Helme - Der Outdoor Guide

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Helme - Der Outdoor Guide
know-how:helme
Start in die «fifty-fifty-Saison»
Das bittere Ende
der Pudelmützen
In di e s e m W i n t e r w i r d s i c h d i e S kipiste in zwei Lager aufteilen: Die eine
H ä l fte de r Sk i f a h r e r u n d S n o w b o arder überlegt s ich, zum ersten Mal im
Le be n e i ne n H e l m z u k a u f e n . U n d die andere überlegt s ich, den alten
H e l m g e g e n e i n e n n e u e n e i n z u t a u schen. Die z entrale Frage in beiden Lagern
l a ute t: Wa r um e i g e n t l i c h ?
«Wenn ich jemals einen Helm tragen
muss, höre ich mit dem Skifahren
auf.» Das sagte sich Hans Jacomet vor
fünf Jahren. Heute sieht er das ganz
anders: «Mittlerweile würde mir etwas
fehlen, ginge ich ohne Helm auf die
Piste.» Nun ist der leitende Arzt der
Schweizerischen Rettungsflugwacht
(Rega) von Berufes wegen besonders
sensibilisiert, wenn es um Sicherheitsaspekte geht. Doch ein einsamer
Helmtrager unter lauter Pudelmützen ist er trotzdem nicht. Wer heute
schweizweit auf die Pisten schaut,
wähnt die Helmtragenden zusehends
in der Mehrheit. Und dieses Gefühl
täuscht nicht: Die Helmtragquote im
Schneesport hat sich laut der Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu)
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seit den ersten Erhebungen im Jahr
2003 von 16 auf 42 Prozent (Saison
2005/06) erhöht. Die Zahl der Umsteigenden nimmt weiter zu. Schon
in dieser Saison dürfte die Hälfte aller
Skifahrer und Snowboarder mit Helm
unterwegs sein.
Z u e r s t die Pudelmützen
Somit haben wir es auf den Skipisten
erstmals mit zwei gleich grossen Lagern zu tun. Hier die Pudelmützen,
dort die Helmtragenden. Bei den Pudelmützen gibt es wiederum einen
Split zu machen. Sind sie besonders
jung, ist die Chance gross, dass sie
sozusagen von alleine in den Helm
reinwachsen. Das zumindest sagt
Otthmar Brügger, der sich bei der
Be­ratungsstelle für Unfallverhütung
wissenschaftlich mit dem Thema
Helm­tragen im Wintersport befasst.
Er verweist darauf, dass in der Schweiz
selbst auf Nebenstrassen oder Spielplätzen kaum mehr ein Kleinkind
ohne Velohelm zu sehen sei. Schon
auf Holzlaufrädern bewegten sich die
Kleinen behelmt vorwärts. Wer von
diesen später mit dem Velo zur Schule
fahre, so Otthmar Brügger, betrachte
den Helm als etwas Selbstverständliches. Auf der Piste sei ein Helm
deshalb gerade für Jugendliche eine
logische Konsequenz dieser frühkindlichen Erfahrung. Die Zahlen der
bfu belegen dies: In der Altersklasse
Text: Reto Wüthrich
Foto: Birgit Gelder/Illustration: Aleks Herzog
know-how:helme
Alpina Para
Preis: CHF 169.–. Grössen: 50–61
Merkmale: Mit dem so genannten Run-System ausgestattet, um den Helm an die
Kopfform anzupassen. Neben den Ohrenpads ist auch das Innenfutter abnehmbar, damit es bei Bedarf gewaschen werden kann. Schale und Hartschaum sind
im InMold-Verfahren miteinander verpresst.
0-17 betrug die Helmtragquote im
Schneesport vergangene Saison 73
Prozent – damit liegt sie mit grossem
Abstand vor den 18- bis 25-Jährigen
(39%), den 25- bis 45-Jährigen (29%),
den 46-64-Jährigen (19%) oder den
65-Jährigen und älter (15%).
Beurteilung: Die Alpina-Helme besitzen das neu entwickelte Gurtschloss Ergomatic. Es ist ergonomisch geformt und mit einer Hand zu bedienen. Die verdrehsichere, mehrstufige Rastautomatik kann sich bei einem Sturz nicht öffnen.
Sehr praktisch. Ebenso wie das Helmanpasssystem, mit dem der Helm mittels
Drehknopf in Sekundenschnelle auf jede Kopfgröße angepasst werden kann.
Infos: Alpina Optik + Sport AG, Tel. 043 366 20 60, www.alpinasport.ch
Alpina Scarp
Preis: CHF 199.–. Grössen: 52–61
Merkmale: Besonders leichter (mittlere Grösse 350 g), aber trotzdem gut wärmender Helm mit verstellbaren Lüftungsschlitzen. Integriertes Hörsystem.
Beurteilung: Wer Vorurteile hat und meint, Helme seien grundsätzlich zu schwer,
findet hier ein ideales Einstiegsmodell. Verstellbare Lüftungsschlitze sind wie die
Fernbedienung beim Fernseher. Sie geben einem das Gefühl, selber ein bisschen
bestimmen zu können. Übrige Vorzüge wie beim Modell Para.
Infos: Alpina Optik + Sport AG, Tel. 043 366 20 60, www.alpinasport.ch
CP Blow
Preis: CHF 150.–. Grössen: 53–62
Merkmale: Verschliessbare Belüftung und abnehmbare Ohren. Run-VerschlussSystem wie bei den Alpina-Helmen.
Beurteilung: Technologisch durchschnittlich, dafür beim Design ganz nett. Es
gibt ihn auch in Moosgrün oder Weiss mit Pink oder in einer freestyle.ch-Sonder­
edition.
Infos: cp-eyewear, Tel. 043 366 20 80, www.cp-helmets.com
Giro G10
Preis: CHF 249.–. Grössen: S–L
Um letztere müssen sich verantwortungsvolle Menschen also kümmern:
Die 18- bis schätzungsweise 90-jährigen Pudelmützen, die oben bei der
Bergstation aus der Gondel steigen
und ratlos die flächendeckend ausgehängten bfu-Plakate mit den vielen
lustigen Helikoptern anstarren, auf
denen es heisst: «Schütz Dich mit
einem Helm.» In ihren Gesichtern
steht gross die Frage geschrieben:
Warum? Nun – die Antwort steht auf
eben diesen Plakaten: «1000 Unfälle
pro Tag». Die Bergbahnen sagen zwar,
diese Schlagzeile sei zu reisserisch.
Fakt ist: Von 2,2 Millionen Skifahrenden verletzen sich jährlich rund 45 000
Personen. 15 Prozent der NichtHelmtragenden erleiden eine Kopfoder Halsverletzung. Schätzungsweise drei Viertel dieser Verletzungen
befinden sich im Schutzbereich des
Skihelms. «Der Schneesporthelm
kann zirka 75 Prozent der helmrelevanten Kopfverletzungen verhindern», heisst es in einer bfu-Studie.
Rega-Notarzt Hans Jacomet kennt die
Praxis: «Vor allem Schnittverletzungen
und andere offene Wunden können
dank des Helms verhindert werden»,
sagt er. «Gehirnerschütterungen oder
ein Schädel-Hirn-Trauma allerdings
nicht.» Aber so ein Schnitt am Kopf
ist unschön genug, um die Pudelmützen-Fraktion zu überzeugen: Jawohl,
wir kaufen einen Helm!
Merkmale: InMold-Konstruktion, 14 regulierbare Lüftungsöffnungen, kann mit
einem kabellosen Audiosystem für Handy und Audio-Player aufgerüstet werden.
Beurteilung: Sound im Helm ist eine Anschaffung, die gut überlegt sein will.
Pudelmütz e trifft Helm
Eigentlich macht Lärm im Helm wenig Sinn. Ansonsten aber ein schön gemachtes Stück, das es auch in einer Ausführung mit Design des Freeskiers Peter
Olenick gibt.
Infos: Chris Sports Systems, Tel. 071 969 66 66, www.chrissports.ch
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Wir sind also an jenen Punkt gelangt, an dem die beiden Lager erstmals aufeinander prallen: Dort, wo es
know-how:helme
nicht mehr um «Helm ja oder nein?»
geht, sondern um: welchen Helm?
Die Pudelmützen sind hier noch etwas wankelmütig. Sie gehen immer
noch davon aus, dass diese Dinger so
unbequem sind wie anno dazumal,
als Rennfahrer wie Toni Bürgler oder
Peter Müller die Rennpiste runterstürzten. Mit diesen Kugeln – sicher­
lich aus Stahl gegossen – war es unmöglich, auf der Piste eine gute Figur
abzugeben. Und wahrscheinlich waren sie auch völlig unbequem zu tragen. Helmtragende können an dieser Stelle versichern: Das sind tempi
passati. Heute fühlen sich die Helme
auf dem Kopf angenehm an, sie sind
komfortabel zu tragen, und entgegen
vieler Vorurteile kann man sich auch
mit Helm auf dem Kopf in gewohnter
Lautstärke unterhalten.
Giro Fuse
Preis: CHF 289.–. Grössen: S–L
Merkmale: InMold-Hardbody-Helmschale, 16 regulierbare Belüftungsöffnungen,
weiche, abnehmbare Ohrenpolster. Der Fuse kann optimal mit dem kabellosen
Audiosystem für Handy und Audio-Player aufgerüstet werden.
Beurteilung: Auch hier stellt sich die Frage, ob ein Helm wirklich mit MP3 gepimpt werden soll. Aber sonst ein stabiler, leichter, komfortabler Klassiker von Giro
mit weiter entwickelter Belüftung.
Infos: Chris Sports Systems, Tel. 071 969 66 66, www.chrissports.ch
Giro Encore
Preis: CHF 149.–. Grössen: S–L
Merkmale: Hochfeste ABS-Helmschale, EPS- Auskleidung, 13 Lüftungs­
öffnungen, abnehmbare Ohrenpolster.
Beurteilung: Freestyle-Helm, der in erster Linie mit seinen verschiedenen, coolen
Designs auffällt. Gestalterisch standen Risto Mattila, Halfpipe-Schönheit Gretchen
Bleiler oder Tommy «The Machine» Czeschin zur Seite.
Infos: Chris Sports Systems, Tel. 071 969 66 66, www.chrissports.ch
Helmtragende sind also schon einen
Schritt weiter. Sie fragen sich: Lohnt
es sich, diese Saison den alten gegen
einen neuen Helm einzutauschen?
Pu­delmützen wie Helmträger wer­
den sich nun im Internet ein Bild
davon machen, wie das Angebot in
der Wintersaison 2007/08 aussieht.
Wiederum müssen wir nun die eben
glücklich Vereinten in zwei Gruppen
teilen. Hier Technologie, dort Design:
Die Technologie hat in den letzten
zwei bis drei Jahren wahre Quantensprünge gemacht und zu einem wesentlichen Teil dazu beigetragen, dass
sich das Helmtragen so rasch verbreitet hat. Wer sich im Internet von
Alpina, Giro, Uvex über Scott, Komperdell, POC bis Salomon, Julbo und
Co. durchklickt, stellt fest: Mit den
Quantensprüngen ist es eher vorbei.
Heute geht es darum, die kleinen, feinen Vorteile gegenüber der Konkurrenz zu erarbeiten. Und das ist kein
leichtes Unterfangen.
POC Receptor
Preis: CHF 289.–. Grössen: S–XL
Merkmale: Dieser Helm wurde für multifunktionale Aktivitäten entwickelt. Er kann
im Schnee, auf der Strasse oder im Wassersport eingesetzt werden. Das Doppelschalen-System mit der patentierten Aramid-Barriere vereint das InMold- und
Hartschalen-System. Innenleben ausbaubar. Beim Wassersport ist gewährleistet,
dass der Helm kein Wasser aufnimmt und nicht schwerer wird.
Beurteilung: Es fragt sich, ob sich multifunktionale Helme durchsetzen werden.
Nur vereinzelt werden solche Modelle angeboten. POC macht es immerhin konsequent, was für die Qualität ein gutes Omen ist. Muss sich aber noch bewähren.
Infos: Airtool AG, Tel. 044 915 33 61, www.poc-ski.com
POC Skull Comp
Preis: CHF 489.–. Grössen: XS–XXL
Merkmale: Doppelschalen-System mit Aramid-Barriere wie beim Receptor. Aber
nicht multifunktional, sondern einfach schnittig für die Piste. Erhältlich auch in
limitierter Julia-Mancuso-Edition (CHF 519.–).
Beurteilung: Sicher vom Design her einer der auffälligsten und formschönsten
Helme. POC hat Weltcup-Erfahrung (Julia Mancuso, Steven Nyman, Anja Pär-
Denn: Abnehmbare Ohrenpads, eine
gute Skibrillen-Band-Halterung oder
ein gescheiter Kinnband-Verschluss
son), daher auch qualitativ durchaus zuverlässig.
Infos: Airtool AG, Tel. 044 915 33 61, www.poc-ski.com
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know-how:helme
Salomon Patrol Ace
Preis: CHF 200.–. Grössen: 54–62
Merkmale: Freestyle-Helm mit Beanie-Innenfutter. Extra gepolsterte EPS-Kappe.
Verfügt über kunstfellverzierte Ohrenpads.
Beurteilung: Die spezifischen Polsterungen machen im Freestyle-Bereich Sinn.
Und der Style ebenso, denn damit kann der Helm selbst an der Schneebar noch
getragen werden.
Infos: Salomon Schweiz AG, Tel. 041 784 12 12, www.salomonsports.com
Salomon Ranger
Preis: CHF 160.–. Grössen: 54–62
Merkmale: All Mountain-Helm mit aktiver Belüftung und verschiedenen Passformen für unterschiedliche Kopfformen. Der Ranger ist der ovalste unter den
Salomon-Modellen.
Beurteilung: Vom Komfort her einer der angenehmsten Helme, da er sich optimal
anpassen lässt. Trotzdem ganz schön sportlich.
Infos: Salomon Schweiz AG, Tel. 041 784 12 12, www.salomonsports.com
Salomon Divine
Preis: CHF 200.–. Grössen: 53–59
Merkmale: Sehr leichter Helm, detaillverliebt designt. Halbschalenhelm mit
frauen­spezifischen Features wie kunstfellverzierten Ohrenpads, Ledereffekt,
Pferdeschwanz-Futter und hübscher Innenausstattung.
Beurteilung: Sehr leichtes Frauenmodell für all jene, die auch auf der Piste nicht
auf etwas Glanz und Gloria verzichten wollen. Dürfte von den sportlich wilden
Frauen eher schnöde betrachtet werden.
Infos: Salomon Schweiz AG, Tel. 041 784 12 12, www.salomonsports.com
Scott JJ Profile
Preis: CHF 169.–. Grössen: 52–63
Merkmale: Ohrenpads abnehmbar, elf passive Lüftungsöffnungen, automatische
Kinnriemenregulierung.
Beurteilung: Besticht vor allem durch das von Snowboard-Star Jeremy Jones
entwickelte Design…
Infos: Scott Sports SA, Tel. 026 460 16 16, www.scott-sports.com
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können keine wirklich tollenVer­kaufs­
argumente mehr sein. Das können
Helme schon lange. Punkto Gewicht
und Komfort hat sich aber durchaus
noch etwas getan. Die Helme sind
tendenziell noch etwas leichter geworden. Und wenn wir uns durch die
Websites klicken, fällt auf, dass sich
fast alle besonders um einen besseren
Klima-Haushalt gekümmert haben.
Das ist nichts, was Al Gore sonderlich
erfreuen muss: Es geht ganz einfach
darum, den Wärme-Kälte-Ausgleich
durch clevere Belüftungssysteme noch
besser in den Griff zu bekommen.
Nehmen wir zum Beispiel Salomon.
Verkaufsleiter Oliver Müller sagt auf
Anfrage des outdoor guide: «Leichtgewicht und Komfort sind die zentralen
Trends in dieser Saison.» Das Modell
Patrol Ace gibt es mit «spezifischen
Polsterungen», beim Ranger ist eine
«aktive Belüftung» dabei und eine
Auswahl verschiedener Passformen
für grösseren Komfort. Auch «Pferdeschwanz-Innenfutter», wie beim
Frauen-Modell Icon, gehen noch als
Komfortgewinn durch. Damit liegt Salomon auf einer ähnlichen Linie wie
Alpina, wo Geschäftsführer Claudius
Pfister sagt: «Die aktuellsten Entwicklungsschritte sind variable Lüftungs­
systeme, herausnehmbares Innenfutter und leichtere Helme.» Auch er kann
auf Helme verweisen, die unterschiedliche Kopfformen besser berücksichtigen als in der Vergangenheit.
In Bezug auf die Sicherheitstechnologie sind die in der Schweiz erhältlichen Helme vertrauenswürdig.
Wichtig ist, dass die Normengerechtigkeit gewährleistet ist. Zu empfehlen sind aussschliesslich Helme, welche die Sicherheitsanforderungen der
europäischen Norm EN 1077 erfüllen.
Das muss im Helm sichtbar vermerkt
sein. Zahlreiche Hersteller setzen
diese Saison punkto Sicherheit auf
InMold-Helmschalen. So auch Giro,
know-how:helme
wie Hans Zihlmann vom Schweizer
Vertrieb Chris Sports Systems bestätigt. Das Verfahren ist von Velohelmen
bekannt, deshalb hat Giro hier einen leichten Know-how-Vorsprung.
Beim InMold-Verfahren werden die
Aussenschale und der Hartschaum
miteinander verschweisst. Das ergibt
eine besonders stabile Helmstruktur,
die zudem sehr leicht und langlebig
ist. Ausserdem wird mit einer solchen Hülle auch der Innenschaum
optimaler geschützt, der meist mit
EPS-Schaum ausgestattet ist (EPS =
«Expandiertes Polystyrol»). Die Materialien sind von Hersteller zu Hersteller nicht allzu stark abweichend.
Mehr Chemie-Wissen ist denn auch
nicht nötig, um sich im Helm-Angebot zurecht zu finden. Zu diskutieren bleibt, ob es ein technologischer
Fortschritt ist, wenn die Helme mit
Audio- und Bluetooth-Systemen
gepimpt werden, wie dies zum Beispiel Giro mit der tune-ups-Serie tut.
Hier gehen die Meinungen auseinander. Eine Freisprech-Vorrichtung
kann eine Erleichterung sein. Dann
braucht man den Helm zum Telefonieren nicht mehr auszuziehen oder
das Handy nicht mühsam zwischen
Ohrenschutz und Ohr zu quetschen.
Etwas fragwürdiger sind Helm-Modelle mit MP3-Player. Lauter Sound
gehört eher in die Skihütte als in den
Skihelm.
Ebenso kontrovers diskutiert wird die
Frage, wie multifunktional ein Helm
sein muss. Der schwedische Hersteller POC ist hier besonders forsch. Sein
Receptor kann sowohl im Schnee, auf
der Strasse wie auch im Wasser getragen werden. Das Innenleben ist einfach ausbaubar, der Helm kann somit
bei hohen Temperaturen durchlüftet
werden. Wasserfester Innenschaum
sorgt laut POC-Vertreiber Gary Rusterholz von der Airtool AG dafür,
dass der Helm nicht an Gewicht zu-
nimmt, wenn er zum Beispiel beim
Wakeboarden mit Wasser in Berührung kommt. Andere Hersteller winken beim Thema Multifunktionalität
ab. Offensichtlich betrachten sie dies
höchstens als «Nebennebeneffekt».
A b e r s chön mus s er s ein
Kaufentscheid genauso wie die
Sicher­heit.» Er sieht den Ski- oder
Snowboard-Helm als modisches
Acces­soire, das regelmässig ersetzt
werde. Auch dann, wenn punkto
Material noch alles in Ordnung und
die Lebensdauer längst nicht ausgereizt sei. Entsprechend rechnet Ruggle
auch in Zukunft mit hohen Absatzzahlen, nachdem sich die jährliche
Steigerung der Helmverkäufe bei den
Intersport-Fachgeschäften zuletzt «im
guten zweistelligen Bereich» bewegt
habe. Mengenmässig sei der Helm
das am besten nachgefragte Produkt
im Wintersport gewesen, sagt er.
Doch neben der Technologie gibt
es ein Argument, das diese Saison
beim Kaufentscheid mehr Gewicht
erhält denn je: das Design. Denn wo
die Technologie von Marke zu Marke mehr oder weniger austauschbar
wird, müssen die Unterschiede eben
beim Äusseren geschaffen werden.
Der Helm hat sich auf diese Saison
hin vom reinen Sicherheitstool zu
einem Objekt entwickelt, das modisch
chic zu sein hat. Einige Hersteller sind
da pragmatischer, andere setzen mit
wahrer Leidenschaft auf das Aussehen. «Wir bieten zusehends Helme
passend zum gesamten Outfit an»,
sagt etwa Oliver Müller von Salomon.
Ski, Skischuhe, Helm und Skistöcke
werden optisch aufeinander abgestimmt, wobei dies vor allem bei den
Frauen-Linien der Fall ist. Die Spannweite reiche von klassisch-traditionell
bis hin zu «super stylish», wobei auch
Modelle im Retro-Look mit Leder
oder Fellen gefragt seien, sagt Müller.
So sind da Ohrenpads auch mal mit
Kunstfell verziert oder die Helme so
lackiert, dass ein Leder-Effekt entsteht. Reine Geschmackssache also.
Kaufen macht Freude
Ob etwa das Modell Divine die
Frauen tatsächlich wie in den Werbeunterlagen angekündigt «in Eks­
tase versetzen» wird, bleibe dahin
gestellt. Clever ist die Masche allemal,
wie Stephan Ruggle, CEO von Intersport und damit Chef des grössten
Sportfachhandel-Netzes des Landes,
bestätigt. «Die Leute möchten auch
mit Helm gut aussehen, darum beeinflussen Optik und Passform den
Und nun rückt also der Moment näher, wo der Entscheid gefällt werden
soll: Kaufen oder nicht? Den Pudelmützen sind mittlerweile zweifellos
die Argumente ausgegangen, die dagegen sprechen. Sie werden nun die
Läden stürmen, weil sich kluge Köpfe
tatsächlich schützen. Und wer schon
einen Helm hat, der muss halt effektiven Nutzen gegen pure LifestyleFreuden abwägen.
]
Punkto Design besonders gut schneiden die Helme der Marke POC ab.
Das ist ein subjektiver Eindruck, der
aber durch verschiedene Design-Auszeichnungen unterstrichen wird, die
POC einheimst. Kein Wunder also,
setzt unter anderen Julia Man­cuso
auf die hübschen Schweden-Schalen.
Auch Scott hat mit dem Black Profile
Jeremy Jones einen auffällig coolen
Helm ins 2007/08-Sortiment aufgenommen. Technologisch ist dieser
Helm kein Weltwunder. Wer aber auf
den Snowboard-Helden Jones steht,
wird auch dessen Helm-Design mögen. Giro wiederum hat sich mit dem
Freeskier Peter Olenick zusammengetan, woraus der G10 entstand; ebenfalls ein Teil, das ins Auge sticht.
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