Den Führerschein gibt`s häufig erst im zweiten Versuch

Transcrição

Den Führerschein gibt`s häufig erst im zweiten Versuch
AULENDORF / BAD WALDSEE
Dienstag, 24. Februar 2015
Den Führerschein gibt’s häufig erst im zweiten Versuch
Jeder sechste Waldseer Fahrschüler fällt durch die praktische Prüfung – Bei der Theorie versagen 27 Prozent
Von Wolfgang Heyer
●
BAD WALDSEE - Die meisten Jugend-
lichen fiebern auf den Führerschein
hin und können es kaum erwarten,
selbst am Steuer zu sitzen. Auf dem
Weg zum ersehnten Teilschritt in die
Selbstständigkeit gibt es gleichwohl
ein paar Hürden zu überwinden. Sowohl die theoretische als auch die
praktische Prüfung stellt etliche Führerscheinanwärter vor eine Herausforderung und schürt sogar Prüfungsangst.
Deutschlandweit fallen 29 Prozent der Prüflinge durch die Theorieund ein Viertel durch die Praxisprüfung. In Bad Waldsee liegen die
Durchfallquoten für das Jahr 2014
nach SZ-Recherchen bei rund 17 Prozent in der Praxis und 27 Prozent bei
der Theorie.
Um den Fahrschülern die Angst
vor der Prüfung zu nehmen, verfolgt
Fahrlehrerin Doris Boos von der
Fahrschule Montag ein einfaches
Prinzip: „Vorbereiten, motivieren
und beruhigen. Außerdem erklären
wir den Schülern schon im Theorieunterricht, dass die Prüfer keine
Unmenschen sind.“ Sie seien ebenfalls daran interessiert, dass die Fahranfänger ihre Fahrerlaubnis bekämen, betont Boos, und so müssten die
Schüler einfach nur zeigen, dass sie
das Auto beherrschen und verkehrssicher fahren können.
Um das zu erreichen, versucht
Boos, die seit zehn Jahren Fahrunterricht erteilt, ihren Schülern die Freude am Fahren zu vermitteln, und
nimmt sich dabei selbst in die Pflicht:
„Ich muss mit gutem Gewissen sagen
können, dass der Schüler unfallfrei
durchs Leben kommt.“
Einen Simulator setzt die Fahrschule Montag nicht ein: „Wir haben
so ein Gerät bei einer Vorführung
Bundesweit fallen 29 Prozent der Prüflinge durch die Theorie- und ein Viertel durch die Praxisprüfung
selbst ausprobiert und es hat uns
nicht überzeugt. Der Simulator
kommt an die Realität einfach nicht
ran.“
Um die Durchfallquote so gering
wie möglich zu halten, setzt GerdDieter Witte von der Fahrschule Witte auf eine profunde Vorbereitung.
„Bevor man bei der praktischen Prüfung durchfällt, sollte man lieber eine
Fahrstunde mehr nehmen. Das
kommt einen auch billiger. Wenn
man erneut zur Prüfung antreten
muss, macht das nochmals rund 300
Euro aus.“ Und so zeigt die intensive
Vorbereitung Erfolge, schließlich ist
die Durchfallquote bei der Theorieprüfung höher als beim Praxistest.
„In der Praxis sitze ich direkt neben
dem Schüler und kann viel besser auf
ihn einwirken. Bei der Theorie kann
man zwar die Vorprüfung anbieten,
aber die wird aus Zeitgründen oftmals abgelehnt“, erklärt der Fahrlehrer, der auf 35 Jahre Berufserfahrung
blickt.
Überraschend gut wird die Fahrerlaubnis mit 17 Jahren, das sogenannte Begleitende Fahren (BF), in
der Fahrschule Witte angenommen.
90 Prozent seiner Schüler nutzen dieses Angebot. „Gerade Fahranfänger,
die unsicher sind, haben Vater oder
Mutter dabei, die ihnen helfen können. Das ist absolut positiv“, hebt
Witte den Vorteil der seit 2011 beste-
FOTO: DPA
henden Frühprüfung hervor. Dabei
hätte der erfahrene Fahrlehrer gleichwohl nicht mit so einer großen Resonanz gerechnet: „Anfänglich dachte
ich, dass rund ein Drittel der Schüler
dieses Angebot nutzen werden, aber
es hat sich voll durchgesetzt.“ Das liege auch daran, dass beispielsweise
Gymnasiasten, die mit 18 Jahren ihr
Abitur machen, einen Klotz weniger
am Bein hätten, wie es Witte nennt.
Andreas Franke von der gleichnamigen Fahrschule hat in seinen 15 Jahren Berufserfahrung eine Veränderung der Fahrfehler festgestellt. „Früher waren es eher Kleinigkeiten, die
sich gesammelt haben. Heute passieren bei den Prüfungen mehr Knaller-
Fehler“, erläutert Franke und zählt
das Überfahren einer roten Ampel
oder eines Fußgängerüberweges auf,
obwohl ein Passant wartet. „Die Prüflinge machen sich immer mehr
Druck, gesellschaftlichen Druck.“
Und so würden sie, im Einzelfall,
während der Prüfung nicht mehr auf
ihr Bauchgefühl vertrauen und zu
viel nachdenken. „Es gibt einen Satz
unter uns Fahrlehrern: ,Du kennst
deinen Fahrschüler, aber nicht deinen Prüfling’, denn auch für uns kommen die Fahrfehler oftmals überraschend“, sagt Franke und bezieht sich
auf die in Bad Waldsee eigentlich bekannten Verkehrspunkte, die es zu
meistern gilt.
Gleichwohl betont Franke, dass
die Durchfallquote in Bad Waldsee
bei allen drei Fahrschulen unter dem
Bundesdurchschnitt liegt und die
Fahrschüler allesamt gut vorbereitet
in die praktischen Prüfungen starten.
Bei den theoretischen Fragen sei allerdings auszumachen, dass sich die
Schüler erst spät mit den insgesamt
950 Prüfungsfragen auseinandersetzen und regelmäßig erst wenige Tage
zuvor mit Lernen beginnen. Das ist
auch ein Grund, warum den Theorietest fast jeder Dritte nicht besteht.
Im Land Baden-Württemberg liegt
die Durchfallquote laut KraftfahrtBundesamt (Stand 2013) bei der
Theoretischen Führerscheinprüfung bei 30 Prozent, insgesamt
wurden 221 213 Theorieprüfungen abgenommen. Von den insgesamt 211 901 praktischen
Prüfungen wurden 22,4 Prozent
nicht bestanden. Deutschlandweit liegt die Durchfallquote bei
der Theorieprüfung bei 29,1 Prozent und beim Praxistest bei 26,4
Prozent.
Jeder siebte Aulendorfer besteht die Tests nicht
Fahrschule Meschenmoser setzt auf den Einsatz eines Simulators
Von Wolfgang Heyer
●
AULENDORF - Ein Rundruf der SZ
bei den Aulendorfer Fahrschulen hat
ergeben, dass die Durchfallquoten in
der Kurstadt für die Theorie- und die
Praxisprüfungen bei rund 15 Prozent
liegen. Damit fällt jeder siebte Aulendorfer Führerscheinanwärter im ersten Versuch durch die Tests.
Ibrahim Sehitler von der Fahrschule Ibis ist seit 15 Jahren Fahrlehrer und kennt die Gründe, die zum
Prüfungsgau führen: „Bei der Theorie ist das klar, da wurde dann einfach nicht genügend darauf gelernt.
Bei der Praxis handelt es sich dann
eventuell um einen kurzen Blackout.“ Um dem Prüfungsversagen
vorzubeugen, legt Sehitler viel Wert
auf die konzentrierte Mitarbeit seiner Fahrschüler, die sich nicht nur
während der Fahrstunden mit dem
Thema Führerschein beschäftigen:
„Auch daheim sollen sie alles noch
mal mental durchgehen und sich
selbst Gedanken machen“, zeigt Sehitler die Vorbereitungsweite auf.
Auf diese Weise gingen die Führerscheinanwärter mit den besten Voraussetzungen zu den Prüfungen.
Die optimale Prüfungsvorberei-
tung sieht Klaus Meschenmoser von
der gleichnamigen Fahrschule – mit
Sitz in Bad Saulgau, Herbertingen
und Aulendorf – in simulierten Fahrten. „Wir haben in Bad Saulgau einen
Simulator angeschafft, der hat eingeschlagen wie eine Bombe.“ Die Fahrschüler könnten bestimmte Übungen wiederholen, bis sie die nötige
Routine hätten, und gängige Verhaltensweisen, wie beispielsweise den
Spiegel-Schulter-Blick, im eigenen
Tempo verinnerlichen. Außerdem
bringe das Gerät der heutigen, mobilen Generation das Autofahren auf
deren Ansprüche angepasst näher.
„Früher hatte das Autofahren den allerhöchsten Stellenwert. Heute hat
diesen Stellenwert eher der Computer. So verbindet der Simulator gestern und heute“, so Meschenmoser.
Und nicht zuletzt könne die Prüfungsnervosität mithilfe des simulierten Fahrens gesenkt werden. Dazu setzt Meschenmoser seine Prüflinge kurz vor dem Praxistest in den
Simulator, beschäftigt sie mit dem
Verkehr und lenkt sie dadurch ab.
Dass viele Fahrschulen den Simulator rigoros ablehnen, hat für Meschenmoser zwei Gründe. Einerseits
seien ihnen die Anschaffungskosten
von über 20 000 Euro zu hoch, andererseits würden sie einen Rückgang
der realen Fahrstunden befürchten.
Diese Befürchtung könne Meschenmoser, der seit 28 Jahren als Fahrlehrer tätig ist, aus betriebswirtschaftlicher Betrachtung nicht teilen.
Da das Kraftfahrbundesamt zu
den Führerschein-Durchfallquoten
keine Statistiken über Städte oder
Landkreise führt, hat die SZ die
ortsansässigen Fahrschulen
angerufen und die jeweiligen
Zahlen erfragt.
Schwäbische Zeitung
17
Technikausschuss
befasst sich mit
Brückensperrung
AULENDORF (sz) - Der Ausschuss für
Umwelt und Technik trifft sich zu seiner nächsten öffentlichen Sitzung am
Mittwoch, 25. Februar. Den Auftakt
bilden diverse Baugesuche. Das Gremium spricht an diesem Abend über
die Planungsvorstellung für die Sanierung der Brücke über die Eisenbahnlinie und die Schussen (wir berichteten). Außerdem wird sich der
Ausschuss mit dem Gemeindeverbindungsweg Atzenberg-Ebisweiler und
Geblisberg Richtung Spiegler befassen. Auch die Vorstellung des Entwurfsplans für den Spielplatz Safranmoos wird Thema der Sitzung sein.
Anschließend soll über ein Leckortungssystem für die Wasserversorgung, die technische Möglichkeiten
des Systems und die Ausschreibungsfreigabe gesprochen werden.
Auch Windkraftanlagen werden
Thema sein: Der Ausschuss wird über
die Stellungsnahme zum gemeinsamen
Teil-Flächennutzungsplan
„Windenergie“ der Gemeindeverwaltungsverbände Altshausen, Fronreute-Wolpertswende und HorgenzellWilhelmsdorf entscheiden. Wie bereits berichtet („Windräder wirbeln
Bedenken auf“, SZ vom 21. Februar),
hat sich der Zollenreutener Ortschaftsrat dafür ausgesprochen, einen möglichen Standort der Windräder im Röschenwald weiter von Geiger-Röschen abzurücken.
Die Ausschusssitzung beginnt am
Mittwoch um 18 Uhr im kleinen
Sitzungssaal im Aulendorfer
Schloss.
Kurz berichtet
●
Beim SC Blönried
wird gewählt
AULENDORF (sz) - Im Sportheim
Blönried findet am Donnerstag, 26.
Februar, um 20.30 Uhr eine Abteilungsversammlung mit Wahlen
statt. Dazu sind alle Mitglieder des
SC Blönried, Abteilung Frauenturnen, eingeladen.
Julia Fischer liest
aus ihrem neuen Roman
AULENDORF (sz) - Die Autorin Julia
Fischer liest aus ihrem Roman
„Sehnsucht auf blauem Papier“ in
der Buchhandlung Rieck, ein Buch
über die Kraft der Worte, über
Verlust und Hoffnung. Julia Fischer
ist Schauspielerin und Moderatorin,
sie ist Sprecherin beim Bayerischen
Rundfunk und für viele Hörbuchverlage. Die Veranstaltung beginnt
um 19.30 Uhr, Einlass ist ab 19 Uhr.
Der Eintritt beträgt fünf Euro.
Auf Janoschs Spuren
Der Aulendorfer Tobias Gayer berichtet von seinem Freiwilligendienst in Panamá
Abenteuer Panamá
Der SZ-Mitarbeiter Tobias Gayer versieht derzeit seinen einjährigen Freiwilligendienst in Panamá. Nach dem Abitur entschied er sich, dieses Abenteuer
zu wagen. Seit August ist der
Aulendorfer nun schon dort. In
unregelmäßgen Abständen
berichtet er von seinen Eindrücken von dem Staat in Mittelamerika, der an Costa Rica im
Westen und Kolumbien im Osten
grenzt. Der Panamakanal verbindet die Karibik im Norden und
den Pazifischen Ozean im Süden.
Von Tobias Gayer
●
PANAMÁ-STADT/AULENDORF - Pa-
namá also. Schon seit August bin ich
jetzt hier. Im Land, das anscheinend
nach Bananen riecht. Ich hatte mich
entschieden, hier für ein Jahr einen
Freiwilligendienst zu machen. Konkret heißt das, dass ich bei einer Stiftung mitarbeite, die Kinder mit
ADHS und/oder einer Lernschwäche betreut.
Ich wohne in der Vorstadt von Panamá-Stadt und lebe dort in einer
Gastfamilie. Das halte ich persönlich
für ein recht gutes Konzept, da man
durch das Familienleben und die Arbeit im Projekt quasi ständig dabei
ist, die panamesische Kultur und
Sprache kennenzulernen. Und so
spreche ich mittlerweile ein recht
passables Spanisch, kann Koch- von
Dessertbananen unterscheiden und
habe mich alles in allem an die meisten Eigenarten der Panamesen gewöhnt. Vor allem deren Spontanität
verblüffte mich zu Anfang doch das
ein oder andere Mal. Und auch das
Wort „Pünktlichkeit“ scheint es hier
nicht zu geben.
Weiterhin erwähnenswert ist das
doch recht abenteuerliche Verkehrsund Transportsystem. So ist es für
mich mittlerweile normal geworden,
mit einem sogenannten „Diablo Rojo“-Bus (Roter Teufel) mitzufahren.
Das sind bunt angemalte, ehemalige
amerikanische Schulbusse, die ihren
Namen vor allem dem Fahrstil der
Busfahrer zu verdanken haben. Will
10 Gründe, nach Panamá zu reisen:
1.
2.
3.
4.
5.
Es gibt zahlreiche wunderschöne Strände in Panamá
Es ist im Gegensatz zu
seinem Nachbarn Costa Rica
noch nicht touristisch über-
laufen
In Panamá wird der beste
Kaffee hergestellt
Panamá ist ein höchst
abwechslungsreiches Land
Sie können ihr Spanisch
verbessern
6.
7.
8.
9.
10.
Der Karneval in Panamá gilt
als wild und bunt und zählt
zu den Highlights
Tropische Regenwälder mit
einzigartiger Flora und
Fauna
Es wimmelt von tropischen
Früchten
Die Panamesen sind sehr
gastfreundlich
Die Blumen- und Kaffeemesse in Boquete ist
absolut einen Besuch wert
man mitfahren, winkt man, will man
aussteigen, schreit man laut „Parada“
(Haltestelle).
Das Land Panamá an sich hat
ebenfalls einiges zu bieten, und so
durfte ich schon viele neue Orte kennenlernen. Ich war sowohl in der
Bergregion Chriqui mit Kaffeeplantagen, frühlingshaftem Klima und
Wasserfällen wie auch an den wunderschönen Stränden. Ein weiteres
Highlight war der Vulkan Barú, dessen Besteigung uns 8 Stunden sowie
viel Anstrengung kostete, uns aber
mit einem einzigartigen Ausblick belohnte.
Dem Land geht es eigentlich aufgrund des Panamá-Kanals wirtschaftlich gar nicht schlecht, allerdings ist das Vermögen sehr ungerecht verteilt. Diese beiden Gesichter durfte ich hier auch schon
hautnah miterleben, was teilweise
doch ein wenig erschreckend war.
Nichtsdestotrotz gilt das panamesische Volk als eines der glücklichsten
der Erde und das ist, was zählt.
Mir geht es also recht gut hier,
doch natürlich habe ich das heimische „Schwobaländle“ nicht vergessen, und so würde ich mir anstatt
dem täglichen Reis mit Hühnchen
mal wieder ein deftiges, schwäbisches „Veschper“ oder auch Mamas
Kässpätzle wünschen.
Trotzdem kann ich Janosch nur
beipflichten: „Oh wie schön ist Panamá!“
Tobias Gayer mit einem panamesischen Kind beim Nationalfeiertag in
traditioneller Kleidung. Das obere Foto zeigt einen Ausflug zum Volcan
Baru.
FOTOS: TOBIAS GAYER
© 2016 Schwäbisch Media Digital GmbH & Co. KG
.