: Bundesverband deutscher Banken, Berlin Redaktion: Christian Jung, (030) 16 63 - 15 30 Gestaltung: Konzeption + Design Trawny/Quass von Deyen, Köln Illustrationen: Ute Helmbold Lithographie: Auhage/Schwarz, Köln Druck: J.P. Bachem, Köln Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit Genehmigung des Herausgebers