Friedrich Schiller Die Räuber

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Friedrich Schiller Die Räuber
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Friedrich Schiller
Die Räuber
(Titelblatt der Ausgabe von 1781)
(Aus Speicherplatzgründen entfernt)
Peter Vestner
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Semesterarbeit BMB St.Gallen 1996/7
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Friedrich Schiller
Die Räuber
Semesterarbeit BMB St.Gallen 1996/7
Vestner
Hinweis:
Peter
Die aktuell verwendeten Quellen, meist nur Hilfsmittel, sind jeweils am unteren Blattrand
vermerkt. Für mehr Information steht am Schluss ein Literaturverzeichnis zur Verfügung.
Inhaltsverzeichnis:
(eigens erarbeitete Rubriken)
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Schauspiel in fünf Akten (Uraufführung Mannheims in sieben Akten)
Seite:
Zur Tatsache der Existenz von Räuberbanden
-
Seine Personen
Gang und Handlung mit Zitaten
Charakteristiken
Der Fettdruck ergibt die Kurzfassung der Handlung!
(In Kurzform) empfohlen seien Königs Erläuterungen
Interpretation mit eigenem Leseerlebnis
(eigene Meinungsfreiheit)
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-
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-
29
-
37
Biographie Friedrich Schiller: Sein Leben
- 45
Schillers bedeutendste Werke: Eine Chronologie
- 47
Literaturverzeichnis
- 49
Widmung
-
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Friedrich Schiller
Die Räuber
Zur Tatsache der Existenz von Räuberbanden
Im absolutistischen Staat (unbeschränkte Herrschergewalt) war die Bevölkerung in Stände klassifiziert, wie es in
den Köpfen der Briten noch heute der Fall ist. Es waren dies Adel + Geistlichkeit, Freie und Unfreie. Letztere
wurden auch als Bürgertum und Bauernschaft bezeichnet.
Von uns heute allenfalls noch unausgesprochen gedacht, proklamieren die ‘Nichtkontinentler’ unverfroren die
Abstempelung in Upper-, High-, Middle- or just Workingclass. Allerdings ist nicht mehr die finanzielle
Betuchtheit ausschlaggebend, als vielmehr der Snobismus der an den Tag gelegten Sprache. Mittels Kursen
versuchen so viele Briten ihre ‘Minderwertigkeit’ zu überspielen. Aber meist reicht das Ergebnis doch nicht, um
die erwünschte Spitzenanstellung zu erhalten.
Es gab allerdings eine weitere Randgruppe, die kaum je Erwähnung fand: Die Vagantenbevölkerung. Dies waren
die „Mittellosen und Entwurzelten“, die aus der Gesellschaft ausgestossen, schonungslos einem ewigen
Wanderleben, der Landstrasse, preisgegeben waren. Als Gründe für diesen Missstand können zunächst die
zahlreichen Kriege des siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts angeführt werden, die die Landstrassen mit
versprengten Soldaten, mit Deserteuren und mit vertriebenen Bauern bevölkerten.
Langanhaltende und strömende Regen liessen auf den Feldern das Getreide und Gemüse verfaulen. Was noch
übriggeblieben war, zerschlug der Hagel. Für die Bauern bedeutete eine vernichtete Ernte eine Katastrophe. Es
fehlte ihnen in solchen Jahren jeder Vorrat für den zu erwartenden Winter und - was fast noch gewichtiger war das Saatgut für das nächste Jahr. Der Wucher blühte. Die Verarmung der Land- und auch Teilen der
Stadtbevölkerung war dramatisch. Für die Bauern bedeutete die übliche Realteilung, nicht wie früher in der
Leibeigenschaft das Erstgeburtsrecht, eine weitere Härte. Dadurch, dass die Söhne im Erbfall die an sich schon
kleinen Parzellen noch unter sich aufteilen mussten, schrumpften die Lebensgrundlagen weiter.
Viele Deutsche entschlossen sich damals, ihr Land zu verlassen; auf 20'000 schätzt man die Zahl. Wer als
Bauer oder Handwerker blieb, hatte nur Not und Elend zu erwarten. Man kann davon ausgehen , dass nur 1015% der Höfe ein ausreichendes Einkommen erwirtschafteten. Es war folglich ein kleiner Schritt über die
Bettelei zum Diebstahl, zumal die Bitte um ‘milde Gaben’ ohnehin oftmals schon einen eher fordernden
Charakter trug. Obwohl die meisten sich ihrer unverschuldeten Verelendung eher passiv fügten, zeigte eine
kleinere Gruppe ein ihnen abweichendes Verhalten. - Sie reagierten als Räuber. Sie waren wohl meist die
brutalsten, oft die energischsten, unter Umständen die intelligentesten Vertreter (denken wir an Spiegelberg) der
ganzen Bevölkerungsgruppe.
„Unter Berücksichtigung aller möglichen Einschränkungen lässt sich wohl behaupten, dass die
Vagantenpopulation im achtzehnten Jahrhundert mehr als 10% der Gesamtbevölkerung ausmachte.“ (C.Küther
S.22) - (Königs Erläuterungen S.100)
Wer an den Galgen gehört,
der kann nicht ersaufen !
Sprichwort
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Friedrich Schiller
Die Räuber
Ganze Organisations- und Beziehungsnetze wurden aufgebaut, zunftmässige Klasseneinteilungen vorgenommen
und ordentliche Verschwörungen abgehalten. Neulinge erhielten eine ’Ausbildung’ und hatten den berüchtigten
Spitzbubeneid abzulegen. Ja, denn Raub- und Beutezüge mussten gut vorbereitet sein ! Die Räuber und Diebe
übten Raub und Diebstahl als regelrechte Berufe aus, wie wir sie von den englischen Schmugglern her kennen.
„Es gibt keine Beispiele dafür, dass sich ein Räuber nach einem besonders einträglichen Beutezug zur Ruhe
gesetzt und sich in die ‘offizielle’ Gesellschaft integriert hätte.“ (C.Küther S.30). Wenn doch, wurden sie
geschnappt und waren somit auch keine ‘richtigen’ Räuber auf die man unter Umständen stolz hätte sein können.
Smuggling cut across all class barriers, involving everyone from the farm labourer to the local parson (vom
Tagelöhner bis zum Geistlichen). The men who organised it were widely known and have gone down in local
folklore, such as Thomas Benson, who fortified Lundy Island in the 1740s to such an extent that it would have
required a combined military and naval operation to force him out.“
(Ausschnitt aus: SMUGGLING in the Bristol Channel 1700-1850, Graham Smith)
! Graham Smith; his book is a vivid portrait of a trade which even today is remembered with awe, tinged with
more than a little affection.
! Carl Christian Franz, um 1780 in Lich geboren und seit 1811 Kriminalgerichtssekretär in Giessen, hat 1825
die Vorgänge um den Postraub in der Sulbach in einem kleinen Buch beschrieben. Herausgekommen ist dabei
ein erschütterndes Dokument, wie Menschen, die aus der Not heraus Räuber geworden waren, mit immer
neuen Lügen und letztlich erfolglos um ihr Leben kämpften - oder, in des Filmemachers Volker Schlöndorffs
Worten zu reden, „wie eine gewisse Struktur der Gesellschaft es den Benachteiligten unmöglich macht, ihre
Lage zu durchschauen und diese zu verändern.“
! Der Postraubcoup gelang acht Einmal-Räubern nach sorgfältiger Planung, bei dem sie 10500 Gulden
erbeuteten. Der Fall erregte grosses Aufsehen und veranlasste die Giessener Polizeibehörde zu hektischer
Aktivität. Ein halbes Jahr später waren die Täter ermittelt. Fünf von ihnen wurden am 7.Oktober 1824 in
Giessen mit dem Schwert hingerichtet. Zwei endeten durch Selbstmord; nur einem gelang die Flucht ins
Ausland.
! Schlöndorffs Film: Der plötzliche Reichtum der armen Leute von Kombach (1971), fand bei der Kritik fast
ungeteilten Beifall : „Wo sonst in einem literarischen Werk dieser Zeit wäre Volk, dem wir angehören, in der
Mittellage zwischen Märchen und Aufbruch in die politische Selbstbestimmung mit solcher Kennerschaft und
solcher Liebe gesehen ? Das Tableau der mentalen und sozialen Hoffnungslosigkeit, das Schlöndorff
vorführt, weist über sich hinaus, lässt deutlich werden, dass hier Jahrhunderte zu Ende gehen, dass der
Prozess der Entstehung eines neuen Bewusstseins in uralten dumpfen Hoffnungen und gelegentlichen
Aufbegehren seine Wurzeln hat, aber auch im Irrtum und Irrweg wie dieser glücklosen Glücksuche der armen
Leute von Kombach.“
(Karl Korn - Frankfurter Allgemeine Zeitung, 1971)
Räuber und Schmuggler - Ein Mythos !
Zusammengestellt und bearbeitet durch P.Vestner
Friedrich Schiller
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Die Räuber
Schauspiel in fünf Akten
Seine Personen:
Graf Maximilian von Moor
regierender Graf auf dem Schlosse von Moor,
Sohn Karl(n) von Moor
wohl- u. erstgeborener Sohn des vorigen Grafen Maximilian
Sohn Franz von Moor
zweitgeborener Sohn des ersteren Grafen von Moor
Frl. Amalia von Edelreich
wie eine Tochter aufgenommene Geliebte des Karl von Moor
Moritz Spiegelberg
ein Schlaukopf von einem Libertiner und späteren Banditen
Schweizer
mausert sich vom Libertiner zum treuen Räuber u. Banditen
Grimm
zum Räuber gewordener Libertiner in Karls Gefolgschaft
Schufterle
ein wie voriger Bandit, der seinem Namen alle Ehre macht
„Schwerenot“ Roller
ist ein getreuer Anhänger seines Hauptmanns Karl v. Moor
Kosinsky
ein böhmischer Edelmann hat wie Karl Schiffbruch erlitten
Schwarz
schwört die gegenseitige Räuber-Treue bis in den Tod
Hermann
ein Bastard (Unehelicher) v. einem Edelmann wird sittlich
Knecht Daniel
der Hausknecht des Grafen v. Moor kennt keine Todsünde
Pastor Moser
predigt Karl erstmals ganz schön ins Gewissen
Ein Pater
versucht die Räuber von ihrem Hauptmann abzuwenden,
Räuberbande
zumeist durch Moritz Spiegelberg angeworbene Räuber ,
Nebenpersonen:
wie zum Beispiel: ein Nachtwächter (S.120,3) und
ca.60 Jahre
andere Bedienstete: Georg, Konrad, Bastian, Martin
(S.121,3).
Ort und Zeit:
In Deutschland, um die Mitte des 18.Jahrhunderts, während eines Zeitraumes von etwa zwei
Jahren. (Steht zweimal im Widerspruch zu 18 Jahren, am deutlichsten auf S.91,6)
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Die Räuber
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Charaktere
des
Franz von Moor (Hauptrolle)
Aussehen:
- hässlich: -Lappländersnase, Mohrenmaul, und Hottentottenaugen,
Charaktereigenschaften:
! kalt und hölzern, widerwärtig heuchlerisch und hinterlistig, - verachtet die Religion und ihre
Wertvorstellungen, - beherrscht ausgemachte Berechnung
! gänzlich fehlende Liebenswürdigkeit und Mangel an Gemüt
Besonderes:
•
•
•
Durch spitzbübische Künste, unter jeglicher Missachtung des menschlichen und göttlichen Rechts, versucht er
mit die Herrschaft seines Vaters an sich zu reissen. Seinen älteren Bruder Karl lässt er als im Kriege gefallen
erklären und scheut auch sonst keine Gewalttat. Als sein Psychoterror keinen Erfolg bringt, lässt er seinen
Vater lebend begraben.
Die durch Betrug und Drohungen erstrebte Hand Amalias bleibt unerreichbar
Den fremden Besucher als den eigenen Bruder Karl wiedererkannt, sieht Franz nun seine Rachepläne
vereitelt. Das schlechte Gewissen schlägt wie Wellen über ihm zusammen und reisst ihn ins Verderben.
Charakte
des
Grafen Maximilian von Moor
Aussehen:
Charaktereigenschaften:
! alt, schwächlich, blass
- leichtgläubig, denkfaul, jammerhaft
Besonderes:
! Nach erhaltener Nachricht über Karls Tod , wirft der Graf dem Franzen vor, ihn zum Fluche veranlasst zu
haben. „Scheusal, tausend Flüche donnern dir nach ! Du hast mir meinen Sohn aus den Armen gestohlen.“
(S.51,36)
Der heil überstandene Scheintod und das Schmachten im Turmverliess haben ihn am Schluss bereits derart
geschwächt, dass ihn der Schmerz über den Räuberstatus des eben wiedergefundenen „verlorenen Sohnes“ Karl
umbringt. (S135,4) - Der alte Moor gibt seinen Geist auf - .
Die Räuber
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Lesehinweis: Für Schnelleser gelten die Fettdrucke als Filter!
Versteht sich gleichzeitig als Kurzfassung!
Gang der Handlung mit Zitaten:
„Die Räuber“ sind kein Stück, das ‘in einem Guss’ geschrieben wurde. Die Arbeiten zogen sich insgesamt über
fünf Jahre hin, von 1776 bis 1781. In dieser Zeit hatte es derart an Umfang gewonnen, sodass es für eine
Bühnenaufführung viel zu lang erschien. Es galt deshalb vornehmlich als Lesedrama und hatte alleine schon für
die erste Bühnenaufführung in Mannheim umgeschrieben werden müssen. Wie sich zeigte blieb es nicht dabei.
Schiller überarbeitete und kürzte es mindestens siebenmal, andere Quellen sprechen sogar zehnmal. (s.Grawe,
Kap. II, S.76-109).
1. Akt, 1. Szene.
Die Geschichte beginnt in der der Erstfassung entsprechenden, durch mich verwendeten Ausgabe im
Moorischen Schloss, welches im deutschen Franken befindlich beschrieben wird.
Der regierende Graf von Moor, mit Namen Maximilian, ist circa 60 Jahre alt. Er hat zwei ganz und gar
verschiedene Söhne. Zum einen den erstgeborenen hochstrebenden, edlen Karl, der seinem Bruder weder in
Charakter noch seiner Statur allzusehr ähnlich kommt. Franz, der mit seiner Lappländersnase und
Hottentottenaugen eine bemerkenswerte Hässlichkeit aufgebürdet bekommen hat, verwünscht die Tatsache
nicht als Erstgeborener aus dem Mutterleib gekrochen zu sein (S.16,30). Zeitlebens hat er sich als
benachteiligter Sohn gefühlt. Er sieht die Gelegenheit gekommen und versteht es, seinen älteren Bruder Karl,
der gerade schuldenhalber sein Studium in Leipzig verlassen hat , bei seinem Vater in gehörigen Misskredit zu
bringen.
Mit Hilfe eines unterschlagenen sowie eines gefälschten Briefes gelingt es ihm, eine für leichtsinnige Taten um
Verzeihung bittende Schrift Karls so zurechtzubiegen, dass der alte leichtgläubige Moor im geliebten Karl nur
noch einen verluderten Studenten sieht, den man steckbrieflich verfolge und auf dessen Kopf ein Preis gesetzt
sei. Der Vater lässt ihm durch Franz schreiben, dass er seine Hand von ihm ziehe, und enterbt ihn. Es besteht
allerdings die Auflage, Karl mit dem Schreiben nicht zur Verzweiflung zu bringen. Franz, die „Kanaille“,
missachtet diesen Befehl und beschliesst, seinem verhassten und beneideten Bruder den Fluch des Vaters
anzukündigen. „Glück zu , Franz! Weg ist das Schosskind - der Wald ist heller. - Und Gram wird auch den Alten
bald fortschaffen - und Amalia muss ich ihren Geliebten , diesen Karl, aus dem Herzen reissen, wenn auch ihr
halbes Leben daran hängen bleiben sollte“ (S.16,21). „Frisch also! Mutig ans Werk! Ich will alles um mich her
ausrotten, was mich einschränkt, dass ich nicht Herr bin“ (S.18,37).
Franz triumphiert und sieht sich nahe seinem Ziel: alleiniger Herr auf dem Schloss und über die Güter
seines Vaters zu werden.
Friedrich Schiller
Die Räuber
1. Akt, 2. Szene
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In der Schenke an der Grenze zu Sachsen sitzt Karl von Moor in ein Buch vertieft. Der ‘Projektemacher’ Moritz
Spiegelberg bei einem Bier daneben. Karl, der bestimmt ein wildes Leben geführt hat legt angewidert sein Buch
zu Seite: „Pfui über das schlappe Kastratenjahrhundert zu lesen, zu nichts nütze, als die Taten der Vorzeit
wiederzukäuen und die Helden des Altertums mit Kommentationen zu schinden und zu verhunzen mit
Trauerspielen (S.19,35). Mir ekelt vor diesem tintenkleksenden Säkulum (Jahrhundert , s.S.145), wenn ich lese
von grossen Menschen (S.19,5). Die Kraft ihrer Lenden ist versiegen gegangen, und nun muss Bierhefe den
Menschen fortpflanzen helfen (S.19,38).“
Karl bereut inzwischen seine leichtsinnen Streiche und ist entschlossen zu seinem Vater zurückzukehren, um
ihn um Vergebung zu bitten und an der Seite seiner Braut Amalia ein ruhiges Leben zu führen. Er will sich
gerade in der Schenke von seinen Spiessgesellen trennen, als der Schandbrief des Bruders Franz eintrifft, der
ihm jeglichen Weg zur Versöhnung abschneidet. Karl gerät darob sehr in Verzweiflung und macht das gesamte
Umfeld und gesellschaftliche Ordnung für das ihm zugeführte Unrecht verantwortlich. Seine Kameraden,
allesamt flüchtige Studenten , sind nur allzusehr angetan die angestaute Leidenschaft zur Entladung zu bringen.
Der niederträchtige Spiegelberg plädiert als erster dafür sich in den böhmischen Wäldern niederzulassen und
eine Räuberbande zu bilden. Der Gedanke zündet. Karl geht wie die anderen auf diesen Plan ein, um sich in
seiner Verzweiflung an der Gesellschaft zu rächen. Karl von Moor übernimmt als gewählter Hauptmann die
Gefolgschaft seiner Genossen - sehr zum Verdruss des ehrgeizigen Spiegelberg. Mit seinen Kumpanen Roller,
Schwarz und Schweizer schwören sie sich gegenseitig Treue und Anhängerschaft bis in den Tod.
1. Akt, 3. Szene.
Auf dem Schloss des alten Moor treibt indessen Franz sein boshaftes Spiel weiter. Er versucht, Karl mittels
übelster Verleumdungen und Überzeugungsreden bei seiner Geliebten Amalia von Edelreich, welche als Waise
auf dem Schlosse lebt, in schlechtes Ansehen zu bringen und sie mit der Zeit für sich zu gewinnen. „Ich liebe
dich wie mich selbst, Amalia !“(S.34,26). „ Wenn du mich liebst, kannst du mir wohl eine Bitte abschlagen?“„Keine, keine ! Wenn sie nicht mehr ist als mein Leben.“ - „O, wenn das ist ! Eine Bitte, die du so leicht, so gern
erfüllen wirst, (stolz) - Hasse mich ! Ich müsste feuerrot werden vor Scham, wenn ich an Karln denke und mir
eben einfiel’, dass du mich hassest. Du versprichst mirs doch ?“ - „Allerliebste Träumerin ! Wie sehr bewundere
ich dein sanftes liebevolles Herz.“(S.34,37).
„Seine Küsse sind Pest, sie vergiften die deinen“ (S.36,17), ruft er ihr zu. Doch sie schlägt ihn, und er erntet
damit nur noch mehr Verachtung. „Geh den Augenblick ! Geh, sag ich. Du hast mir eine kostbare Stunde
gestohlen, sie werde dir an deinem Leben abgezogen ! Ich verachte dich, geh !“ (S.38,24).
Amalia fühlt sich Karl seither nur noch fester gebunden.
Friedrich Schiller
Die Räuber
2. Akt, 1. Szene.
Elf Monate sind bereits vergangen ohne dass Graf Maximilian, , den der Kummer um Karl auf das Krankenlager
gezwungen hat, gestorben wäre, so wie es Franz erhofft hatte (Königs Erläuterungen S.41). „Es dauert mir zu
lange - der Doktor will,er sei im umkehren - das Leben eines Alten ist doch eine Ewigkeit ! - Und nun wär freie,
ebene Bahn bis auf diesen ärgerlichen zähen Klumpen Fleisch, der mir den Weg zu meinen Schätzen verrammelt
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(S.40,3)“. ... „Wir vermögen doch wirklich die Bedingungen des Lebens zu verlängern, warum sollten wir sie
nicht auch verkürzen können ? (S.40,20)“
Franz beschliesst deshalb, den psychischen Druck auf den Alten zu verstärken, um ihn auf ‘rechtlichem’
Wege aus der Welt zu schaffen. Er beginnt Hermanns Rachegefühle zu schüren, welcher dazumale als
abgewiesener Verehrer Amalias von Maximilian die Treppen hinuntergeworfen wurde (S.42,37). Er stachelt
Hermann, den (Unehelichen) Bastard von einem Edelmann, mit seines Vaters Worten auf: „Er sagte: man raune
sich einander ins Ohr, du seiest zwischen dem Rindfleisch und Meerrettich gemacht worden, und dein Vater habe
dich nie ansehen können, ohne an die Brust zu schlagen und zu seufzen: Gott sei mir Sünder gnädig ! (S.42,40)“
- „Blitz, Donner und Hagel, seid still !“ - „Er riet dir, deinen Adelbrief im Aufstreich zu verkaufen, und deine
Strümpfe damit flicken zu lassen.“ - „Alle Teufel ! Ich will ihm die Augen mit den Nägeln auskratzen. ... Ich
will ihn zu Staub zerreiben. (S.43,16).“
Hermann ist sogleich darauf überredet, dem alten Moor die Nachricht zu überbringen, Karl habe aus
Verzweiflung über die Verstossung aus dem elterlichen Hause den Schlachtentod gesucht und gefunden.
2. Akt, 2. Szene.
Der Plan scheint zu gelingen. Hermann verrichtet in der Verkleidung eines Boten seine rachegeforderte Pflicht.
So berichtet er, Karl wäre als Soldat bei einem Treffen vor Prag gefallen. Der alte Moor, ohnehin von
Selbstanklagen und Schuldgefühlen wegen der Verfluchung Karls geplagt, sinkt bei der Nachricht lallend:
mein Fluch ihn gejagt in den Tod , gefallen mein Sohn in Verzweiflung - , wie tot um. Es handelt sich dabei um
einen Scheintod, der allerdings erst viel später durch Franz bemerkt werden wird. Amalia ist in Schmerz
aufgelöst und gleichzeitig stolz auf ihren heissgeliebten Karl: „Hektor, Hektor ! Hört ihrs ? Er stand - (S.49,15).
... Sein letzter Seufzer , Amalia ! (S.49,35)“
Um den Glauben an Karls Tod aufrechtzuerhalten inszenierte Hermann ein mit angeblich Karls Blut
beschriebenes Schwert. Karl sieht sich nun endlich am Ziel und malt sich seine Zukunft als Herrscher aus, indem
er bekennt: „Blässe der Armut und sklavischen Furcht sind meine Leibfarbe: in diese Liverei (uniformartige
Dienerkleidung - S.152) will ich euch (Untertanen) kleiden ! (S.54,38)“
Friedrich Schiller
Die Räuber
2. Akt, 3. Szene.
In den böhmischen Wäldern führen Karl und seine Gesellen unterdessen ein freies Leben. Der mit reichlich
Cleverness ausgestattete Moritz Spiegelberg lässt diese Szene mit der Erzählung seiner unrühmlichen RäuberMemoiren zum absoluten Höhepunkt dieses Schauspiels werden. Während er mit seinem Teil des Bandentrupps
nur um Raub, Brandstiftung und ein zügelloses Leben zu tun hat, und nicht einmal vor Klosterschändung und
Nonnenvergewaltigung zurückschreckt, besteht das Streben des Hauptmanns Karl von Moor einzig darin, um
den Bedrängten zu helfen und den Leuteschindern, Geldprotzen, korrupten Beamten und heuchlerischen
Pfaffen das Handwerk zu legen und sie zu bestrafen. Er vergibt und verteilt sogar den ‘von Rechtens wegen’
Dritten (-Teil) des Gewinns an Bedürftige. Nicht so aber Spiegelberg, der bekennt: „Narr ! Einen Spass muss
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ich Dir noch erzählen, den ich neulich im Cäcilienkloster angerichtet habe. Ich treffe das Kloster auf meiner
Wanderschaft so gegen die Dämmerung, und da ich eben den Tag noch keine Patrone verschossen hatte, du
weißt, ich hasse das auf den Tod, so musste die Nacht noch durch einen Streich verherrlicht werden, und sollts
dem Teufel um ein Ohr gelten ! ... Die Lichter gehen aus. ... versichere mich des Klosterwächters ... schleich
mich hinein, wo die Mägde schliefen, praktizier ihnen die Kleider weg, ... jetzt pfeiff ich, und meine Kerls
fangen an zu stürmen ... mit bestialischem Gepolter, ... da hättest du die Hatz sehen sollen, ... wie Katzen,
andere in der Angst ihres Herzens die Stube so besprenzten, dass du hättest das Schwimmen drin lernen können,
... und heraus mit dem Klosterschatz ..., oder ... - meine Kerls vestanden mich schon ... haben ihnen ein
Andenken hinterlassen, sie werden ihre neun Monate daran zu schleppen haben. (S.56,7-S.57,11)“
Hauptmann Karl fühl sich mit einzelnen seiner Bande auf Leben und Tod verbunden und gilt unter ihnen als
sehr mutig und getreu, hat aber doch so seine Grillen (S.61,16). Als er erfährt, dass Roller sein teuerster Kumpan
schmachtet und baldigst öffentlich gehängt werden soll, schäumt er wie ein Eber (S.61,37). Er vermag Roller, in
Kapuzinerskutte verkleidet, im letzten Moment zur Flucht zu verhelfen, wobei die ganze Stadt, ein Pulverturm
und ein Krankenlager in Flammen aufgehen. Dreiundachtzig Tote werden gezählt. Darunter „nur der Bodensatz
der Stadt“ wie Schufterle sich zu rechtfertigen weiss (S.66,21). Alte Greise, Kranke, Frauen und Kinder waren
dabei. Moor geht heftig auf und ab (S.67,9): „Roller, du bist teuer bezahlt. (S.66,14) ... O pfui über den
Kindermord ! den Weibermord ! - den Krankenmord ! Wie beugt mich diese Tat ! Sie hat meine schönsten
Werke vergiftet ! (S.67,15-17)“ Roller bedankt sich: „Moor ! Moor ! möchtest du bald auch in den Pfeffer
geraten, dass ich dir Gleiches mit gleichen vergelten kann ! (S.64,31)“ - Ein bestialischer Wunsch, der sich
schneller als erwartet in Realität umsetzt.
Ein dramatischer Höhepunkt ist gekommen: die Bande wird vom Militär in zwanzigfacher Übermacht im
Walde eingekreist, dessen Vermittler ein Pater ist, welcher den Räubern ein Generalpardon anbietet, wenn sie
ihm und seiner Mannschaft, den Hauptmann gefesselt ausliefern. Karl Moor, nimmt ihn nicht sonderlich ernst
und verweist Schweizer: „Pfui doch Schweizer ! Du verdirbst ihm ja das Konzept - er hat seine Predigt so brav
auswendig gelernt - nur weiter, mein Herr ! - „für Galgen und Rad ?“ (S.70,5)“.
Moor, der aber ohnehin an der Tragik seines Räuberlebens leidet, bietet sich freiwillig als Opfer für alle an.
Roller versteht es, das Blatt in seiner Kampfesbegeisterung zu Moors Gunsten zu wenden. Es gelingt ihnen sich
heil durchzuschlagen. Nur einer fällt. - Es ist Roller. - Sein Wunsch ist in Erfüllung gegangen.
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Hundertundsechzig Husaren - dreiundneunzig Dragoner, gegen vierzig Jäger - dreihundert in allem.
„Dreihundert für einen ! (S.83,10)“
Friedrich Schiller
Die Räuber
3. Akt, 1. Szene.
Auf dem Moorschen Schlosse regiert nunmehr Franz. Er wirbt vergeblich um Amalias Hand, die dem
totgeglaubten Karl noch immer die Treue hält. „Du hast meinen Geliebten ermordet, und Amalia soll dich
Gemahl nennen ! Du -„ - „... Franz spricht, und wenn man nicht antwortet, so wird er befehlen (S.77,34).“ ...
„Knirsche nur mit den Zähnen - speie Feuer und Mord aus den Augen - mich ergötzt der Grimm eines Weibes,
macht dich nur schöner, begehrenswerter. ... Komm mit in meine Kammer - ich glühe vor Sehnsucht - Jetzt
gleich sollst du mit mir gehen (S.78,22).“ - Amalia fällt ihm um den Hals: Verzeih mir Franz !“ Und reisst ihm
den Degen von der Seite und tritt hastig zurück. „Wag es einmal meinen Leib zu betasten - dieser Stahl soll
deine geile Brust mitten durchtrennen. ... Fleuch auf der Stelle ! (S.78,29)“
Amalia beschliesst in ein Kloster zu gehen, um nicht als des neuen Herrn von Moors Mätresse gemacht zu
werden. Sie lässt diesen Plan aber fallen, als sie aus dem Geständnis des reuigen Hermann erfährt, dass Karl
und ihr Oheim Maximilian noch leben.
3. Akt, 2.Szene.
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Die Räuberbande ist inzwischen bis zur Donau vorgestossen, wo sie auf Karls Geheiss an einem Hang unter
Bäumen ruhen. „Hier muss ich liegen bleiben. ... Ich wollt euch bitten, mir eine Handvoll Wasser zu holen, aber
ihr seid alle matt bis in den Tod. (S.80,5)“
Schweizer hat sich bereits davongeschlichen, um ihm diesen Gefallen zu erfüllen, als der „Plunder“ (S.82,33)
unter seinen Füssen abrutscht und ihn mit sich reisst. Als er blutend zurückkehrt, erntet er gebührenden Dank. „Dein Wasser war gut, Schweizer - diese Narben stehen dir gut.“ - „Pah ! hat noch Platz genug für ihrer dreissig
(S.83,1).“
Beim Anblick des stimmungsvollen Sonnenuntergangs überkommt Karl Wehmut und beginnt von einer
harmonischen Menschheitsidylle zu schwärmen. - Dass er seine Philosophie nicht verbergen kann, ist allen
klar. „Bruder - ich habe die Menschen gesehen, ihre Bienensorgen und ihre Riesenprojekte - ihre Götterplane
und ihre Mäusegeschäfte, das wunderseltsame Wettrennen nach Glückseligkeit; ... ; dieses bunte Lotto des
Lebens, worin so mancher seine Unschuld, und - seinen Himmel setzt, einen Treffer zu haschen, und - Nullen
sind der Auszug - am Ende war kein Treffer darin. Es ist ein Schauspiel, Bruder, ... (S.80,27).“ – Ein Schauspiel,
das Roller das Leben kostete.. . Seinen Platz wird in Zukunft der junge Kosinsky einnehmen, der neu zu ihnen
stösst. Er hat ein verblüffend ähnliches Schicksal wie Karl Moor. Das Wissen, was Intrige am eigenen Leib zu
erfahren bedeutet, und die zufällige Namensgleichheit seiner Braut Amalia ist der Anlass, dass Moor mit seiner
Bande nach seiner Heimat in Franken aufbricht. „Auf ! Hurtig ! Alle ! nach Franken ! in acht Tagen müssen
wir dort sein. - Sie weint, sie vertrauert ihr Leben (S.88,38).“
4. Akt, 1. Szene.
Karl ist in seinem Element. Der Gerechtigkeit willen ist er bereit, alles in Kauf zu nehmen. Als er jedoch das
väterliche Schloss erstmals wieder vor sich sieht, überkommt ihn Wehmut. Nahe daran, sein Vorhaben
ungeschehen zu lassen, gibt er sich einen Ruck: „Sie nicht sehen, nicht einen Blick ? - und nur eine Mauer
gewesen zwischen mir und Amalia - Nein ! sehen muss ich sie - muss ich ihn -- es soll mich zermalmen !“ „Vater ! Vater ! dein Sohn naht ...(S.90,10).“
Friedrich Schiller
Die Räuber
4. Akt, 2. Szene.
Er lässt sich auf dem Schloss als ‘Graf von Brand’ einführen, wobei er hofft, von den Seinen nicht erkannt zu
werden. Dabei kommt es zur Begegnung mit Amalia. Ihr erzählt er, er habe den alten Grafen von Moor vor 18
Jahren gekannt. Sie führt ihn darauf in die Ahnengalerie, wo er das Bild seines Vaters sofort erkennt. Amalia
staunt darüber: „Wie ? Achtzehn Jahre nicht mehr gesehn, und noch - ... - Ein vortrefflicher Mann ! (S.91,6)“
Als sie auch an seinem eigenen Bildnis vorüberkommen, bemerkt Karl Amalias Unruhe. „Sie liebt mich ! - ihr
ganzes Wesen fing an, sich zu empören, verräterisch rollten die Tränen von ihren Wangen. Sie liebt mich !
(S.91,38)“
Es ist Franz, der den Neuankömmling heimlich im Spiegel betrachtet hat, und darin seinen eigenen Bruder
wiedererkannt zu haben glaubt. „Es ist Karl ! Ja, er ist’s ! - Tod und Verdammnis ! (S.92,28)“ Mit Schrecken
von seiner Entdeckung überzeugt, erpresst er voller Misstrauen Daniel, den alten Diener des Moorschen
Hauses zu dem Versprechen, den Fremden zu vergiften: „Bei deinem Gehorsam ! Verstehst du das Wort auch
? Bei deinem Gehorsam befehl ich dir, morgen darf der Graf nimmer unter den Lebendigen wandeln. (S.95,16)“ Daniel grollt.
Trotz seiner bösartigsten Verschlagenheit kämpft Franz nun doch mit Gewissensbissen, welche er krampfhaft
zu rechtfertigen (ver-)sucht: „ - Mord ! Und die ganze Schattenspielerei ist verschwunden. Es war etwas und
wird nichts - Heisst es nicht ebensoviel als: es war nichts und wird nichts und um nichts wird kein Wort mehr
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gewechselt - der Mensch entstehet aus Morast, und macht Morast, und gärt wieder zusammen in Morast, bis er
zuletzt an den Schuhsohlen seines Urenkels unflätig anklebt. ... , und somit - glückliche Reise, Herr Bruder !
(S.97,36)“
4. Akt, 3. Szene.
Es kommt zur Begegnung Daniels mit Karl(n). Bei einem vorgetäuschten Handkuss erkennt er Karl hocherfreut
an einer längst verwachsenen Narbe, als sein erwachsenes Schosskind (S.98,8). Da Daniel leiser wird, greift
Moor ein: „Was brummelst du da ? ... Rede deutlicher !“ - „Aber ich will lieber meine alten Knochen abnagen
vor Hunger, lieber vor Durst mein eigenes Wasser saufen, als Wohlleben die Fülle verdienen mit einem
Totschlag (S.101,11).“
Dieser Ausruf fährt Hauptmann Moor in Mark und Bein: „Himmel und Hölle ! Nicht du, Vater ! Spitzbübische
Künste ! Mörder, Räuber durch spitzbübische Künste ! - Oh ich blöder, blöder, blöder Tor ! (S.101,17)“ Tieferschüttert beschliesst er, noch unwissend über des Vaters Schicksal, sich an seinem Bruder nicht zu rächen
und zu fliehen.
4. Akt, 4. Szene.
Karl trifft seine Geliebte, die ihn noch immer nicht erkennt, in wonneberauschten Erinnerungen schwelgend in
der Gartenlaube vor. Seltsamerweise fühlt sie ihre Seele dem ’Grafen von Brand’ anheim fallen (Duden
Bd.1,S.113): „Aber warum meine Seele, so immer, so wider Willen diesem Fremdling (S.102,34) ? ... Meine
Seele hat nicht Raum für zwei Gottheiten, ... (S.103,9) !“
Behutsame Versuche Karls, ihr den ‘Wink’ zu geben, schlagen fehl. Denn als er erwähnt, dass seine Geliebte
ebenfalls Amalia heisse, er aber Mordschuld auf dem Gewissen habe, hört er zu seiner Verzweiflung Amalia
sagen, dass ihr Karl solcher Taten nicht fähig sei (S.104,20+S.105,1), und stimmt das auch ihm bekannte
Hektorlied an. Moor nimmt ihr das Instrument stillschweigend aus der Hand und beginnt die zweite Strophe zu
spielen. - Sich so zu erkennen gegeben, verlässt er fluchtartig den Ort in Richtung Wald.
Friedrich Schiller
Die Räuber
4. Akt, 5. Szene.
Unter den wartenden Räubern bricht Unruhe aus, als er zu angegebener Stunde nicht erscheint. Der
Möchtegern-Hauptmann Spiegelberg sieht die Gelegenheit günstig, einen Wechsel in der Rangordnung zu
erwirken. Zu Razmann: „Ja - und Jahre schon dicht ich drauf: es soll anders werden. Man vermisst ihn - gibt ihn
halb verloren - Razmann - mich dünkt, seine Stunde schlägt - wie ? (S.107,28) “ Schweizer, der die beiden
belauscht, sticht Spiegelberg tot: „Fahr hin, Meuchelmörder (S.108,4) !“
Karl, endlich zurück und von den Vorfällen unterrichtet, erwägt einige Augenblicke den Suizid, beschliesst
dann aber doch, als er unterbrochen wird, sein Schicksal zu tragen: „Nein ! Nein ! Ein Mann muss nicht
straucheln ! (S.111,38) ... Die Qual erlahme an meinem Stolz ! Ich wills vollenden (S.112,20).“ Sprachs und
wischte den Gedanken an sein gleichwohl drohendes Schicksal aus dem Sinn.
Plötzlich kommt Hermann, der Bastard von einem Edelmann durch den Wald zum Turm und klopft an, ohne
jedoch Moor zu bemerken. Dieser gibt sich zu erkennen, stellt ihn und wird Zeuge des furchtbaren Verbrechens,
das sein Bruder an seinem Vater verübt hat. „Hier steckt ein Geheimnis - heraus ! Sprich ! Ich will alles wissen
(S.113,23).“ Der alte Moor war damals nicht gestorben (siehe hier oben: 2.Akt, 2. Szene). Franz wollte den
Lebenden aber nicht länger dulden und hatte ihn lebendig begraben lassen. Hermann hatte ihn dann aus dem
Sarg befreit und in einem alten Mauergewölbe in der Nähe des Schlosses, wo die Räuberbande lagert, versteckt
gehalten und ihn heimlich und kümmerlich ernährt.
Karl von Moors Zorn kennt nunmehr keine Grenzen mehr. Seinen halbverhungerten Vater befreit er, ohne sich
zu erkennen zu geben, und beauftragt Schweizer, Franz lebend zu fangen: „Nein, jetzt will ich bezahlen.
Schweizer, so ist noch kein Sterblicher geehrt worden wie du ! - Räche meinen Vater ! ... Aber ich sage dir,
liefr’ ihn mir nicht tot ! (S.118,9)“ - „Genug, Hauptmann - Hier hast du meine Hand darauf: Entweder, du
siehst zwei zurückkommen, oder gar keinen (S118,18).“
5. Akt, 1. Szene.
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14
Es ist später in der Nacht. Auf dem Schloss hat Daniel heimlich sein Reisebündel gepackt und will gerade gehen,
als Franz im Verfolgungswahn hereinstürzt. Er hat von Daniels Absichten nichts bemerkt, ist aber totenbleich.Daniel: „Eure Stimme ist bang und lallet. ... Oh ihr seid ernstlich krank (S.120,20+36).“ - Ja wahrlich, denn
Franz leidet unter Wahnträumen, die Tote auferstehen lassen: „Träume bedeuten nichts - nicht wahr, Daniel ?
(S.120,39)“ - „Träume kommen von Gott. Ich will für euch beten (S.123,16)“ - „Ja, ja ! Fürchterlich zischelts um
mich: Richtet droben einer über den Sternen ! ... diese Nacht noch ! (S.123,26)“
In seiner Angst lässt Franz den Pastor Moser rufen. Über seinen mitternächtlichen Auftritt sonderlich
erstaunt: „Das erste Mal in meinem Leben ! Habt Ihr im Sinn, über die Religion zu spotten, oder fangt Ihr an, vor
ihr zu zittern ? (S.124,3)“ - „Auf dein Leben sollst du mir antworten (S.124,9).“
Franz schildert seine Qual, worauf ihm Moser eine ausweglose Predigt beschert: „Das ist die Philosophie
Eurer Verzweiflung (S.125,16). ... Ich will an Eurem Bette stehn, wenn ihr sterbet - ich möchte so gar gern einen
Tyrannen sehen dahinfahren - ich will dabeistehn und Euch starr ins Auge fassen, wenn der Arzt Eure kalte, nasse
Hand ergreift und den verloren schleichenden Puls kaum mehr finden kann, und aufschaut, und mit jenem
schrecklichen Achselzucken zu Euch spricht: menschliche Hilfe ist umsonst ! (.125,30)“ - „Pfaffengewäsche,
Pfaffengewäsche ! (S.126,11)“ - „Was hier endlicher Triumph war, wird dort ewige unendliche Verzweiflung
(S.126,38).“
Als Daniel eine rasch näherkommende, johlende Reiterschar meldet, lässt Franz in Panik alle Glocken
läuten und seine Bediensteten in der Kirche für ihn beten. Auf die Knie fallend versucht er sich eines Gebets:
„Höre mich beten, Gott im Himmel ! - Es ist das erste Mal - soll auch gewiss nimmer geschehen - erhöre mich,
Gott im Himmel !“ - „Mein doch ! Das ist ja gottlos gebetet (S.129,9).“
Wie das Schloss in Flammen aufgeht, und Schweizer mit seinen Leuten hereindringt, erdrosselt er sich.
Schweizer, der nun den Auftrag seines Hauptmanns, Franz lebend umzubringen, nicht erfüllen kann,
erschiesst sich: „Gehet zurück und saget meinem Hauptmann: er ist maustot - mich sieht er nicht wieder
(S.130,24).“
Friedrich Schiller
Die Räuber
5. Akt, 2. Szene.
Vor dem Schloss kommt es zur letzten, erschütternden Wiedererkennungsszene zwischen dem alten Moor und
Karl und zwischen Karl und Amalia. Bei der Eröffnung, dass Karl der Hauptmann von „Räubern und Mördern“
ist, gibt der alte Moor seinen Geist auf. Amalia bekennt sich aber trotzdem zu Karl Moor. Als dieser auch an
ein neues Glück mit Amalia glaubt, fordert die Bande gebieterisch an den Todesschwur erinnernd: „Opfer um
Opfer ! Amalia für die Bande !“ - „Es ist aus ! - Ich wollte umkehren und zu meinem Vater gehen, aber der
Himmel sprach, es soll nicht sein. Blöder Tor ich, warum wollt ich es auch ? (S.136,34)“ So tötet Karl seine
Amalia, die ihn vor den Räubern herausfordert: „Euer Meister ist ein eitler, feigherziger Prahler (S.137,29).“ „Seht doch recht her ! Ich hab euch einen Engel geschlachtet. Seid ihr nunmehr zufrieden ?“ - „Du hast deine
Schuld mit Wucher bezahlt. Komm jetzt weiter ! (S.138,4)“
Den Trugschluss: „Die Welt durch Greuel zu verschönern und die Gesetze durch Gesetzlosigkeit aufrecht zu
erhalten, ... erfahre ich nun mit Zähneklappern und Heulen, dass zwei Menschen wie ich den ganzen Bau der
sittlichen Welt zugrunde richten würden (S.138,38).“
Dieser höheren Einsicht fügt er sich, löst die Räuberbande auf und stellt sich selbst der Justiz. Er wird sich
einem armen Tagelöhner mit elf Kindern in die Hände spielen, der die 1000 Louisdore haben soll, die man auf
den ‘grossen Räuber’ gesetzt hat. - „Lasst ihn hinfahren ! Es ist die Grossmannssucht.“ - „Man könnte mich
darum bewundern (S.139,31).“ - Es ist seine letzte grosse soziale Tat !
Friedrich Schiller
Die Räuber
[email protected]
Hinweis:
15
Um Wiederholungen der Geschichte zu vermeiden, seien hier nur Aussagen von ‘Zeitzeugen’
erwähnt. (Der Verfasser P.V.)
Charaktere
des
Karl von Moor (Hauptrolle)
Aussehen:
• - sportliche Statur , - attraktiv, - sehr schlanker Hals, - edelgeformtes Haupt, - feurige Augen
Charaktereigenschaften :
• - leutselig, - mitleidig, - freiheitliebend, - mutig, - feuriger Geist, - Sinn für alles Hohe, - tatendürstend
• - manchmal leicht zu überzeugen, - gewisser Starrsinn + etliche Lausbubereien werden ihm nachgesagt
• - offen und ehrlich, - liebt die Gerechtigkeit, - gutes Herz, - etwas stolz
Besonderes:
• wird erwachsen, - entwickelt aus Trotz einen unbändigen Drang zu handeln
• bereut seine leichtsinnigen Streiche, - lässt sich nach Erhalt eines väterlichen Fluchs von seinen Kumpanen
dazu überreden, die Führung der neugebildeten Räuberbande zu übernehmen
• Vom Guten zum Bösen gewandelt, möchte er wieder an den Anfang zurück. Doch der Teufelskreis lässt ihn
bei (beinahe) jeder guten Tat zugleich eine schlechte begehen.
• Spiegelberg bemerkt über ihn: „Reichen Filzen ein Drittel ihrer Sorgen vom Hals schaffen, die ihnen nur den
goldenen Schlaf verscheuchen, das stockende Geld in Umlauf bringen, das Gleichgewicht der Güter
wiederherstellen, mit einem Wort, das goldne Alter wieder zurückrufen, dem lieben Gott von manchem
lästigen Kostgänger helfen, ihm Krieg, teure Zeit und Dokters ersparen - siehst du, das heiss ich ehrlich sein,
das heiss ich ein würdiges Werkzeug in der Hand der Vorsehung abgeben. - Und so bei jedem Braten, den
man ist, den schmeichelhaften Gedanken zu haben: den haben dir deine Finten, dein Löwenmut, deine
Nachtwachen erworben - von gross und klein respektiert zu werden - .“ (S.29,1)
• „Er mordet nicht um des Raubes willen wie wir - nach dem Geld schien er nicht mehr zu fragen, sobald ers
vollauf haben konnte, und selbst sein Dritteil an der Beute, das ihn von Rechts wegen trifft, verschenkt er an
Waisenkinder, oder lässt damit arme Jungen von Hoffnung studieren. Aber soll er dir einen Landjunker
schröpfen, der seine Bauren wie das Vieh abschindet, oder einen Schurken mit goldnen Borten unter den
Hammer kriegen, der die Gesetze falschmünzt, und das Auge der Gerechtigkeit übersilbert, oderr sonst ein
Herrchen von dem Gelichter - Kerl ! da ist er dir in seinem Element, und haust teufelmässig, als wenn jede
Faser an ihm eine Furie wäre.“ (S.60,10)
Friedrich Schiller
Die Räuber
Charaktere
[email protected]
16
des
Grafen Maximilian von Moor
Charaktereigenschaften:
Aussehen:
Taten:
Bemerkungen:
Friedrich Schiller
Die Räuber
Charaktere
der
Amalia von Edelreich
Aussehen:
! sanft und schön
Charaktereigenschaften:
! leidend, liebenswürdig, empfindsam, ausgeglichen, unwandelbar treuherzig, gerecht, gut sittuiert, exzentrisch,
nicht leicht zu täuschen, unschuldig, weiss sich zu wehren
Besonderes:
! Sie ist die einzige Frau im Stück.
! Karl bleibt von ihr erstaunlich lange unerkannt. Erst sein Lied bringt sie auf den Punkt. Was nur unbewusste
Ahnung war, wurde Realität. Die Freude über das Wiedersehen ist stärker als jedes andere Gefühl: „Ich hab
ihn, o ihr Sterne ! Ich hab ihn ! Ewig mein ! Mörder ! Teufel ! Ich kann dich Engel nicht lassen.“ (S.134,15 &
S.135,25)
! In Erkenntnis, des von Karl geleisteten Treueschwurs, bittet sie Karl verzweifelt um den Tod, und ist bereit,
ihn sich selbst zu geben. Der Geliebte erfüllt ihr den letzten Wunsch.
Charaktere
des
Hermann (ein Bastard von einem Edelmann)
[email protected]
17
Charaktere:
! sinnlich, - beleidigt, - eifersüchtig, - gegen kleine Versprechen für fast alles zu haben, - handelt wieder mit
eigenem Gewissen.
Besonderes:
! Er wird nachdem er erfolgreich als verkleideter Bote über den vermeintlichen Tod Karls agierte, von
Gewissensbissen geplagt. Er hat den alten Moor befreit und hält ihn bei kümmerlichen Speisen, in einem
Turmverliess versteckt, am Leben. Hermann ist damit wieder ein sittlicher Mensch geworden.
Friedrich Schiller
Die Räuber
Charaktere
des
Hermann (ein Bastard von einem Edelmann)
Charaktereigenschaften:
Aussehen:
Taten:
Bemerkungen:
Friedrich Schiller
Die Räuber
Charaktere
des
Charaktereigenschaften:
Räubers Moritz Spiegelberg
[email protected]
18
! eitel, intelligent, einfallsreich, geschickt, gemein, lasterhaft, loses Mundwerk heimtückisch, schadenfroh
Besonderes:
! Spiegelberg ist ein ausgemachtes Schlitzohr und ein gemeiner Schurke. Wenn es darauf ankommt mutig zu
sein, zeigt er sich nur allzuschnell als Feigling. Auch ist er gerne zu Gewalttaten und Streichen aufgelegt.
! Schweizer sagt ihm ins Gesicht: „So wollt ich doch, dass du im Kloak ersticktest, Dreckseele du ! Bei nackten
Nonnen hast du ein grosses Maul, aber wenn du zwei Fäuste siehst, - Memme, zeige dich jetzt, oder man soll
dich in eine Sauhaut nähen, und durch Hunde verhetzen lassen.“ (S.68,21) - (damalige Strafe für Diebe).
! Aus verletzter Eitelkeit will er Karl hinterrücks umbringen, als dieser einmal nicht zu angegebener Stunde
erscheint. Räuber Schweizer erfährt davon und ersticht ihn sogleich: „Fahr hin, Meuchelmörder.“ (S.108,4)
Charaktere
der
anderen Räuber
Charaktereigenschaften:
! gemein und beutegierig, fallen gewöhnlich nicht aus dem Rahmen wie der geniale Schurke Spiegelberg
Aussehen:
! gewöhnlich vernarbt,
! alt und zweckmässig gekleidet
Besonderes:
! Besonders sind eigentlich nur Kosinsky, Schweizer und Roller. Sie alle sind Räuber gewöhnlichen Schlages.
Durch ihre treue Anhängerschaft an ihren Hauptmann Karl, werden sie in vorliegendem Schauspiel zu oft
zitierten Genossen. Kosinsky hat ein ähnliches Schicksal wie der Hauptmann, handelt aber im wesentlichen
aus persönlichem Rachegefühl.
Friedrich Schiller
Die Räuber
Charaktere:
der
Charaktereigenschaften:
Räuber Schweizer und Roller
[email protected]
19
Aussehen:
Taten:
Bemerkungen:
Friedrich Schiller
Die Räuber
Charaktere
des
katholischen Paters
Charaktereigenschaften:
Aussehen:
Taten:
Bemerkungen:
Charaktere
des
Charaktereigenschaften:
Aussehen:
Taten:
Pastoren Moser
[email protected]
20
Bemerkungen:
Friedrich Schiller
Die Räuber
Interpretation & eigenes Leseerlebnis:
(Eigene Meinungsfreiheit)
Die „Räuber sind das unfasslich frühreife Geniewerk des zwanzigjährigen Schiller, der mit
diesem Werk nicht nur dem eigenen Schaffensdrang zum Durchbruch verhalf, sondern der
deutschen Bühnendichtung überhaupt zu einem ihrer grössten Triumphe.
Obwohl Schiller das Schauspiel zunächst nicht für die Bühne geeignet erachtet hatte, zeigt
doch gerade dieses Erstlingswerk alle Kennzeichen des geborenen Dramatikers, die
Kontrastierung der Figuren, derart, „dass die Guten durch die Bösen schattiert“ werden
(zwei Hauptrollen: Franz und Karl Moor), den mitreissenden Schwung der Szenenführung
und vor allem der Blick in den „Bau der sittlichen Weltordnung.“-(Schauspielführer 1960)
Im Bertelsmann - Taschenlexikon heisst es dann sogar unter Räuberroman: - eine verbreitete
Art des Unterhaltungs- und Trivialromans (Alltäglichkeits- Roman) im Ausgang des 18. Jh.;
von Schillers „Räubern“ ausgehend, handelten die Räuberromane gewöhnlich von den
Heldentaten eines „edlen Räubers“, der sich gegen Willkür und Unterdrückung empörte
(H.D. Zschokke, Ch.A. Vulpius).
Der „edle Räuber“ ist hier niemand anderes als Karl Moor. Er und sein so gar ungleicher
Bruder Franz, der missgestaltete Intrigant, welcher alles Menschliche um sich her ausrotten
will, begehen einen Aufstand gegen ihren schwächlich autoritären Vater. Beide sind aus der
Bahn gekommen und Rebellen geworden : - durch eine Freiheit, die Extremitäten
(Extremwerte. Anmerkung des Verfassers P.V.) an den Tag zu legen vermag. Es geht dabei
um Rache und Vergeltung, die Gutes und Böses schwer trennbar macht. Als gemeinsamen
Gegner sehen sie die Weltordnung mit ihren Bienensorgen (S.80,27)&(S.19,35+S.145), gegen
die Franz in fürchterlicher Raserei und Karl in tragischer Verblendung frevelt.
Die menschliche Integrität wird dadurch widerhergestellt, dass Franz sich nach einem
unheilverkündenden Traum selbst tötet und Karl nach bitterer Erkennung seines
Trugschlusses, sich als reuiger Sünder der Justiz stellt. - „Die Welt durch Greuel zu
verschönern und die Gesetze durch Gesetzeslosigkeit aufrecht zu erhalten, ... erfahre ich nun
mit Zähneklappern und Heulen, dass zwei Menschen wie ich den ganzen Bau der sittlichen
Welt zugrunde richten würden (S.138,38).“
Die Premiere dieses Theaterstückes fand am 13.Januar 1782 statt. Schiller war dazu
heimlich und ohne Urlaub von Stuttgart nach Mannheim ins „Ausland“ gereist. Er hatte es
zuvor ohne Verfasserangabe, auf eigene Kosten als Buch erscheinen lassen.
Die ausserordentliche Wirkung des Stückes auf der Bühne hält ein berühmter
zeitgenössischer Bericht fest: „Das Theater glich einem Irrenhause, rollende Augen, geballte
Fäuste, heisere Aufschreie im Zuschauerraum ! Fremde Menschen fielen einander
schluchzend in die Arme, Frauen wankten, einer Ohnmacht nahe, zur Tür. Es war eine
allgemeine Auflösung wie ein Chaos, aus dessen Nebeln eine Schöpfung hervorbricht.“
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21
Friedrich Schiller
Die Räuber
Nach dem Studieren verschiedenster Quellentexte und Zweitliteratur scheint mir diese
eben genannte „eine Schöpfung“, wie auch diese Berichte darüber, als eine „der
Wirklichkeit entzogene Phantasterei zu sein“. - Wen wundert’s, dass dieses Stück einer
strengen Zensur unterworfen wurde ?
Friedrichs Einfälle sind in Wirklichkeit buchstäblich „schillerhaft“. Zu seiner Zeit als
Genie bezeichnet, wird er selbst heute noch als Idol gesehen. Im Duden Bd.11 Redewendungen, kann nachgelesen werden: - Schiller: das ist eine Idee von Schiller: so
[et]was lebt, und Schiller musste sterben. (ugs.1): Das ist ein guter Vorschlag. ° Die
Redensart spielt wohl scherzhaft auf Friedrich Schillers Ideenbegriff an. (ugs.2): Ausdruck
verächtlicher Missbilligung (S.440).
Sogar dem Schiller persönlich (über dessen Vater) bekannten Herzog Karl Eugen wurde
es zu bunt. Er veranlasste Friedrich Schiller mit dem Verweis und vierzehntägigem Arrest
und dem „Verbot, Komödien zu schreiben“, zu bestrafen. Der Durchlauchtigst (Duden
Bd.1,S.232), liess es sich nicht nehmen, den in seiner Kaserne eingesperrten Friedrich
aufzusuchen. Seine zornigen Worte sollen wie folgt gelautet haben: „Aha, er will Prediger
werden. Das sucht er nun nachzuholen, indem er den Komödianten aufrührerische und
garstige Worte in den Mund legt. Aufruhr wider den Fürsten, den er lieben sollte ! ...
„Genug, mein Sohn ! Ich sehe, er ist unverbesserlich. ... Auf solchem Wege wird er kaum
ein Dichterling - doch, was uns wahrscheinlicher deucht, sicherlich ein Rebell werden. Ich
befehle ihm, sich zur Verfügung zu halten und niemals mehr Komödien zu schreiben, sondern
allein bei der Medizin zu bleiben. Und wehe ihm, wenn er sich nicht daran hält ! (Schiller in
Weimar, Otto Zierer, LUX-Lesebogen N°304,S.10)“
Die Literatur schweigt sich wie abgesprochen über die gemeinten „garstigen Worte“
weitgehend aus. Doch glaube ich, wird durch Nachfolgendes schnell ersichtlich, was gemeint
war. - Betrachten wir nur Schillers kunstvoll ausgesuchten Ausdrucksweisen, die er seinen
Figuren einverleibte. So zB.: S.47(unwirklich), S.57,36(pervers), S.36,2(beschreibend),
S.31,17 (erregt), S.68,32(drohend), S.70,1(fluchend), S.66,26-40 (gemein), ... usw. und so
fort ... .
Er muss ausgesprochen revolutionär mutig gewesen sein (siehe auch seine Haartracht).
Vielleicht hat ihm gerade diese Eigenschaft zum Durchbruch verholfen. Schiller nahm kein
Blatt vor den Mund. - Entgegen aller beschönigten Darstellungen in seiner Biographie,
welche oftmals wie im Theater, zu sehr nach „verbesserter Leichenpredigt“ riecht: „Sowohl der Vater als auch die Mutter lasen mit ihren Kindern in der Bibel, zudem hielt der
Vater Familienandachten ab“ (Königs Erläuterungen S.10,2.Abschnitt). - Auch eine
Warnung seines Freundes Körner ging in die gleiche Richtung: „Du bist ein
unverbesserlicher Revolutionär, Schiller !“ -(LUX, Bd.304, S.15).
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22
Friedrich Schiller
Die Räuber
Wir können gleichwohl annehmen, dass sein Werk „Die Räuber“ um einige Stellen
umstrittener war, als die uns heute vorliegende, von mir verwendete, stark gekürzte und
mehrmals bearbeitete Fassung. Diese war notwendig geworden, teils um dem
konventionellen Theatergeschmack entgegenzukommen, teils um möglichen Vergleichen mit
aktuellen Umständen auszuweichen (Politik).
Tatsächlich behandelt Schiller vieles oberflächlich. Seine Ausführungen beschränken sich
vorwiegend auf die Taten seiner spielenden Personen. Hier kommt klar der Hauptaspekt des
Theaterstücks, wie auch die drastische Ausstreichung der oben bereits erwähnten Kürzung
zum Ausdruck. Schiller vermeidet denn auch jede hintergründige oder über sein
„Territorium“ hinausgehende Dimension aufs Peinlichste, was sich dem Leser gegenüber
nachhaltig zeigt. So empfand ich persönlich seine Lektüre als kühl und witzlos präsentiert.
Dieser Umstand lässt sich auch mit den eingeschobenen und vor Schadenfreude strotzenden
Schilderungen des Ganoven Spiegelberg nicht übertünchen. Etwas mehr Farbigkeit im
Beschrieb der Umgebung und Umstände hätte bestimmt nicht geschadet. Denn dass Schiller
dazu fähig wäre hat er anderweitig nur allzu gut bewiesen.
Zwar liest sich „Die Räuber“ nach dem ersten Drittel recht flüssig. Schiller einmal in der
Niederschrift in Fahrt gekommen, lässt den Leser wahrlich durch die Geschichte
„flutschen“, ohne dass dieser sich eines Umblättern entsinnen kann. - Leider ist mir in
dieser „Rutschfahrt“ keine Person begegnet, für die ich hätte Partei ergreifen, geschweige
denn mich hätte identifizieren können. Die Figuren, die sich im Charakter zu sehr
unterscheiden, wie dies vorwiegend bei den Gebrüdern Moor der Fall ist, sind kreuzweise
aneinander vorbei ‘konstruiert’. Sie begegnen sich nie von Angesicht zu Angesicht. Jegliche
Aktivität geschieht hinter dem Rücken des anderen. Schiller bemerkt dazu selbst: „Diese
unmoralische Charaktere, ... , mussten von gewissen Seiten glänzen. ... Jedem, auch dem
Lasterhaftesten, ist gewissermassen der Stempel des göttlichen Ebenbilds aufgedruckt ...
(S.5,10).“
Auch die Spannungskurve verläuft leider nahezu parallel mit einer mechanischen
Bedienungsanleitung. - Ausser dass dort schon von vornherein klar ist, um was es geht.
(Wird in Königs Erläuterungen begeisterter aufgefasst: s.S.45-48).
Schiller hat wohl oft seine eigene Person miteinbezogen, sich aber gut getarnt. Menschliches
Wohl, Wünsche und Emotionen sind ihm bekannt. Darin ist er Meister. Er versteht sich sogar
der konstruktiven Rüge und Selbsteinsicht: „Wenn ich vor dem Tiger gewarnt haben will, so
darf ich seine schöne, blendende Fleckenhaut nicht übergehen.“ (S.5,30).
Auch etwas Grössenwahn ist dabei, wenn er den Räuberhauptmann Karl Moor bei seiner
Rückkehr ins traute Schloss jegliche Person mit -DU- ansprechen lässt, die anderen ihm aber
per -SIE- begegnen (zB.: P.Moser auf S.124,3 oder S.91,35). Dass es sich dabei nur um eine
dort gespielte gräfliche Sitte handelt, glaube ich nicht !
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23
Friedrich Schiller
Die Räuber
Sehr nachdenklich hat mich die Rolle des weiblichen Individuums gestimmt. Hierbei handelt
es sich um Amalia von Edelreich, die als Waise gleichsam an Kindesstatt ins Moor’sche
Schloss aufgenommen wurde. Sie mausert sich zur Geliebten Karls und erhält damit, als
einzige Frau des Werkes überhaupt, aktive Auftritte. Daneben werden nur noch Kosinsky’s
Geliebte, Kindbetterinnen, hochschwangere ‘Weiber’ und junge Frauen erwähnt
(S.66,26/S.86,31). Es reicht Schiller nicht einmal, sich einer Mutter zu erinnern. Sämtliche
Frauen und Mütter oder Schwestern der handelnden Personen werden totgeschwiegen,
solange sie nicht sexistischen Mitteln dienen, über die Schiller munter phantasiert (zB.: ab
S.56,7).
Obwohl Amalia’s Rolle zur Gesamtkonzeption dieses Dramas gehört, wird sie sogar heute
noch gelegentlich bei Aufführungen einfach gestrichen.
Es gehörte anscheinend im 18.Jh. in der Theater-Dramatik zum Guten Ton,
Mitspracherechte der weiblichen Schauspiel-Besucherinnen (an der Seite ihrer Ehemänner),
zu missachten. Gleichsam haben wir auch erfahren wie die Politik der damaligen Zeit
umgangen wurde.
„So ein Theater !“
Friedrich Schiller ist über jegliche Kritik erhaben, wie er sie wohl oft zu Lebzeiten, nebst
Lob, anzuhören hatte. Seine Aussage in der den „Räubern“ vorangestellten Vorrede, lässt
sich in jede Richtung drehen. Er bleibt damit immer im Zentrum: „Die edle Einfalt der
Schrift muss sich in alltäglichen Assembleen (Versammlungen) von den sogenannten witzigen
Köpfen misshandeln und ins Lächerliche verzerren lassen; denn was ist so heilig und
ernsthaft, das, wenn man es falsch verdreht, nicht belacht werden kann ? - Ich kann hoffen,
dass ich der Religion und der wahren Moral keine gemeine Rache verschafft habe, wenn ich
diese mutwillige Schriftverächter in der Person meiner schändlichsten Räuber dem Abscheu
der Welt überliefere“(S.5,1).
Den Bedeutungsgehalt von Schiller’s ‘Die Räuber’ kann man wahrscheinlich nur aus dem
damaligen Zeitgeist heraus verstehen, was für den Leser im ausgehenden zwanzigsten
Jahrhundert schwer möglich ist. So wäre es aus diesem Grunde nicht fair, für uns
Unverstandenes oder uns Eigenartiges voreilig zu verurteilen oder abzuwerten. Allein, dass
dies die Arbeit eines Zwanzigjährigen ist, verdient unser aller Respekt.
Voller Hochachtung
P.Vestner
August 1997
Die über diesen Umfang hinaus Interessierten finden im nachfolgenden Literaturverzeichnis
weitere Hinweise.
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Friedrich Schiller (Dichter, 1802 geadelt)
24
---
Sein Leben:
(10.11.1759 – 09.05.1805) -- 46 Jahre
Jo(h)ann Christoph Friedrich Schiller wurde den 10.November 1759 als Sohn von Caspar Schiller (1723-1796)
in Marbach am Nekkar geboren. Dieser hatte Wundarzt gelernt, leistete später Dienste als württembergischer
Feldscher (Furier-) und Werbeoffizier (sowie auch im Siebenjährigen Krieg) und wurde schliesslich im Range
eines Majors Intendant der herzoglichen Hofgärtnerei und Reorganisator der zugehörigen Baumschulen
(Militärpflanzschulen). In seinen dortigen Funktionen brachte er einige Schriften heraus und widmete sich der
Landschaftsgestaltung, die er mittels Obstgehölzpflanzungen in ganz Württemberg betrieb. Die Folgen sind zum
Teil noch heute zu sehen.
Die Mutter Elisabeth Dorothea, geborene Kodweiss (1732 - 1802), war die Tochter eines Bäckers und
Gastwirts.
Nach Königs Erläuterungen seien die Bildungsatmosphäre der Familie von frommer Religiosität bestimmt
gewesen. Sowohl der Vater als auch die Mutter hätten mit den Kindern in der Bibel gelesen, zudem habe der
Vater Familienandachten abgehalten.
Die Jugend verbrachte Friedrich in Marbach und Lorch, wo er auch seine ersten „folgenschweren
Bekanntschaften“ machte. So mit dem Sohn des Ortspfarrers Moser, wodurch er auf diese Weise mit in den
Lateinunterricht kam, den der Pfarrer für seinen Sohn abhielt. Es ist überliefert, dass der Knabe Schiller seinen
religiösen Vorbildern nacheiferte und häufig „durchaus verständige“ Predigten nachspielte.
Im Jahre 1766 zogen die Schillers nach Ludwigsburg, welches zeitweilig die Residenz des Herzogs von
Württemberg war. Dort besuchte Friedrich 1767 die Lateinschule und wollte nach dem Bestehen der Prüfung an
der Klosterschule die Wissenschaft der Theologie erlernen. Doch sein Wunsch wurde ihm durch den Herzog
vereitelt, der seinen Vater Caspar aufforderte, ihn - seinen Sohn - doch auf die neuerrichtete Militärakademie bei
seiner Sommerresidenz, der Solitude zu schicken. Nach dem Wunsche des Herzogs sollte der junge Schiller dort
Jurisprudenz (Rechtswissenschaft) studieren, um später in den Verwaltungsdienst des Landes einzutreten. Dies
waren keine erfreulichen Aussichten für Friedrich, der hier in Ludwigsburg seine erste Bekanntschaft mit dem
Theater gemacht hatte. Offiziere hatten nämlich am herzöglichen Theater freien Eintritt, und der „alte“ Schiller
nahm bisweilen seine Kinder (wieviele er hatte war nicht herauszukriegen) mit zu den Vorstellungen. Friedrich
war von dieser Art Kunst so angetan, dass er mit seinen Spielkameraden, als auch mit Puppen Theaterversuche
unternahm.
Die Militärakademie besuchte Friedrich Schiller als Sohn eines bürgerlichen Landesbeamten weitgehend
kostenfrei ab 1773 bis 1780 auf der Karlsakademie in Karlsruhe. Dort studierte er hauptsächlich
Rechtswissenschaft und Medizin und wurde 1780 nach dem Abschluss (Dissertation: „ Versuch über den
Zusammenhang der tierischen Natur des Menschen mit seiner geistigen“) Regimentsmedikus in Stuttgart.
Obwohl neuere literarische Texte offiziell verboten waren, kann man davon ausgehen, dass sie stillschweigend
geduldet wurden. Indessen waren schon 1776 und 1777 im „Schwäbischen Magazin von gelehrten Sachen“ seine
ersten Gedichte erschienen. Unter dem Einfluss des Sturm und Drang entstand aus leidenschaftlichem
Freiheitswillen sein Drama „Die Räuber“, welches 1782 in Mannheim mit grossem Erfolg uraufgeführt wurde.
Die ungenierte und oftmals ungehobelte Schaffensart Schillers veranlasste Herzog Karl Eugen nicht nur aus
politischem Erwägen ihn mit Verweis und vierzehntägigem Arrest und dem „Verbot, Komödien zu schreiben“ zu
bestrafen. Schiller hatte auch während der Aufführungszeit der „Räuber“ zweimal ohne Erlaubnis Stuttgart und
sein Regiment verlassen . So floh er darauf 1782 nach Mannheim, in die Stadt, die ihm freundlicher gesinnt war.
Nach einem Aufenthalt auf dem Landgut der Frau von Wolzogen in Bauerbach bei Meiningen wurde er 1783
nach Mannheim ans Nationaltheater als Theaterdichter verpflichtet. Differenzen mit dem Intendanten von
Dalberg liessen jedoch hieraus keine festere Bindung werden. Schiller genoss dann längere Zeit die
Gastfreundschaft des Konsistorialrats Christoph G.Körner, zunächst in Leipzig, dann in Dresden. 1784 ernannte
ihn Herzog Karl August zum Weimarischen Rat.
Von 1788 an datiert die erste Begegnung mit Goethe in Rudolstadt, die ihm 1789 durch Goethes Vermittlung
eine Professur an der Universität Jena eintrug. Eine tiefe Freundschaft, die mit seinem Umgang 1799 zur
Übersiedelung Schillers von Jena nach Weimar führte. Schiller vertrat Goethe gelegentlich auch in der Direktion
des Weimarer Hoftheaters, dessen Blütezeit um die Jahrhundertwende eng mit dem Zusammenwirken der beiden
Dichter verbunden ist. Er schloss Freundschaft mit Wilhelm Freiherrn von Humboldt (Gelehrter und Staatsmann)
und konnte 1790 die jüngere Tochter Charlotte (*22.11.1766 Rudolstadt, t 09.07.1826 Bonn), der ihm seit
längerem befreundeten Familie von Lengefeld heiraten. Auf der Höhe seines dichterischen Schaffens, seit 1791
an einer Lungenkrankheit leidend und nur durch eine Ehrenpension finanziell abgesichert, starb Schiller am
09.Mai 1805 in Weimar im Alter von 46 Jahren.
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25
Friedrich Schiller
Friedrich Schillers bedeutendste und bekannteste Werke:
1781 „Die Räuber“
- ein Schauspiel in fünf Akten
- erste Aufführung : 13.Januar 1782 in
Mannheim,
1784 „Verschwörung des Fiesko zu Genua“,
1784 „Kabale und Liebe“
- ein bürgerliches Trauerspiel,
1785 „An die Freude“
- ein dichterisches Werk (Hymnus),
1787 „Don Carlos“
Jamben,
- vom Familiengemälde in Prosa zum politischen Ideendrama in
1787 „Der Verbrecher aus verlorener Ehre“
- eine Erzählung
1787 „Der Geisterseher“
- ein fragment gebliebener Roman,
1788 „Geschichte des Abfalls der vereinigten Niederlande“
- eine Intensive Geschichtsstudie,
1792 „Die Geschichte des dreissigjährigen Krieges“
einbrachte,
- die Geschichtsstudie, die Schiller eine Professur in Jena
1792 „Über den Grund des Vergnügens an tragenden Gegenständen“ - über Ethik und Ästhetik Kants,
1793 „Über Anmut und Würde“,
1794
führte die Bekanntschaft mit Goethe zu einem reichen Briefwechsel, den Goethe 1828 veröffentlichte,
1795 „Über die ästhetische Erziehung des Menschen“,
1796 „Über naive und sentimentalische Dichtung“
- geprägt von einem sittlich-ästhetischen Idealismus,
1798 „Wallenstein-Trilogie“
- ein Drama im theatergerechten Spiel,
1800 „Maria Stuart“
- ein Trauerspiel,
1801 „Über das Erhabene“
1802 „Die Jungfrau von Orleans“
- eine romantische Tragödie,
1803 „Die Braut von Messina“
- ein Trauerspiel mit Chören,
1804 „Wilhelm Tell“
Lebenswerkes
- ein freiheitliches Schauspiel als Krönung des gesamten
(Im 2. Akt
unvollendet),
1804 „Demetrius“
- ein Fragment gebliebenes Stück,
------ „Die Malteser“
- war ein geplantes Werk, welches als Entwurf vorliegt.
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26
Neben diesen eigenen Werken steht eine stattliche Zahl von Übersetzungen und Bearbeitungen von Werken der dramatischen
Weltliteratur vor:
1789 „Iphigenie in Aulis“ und der
1789 „Phönikerinnen“ des Eupherides,
1800 „Macbeth“ von Shakespeare,
1801 „Turandot“ von Gozzi
- ein tragikomisches Märchen, sowie
1803 „Der Neffe als Onkel“ - des Piccard (Franzose)
- ein Lustspiel,
1805 „Phädra“ - des Racine (Franzose)
- ein Lustspiel.
------- „Schaubühne als moralische Anstalt betrachtet“ - theoretische Auseinandersetzungen mit dem Theater, künstlerische Funktionen,
sowie die
Vorreden und Kommentare zu einzelnen seiner Stücke und der Briefwechsel mit Goethe.
Friedrich Schiller
Die Räuber
Hinweis:
Für heisshungrige ‘Räuber-Fans’ wird in ‘Königs Erläuterungen’ (S.132-135) und den unten
aufgeführten Schriften eine zumeist ausführlichere Liste angeboten.
Literaturverzeichnis:
(verwendeter und weiterführender Schriften)
! Reclam Universal-Bibliothek Nr.15, Die Räuber von Friedrich Schiller, 1781
(Ausgabe 1995 - Stuttgart)
! Räuber und Gauner in Deutschland. Das organisierte Bandenwesen im 18. und frühen 19. Jahrhundert,
Carsten Küther,
(Ausgabe 1976 - Göttingen)
! Die deutschen Räuberbanden in Originaldokumenten, Hans Sarkowicz,
! Das Gesicht der Räuber. Verbrecherbeschreibbungskunst, G.L.Giese,
(Ausg.1991 - Frankfurt /a.M.)
(Ausg. 1991 - Frankfurt /a.M.)
! Das Räuberbuch, Die Literaturwissenschaft in der Ideologie des dt.Bürgertums.
! Der schwarze Reiter, Roman von Werner J.Egli,
! Smuggling in the Bristol Channel 1700 - 1850, Graham Smith,
! Königs Erläuterungen und Materialien, Klaus Bahners,
(1974 - Frankfurt /a.M.)
(Ausgabe 1987 - Stuttgart)
2.Aufl.(Ausg. 1994 - Newbury, Berksh.)
7. Auflage (Ausgabe 1995 - Hollfeld)
! Friedrich Schiller, Die Räuber, Erläuterungen und Dokumente, von Christian Grawe.
(1976 - Stuttgart)
! Allgemeine Deutsche Biographie Band 31,
(Ausgabe 1890)
! Schillers Leben dokumentarisch in Briefen, Berichten und Bildern, Walter Hoyer,
! Schiller in Weimar, Otto Zierer, Lux - Lesebogen 304,
(Ausgabe 1967 - Köln)
(Ausgabe 1963 - Basel)
! Schiller, Sein Leben und seine Werke - 2 Bände, Karl Berger,
(Ausgabe 1918 - München)
! Schiller - Das Schönste aus seinem Werk, Charles Waldemar,
(Ausgabe 1960 - München)
[email protected]
27
! Der Baumschulbetrieb, Andreas Bärtels,
4.Auflage (Ausgabe 1995 - Stuttgart)
! Bertelsmann - Das Neue Taschenlexikon, 20 Bände,
(Ausgabe 1992 - Gütersloh)
! Wörterbuch der Synonyme und Antonyme, Erich und Hildegard Bulitta,
(Ausg. 1994 - Frankfurt /a.M.)
! Duden Band 1; Die deutsche Rechtschreibung,
21.Auflage (Ausgabe 1996 - Mannheim)
! Duden Band 5; Fremdwörterbuch,
5.Auflage (Ausgabe 1990 - Mannheim)
! Duden Tb, Wie verfasst man wissenschaftliche Arbeiten ?, Klaus Poenicke,
! Schneller LESEN, Monica Hoffmann,
2.Aufl. (1988 - Mannheim)
(Ausgabe 1993 - Köln)
! Film: Der plötzliche Reichtum der armen Leute von Kombach, Volker Schlöndorff ,
(erschienen 1971)
Friedrich Schiller
Die Räuber
Widmung
Ein tausendfaches Hoch !
Es leben die Neider und Intriganten !
... Derer zur Genüge entlarvt sind ...
Maikäfer flieg !
____________________
[email protected]
28
August 1997
Peter Vestner
Semesterarbeit BMB St.Gallen 1996/7
Titelblatt 1 ;
Farbbild: Friedrich Schillers im Theater
Die Semesterarbeit beinhaltet viele Bilder, welche aus Gründen des Speichermediums,
hier nicht integriert werden konnten.
Es sind dies Bilder von Schillers Wohnstätten, seiner Ausbildungszeit wie auch einige die
dem Gang der Handlung („Der Räuber“) Spannung einverleiben sollen.
Abschliessend seien auch die Abbilder von Schillers Totenmaske und eines seiner Denkmale
erwähnt.
Friedrich Schiller
(Titelblatt der Ausgabe von 1781)
(Aus Speicherplatzgründen entfernt)
[email protected]
29
Peter Vestner
Semesterarbeit BMB St.Gallen 1996/7
[email protected]
30
Friedrich Schiller
Die Räuber
Charaktere
des
Franz von Moor (Hauptrolle)
Aussehen:
- hässlich: -Lappländersnase, Mohrenmaul, und Hottentottenaugen,
Charaktereigenschaften:
! kalt und hölzern, widerwärtig heuchlerisch und hinterlistig, - verachtet die Religion und ihre
Wertvorstellungen, - beherrscht ausgemachte Berechnung
! gänzlich fehlende Liebenswürdigkeit und Mangel an Gemüt
Besonderes:
•
•
•
Durch spitzbübische Künste, unter jeglicher Missachtung des menschlichen und göttlichen Rechts, versucht er
mit die Herrschaft seines Vaters an sich zu reissen. Seinen älteren Bruder Karl lässt er als im Kriege gefallen
erklären und scheut auch sonst keine Gewalttat. Als sein Psychoterror keinen Erfolg bringt, lässt er seinen
Vater lebend begraben.
Die durch Betrug und Drohungen erstrebte Hand Amalias bleibt unerreichbar
Den fremden Besucher als den eigenen Bruder Karl wiedererkannt, sieht Franz nun seine Rachepläne
vereitelt. Das schlechte Gewissen schlägt wie Wellen über ihm zusammen und reisst ihn ins Verderben.
Charakte
des
Grafen Maximilian von Moor
Aussehen:
Charaktereigenschaften:
! alt, schwächlich, blass
- leichtgläubig, denkfaul, jammerhaft
Besonderes:
! Nach erhaltener Nachricht über Karls Tod , wirft der Graf dem Franzen vor, ihn zum Fluche veranlasst zu
haben. „Scheusal, tausend Flüche donnern dir nach ! Du hast mir meinen Sohn aus den Armen gestohlen.“
(S.51,36)
! Der heil überstandene Scheintod und das Schmachten im Turmverliess haben ihn am Schluss bereits derart
geschwächt, dass ihn der Schmerz über den Räuberstatus des eben wiedergefundenen „verlorenen Sohnes“
Karl umbringt. (S135,4) - Der alte Moor gibt seinen Geist auf - .
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31
Friedrich Schiller
Die Räuber
Semesterarbeit BMB St.Gallen 1996/7
Vestner
Hinweis:
Peter
Die aktuell verwendeten Quellen, meist nur Hilfsmittel, sind jeweils am unteren Blattrand
vermerkt. Für mehr Information steht am Schluss ein Literaturverzeichnis zur Verfügung.
Inhaltsverzeichnis:
(eigens erarbeitete Rubriken)
___________________________________________________________________________
Schauspiel in fünf Akten (Uraufführung Mannheims in sieben Akten)
Seite:
Zur Tatsache der Existenz von Räuberbanden
-
Seine Personen
Gang und Handlung mit Zitaten
Charakteristiken
Der Fettdruck ergibt die Kurzfassung der Handlung!
(In Kurzform) empfohlen seien Königs Erläuterungen
Interpretation mit eigenem Leseerlebnis
(eigene Meinungsfreiheit)
7
11
-
13
-
29
-
37
Biographie Friedrich Schiller: Sein Leben
- 45
Schillers bedeutendste Werke: Eine Chronologie
- 47
Literaturverzeichnis
-
49
Widmung
-
51
___________________________________________________________________________
[email protected]
32
Friedrich Schiller
Die Räuber
Zur Tatsache der Existenz von Räuberbanden
Im absolutistischen Staat (unbeschränkte Herrschergewalt) war die Bevölkerung in Stände klassifiziert, wie es in
den Köpfen der Briten noch heute der Fall ist. Es waren dies Adel + Geistlichkeit, Freie und Unfreie. Letztere
wurden auch als Bürgertum und Bauernschaft bezeichnet.
Von uns heute allenfalls noch unausgesprochen gedacht, proklamieren die ‘Nichtkontinentler’ unverfroren die
Abstempelung in Upper-, High-, Middle- or just Workingclass. Allerdings ist nicht mehr die finanzielle
Betuchtheit ausschlaggebend, als vielmehr der Snobismus der an den Tag gelegten Sprache. Mittels Kursen
versuchen so viele Briten ihre ‘Minderwertigkeit’ zu überspielen. Aber meist reicht das Ergebnis doch nicht, um
die erwünschte Spitzenanstellung zu erhalten.
Es gab allerdings eine weitere Randgruppe, die kaum je Erwähnung fand: Die Vagantenbevölkerung. Dies waren
die „Mittellosen und Entwurzelten“, die aus der Gesellschaft ausgestossen, schonungslos einem ewigen
Wanderleben, der Landstrasse, preisgegeben waren. Als Gründe für diesen Missstand können zunächst die
zahlreichen Kriege des siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts angeführt werden, die die Landstrassen mit
versprengten Soldaten, mit Deserteuren und mit vertriebenen Bauern bevölkerten.
Langanhaltende und strömende Regen liessen auf den Feldern das Getreide und Gemüse verfaulen. Was noch
übriggeblieben war, zerschlug der Hagel. Für die Bauern bedeutete eine vernichtete Ernte eine Katastrophe. Es
fehlte ihnen in solchen Jahren jeder Vorrat für den zu erwartenden Winter und - was fast noch gewichtiger war das Saatgut für das nächste Jahr. Der Wucher blühte. Die Verarmung der Land- und auch Teilen der
Stadtbevölkerung war dramatisch. Für die Bauern bedeutete die übliche Realteilung, nicht wie früher in der
Leibeigenschaft das Erstgeburtsrecht, eine weitere Härte. Dadurch, dass die Söhne im Erbfall die an sich schon
kleinen Parzellen noch unter sich aufteilen mussten, schrumpften die Lebensgrundlagen weiter.
Viele Deutsche entschlossen sich damals, ihr Land zu verlassen; auf 20'000 schätzt man die Zahl. Wer als
Bauer oder Handwerker blieb, hatte nur Not und Elend zu erwarten. Man kann davon ausgehen , dass nur 1015% der Höfe ein ausreichendes Einkommen erwirtschafteten. Es war folglich ein kleiner Schritt über die
Bettelei zum Diebstahl, zumal die Bitte um ‘milde Gaben’ ohnehin oftmals schon einen eher fordernden
Charakter trug. Obwohl die meisten sich ihrer unverschuldeten Verelendung eher passiv fügten, zeigte eine
kleinere Gruppe ein ihnen abweichendes Verhalten. - Sie reagierten als Räuber. Sie waren wohl meist die
brutalsten, oft die energischsten, unter Umständen die intelligentesten Vertreter (denken wir an Spiegelberg) der
ganzen Bevölkerungsgruppe.
„Unter Berücksichtigung aller möglichen Einschränkungen lässt sich wohl behaupten, dass die
Vagantenpopulation im achtzehnten Jahrhundert mehr als 10% der Gesamtbevölkerung ausmachte.“ (C.Küther
S.22) - (Königs Erläuterungen S.100)
Wer an den Galgen gehört,
der kann nicht ersaufen !
Sprichwort
Friedrich Schiller
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33
Die Räuber
Ganze Organisations- und Beziehungsnetze wurden aufgebaut, zunftmässige Klasseneinteilungen vorgenommen
und ordentliche Verschwörungen abgehalten. Neulinge erhielten eine ’Ausbildung’ und hatten den berüchtigten
Spitzbubeneid abzulegen. Ja, denn Raub- und Beutezüge mussten gut vorbereitet sein ! Die Räuber und Diebe
übten Raub und Diebstahl als regelrechte Berufe aus, wie wir sie von den englischen Schmugglern her kennen.
„Es gibt keine Beispiele dafür, dass sich ein Räuber nach einem besonders einträglichen Beutezug zur Ruhe
gesetzt und sich in die ‘offizielle’ Gesellschaft integriert hätte.“ (C.Küther S.30). Wenn doch, wurden sie
geschnappt und waren somit auch keine ‘richtigen’ Räuber auf die man unter Umständen stolz hätte sein können.
Smuggling cut across all class barriers, involving everyone from the farm labourer to the local parson (vom
Tagelöhner bis zum Geistlichen). The men who organised it were widely known and have gone down in local
folklore, such as Thomas Benson, who fortified Lundy Island in the 1740s to such an extent that it would have
required a combined military and naval operation to force him out.“
(Ausschnitt aus: SMUGGLING in the Bristol Channel 1700-1850, Graham Smith)
! Graham Smith; his book is a vivid portrait of a trade which even today is remembered with awe, tinged with
more than a little affection.
! Carl Christian Franz, um 1780 in Lich geboren und seit 1811 Kriminalgerichtssekretär in Giessen, hat 1825
die Vorgänge um den Postraub in der Sulbach in einem kleinen Buch beschrieben. Herausgekommen ist dabei
ein erschütterndes Dokument, wie Menschen, die aus der Not heraus Räuber geworden waren, mit immer
neuen Lügen und letztlich erfolglos um ihr Leben kämpften - oder, in des Filmemachers Volker Schlöndorffs
Worten zu reden, „wie eine gewisse Struktur der Gesellschaft es den Benachteiligten unmöglich macht, ihre
Lage zu durchschauen und diese zu verändern.“
! Der Postraubcoup gelang acht Einmal-Räubern nach sorgfältiger Planung, bei dem sie 10500 Gulden
erbeuteten. Der Fall erregte grosses Aufsehen und veranlasste die Giessener Polizeibehörde zu hektischer
Aktivität. Ein halbes Jahr später waren die Täter ermittelt. Fünf von ihnen wurden am 7.Oktober 1824 in
Giessen mit dem Schwert hingerichtet. Zwei endeten durch Selbstmord; nur einem gelang die Flucht ins
Ausland.
! Schlöndorffs Film: Der plötzliche Reichtum der armen Leute von Kombach (1971), fand bei der Kritik fast
ungeteilten Beifall : „Wo sonst in einem literarischen Werk dieser Zeit wäre Volk, dem wir angehören, in der
Mittellage zwischen Märchen und Aufbruch in die politische Selbstbestimmung mit solcher Kennerschaft und
solcher Liebe gesehen ? Das Tableau der mentalen und sozialen Hoffnungslosigkeit, das Schlöndorff
vorführt, weist über sich hinaus, lässt deutlich werden, dass hier Jahrhunderte zu Ende gehen, dass der
Prozess der Entstehung eines neuen Bewusstseins in uralten dumpfen Hoffnungen und gelegentlichen
Aufbegehren seine Wurzeln hat, aber auch im Irrtum und Irrweg wie dieser glücklosen Glücksuche der armen
Leute von Kombach.“
(Karl Korn - Frankfurter Allgemeine Zeitung, 1971)
Räuber und Schmuggler - Ein Mythos !
Zusammengestellt und bearbeitet durch P.Vestner
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34
Friedrich Schiller
Die Räuber
Schauspiel in fünf Akten
Seine Personen:
Graf Maximilian von Moor
regierender Graf auf dem Schlosse von Moor,
Sohn Karl(n) von Moor
wohl- u. erstgeborener Sohn des vorigen Grafen Maximilian
Sohn Franz von Moor
zweitgeborener Sohn des ersteren Grafen von Moor
Frl. Amalia von Edelreich
wie eine Tochter aufgenommene Geliebte des Karl von Moor
Moritz Spiegelberg
ein Schlaukopf von einem Libertiner und späteren Banditen
Schweizer
mausert sich vom Libertiner zum treuen Räuber u. Banditen
Grimm
zum Räuber gewordener Libertiner in Karls Gefolgschaft
Schufterle
ein wie voriger Bandit, der seinem Namen alle Ehre macht
„Schwerenot“ Roller
ist ein getreuer Anhänger seines Hauptmanns Karl v. Moor
Kosinsky
ein böhmischer Edelmann hat wie Karl Schiffbruch erlitten
Schwarz
schwört die gegenseitige Räuber-Treue bis in den Tod
Hermann
ein Bastard (Unehelicher) v. einem Edelmann wird sittlich
Knecht Daniel
der Hausknecht des Grafen v. Moor kennt keine Todsünde
Pastor Moser
predigt Karl erstmals ganz schön ins Gewissen
Ein Pater
versucht die Räuber von ihrem Hauptmann abzuwenden,
Räuberbande
zumeist durch Moritz Spiegelberg angeworbene Räuber ,
Nebenpersonen:
wie zum Beispiel: ein Nachtwächter (S.120,3) und
ca.60 Jahre
andere Bedienstete: Georg, Konrad, Bastian, Martin
(S.121,3).
Ort und Zeit:
In Deutschland, um die Mitte des 18.Jahrhunderts, während eines Zeitraumes von etwa zwei
Jahren. (Steht zweimal im Widerspruch zu 18 Jahren, am deutlichsten auf S.91,6)
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35
Friedrich Schiller
Die Räuber
Lesehinweis: Für Schnelleser gelten die Fettdrucke als Filter!
Versteht sich gleichzeitig als Kurzfassung!
Gang der Handlung mit Zitaten:
„Die Räuber“ sind kein Stück, das ‘in einem Guss’ geschrieben wurde. Die Arbeiten zogen sich insgesamt über
fünf Jahre hin, von 1776 bis 1781. In dieser Zeit hatte es derart an Umfang gewonnen, sodass es für eine
Bühnenaufführung viel zu lang erschien. Es galt deshalb vornehmlich als Lesedrama und hatte alleine schon für
die erste Bühnenaufführung in Mannheim umgeschrieben werden müssen. Wie sich zeigte blieb es nicht dabei.
Schiller überarbeitete und kürzte es mindestens siebenmal, andere Quellen sprechen sogar zehnmal. (s.Grawe,
Kap. II, S.76-109).
1. Akt, 1. Szene.
Die Geschichte beginnt in der der Erstfassung entsprechenden, durch mich verwendeten Ausgabe im
Moorischen Schloss, welches im deutschen Franken befindlich beschrieben wird.
Der regierende Graf von Moor, mit Namen Maximilian, ist circa 60 Jahre alt. Er hat zwei ganz und gar
verschiedene Söhne. Zum einen den erstgeborenen hochstrebenden, edlen Karl, der seinem Bruder weder in
Charakter noch seiner Statur allzusehr ähnlich kommt. Franz, der mit seiner Lappländersnase und
Hottentottenaugen eine bemerkenswerte Hässlichkeit aufgebürdet bekommen hat, verwünscht die Tatsache
nicht als Erstgeborener aus dem Mutterleib gekrochen zu sein (S.16,30). Zeitlebens hat er sich als
benachteiligter Sohn gefühlt. Er sieht die Gelegenheit gekommen und versteht es, seinen älteren Bruder Karl,
der gerade schuldenhalber sein Studium in Leipzig verlassen hat , bei seinem Vater in gehörigen Misskredit zu
bringen.
Mit Hilfe eines unterschlagenen sowie eines gefälschten Briefes gelingt es ihm, eine für leichtsinnige Taten um
Verzeihung bittende Schrift Karls so zurechtzubiegen, dass der alte leichtgläubige Moor im geliebten Karl nur
noch einen verluderten Studenten sieht, den man steckbrieflich verfolge und auf dessen Kopf ein Preis gesetzt
sei. Der Vater lässt ihm durch Franz schreiben, dass er seine Hand von ihm ziehe, und enterbt ihn. Es besteht
allerdings die Auflage, Karl mit dem Schreiben nicht zur Verzweiflung zu bringen. Franz, die „Kanaille“,
missachtet diesen Befehl und beschliesst, seinem verhassten und beneideten Bruder den Fluch des Vaters
anzukündigen. „Glück zu , Franz! Weg ist das Schosskind - der Wald ist heller. - Und Gram wird auch den Alten
bald fortschaffen - und Amalia muss ich ihren Geliebten , diesen Karl, aus dem Herzen reissen, wenn auch ihr
halbes Leben daran hängen bleiben sollte“ (S.16,21). „Frisch also! Mutig ans Werk! Ich will alles um mich her
ausrotten, was mich einschränkt, dass ich nicht Herr bin“ (S.18,37).
Franz triumphiert und sieht sich nahe seinem Ziel: alleiniger Herr auf dem Schloss und über die Güter
seines Vaters zu werden.
Friedrich Schiller
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36
Die Räuber
1. Akt, 2. Szene
In der Schenke an der Grenze zu Sachsen sitzt Karl von Moor in ein Buch vertieft. Der ‘Projektemacher’ Moritz
Spiegelberg bei einem Bier daneben. Karl, der bestimmt ein wildes Leben geführt hat legt angewidert sein Buch
zu Seite: „Pfui über das schlappe Kastratenjahrhundert zu lesen, zu nichts nütze, als die Taten der Vorzeit
wiederzukäuen und die Helden des Altertums mit Kommentationen zu schinden und zu verhunzen mit
Trauerspielen (S.19,35). Mir ekelt vor diesem tintenkleksenden Säkulum (Jahrhundert , s.S.145), wenn ich lese
von grossen Menschen (S.19,5). Die Kraft ihrer Lenden ist versiegen gegangen, und nun muss Bierhefe den
Menschen fortpflanzen helfen (S.19,38).“
Karl bereut inzwischen seine leichtsinnen Streiche und ist entschlossen zu seinem Vater zurückzukehren, um
ihn um Vergebung zu bitten und an der Seite seiner Braut Amalia ein ruhiges Leben zu führen. Er will sich
gerade in der Schenke von seinen Spiessgesellen trennen, als der Schandbrief des Bruders Franz eintrifft, der
ihm jeglichen Weg zur Versöhnung abschneidet. Karl gerät darob sehr in Verzweiflung und macht das gesamte
Umfeld und gesellschaftliche Ordnung für das ihm zugeführte Unrecht verantwortlich. Seine Kameraden,
allesamt flüchtige Studenten , sind nur allzusehr angetan die angestaute Leidenschaft zur Entladung zu bringen.
Der niederträchtige Spiegelberg plädiert als erster dafür sich in den böhmischen Wäldern niederzulassen und
eine Räuberbande zu bilden. Der Gedanke zündet. Karl geht wie die anderen auf diesen Plan ein, um sich in
seiner Verzweiflung an der Gesellschaft zu rächen. Karl von Moor übernimmt als gewählter Hauptmann die
Gefolgschaft seiner Genossen - sehr zum Verdruss des ehrgeizigen Spiegelberg. Mit seinen Kumpanen Roller,
Schwarz und Schweizer schwören sie sich gegenseitig Treue und Anhängerschaft bis in den Tod.
1. Akt, 3. Szene.
Auf dem Schloss des alten Moor treibt indessen Franz sein boshaftes Spiel weiter. Er versucht, Karl mittels
übelster Verleumdungen und Überzeugungsreden bei seiner Geliebten Amalia von Edelreich, welche als Waise
auf dem Schlosse lebt, in schlechtes Ansehen zu bringen und sie mit der Zeit für sich zu gewinnen. „Ich liebe
dich wie mich selbst, Amalia !“(S.34,26). „ Wenn du mich liebst, kannst du mir wohl eine Bitte abschlagen?“„Keine, keine ! Wenn sie nicht mehr ist als mein Leben.“ - „O, wenn das ist ! Eine Bitte, die du so leicht, so gern
erfüllen wirst, (stolz) - Hasse mich ! Ich müsste feuerrot werden vor Scham, wenn ich an Karln denke und mir
eben einfiel’, dass du mich hassest. Du versprichst mirs doch ?“ - „Allerliebste Träumerin ! Wie sehr bewundere
ich dein sanftes liebevolles Herz.“(S.34,37).
„Seine Küsse sind Pest, sie vergiften die deinen“ (S.36,17), ruft er ihr zu. Doch sie schlägt ihn, und er erntet
damit nur noch mehr Verachtung. „Geh den Augenblick ! Geh, sag ich. Du hast mir eine kostbare Stunde
gestohlen, sie werde dir an deinem Leben abgezogen ! Ich verachte dich, geh !“ (S.38,24).
Amalia fühlt sich Karl seither nur noch fester gebunden.
Friedrich Schiller
Die Räuber
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37
2. Akt, 1. Szene.
Elf Monate sind bereits vergangen ohne dass Graf Maximilian, , den der Kummer um Karl auf das Krankenlager
gezwungen hat, gestorben wäre, so wie es Franz erhofft hatte (Königs Erläuterungen S.41). „Es dauert mir zu
lange - der Doktor will,er sei im umkehren - das Leben eines Alten ist doch eine Ewigkeit ! - Und nun wär freie,
ebene Bahn bis auf diesen ärgerlichen zähen Klumpen Fleisch, der mir den Weg zu meinen Schätzen verrammelt
(S.40,3)“. ... „Wir vermögen doch wirklich die Bedingungen des Lebens zu verlängern, warum sollten wir sie
nicht auch verkürzen können ? (S.40,20)“
Franz beschliesst deshalb, den psychischen Druck auf den Alten zu verstärken, um ihn auf ‘rechtlichem’
Wege aus der Welt zu schaffen. Er beginnt Hermanns Rachegefühle zu schüren, welcher dazumale als
abgewiesener Verehrer Amalias von Maximilian die Treppen hinuntergeworfen wurde (S.42,37). Er stachelt
Hermann, den (Unehelichen) Bastard von einem Edelmann, mit seines Vaters Worten auf: „Er sagte: man raune
sich einander ins Ohr, du seiest zwischen dem Rindfleisch und Meerrettich gemacht worden, und dein Vater habe
dich nie ansehen können, ohne an die Brust zu schlagen und zu seufzen: Gott sei mir Sünder gnädig ! (S.42,40)“
- „Blitz, Donner und Hagel, seid still !“ - „Er riet dir, deinen Adelbrief im Aufstreich zu verkaufen, und deine
Strümpfe damit flicken zu lassen.“ - „Alle Teufel ! Ich will ihm die Augen mit den Nägeln auskratzen. ... Ich
will ihn zu Staub zerreiben. (S.43,16).“
Hermann ist sogleich darauf überredet, dem alten Moor die Nachricht zu überbringen, Karl habe aus
Verzweiflung über die Verstossung aus dem elterlichen Hause den Schlachtentod gesucht und gefunden.
2. Akt, 2. Szene.
Der Plan scheint zu gelingen. Hermann verrichtet in der Verkleidung eines Boten seine rachegeforderte Pflicht.
So berichtet er, Karl wäre als Soldat bei einem Treffen vor Prag gefallen. Der alte Moor, ohnehin von
Selbstanklagen und Schuldgefühlen wegen der Verfluchung Karls geplagt, sinkt bei der Nachricht lallend:
mein Fluch ihn gejagt in den Tod , gefallen mein Sohn in Verzweiflung - , wie tot um. Es handelt sich dabei um
einen Scheintod, der allerdings erst viel später durch Franz bemerkt werden wird. Amalia ist in Schmerz
aufgelöst und gleichzeitig stolz auf ihren heissgeliebten Karl: „Hektor, Hektor ! Hört ihrs ? Er stand - (S.49,15).
... Sein letzter Seufzer , Amalia ! (S.49,35)“
Um den Glauben an Karls Tod aufrechtzuerhalten inszenierte Hermann ein mit angeblich Karls Blut
beschriebenes Schwert. Karl sieht sich nun endlich am Ziel und malt sich seine Zukunft als Herrscher aus, indem
er bekennt: „Blässe der Armut und sklavischen Furcht sind meine Leibfarbe: in diese Liverei (uniformartige
Dienerkleidung - S.152) will ich euch (Untertanen) kleiden ! (S.54,38)“
Friedrich Schiller
Die Räuber
2. Akt, 3. Szene.
In den böhmischen Wäldern führen Karl und seine Gesellen unterdessen ein freies Leben. Der mit reichlich
Cleverness ausgestattete Moritz Spiegelberg lässt diese Szene mit der Erzählung seiner unrühmlichen Räuber-
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38
Memoiren zum absoluten Höhepunkt dieses Schauspiels werden. Während er mit seinem Teil des Bandentrupps
nur um Raub, Brandstiftung und ein zügelloses Leben zu tun hat, und nicht einmal vor Klosterschändung und
Nonnenvergewaltigung zurückschreckt, besteht das Streben des Hauptmanns Karl von Moor einzig darin, um
den Bedrängten zu helfen und den Leuteschindern, Geldprotzen, korrupten Beamten und heuchlerischen
Pfaffen das Handwerk zu legen und sie zu bestrafen. Er vergibt und verteilt sogar den ‘von Rechtens wegen’
Dritten (-Teil) des Gewinns an Bedürftige. Nicht so aber Spiegelberg, der bekennt: „Narr ! Einen Spass muss
ich Dir noch erzählen, den ich neulich im Cäcilienkloster angerichtet habe. Ich treffe das Kloster auf meiner
Wanderschaft so gegen die Dämmerung, und da ich eben den Tag noch keine Patrone verschossen hatte, du
weißt, ich hasse das auf den Tod, so musste die Nacht noch durch einen Streich verherrlicht werden, und sollts
dem Teufel um ein Ohr gelten ! ... Die Lichter gehen aus. ... versichere mich des Klosterwächters ... schleich
mich hinein, wo die Mägde schliefen, praktizier ihnen die Kleider weg, ... jetzt pfeiff ich, und meine Kerls
fangen an zu stürmen ... mit bestialischem Gepolter, ... da hättest du die Hatz sehen sollen, ... wie Katzen,
andere in der Angst ihres Herzens die Stube so besprenzten, dass du hättest das Schwimmen drin lernen können,
... und heraus mit dem Klosterschatz ..., oder ... - meine Kerls vestanden mich schon ... haben ihnen ein
Andenken hinterlassen, sie werden ihre neun Monate daran zu schleppen haben. (S.56,7-S.57,11)“
Hauptmann Karl fühl sich mit einzelnen seiner Bande auf Leben und Tod verbunden und gilt unter ihnen als
sehr mutig und getreu, hat aber doch so seine Grillen (S.61,16). Als er erfährt, dass Roller sein teuerster Kumpan
schmachtet und baldigst öffentlich gehängt werden soll, schäumt er wie ein Eber (S.61,37). Er vermag Roller, in
Kapuzinerskutte verkleidet, im letzten Moment zur Flucht zu verhelfen, wobei die ganze Stadt, ein Pulverturm
und ein Krankenlager in Flammen aufgehen. Dreiundachtzig Tote werden gezählt. Darunter „nur der Bodensatz
der Stadt“ wie Schufterle sich zu rechtfertigen weiss (S.66,21). Alte Greise, Kranke, Frauen und Kinder waren
dabei. Moor geht heftig auf und ab (S.67,9): „Roller, du bist teuer bezahlt. (S.66,14) ... O pfui über den
Kindermord ! den Weibermord ! - den Krankenmord ! Wie beugt mich diese Tat ! Sie hat meine schönsten
Werke vergiftet ! (S.67,15-17)“ Roller bedankt sich: „Moor ! Moor ! möchtest du bald auch in den Pfeffer
geraten, dass ich dir Gleiches mit gleichen vergelten kann ! (S.64,31)“ - Ein bestialischer Wunsch, der sich
schneller als erwartet in Realität umsetzt.
Ein dramatischer Höhepunkt ist gekommen: die Bande wird vom Militär in zwanzigfacher Übermacht im
Walde eingekreist, dessen Vermittler ein Pater ist, welcher den Räubern ein Generalpardon anbietet, wenn sie
ihm und seiner Mannschaft, den Hauptmann gefesselt ausliefern. Karl Moor, nimmt ihn nicht sonderlich ernst
und verweist Schweizer: „Pfui doch Schweizer ! Du verdirbst ihm ja das Konzept - er hat seine Predigt so brav
auswendig gelernt - nur weiter, mein Herr ! - „für Galgen und Rad ?“ (S.70,5)“.
Moor, der aber ohnehin an der Tragik seines Räuberlebens leidet, bietet sich freiwillig als Opfer für alle an.
Roller versteht es, das Blatt in seiner Kampfesbegeisterung zu Moors Gunsten zu wenden. Es gelingt ihnen sich
heil durchzuschlagen. Nur einer fällt. - Es ist Roller. - Sein Wunsch ist in Erfüllung gegangen.
–
Hundertundsechzig Husaren - dreiundneunzig Dragoner, gegen vierzig Jäger - dreihundert in allem.
„Dreihundert für einen ! (S.83,10)“
Friedrich Schiller
Die Räuber
3. Akt, 1. Szene.
Auf dem Moorschen Schlosse regiert nunmehr Franz. Er wirbt vergeblich um Amalias Hand, die dem
totgeglaubten Karl noch immer die Treue hält. „Du hast meinen Geliebten ermordet, und Amalia soll dich
Gemahl nennen ! Du -„ - „... Franz spricht, und wenn man nicht antwortet, so wird er befehlen (S.77,34).“ ...
„Knirsche nur mit den Zähnen - speie Feuer und Mord aus den Augen - mich ergötzt der Grimm eines Weibes,
macht dich nur schöner, begehrenswerter. ... Komm mit in meine Kammer - ich glühe vor Sehnsucht - Jetzt
gleich sollst du mit mir gehen (S.78,22).“ - Amalia fällt ihm um den Hals: Verzeih mir Franz !“ Und reisst ihm
[email protected]
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den Degen von der Seite und tritt hastig zurück. „Wag es einmal meinen Leib zu betasten - dieser Stahl soll
deine geile Brust mitten durchtrennen. ... Fleuch auf der Stelle ! (S.78,29)“
Amalia beschliesst in ein Kloster zu gehen, um nicht als des neuen Herrn von Moors Mätresse gemacht zu
werden. Sie lässt diesen Plan aber fallen, als sie aus dem Geständnis des reuigen Hermann erfährt, dass Karl
und ihr Oheim Maximilian noch leben.
3. Akt, 2.Szene.
Die Räuberbande ist inzwischen bis zur Donau vorgestossen, wo sie auf Karls Geheiss an einem Hang unter
Bäumen ruhen. „Hier muss ich liegen bleiben. ... Ich wollt euch bitten, mir eine Handvoll Wasser zu holen, aber
ihr seid alle matt bis in den Tod. (S.80,5)“
Schweizer hat sich bereits davongeschlichen, um ihm diesen Gefallen zu erfüllen, als der „Plunder“ (S.82,33)
unter seinen Füssen abrutscht und ihn mit sich reisst. Als er blutend zurückkehrt, erntet er gebührenden Dank. „Dein Wasser war gut, Schweizer - diese Narben stehen dir gut.“ - „Pah ! hat noch Platz genug für ihrer dreissig
(S.83,1).“
Beim Anblick des stimmungsvollen Sonnenuntergangs überkommt Karl Wehmut und beginnt von einer
harmonischen Menschheitsidylle zu schwärmen. - Dass er seine Philosophie nicht verbergen kann, ist allen
klar. „Bruder - ich habe die Menschen gesehen, ihre Bienensorgen und ihre Riesenprojekte - ihre Götterplane
und ihre Mäusegeschäfte, das wunderseltsame Wettrennen nach Glückseligkeit; ... ; dieses bunte Lotto des
Lebens, worin so mancher seine Unschuld, und - seinen Himmel setzt, einen Treffer zu haschen, und - Nullen
sind der Auszug - am Ende war kein Treffer darin. Es ist ein Schauspiel, Bruder, ... (S.80,27).“ – Ein Schauspiel,
das Roller das Leben kostete.. . Seinen Platz wird in Zukunft der junge Kosinsky einnehmen, der neu zu ihnen
stösst. Er hat ein verblüffend ähnliches Schicksal wie Karl Moor. Das Wissen, was Intrige am eigenen Leib zu
erfahren bedeutet, und die zufällige Namensgleichheit seiner Braut Amalia ist der Anlass, dass Moor mit seiner
Bande nach seiner Heimat in Franken aufbricht. „Auf ! Hurtig ! Alle ! nach Franken ! in acht Tagen müssen
wir dort sein. - Sie weint, sie vertrauert ihr Leben (S.88,38).“
4. Akt, 1. Szene.
Karl ist in seinem Element. Der Gerechtigkeit willen ist er bereit, alles in Kauf zu nehmen. Als er jedoch das
väterliche Schloss erstmals wieder vor sich sieht, überkommt ihn Wehmut. Nahe daran, sein Vorhaben
ungeschehen zu lassen, gibt er sich einen Ruck: „Sie nicht sehen, nicht einen Blick ? - und nur eine Mauer
gewesen zwischen mir und Amalia - Nein ! sehen muss ich sie - muss ich ihn -- es soll mich zermalmen !“ „Vater ! Vater ! dein Sohn naht ...(S.90,10).“
Friedrich Schiller
Die Räuber
4. Akt, 2. Szene.
Er lässt sich auf dem Schloss als ‘Graf von Brand’ einführen, wobei er hofft, von den Seinen nicht erkannt zu
werden. Dabei kommt es zur Begegnung mit Amalia. Ihr erzählt er, er habe den alten Grafen von Moor vor 18
Jahren gekannt. Sie führt ihn darauf in die Ahnengalerie, wo er das Bild seines Vaters sofort erkennt. Amalia
staunt darüber: „Wie ? Achtzehn Jahre nicht mehr gesehn, und noch - ... - Ein vortrefflicher Mann ! (S.91,6)“
Als sie auch an seinem eigenen Bildnis vorüberkommen, bemerkt Karl Amalias Unruhe. „Sie liebt mich ! - ihr
ganzes Wesen fing an, sich zu empören, verräterisch rollten die Tränen von ihren Wangen. Sie liebt mich !
(S.91,38)“
Es ist Franz, der den Neuankömmling heimlich im Spiegel betrachtet hat, und darin seinen eigenen Bruder
wiedererkannt zu haben glaubt. „Es ist Karl ! Ja, er ist’s ! - Tod und Verdammnis ! (S.92,28)“ Mit Schrecken
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von seiner Entdeckung überzeugt, erpresst er voller Misstrauen Daniel, den alten Diener des Moorschen
Hauses zu dem Versprechen, den Fremden zu vergiften: „Bei deinem Gehorsam ! Verstehst du das Wort auch
? Bei deinem Gehorsam befehl ich dir, morgen darf der Graf nimmer unter den Lebendigen wandeln. (S.95,16)“ Daniel grollt.
Trotz seiner bösartigsten Verschlagenheit kämpft Franz nun doch mit Gewissensbissen, welche er krampfhaft
zu rechtfertigen (ver-)sucht: „ - Mord ! Und die ganze Schattenspielerei ist verschwunden. Es war etwas und
wird nichts - Heisst es nicht ebensoviel als: es war nichts und wird nichts und um nichts wird kein Wort mehr
gewechselt - der Mensch entstehet aus Morast, und macht Morast, und gärt wieder zusammen in Morast, bis er
zuletzt an den Schuhsohlen seines Urenkels unflätig anklebt. ... , und somit - glückliche Reise, Herr Bruder !
(S.97,36)“
4. Akt, 3. Szene.
Es kommt zur Begegnung Daniels mit Karl(n). Bei einem vorgetäuschten Handkuss erkennt er Karl hocherfreut
an einer längst verwachsenen Narbe, als sein erwachsenes Schosskind (S.98,8). Da Daniel leiser wird, greift
Moor ein: „Was brummelst du da ? ... Rede deutlicher !“ - „Aber ich will lieber meine alten Knochen abnagen
vor Hunger, lieber vor Durst mein eigenes Wasser saufen, als Wohlleben die Fülle verdienen mit einem
Totschlag (S.101,11).“
Dieser Ausruf fährt Hauptmann Moor in Mark und Bein: „Himmel und Hölle ! Nicht du, Vater ! Spitzbübische
Künste ! Mörder, Räuber durch spitzbübische Künste ! - Oh ich blöder, blöder, blöder Tor ! (S.101,17)“ Tieferschüttert beschliesst er, noch unwissend über des Vaters Schicksal, sich an seinem Bruder nicht zu rächen
und zu fliehen.
4. Akt, 4. Szene.
Karl trifft seine Geliebte, die ihn noch immer nicht erkennt, in wonneberauschten Erinnerungen schwelgend in
der Gartenlaube vor. Seltsamerweise fühlt sie ihre Seele dem ’Grafen von Brand’ anheim fallen (Duden
Bd.1,S.113): „Aber warum meine Seele, so immer, so wider Willen diesem Fremdling (S.102,34) ? ... Meine
Seele hat nicht Raum für zwei Gottheiten, ... (S.103,9) !“
Behutsame Versuche Karls, ihr den ‘Wink’ zu geben, schlagen fehl. Denn als er erwähnt, dass seine Geliebte
ebenfalls Amalia heisse, er aber Mordschuld auf dem Gewissen habe, hört er zu seiner Verzweiflung Amalia
sagen, dass ihr Karl solcher Taten nicht fähig sei (S.104,20+S.105,1), und stimmt das auch ihm bekannte
Hektorlied an. Moor nimmt ihr das Instrument stillschweigend aus der Hand und beginnt die zweite Strophe zu
spielen. - Sich so zu erkennen gegeben, verlässt er fluchtartig den Ort in Richtung Wald.
Friedrich Schiller
Die Räuber
4. Akt, 5. Szene.
Unter den wartenden Räubern bricht Unruhe aus, als er zu angegebener Stunde nicht erscheint. Der
Möchtegern-Hauptmann Spiegelberg sieht die Gelegenheit günstig, einen Wechsel in der Rangordnung zu
erwirken. Zu Razmann: „Ja - und Jahre schon dicht ich drauf: es soll anders werden. Man vermisst ihn - gibt ihn
halb verloren - Razmann - mich dünkt, seine Stunde schlägt - wie ? (S.107,28) “ Schweizer, der die beiden
belauscht, sticht Spiegelberg tot: „Fahr hin, Meuchelmörder (S.108,4) !“
Karl, endlich zurück und von den Vorfällen unterrichtet, erwägt einige Augenblicke den Suizid, beschliesst
dann aber doch, als er unterbrochen wird, sein Schicksal zu tragen: „Nein ! Nein ! Ein Mann muss nicht
straucheln ! (S.111,38) ... Die Qual erlahme an meinem Stolz ! Ich wills vollenden (S.112,20).“ Sprachs und
wischte den Gedanken an sein gleichwohl drohendes Schicksal aus dem Sinn.
Plötzlich kommt Hermann, der Bastard von einem Edelmann durch den Wald zum Turm und klopft an, ohne
jedoch Moor zu bemerken. Dieser gibt sich zu erkennen, stellt ihn und wird Zeuge des furchtbaren Verbrechens,
das sein Bruder an seinem Vater verübt hat. „Hier steckt ein Geheimnis - heraus ! Sprich ! Ich will alles wissen
(S.113,23).“ Der alte Moor war damals nicht gestorben (siehe hier oben: 2.Akt, 2. Szene). Franz wollte den
Lebenden aber nicht länger dulden und hatte ihn lebendig begraben lassen. Hermann hatte ihn dann aus dem
Sarg befreit und in einem alten Mauergewölbe in der Nähe des Schlosses, wo die Räuberbande lagert, versteckt
gehalten und ihn heimlich und kümmerlich ernährt.
Karl von Moors Zorn kennt nunmehr keine Grenzen mehr. Seinen halbverhungerten Vater befreit er, ohne sich
zu erkennen zu geben, und beauftragt Schweizer, Franz lebend zu fangen: „Nein, jetzt will ich bezahlen.
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Schweizer, so ist noch kein Sterblicher geehrt worden wie du ! - Räche meinen Vater ! ... Aber ich sage dir,
liefr’ ihn mir nicht tot ! (S.118,9)“ - „Genug, Hauptmann - Hier hast du meine Hand darauf: Entweder, du
siehst zwei zurückkommen, oder gar keinen (S118,18).“
5. Akt, 1. Szene.
Es ist später in der Nacht. Auf dem Schloss hat Daniel heimlich sein Reisebündel gepackt und will gerade gehen,
als Franz im Verfolgungswahn hereinstürzt. Er hat von Daniels Absichten nichts bemerkt, ist aber totenbleich.Daniel: „Eure Stimme ist bang und lallet. ... Oh ihr seid ernstlich krank (S.120,20+36).“ - Ja wahrlich, denn
Franz leidet unter Wahnträumen, die Tote auferstehen lassen: „Träume bedeuten nichts - nicht wahr, Daniel ?
(S.120,39)“ - „Träume kommen von Gott. Ich will für euch beten (S.123,16)“ - „Ja, ja ! Fürchterlich zischelts um
mich: Richtet droben einer über den Sternen ! ... diese Nacht noch ! (S.123,26)“
In seiner Angst lässt Franz den Pastor Moser rufen. Über seinen mitternächtlichen Auftritt sonderlich
erstaunt: „Das erste Mal in meinem Leben ! Habt Ihr im Sinn, über die Religion zu spotten, oder fangt Ihr an, vor
ihr zu zittern ? (S.124,3)“ - „Auf dein Leben sollst du mir antworten (S.124,9).“
Franz schildert seine Qual, worauf ihm Moser eine ausweglose Predigt beschert: „Das ist die Philosophie
Eurer Verzweiflung (S.125,16). ... Ich will an Eurem Bette stehn, wenn ihr sterbet - ich möchte so gar gern einen
Tyrannen sehen dahinfahren - ich will dabeistehn und Euch starr ins Auge fassen, wenn der Arzt Eure kalte, nasse
Hand ergreift und den verloren schleichenden Puls kaum mehr finden kann, und aufschaut, und mit jenem
schrecklichen Achselzucken zu Euch spricht: menschliche Hilfe ist umsonst ! (.125,30)“ - „Pfaffengewäsche,
Pfaffengewäsche ! (S.126,11)“ - „Was hier endlicher Triumph war, wird dort ewige unendliche Verzweiflung
(S.126,38).“
Als Daniel eine rasch näherkommende, johlende Reiterschar meldet, lässt Franz in Panik alle Glocken
läuten und seine Bediensteten in der Kirche für ihn beten. Auf die Knie fallend versucht er sich eines Gebets:
„Höre mich beten, Gott im Himmel ! - Es ist das erste Mal - soll auch gewiss nimmer geschehen - erhöre mich,
Gott im Himmel !“ - „Mein doch ! Das ist ja gottlos gebetet (S.129,9).“
Wie das Schloss in Flammen aufgeht, und Schweizer mit seinen Leuten hereindringt, erdrosselt er sich.
Schweizer, der nun den Auftrag seines Hauptmanns, Franz lebend umzubringen, nicht erfüllen kann,
erschiesst sich: „Gehet zurück und saget meinem Hauptmann: er ist maustot - mich sieht er nicht wieder
(S.130,24).“
Friedrich Schiller
Die Räuber
5. Akt, 2. Szene.
Vor dem Schloss kommt es zur letzten, erschütternden Wiedererkennungsszene zwischen dem alten Moor und
Karl und zwischen Karl und Amalia. Bei der Eröffnung, dass Karl der Hauptmann von „Räubern und Mördern“
ist, gibt der alte Moor seinen Geist auf. Amalia bekennt sich aber trotzdem zu Karl Moor. Als dieser auch an
ein neues Glück mit Amalia glaubt, fordert die Bande gebieterisch an den Todesschwur erinnernd: „Opfer um
Opfer ! Amalia für die Bande !“ - „Es ist aus ! - Ich wollte umkehren und zu meinem Vater gehen, aber der
Himmel sprach, es soll nicht sein. Blöder Tor ich, warum wollt ich es auch ? (S.136,34)“ So tötet Karl seine
Amalia, die ihn vor den Räubern herausfordert: „Euer Meister ist ein eitler, feigherziger Prahler (S.137,29).“ „Seht doch recht her ! Ich hab euch einen Engel geschlachtet. Seid ihr nunmehr zufrieden ?“ - „Du hast deine
Schuld mit Wucher bezahlt. Komm jetzt weiter ! (S.138,4)“
Den Trugschluss: „Die Welt durch Greuel zu verschönern und die Gesetze durch Gesetzlosigkeit aufrecht zu
erhalten, ... erfahre ich nun mit Zähneklappern und Heulen, dass zwei Menschen wie ich den ganzen Bau der
sittlichen Welt zugrunde richten würden (S.138,38).“
Dieser höheren Einsicht fügt er sich, löst die Räuberbande auf und stellt sich selbst der Justiz. Er wird sich
einem armen Tagelöhner mit elf Kindern in die Hände spielen, der die 1000 Louisdore haben soll, die man auf
den ‘grossen Räuber’ gesetzt hat. - „Lasst ihn hinfahren ! Es ist die Grossmannssucht.“ - „Man könnte mich
darum bewundern (S.139,31).“ - Es ist seine letzte grosse soziale Tat !
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Friedrich Schiller
Die Räuber
Hinweis:
Um Wiederholungen der Geschichte zu vermeiden, seien hier nur Aussagen von ‘Zeitzeugen’
erwähnt. (Der Verfasser P.V.)
Charaktere
des
Karl von Moor (Hauptrolle)
Aussehen:
• - sportliche Statur , - attraktiv, - sehr schlanker Hals, - edelgeformtes Haupt, - feurige Augen
Charaktereigenschaften :
• - leutselig, - mitleidig, - freiheitliebend, - mutig, - feuriger Geist, - Sinn für alles Hohe, - tatendürstend
• - manchmal leicht zu überzeugen, - gewisser Starrsinn + etliche Lausbubereien werden ihm nachgesagt
• - offen und ehrlich, - liebt die Gerechtigkeit, - gutes Herz, - etwas stolz
Besonderes:
• wird erwachsen, - entwickelt aus Trotz einen unbändigen Drang zu handeln
• bereut seine leichtsinnigen Streiche, - lässt sich nach Erhalt eines väterlichen Fluchs von seinen Kumpanen
dazu überreden, die Führung der neugebildeten Räuberbande zu übernehmen
• Vom Guten zum Bösen gewandelt, möchte er wieder an den Anfang zurück. Doch der Teufelskreis lässt ihn
bei (beinahe) jeder guten Tat zugleich eine schlechte begehen.
• Spiegelberg bemerkt über ihn: „Reichen Filzen ein Drittel ihrer Sorgen vom Hals schaffen, die ihnen nur den
goldenen Schlaf verscheuchen, das stockende Geld in Umlauf bringen, das Gleichgewicht der Güter
wiederherstellen, mit einem Wort, das goldne Alter wieder zurückrufen, dem lieben Gott von manchem
lästigen Kostgänger helfen, ihm Krieg, teure Zeit und Dokters ersparen - siehst du, das heiss ich ehrlich sein,
das heiss ich ein würdiges Werkzeug in der Hand der Vorsehung abgeben. - Und so bei jedem Braten, den
man ist, den schmeichelhaften Gedanken zu haben: den haben dir deine Finten, dein Löwenmut, deine
Nachtwachen erworben - von gross und klein respektiert zu werden - .“ (S.29,1)
• „Er mordet nicht um des Raubes willen wie wir - nach dem Geld schien er nicht mehr zu fragen, sobald ers
vollauf haben konnte, und selbst sein Dritteil an der Beute, das ihn von Rechts wegen trifft, verschenkt er an
Waisenkinder, oder lässt damit arme Jungen von Hoffnung studieren. Aber soll er dir einen Landjunker
schröpfen, der seine Bauren wie das Vieh abschindet, oder einen Schurken mit goldnen Borten unter den
Hammer kriegen, der die Gesetze falschmünzt, und das Auge der Gerechtigkeit übersilbert, oderr sonst ein
Herrchen von dem Gelichter - Kerl ! da ist er dir in seinem Element, und haust teufelmässig, als wenn jede
Faser an ihm eine Furie wäre.“ (S.60,10)
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Friedrich Schiller
Die Räuber
Charaktere
des
Charaktereigenschaften:
Aussehen:
Taten:
Bemerkungen:
Grafen Maximilian von Moor
[email protected]
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Friedrich Schiller
Die Räuber
Charaktere
der
Amalia von Edelreich
Aussehen:
! sanft und schön
Charaktereigenschaften:
! leidend, liebenswürdig, empfindsam, ausgeglichen, unwandelbar treuherzig, gerecht, gut sittuiert, exzentrisch,
nicht leicht zu täuschen, unschuldig, weiss sich zu wehren
Besonderes:
! Sie ist die einzige Frau im Stück.
! Karl bleibt von ihr erstaunlich lange unerkannt. Erst sein Lied bringt sie auf den Punkt. Was nur unbewusste
Ahnung war, wurde Realität. Die Freude über das Wiedersehen ist stärker als jedes andere Gefühl: „Ich hab
ihn, o ihr Sterne ! Ich hab ihn ! Ewig mein ! Mörder ! Teufel ! Ich kann dich Engel nicht lassen.“ (S.134,15 &
S.135,25)
! In Erkenntnis, des von Karl geleisteten Treueschwurs, bittet sie Karl verzweifelt um den Tod, und ist bereit,
ihn sich selbst zu geben. Der Geliebte erfüllt ihr den letzten Wunsch.
Charaktere
des
Hermann (ein Bastard von einem Edelmann)
Charaktere:
! sinnlich, - beleidigt, - eifersüchtig, - gegen kleine Versprechen für fast alles zu haben, - handelt wieder mit
eigenem Gewissen.
Besonderes:
! Er wird nachdem er erfolgreich als verkleideter Bote über den vermeintlichen Tod Karls agierte, von
Gewissensbissen geplagt. Er hat den alten Moor befreit und hält ihn bei kümmerlichen Speisen, in einem
Turmverliess versteckt, am Leben. Hermann ist damit wieder ein sittlicher Mensch geworden.
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Friedrich Schiller
Die Räuber
Charaktere
des
Hermann (ein Bastard von einem Edelmann)
Charaktereigenschaften:
Aussehen:
Taten:
Bemerkungen:
[email protected]
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Friedrich Schiller
Die Räuber
Charaktere
des
Räubers Moritz Spiegelberg
Charaktereigenschaften:
! eitel, intelligent, einfallsreich, geschickt, gemein, lasterhaft, loses Mundwerk heimtückisch, schadenfroh
Besonderes:
! Spiegelberg ist ein ausgemachtes Schlitzohr und ein gemeiner Schurke. Wenn es darauf ankommt mutig zu
sein, zeigt er sich nur allzuschnell als Feigling. Auch ist er gerne zu Gewalttaten und Streichen aufgelegt.
! Schweizer sagt ihm ins Gesicht: „So wollt ich doch, dass du im Kloak ersticktest, Dreckseele du ! Bei nackten
Nonnen hast du ein grosses Maul, aber wenn du zwei Fäuste siehst, - Memme, zeige dich jetzt, oder man soll
dich in eine Sauhaut nähen, und durch Hunde verhetzen lassen.“ (S.68,21) - (damalige Strafe für Diebe).
! Aus verletzter Eitelkeit will er Karl hinterrücks umbringen, als dieser einmal nicht zu angegebener Stunde
erscheint. Räuber Schweizer erfährt davon und ersticht ihn sogleich: „Fahr hin, Meuchelmörder.“ (S.108,4)
Charaktere
der
anderen Räuber
Charaktereigenschaften:
! gemein und beutegierig, fallen gewöhnlich nicht aus dem Rahmen wie der geniale Schurke Spiegelberg
Aussehen:
! gewöhnlich vernarbt,
! alt und zweckmässig gekleidet
Besonderes:
! Besonders sind eigentlich nur Kosinsky, Schweizer und Roller. Sie alle sind Räuber gewöhnlichen Schlages.
Durch ihre treue Anhängerschaft an ihren Hauptmann Karl, werden sie in vorliegendem Schauspiel zu oft
zitierten Genossen. Kosinsky hat ein ähnliches Schicksal wie der Hauptmann, handelt aber im wesentlichen
aus persönlichem Rachegefühl.
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Friedrich Schiller
Die Räuber
Charaktere:
der
Charaktereigenschaften:
Aussehen:
Taten:
Bemerkungen:
Räuber Schweizer und Roller
[email protected]
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Friedrich Schiller
Die Räuber
Charaktere
des
katholischen Paters
Charaktereigenschaften:
Aussehen:
Taten:
Bemerkungen:
Charaktere
des
Charaktereigenschaften:
Aussehen:
Taten:
Bemerkungen:
Pastoren Moser
[email protected]
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Friedrich Schiller
Die Räuber
Interpretation & eigenes Leseerlebnis:
(Eigene Meinungsfreiheit)
Die „Räuber sind das unfasslich frühreife Geniewerk des zwanzigjährigen Schiller, der mit
diesem Werk nicht nur dem eigenen Schaffensdrang zum Durchbruch verhalf, sondern der
deutschen Bühnendichtung überhaupt zu einem ihrer grössten Triumphe.
Obwohl Schiller das Schauspiel zunächst nicht für die Bühne geeignet erachtet hatte, zeigt
doch gerade dieses Erstlingswerk alle Kennzeichen des geborenen Dramatikers, die
Kontrastierung der Figuren, derart, „dass die Guten durch die Bösen schattiert“ werden
(zwei Hauptrollen: Franz und Karl Moor), den mitreissenden Schwung der Szenenführung
und vor allem der Blick in den „Bau der sittlichen Weltordnung.“-(Schauspielführer 1960)
Im Bertelsmann - Taschenlexikon heisst es dann sogar unter Räuberroman: - eine verbreitete
Art des Unterhaltungs- und Trivialromans (Alltäglichkeits- Roman) im Ausgang des 18. Jh.;
von Schillers „Räubern“ ausgehend, handelten die Räuberromane gewöhnlich von den
Heldentaten eines „edlen Räubers“, der sich gegen Willkür und Unterdrückung empörte
(H.D. Zschokke, Ch.A. Vulpius).
Der „edle Räuber“ ist hier niemand anderes als Karl Moor. Er und sein so gar ungleicher
Bruder Franz, der missgestaltete Intrigant, welcher alles Menschliche um sich her ausrotten
will, begehen einen Aufstand gegen ihren schwächlich autoritären Vater. Beide sind aus der
Bahn gekommen und Rebellen geworden : - durch eine Freiheit, die Extremitäten
(Extremwerte. Anmerkung des Verfassers P.V.) an den Tag zu legen vermag. Es geht dabei
um Rache und Vergeltung, die Gutes und Böses schwer trennbar macht. Als gemeinsamen
Gegner sehen sie die Weltordnung mit ihren Bienensorgen (S.80,27)&(S.19,35+S.145), gegen
die Franz in fürchterlicher Raserei und Karl in tragischer Verblendung frevelt.
Die menschliche Integrität wird dadurch widerhergestellt, dass Franz sich nach einem
unheilverkündenden Traum selbst tötet und Karl nach bitterer Erkennung seines
Trugschlusses, sich als reuiger Sünder der Justiz stellt. - „Die Welt durch Greuel zu
verschönern und die Gesetze durch Gesetzeslosigkeit aufrecht zu erhalten, ... erfahre ich nun
mit Zähneklappern und Heulen, dass zwei Menschen wie ich den ganzen Bau der sittlichen
Welt zugrunde richten würden (S.138,38).“
Die Premiere dieses Theaterstückes fand am 13.Januar 1782 statt. Schiller war dazu
heimlich und ohne Urlaub von Stuttgart nach Mannheim ins „Ausland“ gereist. Er hatte es
zuvor ohne Verfasserangabe, auf eigene Kosten als Buch erscheinen lassen.
Die ausserordentliche Wirkung des Stückes auf der Bühne hält ein berühmter
zeitgenössischer Bericht fest: „Das Theater glich einem Irrenhause, rollende Augen, geballte
Fäuste, heisere Aufschreie im Zuschauerraum ! Fremde Menschen fielen einander
schluchzend in die Arme, Frauen wankten, einer Ohnmacht nahe, zur Tür. Es war eine
allgemeine Auflösung wie ein Chaos, aus dessen Nebeln eine Schöpfung hervorbricht.“
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Friedrich Schiller
Die Räuber
Nach dem Studieren verschiedenster Quellentexte und Zweitliteratur scheint mir diese
eben genannte „eine Schöpfung“, wie auch diese Berichte darüber, als eine „der
Wirklichkeit entzogene Phantasterei zu sein“. - Wen wundert’s, dass dieses Stück einer
strengen Zensur unterworfen wurde ?
Friedrichs Einfälle sind in Wirklichkeit buchstäblich „schillerhaft“. Zu seiner Zeit als
Genie bezeichnet, wird er selbst heute noch als Idol gesehen. Im Duden Bd.11 Redewendungen, kann nachgelesen werden: - Schiller: das ist eine Idee von Schiller: so
[et]was lebt, und Schiller musste sterben. (ugs.1): Das ist ein guter Vorschlag. ° Die
Redensart spielt wohl scherzhaft auf Friedrich Schillers Ideenbegriff an. (ugs.2): Ausdruck
verächtlicher Missbilligung (S.440).
Sogar dem Schiller persönlich (über dessen Vater) bekannten Herzog Karl Eugen wurde
es zu bunt. Er veranlasste Friedrich Schiller mit dem Verweis und vierzehntägigem Arrest
und dem „Verbot, Komödien zu schreiben“, zu bestrafen. Der Durchlauchtigst (Duden
Bd.1,S.232), liess es sich nicht nehmen, den in seiner Kaserne eingesperrten Friedrich
aufzusuchen. Seine zornigen Worte sollen wie folgt gelautet haben: „Aha, er will Prediger
werden. Das sucht er nun nachzuholen, indem er den Komödianten aufrührerische und
garstige Worte in den Mund legt. Aufruhr wider den Fürsten, den er lieben sollte ! ...
„Genug, mein Sohn ! Ich sehe, er ist unverbesserlich. ... Auf solchem Wege wird er kaum
ein Dichterling - doch, was uns wahrscheinlicher deucht, sicherlich ein Rebell werden. Ich
befehle ihm, sich zur Verfügung zu halten und niemals mehr Komödien zu schreiben, sondern
allein bei der Medizin zu bleiben. Und wehe ihm, wenn er sich nicht daran hält ! (Schiller in
Weimar, Otto Zierer, LUX-Lesebogen N°304,S.10)“
Die Literatur schweigt sich wie abgesprochen über die gemeinten „garstigen Worte“
weitgehend aus. Doch glaube ich, wird durch Nachfolgendes schnell ersichtlich, was gemeint
war. - Betrachten wir nur Schillers kunstvoll ausgesuchten Ausdrucksweisen, die er seinen
Figuren einverleibte. So zB.: S.47(unwirklich), S.57,36(pervers), S.36,2(beschreibend),
S.31,17 (erregt), S.68,32(drohend), S.70,1(fluchend), S.66,26-40 (gemein), ... usw. und so
fort ... .
Er muss ausgesprochen revolutionär mutig gewesen sein (siehe auch seine Haartracht).
Vielleicht hat ihm gerade diese Eigenschaft zum Durchbruch verholfen. Schiller nahm kein
Blatt vor den Mund. - Entgegen aller beschönigten Darstellungen in seiner Biographie,
welche oftmals wie im Theater, zu sehr nach „verbesserter Leichenpredigt“ riecht: „Sowohl der Vater als auch die Mutter lasen mit ihren Kindern in der Bibel, zudem hielt der
Vater Familienandachten ab“ (Königs Erläuterungen S.10,2.Abschnitt). - Auch eine
Warnung seines Freundes Körner ging in die gleiche Richtung: „Du bist ein
unverbesserlicher Revolutionär, Schiller !“ -(LUX, Bd.304, S.15).
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Friedrich Schiller
Die Räuber
Wir können gleichwohl annehmen, dass sein Werk „Die Räuber“ um einige Stellen
umstrittener war, als die uns heute vorliegende, von mir verwendete, stark gekürzte und
mehrmals bearbeitete Fassung. Diese war notwendig geworden, teils um dem
konventionellen Theatergeschmack entgegenzukommen, teils um möglichen Vergleichen mit
aktuellen Umständen auszuweichen (Politik).
Tatsächlich behandelt Schiller vieles oberflächlich. Seine Ausführungen beschränken sich
vorwiegend auf die Taten seiner spielenden Personen. Hier kommt klar der Hauptaspekt des
Theaterstücks, wie auch die drastische Ausstreichung der oben bereits erwähnten Kürzung
zum Ausdruck. Schiller vermeidet denn auch jede hintergründige oder über sein
„Territorium“ hinausgehende Dimension aufs Peinlichste, was sich dem Leser gegenüber
nachhaltig zeigt. So empfand ich persönlich seine Lektüre als kühl und witzlos präsentiert.
Dieser Umstand lässt sich auch mit den eingeschobenen und vor Schadenfreude strotzenden
Schilderungen des Ganoven Spiegelberg nicht übertünchen. Etwas mehr Farbigkeit im
Beschrieb der Umgebung und Umstände hätte bestimmt nicht geschadet. Denn dass Schiller
dazu fähig wäre hat er anderweitig nur allzu gut bewiesen.
Zwar liest sich „Die Räuber“ nach dem ersten Drittel recht flüssig. Schiller einmal in der
Niederschrift in Fahrt gekommen, lässt den Leser wahrlich durch die Geschichte
„flutschen“, ohne dass dieser sich eines Umblättern entsinnen kann. - Leider ist mir in
dieser „Rutschfahrt“ keine Person begegnet, für die ich hätte Partei ergreifen, geschweige
denn mich hätte identifizieren können. Die Figuren, die sich im Charakter zu sehr
unterscheiden, wie dies vorwiegend bei den Gebrüdern Moor der Fall ist, sind kreuzweise
aneinander vorbei ‘konstruiert’. Sie begegnen sich nie von Angesicht zu Angesicht. Jegliche
Aktivität geschieht hinter dem Rücken des anderen. Schiller bemerkt dazu selbst: „Diese
unmoralische Charaktere, ... , mussten von gewissen Seiten glänzen. ... Jedem, auch dem
Lasterhaftesten, ist gewissermassen der Stempel des göttlichen Ebenbilds aufgedruckt ...
(S.5,10).“
Auch die Spannungskurve verläuft leider nahezu parallel mit einer mechanischen
Bedienungsanleitung. - Ausser dass dort schon von vornherein klar ist, um was es geht.
(Wird in Königs Erläuterungen begeisterter aufgefasst: s.S.45-48).
Schiller hat wohl oft seine eigene Person miteinbezogen, sich aber gut getarnt. Menschliches
Wohl, Wünsche und Emotionen sind ihm bekannt. Darin ist er Meister. Er versteht sich sogar
der konstruktiven Rüge und Selbsteinsicht: „Wenn ich vor dem Tiger gewarnt haben will, so
darf ich seine schöne, blendende Fleckenhaut nicht übergehen.“ (S.5,30).
Auch etwas Grössenwahn ist dabei, wenn er den Räuberhauptmann Karl Moor bei seiner
Rückkehr ins traute Schloss jegliche Person mit -DU- ansprechen lässt, die anderen ihm aber
per -SIE- begegnen (zB.: P.Moser auf S.124,3 oder S.91,35). Dass es sich dabei nur um eine
dort gespielte gräfliche Sitte handelt, glaube ich nicht !
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52
Friedrich Schiller
Die Räuber
Sehr nachdenklich hat mich die Rolle des weiblichen Individuums gestimmt. Hierbei handelt
es sich um Amalia von Edelreich, die als Waise gleichsam an Kindesstatt ins Moor’sche
Schloss aufgenommen wurde. Sie mausert sich zur Geliebten Karls und erhält damit, als
einzige Frau des Werkes überhaupt, aktive Auftritte. Daneben werden nur noch Kosinsky’s
Geliebte, Kindbetterinnen, hochschwangere ‘Weiber’ und junge Frauen erwähnt
(S.66,26/S.86,31). Es reicht Schiller nicht einmal, sich einer Mutter zu erinnern. Sämtliche
Frauen und Mütter oder Schwestern der handelnden Personen werden totgeschwiegen,
solange sie nicht sexistischen Mitteln dienen, über die Schiller munter phantasiert (zB.: ab
S.56,7).
Obwohl Amalia’s Rolle zur Gesamtkonzeption dieses Dramas gehört, wird sie sogar heute
noch gelegentlich bei Aufführungen einfach gestrichen.
Es gehörte anscheinend im 18.Jh. in der Theater-Dramatik zum Guten Ton,
Mitspracherechte der weiblichen Schauspiel-Besucherinnen (an der Seite ihrer Ehemänner),
zu missachten. Gleichsam haben wir auch erfahren wie die Politik der damaligen Zeit
umgangen wurde.
„So ein Theater !“
Friedrich Schiller ist über jegliche Kritik erhaben, wie er sie wohl oft zu Lebzeiten, nebst
Lob, anzuhören hatte. Seine Aussage in der den „Räubern“ vorangestellten Vorrede, lässt
sich in jede Richtung drehen. Er bleibt damit immer im Zentrum: „Die edle Einfalt der
Schrift muss sich in alltäglichen Assembleen (Versammlungen) von den sogenannten witzigen
Köpfen misshandeln und ins Lächerliche verzerren lassen; denn was ist so heilig und
ernsthaft, das, wenn man es falsch verdreht, nicht belacht werden kann ? - Ich kann hoffen,
dass ich der Religion und der wahren Moral keine gemeine Rache verschafft habe, wenn ich
diese mutwillige Schriftverächter in der Person meiner schändlichsten Räuber dem Abscheu
der Welt überliefere“(S.5,1).
Den Bedeutungsgehalt von Schiller’s ‘Die Räuber’ kann man wahrscheinlich nur aus dem
damaligen Zeitgeist heraus verstehen, was für den Leser im ausgehenden zwanzigsten
Jahrhundert schwer möglich ist. So wäre es aus diesem Grunde nicht fair, für uns
Unverstandenes oder uns Eigenartiges voreilig zu verurteilen oder abzuwerten. Allein, dass
dies die Arbeit eines Zwanzigjährigen ist, verdient unser aller Respekt.
Voller Hochachtung
P.Vestner
August 1997
Die über diesen Umfang hinaus Interessierten finden im nachfolgenden Literaturverzeichnis
weitere Hinweise.
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Friedrich Schiller (Dichter, 1802 geadelt)
53
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Sein Leben:
(10.11.1759 – 09.05.1805) -- 46 Jahre
Jo(h)ann Christoph Friedrich Schiller wurde den 10.November 1759 als Sohn von Caspar Schiller (1723-1796)
in Marbach am Nekkar geboren. Dieser hatte Wundarzt gelernt, leistete später Dienste als württembergischer
Feldscher (Furier-) und Werbeoffizier (sowie auch im Siebenjährigen Krieg) und wurde schliesslich im Range
eines Majors Intendant der herzoglichen Hofgärtnerei und Reorganisator der zugehörigen Baumschulen
(Militärpflanzschulen). In seinen dortigen Funktionen brachte er einige Schriften heraus und widmete sich der
Landschaftsgestaltung, die er mittels Obstgehölzpflanzungen in ganz Württemberg betrieb. Die Folgen sind zum
Teil noch heute zu sehen.
Die Mutter Elisabeth Dorothea, geborene Kodweiss (1732 - 1802), war die Tochter eines Bäckers und
Gastwirts.
Nach Königs Erläuterungen seien die Bildungsatmosphäre der Familie von frommer Religiosität bestimmt
gewesen. Sowohl der Vater als auch die Mutter hätten mit den Kindern in der Bibel gelesen, zudem habe der
Vater Familienandachten abgehalten.
Die Jugend verbrachte Friedrich in Marbach und Lorch, wo er auch seine ersten „folgenschweren
Bekanntschaften“ machte. So mit dem Sohn des Ortspfarrers Moser, wodurch er auf diese Weise mit in den
Lateinunterricht kam, den der Pfarrer für seinen Sohn abhielt. Es ist überliefert, dass der Knabe Schiller seinen
religiösen Vorbildern nacheiferte und häufig „durchaus verständige“ Predigten nachspielte.
Im Jahre 1766 zogen die Schillers nach Ludwigsburg, welches zeitweilig die Residenz des Herzogs von
Württemberg war. Dort besuchte Friedrich 1767 die Lateinschule und wollte nach dem Bestehen der Prüfung an
der Klosterschule die Wissenschaft der Theologie erlernen. Doch sein Wunsch wurde ihm durch den Herzog
vereitelt, der seinen Vater Caspar aufforderte, ihn - seinen Sohn - doch auf die neuerrichtete Militärakademie bei
seiner Sommerresidenz, der Solitude zu schicken. Nach dem Wunsche des Herzogs sollte der junge Schiller dort
Jurisprudenz (Rechtswissenschaft) studieren, um später in den Verwaltungsdienst des Landes einzutreten. Dies
waren keine erfreulichen Aussichten für Friedrich, der hier in Ludwigsburg seine erste Bekanntschaft mit dem
Theater gemacht hatte. Offiziere hatten nämlich am herzöglichen Theater freien Eintritt, und der „alte“ Schiller
nahm bisweilen seine Kinder (wieviele er hatte war nicht herauszukriegen) mit zu den Vorstellungen. Friedrich
war von dieser Art Kunst so angetan, dass er mit seinen Spielkameraden, als auch mit Puppen Theaterversuche
unternahm.
Die Militärakademie besuchte Friedrich Schiller als Sohn eines bürgerlichen Landesbeamten weitgehend
kostenfrei ab 1773 bis 1780 auf der Karlsakademie in Karlsruhe. Dort studierte er hauptsächlich
Rechtswissenschaft und Medizin und wurde 1780 nach dem Abschluss (Dissertation: „ Versuch über den
Zusammenhang der tierischen Natur des Menschen mit seiner geistigen“) Regimentsmedikus in Stuttgart.
Obwohl neuere literarische Texte offiziell verboten waren, kann man davon ausgehen, dass sie stillschweigend
geduldet wurden. Indessen waren schon 1776 und 1777 im „Schwäbischen Magazin von gelehrten Sachen“ seine
ersten Gedichte erschienen. Unter dem Einfluss des Sturm und Drang entstand aus leidenschaftlichem
Freiheitswillen sein Drama „Die Räuber“, welches 1782 in Mannheim mit grossem Erfolg uraufgeführt wurde.
Die ungenierte und oftmals ungehobelte Schaffensart Schillers veranlasste Herzog Karl Eugen nicht nur aus
politischem Erwägen ihn mit Verweis und vierzehntägigem Arrest und dem „Verbot, Komödien zu schreiben“ zu
bestrafen. Schiller hatte auch während der Aufführungszeit der „Räuber“ zweimal ohne Erlaubnis Stuttgart und
sein Regiment verlassen . So floh er darauf 1782 nach Mannheim, in die Stadt, die ihm freundlicher gesinnt war.
Nach einem Aufenthalt auf dem Landgut der Frau von Wolzogen in Bauerbach bei Meiningen wurde er 1783
nach Mannheim ans Nationaltheater als Theaterdichter verpflichtet. Differenzen mit dem Intendanten von
Dalberg liessen jedoch hieraus keine festere Bindung werden. Schiller genoss dann längere Zeit die
Gastfreundschaft des Konsistorialrats Christoph G.Körner, zunächst in Leipzig, dann in Dresden. 1784 ernannte
ihn Herzog Karl August zum Weimarischen Rat.
Von 1788 an datiert die erste Begegnung mit Goethe in Rudolstadt, die ihm 1789 durch Goethes Vermittlung
eine Professur an der Universität Jena eintrug. Eine tiefe Freundschaft, die mit seinem Umgang 1799 zur
Übersiedelung Schillers von Jena nach Weimar führte. Schiller vertrat Goethe gelegentlich auch in der Direktion
des Weimarer Hoftheaters, dessen Blütezeit um die Jahrhundertwende eng mit dem Zusammenwirken der beiden
Dichter verbunden ist. Er schloss Freundschaft mit Wilhelm Freiherrn von Humboldt (Gelehrter und Staatsmann)
und konnte 1790 die jüngere Tochter Charlotte (*22.11.1766 Rudolstadt, t 09.07.1826 Bonn), der ihm seit
längerem befreundeten Familie von Lengefeld heiraten. Auf der Höhe seines dichterischen Schaffens, seit 1791
an einer Lungenkrankheit leidend und nur durch eine Ehrenpension finanziell abgesichert, starb Schiller am
09.Mai 1805 in Weimar im Alter von 46 Jahren.
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Friedrich Schiller
Friedrich Schillers bedeutendste und bekannteste Werke:
1781 „Die Räuber“
- ein Schauspiel in fünf Akten
- erste Aufführung : 13.Januar 1782 in
Mannheim,
1784 „Verschwörung des Fiesko zu Genua“,
1784 „Kabale und Liebe“
- ein bürgerliches Trauerspiel,
1785 „An die Freude“
- ein dichterisches Werk (Hymnus),
1787 „Don Carlos“
Jamben,
- vom Familiengemälde in Prosa zum politischen Ideendrama in
1787 „Der Verbrecher aus verlorener Ehre“
- eine Erzählung
1787 „Der Geisterseher“
- ein fragment gebliebener Roman,
1788 „Geschichte des Abfalls der vereinigten Niederlande“
- eine Intensive Geschichtsstudie,
1792 „Die Geschichte des dreissigjährigen Krieges“
einbrachte,
- die Geschichtsstudie, die Schiller eine Professur in Jena
1792 „Über den Grund des Vergnügens an tragenden Gegenständen“ - über Ethik und Ästhetik Kants,
1793 „Über Anmut und Würde“,
1794
führte die Bekanntschaft mit Goethe zu einem reichen Briefwechsel, den Goethe 1828 veröffentlichte,
1795 „Über die ästhetische Erziehung des Menschen“,
1796 „Über naive und sentimentalische Dichtung“
- geprägt von einem sittlich-ästhetischen Idealismus,
1798 „Wallenstein-Trilogie“
- ein Drama im theatergerechten Spiel,
1800 „Maria Stuart“
- ein Trauerspiel,
1801 „Über das Erhabene“
1802 „Die Jungfrau von Orleans“
- eine romantische Tragödie,
1803 „Die Braut von Messina“
- ein Trauerspiel mit Chören,
1804 „Wilhelm Tell“
Lebenswerkes
- ein freiheitliches Schauspiel als Krönung des gesamten
(Im 2. Akt
unvollendet),
1804 „Demetrius“
- ein Fragment gebliebenes Stück,
------ „Die Malteser“
- war ein geplantes Werk, welches als Entwurf vorliegt.
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Neben diesen eigenen Werken steht eine stattliche Zahl von Übersetzungen und Bearbeitungen von Werken der dramatischen
Weltliteratur vor:
1789 „Iphigenie in Aulis“ und der
1789 „Phönikerinnen“ des Eupherides,
1800 „Macbeth“ von Shakespeare,
1801 „Turandot“ von Gozzi
- ein tragikomisches Märchen, sowie
1803 „Der Neffe als Onkel“ - des Piccard (Franzose)
- ein Lustspiel,
1805 „Phädra“ - des Racine (Franzose)
- ein Lustspiel.
------- „Schaubühne als moralische Anstalt betrachtet“ - theoretische Auseinandersetzungen mit dem Theater, künstlerische Funktionen,
sowie die
Vorreden und Kommentare zu einzelnen seiner Stücke und der Briefwechsel mit Goethe.
[email protected]
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Friedrich Schiller
Die Räuber
Hinweis:
Für heisshungrige ‘Räuber-Fans’ wird in ‘Königs Erläuterungen’ (S.132-135) und den unten
aufgeführten Schriften eine zumeist ausführlichere Liste angeboten.
Literaturverzeichnis:
(verwendeter und weiterführender Schriften)
! Reclam Universal-Bibliothek Nr.15, Die Räuber von Friedrich Schiller, 1781
(Ausgabe 1995 - Stuttgart)
! Räuber und Gauner in Deutschland. Das organisierte Bandenwesen im 18. und frühen 19. Jahrhundert,
Carsten Küther,
(Ausgabe 1976 - Göttingen)
! Die deutschen Räuberbanden in Originaldokumenten, Hans Sarkowicz,
! Das Gesicht der Räuber. Verbrecherbeschreibbungskunst, G.L.Giese,
(Ausg.1991 - Frankfurt /a.M.)
(Ausg. 1991 - Frankfurt /a.M.)
! Das Räuberbuch, Die Literaturwissenschaft in der Ideologie des dt.Bürgertums.
! Der schwarze Reiter, Roman von Werner J.Egli,
! Smuggling in the Bristol Channel 1700 - 1850, Graham Smith,
! Königs Erläuterungen und Materialien, Klaus Bahners,
(1974 - Frankfurt /a.M.)
(Ausgabe 1987 - Stuttgart)
2.Aufl.(Ausg. 1994 - Newbury, Berksh.)
7. Auflage (Ausgabe 1995 - Hollfeld)
! Friedrich Schiller, Die Räuber, Erläuterungen und Dokumente, von Christian Grawe.
(1976 - Stuttgart)
! Allgemeine Deutsche Biographie Band 31,
(Ausgabe 1890)
! Schillers Leben dokumentarisch in Briefen, Berichten und Bildern, Walter Hoyer,
! Schiller in Weimar, Otto Zierer, Lux - Lesebogen 304,
(Ausgabe 1967 - Köln)
(Ausgabe 1963 - Basel)
! Schiller, Sein Leben und seine Werke - 2 Bände, Karl Berger,
(Ausgabe 1918 - München)
! Schiller - Das Schönste aus seinem Werk, Charles Waldemar,
(Ausgabe 1960 - München)
! Der Baumschulbetrieb, Andreas Bärtels,
4.Auflage (Ausgabe 1995 - Stuttgart)
! Bertelsmann - Das Neue Taschenlexikon, 20 Bände,
(Ausgabe 1992 - Gütersloh)
! Wörterbuch der Synonyme und Antonyme, Erich und Hildegard Bulitta,
(Ausg. 1994 - Frankfurt /a.M.)
! Duden Band 1; Die deutsche Rechtschreibung,
21.Auflage (Ausgabe 1996 - Mannheim)
! Duden Band 5; Fremdwörterbuch,
5.Auflage (Ausgabe 1990 - Mannheim)
! Duden Tb, Wie verfasst man wissenschaftliche Arbeiten ?, Klaus Poenicke,
! Schneller LESEN, Monica Hoffmann,
2.Aufl. (1988 - Mannheim)
(Ausgabe 1993 - Köln)
! Film: Der plötzliche Reichtum der armen Leute von Kombach, Volker Schlöndorff ,
(erschienen 1971)
[email protected]
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[email protected]
58
Friedrich Schiller
Die Räuber
Widmung
Ein tausendfaches Hoch !
Es leben die Neider und Intriganten !
... Derer zur Genüge entlarvt sind ...
Maikäfer flieg !
____________________
August 1997
Peter Vestner
Semesterarbeit BMB St.Gallen 1996/7
[email protected]
Titelblatt 1 ;
59
Farbbild: Friedrich Schillers im Theater
Die Semesterarbeit beinhaltet viele Bilder, welche aus Gründen des Speichermediums,
hier nicht integriert werden konnten.
Es sind dies Bilder von Schillers Wohnstätten, seiner Ausbildungszeit wie auch einige die
dem Gang der Handlung („Der Räuber“) Spannung einverleiben sollen.
Abschliessend seien auch die Abbilder von Schillers Totenmaske und eines seiner Denkmale
erwähnt.
[email protected]
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[email protected]
!
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