Perspectives

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Perspectives
Perspectives
Manufacturing
Industries
Nr. 2 / 2008
Inhalt
Märkte
Truck Customer 2008
LKW-Kunden achten vor allem auf die Betriebskosten
4
Konjunkturaussichten
Zwischen Krisenprävention und Wachstumsplänen
7
Semiconductor
Eine Vision für europäische Halbleiterunternehmen
8
Externe Perspektive
Interview mit Zhang Yue, BROAD Air Conditioning
»Wir halten uns vom Low-Cost-Wettbewerb fern«
10
Wachstums­strategie
Value Pricing
Die unbegründete Angst vor der Preiserhöhung
12
Schienenfahrzeuge
Dienstleistungsmarkt im Umbruch
14
Operations
Standortverlagerung
Allheilmittel oder Fass ohne Boden? 15
LEAP
Die nächste Stufe der Performancesteigerung
16
Unternehmensfinanzierung
Die heilsame Wirkung von Schulden 18
Financial Benchmarking
Performancelücken systematisch schließen
20
Produktkostenbenchmarking
Neue Wege der Kostensenkung im Maschinenbau
22
Aktuelle Veröffentlichungen
23
Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
die Konjunktur kühlt sich weltweit ab und Experten warnen vor einer
Rezession. Zugleich zieht die Finanzmarktkrise immer weitere Kreise und
wird in absehbarer Zeit auch auf die Realwirtschaft übergreifen. Nach vielen
Boomjahren verzeichnet die Investitionsgüterindustrie schon heute eine
stagnierende Nachfrage. Noch allerdings stellen die Auftragsbestände einen
Puffer dar, um sich auf die kommenden Herausforderungen vorzubereiten.
Diese sind nicht zu unterschätzen. Die Nachfrage wird in vielen Segmenten
massiv zurückgehen, und für den Kunden rücken die Kosten immer stärker
in den Vordergrund. Zudem verschlechtern sich die Finanzierungsbedingungen.
Die Branche muss sich auf immer knapperes Fremdkapital und deutlich stei­
gende Zinsen einstellen. Was immer in Richtung Transparenz sowie Senkung
von Kapitalbedarf und Kosten möglich ist, sollte getan werden.
Jede Krise ist aber auch eine Chance. So sind die Bewertungen von Industrie­
unternehmen in BRIC-Staaten auf europäisches Niveau gefallen. Dies bietet
Fertigungsunternehmen hervorragende Möglichkeiten, ihre Position in diesen
Wachstumsmärkten weiter zu verbessern.
Wir hoffen, dass Sie in dieser Ausgabe von »Perspectives« interessante Ideen
und Anregungen finden, wie Sie mit Ihrem Unternehmen die anstehenden
Herausforderungen bewältigen und ihm zusätzliche Wachstumsimpulse
geben können.
Ihr
Thomas Kautzsch
Leiter der Manufacturing Industries Practice von Oliver Wyman
[email protected]
+ 49 89 939 49 460
3
Märkte
Truck Customer 2008
LKW-Kunden achten vor
allem auf die Betriebskosten
Die zyklische LKW-Branche befindet sich in einem weltweiten Abschwung.
In den kommenden Jahren lautet die Aufgabe für Hersteller schwerer LKWs
deshalb vor allem, Kunden zu halten und neue Ertragsquellen zu erschließen.
Dafür müssen sie die Bedürfnisse ihrer Kunden besser verstehen und dadurch
iden­tifizierte Marktchancen mit maßgeschneiderten Angeboten nutzen. Die
Studie »Truck Customer 2008« gibt Aufschluss über die Prioritäten von LKWKunden im In- und Ausland und zeigt Handlungsbedarf bei den Herstellern auf.
Zum zweiten Mal befragte Oliver Wyman
LKW-Kunden über die heutige und künftige
Bedeutung von rund 50 Kaufkriterien in sechs
Kategorien sowie deren aktuelle Erfüllung
durch die einzelnen Hersteller. Befragt wur­
den etwa 1.000 LKW-Käufer in Deutschland,
Frankreich und China.
Kosten sind wichtigstes Kundenthema
Dem Fahrzeug an sich wird noch immer große
Bedeutung beigemessen. Gleichzeitig sehen
die LKW-Kunden jedoch keinen großen Hand­
lungsbedarf bei Komfort, Sicherheit oder
technischen Innovationen. Anders sieht dies
bei kostenrelevanten Themen wie Anschaf­
fungspreis und Betriebskosten sowie beim
Serviceangebot aus. In allen Ländern und Kun­
densegmenten sind die Anschaffungs- und
Lebenszykluskosten das wichtigste Kaufkri­
terium für LKWs – so­­wohl derzeit als auch in
Zukunft. Die Bedeutung für den Kunden und
die Erfüllung durch die Hersteller liegen gera­
de hier weit aus­­einan­der. LKW-Käufer erwar­
ten von den Herstellern Unterstützung bei
der Reduzierung ihrer Betriebskos­ten.
risierung von Kundenbedürfnissen und -erwar­­­­­
tungen in den einzelnen Ländern sehr unter­­­schiedlich. Dies zeigt, dass die LKW-Hersteller
ihre Angebote stärker regional ausrichten
müssen. So sind für deutsche wie für chine­
sische Käufer die Gesamtkosten eines LKWs
von größter Relevanz. Französi­sche Käufer
geben an, dass für sie vor allem der Anschaf­
fungspreis entscheidend ist und die Betriebs­
kosten eine untergeordnete Rolle spie­­­­len.
Franzosen sind zudem die sicherheits- und
umweltbewusstesten LKW-Käufer der drei
untersuchten Länder.
Die Reparaturdauer ist in Deutschland die
drittwichtigste Anforderung an einen LKW.
In Frankreich liegt dieses Kriterium nur auf
Entwicklung der Neuzulassungen
von Nutzfahrzeugen1 in Deutschland
CAGR2
10,6%
Ein weiteres zentrales Entscheidungskriteri­
um der Kunden sind die Werkstattangebote.
Als verbesserungswürdig nennen sie hier vor
allem die Servicequalität und die Ersatzteil­
verfügbarkeit sowie – in Schwellenländern –
die Werkstattdichte und -qualität. Im Kern
zielen die Kundenwünsche auf mehr Zuver­
lässigkeit und kürzere Stillstandzeiten. Zu­­
sätzliche Dienstleistungen sind besonders für
größere Flotten und in reifen LKW-Märkten
von Bedeutung.
58.671
[email protected]
+49 89 939 49 485
4
62.629
50.569
2003
Signifikante regionale Unterschiede
Obwohl die Liste der Top-Kriterien von LKWKunden ähnliche Inhalte aufweist, ist die Prio­
75.757
70.036
1
2004
2005
2006
2007
2008e
Nutzfahrzeuge > 7,5 Tonnen sowie Sattelschlepper
CAGR = Durchschnittliche jährliche Wachstumsrate 2003 bis 2007
Quelle: Kraftfahrt-Bundesamt, Oliver Wyman-Analyse
2
In den kostenrelevanten Bereichen besteht der größte Handlungsbedarf
Prioritäten der Kunden, Durchschnitt der Befragten in Deutschland1
Erfüllung durch die Hersteller
Kriterien
1 Handlungsbedarf: »Überangebot« –
Leistungsangebot gut auf
Kundenbedürfnisse abgestimmt
Angebotsreduzierung möglich
1
2
4
3
11
Kostenrelevante Bereiche
Handlungsbedarf:
Angebotsausweitung erforderlich
4
4
1
12
5 9 10
8
7
6
2
3
13
3
2
1
Aktuelle Bedeutung für den Kunden
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
Eigene Motorenfertigung
Angebot von Gebrauchtfahrzeugen
Mobilitätsgarantie
Servicequalität
Kaufpreis des Fahrzeugs
Ausgaben für Ersatzteile und
Reparaturen
Gesamtinvestitionskosten
Garantie und Kulanz
Kilometerkosten des Fahrzeugs
Ausfallzeiten
Kraftstoffverbrauch
Zuverlässigkeit und Reparaturbedarf
Bereitstellung von Ersatzteilen
Fahrzeug
Preis und Kosten
Vertriebsprozess
Werkstattangebot des Herstellers
Zusätzliche OEM-Dienstleistungen
Image
Ranking von 1- 6: 1 = sehr wichtig, 6 = unwichtig
Quelle: Truck Customer 2008, Oliver Wyman-Analyse
Platz 7 und in China auf Platz 15. Ein weiteres
typisch deutsches Thema ist die hohe Bedeu­
tung von Garantie- und Kulanzleistungen.
Kunden in China orientieren sich deutlich stär­­
ker am Image der LKW-Marken als Käufer in
Europa. Dies kann als charakteristisch für
einen fragmentier­ten Markt mit signifikanten
Unterschieden bei den Produkteigenschaften
gesehen werden.
In China scheitern ausländische
LKW-Hersteller noch am Service
Chinesische Kunden bewerten ausländische
Marken nicht generell besser als heimische
wie FAW oder Dongfeng. Zwar sind auslän­
dische LKWs den lokalen Fahrzeugen in den
Augen der chinesischen Kunden technisch
vor allem bei Wartungsbedarf und Kabinen­
komfort deutlich überlegen. Doch gerade euro­
päische Modelle sind auch wesentlich teurer
und haben einen weniger breit aufgestellten
Service als die heimische Konkurrenz.
Service ist für chinesische Kunden ein gene­
relles Problem. Nur 15 Prozent der in China
befragten LKW-Käufer nutzen die Marken­
werkstatt. Der Rest greift auf freie oder eigene
Werkstätten zurück. Wer Markenwerkstätten
in Anspruch nimmt, klagt über die hohen
Preise und zu lange Lieferzeiten für Ersatz­
teile. Vor allem bei ausländischen Marken
werden häufig höhere Kosten bei den Mecha­
nikerstunden und die große Distanz zur
nächsten Markenwerkstatt kritisiert.
Gleichzeitig werden lokale LKW-Marken in
Schwel­lenländern den steigenden Ansprü­
chen an das Fahrzeug nur noch unzureichend
gerecht und müssen technisch nachgerüstet
werden. Alle LKW-Her­steller in Schwellen­
ländern sollten über ernsthafte Serviceinves­
titionen nachdenken. Die Studienergebnisse
aus China zeigen deutlich, dass die heimi­
schen wie die europäischen Marken gute
Ausgangspositionen besitzen, wenn der Ser­
vice gut und bezahlbar ist. Auch hier sollten
Kooperationen, ob mit Wettbewerbern oder
Spezialisten, kein Tabu sein, um die hohen
Anfangsinvestitionen auf mehrere Schultern
verteilen zu können. Von besonderer Bedeu­
tung ist in solchen Märkten zudem das Ange­
bot von Finanzierungsdienstleistungen. Hier
weist die Studie auf einen nur unzureichend
gedeck­ten Bedarf hin.
Low-Cost-Trucks mit schlechten Chancen
Einen weiteren Schwerpunkt der Studie bildet
die Frage, inwieweit asiatische und osteuro­
päische Low-Cost-LKWs in Deutschland und
Frankreich gefragt sind. Insbesondere deut­
sche Käufer zeigen aktuell kein Interesse an
Low-Cost-Trucks aus Schwellenländern. Für
rund zwei Drittel der deutschen Käufer sind
Fahrzeuge aus den Schwellenländern China,
Indien und Russland qualitativ inakzeptabel.
Lediglich Fahrzeuge aus Osteuropa schnei­
den etwas besser ab. Französische Kunden
sind Fahrzeugen aus diesen Ländern gegenü­
ber positiver eingestellt. 15 bis 20 Prozent der
Käufer sehen diese Fahrzeuge als qualitativ
vergleichbar an. Die Hauptgründe, die in bei­
den Ländern gegen den Einsatz von Low-CostLKWs sprechen, sind Zweifel an Zuverlässig­
keit, Sicherheit und einem funktionierenden
Servicenetz.
Geschäftsmodell überdenken
Aus den Ergebnissen der Studie kann eine Rei­
he von Handlungsfeldern für LKW-Hersteller
abgeleitet werden, die vor dem Hintergrund
der gegenwärtigen weltweiten Absatzflaute
an Aktualität gewinnen.
Die erste übergreifende Aufgabe besteht in
einer Verringerung der LKW-Gesamtkosten
für die Käufer – dem letztlich alles bestim­
5
Unterschiedliche Kundenprioritäten in Deutschland, Frankreich und China
Durchschnittliche Bewertung durch die Befragten, Ranking von 1-61
Kilometerkosten des Fahrzeugs
Kaufpreis des Fahrzeugs
1,47
9
1,35
3
7
2,08
Deutschland
4
Frankreich
22
China
6
1,33
2,80
2,04
1
1 = sehr wichtig, 6 = unwichtig
Ranking über alle Kaufkriterien pro Land
Quelle: Truck Customer 2008, Oliver Wyman-Analyse
»Die Agenda der LKW-Hersteller muss um den Kunden herum
aufgebaut werden. Dazu
gehören das Design des
betriebskostenoptimierten
LKWs sowie Angebote
und Mehrwertdienst­
leistungen, die für den
individuellen Kundenbedarf maßgeschneidert sind
und die Geschäftsmodelle
der Kunden unterstützen.«
menden Faktor aus Kundensicht. Der Herstel­
ler muss seine komplette Wertschöpfungs­
kette dahingehend untersuchen, wie er die
Kos­ten positiv beeinflussen kann, um die
Ge­samtkosten seiner Kunden zu reduzieren.
Erhebliche Einsparpotenziale auf Hersteller­
seite bietet etwa die gezielte Verringerung der
Wertschöpfungstiefe. Die Studie zeigt, dass
aus Sicht der Kunden zum Beispiel ein eigener
Motor keine Differenzierung mehr für den Her­­­
steller darstellt.
Konsequent zu Ende gedacht werfen diese
Ergebnisse auch die Frage auf, ob das aktuelle
Geschäftsmodell der LKW-Industrie mit einem
Schwerpunkt auf Entwicklungs- und Produk­
tionswertschöpfung für die Zukunft noch
tragfähig ist. Wenn die Kosten zunehmend
zum entscheidenden Kriterium werden und
das Produkt selbst kaum noch zur Differen­
zierung beiträgt, könnten sich Hersteller auf
Fahrzeugkonzeption, Integration des Gesamt­
fahrzeugs sowie den Betrieb von Vertriebsund Servicenetz fokussieren. Diese Themen
sind für die Kundenzufriedenheit wesentlich
und sollten auch künftig in Herstellerhand
bleiben. Die Komponentenproduktion dage­
gen könnte schrittweise an Wertschöpfungs­
partner übergeben werden, wobei allerdings
beispielsweise Auswirkungen auf das OE-Teile­
geschäft beachtet werden müssen. Eine solche
Refokussierung würde Kapazitäten freisetzen,
um wertstiftende Themen wie Werkstattper­
formance und höherwertige Dienstleistungen
zu optimieren.
Bedarfsorientierte Angebote schaffen
Für reife Märkte wie Mitteleuropa sollte das
Angebot spezifisch auf Regionen und Kunden­
segmente zugeschnitten werden. Die Basis
hierfür ist eine detaillierte Kenntnis und intel­
ligente Segmentierung der Kunden, die ein
maßgeschneidertes Fahrzeug- und Ge­­samt­
angebot ermöglichen.
Die Studie zeigt, dass bei den höherwertigen
Dienstleistungen wie Flottenmanagement,
Mobilitätsgarantien oder Kurzzeitvermietung
sowohl das Angebot besser werden muss –
gegebenenfalls durch Zusammenarbeit mit
Spezialunternehmen auf den jeweiligen Ge­­
bieten – als auch die Wahrnehmung der Leis­
6
tungen durch den Käufer. Bisher sind die
Kunden von den bestehenden Angeboten
wenig überzeugt. Viele messen ihnen jedoch
für die Zukunft eine hohe Bedeutung bei.
Auch wenn die LKW-Hersteller die Bedürf­
nisse ihrer Kunden über alle Marken und
Märkte hinweg im Allgemeinen gut erfüllen,
reicht dies nicht mehr aus, um sich vom
Wettbewerb zu differenzieren. Künftig müs­
sen sich die Hersteller ihren Kunden detail­
liert nach Segment und Region anpassen. In
den reifen Märkten gilt es jetzt, die Schnitt­
stelle zwischen Kunden und Herstellern zu
optimieren und zusätzliche Umsätze durch
intelligente Dienstleistungen zu generieren.
In den Schwellenländern müssen die Service­
strukturen verbessert werden, um das Mar­
kenversprechen zu erfüllen und dem Kunden
seine Sorge um die Einsatzfähigkeit seiner
Fahrzeuge zu nehmen.
Fünf Handlungsempfehlungen für
LKW-Hersteller
1 Werkstattservice verbessern: Dies ist eins der zentralen Kaufargumente im LKW-Geschäft und der Ort, an dem die Kostenposition des Kunden
aktiv verbessert werden kann. Ansatzpunkte sind
standardisierte Werkstattformate und eine intelligente Planung der Vertriebs- und Servicenetze.
2 Kostenoptimierte Angebote schaffen: Kosten sind
das wichtigste Anliegen des Kunden und können in
zahlreichen Bereichen adressiert werden – von der
Anschaffung über die Nutzung bis hin zum Restwert.
3 Spezifische Angebote für Regionen und Segmente
entwickeln: Ein möglichst optimales Angebot für jeden einzelnen Kunden erfordert eine genaue
Kenntnis der Kunden je Region und Segment.
4 Mehrwertdienstleistungen optimieren: Ein maß­geschneidertes Angebot und eine bessere Kommunikation des Leistungsbündels erhöhen die Kauf­bereitschaft und Kundenzufriedenheit.
5 Kundenorientierte Geschäftsmodelle: Mehrwertdienste verdienen Geld für den Kunden oder ersparen ihm lästige Arbeit. Dies ist vor allem in reifen
Märkten wichtig. Gerade für OEMs sind diese
Modelle profitabel und fördern die Kundenbindung.
Märkte
Konjunkturaussichten
Zwischen Krisenprävention
und Wachstumsplänen
Top-Manager erwarten ein sich deutlich
ab­­küh­­­lendes Geschäftsklima, gehen aber
nicht von einem weltweit einheitlichen Ab­­
schwung aus. Dies ergibt eine internationale
Studie von Oliver Wyman, für die im zweiten
Quartal 2008 Führungskräfte von In­­dus­t­rie­­
un­ter­­neh­men nach ihrer Konjunkturerwar­
tung und ihren Vorkehrungen für den Fall
eines Ab­­schwungs befragt wurden. Ma­­nager
eu­­ro­pä­­i­scher Unternehmen sehen ins­gesamt
we­niger pessimistisch in die Zu­­kunft. Sie
pro­fitieren unter anderem vom robusten
Wachs­tum in Osteu­ropa, das ihnen eine Son­
­­der­kon­junk­tur verschafft.
Aufgrund der abflauenden US-Konjunktur, der
anhaltenden Finanzkrise sowie sehr volatiler
Energie- und Rohstoffpreise halten viele Ex­­
perten einen Abschwung für eine ernst zu
nehmende Gefahr. Oliver Wyman befragte
weltweit Vorstände und Geschäftsführer von
Industrieunternehmen aller Branchen, wie sie
die Situation beurteilen.
Geschäftsmodell entscheidet
Wachstum bleibt in den nächsten Jahren das
wichtigste Ziel. Das Geschäftsmodell ist hier­
für entscheidender als die Konjunktur. So be­­­­
wer­teten 47 Prozent der Befragten das eigene
Ge­­schäftsmodell als wichtigsten internen
Wachs­tumsfaktor. Die wesentlichen externen
Wachs­­­­tumstreiber sind Positionierung in
Wachs­­tumsregionen (53 Prozent) und die Kon­
junktur (37 Prozent).
Die meisten Manager erwarten eine deutliche
Verlangsamung des Wachstums, aber keine
welt­­weite Rezession. Zwei Drittel der be­­frag­
ten Führungskräfte halten die heraufziehen­
de Krise für eine vorübergehende Konjunk­
turschwäche. Pessimistisch zeigten sich vor
allem amerikanische Unternehmen, die stärker
Obwohl klar ist, dass es immer wieder schwe­
re Krisen gibt, existieren in rund zwei Drittel
aller Unternehmen keine Planungsabteilun­
gen, die Notfallpläne für die Bewältigung von
Konjunktureinbrüchen erarbeiten. Hier­­für
fehlen nach Aussagen der befragten Ma­­na­
ger vor allem die geeigneten Mitarbeiter, ein
latenter Handlungsdruck und entsprechen­de
Tools.
Wachstumstreiber 1
Erfolgsfaktoren bei der Krisenvorsorge
Wachstumsregionen
53%
Geschäftsmodell
47%
Konjunkturzyklus
thomas.kautzsch
@oliverwyman.com
+49 89 939 49 460
karim.arain
@oliverwyman.com
+49 89 939 49 732
US-zentriert und weniger international auf­
gestellt sind. Doch selbst in den USA befürch­
ten nur 25 Prozent der Befragten, dass ihr
Unternehmen stagnieren oder schrumpfen
wird. 42 Prozent gehen von einem Wachstum
um mehr als fünf Prozent aus. Eine negative
Auswirkung auf die wirtschaftliche Entwick­
lung wird für alle Branchen erwartet. Zu­­gleich
schätzen 61 Prozent das Risiko einer Rezes­
sion in den USA am höchsten ein.
M&A
Neue Produkte
1
37%
26%
23%
Anteil der als »sehr wichtig« und »wichtig« genannten Faktoren
Quelle: Oliver Wyman Senior Executive Survey, 2. Quartal 2008
1 Krisenresistentes Geschäftsmodell: diversifizierter
Geschäftsmix in Bezug auf Regionen, Abnehmerbranchen und Produkte, hoher Serviceanteil sowie
flexible Kostenstruktur.
2 Transparenz hinsichtlich der Auswirkung möglicher
Krisenszenarien auf Umsatz, Ergebnis, Cashflow
und Finanzierungsbedarf.
3 Contingency Plan: umsetzungsfähige Notfallpläne,
die bei Eintreten einer Krisensituation umgehend
ausgeführt werden können.
7
Märkte
Semiconductor
Eine Vision für europäische
Halbleiterunternehmen
Die großen europäischen Halbleiterfirmen Infineon, NXP und STMicroelectro­
nics stehen unter Druck. Sie verlieren Marktanteile und verdienen weniger Geld
als ihre asiatischen und amerikanischen Wettbewerber. Würden die drei
Unternehmen ihre starken Bereiche zusammenlegen, entstünden gleich meh­
rere Marktführer in den Kernmärkten der internationalen Hightechindustrie.
Die europäische Halbleiterindustrie ist durch
die drei großen Unternehmen Infineon, NXP
(vormals Philips Semiconductor) und STMicro­
electronics geprägt. Sie erwirtschaften zusam­
men fast 20 Milliarden Euro Umsatz. Als ein
Unternehmen stünden sie damit im inter­
nationalen Halbleitermarkt an zweiter Stelle,
gleich hinter Marktführer Intel aus den USA.
Der nächste Verfolger wäre mit deutlich­em
Ab­­stand der koreanische Gigant Samsung.
Das neue Unternehmen wäre dank der guten
Kundenbeziehungen zu europäisch­en High­
techunternehmen in den Bereichen Automobil­
elektronik, Kommunikation und Chip­­­­­karten
über­­legener Marktführer in wichtigen Wachs­
tums­märkten der Chipindustrie.
Niedrige Marktanteile und Profitabilität
Betrachtet man die drei Unternehmen ein­
zeln, stellt sich die Situation ganz anders dar.
Während sich STMicroelectronics mit einem
Marktanteil von vier Prozent noch recht gut
auf Platz fünf des Weltmarktes für Halbleiter
hält, drohen Infineon und NXP aus der Top
Ten herauszufallen.
Der Markt wird dominiert durch asiatische
und amerikanische Player. Sie stehen für 85
Prozent des Umsatzes unter den 20 größten
Unternehmen. Noch dramatischer ist der
Un­ter­schied bei der Profitabilität. Keines der
drei europäischen Unternehmen erreichte in
den letzten Jahren eine operative Marge von
über zehn Prozent. Infineon und NXP kämp­
Anbieter aus ­­USA und Asien dominieren den Markt
Umsatzanteile der 20 weltweit führenden Halbleiterfirmen im Jahr 2007
Asien 41%
STMicroelectronics 6%
Infineon 4%
NXP 3%
Andere Europa 2%
USA 44%
[email protected]
+49 89 939 49 440
8
Asiatische und amerikanische Halbleiterfirmen sind erfolgreicher
Operativer Gewinn1 in Prozent des Umsatzes
30%
20%
USA /Asien
10%
STM
Infineon
0%
NXP
-10%
-20%
-30%
2001
2002
2003
2004
2005
2006
Anbieter aus USA und Asien (Durchschnitt der Wettbewerber mit ähnlichem Geschäftsmodell)
Infineon (enthält Qimoda AG)
STM
NXP
»Die großen europäischen
Halbleiterfirmen werden
im Markt unter Wert
ge­schlagen. Ihr historisch
gewachsenes Know-how
und die guten Kunden­
beziehungen kommen
nicht voll zur Entfaltung. Ein Zusammenschluss starker Be­­reiche würde
allen Beteiligten helfen.«
fen sogar mit Verlusten. Im selben Zeitraum
waren vergleichbare amerikanische und asia­
tische Firmen in etwa doppelt so profitabel.
Fokussierung ist das Erfolgsrezept
Auf der Suche nach Gründen für diesen Unter­
schied fällt eine Tatsache auf: Die drei euro­
päischen Unternehmen sind deutlich breiter
aufgestellt als die Wettbewerber aus den USA
und aus Asien. Dies ergibt sich zum Teil aus
der Historie. Infineon und NXP entstanden
durch die Abspaltung von Siemens bezie­
hungsweise Philips und beliefern daher heute
noch verschiedene Sparten ihrer ehemaligen
Mutterkonzerne mit einer breiten Palette aus
unterschiedlichen Produkten. Die internatio­
nale Konkurrenz hat sich dagegen oft auf
Basis eines speziellen Produkts (wie Prozes­
soren bei Intel) oder aus einer speziellen
Anwendung heraus (zum Beispiel Kommuni­
kation bei Qualcomm) entwickelt. Qualcomm
konzentriert sich sogar ganz auf die Entwick­
lung und Vermarktung von Produkten und
lässt extern produzieren (»Fabless«-Geschäfts­
modell). Eine Studie von Oliver Wyman zeigt,
dass diese fokussierten Geschäftsmodelle
deutlich erfolgreicher sind. Die Unternehmen
wachsen schneller, erzielen höhere Gewinne
und generieren mehr Cash. Diese Erkenntnis
bietet eine Vision für die drei europäischen
Halbleiterhersteller.
Kombination der Geschäfte in starken
Einzelunternehmen
Würden die einzelnen Aktivitäten zusammen­
gelegt, ent­­­­stünden sehr starke Unternehmen,
insbesondere in den Bereichen Kommunika­
tion, Automobil, Sicherheitslösungen, Consu­
1 EBIT
ohne Sondereffekte
mer Elec­­­­­tronics und Multimarket Semicon­
ductors. In jedem dieser Märkte wären die
kombinier­ten Unternehmen mit einem Schlag
Marktführer. Dem oben beschriebenen Er­­
folgsmuster der Halbleiterindustrie folgend
wäre es dann ratsam, diese Unternehmen
sehr fokussiert aufzustellen und mit einem
hohen Maß an Autonomie auszustatten.
Einige Aktivitäten wie das Kommunikations­
geschäft könnten als »Fabless Companies«
so­­gar ganz ohne eigene Produktion auskom­
men. Im Gegenzug wäre es denkbar, einzelne
Produktionsstätten der drei Firmen zu­­sam­
menzulegen und als Auftragsfer­t­iger zu po­si­
tionieren. Damit entstünde eine »Euro­päische
Foundry« als lang ersehnte Alternative zum
taiwanesischen Marktführer TSMC.
So könnten europäische Halbleiterhersteller
ihr ganzes Potenzial nutzen. Mit der langjäh­
rigen Erfahrung in Kernmärkten und dem
starken Know-how wären die kombinierten
Un­­­terneh­men in ihren Zielmärkten eine große
Her­ausforde­rung für die Wettbewerber aus
USA und Asien. Häufig dürfte es den eu­ro­­pä­
ischen Kunden auch lieber sein, einen Liefe­
ranten vom eigenen Kontinent zu be­­auftragen.
Bei sicherheitsrelevanten An­­­­­­wen­­­­dungen wie
Chips für den elektronischen Reisepass wären
sogar politische Fragen betroffen.
Von der Vision bis zur Umsetzung liegt noch
ein weiter Weg vor den Unternehmen. Zu­­
nächst sind die Stakeholder von einem Zu­sam­­
menschluss zu überzeugen. Dann müs­­sen die
Geschäftsfelder segmentiert, das Geschäfts­
modell ausgewählt und die Transformation
der Organisation bewältigt werden.
9
Externe
Perspektive
Interview
Zhang Yue
Gründer und Präsident von BROAD Air Conditioning
»Wir halten uns vom
Low-Cost-Wettbewerb fern«
BROAD Air Conditioning avancierte innerhalb
weniger Jahre vom Start-up zum Weltmarktführer. Zhang Yue, Gründer und Präsident von
BROAD, sprach mit uns über die Philosophie,
Globalisierungsstrategien und Zu­­kunft seines
Unternehmens. Er er­­läutert Herausfor­derun­gen
der internationalen Ex­­pansion und leitet daraus
Empfehlungen für andere privatwirtschaftliche
Unternehmen in China ab.
Herr Zhang, Sie haben vor 20 Jahren
BROAD mit einem Kapital von nur 30.000 RMB
gegründet. Heute ist das Unternehmen ein
erfolgreicher Global Player. Worauf lässt sich
dieser Erfolg zurückführen?
BROAD hatte den Vorteil, von Beginn an eine
klare Ausrichtung zu haben. Ich war davon
über­zeugt, dass Energieeffizienz und Um­­welt­­
verträglichkeit im Zuge des anhaltenden Wirt­
schaftswachstums an Bedeutung gewinnen.
Insofern wussten wir, dass unsere Technolo­
gie für nichtelektrische, zentrale Klimaanla­
gen einen beträchtlichen Marktwert besitzt.
Zudem legen wir viel Wert auf tech­no­logische
Innovation, Forschung und Ent­wicklung, Fer­
tigungsprozesse, Supply Chain Management
und After Sales Service.
Im Vergleich zu vielen anderen chinesischen
Unternehmen aus dem privaten Sektor
zeich­nen Sie sich vor allem beim Umweltschutz
durch eine einzigartige Philosophie aus.
Die meisten Unternehmen wollen vor allem
eins: Größe. In meinen Augen ist Wachstum
10
aber nur dann sinnvoll, wenn es hilft, die Ge­­
sundheit der Menschen zu fördern und Ener­
gie zu sparen. Das Motto von BROAD lautet:
»We Preserve Life«, und mein Hauptanliegen
ist es, staub- und keimfreie Luft zu niedrigen
Kosten anzubieten. BROAD hat sich noch
weiteren Werten verschrieben. Wir respek­
tieren das Eigentumsrecht, verlangen keine
überhöhten Preise, hinterziehen keine Steu­
ern und bestechen nicht. Dies spiegelt sich
auch in Produkten, Kundendienst und Unter­
nehmensführung wider.
BROAD hat einen Anteil von über 60 Prozent
am Weltmarkt für nichtelektrische Klimaan­lagen sowie eine starke Vertriebspräsenz
in mehr als 60 Ländern und Regionen. Der
Umsatzanteil der Auslandsaktivitäten beträgt
40 Prozent. Welche Strategie haben Sie?
Die nachlassende Nachfrage in China veran­
lasste BROAD 1998 zur internationalen Aus­
weit­ung seiner Aktivitäten. In Europa und
Amerika sorgt das große Interesse an energie­
effizienten und umweltverträglichen Lö­sun­
gen für viel Potenzial. Zugleich profitieren die
Händler vom höheren Preisniveau in auslän­
dischen Märkten. In diesem Jahr kam der
weltweit größte Auftrag für BROAD aus Indien.
Nachdem wir dort ein Vertriebsnetz aufge­
baut hatten, bestellte ein Kunde mehr als
60 Klimageräte. Damit steigt der diesjährige
Umsatz auf sieben bis acht Millionen RMB.
Der Wert unserer Produkte basiert vor allem
auf hohen Technologie- und Qualitätsstan­
dards. Zudem haben wir Mitarbeiter für den
After Sales Service ins Ausland entsendet. Als
Umsatz: > 100 Mio. US-Dollar (2007)
Mitarbeiter: 2.000
Niederlassungen: > 60 Länder
Produktlinien: 10
Wachstumsrate: 30% (CAGR 1997-2007)
Marktanteil: 60%
Überseeanteil: 40%
Der Bauboom in China sorgte 1992 für eine große Nachfrage nach Klimaanlagen,
während es zu ­Engpässen bei der Stromversorgung kam. Das Problem löste
BROAD Air Conditioning mit der Einführung der Lithium-Bromid-Technik für
Kühl- und Heizungsanlagen und dem Einsatz dieser Technik ­­in der Produktion
nicht elektri­scher, direktbe­feuerter Großklimaanlagen. 2005 entwickelte
BROAD Klima­anlagen­endgeräte und Luftreinigungs­anlagen. Inzwischen sind
neue Geschäftsmodelle wie schlüsselfertige Projekte für zentrale Klimaanlagen,
Energiemanagementverträge und Öl-Recycling-Leistungen zu profitablen
Wachstumsbereichen geworden.
erstes und einziges Unternehmen unserer
Branche führten wir 1996 ein weltweites Pro­
duktüberwachungssystem ein. Dies ist eine
entscheidende Investition im Rahmen unse­
rer Globalisierungsstrategie.
Wo sehen Sie hinsichtlich Ihrer weltweiten
Aktivitäten die größten Engpässe?
Unser größtes Problem ist der Mangel an
hoch qualifizierten Mitarbeitern. Nehmen
wir zum Beispiel den internationalen Ver­
trieb. Norma­lerweise haben die Führungs­
kräfte um­­fang­reiche Vertriebskompetenz,
aber nur we­nig operative Erfahrung im inter­
nationalen Ge­­schäft. So kooperieren wir im
Ausland weiterhin mit Händlern. Eine Aus­
weitung des Auslandsgeschäfts ist schwierig,
wenn diese Händler im operativen Geschäft
nicht erfolgreich sind. Beim Aufbau von
Geschäftsbeziehungen mit Händlern spielt
daher auch Glück eine Rolle.
Ziehen Sie Joint Ventures oder Übernahmen
in Betracht?
Ein Mitarbeiterwachstum durch Joint Ven­
tures oder Übernahmen habe ich bereits in
Erwägung gezogen. Aufgrund unseres strik­
ten Wertesystems ist es für uns jedoch nicht
einfach, Unternehmen oder Einzelpersonen
zu finden, die unsere Vision und Unterneh­
menskultur teilen. Gerade in den Schwellen­
ländern ist dies besonders schwierig.
Derzeit denke ich auch über eine Umstruk­
turierung in verschiedene Geschäfts- und
Funktionsbereiche nach. Jeder Bereich sollte
unabhängig agieren, und die Führungskräfte
sollten Aktien halten. Damit können wir eine
Plattform schaffen, um Personal zu motivie­
ren und mehr qualifizierte Mitarbeiter in
China und weltweit zu rekrutieren.
Was sind die größten Herausforderungen für
chinesische Unternehmen? Welchen Rat geben
Sie ihnen hinsichtlich internationaler Expansion?
Die meisten Unternehmen dürften das Pro­
blem haben, dass sie nicht genügend qualifi­
zierte Mitarbeiter gewinnen oder ihr Personal
nicht hinreichend motivieren können. Bei der
Globalisierung sollten chinesische Unterneh­
men nicht nur über niedrige Preise konkur­
rieren, sondern stärker auf Forschung und
Ent­­wicklung setzen, um ihre Wettbewerbs­
position zu verbessern. Wir halten uns vom
Low-Cost-Wettbewerb fern. Sie wissen ja, dass
Klimaanlagen von BROAD rund 20 bis 40 Pro­
zent teurer sind als bei der Konkurrenz. Die
»grüne« Technologie ist jedoch unschätzbar
wert­voll. Der Energieverbrauch liegt um rund
70 Prozent unter dem konkurrierender Anlagen.
Chinesische Unternehmen brauchen ehrgeizi­
ge Wachstums- und Entwicklungsziele, auch
wenn Größe allein nicht der wichtigste Er­­folgs­
maßstab ist. Zudem empfehle ich eine fort­
gesetzte Integration der operativen Prozesse,
um für nahtlose Schnittstellen zwischen und
innerhalb von Systemen zu sorgen, sowie die
Umsetzung der nötigen Unternehmensstruk­
turen und Karriereprogramme, um erfahrene
Mitarbeiter und Teams mit internationaler
Markterfahrung zu gewinnen und zu binden.
Herr Zhang, vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Raymond Tsang, Partner bei Oliver Wyman in Shanghai.
11
Wachstums­ Value Pricing
strategie
Die unbegründete Angst
vor der Preiserhöhung
Die Umsatzrendite von Investitionsgüterherstellern liegt seit 1997 im Durch­
schnitt bei lediglich vier Prozent. Die meisten Unternehmen haben bisher
versucht, ihre unbefriedigende Gewinnsituation durch Kostensenkung zu
verbessern. Nur wenige wählten Ansätze zur Preisoptimierung. Nach einer
Studie von Oliver Wyman stellen jedoch Preiserhöhungen den wirkungs­
volleren Weg zur Verbesserung der Profitabilität dar – solange sie auf syste­
matischen, durch Marktforschung unterlegten Modellen beruhen.
Dass Hersteller zögern, ihre Preise zu erhö­
hen, ist verständlich. Die Preise für klassi­sche
Investitionsgüter wie Maschinen befinden
sich unter großem Druck. Dieser entsteht vor
allem durch die Branchenkonsolidierung,
Konkurrenz durch Niedrigpreisanbieter, zu­­
neh­­­­­­­mende Preistransparenz und schrum­­­­p­
fenden Märkte.
Investitionsgüterhersteller, die nicht auf stra­
tegisches Preismanagement setzen, vergeben
die Chance, ihre Profitabilität um bis zu 25
Prozent zu erhöhen. Um dieses Potenzial zu
realisieren, müssen sie jedoch die Wirtschaft­
lichkeit und Entscheidungsprozesse ihrer
Kunden genauer verstehen und innovative
Pricing-Methoden einsetzen.
Vom traditionellen zum Value Pricing
Der klassische Pricing-Ansatz der Investitions­
güterindustrie lautet Kosten plus Gewinn­
spanne gleich Verkaufspreis, der gegebe­
nenfalls an das Preisniveau der Konkurrenz
angeglichen wird. Die nächste Stufe ist das
»Competitive Pricing«. Diese Methode vergleicht
Angebote der Konkurrenz mit dem eigenen
Leistungsspektrum. Erkannte Marktlücken
werden systematisch mit kundenspezifischen
Angeboten gefüllt und entsprechend der Zah­
lungsbereitschaft der jeweiligen Kundengrup­
pe bepreist. Das Competitive Pricing eignet
sich vor allem für Märkte mit Standardpro­
dukten und großen Volumina, in denen Kun­
den zu direkten Kostenvergleichen neigen,
etwa bei Computern oder Werkzeugen.
Nutzung der Profithebel in der Investitionsgüterindustrie
Anteil der Nennungen
Kostensenkung
(fix oder variabel)
39%
Absatzsteigerung
thomas.kautzsch
@oliverwyman.com
+49 89 939 49 460
12
Preiserhöhung
Quelle: Oliver Wyman-Studie »Value Pricing«
36%
25%
Wesentlich weiter geht »Value Pricing«, das
sich vor allem für maßgeschneiderte Produk­
te und Leistungen eignet. Auch hier muss zu­­
nächst intensive Marktforschung betrieben
wer­den. Der Value Pricing-Ansatz löst sich
vom klassischen Listenpreis und zielt darauf,
neue Gewinnmodelle zu finden, beispiels­
weise Zahlung nach Produktionsleistung oder
Ma­­schinenverfügbarkeit, Lizenzabgaben für
neue Produktionsverfahren oder Ge­winnbe­
teiligung an den von Kunden er­­reichten Vor­­
teilen.
»Die Pricing-Strategie sollte auf detaillierten
Kundenanalysen basieren
und wirtschaftliche Vorteile für den Kunden
bepreisen, anstatt Margen
auf der Grundlage von
Kosten-plus-Profit zu
berechnen. Dann ist sie
ein sehr wirkungsvoller
Ansatz zur Verbesserung
der Profitabilität.«
Damit wertorientiertes Pricing funktioniert,
muss auch der Vertrieb intensiv eingebun­
den werden, vor allem durch Anpassung der
Incentivestrukturen an das neue PricingSystem. Da die Vertriebsprovisionen in der
Investitionsgüterindustrie jedoch bisher noch
oft vom Umsatz statt vom Ertrag abhängen,
können sich kreativere Pricing-Ansätze meist
nicht durchsetzen.
Mit Hilfe von Daten über die Preisempfind­
lichkeit ihrer Kunden können Unternehmen
verhindern, dass Preiserhöhungen zu Um­satz­­
verlusten führen. So stellte ein US-Maschi­
nenbauer fest, dass seine Kunden deutlich
weniger preissensibel waren als zunächst
angenommen. Ihm gelang es, den Preis seiner
Servicestunden in mehreren Schritten inner­
halb kurzer Zeit um 20 Prozent zu erhöhen,
ohne dabei Umsatzeinbußen hinnehmen zu
müssen.
Häufig bestimmen andere Kriterien als nur
der Preis die Kaufentscheidung eines Kun­
den. Dazu gehören Produktperformance, das
Markenimage und die Servicequalität. Dabei
können selbst leichte Umsatzeinbußen akzep­
tabel sein, so­­lange die Profitabilität eines
Unternehmens erhöht wird. Bei einem durch­
schnittlich profitablen Investitions­güter­her­
stel­­ler kann eine Preissteigerung um fünf Pro­
zent einen Ab­satz­­rückgang von zehn Prozent
nach sich ziehen, ohne dass dies die Profita­
bilität beein­­­­­trächtigt.
Zehn Schritte zum wertorientierten Pricing
Economics des Kunden verstehen: Was treibt die
Wirtschaftlichkeit des Kunden? Welche Rolle
spielt das eigene Produkt in der Wertgene­
rierung des Kunden? Was macht dem Kun­
den Probleme?
Erkenntnisse in der eigenen Organisation kommunizieren: Das gewonnene Kundenverständ­
nis muss im Verkauf, Marketing, Service und
in der Entwicklung verstanden sowie in täg­
liches Handeln umgesetzt werden.
Preisgestaltung stärker differenzieren: Nicht alle
Kunden sind gleich. Einige profitieren mehr
von den Produkten, andere weniger. Deshalb
werden die einen mehr und die anderen
weniger zahlen.
Wertorientierte Leistungsangebote schaffen: Das
Angebot an den Kunden soll seine Profitabili­
tät verbessern und die von ihm als Probleme
oder Ärgernisse wahrgenommenen Aspekte
aus der Welt schaffen.
Preiselastizitäten analysieren: Die genaue Ana­
lyse der Kaufentscheidungen und Preiselas­
tizitäten verschiedener Kundengruppen ist
die Grundlage für jede Preisfindung.
Alternative Gewinnmodelle schaffen: Der Verkauf
von Maschinen und Anlagen ist nicht die
einzige Art, Geld zu verdienen. Es gibt mehr
als 30 Gewinnmodelle, von denen sich viele
auch für Investitionsgüterhersteller eignen.
Wertargumentationen aufbauen: Der Vertrieb
muss beim Kunden mit dem Wert des Ange­
bots argumentieren.
Vertriebsincentives anpassen: Die Vertriebspro­
visionen müssen in Zukunft primär am Gewinn
ausgerichtet werden – und nicht wie bisher
ausschließlich am Umsatz.
Profitcontrolling einführen: Detaillierte Profi­
tabilitätsanalysen wie »Profit nach Kunde«
oder »Deckungsbeitrag nach Verkäufer« er­­
möglichen eine zeitnahe, profitorientierte
Absatzsteuerung.
Das Pricing auf die nächste Ebene heben: Die
gewonnenen Erkenntnisse müssen für die
weitere Produktentwicklung genutzt werden.
Effekte der verschiedenen Profithebel
Verbesserung des Hebels um jeweils 1 Prozent
25%
Preis
Variable Kosten
Volumen
Fixkosten
15%
11%
10%
Auswirkung auf das Ergebnis
Quelle: Oliver Wyman-Studie »Value Pricing«
13
Wachstums­ Schienenfahrzeuge
strategie
Dienstleistungsmarkt
im Umbruch
Das Geschäft mit Dienstleistungen bei Schienenfahrzeugen befindet sich in einem grund­
­legenden Wandel. Davon sind nicht nur
große »Bahnzulieferer«, sondern mittelfristig
auch viele klassische Maschinenbaubetrie­
be be­­troffen. Um künftig erfolgreich positioniert zu sein, müssen Unternehmen auf die
veränderten Anforderungen der etablierten
und neuen Betreiber sowie Investoren reagieren und ihre Geschäftsmodelle anpassen.
Weltmarkt für Dienstleistungen
im Schienenverkehr
Umsatz in Milliarden US-Dollar
CAGR
2006-2015
33
Gesamt
+1%
12
Outgesourct
+8%
21
Intern erbracht
-1%
30
Der Dienstleistungsmarkt für Schienenfahr­
zeuge (Loks und Waggons) ist weltweit rund
30 Milliarden US-Dollar groß. Hierzu zählen
beispielsweise Wartung, Er­satz­teile- und Flot­
tenmanagement sowie Ver­­mie­tung. Ein Groß­
teil dieser Leistungen wird noch immer von
den Eisenbahnbetreibern selbst erbracht. In
den bereits outgesourc­ten Bereichen sind die
Margen allerdings deutlich höher als im Erst­
ausrüstungsgeschäft und stellen damit ein
attraktives Geschäftsfeld dar.
Zulieferer unter wachsendem Druck
Neben Alstom, Bombardier, Siemens und Voss­
loh sind Tausende kleinerer Unternehmen
im Markt für Schienenfahrzeuge als direkte
und indirekte Zulieferer tätig. Während der
Dienstleistungsmarkt bis zum Jahr 2015 ins­
gesamt nur moderat wächst, verändern sich
die Anforderungen an die Zulieferer sehr
stark. Die Ursachen liegen einerseits in der
Deregulierung der Märkte und dem da­­mit ver­
bundenen Eintritt neuer Wettbewer­ber, vor
allem im Regionalbahn- und Schienengüter­
verkehr. Andererseits wird der Trend zum
Outsourcing weiter anhalten, etwa bei der
Komponentenaufarbeitung. Diese Verände­
rungen bieten zahlreiche Chancen für tradi­
tionelle Zulieferer. Doch gleichzeitig wird das
Geschäft mit Dienstleistungen immer attrak­
tiver für neue Wettbewerber wie Leasingge­
sellschaften und osteuropäische Lieferanten
von Ersatzteilen. So ist insbesondere beim
Outsoucing von größerem Volumen mit ei­ner
stärkeren Globalisierung zu rechnen.
joris.dinca
@oliverwyman.com
+41 44 208 7749
henning.thormaehlen
@oliverwyman.com
+49 89 939 49 423
14
Mit neuen Geschäftsmodellen durchsetzen
Etablierte Anbieter von Serviceleistungen müs­
­sen sich auf die heterogenen Anforderun­gen
ihrer Kunden und die neue Wettbewerbssitu­
ation einstellen. Traditionelle Ge­­schäftsmo­
delle wie »Teile- und Ersatzteilelieferant für
Drehgestelle« werden immer mehr von neuen
6
24
2006
2015
Business Designs verdrängt. Oliver Wyman
hat eine Reihe von Geschäftsmodellen identi­
fiziert, die sich künftig er­­folgreich durchsetzen
werden. Sie sind in drei Dimensionen einzig­
artig: im Kunden­­­fokus (etablierte versus neue
Betreiber, Fracht oder Pas­sagiere), im Leis­
tungsumfang (Kon­zen­tra­tion auf be­stimmte
Teile der »Dienstleistungswertschöpfungsket­
te«) und in der notwen­­di­gen Produktkompe­
tenz. In den nächsten Jahren entstehen zum
Beispiel War­tungs­spezialisten, die mit klarem
Fo­­kus auf Komponenten und Kundengruppen
eine Op­ti­mie­rung der Lebenszykluskosten
einer Kompo­nente anbieten. Darüber hinaus
wird es auch völlig neue Formen von Dienst­
leistern geben – beispielsweise Anbieter, die
dem Eisenbahn-Operator über PerformanceContracting-Modelle den Betrieb der gesam­
ten Flotte abnehmen und dabei Verfügbarkeit
sowie Total Cost of Ownership optimieren.
Wäh­­rend sich dieser Wandel be­­reits in einigen
Regionen vollzieht, verharren die meisten
etablierten Zulieferer noch in ihren klassi­
schen Dienstleistungsgeschäftsmodellen. Von
den Herausforderungen im Markt für Schie­
nenfahrzeuge werden sie jedoch nur profitie­
ren können, wenn sie ihre Geschäftsmodelle
anpassen.
Operations
Standortverlagerung
Allheilmittel
oder Fass ohne Boden?
Die Op­­timierung der Standortstruktur ist für
produzierende Unternehmen einer der wichtigsten Stellhebel zur Kostensenkung. So
werden viele Produktionsstätten in Niedriglohnländer verlegt. Durch falsch aus­ge­wähl­
te Produkte sowie Fehler bei der Um­­­­­set­zung
verwandeln sich die er­­hofften Einsparungen
jedoch mitunter in ungeplan­te Verluste.
Die Erschließung neuer Märkte, eine Opti­
mierung der Logistikkette, die Maximierung
der Kapazitätsauslastung und insbesondere
Einsparmöglichkeiten bei den Faktorkosten
sind wesentliche Treiber für die Optimierung
des Produktionsverbunds. Bezogen auf die
Ge­­samtkosten sind dabei Einsparungen von
bis zu 20 Prozent möglich. Mit Nokia, Osram
und Fleischmann gab es in jüngster Vergan­
genheit einige prominente Beispiele für solche
Verlagerungen. Allerdings hat das Unterneh­
men Steiff vor kurzem seinen Rückzug aus
der Pro­duktion in China angekündigt.
Gegenläufige Effekte berücksichtigen
Allzu oft wird die Entscheidung über eine
Standortverlagerung allein mit Einsparungen
aus den direkten Lohnkosten begründet. Dies
ist grundsätzlich richtig, wenn es um Produkte
mit geringem Automatisierungsgrad und ho­­
hem Lohnkostenanteil geht, denn sie bieten
das größte Einsparpotenzial bei den direkten
Lohnkosten. Oft aber fallen in diese Kategorie
auch »alte« Pro­dukte mit spezifi­schen Ferti­
gungsprozessen und geringen Stückzahlen.
Hohe Ausschussraten und Komplexitätskos­
ten am neu­en Standort ab­­sorbieren dann
schnell die Einsparungen beim direkten Lohn.
Ein weite­rer wichtiger Aspekt ist das Produkt­
portfolio am neuen Standort. Hier gilt: Auch
ein »Low-Cost«-Standort braucht eine klare
Ausrichtung auf ein bestimmtes Produkt- oder
Technologiesegment. Werden am neuen Stand­
ort zu viele – oft ungeliebte – Produkte ange­
siedelt, kann die Produktion dort nicht ef­fektiv
sein. Schließlich sollten auch zu­sätzliche
Managementkomplexität, etwa durch die
Entsendung und Rekrutierung qualifizierter
Mitarbeiter vor Ort, sowie Ab­­stimmungs­auf­
wand und Ressourcenbindung in der Zentrale
genau abgewogen werden.
Sorgfältige Planung, stringente Umsetzung
Bei einer Verlagerung von Produktionsstätten
müssen eine Reihe von Erfolgsfaktoren be­­
rücksichtigt werden. Dazu zählen eine klare
Strategie bei der Ausrichtung des neuen
Standorts sowie eine detaillierte Planung des
Verlagerungsprozes­ses unter Einbindung der
abgebenden Werke, Supportfunktionen und
Kunden. Hinzu kommen das Management
der Umsetzung durch ein dediziertes Trans­
ferteam sowie eine detaillierte Planung aller
Kostenfaktoren und notwendigen Investiti­
onen, verbunden mit einer genauen Beob­
achtung sämtlicher Effekte während der
Um­setzung, um frühzeitig Abweichungen zu
erkennen und zu vermeiden.
Typische EBITDA-Effekte bei Standortverlagerungen
In Prozent der Bruttoeinsparungen
Verlagerung
indirekter Funktionen,
Synergien
50%
30%
Besserer Zugang
zu Lieferanten in
Niedriglohnländern
20%
Längere
Transportwege
5%
Höherer Ausschuss
in Anlaufphase
75%
Geringere Löhne
am neuen Standort
20%
[email protected]
+49 89 939 49 440
Direkte Lohnkosten
Einsparungen
Gemeinkosten
Zusätzliche Kosten
Materialkosten
Logistikkosten
Qualitätskosten
Netto-EBITDAEffekt
15
Operations
LEAP
Die nächste Stufe der
Performancesteigerung
Der Managementfokus liegt angesichts einer rückläufigen Konjunktur
derzeit wieder stärker auf Kosten und Effizienz. Programme zur Perfor­
mancesteigerung brachten in der Vergangenheit oft nicht die gewünschten
Ergebnisse. Mit LEAP – einer Methode, die auf Leistungsexzellenz zielt –
werden kurzfristig messbare Kostensenkungserfolge erreicht und eine
nachhaltige Verhaltensänderung im Unternehmen möglich.
Um die Geschäftsprozesse zu verbessern, In der Regel ergeben sich bei der Umsetzung
Effizienz zu erhöhen und Kosten zu senken, zwei große Nachteile: Die Verbesserungen
wurden nach der Reengineering-Welle in den reichen oft nicht weit genug und ihre Reali­
90er-Jahren in vielen Unternehmen vor allem sierung dauert zu lang. Deshalb sind zusätz­
Ansätze wie Lean, Six Sigma und andere konti­ liche Kostensenkungsprogramme wie TOP
nuierliche Verbesserungsprogramme ge­nutzt. oder die Gemeinkostenwertanalyse notwen­
Mit diesen Methoden sollen eine langfristige dig. Diese erzielen zwar die angestreb­ten kurz­
Verhaltensänderung erreicht und Verschwen­ fristigen Ergebnisse, sind jedoch hinsichtlich
dung vermieden werden. Die wichtigsten Ziele Prozess und Motivation kontraproduktiv – und
sind eine Verbesserung der Prozessqualität wirken daher häufig nicht nachhaltig.
und die stärkere Identifizierung der Mitarbei­
ter mit den Prozessergebnissen.
LEAP gleicht die Schwächen traditioneller Ansätze aus
Wirkung auf
Verhalten
Hoch
Six Sigma
TPM
LEAP
Kontinuierliche Verbesserung
TOP-Ansatz
bernard.birchler
@oliverwyman.com
+33 1 45 02 300 0
thomas.kautzsch
@oliverwyman.com
+49 89 939 49 460
16
Gemeinkostensenkung
Niedrig
Investition in Maschinen
Langfristig
Kurzfristig
Zeit
Beispiele für die erfolgreiche Anwendung von LEAP
»LEAP zielt auf Leis­tungssprünge und
Verhaltensänderungen.
Ein LEAP-Programm wird für jedes Unternehmen maßgeschneidert, bringt schnell messbare
Er­gebnisse und stellt
gleich­zeitig Nachhaltigkeit sicher.«
Branche
Dauer
Zielsetzung
Aerospace
4 Wochen
Performancesteige16% zusätzliche rung zur Vermeidung freie Kapazität
von Investitionen
Optik
12 Wochen
Verringerung von Ausschuss
Durchschnittlich 50%
weniger Ausschuss
Gießerei, Schmiede
5 Wochen
Reduzierung des
Working Capital
Verringerung des Working
Capital um 20%,
zusätzliche Kostensenkung
um 8-15%
Automobilzulieferer
10 Wochen
Kostensenkung
Einsparung von 12% nach 1 Jahr,
15% nach 15 Monaten
Wie sieht ein Ansatz aus, der kurzfristig eine
deutliche Effizienzsteigerung und Kostensen­
kung bringt, gleichzeitig aber auch die Nach­
haltigkeit durch Verhaltensänderungen im
Unternehmen sicherstellt?
Effizienzsprünge und Nachhaltigkeit
Oliver Wyman hat aus der Toolbox von Lean
und Six Sigma den kurzfristig wirkenden An­­
satz LEAP entwickelt. Mit dieser Methode kön­
nen schnell deutliche Performancegewinne
und Kostensenkungen realisiert und gleich­
zeitig nachhaltige Verhaltensänderungen im
Unternehmen bewirkt werden.
In zahlreichen Branchen wie der Automobil­
industrie, Aerospace, Hightech, Maschinen­
bau, Komponenten, Stahl, Papier und Optik
wurden LEAP-Programme bereits erfolgreich
implementiert. Die kurzfristig möglichen Kos­
tensenkungen oder Performancesteigerun­
gen betragen schon nach einem Jahr 10 bis
15 Prozent. Die nachhaltige Prozessverbes­
serung ist dabei vergleichbar mit Lean- und
Six Sigma-Projekten.
Ergebnis
Alle Elemente des Produktionssystems wer­
den einbezogen, um die definierten Ziele zu
erreichen. Dabei konzentriert sich das Pro­
gramm vor allem auf die großen Hebel mit
schneller Wirkung, die in einer kurzfristigen
Diagnose identifiziert werden.
Bei der Umsetzung des Programms haben
alle Beteiligten ihren Beitrag zum Erfolg zu
leisten. In einigen wenigen Fällen müssen
Manager ersetzt werden, etwa wenn sie das
Programm blockieren oder trotz Coaching
nicht in der Lage sind, Maßnahmen umzu­
setzen. Die Mitarbeiter erlernen die neuen
Prozesse und Tools durch die konkrete An­­
wendung, ergänzt durch formelle Trainings.
Unterstützt wird das Programm von pragma­
tischen, umsetzungsorientierten Bera­tern, die
jahrelange Erfahrung mit der Toolbox haben.
Umsetzung in vier Schritten
Die Implementierung eines LEAP-Programms
vollzieht sich in vier aufeinander abgestimm­
ten Schritten:
− Definition und Quantifizierung der Ziele
Kernelemente von LEAP
− Diagnose und Festlegung der Hebel: Die PerforDas Management definiert zu Beginn die
mance je Funktion wird innerhalb weniger
quan­­titativen Ziele. An diesen Vorgaben orien­
Wochen mit Benchmarks und Best Practi­
tieren sich Fokus und Schwerpunk­te des
ces verglichen. So lassen sich die größten
LEAP-Programms. Alle genutzten Methoden
Hebel für die Effizienzsteigerung iden­­­­­­­­tifiund Tools sind nur Hilfsmittel, um diese
zieren.
Ziele zu erreichen. Bei den beteiligten Mitar­
beitern werden die Ziele in der persönlichen − Umsetzung in einem Pilotprojekt: Dazu gehöZielvereinbarung verankert, die Zielerrei­ ren vor allem die Implementierung der
chung incentiviert sowie monatlich auf ShopMaßnahmen sowie sukzessive Verhaltens­
floor- und Managementebene geprüft. Hierbei
änderungen bei den Mitarbeitern durch
werden sowohl operative als auch finan­zielle
die Einführung neuer Prozesse und Steue­­rungs­systeme.
KPIs berücksichtigt.
− Rollout
17
Operations
Unternehmensfinanzierung
Die heilsame Wirkung
von Schulden
Die Diskussion über zu hohe Unternehmensverschuldung und Beteiligungs­
kapitalgeber wird meist stark verkürzt geführt. Einige entscheidende
Vor­teile der Verschuldung, des sogenannten Leverage, werden häufig
übersehen. Oliver Wyman hat in einer aktuellen Studie untersucht, wie sich
die Verschuldung in Krisensituationen auswirkt und ob der »Schuldenberg«
tatsächlich für den Zusammenbruch vieler Firmen verantwortlich ist.
Oliver Wyman hat den Krisenverlauf von 60
Industrieunternehmen in Deutschland analy­
siert, die in den vergangenen zehn Jahren in fi­­­
nanzielle Schwierigkeiten geraten sind. Da­­bei
zeigte sich, dass die weitverbreitete Auffas­
sung über den Zusammenhang von Verschul­
dung und Unternehmenskrise falsch ist. Denn
die Höhe des Verschuldungsgrads zum Zeit­
punkt des Kriseneintritts wirkt signifikant
positiv auf eine Gesundung der betroffenen
Unternehmen. Angesichts der zurzeit außer­
gewöhnlich schwierigen Konjunkturlage soll­
te berücksichtigt werden, dass die hier vorge­
stellten Ergebnisse auf der durchschnittlichen
wirtschaftlichen Entwicklung der letzten zehn
Jahre basieren.
Die Untersuchung ergab, dass gerade diejeni­
gen 34 Unternehmen, die sich aus der akuten
Krise erholen konnten, zu Beginn einen deut­
lich höheren durchschnittlichen Leverage auf­
wiesen. In dieser Gruppe machte der Anteil der
Finanzschulden am Gesamtkapital 31 Prozent
aus. Die anderen 26 Unternehmen, die ihre
Krise in den Folgejahren nicht überwinden
konnten, waren anfangs deutlich konservati­
ver finanziert. Ihr mittlerer Verschuldungs­
grad lag bei lediglich 18 Prozent. Statistisch
betrachtet erweist sich dieser Unterschied als
hochsignifikant, und er stützt die zunächst
provokante These, dass Schulden eine »heil­
same« Wirkung haben. Was sind die Gründe
für diesen überraschen­den Befund?
Schulden wirken disziplinierend
Eine Verschuldung wirkt geradezu katalysie­
rend auf die Krisenvorsorge und die Verän­
derungsbereitschaft von Unternehmen bei
Be­­ginn einer Krise. Der finanzielle Schul­den­
dienst sowie das damit einhergehende ver­­­­­
stärkte Monitoring von Kreditgebern und
Aufsichtsräten schaffen frühzeitig einen »heil­
samen« Handlungsdruck für das Manage­
ment und führen zu einer weitaus höheren
Reaktionsgeschwindigkeit in be­­droh­­­lichen
Situationen. Dieser Effekt wird noch verstärkt,
wenn das Unternehmen durch effektive Pla­
nungs- und Steuerungssysteme vorgesorgt
hat und über eine größere Transparenz ver­
fügt. So wird meist frühzeitig eine Restruk­
Durchschnittlicher Verschuldungsgrad von Unternehmen in der Krise
Finanzschulden/Gesamtkapital in Prozent1
Firmen gelang der
Turnaround (n=34)
tobias.eichner
@oliverwyman.com
+49 89 939 49 774
18
Firmen gelang kein
Turnaround (n=26)
1
Basis: Kriseneintrittsjahr
31%
18%
Quelle: Oliver Wyman-Analyse von 60 deutschen Industrieunternehmen in der Krise
turierung eingeleitet, unproduktive Aktiva
werden verkauft, und die Basis für eine Neu­
ausrichtung auf profitables Wachstum wird
frühzeitig ge­schaf­fen.
Geschehen ist dies beispielsweise bei der mit­
telständischen Euromicron AG. Das Techno­
logieunternehmen aus Frankfurt geriet im
Jahr 2000 in die roten Zahlen – bei einem be­­
trächtlich hohen Finanzschuldenstand von
über 40 Prozent. Noch im laufenden Ge­­schäfts­
jahr wurde mit einer umfangreichen Neuaus­
richtung reagiert. Portfoliobereinigungen, ein
Restrukturierungsprogramm und Verände­
rungen im Top-Management schafften den
erforderlichen Freiraum, um nicht nur die Pro­
fitabilität wiederherzustellen, sondern auch
durch gezielte Zukäufe trotz eines schwie­­
rigen In­­dustrieumfelds wieder auf einen
Wachs­­tumspfad zurückzukehren.
»Auch Industrieunter­
nehmen sollten verstärkt
Instrumente wie Verschuldung und kapitaleffiziente Steuerung für sich nutzen. Private-Equity-Gesellschaften machen es seit
Jahren vor. So können Unternehmen nicht nur
die Krisen­resistenz fördern, sondern auch
ihren Wert nach­haltig
erhöhen.«
Ist dieser Handlungsdruck durch Schulden
nicht vorhanden, wird erst über mehrere Jah­
re das vorhandene Eigenkapital aufgezehrt,
bis es schließlich zu einer verspäteten und
damit viel einschneidenderen Restrukturie­
rung kommt – oder es dafür bereits zu spät
ist. Dabei gilt generell: Selbst wenn die höchs­
te Eskalation der Krise – der Konkurs – droht,
ist ein hoher Leverage grundsätzlich kein
Nachteil. In Anbetracht eines hohen Ver­
schuldungsgrads wird der mögliche Insol­
venztatbestand bereits diskutiert, wenn der
Fortführungswert eines Krisenunternehmens
den Liquidationswert noch deutlich über­
steigt. Dann lässt sich wie Ende 2006 beim
hoch verschuldeten Automobilzulieferer Kie­
kert – zum kritischen Zeitpunkt in Besitz
einer Private-Equity-Gesellschaft – viel eher
eine außergerichtliche Einigung mit den
Gläubigern erzielen, das Unternehmen wird
saniert, fortgeführt und ein überwiegender
Teil der gefährdeten Arbeitsplätze bleibt
erhalten. Gerät dagegen ein vormals stark
eigenfinanziertes Unternehmen in der Krise
an die Schwelle der Insolvenz, kommt oft
jede Hilfe zu spät. Eine Fortführung ist nicht
mehr wirtschaftlich, und dem Insolvenzver­
walter bleibt meist nur die Vollstreckung
durch eine Liquidation der letzten werthal­
tigen Unternehmensteile.
Private Equity setzt auf Wertsteigerung
Die häufig für ihre schuldenintensiven Über­
nahmefinanzierungen kritisierte Private-Equi­
ty-Branche hat Verschuldung schon immer
als Instrument zur Wertsteigerung eingesetzt.
Neben dem unmittelbaren Leverage-Effekt,
das heißt der Hebelwirkung der Verschuldung
auf die Rendite des eingesetzten Eigenkapitals,
reduziert eine angemessen hohe Fremdmittel­
quote auch die typischen Interessenkonflikte
zwischen Kapitalgebern und dem Manage­
ment. Sind die Freiheitsgrade zu groß, neigt
das Management oft zu einer nichtwirtschaft­
lichen internen Verwendung des freien Cash­
flows, statt ihn an die Eigentümer auszuschüt­
ten, die ihn außerhalb des Unternehmens
weit­­aus effektiver anlegen könnten. Ein hö­­
herer Schuldendienst verringert diese Ermes­
sensspielräume.
In erfolgreichen Private-Equity-geführten Un­­
ternehmen entsteht bereits nach kurzer Zeit
eine stringente, »Cashflow-orientierte« Kultur,
die Kapitaleffizienz fordert und von ausge­­­­feil­
ten Planungs- und Steuerungstools unterstützt
wird. Durch präzises Messen und Steuern ka­pi­­­
talbindungsrelevanter operativer Kenn­­­zah­len
können die Gesellschafter anstehende Verän­
derungen sowie strategische Entscheidungen
rasch einschätzen und intensiv verfolgen.
Verschuldung als Instrument nutzen
Insgesamt stellt ein dem jeweiligen Geschäfts­
modell angemessen hoher Verschuldungs­
grad ein geeignetes Instrument zur Wertstei­
gerung dar. Es ist jedoch kein proprietäres
Werkzeug allein von Beteiligungsgesellschaf­
ten. Nahezu jedes große Industrieunterneh­
men, ob börsennotiert oder eigentümergeführt,
kann und sollte deren Tools übernehmen, von
ihnen profitieren, daraus Wettbewerbsvor­
teile generieren und letztlich auch die eigene
Krisenresistenz fördern.
In vielen Unternehmen fehlt heute noch das
nötige Instrumentarium, um beispielsweise
kapitalverzehrende Redundanzen im Wor­
king Capital ausfindig zu machen oder den
»Wasserstand« der Cash-Bestände präzise und
zeitnah zu verfolgen. Bessere Steuerungsins­
trumente, ein effizientes Management von Be­­
ständen und Forderungen sowie eine durch­
gängig Cashflow-orientierte Kultur anstelle
der heute oft noch dominierenden Ausrich­
tung an Umsatz- und Buchgewinnzielen sind
nur einige Beispiele für effektive Stellhebel.
Auch wenn dies in vielen Fällen bedeutet, kul­
turelles Neuland zu betreten: Der Handlungs­
bedarf ist unbestritten, die Potenziale sind
vielversprechend und die nötigen Aufwendun­
gen für eine Umsetzung bleiben überschaubar.
Die Methodik der Studie
Die empirische Untersuchung umfasst eine Stichprobe
von 60 repräsentativen Industrieunternehmen in
Deutschland, die in den vergangenen zehn Jahren in
eine latente Finanzkrise geraten sind. Eine detaillierte
Recherche über die jeweils nachfolgende Entwicklung
gab Aufschluss darüber, ob die Krise überwunden werden konnte oder nicht. Neben dem Verschuldungsgrad zu Krisenbeginn wurden weitere Faktoren wie
Krisen­intensität, Unternehmensgröße, MarktwertBuchwert-Verhältnis und Fristigkeitsstruktur des Fremdkapitals untersucht. Die Auswertung der Einflussfaktoren auf den Krisenausgang erfolgte mit univariaten statistischen Analysen (T-Test, Mann-Whitney­­Test) und einer multivariaten Betrachtung (kategoriale
Regression). In allen Analysen konnte der positive Einfluss des Ver­schuldungsgrads zum Zeitpunkt des
Kriseneintritts auf den Ausgang der Krise mit einem
statistischen Signifikanzniveau von einem Prozent nachgewiesen werden.
19
Operations
Financial Benchmarking
Performancelücken
systematisch schließen
Eine Unternehmensführung, die auf nachhaltige Wertsteigerung ausgerichtet
ist, braucht einen systematischen und faktenbasierten Zielsetzungsprozess.
Dabei wird jedoch oft die notwendige Outside-In-Perspektive vernachlässigt.
Erfolgreiche Unternehmen berücksichtigen explizit die Renditeerwartung
der Anteilseigner und richten darüber hinaus ihre Ziele konsequent an der
Performance ihrer wichtigsten Wettbewerber und der gesamten Branche aus.
Im Target Setting werden in vielen Unterneh­
men entweder von Beginn an überzogene Ziele
gewählt, sogenannte Stretched Targets, oder
Ziele, die wenig ­­ambitioniert sind und nur den
Status quo widerspiegeln. Ein Financial Bench­
marking stellt dagegen sicher, dass fordernde,
aber nicht unmögliche Ziele definiert werden.
Die zu­­grunde liegende Idee ist ein Vergleich
der wichtigsten finanziellen Kennzahlen eines
Unternehmens mit denen seiner Peergroup.
Vorgehen im Financial Benchmarking
Die finanziellen Kennzahlen lassen sich den
Kategorien Profitabilität, Wachstum und Kapi­
taleffizienz zuordnen. Jeder dieser Werthebel
kann in zahlreiche Werttreiber zerlegt wer­
den, die vom Management beeinflussbar sind.
Jede positive Veränderung eines Werttreibers
trägt zu einer Werterhöhung des Gesamtun­
ternehmens bei. Ein Beispiel ist die Erhöhung
der Kapitaleffizienz. Sie kann beispielsweise
durch eine Beschleunigung der Um­schlags­
häufigkeit der Vorräte, eine Verminde­­­­­­­rung
der Zahlungsziele und Außenstände der Lie­
feranten sowie eine Optimierung des eigenen
Zahlungsverhaltens erreicht werden.
Neben finanziellen Informationen werden
auch operative Benchmarks der jeweiligen
In­­dustrie berücksichtigt. Ein umfassendes
Branchen-Know-how ist beim Financial Bench­
marking unentbehrlich, da sich Performance­
lücken häufig durch unterschiedliche Ge­­
schäftsmodelle erklären lassen.
EBIT-Rentabilität, Kapitaleffizienz und Umsatzwachstum
Beispiel AG im Vergleich zum Wettbewerb
Beispiel AG
peter.ruhwedel
@oliverwyman.com
+49 211 311 32 0
2003
2004
2005
2006
2007
2003
2004
2005
2006
2007
EBIT-Rentabilität
5,2%
5,7%
5,6%
5,9%
6,3%
7,4%
7,9%
5,0%
8,5%
8,7%
Kapitaleffizienz
2,7
2,3
2,2
2,3
2,4
1,5
1,7
1,7
1,9
1,6
1,2%
5,1%
4,9%
-1,5%
Umsatzwachstum
Quelle: Thomson Financial
20
Durchschnitt der Vergleichsgruppe
-19,7%
10,4%
4,9%
17,2%
Entwicklung der Kapitaleffizienz und relevanter Treiber
Beispiel AG im Vergleich zum Wettbewerb
Beispiel AG
Durchschnitt der Vergleichsgruppe
2003
2004
2005
2006
2007
2003
2004
2005
2006
2007
Kapitaleffizienz
2,7
2,3
2,2
2,3
2,4
1,5
1,7
1,7
1,9
1,6
Umschlagshäufigkeit
des Umlaufvermögens
4,8
5,0
4,4
4,6
4,4
8,9
9,4
10,0
11,8
11,7
42,1
41,4
50,8
50,2
70,2
69,4
65,2
54,0
52,1
58,3
Reichweite der Forderungen (in Tagen)
Quelle: Thomson Financial
»Im Financial Benchmarking werden finanzielle
und operative Kennzahlen
mit dem Wettbewerb verglichen. Umfassende
Industrieexpertise und Kenntnisse des
Geschäftsmodells sind die Voraussetzung für die Entwicklung von realistischen Zielen und
geeigneten Maßnahmen.«
Projektbeispiel aus dem Technologiebereich
Nach der Auswahl der Vergleichsgruppe wur­­
den die relevanten Werttreiber des Unterneh­
mens mit denen der Peergroup verglichen.
In dem hier gewählten Projektbeispiel ent­
wickelte sich das Umsatzwachstum eines
Unternehmens zwar überdurchschnittlich, im
Vergleich zu seiner Peergroup gab es jedoch
bei der Profitabilität deutliche Performance­
defizite. Dies lässt den Schluss zu, dass der
eingeschlagene Wachstumspfad zulasten der
finanziellen Leistungsfähigkeit und damit
der Wertsteigerung ging.
Während die Kapitaleffizienz deutlich über
Peergroup-Niveau lag, ergab eine genauere
Analyse Defizite beim Management des
Umlaufvermögens. Die Dauer des Zahlungs­
eingangs bei den Forderungen (Days Sales
Outstanding in Tagen) hatte sich deutlich
verschlechtert. Das eigentliche Problem war
jedoch die Um­schlagshäu­figkeit der Vorräte,
die deutlich hinter den Werten der Vergleichs­
gruppe lag. Gelingt es dem Unternehmen,
eine Verbesserung der Umschlagshäufigkeit
auf das Niveau der Peergroup zu erreichen,
würde sich der Kapitalbedarf um mehr als
400 Millionen Euro verringern.
Systematisches Target Setting
Ein Financial Benchmarking wird für das
Gesamtunternehmen und seine einzelnen
Segmente durchgeführt. Durch ein externes
und auch internes Benchmarking können für
alle wesentlichen Bereiche Verbesserungs­
möglichkeiten identifiziert und im TargetSetting-Prozess berücksichtigt werden. Die
Optimierung der operativen Werthebel auf
Peergroup-Niveau und eine Orientierung an
Best Practices bestimmen die mittelfristige
Performanceerwartung. Auf dieser Basis
müssen ge­­meinsam mit dem Management
wesentliche Verbesserungsmaßnahmen de­­­­fi­­
niert und ein konsequentes Umsetzungs­
controlling gewährleistet werden.
Zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren im hier
beschriebenen Projektbeispiel gehörten neben
einer Anwendung der zahlreichen Instrumen­
te zur Steigerung der Working Capital Perfor­
mance vor allem die Fähigkeit des Unterneh­
mens, eine Plattform für kontinuierliche
und nachhaltige Verbesserungen zu schaffen.
Neben einer durchgängigen Transparenz
durch einheitliche Performanceindikatoren
(KPIs) entstanden insbesondere klare Ver­
antwortlichkeiten für das Management der
rele­vanten Hebel. Dies führte einerseits zur
Integration der wichtig­sten Performance­
indikatoren in die Planung und das Berichts­
wesen sowie andererseits zu einer Incenti­
vierung des Managements auf der Basis der
erreichten Verbesserungen.
Durch die Identifizierung von Bereichen mit
Verbesserungspotenzial und die Vorgabe des
erwarteten Performanceniveaus gelingt die
nachhaltige Wertsteigerung des Unterneh­
mens. Oliver Wyman unterstützt seine Kunden
sowohl bei der Feststellung als auch bei der Re­­
alisierung dieser Wert­steigerungs­­­­­potenziale.
Erfolgsfaktoren für das Financial
Benchmarking
1 Benchmarks dürfen nicht als Dogma missverstanden
werden. Sie unterstützen die Identifizierung von
Verbesserungsmöglichkeiten.
2 Durch einen angemessenen Ausgleich von TopDown-Perspektive und einer Bottom-Up-Validierung
werden alle Beteiligten in den Benchmarkingprozess
eingebunden.
3 Unterschiede im Geschäftsmodell sowie im Lebenszyklus von Produkten und Märkten müssen be­­rücksichtigt werden, um Performancelücken zu
erklären und Maßnahmen abzuleiten.
4 Das Financial Benchmarking basiert auf tief greifenden Kenntnissen der Datenbasis und auch der
Unterschiede, die sich aus der Rechnungslegung
ergeben. Dies erhöht die Transparenz und fördert
die Akzeptanz der Ergebnisse.
5 Eine regelmäßige Wiederholung des Financial Bench­marking stellt sicher, dass Verbesserungen
langfristig abgesichert werden können.
21
Operations
Produktkostenbenchmarking
Neue Wege der Kostensenkung im Maschinenbau
Durch langsameres Wachstum rückt Kosten­
senkung immer stärker in den Vordergrund.
Dabei müssen über die etablierten Ansätze
hinaus auch neue Wege erschlossen werden.
Einige Maschinenbauer nutzen erfolgreich
Me­t­hoden aus anderen kostenintensiven Bran­
chen. Sie setzen auf Produktkostenbenchmarking, mit dem im Serien- wie im Sondermaschinenbau Einsparpotenziale von 30 Prozent
und mehr identifiziert werden können.
Der weltweite Maschinenbau ist mit einem
Materialkostenanteil von fast 50 Prozent der
Gesamtkosten stark von der weltweiten Ver­
teuerung der Rohstoffe, der Energiekosten so­­
wie vom rückläufigen Wachstum betroffen.
Da eine weitere Welle von Kostensenkungen
mit klassischen Methoden wie der Wertana­
lyse oft nicht mehr ausreicht, um die erfor­
derlichen Einsparungen zu realisieren, suchen
Maschinenbauer neue Wege.
Fündig können sie in Branchen wie der Auto­
mobilindustrie werden, die schon lange inten­
sivem Kostendruck ausgesetzt ist. Die dort
genutzten Methoden sind nicht nur für die
Massenfertigung bei geringer Produktvarianz
geeignet. Inzwischen zeigen führende Ma­schi­
nenbauer mit kleinen Stückzahlen und hoher
Produktvielfalt, dass diese Methoden auch in
ihrer Branche sinnvoll sind. Besonders erfolg­
reich ist das Produktkostenbenchmarking.
henning.thormaehlen
@oliverwyman.com
+49 89 939 49 423
tobias.sitte
@oliverwyman.com
+49 89 939 49 541
22
Vier Schritte zum Erfolg
Die Methodik besteht aus den vier Phasen
Definition, Benchmark, Potenziale und Vali­
dierung. In der Definitionsphase werden die
relevan­ten Baugruppen priorisiert, die zu ver­
gleichen­den Wettbewerbsprodukte be­schafft
und die da­­rüber hinaus notwendigen Analy­
sen (zum Beispiel von Kosten und Volumen­
gerüsten) definiert. In der Benchmarkphase
gilt es, die Produkte zu demontieren und zu
»katalogisieren«. Crossfunktionale Teams ver­
gleichen in Potenzialworkshops die Produkte
auf der Basis von Kundenbedarfs- und tech­
nischen sowie wirtschaftlichen Analysen,
leiten Best-Practice-Lösungen beziehungs­
weise Optimierungsideen ab und berechnen
Zielkosten. Neben allen relevanten internen
Funk­tio­nen sollten hierbei auch Lieferanten
ein­ge­bun­den werden. Im Zuge der Validie­
rung werden schließlich die Ideen im Detail
bewertet, die Implementierung geplant sowie
ein Maßnahmencontrolling etabliert.
Einsparungen im bereits laufenden
Produktprogramm
Durch den Einsatz des Produktkostenbench­
markings im Maschinen­bau – zum Beispiel bei
Verpackungsmaschinen, Landmaschinen und
bei Aggregatefertigern – lassen sich ähnliche
Einsparungen wie in der Automobilindustrie
erzielen. Typischer­weise können für die be­­
trachteten Baugruppen Einsparpotenziale
von 20 bis 30 Prozent identifiziert werden.
Bei konsequenter Umsetzung der validierten
Ideen ist ein Viertel bis ein Drittel der Poten­
ziale bereits im laufenden Produktprogramm
umsetzbar, so dass sich insgesamt Einspa­
rungen von fünf bis zehn Prozent er­geben.
Zusätzliche Ideen sollten darüber hinaus
auch bei der Entwicklung von Nachfolgepro­
dukten berücksichtigt werden, deren Markt­
potenzial da­durch deutlich steigt.
Erfolgsfaktoren für Produktkosten­
benchmarking
1 Fokussierung: Priorisieren Sie die Baugruppen in mehre­
ren »Wellen«, um die Organisation nicht zu überlasten.
2 Unkonventionelles Denken: Lassen Sie alle Ideen zu, auch wenn sie sich zunächst widersprechen oder
die Umsetzungschancen als zu gering erscheinen.
3 Workshopmoderation: Gute Ergebnisse werden maß­­­geblich durch eine erfahrene Moderation der
Ideenworkshops beeinflusst.
4 Querschnittlicher Teamansatz: Beziehen Sie alle
rele­van­ten Funktionen ebenso wie Lieferanten ein,
um optimale Ergebnisse zu erzielen.
5 Nachhaltigkeit sichern: Häufig gehen gute Ideen in der Umsetzung unter. Beugen Sie dem durch ein
stringentes Monitoring vor.
Aktuelle Veröffentlichungen
Truck Customer 2008
Die Nutzfahrzeugindustrie entwickelt sich
immer mehr zu einer reifen Industrie, in der spezifisches Kundenverständnis zunehmend wichtiger wird. Die Studie »Truck Customer 2008« basiert auf der Befragung
von rund 1.000 LKW-Kunden in Deutschland,
Frankreich und China. Sie bietet ein umfassen­
des Bild über die derzeitigen und künftigen
Bedürfnisse von Kunden und leitet daraus
strategische Handlungsempfehlungen für
Hersteller ab.
Dr. Romed Kelp, +49 89 939 49 485
[email protected]
Global Construction and
Agricultural Equipment
Nach einer jahrelangen Wachstumsphase stehen die Märkte für Bau- und Land­­ma­
schinen heute weltweit vor einer Reihe von Herausforderungen. Die aktuelle Studie
»Global Construction and Agricultural Equipment« gibt einen differenzierten Ausblick auf die Marktentwicklung, technologische
Trends und Kundenanforderungen in etablierten Märkten sowie neuen Wachstumsregionen. Darüber hinaus werden in der Studie erfolgreiche Geschäftsmodelle und deren Werttreiber identifiziert.
Tobias Eichner, +49 89 939 49 774
[email protected]
Working Capital Management
Der industrielle Sektor in Europa verzeichnete
in den letzten Jahren eine sehr positive Ent­­wicklung von Umsatz und Profitabilität. Eine Studie von Oliver Wyman zeigt jedoch,
dass die Working Capital Performance noch
ausbaufähig ist. Sie verharrte auf einem
Niveau, das teils deutlich hinter dem vergleichbarer US-Unternehmen zurückbleibt. Auch
innerhalb der jeweiligen Subsektoren gibt es
erhebliche Performanceunterschiede und
Optimierungspotenzial.
Wolfgang Weger, +49 89 939 49 430
[email protected]
Leading Through a Crisis
Unternehmen stehen vor einem schwierigen
Jahresabschluss und einem ungewissen Start in das Jahr 2009. Weltweit wird nach
Wegen gesucht, um Firmen vor der Krise zu be­­wahren. Wenn es eine Lösung gibt, dann
gehören dazu Fokussierung auf das Wesentliche, Führungsqualität und die Erkenntnis,
dass bei allen Veränderungen letztlich der
Änderungs­prozess über den Erfolg ent­
scheidet. In der Oliver Wyman-Studie wird
anschaulich beschrieben, wie Manager ihr
Unternehmen sicher durch die Krise führen.
Michael Topolnytsky, +49 89 939 49 210
[email protected]
Erfolgsfaktoren
im Halbleitermarkt
Die Schere zwischen Erfolg und Misserfolg
geht im Halbleitermarkt immer weiter aus­einander. Eine Studie von Oliver Wyman
zur Profitabilität der größten Halbleiter­
unternehmen ergibt, dass die Fokussierung
auf einzelne Marktsegmente der Schlüssel
zum Erfolg ist. Diversifizierte Unternehmen
geraten unter Druck und müssen ihre ge­­
samte Wertschöpfungskette neu ausrichten.
Dr. Lutz Jäde, +49 89 939 49 440
[email protected]
Erfolgreich durch
die nächste Rezession
Sind Airlines auf die nächste Rezession vor­
bereitet? Die meisten nicht, denn traditionelle
Hebel wie die Aufnahme von Fremd­kapital
und Lohnkürzungen werden diesmal nicht
zur Verfügung stehen. Erfolg versprechender
ist eine Erweiterung des Maßnahmenspek­
trums um Konsoli­dierung, strategische Ausgliederungen, Produktivitätssteigerung sowie
eine klarere Positionierung. Fluggesellschaften,
die sich frühzeitig auf das Unvermeidbare
einstellen, können ihre Wett­­­bewerbsposition
rechtzeitig stärken und auch im Abschwung
erfolgreich sein.
Andrew Watterson, +1 214 758 1874
[email protected]
23
Oliver Wyman ist eine führende Managementberatung mit weltweit 3.300 Mitarbeitern in mehr als 40 Büros.
Das Unter­nehmen verbindet ausgeprägte Branchenspezialisierung mit hoher Methodenkompetenz bei Strategieentwick­lung,
Prozessdesign, Risiko­manage­ment, Organisationsberatung und Führungskräfte­entwicklung. Gemeinsam mit seinen
Kunden entwirft und realisiert Oliver Wyman nachhaltige Wachstumsstrategien. Wir unterstützen Unternehmen dabei,
ihre Geschäftsmodelle, Prozesse, Risikostrukturen und Organisa­tio­ne­n zu verbessern, ihre Abläufe zu beschleunigen und
ihre Marktchancen optimal zu nutzen. Oliver Wyman ist Teil der Marsh & McLennan Companies (NYSE: MMC).
Weitere Informationen finden Sie unter:
www.oliverwyman.com/de.
Manufacturing Industries
Kontakt
Das Industries-Team unterstützt Industrieunternehmen bei
der Restrukturierung und der Realisierung von profitablem
Wachstum. Wir verbinden tief greifende Branchenkenntnisse
mit fundiertem methodischen Know-how. Dies dokumentiert
Oliver Wyman in einer Vielzahl von branchenspezifischen
Studien und Benchmarkingdatenbanken, die den Kunden
zur Verfügung stehen. Unsere Expertenteams setzen
weltweit für Industrieunternehmen schnelle und nachhaltige
Veränderungen um.
Oliver Wyman
Marstallstraße 11
80539 München
[email protected]
+49 89 939 49 780
+49 89 939 49 501 fax
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E 2000 / 10/08
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