Sonderausgabe Newsletter zur AIC 2015

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Sonderausgabe Newsletter zur AIC 2015
NEWSLETTER
BAI AIC 2015
Sonderausgabe 2015
Leitartikel
Sehr geehrte Damen und Herren,
erstmalig im neuen, modernen Veranstaltungsgebäude der Messe Frankfurt, dem sog. „Kap Europa“,
konnten sich im Mai 2015 auf der zweitägigen BAI Alternative Investor Conference (AIC) wieder insgesamt
über 350 Teilnehmer in Fachvorträgen und Paneldiskussionen über aktuelle Trends im Bereich der Alternative Investments informieren und austauschen.
Namhafte Keynote Speaker aus Aufsicht, Wirtschaft und Wissenschaft referierten u.a. über Investitionsmöglichkeiten in erneuerbare Energien, Infrastruktur und die europäische Kapitalmarktunion. Zudem standen
die makroökonomische Perspektive sowie die weitere Entwicklung in Deutschland und Europa auf der
Agenda. Weiterhin hatten institutionelle Endinvestoren in einem geschlossenen Workshop die Gelegenheit,
untereinander u.a. zu den Themen „Einsatz von liquid Alternatives als taktische Portfoliokomponente“ sowie
„Tactical Due Diligence & Business Process Analysis“ zu diskutieren.
Neben den zahlreichen Fachvorträgen fanden insgesamt drei Paneldiskussionen zu Regulierung, Infrastruktur und der institutionellen Perspektive statt. Zu allen Panels berichten wir in diesem Sondernewsletter
ausführlich. Sowohl Experten aus der AI-Industrie als auch namhafte Vertreter institutioneller Investoren
haben an den Diskussionen teilgenommen und ihre Ansichten zu den Themen dargelegt.
Die BAI AIC zeichnete sich auch in diesem Jahr dadurch aus, dass aktuelle und praxisrelevante Themen
präsentiert wurden und der Dialog zwischen Anbieterseite und Investoren im Vordergrund stand, vom dem
beide Seiten profitieren konnten.
Wir wünschen Ihnen eine aufschlussreiche Lektüre!
BAI-Vorstand und BAI-Geschäftsstelle
Mitschnitte der
Paneldiskussionen
Inhalt
Infrastrukturpanel.................................................................................................................................................................. 2 - 12
Investorenpanel................................................................................................................................................................... 13 - 26
Regulierungspanel.............................................................................................................................................................. 27 - 37
Impressum...................................................................................................................................................................................... 38
INFR A S T RUK T UR PANEL
BAI Alternative Investor Conference
Moderation: Frank Dornseifer, Managing Director, BAI e.V.
Teilnehmer:
Dr. Jeromin Zettelmeyer,
Head of Directorate-General I Economic Policy, Federal Ministry
for Economic Affairs and Energy
JOVANOVSKI: Gerne. Mirco Jovanovski ist mein Name.
Ich bin im Rahmen der DB Private Equity verantwortlich
für Infrastruktur- und Energieinvestitionen. Die DB Private
Equity ist eine Tochtergesellschaft der Deutschen Bank,
verwaltet aktuell circa 12 Milliarden US-Dollar.
RIEDER: Mein Name ist Michael Rieder. Ich bin Gründer
und Geschäftsführer von Palladio Partners. Wir beraten
deutsche institutionelle Investoren ausschließlich zu dem
Thema Infrastruktur.
Mirko Jovanovski,
Director, DB Private Equity & Private Markets
Michael Rieder,
Managing Partner, Palladio Partners
Dr. Gerd Weidenfeld,
Head Corporate Finance, Gothaer Asset Management AG
DORNSEIFER: Herr Dr. Zettelmeyer, soweit schon einmal
herzlichen Dank für Ihren Vortrag und Ihre Ausführungen,
wie sich die Bundesregierung vorstellt zukünftig private
Investoren bei Investments in öffentliche Infrastruktur
einzubinden. Und damit darf ich dann auch in das
Infrastrukturpanel der diesjährigen AIC überleiten. Neben
Herrn Dr. Zettelmeyer darf ich zum einen Herrn Dr.
Weidenfeld begrüßen, den Sie schon aus dem Investorenvortrag kennen. Und zum anderen Herrn Jovanovski von
DB Private Equity und Herrn Rieder von Palladio Partners.
Aber bitte stellen Sie sich doch selbst kurz vor.
Infrastrukturpanel
DORNSEIFER: Vielen Dank. Bevor wir im Verlauf der
Diskussion uns auch mit den Vorschlägen der Expertenkommission um Prof. Fratzscher befassen und Infrastrukturinvestments in Deutschland und ÖPP, würde ich
zunächst erst einmal gern die globale Perspektive zur
Entwicklung der Anlageklasse Infrastruktur beleuchten.
Nachdem das Ministerium bzw. auch ein Investor bereits
zu Wort gekommen sind, möchte ich jetzt Herrn Rieder
und Herrn Jovanovski bitten, doch vielleicht einfach mal
aus Ihrer Sicht darzustellen, wie hat sich die Anlageklasse
Infrastruktur in den letzten Jahren entwickelt hat? Und
welche Erwartungen haben Sie diesbezüglich kurz- bzw.
mittelfristig?
RIEDER: Ja, ich denke, dass per se die Assetklasse in
Deutschland etabliert ist. Wir haben heute bereits eine
ganze Reihe von Umfrageergebnissen gehört. Vielleicht
kann ich noch ein bis zwei weitere interessante Erkenntnisse anfügen. In 2014 wurden bereits knapp 9 Milliarden
2
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Euro von deutschen institutionellen Anlegern in der
Assetklasse Infrastruktur investiert. Dies ging aus einer
repräsentativen Studie von Palladio Partners hervor.
Wenn man sieht, dass in den kommenden 2-3 Jahren
weitere zweistellige Milliardenbeträge in die Assetklasse
investiert werden sollen, kann man getrost sagen, dass
das kein Randthema mehr ist. Weiter stellte sich die Frage,
ob es hier nur um das Thema öffentliche Infrastruktur/
PPP geht oder auch um Themen wie Energieinfrastruktur et cetera. Hier hat die Studie gezeigt, dass die
Investoren in alle Subsegmente investiert haben, daher
sowohl Energie/erneuerbare Energien, als auch regulierte
Infrastruktur, also Netze, sowie der Teil, der eben gerade
zum Referat stand, eben im Wesentlichen PPP-Modelle.
In Deutschland überwiegt statistisch noch ganz klar der
Bereich erneuerbare Energien, gefolgt von den Netzen,
während das Thema PPP auch aufgrund mangelndem
Angebot in Deutschland noch sehr stark unterrepräsentiert ist. Planung von Investitionen in die Zukunft um
diese, quantitative Marktbetrachtung abzuschließen zeigt,
dass deutsche institutionelle Investoren in allen Subsegmenten weiter ausbauen wollen, sowohl Erneuerbare als
auch in regulierte Infrastruktur, z.B. Netze und vor allem
in PPP-Themen.
Nach der quantitativen Marktbetrachtung, vielleicht noch
eine qualitative Einschätzung aus der täglichen Praxis:
Wir beobachten eigentlich zwei ganz unterschiedliche
Investorentypen. Der eine Typ, Typ 1, charakterisiert
sich dadurch, dass er sich auf ein Subsegment fokussiert,
zum Beispiel nur in erneuerbare Energien und nur in
Deutschland. Die Logik dahinter sagt, „Ich“ spezialisiere
mich auf ein Thema, fokussiere mich darauf, mache eine
tiefe Due Diligence, verstehe das Thema, verstehe die
Risiken und kann danach überzeugt investieren, vielleicht
sogar, ähnlich wie es eine Gothaer gemacht hat, mit Partner
direkt in Einzelprojekte und nicht über Fonds. Der andere
Typ, wenn man so will, Typ 2 sagt, „ich“ möchte eine breite
Diversifikation, ich will verschiedene Sub-Segmente und
Länder, Risiken verteilen und bilde das über ein breites
Portfolio verschiedener Fonds ab. Folgende Beobachtung
ist jetzt aber interessant: Man kennt es z.B. aus der Private
Equity Welt, wo institutionelle deutsche Investoren
sozusagen vom Dachfonds- in die Singlefondsebene
historisch sich hin zu Co-Investments entwickelt haben,
also per se „näher“ an das Einzelasset. In der Anlageklasse
Infrastruktur hingegen ist das nicht so stringent und es
Infrastrukturpanel
gibt beide Richtungen. Also der Typ 1 geht in Phase 2
seiner Investitionsperiode über in Typ 2 bzw. der Typ 2
setzt im Anschluss auf die Strategie von Typ 1. Also hier
sieht man ganz verschiedene Strömungen. Was, glaube
ich, aber in der Summe festzuhalten ist: Infrastruktur ist
aus dem Schatten von Private Equity hervorgetreten. Das
sieht man u.a. daran, dass innerhalb der Versicherungsund Pensionskassen zusätzliche Ressourcen bereitgestellt
werden für dieses Themen und man noch in der Vergangenheit „homöopathischen“ Dosen angelegt hat, so sind
es heute doch substanzielle Volumen.
JOVANOVSKI: Wir sehen
in den letzten zehn Jahren
eine ziemlich stürmische
Entwicklung des gesamten
Infrastruktursektors.
Vor
zehn Jahren gab es vielleicht
20, 30 Fonds, die entweder
Banktöchter Gesellschaften
gewesen sind oder unabhängige
Fondsmanager.
Mirko Jovanovski,
Aktuell haben wir circa 150
DB Private Equity
Fonds, die nur im Fundraising sind und dann eine hohe dreistellige oder niedrige
vierstellige Anzahl von Fondsmanagern weltweit, je nachdem wie man jetzt die Anlageklasse als solche definiert,
und wo man die Grenze zieht zwischen Private Equity
und Infrastruktur. In der Anfangszeit wurde Infrastruktur
als Subklasse von Private Equity angesehen. In den letzten Jahren hat man sich zunehmend mehr da rausgelöst,
weil sich letztendlich auch die Diversifikationsvorteile und
die anderen Risk Return Charakteristika der Anlageklasse
halt rumgesprochen haben und deutlich gemacht worden
ist, dass so ein Portfolio mit einer eigenständigen Allokation sehr sinnvoll ist. Der deutsche Markt hinkt bei dieser
Betrachtung im Vergleich zum angelsächsischen Markt
doch etwas hinterher. Aber man kann auf jeden Fall schon
eine Zwei- oder Dreiteilung der Investorenschaft, wie Sie
halt erwähnt haben, schon feststellen. Wir haben ursprünglich mit dem ersten Programm, mit dem wir in den Markt
gekommen sind, gedacht und sind davon ausgegangen,
dass primär Investoren, die Private Equity Erfahrungen
haben, den Infrastrukturbereich als zusätzliche Diversifikation sehen würden, das ist teilweise auch der Fall. Wir
haben aber auch eine gewisse Anzahl von Investoren
gewinnen können, die Infrastruktur als eine Art Private
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Equity Light als Einstieg in Eigenkapitalinvestitionen letztendlich betrachtet haben und betrachten. Ich klammere
jetzt mal die Infrastructure-Debt-Investments an dieser
Stelle aus. Grundsätzlich ist das Interesse an Infrastruktur
zunehmend steigend. Es gibt vereinzelnde Stimmen, dass
zu viel Kapital in zu schneller Zeit in den Markt geflossen
ist und entsprechend nach Anlagemöglichkeiten gesucht.
Für einzelne Märkte trifft es sicherlich auch zu. Deswegen
sind wir als global agierender Investor eher der Meinung,
dass mit einer globalen Perspektive auch eine nicht zu
starke Konzentration auf Einzelsegmente erfolgen sollte.
Sondern grade bei so einer langfristigen Anlageklasse, wie
Infrastruktur, gewisse Flexibilität, in der Allokation sein
sollte. Und für einen Investor der ein breit diversifiziertes
Portfolio aufsetzen möchte, kann das der Fall sein, indem
man über globale Fondsstrukturen investiert oder über
regionale, die letztendlich über einzelne Investmentthemen, wie auch einzelne Länderallokationen hinausgehen.
DORNSEIFER: Bevor wir uns gleich einzelne Subsegmente und Wertschöpfungsstrategien anschauen
möchte ich einen anderen Punkt aufgreifen und kritisch
zur Diskussion stellen. Wir beobachten im Bereich
Infrastruktur eine Entwicklung, die vergleichbar zu der im
Bereich Private Equity ist. Fonds haben erhebliche Mittel
eingeworben und sammeln weitere institutionelle Gelder
ein; nun sitzen diese Fonds auf einem riesigen Berg Dry
Powder. Man liest Zahlen, dass zum Beispiel ein Drittel des
Geldes, das Infrastrukturfonds eingesammelt haben, noch
nicht investiert und auf der Suche nach Projekten ist. Das
muss einmal kritisch beleuchtet werden. Also wohin soll
das Geld fließen? Vor allem, was ist das für ein Signal für
Investoren? Herr Weidenfeld, wie gehen Sie damit um, wie
sind Ihre Erwartungen als Investor?
Dr. Gerd Weidenfeld,
Gothaer Asset Management
Infrastrukturpanel
WEIDENFELD: Deshalb verfolgen wir eben den Ansatz,
im
Infrastrukturbereich
einen Partner zu finden, der
global agieren kann. Die
MetLife, der Partner den wir
gewählt haben, ist global
aktiv und investiert ihr eigenes Geld in diesen Märkten. Da haben wir schon
viel mehr Möglichkeiten,
unser Geld zu investieren
als wenn wir nur in Deutschland aktiv wären. Aber in der
Tat, das Problem, das Sie ansprechen, ist durchaus realistisch, aber es ist ja letztlich auch unserer expansiven Geldpolitik geschuldet. Überall haben wir einen Überhang an
Liquidität und das Geld sucht sich seinen Weg. Und das
Ventil ist ein globales Abfallen von Renditen. Das ist einfach das Umfeld, in dem wir uns bewegen.
DORNSEIFER: Gehen wir vom Investor zum Berater bzw.
Fondsmanager. Herr Rieder und Herr Jovanovski, was
empfehlen Sie Ihren Kunden bzw. wie stellen Sie sicher,
dass das Geld, was eingesammelt wird, auch wirklich
investiert wird.
RIEDER: Die Frage die sich doch stellt lautet: Gibt es
genügend Projekte zu guten Preisen? Also Angebot
und Nachfrage. Die Nachfrageseite ist meines Erachtens
relativ einfach, es fließt aktuell viel Geld in die Assetklasse
vor allem aus Europa und vor allem aus Deutschland.
Deutschland ist der Markt in Europa, wo am meisten Geld
in die Assetklasse fließt. Aus der globalen Betrachtung
heraus sind die Niveaus allerdings gar nicht mal so viel
anders, als noch vor zwei, drei oder vier Jahren, daher kann
die deutsche Perspektive das Maß auch etwas verzerren.
Trotzdem aber kann man glaube ich für den europäischen
Markt auf der Assetseite sagen die Preise werden teurer, so
wie in allen anderen Assetklasse aber leider auch.
Wenn man sich nochmal konkret die Frage stellt: findet
man ausreichend Assets zu guten Preisen? Und ich glaube,
es gibt ausreichend Assets, also die Quantität ist nicht
das Problem. Und vielleicht kann man das an zwei, drei
Beispielen festmachen und ich lehne mich da auch ein
bisschen an den Vortrag der Gothaer an. Die erneuerbaren Energien in Deutschland, wo viele schon sagen,
das ist doch schon alles „abgegrast“ und es gibt keine
Projekte mehr: Es gibt noch eine Vielzahl von Projekten,
auch große Projekte sowohl in Solar wie auch im Windbereich. Leider aber gehen gerade die großen Projekte
zum großen Teil über Ausschreibungsverfahren, über
öffentlich zugängliche Wettbewerbssituationen und da
sind die Preise bereits sehr stark nach oben gegangen.
So eine Strategie, wie die Gothaer bzw. andere institutionelle Investoren sie verfolgt, indem man sehr selektiv
und ein bisschen „Off-Market“ an den Markt herangeht,
das bietet im erneuerbaren Energiebereich aus unserer
Sicht nach wie vor noch Zugang zu guten Projekten und
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relativ attraktiven Preisen. Wenn man sozusagen ganz
kurz mal die anderen Segmente beleuchtet im Bereich der
regulierten Infrastruktur beispielsweise, Netzausbau, Gas,
Strom et cetera, dort gibt es sozusagen immer eine Wettbewerbssituation. Da der Regulator immer über Ausschreibungen gehen muss, was per se natürlich dazu führt, dass
wir heute andere Preise bezahlen müssen als noch vor drei,
vier Jahren. Aber auch hier gibt es ein Phänomen, was viele
vielleicht gar nicht so auf den ersten Blick sehen. Wenn
man sich die Frage stellt, welche Marktteilnehmer Geld
plus Know-how mitbringen können, um eine Netzinfrastruktur auch verlässlich umzusetzen und zu pflegen, gibt
es heutzutage, auch weil der Markt in Europa auch noch
eher „jung“ ist, auch nur wenige Player, die das können.
Dementsprechend gibt es auch hier eine Situation, wo in
bestimmten Assetbereichen einfach noch Preise möglich
sind, die die Assetklasse entsprechend attraktiv macht.
JOVANOVSKI: Aus unserer Sicht gibt es sicherlich Bereiche,
in denen sehr viel Geld reingeflossen ist, in denen die
Manager halt drum kämpfen, geeignete Projekte zu finden.
Da findet aber eine starke Konzentration auf bestimmte
Segmente statt. Und interessanterweise insbesondere
die Segmente, die wir so als Core bezeichnen würden,
die durch ein relativ niedriges Risikoniveau geprägt sind,
andere Segmente eher im Value-Added-Bereich, wo das
Risikoniveau zwar höher ist, ist diese Situation oder dieses
Überangebot an Kapital nicht ganz so stark ausgeprägt.
Das heißt, wenn ich jetzt mal die reine Risikobetrachtung
verlasse und eher eine Betrachtung des risikoadjustierten Ertrags mir anschaue, ist natürlich die Frage, die
ich mir immer als Investor stelle: Wo habe ich das bessere
Risikoertragsprofil, bei welchem Risikoniveau? Und die
Möglichkeiten Risiken zu reduzieren, bestehen einmal
in der Auswahl der Anlageklasse oder der jeweiligen
Investmentobjekte. Beispiel PPP oder öffentlich-private
Partnerschaften, wo das Risikoniveau sehr gering ist oder
bei regulierten Assets. Oder inwieweit spielen bestimmte
Marktaspekte dann eine Rolle, die die Risiken höher
treiben. Die zweite Möglichkeit die Risiken zu reduzieren,
besteht darin, ein entsprechendes Portfolio aufzubauen
und innerhalb des Portfolios für einen Risikoausgleich
zu sorgen. Und deswegen glauben wir, dass letztendlich
diese zweite Möglichkeit unterm Strich ein besseres
Risikoertragsverhältnis ermöglicht und es einem auch
ermöglicht, die Investitionsengpässe, die es gibt, teilweise
auch zu beseitigen.
Infrastrukturpanel
DORNSEIFER: Jetzt können wir auf die letzte Folie von
Herrn Dr. Zettelmeyer zurückkommen, eben wie sich die
Bundesregierung vorstellt, hier in Deutschland die privaten
Investoren bei Investitionen in öffentliche Infrastruktur
einzubinden. Wie wir gesehen bzw. auch gehört haben,
Geld wäre genügend da. Jetzt ist es eben die Kunst es in
die Projekte zu bringen. Und da schwebt der Bundesregierung ja die Idee des öffentlichen Infrastrukturfonds vor.
ZETTELMEYER: Ja, also das ist eingeschränkt der Fall, weil
dieses erstmal natürlich eine Idee dieser Kommission ist
und ich würde auch sagen, in der Reihenfolge der Ideen,
die dort präsentiert sind, ist es hier die, die noch relativ
unpräzise ausformuliert ist, wo also in der Tat noch mal
eine ganz genaue Prüfung durch Fachleute stattfinden
wird. Wir reden hier auch nicht über den „Stein der Weisen“
bei der Stärkung der öffentlichen Investitionsschwäche: Es
ist auch nicht so, dass dieser öffentliche Infrastrukturfonds
der Hauptkanal sein soll oder der gar der einzige Kanal, wie
wir zusätzliche private Finanzierungen für Infrastruktur
mobilisieren.
Stellen Sie sich mal vor, Sie nehmen die Standardprobleme, die vielleicht jetzt Kommunen daran hindern ÖPPs
durchzuführen, weg in dem Sinne, dass Sie Transaktionskosten senken, Sie geben ihnen bessere Kapazität und so
weiter. Dann könnte immer noch ein Problem übrigbleiben,
was irgendwie intrinsisch mit ÖPPs zusammenhängt.
Sie können meinen, das sei ein politisches Problem, ein
Vertrauensproblem, zum Beispiel ganz trivial „die Angst
übers Ohr gehauen zu werden“. Aber vor allen Dingen
natürlich die Tatsache, dass die Selbstbindung, die durch
ÖPPs stattfindet, dass Sie also in einem 30-jährigen
Verhältnis mit einem privaten Auftragnehmer stehen und
Ihnen das natürlich auch Flexibilität nimmt. Das sind ja
zwei Seiten der gleichen Medaille, einerseits macht es die
Sache effizienter, andererseits haben Sie ex post weniger
Flexibilität. Damit muss man leben. Die Frage ist nun, es
könnte sein, dass wenn wir ein Vehikel einrichten, was im
Prinzip ähnlich operiert wie ein Infrastrukturfonds, aber
eine andere Art von Dialog führen kann mit dem öffentlichen Sektor, weil es selber Teil des öffentlichen Sektors ist,
also herausfinden, ob es sozusagen legitime oder weniger
legitime Gründe gibt, weshalb Kommunen zum Beispiel
noch irgendwelche Nachbesserungen wollen. Vielleicht
könnte dies dann dazu führen, dass es mehr Projekte gibt,
die grundsätzlich über ÖPP-artige Vertragsstrukturen
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realisierbar wären. Das ist die Grundidee. Wir prüfen also
einen Mittelweg. Und aus der Sicht der privaten Investoren,
die eben in so etwas investieren würden, würden dadurch
eben unter Umständen Projekte geschaffen, die sonst
nicht existieren würden.
RIEDER: Ich habe da eine
Frage
durchaus
auch
ein bisschen provokativ
gestellt. Man sagt ja immer
so schön, wenn man nicht
weiter weiß, bildet man
einen Arbeitskreis. Jetzt
stehen zwei neue Institutionen zum Vorschlag.
Einmal
für die deutsche
Michael Rieder, Palladio Partners
Verkehrsinfrastruktur und
einmal für einen neuen
Fonds. Die Frage ist aber immer, wie wird das mit Leben
gefüllt? Und Sie sagten vorher, es gibt eben auch schon
die Deutschland ÖPP, Deutschland AG, die sich viele Jahre
auch Know-how angeeignet hat. Also unsere Erfahrung ist,
es steht und fällt mit dem Know-how von Personen, die
in den zuständigen Gremien die Themen verstehen und
voranbringen. Und wenn Sie zu Recht sagen, man muss
neutral sein, muss man fairerweise auch sagen, bisher war
das Thema in Deutschland eher negativ gegen ÖPPs. Die
Frage ist, wer sitzt in diesen Gremien, was für Leute, welche
Erfahrungen haben die Leute etc.? Ist die Diskussion bei
Ihnen schon so weit gediehen, dass man da auch schon
über konkrete Besetzungen, Fachleute spricht, die diese
Initiativen dann in der Praxis zum Leben erwecken?
ZETTELMEYER: Also selbstverständlich müssten wir das
Know-how in existierenden Organisationen irgendwie
nutzen. Einerseits kann man nichts schaffen, was einfach
existierende Funktionen dupliziert, das ist eine conditio
sine qua non. Das heißt, man muss schon entweder die
Sache komplett anders abgrenzen, oder man muss existierende Strukturen integrieren. Andererseits aber, glaube
ich, brauchen wir einen ganz, ganz entscheidenden
Schritt, den wir irgendwie bisher nicht geschafft haben
und das ist der Ansatz. Das müssen Sie verstehen, das ist
die Idee, dass wir in Deutschland in einem höheren Maße
von privater Finanzierung von Infrastruktur nur dann eine
Chance geben, wenn wir nicht mit der Absicht losziehen,
private Infrastruktur zu erhöhen. Das klingt jetzt erst mal
Infrastrukturpanel
ein bisschen paradox. Aber die Idee ist, dass wir, und das
ist ja auch bestätigt durch den Bundesrechnungshof, dass
wir nicht weiterkommen in Deutschland mit Strukturen,
die lediglich darauf angelegt sind, ÖPPs zu verbreiten.
Und andererseits der Beratungsindustrie vorgeworfen
worden ist, dass sie ein eigenes Interesse daran hat, egal
ob das nun wirtschaftlichere Strukturen sind oder nicht,
ÖPPs zu empfehlen. Wir prüfen nun, ob wir aus dieser
Situation herausfinden, wenn wir Institutionen schaffen,
die ex ante komplett neutral sind gegenüber öffentlicher
Beschaffung und private Beschaffung. Und das muss
natürlich glaubwürdig neutral sein. Das heißt, es gibt
wirklich eine Chance, dass am Ende nicht mehr ÖPPs dabei
rauskommen, aber es gibt auch die andere Möglichkeit.
DORNSEIFER: Der BAI hat in den letzten Wochen und
Monaten die Arbeit der Expertenkommission ja am Rande
auch ein bisschen mitbegleitet. Wir haben versucht auch
dem Wirtschaftsministerium aufzuzeigen, wer sind die
typischen Investoren, die in Infrastruktur investieren. Was
sind Zugangswege, welche Vehikel stehen zur Verfügung
et cetera. Ich denke, dass bei der Implementierung
noch viel Arbeit auf die Expertenkommission bzw. auf
das Wirtschaftsministerium und die Bundesregierung
zukommen wird. Auch da steht der BAI mit Know-how
und kompetenten Mitgliedsunternehmen natürlich zur
Verfügung. Ich würde jetzt für den Moment noch mal
auch von diesem Spezialthema ein bisschen weggehen
wollen, um auch mal das Publikum einzubinden und zwar
mit einer TED-Frage. Hier interessiert uns, was aus Sicht der
Zuhörer denn eigentlich das größte Risiko bzw. das größte
Hindernis bei Investitionen in Infrastruktur ist? Wir haben
vier mögliche Antworten hier aufgeführt und möchten
auch gern hier ein Stimmungsbild des Publikums haben.
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So, das Abstimmungsergebnis liegt vor und ist sehr
aussagekräftig. Es gibt nämlich kein einzelnes dominantes
Risiko bzw. Hindernis, sondern es gibt mehrere ungefähr
gleichgewichtete Risiken bzw. Hindernisse. Herr
Weidenfeld sind Sie überrascht oder trifft es auch Ihre
Erwartung?
WEIDENFELD: Absolut. Also insbesondere dass Solvency
II ein Hemmnis ist, überrascht mich nicht. Hier hat es ja
etliche Initiativen - auch des GDV - gegeben, um hier bei
der EIOPA für gewisse Erleichterungen zu sorgen. Eigenkapitalinvestments in Infrastruktur werden pauschal mit 49
Prozent kapitalunterlegt, das entspricht der Risikoklasse
von Hedgefonds. Dass das nicht richtig gut zu dieser
Assetklasse passt, ist intuitiv klar. Es hat mehrere Anläufe
gegeben, dies zu ändern, bis jetzt hat Herr Bernardino, der
Chef der EIOPA, das immer relativ deutlich abgelehnt. Im
Moment gibt es wieder eine neue Initiative, dass seitens
der EIOPA die Behandlung von Infrastruktur - Equity und
Debt Investments - im Standardmodell von Solvency
II noch einmal überdacht wird. Der Vorschlag des GDV
ist hierzu klar und sachgerecht: Schaffung eines neuen
Buckets Infrastruktur, Reduktion der Eigenkapitalentlastung von Equity Investments von 49 Prozent auf 20, also
ein bisschen unterhalb von Immobilienrisiko. Was ganz
wichtig ist, ist die Festlegung eines Korrelationsfaktors
von Null zu den anderen Assetklassen. Das brächte im
Standardmodell eine erhebliche Eigenkapitalentlastung
durch Diversifizierung. Und bei Infrastructure Debt hat
der GDV eine Reduktion der Credit Risk Charge angeregt,
was angesichts der, ich hatte in meinem Vortrag darauf
hingewiesen, geringen Ausfallwahrscheinlichkeiten und
der hohen Recovery Rates durchaus vernünftig wäre.
Wenn Sie jetzt fragen, wie viel Hoffnung ich habe, dass
die EIOPA hier zu einem positiven Ergebnis kommt, bin
ich da etwas skeptisch.
Dies hängt mit der Art und Weise zusammen, wie EIOPA
arbeitet. EIOPA verlässt sich bei ihren Analysen gerne auf
historische Daten-Zeitreihen, schaut also zurück, wie hoch
war die Vola in dieser Assetklasse. Und die Zeitreihen, auf die
man sich beziehen kann, sind ganz überwiegend börsennotierte Investments, und dies verzerrt: Es sind nun einmal
nur sehr wenige Infrastruktur-Deals, die es überhaupt bis
zur Börsennotierung geschafft haben. Hinzu kommt, dass
alles, was börsennotiert ist, auch immer korreliert ist mit
den Aufs und Abs, die wir generell an der Börse sehen,
Infrastrukturpanel
sodass EIOPA zu dem Ergebnis kommen musste, dass sich
Infrastruktur gar nicht viel anders als Aktien verhält. Wenn
man von dieser Herangehensweise keinen Abstand nimmt
und nicht der Tatsache Rechnung trägt, dass die meisten
Infrastruktur-Deals private placements sind, wo es eben
keine öffentlich verfügbaren Informationen gibt, dann
wird es schwierig, zu geringeren Kapitalunterlegungen zu
kommen. Also mein Rat wäre hier: Löst euch ein bisschen
von dieser Fixierung auf Zeitreihen, schaut lieber auf die
qualitativen Eigenschaften dieser Assetklasse und bildet
die im Standardmodell ab, ggf. kann man später das
Modell immer noch etwas nachkalibrieren. Besser das
Modell ist ungefähr richtig als genau falsch.
DORNSEIFER: Also auch der BAI hat sich natürlich bei
der Konsultation von EIOPA beteiligt und auch wir haben
hoffentlich konstruktive Vorschläge unterbreitet. Wir
arbeiten zu dem Thema auch mit CEPRES zusammen,
denn EIOPA benötigt vor allem Daten zu Fonds und
Transaktionen aus der Vergangenheit, vor allem auch im
Bereich Unlisted Infrastruktur, Daten über Transaktionen,
über Default Rates, Recovery Ratios usw. Ich habe da auch
Verständnis für EIOPA, die sich mit Expert Judgements
nicht zufrieden stellen wollen und dies auch nicht können.
Schließlich geht es ja – man muss fast sagen – um einen
Paradigmenwechsel. Und insofern ist es da wichtig, dass
wir da auch uns selbst in der Verantwortung sehen und
sagen, wir müssen Daten liefern, wir müssen Input liefern,
damit am Ende EIOPA dann auch wirklich eine valide
Entscheidung treffen kann. Zum Thema Regulierung
möchte ich jetzt aber gar nicht weiter diskutieren.
Abschließend darf ich aber noch darauf hinweisen, dass
EIOPA mir letzte Woche noch bestätigt hat, dass man
relativ schnell Ende Juni bzw. Anfang Juli auch schon eine
erste Evaluierung der eingegangenen Konsultationen
abschließen will. Das heißt, das ist jetzt kein Thema, was
auf die lange Bank geschoben wird. Im Ergebnis können
wir also möglicherweise schon im Laufe des Spätsommers
auch mit den konkreten Vorschlägen rechnen, wie EIOPA
Infrastrukturanlagen behandeln wird.
Und nun steigen wir in die einzelnen Anlagesegmente von
Infrastruktur ein, ebenso in unterschiedliche Wertschöpfungsstrategien. Herr Jovanovski, was sind aus Ihrer Sicht
momentan Anlagesegmente bzw. Wertschöpfungsstrategien, die man als Investor auf jeden Fall näher mal in
Augenschein nehmen sollte?
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JOVANOVSKI: Also grundsätzlich sind wir erst mal der
Meinung, dass alle Wertschöpfungsstrategien ihre
Rechtfertigung haben und in ein breit diversifiziertes
Portfolio reingehören. Die Frage der Gewichtung hängt
von zwei Dingen ab. Einmal von der Marktsituation,
andererseits natürlich auch vom konkreten Risikoappetit
des Investors. Wenn man aus der Perspektive eines breitgestreutes Portfolios und eines Investors, der bestimmte
Risiken auch in Kauf zu nehmen bereit ist, würden wir den
Energiebereich ziemlich weit oben sehen und interessanterweise auch eher den Energiebereich in Nordamerika,
USA, als in Europa.
DORNSEIFER: Warum?
JOVANOVSKI: Weil wir dort glauben, dass es gerade im
Value-Added-Bereich Investitionsmöglichkeiten gibt, die
ein besseres Renditeertragsprofil haben und das hängt
wiederum teilweise auch damit zusammen, dass es sehr,
sehr erfahrene GPs gibt, also professionelle Investoren
gibt, die Fonds auflegen, die halt auch über einen langjährigen Track Record verfügen. Das heißt, diese Lektion ist
natürlich Schlüssel, um dort erfolgreich zu sein.
WEIDENFELD: Gilt das auch noch, wenn Sie die Währungsrisiken rausnehmen? Wir haben im Moment ein riesiges
Gap zwischen den US-Zinsen und den Euro-Zinsen. Und wir
als Versicherer mit Euro Liabilities versuchen das natürlich
weitgehend zu hedgen. Auch unter Solvency II kostet
ungehedgtes Fremdwährungsexposure ja zusätzlich Geld.
Wenn man die in Fremdwährung zu erwirtschaftenden
Renditen runterbricht auf Euro, ändert sich das Bild meist
stark.
JOVANOVSKI: Absolut, man muss Länderrisiken betrachten,
regulatorische Risiken betrachten, Währungsrisiken
betrachten. Da gebe ich Ihnen schon recht. Deswegen
sage ich auch nicht, bloß nicht jetzt in Deutschland und
Europa investieren, alle in die USA. Sondern ich sage, das
ist ein Segment, welches wir für attraktiv halten, aber man
muss natürlich die Währungsrisiken mit berücksichtigen.
Wenn man sich den Core, Core Plus Bereich anschaut, wo
das Risikoniveau deutlich niedriger ist, da würden wir
eher Richtung Europa gehen und weg von USA. Da gibt
es einfach strukturell bedingt auch steuerliche Nachteile.
Und da glauben wir, dass in Europa bessere Investitionsmöglichkeiten vorhanden sind, auch wenn aktuell das
Infrastrukturpanel
Preisniveau, der dritte Punkt bei den Fragen, hier doch
spürbar gestiegen ist in Europa. Und wir dementsprechend noch etwas fallende Renditen sehen. Aber wir
sehen nicht, dass es jetzt in einem Umfang erfolgt ist, dass
man sich aus diesem Bereich komplett zurückziehen sollte.
DORNSEIFER: Herr Rieder, wollen Sie da noch was
ergänzen, teilen Sie die Einschätzung?
RIEDER: Vielleicht noch mal eine andere Betrachtung. Über
die Attraktivität entscheidet am Ende auch der Anleger
und jeder hat so ein bisschen eine andere Philosophie.
Ich hatte es ja bereits vorher erläutert, es gibt Typ 1 und
Typ 2. Ich glaube, man muss wegkommen von der Risikobetrachtung nach Labels wie Core oder Value Added etc.
und sich wirklich die Assets anzuschauen. Wirklich auf
Projektebene oder Sektorenebene zu überlegen, was sind
die Treiber. Was wir viel machen ist eben mit Sensitivitäten zu arbeiten, um einfach zu schauen, wann gewisse
Risiken eintreffen, wie sehr mein Investment schwankt.
Und auf der Basis kann jeder Investor auch sehr viel besser
beurteilen, will ich in so ein Thema investieren oder nicht.
Und wir haben die Erfahrung gemacht, dass zur Überraschungen vieler man sogenannte Value Added Themen
vielleicht viel lieber hat, weil die eben höher rentierlich
sind und damit auch einen größeren Risikopuffer haben,
wenn mal was schiefgeht, auf der Rendite zu landen,
wo man am Ende sein will. Oft mehr als diese vermeintlichen Core Themen, wo man sich bereits im Basisfall auf
einem sehr, sehr niedrigen Redniteniveau bewegt. Nur ein
„Event“, das heißt z.B. ein regulatorisches Risiko und mein
Investment ist in einem kritischen Bereich.
DORNSEIFER: In der Konsequenz heißt das ja auch, dass
der Managerauswahl größte Bedeutung zukommt. Oder
eben Berater mandatieren, die sie dabei unterstützen. Was
sind also aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen
bei der Managerselektion?
RIEDER: Also ich glaube, die sind größer als in anderen
Assetklassen. Weil Infrastruktur am Ende, welche
Subsektoren man auch immer nimmt, eine noch junge
Assetklasse ist und ich damit in vielen Bereichen einfach
keinen klassischen Track Record habe. Das heißt, ich kann
mir im Excel nicht die letzten fünf Fonds „herunterladen"
und analysieren, mit welcher Wahrscheinlichkeit dies
beim sechsten Fonds wieder so eintritt. Vielmehr bin ich
8
sofort in einem qualitativen, weniger greifbaren Bereich.
Hier muss ich im persönlichen Gespräch herausfinden,
ob dieses Team geeignet ist, langfristig mein Geld zu
managen, gerade da ich, wenn ich es einmal committed
habe, nicht mehr rauskomme. Wir reden ja hier über 10,
20 Jahre. Das heißt, was wir sehen, ist ein sehr, sehr viel
größerer Fokus auf den qualitativen Bereich. Und das
kostet leider am Ende extrem viel Zeit und Arbeit. Das
heißt also, Vorort-Besuche bei den Managern, verstehen,
wie ist die Teamdynamik, verstehen, wie ist die Kompensationsstruktur, verstehen, wie ist die Nachfolgeregelung,
wenn Partner sozusagen pensioniert werden. Darüber
muss man nachdenken, wenn wir über 10, 20 Jahre
sprechen. Also auch eine gerechte Verteilung im gesamten
Team. Wie konsistent haben diese Partner, wenn man es
denn kann, in der Vergangenheit Strategien verfolgt und
inwieweit tun sie das auch in der Zukunft. Wir beobachten
aktuell ein sehr unschönes Phänomen, was aber auch der
Private Equity Welt bekannt ist, dass Gesellschaften, deren
letzte fünf Fonds jeweils 100 Millionen Euro groß waren,
jetzt plötzlich z.B. 500 Millionen Euro groß werden sollen,
auch weil sie sagen, jetzt bekomme ich das Geld vom
Markt, jetzt nehme ich, was ich kriegen kann. Und darüber
hinaus hab ich bisher zwar nur Erneuerbare Energien
gemacht und jetzt mach ich auch noch PPP und das in
ganz Europa und so weiter. Diese Themen muss man
beleuchten. Und vielleicht abschließend noch eine sehr
interessante Zahl, die ich letztens in einer Studie las. Nur 50
Prozent aller weltweiten Fonds schaffen ein Closing. Das
heißt, wenn wir, sag ich mal, am Montag einen Manager
treffen und Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag, die
Hälfte der Woche ist es sozusagen ein Manager, den man
eigentlich nicht treffen müsste, weil er am Ende große
Wort schwingt und niemals ein Closing hinbekommt. Das
heißt, wir sind hier bei dem Punkt Ressourcen, das ist ein
Riesenaufwand, da ich das leider vorher nicht weiss. Und
der zweite Punkt ist, und das ist ein bisschen auch dem
Markt geschuldet, während wir noch vor ca. drei Jahren
genügend Zeit hatten einen Fonds vor der Zeichnung zu
analysieren, ist das heute schwieriger. Im Schnitt dauerte
es vor ca. 3 Jahren noch zwei bis drei Jahre, bis ein Fonds
wirklich zur Zeichnung geschlossen hat, so haben wir
heute im Durchschnitt eine Periode von ca. 9 Monaten.
Das heißt, die guten Fonds schließen viel schneller. Das
heißt in der Gesamtbetrachtung: Es gibt ein Riesenuniversum an Fonds, indem viele Fonds kein Closing schaffen,
die die guten Manager aber viel schneller schließen, das
Infrastrukturpanel
heißt, man muss in kurzer Zeit die guten Manager finden
und dann die gesamte Due Diligence Kapazität darauf
verwenden, um noch aufgenommen zu werden.
DORNSEIFER: Sind diese Probleme nicht am Ende sogar
ein Argument dafür, sich verstärkt mit Listed Infrastruktur
auseinanderzusetzen?
JOVANOVSKI: Ich denke, dass Listed Infrastruktur zwar
die vergleichbaren Assets als Underlying hat, aber auf
der anderen Seite natürlich voll den Marktvolatilitäten
und den Finanzmarktvolatilitäten ausgesetzt ist und
somit eigentlich keine Lösung für die Fragestellungen
ist. Genauso, wie man auch nicht Listed Infrastructure
als Benchmark für private Fondsstrukturen und private
Infrastrukturinvestments nehmen kann und sollte. Wir
glauben, dass die Managerauswahl als solche schon
komplizierter ist als es auf den ersten Blick aussieht. Viele
Investoren sagen, okay, es ist eigentlich doch gar nicht
so schwer. Man muss sich den Track Record anschauen,
man spricht mit den Leuten, ist es plausibel, stimmt deren
Marktmeinung mit der eigenen Marktmeinung überein.
Und wenn das alles einen einigermaßen vernünftigen
Eindruck macht, kann man da investieren. Man kann
auch eine Analyse von weniger quantitativen als qualitativen Untersuchungen vornehmen und den Manager
im Grunde genommen bis ins Detail sezieren. Und am
Ende des Tages wird der Unterschied, sind wir der festen
Überzeugung, sich im Ergebnis und im eingegangenen
Risiko widerspiegeln. Der Haken ist, dass der Feedbackzyklus so lang ist. Es dauert viele Jahre, bis man erfährt, ob
das durchschnittliche Ergebnis der eigenen Selektion sehr
erfolgreich war oder nur mitteldurchschnittlich erfolgreich
war. Und ich würde die These aufstellen, dass es in vielen
Fällen, auch wenn man sich eines Beraters bedient und
eines Makromanagers bedient und das eine zusätzliche
Kostenebene nach sich zieht, dass möglicherweise der
Zusatzertrag diese zusätzlichen Kosten doch übersteigt.
DORNSEIFER: An dieser Stelle möchte ich mich schon
einmal an das Publikum wenden, ob es erste Fragen
gibt. Zumindest gab es beim Vortrag von Dr. Weidenfeld
Wortmeldungen.
ENGEL: Peter Engel mein Name. Herr Dr. Weidenfeld, noch
mal zu Ihrem Vortrag. Ganz speziell erstmal vielen Dank für
den, wie ich finde, wirklich sehr umfassenden Überblick.
9
Sie haben mehrmals das Thema Risiko gebracht in Ihren
Ausführungen. Ich habe verstanden, Ziel ist etwa eine
Milliarde bis 2017 in der Assetklasse zu platzieren. Wenn
ich da auf die genannten 25 Milliarden insgesamt sehe,
wären das etwa 4 Prozent. Meine Frage geht jetzt dahin,
in Absprache mit Ihren anderen Kollegen in der Kapitalanlage, wie viel des gesamten Risikobudgets der Gothaer
bekommen Sie denn in etwa für Ihre Aktivitäten? Ich sehe
Sie lächeln, von daher hoffe ich, dass die Frage nicht völlig
blöd ist.
HARTENSTEIN: Till Hartenstein, Commerzbank. Ich habe
eine Frage an Herrn Rieder. Beobachten Sie angesichts
Stichwort steigende Preise bei Projekten, Fonds, die
viel Gelder eingesammelt haben, eine Veränderung in
der Eigenkapital-Fremdkapitalzusammensetzung bei
Projekten?
auch solche strukturierten Prozesse mit entsprechender
Systemunterstützung installiert haben. Wenn heute
Anlagevorschläge auf den Tisch des Investmentkomitees
kommen, wird jetzt auch automatisch immer analysiert,
wie hoch der Eigenkapitalbedarf unter Solvency II ist. Und
das ist ein ganz elementarer Bestandteil der Investitionsentscheidung. Aber dass ich schon jetzt ein definiertes
Budget für die Zukunft hätte, was ich ausgeben kann, so
ist es leider noch nicht.
RIEDER: Ja und nein. Also vielleicht von den sozusagen
vertrautesten Beispiel kommend, das Sie sicher als
Commerzbank sehr gut kennen, erneuerbare Energien, da
war es ja schon immer so, ob zu guten oder zu schlechten
Zeiten, dass der breite Markt, eine sehr hohe Fremdkapitalfinanzierung einsetzt. Das heißt, diese 70 plus/minus
Prozent Fremdkapital, dies ist eigentlich nichts Neues. Man
ist sozusagen schon immer relativ an die Grenze dessen
gegangen, was ging. Was wir aber merken, und das gilt
für alle Anlageklassen, dass die Investoren zunehmend
weniger Fremdkapital mögen. Das heißt also sozusagen
der gegenläufige Trend, im erneuerbaren Energiebereich
beispielsweise das ganze ohne Fremdkapital investieren
wird oder man maximal noch 50 Prozent Fremdkapital
einsetzen will. In Klammern stellt sich natürlich dann
die Frage, zu welchen Preisen bekommt man dann die
Projekte bei den attraktiven Fremdkapitalzinsen. Wir
haben zum Beispiel Mandanten, die per se sagen, wenn
wir in neue Themen gehen in Infrastruktur, ist unsere erste,
zweite und dritte Frage, wie ist die Fremdkapitalquote.
Und da ist es leider so, das gilt ja nicht nur für die Erneuerbaren, sondern auch für das Thema PPP, dass die Vergangenheit zeigt, dass auch dort extrem hohe Fremdkapitalprozentsätze eingesetzt worden sind. Und man muss
dann bewerten, ist das Risiko tragfähig oder nicht. Um
vielleicht einfach nur mit einem Beispiel abzuschließen.
Im PPP-Bereich in Deutschland, wo man mittlerweile ja
zunehmend Verfügbarkeitsmodelle einsetzt, also Modelle,
wo nicht nach tatsächlichem Fahrverhalten abgerechnet
wird und damit eben vergleichsweise sicherer Einnahmeströme stattfinden, glauben wir, dass auch eine hohe
Fremdkapitalunterlegung gerechtfertigt ist. Bei den
erneuerbaren Energien, wie es so schön berühmt heißt,
hängt es von den Annahmen ab. Ich glaube, auch da kann
man sicher hohe Fremdkapitalquoten akzeptieren, wenn
sozusagen die Einkaufrenditen auch konservativ prognostiziert worden sind.
DORNSEIFER: Gibt es noch weitere Fragen? Ich sehe eine
Wortmeldung von Herrn Hartenstein.
DORNSEIFER: Ich selbst habe auch noch eine Frage an die
Panellisten, und zwar bitte ich Sie, eine Einschätzung bzw.
WEIDENFELD: Nein, ist sie leider nicht. Ich habe noch
keine richtig zufriedenstellende Antwort. Im Moment sind
wir in dieser Übergangsphase von dem alten Aufsichtsregime in das neue. Wir haben natürlich immer schon die
Passung unserer Investitionsentscheidungen zu unserer
Risikotragfähigkeit berücksichtigt, und dies anhand des
Stresstest und der Risikomodelle der Ratingagenturen
überprüft. Aber jetzt müssen wir wirklich jedes einzelne
Investment innerhalb des Solvency II Modells mit Risikokapital unterlegen und darüber der Aufsicht berichten.
Im Moment ist die Systemunterstützung auch noch nicht
da, wo wir sie uns wünschen. Wir machen es im Prinzip
so, dass wir von derzeitigen Ist-Aallokation ausgehen und
sehen, wie viel Risikokapital damit unter dem Standardmodell von Solvency II verbraucht wird. Und wir sehen
hier durchaus einige sehr eigenkapitalkonsumtive Assets.
Solche Assets wollen wir zunächst nicht weiter aufbauen.
Das ist ein Riesenthema zum Beispiel für eine andere
Assetklasse, die ich mit betreue, das klassische Private
Equity. Da ist es einfach extrem schwierig geworden, für
so etwas noch eine Allokation zu bekommen. Konkret
kann ich Ihnen die Frage, wie viel von dem Risikobudget
ich bekommen werde, noch nicht beantworten. Ich
denke aber, dass wir spätestens bis zum Jahresende dann
Infrastrukturpanel
10
einen Ausblick zu geben, welche Renditen man im Bereich
Infrastruktur aktuell oder auch perspektivisch erreichen
kann?
WEIDENFELD: Gut. Ich hatte ja eben gezeigt, wie breit
Infrastruktur ist. Und wir haben ja auch hier im Panel
diverse Beispiele gehört, die sehr unterschiedlich sind.
Wenn ich bereit bin, Auslastungsrisiken zu nehmen, kann
ich auch durchaus 7, 8, 9 Prozent erwirtschaften. Wir haben
in Ausnahmefällen in kleinen deutschen Windparks auch
noch Eigenkapitalrenditen von 10 Prozent hinbekommen,
das ist aber selten. Wir sehen im Solarbereich, dass durch
den drastischen Preisverfall bei den Panelpreisen auch
wieder schöne Equity Renditen von 7, 8 Prozent erwirtschaftbar sind. Es hängt eben davon ab, in welche Assets
gehe ich konkret hinein und wo stehe ich in der Kapitalstruktur, und welche Risiken - Stichworte Entwicklung, Bau
oder Betriebsphase - bin ich bereit, zu nehmen. In einer
Range zwischen 2 und 8 bis 9 Prozent ist im Infrastrukturbereich alles möglich.
JOVANOVSKI: Aus der Sicht eines breit gestreuten
Portfolios, welches teilweise auch Währungsrisiken in Kauf
nimmt, da würden wir für Nettorenditen für den Investor
von 7 bis 10 Prozent ausgehen. Und da gibt es die volle
Bandbreite. Einerseits PPP-Projekte, die eben bei 5 bis 7
oder 5 bis 8 Prozent liegen können. Genauso wie Projekte
beispielsweise Gaskraftwerke in USA, wo man 15 bis 20
Prozent durchaus erreichen kann. Und da wird jetzt so
mancher zusammenzucken und sagen, Gott oh Gott, das
sind ja Private Equity Renditen, gehe ich da nicht Private
Equity Risiken ein. Und da würde ich auch eindeutig
verneinen. Es ist zwar ein höheres Risikoniveau als das, was
man klassischerweise unter den Core Infrastruktur ansieht,
aber im Vergleich zu Private Equity trotzdem risikoreduzierte Investmentopportunitäten. Und in der Kombination
7 bis 9 Prozent.
DORNSEIFER: Das ist eine Ansage, auf die ich im nächsten
Jahr zurückkommen werde.
JOVANOVSKI: Gerne ja.
DORNSEIFER: Herr Rieder, wie lautet Ihre Einschätzung?
RIEDER: Deswegen gibt es von mir auch keine Zahl.
Also die Renditen kommen, glaube ich, auf breiter Front
natürlich runter. Aber was wir eigentlich viel mit unseren
Infrastrukturpanel
Mandanten diskutieren ist ja auch die Frage der relativen
Rendite zu anderen Anlageklassen in deren Portfolio. Und
da kann man, glaube ich, sagen, zumindest sind wir davon
überzeugt, dass der Infrastrukturmarkt noch intransparenter und jünger ist und sich daher im Schnitt bessere
Rendite erzielen, als z.B. im Immobilienbereich, einem
Segment, welches von Seiten der personellen Ressourcen
bei den Investoren fünf-, sechs-, siebenmal so stark
besetzt ist und bereits , fünf-, sechs-, siebenmal so lange
investiert wurde und daher mit fünf-, sechs-, siebenmal so
langer Erfahrung. Dies führt dazu, dass Märkte effizienter
werden. Sie kennen ja selber die Renditen, die wir auch im
Immobilienbereich sehen. Das heißt, ich glaube dass die
relativen Renditen bei Infrastruktur noch sehr attraktiv
sind im Vergleich anderen Anlageklassen.
DORNSEIFER: Wunderbar. Und jetzt kann ich noch einmal
bei Herrn Dr. Zettelmeyer nachfragen, wie viel Rendite
denn die Bundesregierung privaten Investoren bereit
ist anzubieten? Die Renditeerwartungen sind nach dem
Vorgesagten ja nicht gerade gering.
ZETTELMEYER: Ja also, wie Sie sich vorstellen können,
geht es mir nicht darum, Rendite zu maximieren, sondern
darum, dass in Deutschland mehr investiert wird, als es in
der Vergangenheit der Fall war.
Dr. Jeromin Zettelmeyer,
Frank Dornseifer, Michael Rieder
DORNSEIFER: Zum Abschluss machen wir noch kurz die
TED-Frage 2. Wenn Sie diese beantwortet haben, dann
entlasse ich Sie in die Kaffeepause. In der Zwischenzeit,
das hatte ich ja eben schon angekündigt, möchte ich
Herrn Dr. Weidenfeld auf seine Dissertation ansprechen.
Denn er hat seinerzeit über den europäischen
11
Versicherungsbinnenmarkt promoviert. Mich würde
nämlich sehr interessieren, ob Sie seinerzeit schon ansatzweise geahnt haben, was auf die Versicherungswirtschaft
im Hinblick auf Regulierung - Solvency II et cetera - alles
zukommt?
Und gerade kommt auch das Ergebnis der zweiten
TED-Umfrage.
WEIDENFELD: Nein. Also der große Trend war ja die
Deregulierung. Weil die europäischen Aufsichtssysteme
harmonisiert werden sollten, führte das eben letztlich
zu einer Deregulierung hier in Deutschland. Wir haben
zwischenzeitlich aber eine massive Re-Regulierung
gesehen, die durchaus schwieriger geworden ist als das
alte System. Aber die ganzen anderen Trends, die wir
heute eben haben, dauerhaftes Niedrigzinsumfeld, Digitalisierung, Internet, das hat damals noch keiner gesehen.
Über den Binnenmarkt spricht heute keiner mehr.
DORNSEIFER: Das heißt, hatten Sie Erwartungen bzw.
Hoffnungen, die Sie dann auch thematisiert haben, die
schlussendlich erfüllt worden sind oder eben enttäuscht
worden sind?
WEIDENFELD: Die Erwartung war damals, dass das
massenhafte Einströmen von ausländischen Versicherern
via Dienstleistungsfreiheit nach Deutschland, das war
ja der Kern des Binnenmarkts, dass das sehr begrenzt
sein würde, und das ist auch so gekommen. Kauf und
Gründung eigener Tochtergesellschaften hier, das hat es
ja vorher schon gegeben, dieser Trend wurde noch ein
bisschen verstärkt. Aber die direkten Effekte aus dem
Binnenmarkt, nämlich das Öffnen der Grenzen, das war
gar nicht so ein Rieseneffekt. Viel größer war der Deregulierungseffekt, der dann einsetzte, z.B. mit Aufgabe der
Genehmigungserfordernisse für Bedingungen und Tarife
im Privatkundengeschäft.
Es wird deutlich, dass die Bundesregierung bei ihrer
Initiative zur Einbindung von privaten Investoren bei
Infrastrukturprojekten noch deutliche Überzeugungsarbeit leisten muss. Für den BAI darf ich nochmals unseren
Sachverstand, den Sachverstand unserer Mitglieder, aber
auch unserer Kooperationspartner anbieten. Gerne
begleiten wir dieses Thema konstruktiv weiter.
Nochmals herzlichen Dank fürs Zuhören.
DORNSEIFER: Vielen Dank. Und damit darf ich den
Panellisten recht herzlich für ihre Mitwirkung an diesem
Panel danken.
Infrastrukturpanel
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IN V E S TO R ENPANEL
BAI Alternative Investor Conference
Moderation: Rolf Dreiseidler, Co-Chairman, BAI e.V.
Teilnehmer:
Mittlerweile frage ich mich, wie lange das noch der Fall
sein wird. Ich denke zumindest eines ist klar, ein Titel wie
„Kapitalanlagestrategien in rosigen Zeiten“ liegt noch weit
von uns entfernt. Wie dem auch sei, der Vorteil ist, dass
wir in diesen Zeiten über viele spannende Themen aus
dem Bereich Alternative Investments sprechen können.
Dr. Michael Hanssler,
Chairman, Gerda Henkel Stiftung
Charlotte Klinnert,
Member of the Board, Pensionskasse Deutsches Rotes Kreuz
Rainer Müller,
CFA, Senior Manager Asset Management & Capital Markets,
Robert Bosch GmbH
Paul Weßling,
Member of the Board, Gerther VVaG, Bochum
DREISEIDLER: Meine Damen und Herren, ich darf Sie
ganz herzlich zu unserem diesjährigen Investorenpanel
begrüßen. Dem regelmäßigen und aufmerksamen
Teilnehmer dieser Veranstaltung wird nicht entgangen
sein, dass das Titelthema dieses Panels dasselbe
ist, wie schon die letzten drei Jahre. Das mag jetzt
ein wenig an meiner Phantasielosigkeit liegen, aber
ganz ehrlich, ich überlege mir in jedem Jahr welcher
Titel das aktuelle Kapitalmarktumfeld am besten
beschreibt. Und immer wieder komme ich zu dem
Schluss, dass „Kapitalanlagestrategien im Krisen- und
Niedrigzinsumfeld“ der zutreffendste Titel bleibt.
Investorenpanel
Ich möchte Ihnen nun kurz die Panelteilnehmer
vorstellen. Neben mir sitzt Frau Klinnert, die seit letztem
Jahr im Vorstand der Pensionskasse des Deutschen
Roten Kreuzes tätig ist. Des Weiteren haben wir Herrn
Müller aus dem Treasury der Robert Bosch GmbH bei uns,
der für den Bereich Alternativ Investments des Bosch
Pensionsfonds zuständig ist. Wir kommen damit zu Herrn
Dr. Hanssler, der seit 2003 im Vorstand der Gerda
Henkel Stiftung tätig ist, seit 2008 in der Rolle des
Vorstandsvorsitzenden. Last but not least freue ich mich
Ihnen Herrn Weßling vorstellen zu dürfen, der unter
anderem im Vorstand der Gerther Versicherung tätig ist.
Sie sehen, damit haben wir eigentlich eine sehr schön
heterogene Gruppe, welches eine Pensionskasse, einen
Pensionsfonds, eine Stiftung sowie eine Versicherung
repräsentiert. Ich denke, dass dies eine gute Basis für eine
spannende Diskussion ist. Damit möchte ich dann auch
gleich beginnen und bitte die Panelisten zunächst kurz
ihr Haus vorzustellen sowie ihre derzeitige Positionierung
auf der Assetseite zu skizzieren. Frau Klinnert, Ladys first,
wenn Sie beginnen möchten?
13 13
KLINNERT: Sehr gerne. Ja,
die Pensionskasse vom
Deutschen Roten Kreuz
ist
die
Pensionskasse
der
Schwesternschaften
vom Roten Kreuz und
wir haben ungefähr 600
Millionen Euro Assets, die
wir managen müssen. Ich
habe dankenswerterweise,
Charlotte Klinnert,
PK Deutsches Rotes Kreuz
ein sehr konservatives Portfolio vorgefunden und es
sind tatsächlich 100 Prozent klassische Rentenpapiere mit
einem sehr guten Rating, die natürlich entsprechend stille
Reserven heute aufweisen. Nach vorne raus müssen wir
jetzt natürlich gucken, wie wir die Strategie jetzt weiter
fortführen können bzw. anpassen können, weil Rentenpapiere, Sie haben es eben schon gesagt, das nicht mehr
bieten können, was die Kasse benötigt.
MÜLLER: Ja schönen guten Tag erstmal, mein Name ist
Rainer Müller und ich bin seit etwa sechseinhalb Jahren
tätig bei der Robert Bosch GmbH im Konzerntreasury.
Meine Hauptaufgabe dort ist die Kapitalanlage des Bosch
Pensionsfonds. Dort verwalten wir mittlerweile mehr als 4
Milliarden Euro. Von unserer Anlagestrategie her verfolgen
wir ein Lebenszyklusmodell. Das heißt, für Anwärter bis 55
Jahre haben wir eine Aktienquote von etwa der Hälfte, die
andere Hälfte ist aufgeteilt in ca. 40 Prozent Renten und
10 Prozent Alternatives. Die rentennäheren Mitarbeiter ab
55 Jahren haben noch eine Aktienquote von 20 Prozent,
entsprechend erhöht sich der Anteil von Fixed Income auf
70 Prozent. Und die Alternatives bleiben unverändert bei
10 Prozent.
DREISEIDLER: Dankeschön. Das Wort an Sie, Herr Dr. Hanssler.
HANSSLER: Wenn Sie mir erlauben, würde ich vielleicht
noch einen Satz zur Spendenbox sagen wollen.
DREISEIDLER: Ja, sehr gerne.
HANSSLER: Und zwar war das eine wunderschöne
Überleitung: Denn die Gerda Henkel Stiftung hat gerade
eine Million Euro für Wiederaufbaumaßnahmen für
Katmandu und andere Regionen in Nepal zur Verfügung
gestellt. Wenn das alle machen, hätten wir schon einen
Investorenpanel
ordentlichen Beitrag für die Spendenbox zusammen.
Vielen Dank.
Die Stiftung ist keine Stiftung des Henkel Konzerns, sondern
eine Stiftung der Familie mit einem Kurswertvermögen
von rund 800 Millionen Euro. Wir sind sehr untypisch in
unserer Geldanlage, indem wir eine Aktienquote von
über 80 Prozent haben und die restlichen 20 Prozent sich
verteilen auf ungefähr 8 Prozent Obligationen, rund 3,5
Prozent Immobilien, etwa 3,5 Prozent Cash, dann rund
2 Prozent Private Equity und minimale Expositionen in
Hedgefonds und Mikrokrediten.
DREISEIDLER: Danke sehr, Herr Dr. Hanssler. Herr Weßling,
wenn ich Sie bitten dürfte.
WEßLING: Also zu meiner
Kasse, ich bin ja jetzt im
Gerther Sanierungsvorstand
der BaFin und muss die Kasse
wiederbeleben. Es ist eine
kleine Kasse, wenn ich von
Verband spreche, Sterbekassenverband selber, da haben
wir so eine Allokation 0,3
Prozent Aktien, 88 Prozent
Paul Weßling,
Gerther Versicherung
Fixed Income, dann etwas
Immobilien und dann war es
das. Also ein sehr einfaches Portfolio mit wenig Risiko und
leider auch wenig Rendite. Das ist der Nachteil.
DREISEIDLER: Vielen Dank. Damit würde ich gerne mit
einer Publikumsbefragung anknüpfen und bitte die
Technik diese freundlicherweise einzublenden. Zudem
darf ich das Auditorium bitten, eifrig zu dem „Votingtool“
zu greifen. Die Frage, welche ich an Sie richten möchte ist,
wo Sie die größten Investmentopportunitäten auf Sicht der
nächsten ein bis zwei Jahre sehen. Zur Auswahl steht Nr.1
Absolute Return, Nr.2 Rohstoffe, Nr.3 Equities (long only),
Nr. 4 Fixed Income, Nr.5 Infrastruktur, Nr. 6 Private Equity,
Nr.7 Real Estate, Nr.8 Secured Loans, Private Debt und Nr.9
Sonstiges worunter z.B. Alternative Beta, Insurance Linked
Securities oder Volatilität fallen würden. Wenn Sie uns
da bitte kurz Ihr Voting geben, wo sehen Sie die größten
Opportunitäten auf Sicht der nächsten ein bis zwei Jahre?
So die Ergebnisse liegen vor.
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Grunde jede Woche neue Aktienmarkthöchststände
gesehen haben. Jetzt am aktuellen Rand ist es dagegen
ein bisschen ungemütlicher. Jetzt hat Ihr Haus, Sie
haben es eben dargelegt, recht hohe Aktienquoten.
Was heißt das jetzt für Sie? Heißt das Nachkaufen
im „Dip“? Heißt das, Sie fangen an abzusichern? Oder
sagen Sie, Opportunität hin oder her, das kümmert uns
gar nicht, wir fahren da einfach unseren Weg mit den
bestehenden Allokationen weiter?
Lassen wir die Umfrageergebnisse kurz auf uns wirken.
Und ich schaue zu Frau Klinnert rüber und frage: erstaunt
Sie das Ergebnis?
MÜLLER: Genau. Also zuerst möchte ich mal feststellen,
wir sind natürlich auf einer Alternatives Konferenz, dass
jetzt natürlich auch das Ergebnis kommt, das Alternative
Investments die besten Opportunitäten bieten,
verwundert allein schon deshalb nicht…
KLINNERT: Nein.
DREISEIDLER: Was wäre Ihre Antwort gewesen auf, wo
sehen Sie die Opportunitäten in den nächsten ein bis zwei
Jahren?
KLINNERT: Für uns ist das weniger eine Sache von
Opportunitäten, sondern einfach eine Frage, wo können wir
unseren Rechnungszins noch erwirtschaften ohne uns den
Kopf zu stoßen. Und da fällt der gesamte Anleihenbereich
im Investment Grade Rating eigentlich raus. Das Portfolio,
was wir aktuell haben, hat eine Marktverzinsung von 0,8
Prozent, wenn wir es heute neu kaufen würden. Das heißt,
so geht es nicht weiter. Und da ist natürlich eine Tendenz
zu Real Assets, weil wir, denke ich, an einer guten Stelle im
Konjunkturzyklus stehen und noch Spreads drauf stehen.
Und dann eben Alternativen, wie Infrastruktur et cetera pp.
Aber es ist schon schwierig, wir müssen uns alles angucken
in der Strukturierung in der rechtlichen Gestaltung, in der
Risikoabbildung und so weiter. Und wir müssen auch auf
die BaFin achten, es gibt noch kein neues Rundschreiben
zur Anlageverordnung, also wir haben verschiedene
Themen neben dem Inhaltlichen da. Insofern überrascht
mich das Ergebnis nicht, vielleicht kommen wir nachher
noch mal auf das Thema.
DREISEIDLER: Okay, dankeschön. Herr Müller, wenn ich
mir jetzt Aktien (Long Only) anschaue, diese Assetklasse
schneidet ja immer noch recht stark ab. Ich frage mich,
ob die Zustimmung für Aktien noch grösser gewesen
wäre, wenn wir diese Umfrage vor drei Wochen
gemacht hätten. Da war ja noch eine Phase, wo wir im
Investorenpanel
DREISEIDLER: Sie wollen uns doch hier nicht mangelnde
Neutralität unterstellen? (lacht)
MÜLLER: Nein, natürlich nicht. Mit den Opportunitäten ist
es natürlich so eine Sache. Ich habe es eingangs erwähnt,
wir haben momentan ein Volumen von etwa 4 Milliarden
Euro. Da wäre es natürlich allein schon volumenmäßig
schwierig aus der bestehenden Allokation auszubrechen
und signifikante Beträge mit sichtbarem Effekt in vermutete Opportunitäten reinzustecken, die man auf ein bis
zwei Jahre sieht. Wir als Pensionsfonds verfolgen natürlich ohnehin einen systematischen Ansatz, der sich durch
Asset oder Asset Liability Studien ergibt. Und da sehen
wir natürlich auch, dass speziell die Fixed Income Seite
wegen des sich verschlechternden Rendite-Risiko-Profils
im Grundsatz deutlich zurückgeht. Aber das ist eben
explizit auch eine Prämisse in unseren Annahmen, die
als Inputfaktoren in die Asset Liability Studien eingehen
und insofern ist es jetzt nicht so, dass wir sagen, oh, wir
sehen jetzt grade eine tolle Opportunität, die setzen wir
um, sondern es ist immer Ausdruck unserer systematisch
durch die Asset Studien bestimmten Asset Allocation. Und
dort ist es natürlich auch, wie gesagt, der Fall, dass Aktien
und alles, was mit Realwerten zu tun hat, momentan aus
unserer Sicht attraktiver sind. Aber generell haben wir
auch die Überzeugung, dass Realwertanlagen auf jeden
Fall auf lange Sicht deutlich überlegen sind. Und das
haben wir auch vorhin schon gehört im Vortrag von LGT
mit den Stiftungen, die einen ähnlichen Ansatz haben.
15
DREISEIDLER: Gut, ich denke, dass Fixed Income
unattraktiv ist, da sind wir uns alle einig. Jetzt können
oder wollen viele Investoren nicht den Weg über Aktien
oder Realwerte gehen. Könnte man sich da nicht die Frage
stellen, was relativ nah an Fixed Income liegt und zugleich
noch einigermaßen attraktive Renditen verspricht. Mit
Blick auf unser Umfrageergebnis wäre das der Bereich
Senior Loans/ Private Debt – also im Grunde coupontragende Investments mit einer hohen Besicherung. Ist das
jetzt ein Weg, den Sie als Haus gehen würden?
MÜLLER: Ich will es nicht
ausschließen, dass das auf
uns auch noch zukommt.
Bislang sprachen eben
unterschiedliche
Gründe
dagegen, sei es die Anlageverordnung, sei es auch
Fragen wie: darf ich aus
einem Spezialfonds raus
Kredite vergeben oder
Rainer Müller, Robert Bosch
GmbH
brauche ich eine Lizenz
dafür?
Zumindest
das
Thema Anlageverordnung schaut ja mittlerweile positiver
aus, das heißt für uns als Pensionsfonds dann die Pensionsfonds-Kapitalanlagenverordnung, aber die sind sicher
praktisch identisch in den Bereichen. Da müssen wir mal
schauen, die scheint zumindest mal halbwegs positiv zu
sein, so dass es die Anlageklasse im Grundsatz öffnet. Aber
es gibt, wie gesagt, eben auch noch andere regulatorische
Hürden, die dem momentan noch so ein Stück weit entgegenstehen, wo wir es mal abwarten müssen in der näheren
Zukunft, ob sich auf der Seite was tut oder nicht.
DREISEIDLER: Okay. Also rein von der „Investmentlogik“
her passend aber aufgrund von regulatorischen Themen
noch problematisch. Wir werden diesen Punkt nachher
noch aufgreifen.
MÜLLER: Man ist eben auch lang gebunden. Man
muss sich schon im Klaren sein, dass es im Grundsatz
ein illiquides Investment ist und insofern auch einen
Liquiditätsaufschlag bedarf. Und die Spreads zum
regulären Fixed Income sind jetzt auch nicht mehr so hoch,
wie sie es mal waren. Und da stellt sich dann schon die
Attraktivitätsfrage zusätzlich zu den Regulierungsthemen.
Investorenpanel
DREISEIDLER: Gut. Danke. Herr Dr. Hanssler, wo sehen Sie,
wo sieht Ihr Haus interessante Opportunitäten? Deckt sich
Ihre Denke mit dem Ergebnis unserer Befragung?
HANSSLER: Ja, bedingt. Ich würde Herrn Müller
zustimmen, dass die Umfrage vielleicht schon ein bisschen
dadurch geprägt ist, dass wir heute bei einem Verband
zu Gast sein dürfen, der sich stark für die Alternativen
Anlagen und damit auch für Private Equity einsetzt. Was
ja gar nicht schlecht oder verwerflich ist in irgendeiner
Weise, ganz im Gegenteil. Also wir bauen unsere Private
Equity Investments gegenwärtig tatsächlich noch aus.
Auch das ist für die deutsche Stiftungslandschaft nicht
unbedingt typisch. Wir machen uns ein bisschen Sorgen,
weil Private Equity halt schon immer auch recht parallel
zu den Aktienmärkten läuft, was im Hinblick auf die
Diversifizierung unserer Vermögensanlage nicht so ganz
optimal ist. Was mich sehr wundert - aber das liegt sicher
daran, dass ich von den Panelteilnehmern, wahrscheinlich
auch von Ihnen allen hier im Raum, am wenigsten von
Finanzen verstehe - ist, dass Real Estate so schlecht
abschneidet. Das mag vielleicht für Deutschland oder
Europa einen Hintergrund haben, aber wir verdienen
beispielsweise mit REITs in den USA und in Asien im
Moment noch recht gutes Geld.
DREISEIDLER: Ja, dass Real Estate so schwach abschneidet
hat mich auch sehr verwundert. Herr Weßling, von Ihrer
Seite noch irgendwelche Gedanken welche noch nicht
diskutiert wurden? Vielleicht zum Thema Absolute Return
oder Commodities?
WEßLING: Absolute Return für kleine Kassen, wenn ja, im
UCITS-Mantel, das ist eine Möglichkeit, die wir machen
können. Private Equity auch nur im indirekten Investment.
Beteiligungen sind eher nicht so das Spielfeld von
kleineren Versicherern, aber Private Equity, wobei wir da
natürlich auch die Regulierungsgrenzen vom KAGB und
vom Steuerrecht beachten, man muss ja aufpassen, was
da passiert. Private Debt vielleicht in der Verbindung mit
Immobilienfinanzierung, ist auch etwas, was wir indirekt
spielen können. Aktien in Direktbestand ist für uns keine
große Assetklasse, also wir müssten dann schon traden,
es gibt einen Versicherer, der halt diese Möglichkeiten
nutzt. Da ist die Haltedauer von einer Aktie 16 Tage,
aber er schlägt regelmäßig um, das schafft aber nur
außerordentliche Erträge und kein laufendes Einkommen.
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Also Absolute Return ja und auch Private Debt, aber dann
im Fondsmantel ist für uns eine Alternative.
DREISEIDLER: Okay. Ich würde gerne noch mal den Punkt
von Herrn Dr. Hanssler aufgreifen. Ich bin, wie bereits
erwähnt, ebenfalls überrascht, dass dem Bereich Real Estate
von Seiten unseres Auditoriums nicht mehr zugetraut
wird. Insofern möchte ich jetzt die Eingangsfrage mal
umdrehen und von Ihnen wissen, welches die Bereiche
sind, wo Sie den „Zug schon abgefahren“ sehen. Ist Real
Estate solch ein Thema? Wir haben vorhin im Vortrag
von Herrn Dr. Weidenfeld von der Gothaer Versicherung
gehört, dass es bspw. bei Infrastructure Debt schon sehr
dünn wird, zumindest wenn man in Europa bleibt. Wo
sehen Sie Bereiche, Themen, Dinge, wo Sie sagen, na ja,
das ist schon gelaufen? Haben Sie dazu Gedanken, Frau
Klinnert?
KLINNERT: Ja, das ist für uns auch eher wieder so ein
Thema Rechnungszins. Wir müssen jedes Jahr knapp 8
Prozent wirkliches Neuvolumen anlegen, und wenn wir
dann sagen, wir können aber nicht in die klassischen
Anlageklassen investieren, dann machen wir das ein
paar Mal und dann sind alle Quoten eigentlich voll, die
wir irgendwie bedienen dürfen an Alternatives, Aktien
et cetera. Und insofern muss man immer auch wieder ein
bisschen Anleihen aufnehmen. Und dann ist es eher so
eine Frage, wie komme ich dann wieder in der Mischung
auf meinen Rechnungszins. Und da kann ich schon
nachvollziehen, dass im Immobilienbereich zum Beispiel,
wenn man eine schöne Bestandsimmobilie kaufen will, ich
sage jetzt mal, Wohnen, Core, irgendwo zentrale Lage, da
ist nicht mehr viel drauf, das funktioniert nicht. …
DREISEIDLER: Über welche „Hausgrösse“ sprechen wir da
nach Ihrer Einschätzung?
KLINNERT: Ich denke unter 3 Prozent.
DREISEIDLER: Unter 3 Prozent!?
KLINNERT: Und da muss man schon mit Fremdkapitalhebeln arbeiten, da muss man dann wirklich dran glauben,
dass es auf lange Sicht so geht, dass die Kalkulationen
stimmen, dass die Finanzierungssätze so bleiben. Und da
wird es dann schon plötzlich irgendwie sehr eng. Und das
ist auf keinen Fall ein Beitrag zu der Null oder Null Fünf oder
Investorenpanel
Null irgendwas Verzinsung der Anleihen. Insofern kann
ich schon nachvollziehen, dass man dann sagt, nee, dann
gucke ich lieber Infrastruktur an, das ist noch attraktiver
gepreist, da kriege ich noch unreife Renditen sozusagen,
die aber deutlich höher ausfallen. Und vielleicht ähnliche
Risiken oder ähnliche Korrelationsbeiträge zeigen in den
ALM-Studien. Also das ist schon nachvollziehbar.
DREISEIDLER: Okay, vielen Dank. Herr Müller von Ihrer
Seite aus Dinge, wo Sie sagen, da wird es jetzt schon eng
oder da ist der Zug schon abgefahren?
MÜLLER: Ich hatte es eben ja schon anklingen lassen.
Unsere Asset-Studien deuten schon drauf hin, dass
gerade die sicheren Staatsanleihen, Pfandbriefe et
cetera momentan ein recht unattraktives Risiko-RenditeProfil haben. Wenn wir jetzt nicht irgendwelche
Untergrenzen einziehen würden, so dass wir noch eine
Mindestallokation haben, dann hätten wir in dem Bereich
tatsächlich eine Allokation von Null gesehen. Und ob es
dann wirklich dauerhaft so der Fall wäre, ist eine andere
Frage. Wir können natürlich auch nicht jedes Jahr unser
Portfolio auf den Kopf stellen und ziehen deshalb auch
eine Untergrenze gerade für diese Anlagen ein. Das heißt,
innerhalb von unseren sicheren Anleihen, wir nennen es
Sicherheitsanker, haben wir 25 Prozent in sehr sicheren
Staatsanleihen mit Mindestrating AA. Und ich muss ganz
ehrlich sagen, die letzten Jahre hat es sich dann trotzdem
bewährt auch dran festzuhalten. Vor zwei Jahren, als
ich auf dem Podium saß, da war der 10-Jahreszins für
Bundesanleihen bei 1,5 Prozent, heute ist er deutlich tiefer.
Das heißt, es gab auch in den letzten zwei Jahren noch
gute Erträge zu erzielen, wenngleich wir das in diesem
Ausmaß nicht erwartet hätten. Die Luft wird natürlich
immer dünner, aber wer weiß, vielleicht laufen wir auch
weiter Richtung Schweizer Verhältnisse, dass wir auch
deutliche Negativzinsen haben. Zumal die EZB ja auch
fleißig genau diese Anleihen aufkauft. Ich stelle mir aber
auch die Frage, wenn es mal wieder eine Krise gäbe, wohin
fließt denn das Geld, wenn nicht in sichere Staatsanleihen?
Wir hatten vor einigen Jahren bei Lehman die Situation,
da war das Zinsniveau bei 4 Prozent, da kann man auch
mal in die sicheren Anlagen fliehen, und hat immer
noch langfristig auskömmliche Renditen. Bei 10-jährigen
Staatsanleihen mit ja nicht nennenswerten Prozentsätzen
irgendwo bei einem halben Prozent Maximum, könnte
das keine wirkliche Dauerlösung sein.
17
DREISEIDLER: Hoffentlich...
MÜLLER: Ja. Für uns heißt es aber auch, dass wir unsere
Alternative Investments deutlich ausbauen. Betrifft
eigentlich auch die meisten Anlageklassen, die hier
draufstehen in der Auswertung. Private Equity haben wir
erst aufgestockt, bei Infrastruktur sind wir gerade dabei.
DREISEIDLER: Equity oder Debt?
MÜLLER: Equity, ausschließlich Equity. Und Real Estate
stocken wir tatsächlich auch signifikant auf, um auf die
Anmerkung von Herrn Hanssler zurückzukommen. Und da
haben wir insgesamt jetzt bei den genannten Investments
auch eine Pipeline von über einer Viertelmilliarde
Euro. Die würden uns dann auch sehr schnell an unsere
Zielquote von 10 Prozent ranführen. Momentan sind
wir bei knapp 8 Prozent. Wir werden die Zielquote für
Alternative Investments in absehbarer Zeit erreichen und
dann die strategische Quote perspektivisch vielleicht auch
Richtung 15 Prozent ausbauen.
DREISEIDLER: Dankeschön. Herr Dr. Hanssler, von Ihrer
Seite aus Gedanken zum Thema „abgefahrener Zug“?
Vielleicht abgesehen von Staatsanleihen?
HANSSLER: Das Wesentliche ist gesagt. Ich würde vielleicht
nur noch ergänzen: „Unternehmensanleihen“. Alles andere
wurde schon erwähnt. Gerade im Stiftungssektor trauert
man ganz besonders den guten Zeiten hoher Renditen
aus den Staatsanleihen nach.
Herr Müller sprach es eben an. Vor 10, 15 Jahren 4 bis 5
Prozent und mehr, aber man vergisst dabei recht schnell,
dass wir damals auch ganz andere Inflationsraten hatten.
Das muss man eigentlich immer mit dazu denken, wenn
wir alle hier im Jammertal versinken.
DREISEIDLER: Ja, in der Tat.
HANSSLER: Was wir nutzen zurzeit sind Reserven, die wir
heben und senken unseren Rechnungszins der Bilanz bei
Deckungsrückstellung, das immunisiert uns ein bisschen.
Und wir können weiter in diese Assetklasse investieren,
ohne dem Delta der Zinsen weiter so groß ausgeliefert
zu sein. Und dann denken wir aufgrund der Initiative von
Herrn Dobrindt und dem Ministerium zur Ankurbelung
Investorenpanel
von Infrastrukturmaßnahmen, dass das Angebot halt
größer wird. Immobilien würden wir gerne machen, uns
sind aber die Hände gebunden, was die Publikumsfonds
angeht, über die Anlageverordnung können wir in diese
Vehikel nicht investieren. Und einige versuchen es ja auch
hier sich zu arrondieren, um halt Spezialimmobilienfonds
zu machen. Publikumsfonds generell ist ja die Gefahr
der Körperschaftssteuer, die noch nicht ausdiskutiert
ist, und dass wird halt für körperschaftssteuerbefreite
Investoren ein nachhaltiges Problem. Das muss man
sehen. Also vordergründig werden wir weiter an Fixed
Income festhalten, zwar nicht unbedingt jetzt deutsche
Staatsanleihen und es werden mehr europäische
Staatsleihen diversifiziert im Fonds.
DREISEIDLER: Bei den Griechen steht ja einiges drauf….
(lacht)
WEßLING: Ja. Die Italienische ist schon tot, da haben wir
eine Affinität als Sterbekasse. Ich sage mal, außerhalb dieser
Risiken, die wir einschätzen können. Vielleicht werden wir
an Fixed Income festhalten müssen.
DREISEIDLER: Okay. Greifen wir mal einen Punkt auf,
wo ich weiß, Herr Weßling, dass Sie sich sehr intensiv
mit dem Thema auseinandersetzen. Es geht mir dabei
um einen Aspekt, der im Rahmen des letztjährigen
Investorenpanels als Haupthinderungsgrund für höhere
Allokationen in Alternative Investments erarbeitet
wurde und zwar die Regulierung. Herr Müller hat vorhin
zudem einen Kommentar in dieselbe Richtung gemacht
– nämlich, dass Senior Loans/Private Debt grundsätzlich
interessant seien aber zu viel regulatorische Unklarheiten
bestünden. Jetzt haben wir seit März die lang erwartete,
neue Anlageverordnung – hilft diese, die regulatorischen
Probleme zu lösen? Und wenn nein, wo müssen wir
jetzt noch ansetzen, dass die verbliebenen Hemmnisse
schlussendlich dann wirklich ausgeräumt werden können?
WEßLING: Also der Herr Müller darf ja mehr als ein
Versicherer. Im Private Debt Bereich darf er das Doppelte
von mir. Und ich muss es noch auf meine Aktienquote
anrechnen. Er nicht. Also die Beweglichkeit ist im
Rahmen von „Defined Benefit“ etwas eingeschränkt, als
im Defined Contribution Bereich. Das ergibt sich aber
aus dem Versicherungsgeschäft. Die Anlageverordnung
selber ist ein vager Versuch, etwas mehr Beweglichkeit
18
zu produzieren bei den Versicherern. Für viele ist sie nicht
mehr bindend. Frau Klinnert und ich sind weiter an das
Regelwerk der Anlageverordnung gebunden. Für große
Versicherer spielen künftig andere Steuerungsgrößen
eine Rolle. Die Risiken, die man eingehen kann oder die
Möglichkeiten der Anlageverordnung sind für mein
Empfinden ausreichend. Man schützt sich vor sich selber,
gewisse Assetklassen zu überreizen. Die Gefahren liegen
an und für sich bei vielen Versicherern und wir sind ja
grundsätzlich wie auch Pensionskassen alle steuerbefreit,
im Zusammenspiel mit dem KAGB und mit dem
Investmentsteuergesetz. Das sieht man vordergründig
nicht in der Anlageverordnung, aber je nachdem, wenn
man falsche Entscheidungen trifft, investiert in illiquide
Assets innerhalb eines Fonds, kann man sich von dem
Fonds nicht trennen. Und je nachdem, wie sich dann
das Finanzamt entscheidet, bis zum Ende des Jahres
2016 muss man halt dieses Privileg eines steuerfreien
Sondervermögens opfern, weil die falschen Assets drin
sind. Also da muss man wirklich dreimal nachdenken über
die Entwicklung eines Investments, um sich steuerlich
nicht zu infizieren. Ansonsten halte ich die Möglichkeiten
der Anlageverordnung den Ressourcen der Anleger,
Pensionskasse und regulierten kleineren Versicherer
für angemessen. Weil wir haben ja auch nicht diese
Ressourcen einer Talanx oder einer AXA oder einer Allianz.
DREISEIDLER: Danke für Ihre Anmerkungen dazu. Herr
Dr. Hanssler kann sich bei dem Thema Anlageverordnung
als Stiftung ganz entspannt zurücklehnen und sich
freuen. Dass ist bei Ihnen beiden Frau Klinnert, Herr
Müller jetzt nicht so ganz der Fall. Gibt es von Ihrer Seite
noch Anmerkungen, wo der Schuh jetzt noch drückt?
Steuerliche Infektion lassen wir mal außen vor. Gibt es
noch andere Dinge, wo Sie sagen, ja, wenn wir „dieses und
jenes“ hätten, wenn das „soundso“ wäre, dann würde auch
Tür und Tor offenstehen für mehr Alternative Investments?
MÜLLER: Ich kann gern beginnen. Also ich glaube
grundsätzlich die neue Pensionsfondskapitalanlageverordnung und die Anlageverordnung sind für uns neutral
bis leicht positiv. Sie eröffnet eben möglicherweise neue
Möglichkeiten im Bereich Private Debt, Infrastruktur
Debt. Ich hatte vorhin auf zwei, drei offene Punkte
noch hingewiesen mit der Kreditvergabe, ob es aus
dem Spezialfonds heraus erlaubt ist. Aber ansonsten
ist es erstmal leicht positiv für uns, zumindest nicht
Investorenpanel
negativ und das ist auch schon mal was. Ansonsten sehe
ich es ein bisschen anders. Ich glaube, dass man das
Investmentsteuerthema nicht gänzlich ausschließen kann.
Zumindest für uns ist es ein Thema, was die nächsten ein
bis zwei Jahre, so lange die Übergangsfrist noch gilt, ein
sehr Schwerwiegendes sein wird. Wir sind momentan
jetzt schon in Diskussionen mit unserer KVG, welche
Vermögensgegenstände unter dem Investmentsteuergesetz gut sind und entsprechend zulässig sind, um
den Steuerstatus nicht zu verlieren. Und da wird man jetzt
jedes einzelne Investment noch anschauen müssen, weil
nicht für alle vor Inkrafttreten getätigten Investments ein
Bestandsschutz greift. Ansonsten leiden wir auch unter
anderen Gesetzen, sei es im KAGB eine für Spezialfonds
geltende 20 Prozentquote im Bereich nicht notierter
Beteiligungen, wo wir uns immer dran orientieren müssen.
Hintergrund ist, wir haben unsere Alternative Investments
in einem deutschen Spezialfonds gebündelt, haben
dort die fünf Assetklassen Private Equity, Infrastruktur,
Rohstoffe, Immobilien und Absolute Return. Private Equity
und Infrastruktur sind insofern zu jeweils 20 Prozent in
dem Fonds gewichtet, werden aber meistens in einer
nicht notierten Beteiligung angeboten. Das heißt für uns,
eigentlich müssen wir uns für eines entscheiden, wenn wir
nicht eine Struktur noch teuer einkaufen und bezahlen
wollen. Oder müssen eben Anlagen außerhalb von der
Quote erst aufbauen, um dann Investments innerhalb
von der 20-Prozentquote tätigen zu können. Das ist nicht
einfach. Aber auch das AIFM-Steueranpassungsgesetz
hat uns schlecht in die Karten gespielt, weil es eben dort
auch eine entsprechende Regelung gibt, die besagt,
dass man keine Personengesellschaften mehr zeichnen
darf, wenn man seinen Steuerstatus nicht verlieren will,
ansonsten unterliege ich voll der Körperschaftssteuer und
Gewerbesteuer. An Kapitalgesellschaften darf ich mich zu
maximal 10 Prozent beteiligen. Und diese Punkte stellen
uns schon vor große Herausforderungen, was auch die
Produktauswahl betrifft. Im Prinzip haben jetzt große
Megafonds einen deutlichen Vorteil, weil kleine Fonds mit
einem Volumen von 200 Millionen Euro kommen eigentlich
für uns schon fast gar nicht mehr in Frage. Die 200 Millionen
Euro verteilen sich oft auf zwei Vehikel, in aller Regel eine
Personengesellschaft und eine Kapitalgesellschaft. Ich
habe es gerade eben gesagt, Personengesellschaft dürfen
wir aus einem Spezialfonds heraus nicht mehr erwerben.
Kapitalgesellschaften nur noch in Höhe von maximal 10
Prozent des Zeichnungskapitals. Das heißt für uns im
19
Umkehrschluss, bei 10 Millionen Euro wäre da Schluss,
wenn die gewünschte Kapitalgesellschaftsstruktur 100
Mio. EUR groß wird, und das steht auch erst beim final
closing fest. Und in unseren Größenordnungen lohnt es
sich schon fast nicht mehr, weil es schon ein erheblicher
Aufwand ist, den wir reinstecken müssen.
Investorenpanel BAI AIC 2015
DREISEIDLER: Ja ok, das ist absolut nachvollziehbar.
MÜLLER: In Due Diligence bei der Auswahl und später
auch in der Nachverfolgung…
DREISEIDLER: Monitoring etc, ja genau. Dankeschön. Gibt
es noch etwas hinzuzufügen, Frau Klinnert?
KLINNERT: Ja, ich glaub, das ist generell das Thema,
dass der Aufwand tatsächlich hoch ist. Und wir sind jetzt
auch keine besonders große Kasse. Wir haben jetzt nicht
so viel Manpower zur Verfügung und dann steht man
plötzlich da, muss steuerliche Themen beachten, muss
regulatorische Themen einbeziehen, rechtliche Risiken
beachten. Ich denke auch, wir haben eine Erleichterung
in Richtung Einordnung und Investierbarkeit erfahren, das
würden wir im Zweifel hinkriegen. Aber wir müssen auch
die Risikotragfähigkeit darlegen, wir müssen darlegen, wie
haben wir das jetzt angerechnet, wir müssen die BaFin
überzeugen, dass wir das können, auch organisatorisch
wieder, Monitoring, Legal Due Diligence. Also es gibt
jede Menge Fallen in die man rein laufen kann, es ist
einfach noch nicht leicht umzusetzen. Vor allem dann
in so einer Größenordnung, wie wir, wo man dann noch
sagen muss, okay, dann muss man dann in Vehikel gehen,
die schon fertig vorbereitet sind, wo dann vielleicht die
Kosten weglaufen und dann eben einen ganzen Teil der
Risikoprämie auffressen, die man aber eigentlich bräuchte
Investorenpanel
für die Anlageklasse, weil sie eben nicht risikofrei ist. Und
das ist, glaube ich, noch das große Thema.
DREISEIDLER: Ich fasse zusammen, es gibt also doch noch
einige Baustellen, was uns ja nicht wirklich verwundert.
Ich möchte dann an dieser Stelle das Thema Regulierung
wieder verlassen und würde gerne mit Ihnen ein kleines
Gedankenspiel machen. Und zwar derart, dass ich Sie
fragen möchte: wenn Sie sich jetzt vorstellen, dass das
heutige Zinsniveau in fünf Jahren von heute an immer
noch genau gleich ist und auch alle anderen Assetklassen
da stehen, wo sie jetzt stehen, wie sähe dann Ihr Portfolio
in 5 Jahren aus? Sie wissen, worauf ich hinaus will. Dann
können Sie Ihre höherverzinslichen Altbestände kaum
noch retten, da bis dahin das meiste schon fällig geworden
sein dürfte. Frau Klinnert, fangen wir bei Ihnen an.
KLINNERT: Fünf Jahre würden uns tatsächlich noch reichen,
weil wir natürlich jetzt die Quoten aufbauen können. Wir
haben jetzt wirklich die komfortable Situation, dass wir
Real Assets aufbauen können. Aber trotzdem, wenn man
sich das dann weiterdenkt, dann reicht es irgendwann
nicht mehr. Und ich glaube, wir würden unser Portfolio
aber trotzdem nicht signifikant umstrukturieren, eben
wegen unserer Größe, wegen unserer Risikotragfähigkeit
und so weiter, nicht. Kassen wie wir müssen dann eher
an die Passivseite rangehen, an den Rechnungszins. Weil
das letztendlich nicht anders geht. Oder wir müssen drum
bitten, dass wir mehr Risikotragfähigkeit durch die Träger
zur Verfügung gestellt bekommen. Aber wir können nicht
das Portfolio komplett umstrukturieren in Alternatives,
Equity und Infrastruktur. Auch, wenn es die Regulierung
jetzt hergeben würde, aber es wird dann zu volatil. Wir
könnten dann die laufenden Erträge bzw. Anforderungen,
die wir von der Passivseite im Moment brauchen, nicht
mehr zuverlässig abdecken.
DREISEIDLER: Danke sehr. Herr Dr. Hanssler, Gedanken
dazu von Ihrer Seite, wie sähe Ihr Portfolio aus?
HANSSLER: Das ist sehr einfach: Ganz genauso. Wir
haben im vergangenen Jahr so um die 9 Prozent Rendite
erwirtschaftet und gehen davon aus, dass das in diesem
Jahr ähnlich sein wird. Aber ich muss noch mal betonen,
das ist für eine Stiftung sehr, sehr untypisch. Und viele
der Kolleginnen und Kollegen müssen, glaube ich,
dringend ihre Asset Allokation verändern, weil sich für
20
einige Stiftungen jetzt schon abzeichnet, dass sie ihren
Förderverpflichtungen nicht mehr im vollen Umfang
nachkommen können. Und ganz offen gestanden verstehe
ich die große Scheu vor dieser Veränderung nur bedingt.
Bei einem Versicherungsunternehmen ist das natürlich
anders, vor allem aufgrund der staatlichen Regulierung.
Aber die privatrechtlich organisierten Stiftungen sind
ja vergleichsweise frei in der Wahl ihrer Finanzanlagen.
Deswegen, wie gesagt, für uns keine Veränderung. Aber
ich denke, für einen ganz großen Teil der deutschen
Stiftungen steht eine Veränderung an, die aus meiner
Sicht nur dahin gehen kann, Equity zu verstärken.
DREISEIDLER: Interessanter Punkt und bleiben wir
doch dann für den Moment in dem Stiftungssegment.
Jetzt hat vorhin der Herr Pfaff von der LGT über die
Stiftungsanlagen der US-amerikanischen Universitätsstiftungen berichtet. Haben wir jetzt in fünf Jahren dann
auch in Deutschland Alternative Investmentquoten von
60 Prozent? (schmunzelt)
HANSSLER: Das glaube
ich nicht. Der Vergleich
hinkt übrigens und zwar
aus mehreren Gründen:
Harvard oder Yale haben ein
mehrstelliges Milliardenvermögen. Der Durchschnitt
der deutschen Stiftungen
liegt
wahrscheinlich
Dr. Michael Hanssler,
irgendwo bei eineinhalb
Gerda Henkel Stiftung
oder zwei Millionen EUR
Vermögen. Also das ist
schon ein großer Unterschied, da Sie große Vermögen
ganz anders diversifizieren können als kleine. Die
großen Uni-Stiftungen, wenn Sie mal die Finanzbeiräte
bzw. die Financial Boards sich anschauen, da sitzen Jim
Wolfensohn und andere hoch kompetente Leute mit
drin, die wissen schon, was sie tun. Der Hauptunterschied
besteht aber darin, dass Sie in Deutschland im Stiftungswesen einen Auftrag zur Erhaltung Ihres Kapitals haben.
Während die Amerikaner wiederum gesetzlich verpflichtet sind, mindestens 5 Prozent, es geht sogar in Richtung
6 Prozent, ihres Kurswertvermögens zum Jahresende
auszuschütten. Also ein völlig anderes Denken. Egal wie
die Märkte laufen, wenn es den amerikanischen Stiftungen
schlecht geht, bauen sie Mitarbeiter ab und streichen
Investorenpanel
ihre Förderzusagen zusammen. Also insofern hinkt der
Vergleich. Die Antwort auf Ihre Frage ist, dass ich nicht
glaube, dass wir amerikanische Verhältnisse bekommen.
Aber dem deutschen Stiftungssektor täte neues Denken
durchaus gut, übrigens auch im Hinblick auf Private Equity
und andere alternative Anlagen. Ich fürchte, selbst Private
Equity hat bei vielen der Kollegen immer noch diesen
„Heuschreckenruf“, dieses Heuschreckenimage. Von daher
wäre es gut, wenn man sich auch im Stiftungswesen ein
bisschen besser über alternative Anlagen informieren
würde.
DREISEIDLER: Der Vergleich war natürlich auch nicht so
ganz ernst gemeint, aber der „hinkende Vergleich“ bot
sich jetzt einfach an. Herr Weßling, das Ganze aus der
Versicherungssicht mit dem wohl engsten „regulatorischen
Korsett“. Was machen Sie und Ihre Kollegen fünf Jahre
weiter?
WEßLING: Herr Dombret (Bundesbank-Vorstand), hat
ja heute gesagt, es wird noch lange dauern mit dem
Niedrigzins. Versicherer müssen sich überlegen, baue ich
diese Teams auf, baue ich die Ressourcen auf, um mich
in alternativen Assets sicher bewegen zu können. Das ist
die Frage. Nehmen wir das Geld in Hand. Mittelständische
Versicherer bieten Kapitallebensversicherungen nur noch
ungerne an oder stellen das Produkt ein. Klassische Rente
nur bei Nachfrage. Und viele gehen eben in die Biometrie
rein, in die Todesfalldeckung, in die BU-Deckung. Also man
versucht von der Produktseite her, dieses Zins-Risiko auch
zu bearbeiten. In der Biometrie liegen noch Erfolgsquellen,
man lebt halt länger, als kalkuliert und damit ist in diesem
Bereich noch ein Risikogewinn erzielbar. Also die Frage
ist, gehen die Versicherer wirklich darauf ein und machen
das, was sie machen könnten im alternativen Bereich,
auch im Equity Bereich, auch im Private Debt Bereich?
Das würde aber bedeuten, dass man sich aus dieser
Buy and Hold Strategie verabschiedet. Das heißt, man
muss aktiv die Assetklassen bewirtschaften, bearbeiten,
recherchieren. Das wäre eine Möglichkeit. Ob man das
nun jetzt mit eigenen Teams macht, oder ob man sich
arrondiert mit anderen Versicherern oder Pools bildet.
Aber das ist die Frage, vor der die Versicherer stehen.
Noch sind die Teams nicht da. Ich spreche nicht von
den Großen, die sind Solvency-II-reguliert. Ich spreche
von den Versicherern, vielleicht mit einer Milliarde bis
zehn Milliarden under Management im ganz normalen
21
Lebensversicherungsgeschäft. Solche mittelständischen
Unternehmen, müssen sich die Frage stellen, wenn
sie in diese Assetklassen rein wollen, abgesehen vom
Eigenkapital, für Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit
ist es sowieso sehr schwierig, dem Risiko der Kapitalanlage
folgend angemessene Eigenmittel zu generieren. Man
hat ja nur sieben Garanten und die sind nicht unbegrenzt
belastbar. Und der Jahresüberschuss ist auch dadurch
belastet. Also da ist die Frage, wo die Versicherer jetzt am
Scheideweg sind. Manche machen so Business as usual,
Kopf in den Sand und weiter, irgendwann kommt wieder
die Zinsanhebung.
DREISEIDLER: Dankeschön auch für die Einschätzung dazu.
Ich würde nun gerne eine zweite Publikumsbefragung
durchführen. Die Frage ist, welche makroökonomischen
und geopolitischen Risiken Sie auf Sicht der nächsten ein
bis zwei Jahre sehen? Zur Auswahl stehen der Kollaps des
Euro, Inflation, Deflation, eine globale Wirtschaftskrise, Krieg/
Terror/Soziale Unruhen oder ein sogenannter „Schwarzer
Schwan“. Wenn Sie netterweise zum Voting-Tool greifen und
Ihre Stimme dazu abgeben könnten.
DREISEIDLER: Vielen Dank, aber bitte vergessen Sie nicht
unser Gedankenspiel: 5 Jahre weiter unter denselben
Kapitalmarktbedingungen wie heute?
WEßLING: Ja in fünf Jahren, wenn das so weitergeht,
wird man da hingehen müssen und muss die
Leistungsversprechen reduzieren. Unter Solvency II wie
unter Solvency I. Am Ende wird es der Versicherungsnehmer bezahlen müssen. Wenn wir als Kapitalanleger
den Rechnungszins nicht schaffen und ich möchte ja
nicht wissen, wie viel Versicherer dieses Jahr schon
durch den Stresstest gefallen sind oder Mühe hatten die
Anforderungen zu erfüllen. Es werden ja immer mehr von
Jahr zu Jahr. Weil die Prämissen von 2005 ja auch heute
nicht mehr zutreffen und danach ist der Stresstest ja
aufgebaut. Also ich denke mal, wenn man diese Zinsphase
überhaupt durchhalten möchte, wird man nicht drum
rumkommen, den Rechnungszins zu senken oder die
Leistungen zu korrigieren.
DREISEIDLER: Die Frage ist damit natürlich, wie attraktiv
diese Versicherungsprodukte dann noch auf der
Vertriebsseite sind, die damit einhergehen?!
WEßLING: Die Versicherer reagieren und gehen halt auf
Index- Fonds-Policen, Hybrid, Zwei-Topf-, Drei-Topf-Hybrid
und verlagern schon das Markrisiko auf den Kunden.
DREISEIDLER: Das Risiko auf die Kunden.
WEßLING: … auf die Kunden ja, ja. Aber man kann halt
den Versicherungsbestand nicht so schnell drehen, wie
der Kapitalmarkt wechselt, das ist das Problem.
Investorenpanel
So, die Ergebnisse liegen nun vor und ein ganz klarer
„Favorit“ ist der „Black Swan“, was so viel heißt wie das die
meisten von uns denken, dass etwas Schlimmes auf uns
zukommt, wir wissen nur nicht was es ist und wann es
zuschlägt. Recht stark ausgeprägt ist auch die Sorge um
eine Wirtschafts- oder Weltwirtschaftskrise. Zum Thema
Inflation vs. Deflation gewinnt hier klar das Deflationslager.
Inflation sieht dagegen kaum einer als Risiko für die
Kapitalanlage in den nächsten 1-2 Jahren. Recht hoch,
mit grob aufgerundeten 20 Prozent, liegt auch die Sorge
um den Zerfall des Euro. Das alles sind Aspekte, die nicht
unerheblichen Einfluss auf die Kapitalanlage haben
würden. Nehmen wir mal den Punkt 1, d.h. Eurokollaps.
Hier habe ich bereits von einigen Investoren aus dem
Family-Office Bereich gehört, dass die Sorge darüber
so groß sei, dass sie einen Großteil ihrer Assets in den
US-Dollar überführt haben. Auch aus dem Bereich der
regulierten Investoren ist mir zu Ohren gekommen, dass
das ein oder andere Haus die Fremdwährungsrisiken auf
das maximal zulässige Maß hochgefahren hat. Daher die
Frage an meine Panelisten, wo liegen aus Ihrer Sicht die
größten Gefahren und wie gehen Sie damit um? Wenn
Sie sich vielleicht einen Aspekt rausgreifen möchten, Frau
Klinnert?
22
KLINNERT: Ja, ich denke auch, unser Problem ist eher
dieses Black Swan Problem, dass wir immer häufiger
Ereignisse am Kapitalmarkt bekommen, die wir nicht
wirklich voraussehen können und die wirklich im Vergleich
zu den letzten, sage jetzt mal, 80, 90 Jahren doch deutlich
häufiger auftreten. Wir haben im Moment auch wieder
sehr politische Börsen, das ist ganz schwer einzuschätzen.
Auch Griechenland ist ein politisches Problem. Und da
kann man sich fast nicht gegen wappnen. Und insofern
ja, wir können nur gucken, dass wir irgendwie versuchen,
unsere Renditen zu bekommen mit einigermaßen sicheren
Anlagen und nicht zu viel Bewertungsrisiken nehmen, was
eben wieder dafür spricht, auch auf Sicht von fünf Jahren,
die Anleihequote doch nicht komplett runter zu fahren.
DREISEIDLER: Gut, Sie haben wie geschildert ein
sehr rentenlastiges Portfolio. Man kann da zumindest
hoffen, dass wenn der nächste „Black Swan“ kommt, die
Staatsanleihen immer noch der „sichere Hafen“ sind... aber
wer weiß. Herr Müller, von Ihrer Seite aus, sehen Sie es
ähnlich? Gibt es bestimmte Risiken, die Sie derzeit intern
diskutieren und sich dafür wappnen?
MÜLLER: Letztendlich sind alle die Themen relevant für uns,
so dass wir sie zumindest diskutieren. Ich glaube aber, dass
bei den ersten Vier, also Eurokollaps, Inflation, Deflation
und Economic Crisis die Notenbanken momentan alles
tun, um die entsprechenden Folgen abzumildern bzw.
es gar nicht dazu kommen zu lassen. Die EZB tut alles
gegen einen Eurokollaps. Sie bekämpft mit ihrer lockeren
Geldpolitik die Deflationstendenzen, die möglicherweise
kommen. Gleichzeitig stimuliert das Niedrigzinsniveau
auch die Wirtschaft und soll die Inflation auf ein moderates
Niveau bringen. Deshalb glaube ich, dass wir da
momentan eine sehr, sehr gute Unterstützung durch die
Notenbank haben. Terror, War, Social Unrest würde ich mal
laufen lassen unter dem Thema „politische Börsen haben
kurze Beine“. Und gut, gegen den Schwarzen Schwan ist
man nie gänzlich gefeit. Wobei ich aber momentan auch
glaube, dass es irgendwie abgefedert werden kann, je
nachdem wie groß der Schwan ist. Also Fukushima, wenn
wir so was mal als Black Swan nehmen, das war ein paar
Tage lang mal ein Thema und danach wurde aber auch
recht schnell wieder auf die Tagesordnung übergegangen.
Das eigentliche Problem möglicherweise sehe ich zum
Teil auch tatsächlich in der Notenbank selbst, deren Politik
sich inzwischen erheblich auf die Kapitalmärkte und die
Investorenpanel
Kapitalanlage auswirkt. Man sieht es auch die letzten Tage,
wie nervös speziell die Rentenmärkte sind, dass es da zu
einem unheimlich starken und schnellen Renditeanstieg
gekommen ist, wenngleich von extrem niedrigen Niveau.
Ich glaube jetzt nicht, dass es extrem schlimm ist. Aber
man kann es in Amerika schon beobachten, wenn sich
QE-Programme dem Ende nähern. Wenn es in Amerika
mal tausend Arbeitslose mehr oder weniger gibt, ja da
überreagieren die Börsen aus meiner Sicht auch gleich. Das
heißt, die Notenbank ist aus meiner Sicht nicht mehr nur
unterstützend und setzt die Randbedingungen, sondern
dominierend, so dass inzwischen zu viele Marktteilnehmer
darauf schauen, welche Formulierung die Fed-Vorsitzende
Janet Yellen gerade in dem neuesten Protokoll nutzt. Und
wenn sich was ändert, dann gibt’s sofort die Befürchtung,
dass die Notenbank die Zinsen erhöhen könnte. Und ich
sehe es aus unserer Perspektive ein bisschen anders, denn
uns als Langfristanleger kann es eigentlich nicht wirklich
interessieren, ob die Zinsen in Amerika oder in Europa
oder sonst wo zwei Monate früher oder später angehoben
werden um ein viertel oder halbes Prozent. Das wird
langfristig aus unserer Sicht keinen großen Einfluss
auf die Wirtschaft haben und damit auch nicht auf die
Kapitalmärkte. Was heißt das Ganze für uns? Diversifikation
zählt, um mal auf das Motto des BAI zu kommen. Und
selbstverständlich gehört auch ein ausgewogenes
Rentenportfolio weiterhin zur Basisausstattung von
Kapitalanlegern, auch wenn die Rendite-Risiko-Prämissen
momentan ein bisschen ungünstig erscheinen.
Rolf Dreiseidler, Charlotte Klinnert, Rainer Müller
DREISEIDLER: Aber noch mal konkret zu dem Punkt
Eurokollaps, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie der
Auffassung sind, dass die Notenbank alles im Griff hat und
sie uns davor bewahren wird? Denn das Umfrageergebnis
hier ist ja eigentlich ein Misstrauensvotum in dem Sinne,
23
dass ein nicht unerheblicher Teil der Audienz eventuell
den politischen Willen einer Rettung noch sieht, aber in
Frage stellt, ob der Euro überhaupt noch zu retten ist. Hat
ein solches Szenario für Sie einen Einfluss? Sagen Sie bspw.
auch, dass Sie vor diesem Hintergrund doch lieber ein
bisschen mehr Fremdwährungsexposure aufbauen? Oder
reicht Ihr Vertrauen in die Notenbanken so weit, dass Sie
diesbezüglich keinerlei Maßnahmen ergreifen?
MÜLLER: Ich hatte vorher ja kurz von unserem Sicherheitsanker erzählt. Also die 25 Prozent sicheren Staatsanleihen
und Pfandbriefe, die wir uns in unserem Rentenportfolio
halten. Das werden wir sukzessive ergänzen oder auch
Euroanleihen austauschen durch US-Treasuries, einfach
damit wir auch noch andere Schuldner haben, in die wir
anlegen können, und da weiter diversifizieren. Allerdings
hedgen wir es zurück in Euro. Das machen wir auf alle
Fälle. Aber wir haben eben die hohe Bonität der Vereinigten Staaten dahinterstehen. Andererseits wollen wir das
Fremdwährungsrisiko nicht tragen, weil bezogen auf eine
recht kleine Verzinsung, die es auch in Amerika gibt, wenn
gleich höher als in Europa, ist das Fremdwährungsrisiko da
doch deutlich ausgeprägter. Also wenn sich die Währung
mal um 10 Prozent verschiebt, dann wären das ja auch drei
oder mehr Jahreskupons, die wir wieder verlieren würden.
Aber nichtsdestotrotz ist bezogen auf die Eingangsfrage
nach dem Eurokollaps doch auch die Frage, was genau
versteht man darunter? Wenn ein Land ausscheidet, ich
weiß nicht, ob man da gleich vom Eurokollaps sprechen
muss. Müssen wahrscheinlich andere beurteilen. Aber
alles deutet darauf hin, dass man die Risiken in den Griff
bekäme. Umgekehrt gibt’s auch Länder, die noch nicht
in der europäischen Währungsunion sind. Beispielsweise Polen, die aus meiner Sicht deutlich reifer sind, als
manches Land, was schon drin ist. Und deshalb muss es
auch nicht immer in Stein gemeißelt sein, wenn ein Land
mal drin ist, muss es unbedingt auch drin bleiben. Es ist
schön, dass man politisch alles versucht, aber es ist schon
ganz schön zäh, alle zwei Wochen einen Gipfel, alle zwei
Wochen eine neue Deadline. Es heißt, da geht das Geld
aus, es führt alles zur Nervosität. Und vielleicht führt das
mal zu einem Black Swan.
HANSSLER: Eine institutionelle Wahrnehmung als
kleine Organisation haben wir dazu nicht. Ich habe eine
persönliche und gehe die einzelnen Punkte vielleicht kurz
durch: Über den Eurokollaps sprechen wir seit Jahren.
Deswegen glaube ich, dass sowohl die Notenbanken als
auch die Märkte darauf bereits ein Stück weit eingestellt
sind. Die Dramatik kann man trotzdem nicht einschätzen,
weil es kein historisches Vorbild gibt. Inflation, Deflation,
ich glaube weder an das eine noch an das andere.
Ökonomische Krise passt aus meiner Sicht in das Schema
nicht rein, denn eine ökonomische Krise ist ja eher eine
Auswirkung aus einem der anderen Events, die hier
aufgelistet sind. Also möchte ich das nicht bewerten.
Terror oder Krieg: Vielleicht unterschätzen wir den Konflikt
zwischen der Ukraine und Russland tatsächlich. Die
Lage in der Ostukraine, wenn man sich intensiver damit
beschäftigt, scheint so instabil, dass man sich sehr ernsthaft
Gedanken dazu machen muss. Wir können als mittelgroße
Stiftung darauf allerdings nicht wirklich reagieren oder
unsere Assetallokation danach ausrichten. Und ja, die
Black Swans: Das ist ja das alte Thema, damit befassen
wir uns eigentlich gar nicht. Weil wenn wir wüssten, was
kommt, dann könnten wir reagieren, sonst eben nicht.
Allerdings gibt es schon ein paar besorgniserregende
Dinge, auch Naturereignisse. Ich habe zum Beispiel
vor kurzem mal gelesen, dass unter dem Yellowstone
Nationalpark eine gewaltige Magmablase liegt. Und wenn
das Ding hochgeht, die Wahrscheinlichkeit ist relativ
gering, ich glaube bei 1:600 000 oder 1:700 000, aber
wenn, dann legt das Teil die USA erstmal eine ganze Weile
lahm. Also das wäre anscheinend wirklich gewaltig. Ich
vermute mal, ein großes Versicherungshaus wird sich mit
solchen Dingen intensiv und ernsthaft beschäftigen. Wir
können das nicht. Wir haben den Stab nicht dazu. Aber
ich finde, die Gäste hier im Raum haben eigentlich völlig
zurecht die Black Swans ganz nach vorne gesetzt. Denn
was wir überhaupt nicht einschätzen können, macht uns
Menschen bekanntlich immer am meisten Angst.
DREISEIDLER: OK. Herr Weßling, „schwarze Schwäne“ und
Versicherung, was ist Ihre Meinung dazu?
DREISEIDLER: Gut, vielen Dank. Herr Dr. Hanssler, Ihre
Wahrnehmung zu den größten geopolitischen und
makroökonomischen Risiken und Ihren Umgang damit in
der Kapitalanlage?
Investorenpanel
24
WEßLING: Ja eins und sechs, das sind natürlich die Risiken.
Sie werden ja seit Japan und seit Greenspan auch von
Draghi eingelullt in subventionierte Marktgegebenheiten
durch quantitativ Easing. Die Gefahr ist, wenn es dann
wieder normalisiert wird. Oder stellen Sie sich mal vor,
was passiert, wenn morgen Draghi im Euroberg ertrinkt.
Da kommt die Deutsche Bundesbank /EZB und sagt, jetzt
machen wir mal Schluss mit quantitativ Easing. Einige,
die als Länder vielleicht ihren Euroverpflichtungen nicht
mehr nachkommen können, werden jetzt mal in eine
zweite Euroliga eingestuft mit der Konsequenz, der Zins
steigt, der Wechselkurs verändert sich. Dann haben wir
einen steigenden Bund-Future von 160 und mehr. 2007
hatten wir einen Bund- Future von 120. Das ist gut ein
Drittel, die man an stillen Reserven in den letzten sieben
Jahren zuschreiben konnte in seinen Assets. Und plötzlich
sind sie wieder weg. Das heißt, wir müssen als Versicherer,
diese beiden Gefahren im Auge haben und überlegen, wie
gehen wir mit unseren Reserven um, und wie können wir
sie immunisieren gegen solche Gefahren. Wie können wir
sie in der Bilanz konservieren? Oder wie können wir sie
realisieren, um unseren Rechnungszins abzusenken? Aber
diese beiden Gefahren sehe ich für langfristige Anleger als
die Hautgefahr an. Also der Black Swan wäre, dass Draghi
mehr da ist und schon geht es los mit der Eurokrise. Das,
weil wir auch lokale Anleger sind. Also wir haben weder
Exposure in Brasilien, noch sind wir in der Ukraine stark
investiert. Da ist es vielleicht für unsere österreichischen
Kollegen mehr das Problem. Aber diese beiden Gefahren,
denke ich schon sind als Langfristinvestor für uns zu
beachten und müssen auch in der Wiederanlage beachtet
werden. Das ist ja das Hauptproblem.
DREISEIDLER: Aber wie gehen Sie damit um? Sie
sagten: wir müssten das dann eigentlich realisieren.
Man könnte ja sagen, prima, dann verkaufen Sie jetzt
all Ihre Rentenbestände, dann haben Sie alles realisiert
– wunderbar – die Gewinne kann Ihnen keiner mehr
nehmen. Aber das ist ja auch kein gangbarer Weg….
WEßLING: Wir tun das ja. Man realisiert und mit einem
Teil entschuldet man sich und der andere Teil geht in
etwas mehr Risiko. Oder man versucht die Reserven
zu immunisieren, das wird bei einigen Versicherern
demnächst auch auf der Agenda stehen, weil man ja nicht
mehr ewig von diesem Niedrigzins ausgehen kann. Wir
haben jetzt noch 18 Monate, dann ist das Ankaufprogramm
Investorenpanel
auch formal beendet. Schauen, was dann kommt. Aber
man kann ja auch damit rechnen, dass der Zins wieder
steigt. Und wir wieder einen Bund Future haben vielleicht
von 140 oder 135. Und das macht sich dann schon in den
Bilanzen bemerkbar und in der G&V.
MÜLLER: Die Frage ist auch, wer reagiert, wenn so ein Black
Swan kommt? Die Politik braucht ja immer eine ganze
Weile, kann sich z.B. bei Griechenland nicht einigen. Die
Notenbanken haben ja nach dem Dafürhalten von vielen
Marktteilnehmern ihr Pulver weitgehend verschossen,
eine Zinssenkung ist nicht mehr wirklich drin. Und eine
Ausweitung von QE-Programmen vielleicht auch nicht
mehr vermittelbar. Was passiert wirklich, wenn die Blase
in Amerika kommt, also die Magmablase. Oder wenn das
prognostizierte Erdbeben in San Francisco das Silicon
Valley lahmlegt oder verschütten sollte, ich glaube, dann
haben wir wirklich ein Problem. Und dann bin ich gespannt,
wer reagieren kann. Und was die Anleger machen. Weil
wie gesagt, bei Lehman und bei 11. September konnten
die Notenbanken noch schön helfen, da gab es noch
auskömmliche Renditen im Staatsanleihenbereich. Ist
heute alles ja nicht mehr gegeben.
DREISEIDLER: In der Tat. Gut, in Anbetracht der
fortgeschrittenen Zeit, würde ich gerne noch ein, zwei
Fragen zu Praxiserfahrungen mit Alternative Investments
mit Ihnen diskutieren. Zunächst eine Frage zur Umsetzung
von Infrastrukturinvestments. Was sind da Ihre Erfahrungen
aus der Praxis. Herr Müller an Sie, gibt es Dinge aus dem
Auswahlprozess, der Investmentimplementierung oder
auch hinsichtlich erster, hoffentlich erfreulicher Ergebnisse,
die Sie mit uns teilen möchten?
MÜLLER: Ja gern. Also Infrastruktur machen wir seit 2013,
da haben wir den ersten Fonds gezeichnet. Momentan
sind wir in der Endphase der Due Diligence von einem
zweiten Vehikel, das wir zeichnen möchten. Die Erfahrung
aus dem ersten Produkt sind soweit positiv. Man hört
immer wieder von Investoren, dass das Geld sehr schwer
investiert werden kann, und die Abrufe sehr langsam
erfolgen. Wir haben jetzt andere Erfahrungen gemacht.
Wie gesagt, vor zwei Jahren etwa haben wir gezeichnet,
haben momentan einen Abruf von etwa 80 Prozent. Das
finde ich eigentlich schon sehr erfreulich. Man ist jetzt
auch schon weitgehend aus der J-Curve draußen. Und gut,
ansonsten zum Thema Infrastruktur, die Umsetzung ist
25
wie bei Private Equity schon anspruchsvoll was rechtliche,
steuerliche Prüfungen betrifft. Ich sage immer so schön,
90 Prozent von meiner Arbeit bei der Umsetzung von
Alternative Investments muss ich für Steuern und Recht
verwenden in Zusammenarbeit mit KVG, mit unseren
internen Rechts- und Steuerabteilungen, Gesprächen mit
Kanzleien und dem Anbieter, da nehmen die inhaltlichen
Themen vergleichsweise wenig Raum ein. Insgesamt
also sehr viel Ressourceneinsatz für nicht produktive
Dinge. Ist natürlich auch nötig, aber sollte aus unserer
Sicht viel weniger Raum einnehmen müssen, als es
tatsächlich der Fall ist. Hinsichtlich Infrastruktur selber
machen wir bislang ausschließlich Equity. Will nicht
ausschließen, dass wir auch mal in den Debt Bereich
gehen, aber Equity steht da momentan im Vordergrund.
Wovor ich warne, ist, Infrastruktur Equity als Bondersatz
zu betrachten. Das sehen wir anders. Wir sehen zwar auch
recht regelmäßige Ausschüttungen oder erwarten diese
zumindest, insofern hat man auf der Ertragsseite zwar
gewisse Bondeigenschaften, auf der Risikoseite sehen wir
aber schon gravierende Unterschiede. Bei einem Bond
hab ich in aller Regel kein regulatorisches Risiko, kein
Nachfragerisiko, kein politisches Risiko. Da unterscheidet
es sich aus unserer Sicht erheblich. Und ich glaube, dessen
müssen sich die Investoren jeweils bewusst sein.
DREISEIDLER: Nur zur Klarstellung, reden wir über
Singlefonds oder Dachfonds? Oder sowohl als auch?
MÜLLER: Ja, wir haben so eine Mischung, sagen wir mal
einen kompakten Dachfonds.
DREISEIDLER: Okay vielen Dank. Damit möchte ich das
Panel pünktlich beenden. Ich möchte mich ganz herzlich
bei Ihnen, Frau Klinnert und bei Ihnen meinen Herren für
Ihre interessanten Ausführungen bedanken. Und natürlich
ein großes Dank auch an Sie, meine Damen und Herren,
für Ihre Aufmerksamkeit. Dankeschön.
DREISEIDLER: Das finde ich jetzt ganz interessant. Herr
Frank Dornseifer hat ja vorhin mal eindrückliche Zahlen
genannt, hinsichtlich der enormen Summen die als
sog. „Dry Powder“ ein Private Equity Investment suchen.
Ähnliches kam auch durch beim Vortrag von Herrn Dr.
Weidenfeld. Wie erklären Sie sich, dass Sie bereits 80
Prozent Abrufe hatten? Machen Sie da etwas besonders
bei der Auswahl Ihrer Investments oder Ihrer Partner?
MÜLLER: Wir haben die richtigen Manager ausgesucht.
DREISEIDLER: Das scheint so… (lacht)
MÜLLER: Und vielleicht auch das nötige Glück gehabt.
Man weiß es nicht. Gehört ja auch dazu. Klar müssen die
Manager bestimmte Kriterien erfüllen wie einen guten
Zugang haben zu Deals, ein gutes Netzwerk. Das ist heute
Morgen alles schön rausgearbeitet worden. Und das
sind eigentlich auch alles Fonds, die keine Firsttimer sind,
sondern die auch schon im Vorgängerfonds unter Beweis
gestellt haben, dass sie das Geld auch schnell investieren
können.
Investorenpanel
26
R EGULIERUNG SPANEL
BAI Alternative Investor Conference
Schweizer Adveq. Ich beschäftige mich insbesondere mit
aufsichtsrechtlichen und steuerrechtlichen Rahmenbedingungen für unsere deutschen institutionellen Investoren.
Moderation: Frank Dornseifer, Geschäftsführer, BAI e.V.
Teilnehmer:
Patrick Küntscher, Executive Director, Adveq Management
Dr. Detmar Loff, Counsel, Allen & Overy
FINDEISEN: Mein Name ist Heike Findeisen, ich bin
Business Development Director bei CACEIS. Wir sind ein
Unternehmen, das im Bereich Verwahrstellen Dienstleistungen und Asset Servicing für institutionelle Kunden
spezialisiert ist unter anderem für alternative Investments.
Heike Findeisen, Business Development Director,
CACEIS Bank Luxemburg
René Höpfner, Principal, Mercer
DORNSEIFER: Einen schönen guten Tag meine Damen
und Herren und herzlich willkommen zum regulatorischen Panel. Für diejenigen, die sich jetzt wundern, dass
ich hier sitze und nicht Herr Pütz kurz der Hinweis, dass ich
spontan die Panelmoderation übernehmen darf, ähnlich
wie im letzten Jahr. Jetzt wollen wir aber direkt auch in
das Panel mit einer kurzen Vorstellungsrunde einsteigen.
HÖPFNER: Ich fang an. René Höpfner von Mercer. Wir
sind ein Investmentberater. Unsere Kundengruppen sind
überwiegend, zu drei Viertel würde ich mal sagen, aus
dem Bereich der regulierten Anleger, wie Pensionskassen,
Versorgungswerke und Versicherungen.
KÜNTSCHER: Mein Name ist Patrick Küntscher, ich bin
Executive Director und Corporated Tax Counsel bei der
Regulierungspanel
LOFF: Schönen guten Tag. Mein Name ist Detmar Loff,
ich bin Counsel bei Allen & Overy. Wir bauen die ganzen
Strukturen zusammen, welche am Markt benötigt werden.
DORNSEIFER: Vielen Dank. Jetzt steht der Diskussion
nichts mehr im Wege. Diese möchten wir auch möglichst
lebendig gestalten. Meine Damen und Herren im Publikum,
sie sind herzlich eingeladen sich jederzeit an der Diskussion
zu beteiligen. Stellen Sie also Fragen. Ich versuche jetzt aus
dem Stehgreif die Diskussion erst einmal zu strukturieren,
auch mit Blick auf die Tätigkeitsschwerpunkte der am
Panel teilnehmenden Personen. Im Dreh- und Angelpunkt
sollte die AIFM-Richtlinie bzw. das KAGB stehen, weiter das
Steuerrecht und das Aufsichtsrecht der Investoren, also
insbesondere das Versicherungsaufsichtsrecht.
Aus aktuellem Anlass möchte ich aber zunächst einen
anderen Aspekt vorziehen und zwar das Thema Kreditfonds.
Ich weiß jetzt nicht, ob Sie alle schon die Gelegenheit
hatten, die Verlautbarung der BaFin vom gestrigen Tag zu
27 27
sichten. Ich kann da auch gerne sonst noch den einen oder
anderen Kommentar zu abgeben. Zunächst möchte ich
aber von Ihnen eine erste Einschätzung haben, was diese
Änderung der Verwaltungspraxis für die Fondsbranche
bzw. für Investoren bringt.
LOFF: Also man hat den
Eindruck, dass die BaFin und
der deutsche Gesetzgeber
sich gedrängt fühlten Loan
Originating Funds zuzulassen, da derartige Fonds
schon in Irland und in Malta
und in anderen Staaten
vorgeprescht sind. Erfreulicherweise sind einige prakDr. Detmar Loff, Allen & Overy
tische Probleme, die wir zum
Beispiel in Irland gesehen
haben, so z.B. eine Kreditgrenze oder eine LeverageGrenze in dem Schreiben jetzt nicht wirklich nachhaltig
begrenzend wirksam, ausgenommen das normale Risikomanagement und eine (dringende) Empfehlung der
Beschränkung auf einen „begrenzten Umfang“. Mich hat
die Entwicklung ehrlich gesagt ein bisschen verwundert,
allerdings schon bei Irland, da Loan Originating Funds
eigentlich ein bisschen kontra-intuitiv zu der Überlegung
sind, dass Schattenbanken reguliert werden sollen. Denn
wenn wir auch noch Loan Originating Fonds haben,
schaffen wir einen weiteren Kreditgeber neben den Versicherungen, neben den Banken.
DORNSEIFER: In diesem Zusammenhang darf ich noch
ergänzen, dass die BaFin die originäre Kreditvergabe
zunächst nur geschlossenen Fonds empfiehlt. Wie gesagt,
es handelt sich um Empfehlungen. Ursprünglich war in
den Gesprächen mit der BaFin diese Einschränkung nicht
vorgesehen, die Empfehlung sollte also auch für offene
Fonds gelten. Vor welchem Hintergrund die Empfehlung
nunmehr final eingeschränkt wurde, ist derzeit nicht
nachvollziehbar. Herr Dombret sprach in seinem Vortrag
ja bereits die Themen Fristeninkongruenz und Liquiditätsmanagement an. Hierher könnten etwaige Bedenken
rühren, auch wenn diese m.E. nicht relevant sein müssen,
denn es sollte adäquate und bereits bewährte Steuerungsmechanismen geben. In dem Gesetzgebungsverfahren,
welches nunmehr folgen wird, werden wir sehen, ob
originäre Kreditvergabe und offener Fonds nicht doch
Regulierungspanel
zusammen passen. Daher nochmals die Klarstellung, dass
die BaFin Verlautbarung vorläufigen Charakter hat.
LOFF: Wenn ich nur ganz kurz einhaken darf. Ich meine,
dieses BaFin Schreiben hat ja Sollbestimmungen. Das
Schreiben besagt zwar, dass nur geschlossene Spezial-AIF
Darlehen gewähren „sollen“, es zeigt sich aber, dass es
auch offene AIF gibt, die durchaus schon bisher Darlehen
erwerben und damit jetzt auch gewähren dürften.
Deswegen ist, glaube ich, dieses Soll gar nicht ein wirklich
rechtliches Soll, d.h. ist eigentlich kein „Muss wenn nicht
kann“. Allerdings habe ich schon aus Gesprächen mit
der BaFin und auch mit anderen Verbänden gehört vielleicht können Sie das auch bestätigen - dass dieses Soll
eigentlich eine dringende Empfehlung ist, weil im weiteren
Gesetzgebungsverfahren wahrscheinlich für offene Fonds
die Sachlage dann doch deutlicher eingeschränkt wird, als
es im Moment mitunter den Anschein hat.
DORNSEIFER: Genau. In den Vorgesprächen hat die BaFin
klargemacht, dass es keinen Bestandsschutz geben wird.
Derjenige, der unter diesem Empfehlungsschreiben der
BaFin jetzt entsprechende Fonds auflegt, der hat also
nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes keinen Bestandsschutz mehr. Also insofern ist es ohnehin jetzt für jeden
Vorsicht geboten.
Herr Höpfner, wer wird in diese Fonds investieren? Welche
Investoren suchen aktuell nach den Darlehens- und
Kreditfonds?
HÖPFNER: Sehr viele. Die
Suche nach auskömmlichen Yield geht schon
eine Weile. Investoren
schauen auf den Private
Debt Bereich, jedoch hatten
einige Probleme, dass sie
dort in der Vergangenheit
für die Implementierung
sehr viel zusätzlich strukturieren mussten, bspw. das
René Höpfner, Mercer
ein
unternehmerisches
Modell vorliegt, um unter
die Beteiligungsquote zu fallen oder mussten Verbriefungen zusätzlich aufsetzen. Insofern ist das zu begrüßen
und eröffnet die Palette. Und ich glaube auch das, was ich
28
gehört habe, dass einige Banken und Anbieter auch schon
Lösungen in der Schublade haben und eigentlich so ein
bisschen da drauf gewartet haben. Für die regulierten
Anleger ist das auf jeden Fall ein Segen.
FINDEISEN: Also ich kann
es vielleicht aus der Warte
von Luxemburg bzw. aus
der Niederlassung in Irland
kurz kommentieren. Wir
sehen sehr großes Interesse
an dieser Art von Fonds.
Wir haben auch schon eine
Reihe von diesen Fonds
umgesetzt. Es sind überHeike Findeisen, Caceis
wiegend
institutionelle
Investoren. Und was man
sehen kann, dass es viel im Bereich Infrastruktur ist bzw.
Real Estate. Und das, was sicherlich ein Punkt ist, wo
man gut aufpassen muss, beim Produkt Setup, dass man
im Rahmen der Regulierungen agiert, d.h bei der unabhängigen Bewertung der Loans. Dort hat man zwei
Ansätze. Es könnte sein, dass beim „AIFM“ die Kenntnis
vorhanden ist. Oder aber es gibt dort auch professionelle
Anbieter in diesem Bereich. Das wären jetzt mal so die
Knackpunkte aus der Sicht der Verwahrstelle.
DORNSEIFER: Okay. Das heißt, Sie haben da jetzt schon
aktuell Erfahrungen eben über Luxemburg bzw. Irland mit
entsprechenden Kreditfonds.
FINDEISEN: Ja, in Luxemburg und Irland.
DORNSEIFER: Das ist ja wunderbar. Dann können Sie der
BaFin in den nächsten Wochen und Monaten da auch
noch ein bisschen Support liefern. Schließlich betreten wir
da hier in Deutschland schon ein gewisses Neuland.
Das Thema Kreditfonds werden wir jedenfalls im Rahmen
einer Insight auch noch mal abhandeln, deswegen will ich
an der Stelle das Thema schließen.
Ich würde dann zunächst mal, weil das uns in diesem
Jahr auch noch besonders beschäftigen wird, an Herrn
Küntscher übergeben im Hinblick auf eine Frage zum
Investmentsteuergesetz. Dort steht ja jetzt kurzfristig
eine Novelle. Patrick, was sind aus deiner Sicht a) die
Erwartungen, b) was sind die Befürchtungen?
Regulierungspanel
KÜNTSCHER: Zunächst muss gesagt werden, dass das
Damoklesschwert Investmentsteuergesetz, und hier spielt
schon eine Wertung hinein, schwebt schon eine ganze
Weile über uns. Und da im Kern ist meine Befürchtung
eine Besteuerung von Veräußerungsgewinnen. Dieses
Damoklesschwert schwebt seit 2007 immer mal wieder in
den politischen Gremien und in politischen Diskussionen
mit uns herum. Im AIFM Steueranpassungsgesetz 2013
wurde eine halbe Regelung gefunden, indem Dividenden
auf Streubesitzanteile der Besteuerung unterworfen
werden. Und jetzt haben wir im Koalitionsvertrag der
großen Koalition stehen, dass es im Rahmen der großen
Reform der Investmentbesteuerung eine ergebnisoffene
Prüfung auch der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen auf Streubesitzanteilen kommen soll.
DORNSEIFER: Kannst Du das noch ein bisschen
weiter erläutern? Also was steckt dahinter, was droht
möglicherweise vielen Investoren?
KÜNTSCHER: Kern von
Eigenkapitalinvestitionen
insbesondere auch Private
Equity Investitionen ist ja
Investoren Veräußerungsgewinne zu vermitteln.
Wenn ich in unsere
Portfolien hineinschaue,
liegt das bei einem
Ertragsanteil
zwischen
Patrick Küntscher, Adveq
90 und 99 Prozent. Und
natürlich muss man auch
überlegen, wie diese Erträge beim Investor ankommen. Wir
haben eine große Gruppe von Investoren in Deutschland,
die diese Gewinne derzeit steuerfrei vereinnahmen
können. Also insofern eine gewisse Privilegierung, wenn
man das so ausdrücken will oder, wie es Herr Dombret auch
grade genannt hat, die Besteuerung des Eigenkapitals
nicht weiter zu diskriminieren. Was sowohl steuersystematisch aber auch wirtschaftspolitisch aus meiner Sicht
sehr viel Sinn macht.
DORNSEIFER: Welche Konsequenzen könnte das konkret
für die Private Equity Branche haben?
KÜNTSCHER: Es wird viele Investoren geben, die dann die
Erträge letztendlich voll zu versteuern haben.
29
DORNSEIFER: Ja okay, das gilt für die Investoren. Aber was
bedeutet das auch für die Private Equity Branche selbst?
Könnte das einen nachhaltigen Effekt auf die Anbieterseite
haben?
nachteiligen Steuerregime zu unterliegen. Die Vorarbeiten
sind jetzt in der heißen Phase und insofern sind wir da
auch froh, dass unsere Mitglieder uns in dem Bereich stark
unterstützen.
KÜNTSCHER: Man wird Überlegungen struktureller
Art anstellen müssen, ob man -letztendlich geht es
um Streubesitzanteile kleiner 10 Prozent- irgendwie in
struktureller Hinsicht über diese 10 Prozent hinauskommt.
Es wird wahrscheinlich eine Tendenz zu eigenen
Investorenvehikeln geben, welche dann Investments nur
Gibt es zu diesem Thema ggf. noch Fragen oder
Anmerkungen?
noch indirekt halten. Deutsche Vehikel sehe ich da nicht
unbedingt, denn das deutsche Vehikel wird selbst wieder
in irgendeiner Art und Weise der deutschen Besteuerung
oder Investmentbesteuerung unterliegen. Also sehe ich
eine Tendenz, dass wir uns Richtung Luxemburg bewegen.
HÖPFNER: Vielleicht noch mal eine Frage. Was wir
beobachten, ist, dass aufgrund dieser geplanten Änderung
viele Anleger auch ihre Aktienbestände drehen. Stille
Reserven werden steuerlich unter den alten bestehenden
Regeln realisiert. Und da werden sie teilweise auch beraten
von den KVGn und Banken. Sehen Sie das bei den Private
Equity Fonds auch oder nicht, weil es hier ein bisschen
schwieriger ist, die Reserven zu heben?
KÜNTSCHER: Ganz richtig. Die Realisation einer Portfolio
Company hängt natürlich von vielen Faktoren ab.
Insbesondere die Frage, ist die entsprechende Marktreife
gegeben, diese jetzt zu einem Exit zu führen. Nur weil sich
jetzt ein deutsches Gesetz ändert, wird man, denke ich,
nicht steuergetrieben unten auf Portfolio Company Ebene
Firesales machen oder sonstiges. Nein, man muss sich
auf übergeordneten Strukturen diese Gedanken machen,
wie man da umhängen kann, welche Möglichkeiten es da
geben wird.
DORNSEIFER: Also diese Befürchtung, dass es dazu führen
wird, dass viele Fondsstrukturen ins Ausland abwandern,
die sehe ich auch. Auch diesen Aspekt werden wir in den
nächsten Wochen in Gesprächen auf ministerieller und
parlamentarischer Ebene im Hinblick auf die Novelle des
Investmentsteuergesetz adressieren. Uns geht es auch
darum den steuerrechtlichen Investmentfondsbegriff
noch ein bisschen, ich sage mal, zu modifizieren; dass
es eben nicht die guten und die schlechten Fonds gibt
und alles, was im Prinzip alternativ ist, zu den schlechten
Fonds gehört um dann am Ende möglicherweise einem
Regulierungspanel
KÜNTSCHER: Ja, man muss noch sagen, wir haben aktuell
eigentlich noch nichts. Es gibt einen Eckpunktepapier aus
dem BMF aus Anfang dieses Jahres. Der Konsultationsentwurf ist für Ende des zweiten Quartals 2015 erwartet.
Die Branche rechnet aber eigentlich nicht mehr damit,
dass es noch vor der parlamentarischen Sommerpause der
Fall sein wird. Also wird uns das Thema dann wieder nach
den Sommerferien beschäftigen. Dann muss man sehen,
ob der Konsultationsentwurf vorliegt und was dann
tatsächlich dort drinsteht. Wie wir dann auch als Verband
darauf reagieren können und Stellungnahmen einreichen
können.
DORNSEIFER: Herr Dr. Loff,
wie wirken sich die andauernden Diskussionen und
Gesetzgebungsverfahren
bei der Strukturierung aus?
Gibt es viele Anbieter bzw.
Investoren, die einfach
deswegen sehr zögerlich
sind, weil niemand so
Frank Dornseifer, BAI
genau weiß, wo die Reise
hingeht? Wir haben zwar
im KAGB viele Anlage- und Strukturierungsmöglichkeiten,
aber am Ende hängt es ja auch davon ab, wie der Fonds
besteuert wird. Es hängt auch davon ab, welche Vorgaben
das Versicherungsaufsichtsrecht beinhaltet. Wie gehen
Sie momentan mit dieser Hängepartie um bzw. Ihre
Mandanten?
LOFF: Zusammen mit unseren Mandanten hangeln wir uns
sozusagen von Baum zu Baum bzw. Regulierungsebene zu
Regulierungsebene. Wir haben ein mehrstufiges Denken.
Erstmal KAGB Level, da ist immer die Frage, bleibt man
hier oder geht man vielleicht nach Luxemburg oder nach
Irland. Luxemburg ist immer noch ein bisschen flexibler,
was viele Sachen angeht. Die Investment AG, von der ich
ein großer Fan bin, darf so ziemlich alles. Nur solange das
steuerliche Problem nicht gelöst ist, wird diese Struktur
30
weiterhin nicht fliegen. Die Versicherungsinvestoren
und damit letztendlich auch die Versorgungswerke
hängen nach wie vor mit der neuen Anlageverordnung
ein bisschen in der Luft, weil der Wortlaut der Anlageverordnung zwar eindeutig ist, aber das Kapitalanlagerundschreiben noch nicht aufgehoben ist bzw. noch nicht
ergänzt worden ist. Und, wie ich auch gehört habe, nicht
unbedingt in naher Zukunft ergänzt werden soll. Solange
wir da diese große Rechtsunsicherheit haben, zumindest
auf dieser Ebene für die Investoren, muss die BaFin damit
rechnen, dass wir oder dass die Investoren verlangen, dass
lauter Einzelfragen bei ihr adressiert werden. Und das
ist auch nicht grade ressourcenschonend, finde ich. Im
Übrigen sehe ich eine echte Zurückhaltung nicht mehr.
Bis zum März, bis die neue Anlageverordnung draußen
war, war es ein wenig zurückhaltend, inzwischen läuft
es wieder. Steuerrechtliche Themen sind nach wie vor
bedeutend; im Notfall geht man halt in die Luxemburger
SCS und damit dann in die Personeninvestitionsgesellschaft. Allgemein gilt: wenn das Investment gut ist, dann
kriegt man die steuerlichen Fragen irgendwie in den Griff.
DORNSEIFER: Mich würde an dieser Stelle interessieren,
ob Sie einen Überblick haben, welche Arten von Fonds
momentan unter dem KAGB präferiert werden? Gibt es
dort auch bestimmte Anlagestrategien, die man jetzt
besonders häufig sieht?
LOFF: Ja, also das Loan Fonds Thema war schon in den
letzten Jahren immer groß im Rennen. Unter der alten
Anlageverordnung galt halt noch die 30 Prozent-Grenze,
das war ein bisschen, sagen wir mal, unschön. Deswegen
hat man dann typischerweise derartige Investitionsvehikel
aus dem Fondsbegriff komplett rausstrukturiert, sodass
man dann sagen konnte, dass das eigentlich ein Equity
Investment ist. Unter Solvency II ist das vielleicht dann auch
wieder nicht die beste Lösung. Aber auch dort findet man
Wege. Von den Arten her spielt noch immer die Fristeninkongruenz eine bedeutende Rolle. Wir bemühen uns
daher illiquide Sachen in geschlossene und liquide Sachen
in offene Investmentverhikel einzubringen und haben das
eigentlich auch so konsequent beibehalten. Von der Art
der Investitionsvehikel hatte einmal innerhalb von einer
Woche verschiedenste Investment AGen auf dem Tisch
und so nach und nach bröckelten diese dann weg.
Regulierungspanel
DORNSEIFER: Haben Sie ein Überblick zur Anzahl bei
Spezial- bzw. Publikumsfonds?
LOFF: Also für den geschlossenen Bereich sehen wir
viele Publikums-AIF, während die normalen (OGAW-)
Sondervermögen von den KVG überwiegend alleine
gemacht werden. Spezialfonds sehen wir viele mit
unterschiedlichsten Assets, von Immobilien Exposure über
Kredit Exposure bis hin zu Infrastruktur ist im Moment
nach wie vor alles im Rennen. Da sieht man schon viel
Entwicklung.
DORNSEIFER: Frau Findeisen, wie sieht es in Luxemburg
aus?
FINDEISEN: Also wir haben im Moment überwiegend
Spezialinvestmentfonds (SIF). Zum Teil auch die SICAR,
wenn es Risikokapital ist. Und was eben sehr stark gefragt
ist, ist Real Estate, Infrastruktur, Loan, das sind eigentlich
die drei, wo man sagen kann, da hat man regelmäßig
Anfragen zur Auflage von neuen Fondsstrukturen.
Interessant ist vielleicht auch, dass man sieht, dass zum Teil
Fondsstrukturen aufgelegt werden, wo man sozusagen
nicht nur deutsche Investoren ansprechen möchte,
sondern Internationale bzw. was auch interessant ist, ist,
dass Investoren, die vereinzelnd verschiedene Investments
oder Fondsbeteiligungen bei Banken hatten, jetzt darüber
nachdenken, ihre eigene Struktur aufzulegen und da
eben nach dem idealen Vehikel suchen, um die ganze
Bandbreite an Themen abzuarbeiten, wie Investmentsteuergesetz, Restriktionen und Solvency II eventuell. Also
das ist schon ein hartes Stück Arbeit, bis da die ideale
Fondsstruktur aufgesetzt ist.
DORNSEIFER: Eine kurze Nachfrage: Wie hat bei Ihnen die
Umstellung von einer Verwahrstelle für offene Fonds auf
die Umstellung und die Einbindung als Verwahrstelle für
geschlossenen Fonds funktioniert? Ist das ein Prozess, wo
Sie einfach nur umschalten mussten? Oder war das schon
mit erheblichem Aufwand verbunden?
FINDEISEN: Also das hat eigentlich ganz gut funktioniert.
Warum? Weil wir konnten da auf Know-how aus der Gruppe
zurückgreifen und die einzelnen Niederlassungen konnten
jeweils unterstützen. Und da wir schon sehr lange in dem
Bereich alternative Investments unterwegs sind, konnten
31
wir jetzt dann entsprechend auch für offene Fonds oder
zum Teil halb offene Fonds relativ zügig auch die Prozedere
anpassen, sodass dann auch abgearbeitet werden kann, was
die Behörden entsprechend als Prozedere sehen wollen.
Wenn ich mal das Beispiel Luxemburg nehme, da sind ja
öfter eigentlich geschlossene Fondsstrukturen. Es gibt jetzt
auch welche, die sind so halb offen und da fragt natürlich
der Regulator schon nach, wie denn da das Risiko und Liquiditätsmanagement gehandhabt wird und das heißt, man
weiß dann eben auch, man muss das sehr viel detaillierter
darstellen.
LOFF: Als das KAGB eingeführt worden ist, da hieß es, dass
Verwahrstellen oder alternative Verwahrstellen jetzt aus
dem Boden sprießen würden, wie die Pilze im Wald. Sehen
Sie das?
FINDEISEN: Wenn Sie sagen alternative Verwahrstellen,
dann die sozusagen, die nicht über eine vollumfängliche
Banklizenz verfügen?
LOFF: Ja.
FINDEISEN: Also in Luxemburg haben wir inzwischen
einige. Das sind einige ausgewählte Häuser. Ich würde
jetzt nicht sagen, dass das wie ein Pilzwachsen nach einem
warmen Regen ist, aber es sind schon einige, die sich da
etabliert haben. Und je nachdem welche Anlageklasse
man hat, dann kann das auch eine adäquate Lösung sein.
DORNSEIFER: Also zum Beispiel im Bereich Private Equity…
FINDEISEN: Oder Real Estate.
KÜNTSCHER: Vielleicht darf ich auch noch einen Punkt
dazu ergänzen. Was ich in letzter Zeit beobachte,
insbesondere bei den Investorenvehikeln, die dann
wiederum in unseren Fonds investieren, werden derzeit
nur steuerlich transparente Fonds, also Personengesellschaftstypen aufgelegt. Was wiederum getrieben ist
durch den Punkt, den du gerade gesagt hattest. Es gibt
den steuerlich guten Fonds und den steuerlich schlechten
Fonds. Der Gute ist der transparente Fonds, er vermittelt
dem Investor transparent die Erträge hindurch. Während
der intransparente Kapitalgesellschaftstyp eben jetzt
schon eine schlechte Besteuerung nach sich zieht und in
der jetzigen Form eigentlich nur noch für steuerbefreite
Investoren geeignet ist.
Regulierungspanel
DORNSEIFER: Also ich glaube, da hat auch bei vielen
wirklich der Stachel tief gesessen, nachdem diese
Vorabpauschalierung bei der Kapitalinvestitionsgesellschaft eben im Gespräch war. Dieser Vorstoß ist dann zwar
zurückgezogen worden, aber aus Vorsichtsaspekten gab
es schon einen Trend hin zur Personengesellschaft; wer
weiß, was im nächsten Anlauf jetzt bei der Kapitalinvestitionsgesellschaft droht. Das muss man ganz klar im Auge
behalten.
Vielleicht aber noch mal zur Verwahrstelle. Gestern haben
wir viel über Infrastruktur gesprochen. Wo sehen Sie da
die großen Herausforderungen auch auf die Verwahrstelle
zukommen? Die Aufgaben der Verwahrstelle sind ja
vielfältig und wir reden jetzt von komplexen, wir reden
von technischen Assets.
FINDEISEN: Also eine der Herausforderungen ist sicherlich,
je nachdem wie das Ganze aufgesetzt ist, denn wir müssen
ja immer belegen können, dass die entsprechende
Fondsstruktur im Eigentum des Assets ist, die sie erworben
hat. Das heißt, hier muss man die fachliche Kenntnis
haben, dass man die Verträge entsprechend überprüfen
kann. Man muss auch im Rahmen des jährlichen Audits
dann eben immer wieder anfragen, um sicherzustellen,
dass die Assets nach wie vor im Besitz des Fonds sind.
Und je nachdem wo man sie erwirbt, kann das schon
sehr umfangreich sein, weil meistens sind die Fonds doch
breit gefächert in Europa unterwegs. Jedes Land hat
seine eigenen Gesetzgebungen und wenn man das dann
eben wieder umlegt auf die AIFMD, dann muss man da
schon sehr viel Fachkenntnis mitbringen und man muss
eben auch immer diesen Spagat machen, dass man den
eigentlichen Assetmanager nicht bei der Arbeit aufhält,
nur weil man eine Überprüfung machen muss als AIFMD
Depotbank. Das heißt, man muss auch darauf achten, dass
man bei diesen Überprüfungen „time to market“ einhält.
Und dann ist natürlich sicherlich auch ein Thema, wenn
wir dann zur Bewertung kommen, dass die Depotbank
zumindest stichprobenartig das eben auch ansehen und
für gut befinden muss und das Ganze entsprechend
dokumentiert. Das heisst, dass man da eben auch hier
richtig aufgestellt ist.
DORNSEIFER: Also ein Diskussionspunkt bei dem Verwahrstellen-Rundschreiben der BaFin war ja auch der Zeitpunkt
der Prüfung im Hinblick auf den Erwerb von Assets. Und
32
die BaFin hatte dann in dem Verwahrstellen-Rundschreiben zum Ausdruck gebracht, dass sie in manchen Bereichen
eine Ex-ante-Prüfung erwartet. Wenn ich jetzt gewisse Deals
abschließen möchte, wird nicht die Möglichkeit bestehen,
dass ich wirklich eine Ex-ante-Prüfung mache. Aus meiner
Sicht war auch auf europäischer Ebene das Verständnis, es
geht um eine Ex-post-Prüfung, weil es ja z.B. im Bereich Private Equity gar nicht möglich sein wird, dass die Verwahrstelle ex ante in gewisse Prüfungen mit einbezogen wird.
den jetzigen AIFM Richtlinien und nach den jetzigen
Vertriebsregelungen nach dem Private Placement, was ja
eigentlich abgeschafft ist, aber doch noch existiert in den
europäischen Mitgliedsstaaten unsere Vertriebsanzeigen
machen oder unser Vertriebserlaubnis abrufen. Und da ist
es eine BaFin Anforderung, dass wir eben die sogenannte
Depository Light haben, das setzen unsere Legal Kollegen
in Zürich grade um. Und diese Depository Light ist dann
auch in Zürich ansässig.
FINDEISEN: Also ich kommentiere das jetzt mal ein
DORNSEIFER: Okay.
bisschen mehr aus der Luxemburger Seite, weil ich das
da auf der Tagesbasis sozusagen miterlebe. Was wir
eben bei der Auflage eines solchen Produktes machen,
ist, wir setzen uns wirklich mit dem Manager und allen
Beteiligten zusammen, definieren, wer, wie aufgestellt
ist. Oft haben sie ja auch schon verschiedene Deals in der
Pipeline, wo man sagen kann, das ist mehr oder weniger
sicher, dass wir das machen wollen. Also was versuchen
wir dann? Das wir relativ frühzeitig mit einbezogen
werden. Oft haben die Kunden sogenannte Investmentkomitees und treffen dann schnell ad hoc die Entscheidung.
Und dadurch, dass die Depotbank relativ frühzeitig mit
einbezogen ist, haben wir dann schon eine ganze Reihe
von Informationen, um die einzelnen Due Diligence
Fragebögen abzuarbeiten. Und dann können wir da relativ
schnell unterwegs sein. Also wir haben bei uns im Haus
schon einige große Infrastrukturfonds, die sind jetzt eher
von „nichtdeutschen Promotoren“, das heißt, wir haben da
im Laufe der Jahre auch das Verfahren etwas verbessern
können, weil wir gesehen haben, wie wichtig das ist,
dass man schnell reagieren kann zum Beispiel, wenn es
öffentliche Ausschreibungen sind.
DORNSEIFER: Patrick, wie hat sich bei Euch die Zusammenarbeit mit der Depotbank oder der Verwahrstelle
eingespielt oder gibt es da schon einmal Schwierigkeiten
auch im Hinblick da drauf, dass ihr sagt, wir wollen jetzt
einen Deal machen und können nicht vorab vollumfänglich
und zeitnah die Verwahrstelle mit einbeziehen?
KÜNTSCHER: Ich bin jetzt nicht der Verwahrstellenexperte,
habe mich da auch nicht intensiv damit beschäftigt, aber
wir sind ja als Drittstaatenmanager erst mal nicht AIFM
reguliert, aber so etwas Ähnlichem, unter der Schweizer
FINMA reguliert. Das ist der erste Punkt. Und der zweite
Punkt, als Drittstaatenmanager müssen wir nach
Regulierungspanel
LOFF: Man muss vielleicht auch sehen, insbesondere auch
bei den größeren Private Equity Transaktionen, dass diese
einen gewissen Vorlauf haben. Insofern kann man auch
die Verwahrstelle frühzeitig einbeziehen. Wir machen das
zum Beispiel so, dass wir bestimmte Vertragsdokumente
im Entwurfsstadium oder im ziemlich finalen Entwurfsstadium schon mal vorab an die Verwahrstelle schicken.
Kurz vor Signing erhält die Verwahrstelle nur noch ein
Track Changes-Dokument mit den letzten Änderungen.
Hier hat sich gezeigt, dass die Verwahrstellen dann auch
zeitlich kein Problem darstellen.
DORNSEIFER: Gut. Vielleicht gerade einen Einschub
noch, weil Investoren sich ja auch für Drittstaatenmanager interessieren. Die ESMA befasst sich in diesem
Jahr auch mit den Vorarbeiten für den Drittstaatenpass.
Herr Dr. Lüder von der EU-Kommission, der Abteilungsleiter Assetmanagement, der heute auch auf diesem
Panel sitzen wollte, der ist leider verhindert, weil heute auf
Ratsebene kurzfristig eine Sitzung zu den Geldmarktfonds
anberaumt wurde, an dem er teilnehmen muss. Er hat
jedenfalls in einem Gespräch mit mir neulich angekündigt,
dass die Arbeiten für diesen Drittstaatenpass weit
fortgeschritten sind. Und ich glaube, das ist auch eine
positive Nachricht für die Branche. Er hat gesagt, dass die
Schweiz dort ganz oben steht. Also es ist im Ergebnis damit
zu rechnen, dass in Zukunft die Schweizer Fonds, eben
weil dort ein AIFMD-kompatibles Regime besteht, dann
auch die Möglichkeit besteht, aus der Schweiz heraus,
also Produkte aus der Schweiz in der EU zu vertreiben.
Er hat auch angekündigt, dass auch Domizile wie die
Cayman Islands auf der Liste für den Drittstaatenpass
stehen. Die EU-Kommission ist da also sehr offen, was den
EU-Drittstaatenpass oder den Drittstaatenpass anbetrifft.
Er äußerte sich etwas skeptisch im Hinblick auf US-Fonds
33
auf der technischen Seite. Ihm ist aber auch bewusst, dass
der politische Druck groß sein wird, sodass eigentlich
davon auszugehen ist, dass auch am Ende dann US-Fonds
einen Drittstaatenpass hier in der EU erhalten werden.
So das ist perspektivisch für die zweite Jahreshälfte auf
europäischer Ebene.
Eine weitere Frage an die Runde betrifft die Kapitalmarkunion, weil auch Herr Lüder dieses Thema angesprochen
hat. Er sagte, aus seiner Sicht sollte jetzt auch die
Kapitalmarktunion genutzt werden, um am Ende auch
im Bereich der alternativen Investmentfonds mehr
Produktregulierung einzuführen. Die These hätte er
heute hier auch vertreten, AIFM-Richtlinie, Managerregulierung ist gut und schön, aber am Ende wünschen oder
brauchen viele Investoren Produkte. Und eine Standardisierung bei gewissen Produkten wie jetzt zum Beispiel der
ELTIF, das wäre aus seiner Sicht der richtige Ansatz, mehr
Produktregulierung zu schaffen beispielsweise wie bei der
ELTIF-Verordnung. Da würde mich mal interessieren, wie
hier im Panel die Meinung zu dieser These ist.
HÖPFNER: Ob Deutschland eine Produktregulierung
braucht.
DORNSEIFER: Nein, ob wir insgesamt im Bereich der
alternativen Investmentfonds mehr Produktregulierung
brauchen, also auch mehr Produkttypen. Also wenn
ich einen Typ schaffe, wie den ELTIF, dann haben wir
zwangsläufig da auch eine Regulierung drum herum,
mit anderen Worten eine Produktregulierung. Und da
ist die Frage, brauchen die Investoren das, wünschen die
Investoren das, wird so was eher kritisch gesehen, ist die
Managerregulierung nicht ausreichend?
Versicherungsprodukte ist das in Ordnung, da gibt es auch
heute schon genug Regulierung, auch für Retail- Kunden
ist das in Ordnung. Bei institutionellen Anlegern, finde ich,
geht das Vorhaben der EU ein Stück zu weit.
KÜNTSCHER: Ich bin der gleichen Meinung wie Herr
Höpfner. Was haben wir alles in der Vergangenheit gesehen,
Wagniskapitalbeteiligungsgesetz,
Unternehmensbeteiligungsgesetz und jetzt wird auch der European Long-Term
Investment Fund „ELTIF“ kommen. Da stecken irgendwelche
Restriktionen im Produkt drin, das wird nicht funktionieren.
Ganz klar an der Managerregulierung soll es bleiben, lasst
die Produkte unreguliert.
LOFF: Ein bisschen möchte ich dagegenhalten. Ich meine
OGAW ist zunächst eine Produktregulierung und hat
sich weltweit durchgesetzt. Gerade auch im asiatischen
Raum ist das mehr oder weniger abgekupfert worden.
Das ist schon ein starkes Branding. Die AIFMD hat bisher
noch nicht dieses starke Branding erfahren - mit ein
bisschen Produktregulierung käme man da vielleicht
leichter hin. Allerdings bin ich wieder vollkommen bei
Ihnen, dass das Spektrum für AIFs viel zu groß für eine
produktseitige Regulierung ist. Wenn man Retail-Kunden
hat – meinetwegen können Retail-Kunden auch durch
Produktregulierung geschützt werden. Meinetwegen
können auch Versicherungsinvestoren ihren eigenen
Regulierungen unterliegen, wobei da ja gerade durch
Solvency II auch eine gewisse Öffnung erfahren wird,
dass man von den quantitativen Überlegungen weg will
hin zu qualitativen Bewertungen und unter Beachtung
des Stressings. Insofern wäre eine produktbezogene
Regulierung schon ein Rückschritt.
HÖPFNER: Man kann heute schon mal festhalten, dass die
meisten Manager eher genervt sind von der Regulierung.
Sie müssen Kapazitäten aufbauen, Reportingpflichten
erfüllen, das kostet alles zusätzlich Geld und Zeit. Das ist die
eine Seite. Die andere Seite ist, wenn wir über Alternatives
sprechen, jetzt nehme ich mal Venture Capital bewusst,
das ist ja schon eine riskante Anlageklasse und dessen sind
sich die Anleger auch bewusst. Die ganzen Bestrebungen
sind eigentlich primär dadurch getrieben, dass man einen
Anlegerschutz etablieren will. Wenn wir nur über institutionelle Anleger reden, dann halte ich das teilweise für die
falsche Stelle eine Produktregulierung einzuführen. Für
Regulierungspanel
34
DORNSEIFER: Auf europäischer Ebene sind die
Diskussionen leider wieder einmal verwirrend. Die
ELTIF-Verordnung ist gerade erst final verabschiedet, auch
der Rat hat sein Okay gegeben. Die Veröffentlichung im
europäischen Amtsblatt steht bevor; gleichzeitig fragt die
EU-Kommission jetzt in dem Grünbuch zur Kapitalmarktunion, welche Maßnahmen und Schritte sollten eingeleitet
werden, damit das ELTIF-Format auch wirklich mit Leben
gefüllt wird. So irgendwo traut man wahrscheinlich dem
nicht, was man gemacht hat oder befürchtet, es wird ein
Rohrkrepierer. Wir haben schon seitens des BAI im relativ
frühen Stadium gesagt, dass eine moderate Solvency II
Eigenmittelunterlegung möglicherweise ein zentraler
Aspekt ist, der dieses Format auch pushen kann. Nur ich
glaube nicht, dass es da am Ende einen mutigen Schritt in
diese Richtung geben wird. Die Frage wäre jetzt, wer von
Ihnen hat sich den ELTIF mal angeguckt und denkt, das
ist ein interessantes Format bzw. womit oder wie sollte es
noch mit Leben gefüllt werden?
LOFF: Also ich glaube, im
Beratermarkt fand ELTIF
guten Anklang. Die Berater
fanden das toll: ein neues
Produkt, wir können neu
beraten. Auf Investorenseite hieß es, die Einschränkungen sind viel zu groß.
Hier ist zu beachten: alles,
was ich in einem ELTIF habe,
Dr. Detmar Loff, Allen & Overy
kann ich über den normalen
AIF auch abbilden. Das
heißt, da brauche ich ihn nicht. Damit stellt sich die Frage,
wer braucht eigentlich einen ELTIF? Einen ELTIF braucht
höchstens der Fondsinitiator, der sagt, ich möchte gerne
den EU-Passport nutzen, um EU-weit Kapital einwerben
zu können. Aber solange einzelne Mitgliedsstaaten
da mitunter irgendwelche Hindernisse für Werbung
aufbauen oder sonst irgendwas, muss ich doch wieder
das ganz normale nationale Recht beachten. Und dann
funktioniert das nicht mehr.
DORNSEIFER: Also deswegen vielleicht auch noch eine
Randbemerkung von mir, denn wir haben die ELTIFVerordnung als schöne Vorlage fürs Finanzministerium
verwendet und drauf hingewiesen, ein ELTIF wird nie als
Investmentfonds im Sinne des Investmentsteuergesetzes
Regulierungspanel
qualifizieren im Hinblick auf die Anlagegegenstände, aber
auch da es ein geschlossenes Vehikel ist. Auf der einen
Seiten soll der ELTIF ja gepusht werden. Wenn dieser am
Ende aber steuerlich diskriminiert wird, dann wird das mit
den Hoffnung an das ELTIF Format nichts werden. Wir sind
jetzt mal gespannt, wie das BMF darauf reagiert. Aber hier
sieht man wieder diese Widersprüchlichkeit. Es gibt diese
politische Idee, wir wollen langfristige Anlagen in KMUs
bzw. im Bereich Infrastruktur fördern. Auf der anderen
Seite kommt dann wieder das Steuerrecht und kassiert
all diese frommen Wünsche und Initiativen ein. Das ist
manchmal schlichtweg absurd.
Und jetzt machen wir einen kleinen Sprung hin zu den
letzten sechs Monate der Anlageverordnung und dem
Übergang zu Solvency II. Viele hier im Raum interessiert,
wie die Versicherungswirtschaft damit umgeht? Wer
wird wirklich noch ernsthaft mit der Anlageverordnung
arbeiten? Wie sieht es aus mit Reporting? Wer macht noch
Reporting unter der Anlageverordnung, wenn er weiß,
dass ab dem 1.1. das Solvency-Reporting gilt? Und wer
ist schon vorbereitet auf das zukünftige Reporting unter
Solvency? Fangen wir hier bei Herrn Höpfner an. Viele
Fragen, suchen Sie sich eine aus, wir arbeiten die nach und
nach ab.
HÖPFNER: Ich glaube, die Leichteste ist die mit dem
Reporting. Weil ich glaube, die meisten Versicherungen
reporten nach wie vor nach der bestehenden Anlageverordnung. Und die werden das auch bis zum 31.12. machen.
Ein Punkt, der valide ist und den sehen wir auch, viele
schauen gar nicht mehr nach der Anlageverordnung bei
neuen Investments, sondern sind eher getrieben bei
Allokationsentscheidungen oder bei Investmententscheidungen von Solvency II. Das hat man, glaube ich, auch in
den letzten zwei Tagen gehört. Was sind die Vorteile von
Debt? Was sind die Vorteile von Infrastruktur? Wie wird es
unter Solvency II behandelt et cetera? Bei der Vorbereitung
der Versicherungen sind teilweise Unterschiede sichtbar.
Einige Kleinere hängen noch etwas hinterm Zeitplan
hinterher, der eine oder andere hat daher durchaus
noch größere Aufgaben die nächsten sechs Monate zu
bewältigen.
KÜNTSCHER: Ja erstmal eine grundsätzliche Bemerkung
zur Anlageverordnung aus März dieses Jahres an sich:
Diesbezüglich hat sich in der Investorenschaft im Bezug auf
35
Private Equity große Erleichterung ausgebreitet. Bis dahin
in den Diskussions- und Konsultationsentwürfen sah es
nicht so gut aus. Insbesondere nur Registrierung oder auch
echte AIFM-Lizenz. Da ist große Entspannung eingetreten
in der Anlageverordnung und das spürt man auch bei
unseren Investoren. Punkt 2 Fortgeltung Anlageverordnung oder Übergang Anlageverordnung zu Solvency II.
Wir haben nach wie vor einen großen Investorenkreis, die
Pensionskassen, die berufsständischen Versorgungswerke,
für die die Anlageverordnung weiterhin Gültigkeit hat, also
nach wie vor für unseren Investorenkreis hohe Relevanz hat.
Und im Bezug auf die Versicherungsgesellschaften führte
ich in den letzten Wochen und Monaten sehr, sehr viele
Telefonate mit Versicherungen und hörte auch Stimmen
und sehr überzeugende Stimmen, dass die Anlageverordnung interne Weitergeltung haben wird, weil es auch
nach Solvency II interne Anlagerichtlinien geben wird.
Und die Benchmark, die sie nehmen werden, um daraus
ihre internen Anlagerichtlinien zu entwickeln, ist nun mal
die Anlageverordnung. Also ich glaube, das wird uns noch
eine Weile verfolgen, wenn es auch jetzt nicht mehr im
Gesetz gemeißelt ist in der Anlageverordnung, das ist die
erste Benchmark, an der sich so manche Versicherungen
langhangeln werden.
HÖPFNER: Aber die wenigsten Versicherungen, vielleicht
um da noch mal einhaken zu müssen, strapazieren doch
wirklich die Anlageverordnung. Anleger, die die Anlageverordnung heute ausschöpfen bei der Beteiligungsquote,
der ABS-Quote oder der Risikoquote, sind nach meiner
Erfahrung eher die Pensionskassen und die Versorgungswerke. Die Versicherer kommen mit den Grenzen in der
Anlageverordnung sehr gut aus und nehmen ohnehin
weniger Risiko.
KÜNTSCHER: Zustimmung ja gut. Vielleicht noch in Bezug
auf Solvency II und das ist hier auf der Konferenz auch
schon ein bisschen angeklungen, stellten sich Investoren
natürlich auch die Frage, wo ordne ich jetzt unter
Solvency II mein Private Equity Fonds ein, also mein AIF.
Und teilweise wurde das Lookthrough-Prinzip genannt,
dass man durch Fonds oder indirekte Anlagen hindurchblickt. Aber es gibt natürlich auch wieder die Ausnahme
von diesem Lookthrough-Prinzip für geschlossene, nicht
geleveraged AIF, die in der EU entweder ansässig sind
oder vertrieben werden können, dass es dann zu einem
Solvency Capital Requirement von 39 Prozent kommt,
anstelle der 49 Prozent im Standardmodell.
Regulierungspanel
FINDEISEN: Vielleicht noch einige Worte aus der Sicht
der Verwahrstelle, was jetzt das Reporting betrifft. Als
europäischer Anbieter können wir feststellen, dass unsere
Kunden eben zum Teil Reportingelemente benötigen,
um nach der Anlageverordnung hier in Deutschland die
Berichte erstatten zu können. Wenn wir jetzt mehr von
den großen französischen Versicherungen kommen, die
sind schon deutlich weiter in den Reportingpflichten. Also
man kann sagen, das sind sehr herausfordernde und sehr
interessante Zeiten. Man muss eben gut aufgestellt sein,
um jedem die Grunddaten zumindest für das Reporting
liefern zu können.
DORNSEIFER: Eine Nachfrage. Sind denn überhaupt die
Fondsgesellschaften schon drauf eingestellt, die Daten zu
liefern, die die Versicherer unter Solvency II brauchen?
FINDEISEN: Aus meiner Sicht, ich habe aber ja nur ein
kleines Spektrum, was ich sehen kann ist das sehr, sehr
unterschiedlich. Ich glaube, da ist auch noch eine ganze
Reihe von Arbeiten zu erledigen. Ich würde sagen, die
Großen und die Mittleren sind ganz gut unterwegs. Aber
es gibt bestimmt noch das eine oder andere Thema. Das
ist ähnlich wie beim AIFMD-Reporting, das ist soweit
runtergebrochen, dass es da eben auch eine ganze Reihe
von Fragen einfach gibt.
LOFF: Ja, also das sehen wir auch. Ich glaube auch,
die Anlageverordnung und Solvency II werden weiter
parallel laufen. Insofern haben wir sogar einen weiteren
Regulierungslayer sowohl auf Reportingseite, als auch bei
Strukturierungen. Denn insbesondere Versorgungswerke
werden weiterhin wie herkömmlich dokumentieren und
ggf. berichten, weswegen es umso wünschenswerter
wäre, wenn das Kapitalanlagerundschreiben vielleicht
doch noch mal angepasst wird. Sollte man das Kapitalanlagerundschreiben nicht mehr anfassen wollen, bestünde
ggf. die Möglichkeit zumindest in den Erläuterungen
zum Reporting noch einige Hinweise aufzunehmen, wie
dies auch heute schon der Fall ist. Bei den Solvency II
Sachen sehen wir, dass die KVGen sehr unterschiedlich
weit sind. Die einen sagen: ja, wir denken intensiv drüber
nach mal demnächst ein Projekt zu starten. Und die
anderen sagen: wir haben auch schon mal in bestimmte
Templates reingeguckt und mal überlegt: kriegen wir das
überhaupt hin. Herr Hufeld hat ja in der Jahrespressekonferenz der BaFin ausgeführt, dass einige Versicherungen in
die Manndeckung kommen werden. Und ich glaube, das
36
kann auch im Reportingwesen sehr, sehr leicht geschehen.
Und meine Erfahrung mit der BaFin ist auch, dass die
BaFin einen wesentlichen Prüfungsschwerpunkt in den
Meldungen sieht; wenn die Meldung in Ordnung ist, hat
man bereits einen großen Schritt getan.
DORNSEIFER: Aus meiner Sicht ist jedenfalls eine wichtige
Botschaft, dass die BaFin kein gesteigertes Interesse
daran hat, jetzt bei den Versicherern, die dann unter
Solvency II fallen, bis zum Ende des Jahres noch groß die
Konformität mit der AnlV zu fordern und umfassend zu
überprüfen. Ich empfehle daher bis Ende des Jahres mit
dem nötigen Pragmatismus zu agieren und sich nicht zu
sehr von irgendwelchen Auslegungs- und Zweifelsfragen
treiben lassen. Insbesondere, wenn man weiß, dass ab
dem 1.1. Solvency II gilt. Im Grundsatz sollte dann keiner
mehr fragen, ob das Asset, was im Portfolio ist, konform
der Anlageverordnung erworben worden ist oder nicht.
Das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite profitiert man
für jedes Investment, das man eben bis Ende des Jahres
gemacht wird, auch von den Übergangsfristen unter
Solvency II. Wer aber erst ab dem 1.1. investiert, der ist
mit der vollen Eigenmittelunterlegung direkt dabei. Nur
derjenige, der Assets im Bestand hat, hat halt die Chance
von den Übergangsfristen Gebrauch zu machen mit
sukzessive ansteigender Unterlegung. Ich hoffe jedenfalls,
dass viele diese Aspekte verinnerlichen und dann wirklich
das Jahr oder die verbleibenden Monate bis zum Ende des
Jahres noch entsprechend nutzen.
Teil auch rein und das wird dann richtig schwierig. Ich sehe
es zumindest bei den nichteuropäischen Mandanten, die
ich habe, die jetzt auch von Solvency II noch gar nichts
gehört haben. Da steckt noch richtig viel Arbeit drin, das
zu erfassen. Und die Anwaltskanzleien, die können das
natürlich rechtlich, aber dann auch operationell nicht
umsetzen. Also da stoßen dann so Player wie wir rein, wir
setzen es gerade um bei einigen, aber es ist noch sehr
stark am Anfang. Und ich sehe auch nicht, dass das jetzt
unbedingt passgenau bei den Assetmanagern in der
kurzen Zeit, die noch bleibt, eingeführt und umgesetzt
wird. Und wenn man die Manndeckung von Herrn Hufeld
bekommt, spätestens dann kommt da Dynamik rein. Also
wir haben da mal so ein Tool entwickelt, was aber ständig
noch weiter entwickelt wird. Ich glaube aber, das ist ganz
wichtig. Ich glaube, einer der Schlüssel zu Solvency II wird
nicht wie früher sein, dass man Umverpackungen machen
kann, und aus den Regimen durch Strukturierungen
sehr groß rauskommt, sondern das wird in einer banalen
Beherrschung der Daten liegen und auf Basis der Hoheit
über die Daten wird man dann gute Strukturierungsüberlegungen machen können. Aber wie gesagt, da sind
wir noch ziemlich am Anfang gerade bei den komplexen
Assetklassen.
DORNSEIFER: Ja, vielen Dank. Hiermit schließe ich das
Panel und bedanke mich bei allen ganz herzlich.
So und jetzt habe ich gesehen, es gibt Meldungen bzw.
Fragen aus dem Podium.
PUBLIKUM: Ich wollte eigentlich nur konkret zum Solvency
II Reporting noch was sagen. Das ist ein Thema, was wir
selber schon lange gesehen haben und getrieben haben,
aber es hat keiner hören wollen. Und Frau Findeisen war
jetzt sehr höflich, die Assetmanager sind da überhaupt
noch nicht weit. Die haben quasi, bis auf die Großen,
die unter einer Versicherung hängen und deswegen
natürliche Nähe zu dem Thema haben, die nehmen das
natürlich als Competitive Advantage und bauen da was
auf. Viele Assetmanager haben noch gar nicht angefangen,
sich zu bemühen. Das ist aber auch ein fieses Thema, da
muss man rechnen. Ich glaub, für Sie als Verwahrstelle ist
es auch schwierig, da kommt nämlich bei den komplexen
Assets, unseren Alternativen rechtliche Würdigung zum
Regulierungspanel
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