1.1.1 Entwicklung der Lebenserwartung in Deutschland
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1.1.1 Entwicklung der Lebenserwartung in Deutschland
Gesundheit in Deutschland, 2006 Entwicklung der Lebenserwartung in Deutschland 1.1.1 Entwicklung der Lebenserwartung in Deutschland Deutsche Frauen und Männer leben immer länger. Im Jahr 2002/2004 betrug die mittlere Lebenserwartung 81,6 Jahre für Frauen und 76 Jahre für Männer (siehe Abbildung 1.1.1, oberes Bild). Damit stieg die Lebenserwartung seit 1990 bei Frauen um 2,81, bei Männern um 3,76 Jahre. Die Geschlechterdifferenz hat sich im selben Zeitraum von 6,5 auf 5,6 Jahre verringert. Der Zugewinn an Lebenserwartung geht in erster Linie auf eine verminderte Alterssterblichkeit zurück. Zudem ist die Säuglingssterblichkeit im Vergleichszeitraum deutlich gesunken. Gesundheit in Deutschland, 2006 Abbildung 1.1.1 Entwicklung der Lebenserwartung in Deutschland Gesundheit in Deutschland, 2006 Entwicklung der Lebenserwartung in Deutschland Gesundheit in Deutschland, 2006 Entwicklung der Lebenserwartung in Deutschland Die Bevölkerung in Ostdeutschland holt bei der Lebenserwartung auf. Zwar liegt die mittlere Lebenserwartung in den neuen Bundesländern derzeit noch niedriger als in den alten Bundesländern. Doch holt die Bevölkerung in Ostdeutschland zügig auf: Zwischen 1990 und 2002/2004 stieg in den neuen Ländern (ohne BerlinOst) die Lebenserwartung der Frauen um 4,59 Jahre, die der Männer um 5,27 Jahre. Die Geschlechterdifferenz sank dadurch von 7,3 auf 6,6 Jahre. In den alten Bundesländern dagegen stieg die Lebenserwartung der Frauen im selben Zeitraum nur um 2,38 und die der Männer um 3,38 Jahre. Hier verringerte sich die Geschlechterdifferenz von 6,4 auf 5,4 Jahre. Betrachtet man das Bundesgebiet insgesamt, haben ostdeutsche Männer nach wie vor die niedrigste mittlere Lebenserwartung, können aber den größten Zugewinn seit 1990 verzeichnen. Der Abstand zu den westdeutschen Männern beträgt noch knapp 1,6 Jahre. Die Lebenserwartung der Frauen in neuen und alten Bundesländern liegt inzwischen nahezu gleich hoch bei 81,3 Jahren (neue Länder) und 81,6 Jahren (alte Länder). Zwischen den Ländern gibt es deutliche Unterschiede in der Lebenserwartung. In den Jahren 2002/2004 hatten neugeborene Mädchen und Jungen aus Baden-Württemberg die höchste Lebenserwartung bei Geburt (siehe Tabelle 1.1.1). Die niedrigste Lebenserwartung wurde für Jungen aus Mecklenburg- Vorpommern und Mädchen aus dem Saarland errechnet. Nach Mädchen und Jungen aus Baden-Württemberg und Bayern haben Mädchen aus Sachsen und Jungen aus Hessen die dritthöchste Lebenserwartung. Insgesamt hat sich seit Mitte der 1990er Jahre der Abstand zwischen den Bundesländern verringert. Tabelle 1.1.1 [2] Tabelle 1.1.1: Lebenserwartung in den Bundesländern. Quelle: Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung vom 15.02.2006 Lebenserwartung bei Geburt in Jahren Mädchen Jungen Baden-Württemberg 82,56 77,40 Bayern 81,92 76,47 Berlin 81,19 75,69 Brandenburg 81,11 74,60 Bremen 81,03 74,73 Hamburg 81,44 76,18 Hessen 81,82 76,43 Mecklenburg-Vorpommern 80,83 73,84 Niedersachsen 81,51 75,75 Nordrhein-Westfalen 81,16 75,64 Rheinland-Pfalz 81,28 75,88 Saarland 80,35 74,81 Sachsen 81,87 75,43 Sachsen-Anhalt 80,78 74,02 Schleswig-Holstein 81,42 76,02 Thüringen 81,01 74,77 Gesundheit in Deutschland, 2006 Entwicklung der Lebenserwartung in Deutschland Die heute 65-Jährigen haben fast ein Viertel ihres Lebens noch vor sich. Die fernere Lebenserwartung der 65-Jährigen (siehe Abbildung 1.1.1, unteres Bild) betrug im Jahr 2002/2004 im Bundesdurchschnitt 19,8 Jahre bei Frauen (neue Länder: 19,4 Jahre; alte Länder: 19,9 Jahre) und 16,4 Jahre bei Männern (neue Länder: 15,8 Jahre; alte Länder: 16,5 Jahre). Damit stieg die fernere Lebenserwartung seit 1990 bei Frauen um 1,95 Jahre und bei Männern um 2,17 Jahre. Die Geschlechterdifferenz fällt mit 3,4 Jahren (neue Länder: 3,7 Jahre; alte Länder: 3,3 Jahre) noch geringer aus als bei der mittleren Lebenserwartung. Definition Die (durchschnittliche oder mittlere) Lebenserwartung ist die Zahl der Jahre, die ein neugeborenes Kind unter Annahme der gegenwärtigen Sterblichkeitsverhältnisse im Schnitt leben würde [1]. Die Lebenserwartung ist gleichwohl keine Vorhersage der tatsächlichen Lebensdauer eines heute Neugeborenen, da diese wegen der zu erwartenden weiteren Verringerung der Sterblichkeit in den kommenden Jahrzehnten wahrscheinlich über den derzeitigen Werten liegen wird. Vielmehr ist die Lebenserwartung eine Art Momentaufnahme, die in komprimierter Form die jeweils aktuellen Sterblichkeitsraten widerspiegelt. Sie hängt von genetischen und Umweltfaktoren ebenso ab wie von der sozialen Lage, dem Gesundheitsverhalten der Bevölkerung und der medizinischen Versorgung. Die mittlere Lebenserwartung ist somit ein umfassendes Maß für die gesundheitliche Lage der Bevölkerung. Die fernere Lebenserwartung ist die durchschnittliche Zahl der in einem bestimmten Alter noch zu erwartenden Lebensjahre. Für internationale Vergleiche wird die fernere Lebenserwartung beispielsweise für die 40-, 60-, 65- oder 80-Jährigen angegeben. Exkurs Die soziale Lage ist mitbestimmend für die Lebenserwartung. Menschen aus sozial benachteiligten Schichten haben eine geringere Lebenserwartung als der Durchschnitt. Das zeigt eine Vielzahl von Untersuchungen aus anderen Ländern der Europäischen Union sowie einige Studien aus Deutschland. Dass hier zu Lande nur wenige Daten zum Einfluss der sozialen Lage auf die Sterblichkeit vorhanden sind, hängt vor allem damit zusammen, dass auf dem amtlichen Totenschein keine Angaben über den Sozialstatus oder den zuletzt ausgeübten Beruf des Verstorbenen gemacht werden. Gleichwohl zeigen beispielsweise Analysen von Krankenkassendaten, dass unter beruflich gering qualifizierten, nicht verheirateten oder pflichtversicherten Männern die Sterblichkeitsraten deutlich erhöht sind [4]. In dieselbe Richtung weisen Auswertungen von Daten des so genannten Sozio-oekonomischen Panels, einer jährlichen Befragung von zuletzt rund 12.000 Haushalten in Deutschland. Danach haben Männer mit Abitur eine um drei Jahre höhere Lebenserwartung als ihre Geschlechtsgenossen ohne Abitur. Bei Frauen liegt der entsprechende Unterschied sogar bei knapp vier Jahren [5]. Wie Untersuchungen aus verschiedenen europäischen Ländern zeigen, hat sich die soziale Schere im Verlauf der letzten Jahrzehnte geweitet: Zwar steigt die Lebenserwartung auch in unteren Sozialschichten an, doch nicht so schnell wie in oberen Schichten, weshalb die Unterschiede größer werden. So ist in höheren Sozialschichten die Sterblichkeit an Herz- Kreislauf-Krankheiten stärker rückläufig als in unteren Schichten. Gleichzeitig haben sich bei Frauen und Männern aus unteren sozialen Schichten die Sterblichkeitsraten für Lungenund Brustkrebs, für Krankheiten der Atmungsorgane und des Verdauungstrakts sowie für Verletzungen und Unfälle erhöht [6]. Gesundheit in Deutschland, 2006 Entwicklung der Lebenserwartung in Deutschland Literatur 1 GBE (1998) Kap. 3.2 Allgemeine Sterblichkeit und Lebenserwartung. In: Statistisches Bundesamt (Hrsg) Gesundheitsbericht für Deutschland, Metzler-Poeschel Stuttgart, S. 43 2 Statistisches Bundesamt (2006) Höchste Lebenserwartung in Baden- Württemberg. Pressemitteilung vom 15. Februar 2006 http://www.destatis.de/presse/deutsch/pm2006/p0610022.htm 4 Helmert U, Voges W, Sommer T (2002) Soziale Einflussfaktoren für die Mortalität von männlichen Krankenversicherten in den Jahren 1989 bis 2000. Gesundheitswesen 64: 3 bis 10 5 Klein T (1996) Mortalität in Deutschland - Aktuelle Entwicklungen und soziale Unterschiede. In: Zapf W, Schupp J, Habich R (Hrsg) Lebenslagen im Wandel: Sozialberichterstattung im Längsschnitt Frankfurt New York, S. 366 bis 377 6 Mackenbach JP, Bos V, Andersen O et al. (2003) Widening socioeconomic inequalities in mortality in six Western European countries. Intern J of Epidemiology 32: 830 to 837 Tabelle mit den Werten aus der Abbildung 1.1.1 Abbildung 1.1.1: Lebenserwartung in Deutschland bei Geburt und im Alter von 65 Jahren. Quelle: Todesursachenstatistik, Statistisches Bundesamt; Fortschreibung des Bevölkerungsstandes Lebenserwartung bei Geburt. Frauen Jahr Deutschland Männer Alte Neue Alte Neue Deutschland Bundesländer Bundesländer Bundesländer Bundesländer 1990/1992 78,75 79,25 76,70 72,23 72,88 69,42 1991/1993 79,00 79,43 77,21 72,48 73,08 69,82 1992/1994 79,27 79,63 77,70 72,77 73,33 70,22 1993/1995 79,48 79,78 78,12 72,99 73,51 70,61 1994/1996 79,73 80,00 78,49 73,29 73,78 71,08 1995/1997 80,00 80,23 78,96 73,63 74,07 71,64 1996/1998 80,26 80,45 79,37 74,03 74,41 72,26 1997/1999 80,54 80,69 79,85 74,42 74,76 72,85 1998/2000 80,80 80,93 80,24 74,78 75,08 73,34 1999/2001 81,09 81,18 80,66 75,15 75,44 73,81 2000/2002 81,28 81,37 80,88 75,47 75,75 74,15 2001/2003 81,38 81,45 81,07 75,69 75,96 74,41 2002/2004 81,56 81,63 81,29 75,99 76,26 74,69 Gesundheit in Deutschland, 2006 Entwicklung der Lebenserwartung in Deutschland Lebenserwartung im Alter von 65 Jahren. Frauen Jahr Deutschland Männer Alte Neue Alte Neue Deutschland Bundesländer Bundesländer Bundesländer Bundesländer 1990/1992 17,85 18,20 16,37 14,23 14,48 13,06 1991/1993 18,02 18,33 16,69 14,37 14,60 13,25 1992/1994 18,20 18,46 17,03 14,52 14,73 13,49 1993/1995 18,33 18,55 17,31 14,61 14,81 13,64 1994/1996 18,50 18,71 17,57 14,77 14,95 13,88 1995/1997 18,69 18,87 17,86 14,94 15,11 14,11 1996/1998 18,84 19,00 18,12 15,14 15,29 14,38 1997/1999 19,04 19,18 18,39 15,35 15,49 14,67 1998/2000 19,23 19,36 18,67 15,57 15,71 14,91 1999/2001 19,47 19,58 18,97 15,86 15,99 15,21 2000/2002 19,62 19,73 19,15 16,08 16,22 15,41 2001/2003 19,67 19,76 19,25 16,21 16,35 15,56 2002/2004 19,80 19,88 19,40 16,40 1654 15,75