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DESCENDANTSOF ÜRDER 66
DER STAR WARS-FANFILM
E
Er schnitt einen Trailer zusammen und stellte ihn ins
Internet. Daraufhin meldeten
sich Hunderte von Fans bei
ihm, die an dem Film mitwirken
wollten. So entstand ein über die
ganze Erde verteiltes Team aus ca. 200
Personen. Die bisher fertiggestellten
Trailer, Berichte und Fotos sind beeindruckend. Die reiselustige Crew führt die
meisten Außendrehs an Original-Drehorten der Filme durch, u.a. in Tunesien,
Italien, China, Belgien und Malaysia.
Szenen auf dem Eisplaneten Hoth spielen in Wahrheit auf österreichischen
Gletschern. Für Szenen in labbas Palast,
eine umgebaute Kellerkneipe in München, kamen insgesamt 150 kostümierte Fans zusammen, einige sogar aus
Belgien. Diese Menge an Personen zu
koordinieren, ist eine logistische Herausforderung. Der Film ist nur der Höhepunkt der Fan-Saga - die Vorgeschichte
ist in Form von drei Romanen festgehalten, die es auch als Hörbücher gibt. Dies
alles kann man von der Webseite
www.banthapoodoo.de herunterladen.
Dort findet man auch Dokumentationen
zur Entstehung von Descendants of Order 66. Der endgültige Film soll dann 90
Min. lang werden. Unser rasender Reporter Robert Vogel sprach mit Lars Böhl,
dem kreativen Kopf der Filmgruppe:
iner der ambitioniersten Star WarsFanfilme ist der seit 2006 in Arbeit
befindliche deutsche Descendants of
Order 66: Die Republik ist gefallen.
Darth Vader erfährt, dass einige der im
Exil lebenden ledi sogar Familien gegründet haben. Nun will er diese Erben
auslöschen. Der zu einem jungen Soldaten Naboos herangewachsene Gaive Mepur steht im Minelpunkt der Hetzjagd. Seine Visionen führen ihn nach
Tatooine zu einem alten Freund seines
ermordeten Vaters: dem desertierten
Klon-Soldaten Tio Man. Gemeinsam
stellen sie sich den lägern Vaders und
geraten dabei minen in den Konflikt
zwischen der Rebellenallianz und dem
Imperium. Zur selben Zeit fristet der gescheiterte ledi Nilas Dihrthu ein einsames Leben in seinem entlegenen Versteck. Unter dem Fluch einer teuftisehen Sith-Maske, die er vor fahren von
Darth Vader gestohlen hat, macht er
sich bereit für seinen letzten Kampf.
Während einer Urlaubsreise nach
Tunesien 2006 kam Lars Böhl am Hotel
Sidi Driss vorbei, das im ersten Star
Wars-Film das Heimathaus von Luke
Skywalker darstellte. Dabei kam er auf • Wie hält man ein Team für so lange
die Idee, selbst einen Fanfilm zu drehen. Zeit zusammen?
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In der Tat wirklich nicht leicht gerade
weil das Team über den Globus verteilt
ist. Wir nutzen dazu ein internes Diskussionsforum. Dort stelle ich Arbeiten
ein und weise sie bestimmten Mitgliedern zu. Diese posten dann ihre Entwürfe, Fragen und Probleme. Die anderen Mitglieder helfen dann, loben natürfich - sehr wichtig - und motivieren
sich so gegenseitig, auch wenn ich mal
nicht verfügbar bin.
viele Leute zuarbeiten, ist das Kernteam extrem klein. Der Nachteil: Wir
können schlecht parallelisieren, deswegen dauert das Projekt ja auch
schon 9 Jahre (lacht). Aber gerade deswegen werden wir den Film auf jeden
Fall zu Ende bringen. Aufgeben ist keine Option.
• Hat euch die Internet-Gemeinde bei
der Produktion helfen können?
Kein Budget keine Spendenannahme,
kein Crowfunding. Alle, vom Schauspieler bis zum Musikkomponist arbeiten
rein aus Lust und Leidenscha~ Die Kostüme bringen die Schauspieler größtenteils selbst mit. Reisekosten in der
Vergangenheit und das Kameraequipment wurden privat finanziert.
Ohne die gäbe es den Film nicht.
Schließ/ich basiert ja unser Projekt auf
dem Crowdsourcing-Ansatz. Nicht nur
im Postproduktions-Bereich, sondern
gerade auch bei Kostümen, Props und
Dreharbeiten wären wir ohne Foren
und Fanseiten nicht so weit.
• Etliche Fanfilme beginnen sehr klein
und wachsen so weit, dass sie letzten
Endes nicht fertig werden, weil eine
Amateurproduktion sie einfach nicht
bewältigen kann. Befürchtet ihr, dass
euch Ähnliches passieren kann?
Das habe ich eigentlich genau anders
beobachtet: Die meisten planen extrem
groß. Sie wollen alles Hollywood-like
inszenieren, träumen von Raumschlachten, schreiben Drehbücher,
ohne sich um die Umsetzbarkeit Gedanken zu machen. Was dann teilweise an Personal und Dreh-Equipment
aufgestellt wird, lässt mich vor Neid erblassen. Das Problem an großen Projekten ist die Komplexität und die verteilte, jedoch unklare Verantwortung.
So was dann zu managen, als Hobby,
neben Hauptjob und Familie, ist nahezu unmlJglich. Wir sind nicht groß, auch
wenn der Film bzw. die Teaser den Eindruck machen. Auch wenn wahnsinnig
• Fanfilme kosten ja auch Geld. Wie
habt ihr das alles finanziert?
• Ihr haltet eure Vorgeschichte in Form
von Romanen und Hörbüchern fest?
Bereits 2007 wusste ich: Oh je, so
schnell wird der Film nicht fertig. Zudem
würde ich nicht alles erzählen klJnnen,
was an Story-Potenzial vorhanden war.
Also kam mir die Idee der Vorgeschichte, um so die Charaktere bereits im Vorfeld einzuführen. Ich wollte das Filmerlebnis noch intensiver gestalten. Die
Zuschauer sollten die Helden und
Schurken bereits kennen und sich auf
deren Abenteuer im Film freuen. Glücklicherweise fand ich dann Tim von Radio Tatooine, welcher statt einer gleich
drei Vorgeschichten schrieb. Das Aufregende daran für mich war, eine Geschichte mit Personen zu lesen, die ich
erfunden hatte. Ihnen zu folgen und zu
sehen, wie sie sich in Richtungen entwickelten, die selbst für mich neu waren, war ein tolles Erlebnis.
• Wie geht man mit Rückschlägen um?
•
Einfach weitermachen. Wie oft musste
ich Drehtermine absagen, weil Schauspieler abgesagt haben, einen Tag vorher beim Frisör waren oder einfach das
Wetter nicht mitgespielt hat Ganz bitter
war, als die Aufnahmen eines kompletten Drehtags auf dem Hintertuxer Gletscher durch einen Defekt in der Kamera
vernichtet wurden. Was bleibt, ist oft:
darüber schlafen und am nächsten Tag
den Dreh neu planen. Alles auf Anfang
und los. Eine große Herausforderung ist
es, wirklich verlässliche und ausdauernde Visuat Artists zu finden. Das Netz
ist voll von wahnsinnig begabten
Künstlern voller Kreativität und tollen
Skil/s. Was vielen jedoch fehlt, ist die
Disziplin des harten Arbeitsalltags. Es
geht eben nicht immer nur darum, ein
einzelnes Testvideo zu generieren,
sondern in einer komplexen Filmpro- Lichtschwerter abhanden, und dann
duktion muss man sich mit viel Eigen- muss man als Produzent und Kameramotivation durch lange Szenen durch- mann mal richtig improvisieren.
beißen. Viele gerade der jüngeren AnJede Reise birgt etwas Unerwartewärter werfen nach kurzer Zeit hin, so- tes, je weniger man sich auf Pauschalbald sie merken, wie viel Arbeit dahin- Tourismus und vorreservierte Hote/ketter steckt Gerade das ist für uns sehr ten einlässt, desto mehr kann passieärgerlich und wirft uns immer wieder ren - so auch in Tunesien, wo wir wemassiv zurück. wenn du Monate auf gen eines Sandsturms in der Sahara
einen Shot wartest, dann jedoch die nahe dem Mos Espa-Set eine kleine
Künstler ohne Lieferung aussteigen Bretterbude als Nachtunterschlupf nutund du nicht weißt, wie du das jemals zen mussten. Am nächsten Morgen
umgesetzt bekommst. Womit wir wie- lernten wir den Besitzer, einen Tunesier
der beim Kernteam wären, das von An- namens Mabroug kennen, welcher bei
fang an treu dabei ist und somit eine den Dreharbeiten zu Episode I Cola und
Sandrosen verkauft hat. Schließ/ich lud
Konstante bildet
uns dieser in sein Dorf ein, wo er uns in
• Viele eurer Drehtermine erfordern ei- seinem Haus Tee servierte und uns
nen gewissen Aufwand. Was es dem halben Dorf vorstellte. War der
stolz, einen deutschen Arzt, Lehrer und
schwierig, das alles zu planen?
Ingenieur als Gäste in seinem Haus zu
Puh, ja, gerade Tunesien war aufwen- haben. Der unmittelbare Kontakt zur
dig, schließlich hatten wir einen Bevölkerung war unbeschreiblich aufSandtrooper, zwei Tuskenräuber/Sand- regend.
leute, einen Sithbösewicht und die
Einen Tag später, nahe dem bezwei Heldenkostüme im Gepäck. Dazu kannten Iglu-Haus von Luke Skywa/ker,
die ganzen Btasterwaffen, die die Flug- Homestead, brach unser Jeep im seifihafenkontrolle passieren mussten. Es gen Schlick ein. Es kostete uns vier
lief im Vorfeld alles sehr durchgeplant Stunden und einiges an Nerven, den
ab, leicht chaotisch wurde es dann je- wieder zu befreien. Dort stundenlang
doch vor Ort. Wir hatten ja lediglich ei- wie auf dem Präsentierteller zu sitzen
nen Jeep gemietet, Unterkünfte immer war nahe der algerischen Grenze aufspontan gesucht - und spätestens nach grund damaliger Warnungen vor Al Qaidem ersten Drehtag war das ganze da nicht ganz ungefährlich. Umso erEquipment kreuz und quer im Wagen leichterter waren wir am späten Abend,
verteilt. In der Tat kamen sogar zwei bei einem wohlverdienten Bierchen in
war das den ganzen Stress wert.
• Wie ist der gegenwärtige Stand?
Nefta, dem nächsten Ort, zu sitzen.
• Was waren die größten Herausforderungen?
Die größte Herausforderung war und
ist immer noch - wir sind ja noch mit
Nachdrehs beschäftigt - als One-ManProduzent und Kameramann während
der Dreharbeiten auf alles zu achten.
Während bei Profiproduktionen etliche
Helfer aufpassen, dass das Licht beim
Kameraperspektivenwechsel
noch
stimmt, dass das Kostüm korrekt angezogen ist, dass Schminke und Frisur
genauso aussehen wie bei dem Dreh
vor vier Wochen - also Anschlussfehler
vermeiden - läuft das bei uns alles in
Personalunion ab. Ich bediene die Kamera, prüfe alle Aufnahmewerte wie
Blende und Schärfe, gebe dem Schauspie/er Regieanweisungen und vieles
mehr. Entsprechend bin ich nach so einem Drehtag ziemlich fertig. Aber spätestens beim Sichten der Aufnahmen
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Aktuell befinden wir uns noch in einigen Mini-Nachdrehs wie Passanten im
Hintergrund, um Straßen oder Hangaraufnahmen mit Leben zu füllen, und in
der Postproduktion. Dort jedoch läuft
einiges parallel ab. Trotzdem ist noch
keine Phase außer dem Schnitt komplett abgeschlossen. Zwei komponieren unseren eigenen Soundtrack. zwei
finalisieren die letzten Matte Paintings,
einige haben bereits mit den Raumschiffanimationen angefangen, und
über alle Aufnahmen läuft bereits das
Mastering, also Farbkorrekturen, finales
Keying und mehr. Eine weitere unheimlich schöne Phase hat erst vor Kurzem
begonnen: die Nachsynchronisierung.
Sämtliche englischen Dialoge werden
derzeit von professionellen Sprechern
und englischen Muttersprachlern lippensynchron nachgesprochen. Die ersten Szenen zu sehen, in denen fast
alles zusammen kommt - Toneffekte,
Musik. die Sprachspur ohne deutschen
Akzent - ist herzergreifend. Schließ/ich
sehen und hören wir erst jetzt, ob der
Rtm überhaupt so wie geplant funktioniert. Und ich glaube, er tut es.
• Kann man euch als Fan noch unterstützen?
Klar, Hörbuch runterladen und Spaß
haben, damit unsere ganze Arbeit nicht
umsonst war.
• Lars, vielen herzlichen Dank für das
Gespräch.
Das Interview führte
Robert Vogel ~