• Führerschein und Teilhabe • „Idiotentest“? – Fehlwissen und

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• Führerschein und Teilhabe • „Idiotentest“? – Fehlwissen und
95. Wissenschaftliche
Jahrestagung
18. und 19. März 2009 in Berlin
„Ohne Lappen keinen Job!“
Verkehrsmedizin,
MPU und
Führerschein
Dipl.--Psych. Anita Mü
Dipl.
Müller,
Fachliche Leiterin, AVUS GmbH
Dr. Robert Stracke
Facharzt f. Psychiatrie u. Psychotherapie, Suchtmedizin,
Fachkrankenhaus Hansenbarg, Hanstedt
1
• Führerschein und Teilhabe
• „Idiotentest“? – Fehlwissen und
Vorurteile
• Herr „Hansenbarg“ oder warum frühe
MPU-Information wichtig ist
• Grundlagen der MPU
• Strukturelle Maßnahmen und Angebote
zur Information
2
• „Idiotentest“ – Vorurteile +
Fehlwissen
3
„Idiotentest?“
Erzähl‘ bloß keinem,
dass du in der
Suchtklinik warst!
Beim ersten Mal fallen
sowie zwei Drittel durch!
Reine
Glückssache!
Wenn ich sage, dass
ich abhängig bin,
habe ich überhaupt
keine Chance!
Die, die nicht so gut
reden können, haben
sowieso keine Chance.
Man muss nur die
richtigen
Antworten kennen!
Du muss
aufpasse t
n, d
Psycholo ie
gen
stellen D
ir
Fangfrag
en!
4
„Die glauben dir sowieso
nicht! Sag lieber, du
trinkst gelegentlich noch
was!“
„Ich trinke doch nichts
mehr, das reicht doch“
„Ich warte einfach bis die
Fahrt verjährt ist“
„Ich habe doch die Therapie
freiwillig gemacht, dann
gelten die Anforderungen für
mich ja nicht“
„Die anderen sind doch
die ganze Zeit besoffen
gefahren und dürfen
einfach weiterfahren“
„Meine Le
b er
dann mus wer te sind okay,
s da
doch posi s Gu tachte n
tiv werde
n“
„Ich hole mir einfach einen
Führerschein aus Polen“
5
• Herr „Hansenbarg“ oder warum
frühe MPU-Information wichtig ist
6
26.09.2004 (09:00)
Trunkenheitsfahrt
1,7 Promille
06.01.2005 –27.04.2005
stationäre
Alkoholentwöhnungsbehandlung
29.04.2005 –
28.10.2005
Ambulante
„normal habe ich
wenig getrunken“
„Seit Januar
05 trinke ich
nichts mehr“
„Ausnahmesituation“
04.08.2005 MPU, Prognose
negativ
Suchttherapie „Brücke“
09.12.2005 MPU, Prognose
negativ
„Bin seit August in
einer SH-Gruppe“
„Will nie wieder
Alkohol trinken“
MPU-Infoveranstaltung in
der Klinik
Persönliche Beratung und
Information
„war kurz vor
der
7
Abh ängigkeit“
„Ich habe das mit der
Therapie nicht gesagt,
weil ich Angst hatte,
Dass ich FS nicht wiederkriege“
20.02.2006 MPU, Prognose postiv
Führer
schein
8
• Grundlagen der MPU
9
Verteilung der Untersuchungsanlässe 2007
Drogen &
Medikamente
18%
sonstige Anlässe
11%
Alkohol:
erstmalige
Auffälligkeit
33%
körperliche
Mängel
1%
Verkehr sauffällige ohne
Alkohol
14%
Alkohol &
Verkehrs- oder
strafrechtliche
Delikte
7%
Referat Verkehrspsychologie, Verkehrsmedizin 5. Juni 2008
Alkohol:
wiederholte
Auffälligkeit
17%
10
MPU Ergebnisse 2007
Anlassgruppe
1.1
1.2
1.3
2.1
2.2
3.1
3.2
4
5.1
5.2
5.3
5.4
5.5
6
7
8
Geeignet
%
körperliche und geistige Mängel
neurologisch-psychiatrische Mängel
Auffälligkeit bei der Fahrerlaubnisprüfung
Verkehrsauffälligkeiten
Sonstige strafrechtlichen Auffälligkeiten
Alkohol erstmalig
Alkohol wiederholt
Betäubungsmittel- u. Medikamentenauffällige
Alkohol + allg. Verkehrs- bzw. strafrecht.
Auffälligkeiten
Alkohol + BtM/Medikamente
Allg. Verkehrs-+ sonst. strafrecht.
Auffälligkeiten
BtM/Medikamente + allg.
Verkehrsauffälligkeiten
Sonstige Mehrfachfragestellungen
FeV §§ 10 Abs. 2 u. 11 Abs. 3 Nr. 2
Bewerber um eine Fahrlehrererlaubnis u.
Fahrlehrerüberwachung
Sonstige Anlässe
%
Gesamtsumme
Nachschulungsfähig
%
Unge- Gesamteignet Summe
%
47
247
55
279
44
110
28
13.066
30
3.280
37
34.119
45
18.153
31
14.873
45
7.209
53
45
56
48
52
49
41
58
41
24
18
15
14
11
14
47
49
9
16
44
35
1.812
1.805
49
9
42
1.638
45
94
92
8
47
6
8
1.200
6.197
241
40
35
36.684
252
60
51
53.039
14
14.758
104.481
11
Referat Verkehrspsychologie, Verkehrsmedizin 5. Juni 2008
Kaum etwas
ist schwerer
vorherzusagen
als
menschliches
Verhalten.
12
Keine Sachverständigentätigkeit
ist so durchschaubar,
reguliert,
nachprüfbar und
nachvollziehbar wie die
verkehrsmedizinischverkehrspsychologische
Begutachtung.
!?
13
Rechtliche Grundlagen
Straßenverkehrsgesetz StVG
Fahrerlaubnisverordnung (FeV)
Anlagen zur Fahrerlaubnisverordnung
Anlage 14 (zu §§ 66 Abs. 2)
Anlage 15 (zu §§ 11, Abs. 5,
§§ 66)
Bundes- und Landesdatenschutzgesetze
Gebührenordnung für Maßnahmen im
Straßenverkehr (GebOSt)
14
Fachwissenschaftliche
Grundlagen
Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung
Urteilsbildung in der medizinischpsychologischen Fahreignungsdiagnostik –
Beurteilungskriterien der Deutschen
Gesellschaft für Verkehrspsychologie und
Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin
15
16
SYSTEMATIK DER
BEGUTACHTUNG
Vorgeschichte
Alkoholkonsum
Alkoholfahrt
Verhaltensänderungen
nach Auffälligkeit
Verhaltensvorsätze
für die Zukunft
Ausmaß und Hintergrund der
Alkoholproblematik?
Ausreichend?
Verhaltensänderung:
Angemessen?
Stabil?
Welche Verhaltensänderungen erforderlich?
Glaubwürdig?
Motiviert?
(z.B. objektive Belege?)
(
Problemdiagnose +
erforderliche Bewältigung)
Gefahr von „Rückfällen“?
(
Problembewältigung?)
(
Prognose)
17
Generelle Voraussetzungen für eine
positive Fahreignungsprognose
Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung
Medizinische Voraussetzungen
ausreichend
Leistungspsychologische
Voraussetzungen ausreichend
Einsicht in die Verhaltensproblematik
Erkennbare und ausreichende
Veränderung des Problemverhaltens
Stabile und tragfähige Motivation zur
Aufrechterhaltung dieser Veränderung
18
Bestandteile der MPU
Medizinische Untersuchung
Labordiagnostik (Blut, Haare, Urin)
Leistungspsychologische
Untersuchung
ggf. Fahrverhaltensbeobachtung
Psychologisches
Untersuchungsgespräch
19
20
Leistungstest
21
22
23
Beurteilungskriterien
Urteilsbildung in der medizinisch-psychologischen
Fahreignungsdiagnostik
17 Hypothesen zur Problemdiagnose und
– bewältigung, z. B.
A1, A2, A3 (Alkohol)
V5, V6 (Verkehr)
D1, D1, D3 (Drogen)
76 Kriterien
D1.1; D1.2; ..
736 Indikatoren
24
BEURTEILUNGSKRITERIEN
ALKOHOL
Hypothese 1
Liegt Alkoholabhängigkeit vor, ist sie ausreichend behandelt bzw. aufgearbeitet?
Hypothese 2
Ist aus der „Lerngeschichte“ des Klienten die Notwendigkeit eines Verzichts auf
den Konsum alkoholhaltiger Getränke abzuleiten, wird Alkoholverzicht auch
konsequent und stabil eingehalten?
Hypothese 3
Der Klient ist aufgrund eines angemessenen Problembewussteins und bei
reduzierten Alkoholtrinkmengen sowie ausreichender Steuerungsfähigkeit in der
Lage, dauerhaft kontrolliert Alkohol zu trinken.
Hypothese 4
Beim Klienten besteht keine unkontrollierte Koppelung bestimmter Trinkanlässe
mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges (mehr).
25
Hypothese 1
Liegt Alkoholabhängigkeit vor, ist sie ausreichend
behandelt bzw. aufgearbeitet?
Kriterium A 1.1 N
Eine Alkoholabhängigkeit wurde bereits extern diagnostiziert.
Kriterium A 1.2 N
Eine Alkoholabhängigkeit ist aktuell zu diagnostizieren.
Kriterium A 1.3 N
Der Klient hält bei einer diagnostizierten Alkoholabhängigkeit Abstinenz ein.
Kriterium A 1.4 N
Der Klient hat die Alkoholabhängigkeit bzw. die ihr zu Grunde liegende Problematik –
in der Regel mit suchttherapeutischer Unterstützung – aufgearbeitet.
Kriterium A 1.5 N
Der Klient ist zur Aufrechterhaltung einer alkoholabstinenten Lebensweise motiviert.
Die Motivation ist nachvollziehbar und ausreichend gefestigt.
26
Kriterium A 1.6 N
Die Alkoholabstinenz ist stabil, da sie durch Rückfall vermindernde Maßnahmen und
das soziale Umfeld gestützt wird und von ausreichender Dauer ist.
Kriterium A 1.7 N
Falls der Klient innerhalb der zurückliegenden Abstinenzphase kurzfristig Alkohol
konsumiert hat („lapse“), lässt sich dies trotzdem mit der Erwartung einer
langfristigen, ausreichend stabilen alkoholabstinenten Lebensweise vereinbaren.
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Zeitliche Anforderungen an eine
Verhaltensänderung bei
alkoholabhängigen Kraftfahrern
MPU
Letzter
abhängiger/missbräuchlicher
Alkoholkonsum
Unkontrollierte Kopplung
von Trinken und Fahren
Alkoholgewöhnung
In der Regel 1 Jahr Alkoholverzicht, mindestens
jedoch 6 Monate
1 Jahr Abstinenz nach Abschluss einer stationären
Therapie; auch in besonders günstig gelagerten Fällen
keinesfalls weniger als 6 Monate
A2
Fehlende Kontrolle
über den
Alkoholkonsum
A1
Vorliegen einer
Alkoholabhängigkeit
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Alkoholabstinenzkontrollprogramm:
• ETG
– Direkter Ethanol-Metabolit
– Bei aktuellem Alkoholkonsum über 1 mg/L im Urin
nachweisbar
– 100 spezifisch, d.h. in 100% der Fälle nachweisbar
nach aktuellem Alkoholkonsum
– Abbau innerhalb von 2 – 5 Tagen
– ALS ABSTINENZBELEG GEEIGNET!
Voraussetzung: Einhaltung forensischer Kriterien
einschließlich unvorhergesehener Einbestellung
innerhalb von 24 Stunden
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DROGENSCREENINGS FORENSISCHE
KRITERIEN UND UMFANG
Durchführungskriterien
Unvorhergesehene Einbestellung innerhalb von 24 (max.48) Stunden
Identitätskontrolle und verwechslungsfreie Kennzeichnung der Urinproben
Urinabgabe unter Sicht
Forensisch gesicherte Laboranalytik mit hochsensitiver Erstbestimmung und
hochspezifischer Bestätigungsreaktion bei positiven Befunden (Verwendung von Schnelltests
nicht zulässig, da diese nicht über eine ausreichende Sensibilität und Sensitivität verfügen)
Kreatininbestimmung zur Messung des Verdünnungsgrades der Urinprobe (Verwertbarkeit,
Ausschluss von Manipulation)
30
• Strukturelle Maßnahmen
31
Ziele von
Informationsangeboten
über die MPU
•
•
•
•
Mobilität und damit Teilhabe fördern
Informationen über die MPU vermitteln
Voraussetzungen für eine positive Prognose
darstellen
Ängste und Vorurteile abbauen
32
Strukturelle Maßnahmen
•
•
•
•
•
•
MPU-Informationsveranstaltungen in der Klinik
- in das Therapieprogramm integriert
- nicht integriert
Informationsveranstaltungen in einer
Begutachtungsstelle speziell für eine Gruppe von
Patienten
Literaturhinweise / Literatur
Verteilung von schriftlichem Informationsmaterial
Fortbildung für Mitarbeiter
BfF-Hotline für alkoholabhängige Kraftfahrer
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MPU-Infoveranstaltungen in einer Klinik
Rü cklauf Fragebögen gesam t
Welche Erw artungen?
Grundsätzliches über die MPU erfahren
Verfahrensabläufe besser kennen lernen
Fallstricke kennen lernen
Vorurteile und Ä ngste vor der MPU abbauen
Sonstiges
Spez ielle Fragen
Fristen
Aktueller Stand der Sache
Unterschied A lkohol / Drogen
geschultes Personal
Allgemein
55
50
51
26
35
4
2
1
1
1
1
Wurden Ihre Erw artungen…
voll erfüllt
teilw eise erfüllt
überhaupt nicht erfüllt
26
22
0
Waren die Inform ationen hilfreich?
Ja
Nein
54
0
Wurden Ihre Fragen beantw ortet?
Ja
Nein
zum Teil
keine Antw ort
53
0
1
1
War die Zeit der Veranstaltung…
zu lang
zu kurz
genau ric htig
2
18
35
Inform ationen anschaulich und
verständlich?
Ja
Nein
55
0
Wie könnten w ir diese Veranstaltung noch
verbessern?
Veranstaltung länger
Veranstaltung öfter
"Gerüc hteküche" bzgl. Anony mität im Vorfeld
ausräumen
auf Probleme eingehen
Fallbeispiele
Kaffee und Kuchen (Wasser, Kekse)
kompaktere For m
verschiedene Anbieter (??)
explizit o.k.
3
1
1
1
1
2
1
1
7
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„Typische Fragen“
Wann verjährt die
Trunkenheitsfahrt?
Wie kann ich meine
Abstinenz
nachweisen?
Was mu
ss ich ma
chen,
wenn ich
mit
Drogen/M
edika
aufgefalle menten
n bin?
Welche medizinischen
Befunde muss ich
vorlegen können?
Warum werde ich für
eine Alkoholtherapie
bestraft?
35
Literatur zur MPU
Allgemein empfehlenswert:
Zur Vertiefung:
Brieler/Grunow (2007):
„Ich will meinen Führerschein
zurück“, Rowohlt
Altmannsberger (2008):
„Der MPU-Ratgeber“, Hogrefe
Hettenbach et al. (2000):
„Führerschein / MPU“, Libri
Brieler/Weber (2008):
„Führerscheinentzug“,
Fachhochschulverlag
Fachwissenschaftliche Grundlagen:
Schubert et al. (2005):
„Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung“, Kirschbaum
Schubert/Mattern (2009):
„Beurteilungskriterien – Urteilsbildung in der Med.-Psychologischen
Fahreignungsdiagnostik“, Kirschbaum
36
36
37
Kontakt:
…wenn Sie
- Interesse an einer Hospitation bei einer MPU oder
- Fragen rund um das Thema MPU oder
- Fragen zum Thema medizinisch-psychologische Begutachtung oder
- Fragen zu einem konkreten Fall haben
….würden wir uns sehr freuen, wenn Sie mit uns unter folgender Adresse Kontakt aufnehmen:
Dr. Frank Hagenow
Claudia Westendorff
Daniela Hirsch
Klaus Keller
Oliver Schmidt
Avu s Gmb H
Schillerstraße 44
22767 Hamburg
AVUS Gmb H
Carmerstr. 1
10623 Berlin
AVUS Gmb H
Weißenburger Str. 43
81667 M ünchen
AVUS Gmb H
Am Salzhaus 4
60311 Frankfurt a.M .
AVUS Gmb H
Leopoldstr. 10
44147 Dortmund
Tel: 040 - 38 99 01 – 0
Fax: 040 - 38 99 01 – 25
M obil: 0177–286 39 77
hagenow@avu s-mpu.d e
Tel: 030-43 72 72 3
Fax: 030-43 72 72 50
mobil: 0177-28 26 916
west endorff@avu s-mpu.d e
Tel: 089-48 95 66 0
Fax: 089-48 95 66 25
mobil: 0177-40 68 548
hirsch @avu s-mpu.de
Tel: 069-13 38 87 0
Fax: 069-13 38 87 25
mobil: 0177-28 79 705
[email protected] e
Tel: 0231-39 54 50 0
Fax: 0231-39 54 52 1
schmidt@avu s-mpu.d e
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