- Feuerwehr Zirl
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30 Technische unfallrettung Feuerwehr 11/2012 London: World Rescue Challenge 2012 Das ExCel Centre in London war von 18. bis 20. Oktober 2012 Treffpunkt für 30 Feuerwehren aus der ganzen Welt, denn dort wurde die World Rescue Challenge (WRC) 2012 veranstaltet, ein internationaler Wettkampf für technische Menschenrettung. Die Teams aus Spanien, Deutschland, Österreich, Schweiz, Portugal, Frankreich, Luxemburg, Irland, Südafrika, Neuseeland, Australien und England arbeiteten in diesen drei Tagen insgesamt drei verschiedene Unfallszenarien ab. Florian Prosch V eranstalter war die „London Fire Brigade“ (LFB) in Zusammenarbeit mit der World Rescue Organisation, welche ihren Sitz ebenfalls in England hat. Neben der „Extraction Challenge“, also der technischen Unfallrettung, fand auch die „Trauma Challenge“ für den Rettungsdienst sowie die „Rope Rescue“ für die Höhenrettung statt. Die drei Szenarien Bewertet werden die drei Kategorien Incident Commander, Medic und Technicals. Die Arbeit der Feuerwehren wird von einem Schiedsrichterteam beobachtet und nach verschiedenen Gesichtspunkten mit Gutpunkten bewertet. Die Bewertungsbögen sind auf der Webseite der WRO (www.wrescue.org) auf englisch zu finden. Bei dem sogenannten Debriefing wird die Arbeit dann mit den einzelnen Positionen besprochen. Die Gutpunkte werden hervorgehoben, die „Learning Points“ werden angesprochen und dazu werden Tipps gegeben, wie man diese Punkte verbessern kann. Bei der Schlussveranstaltung erhalten die Feuerwehren auch ihre Bewertungsbögen, so sehen sie nochmals die eventuellen Schwachstellen und können an diesen arbeiten und sich verbessern. Voneinander lernen Für viele der teilnehmenden Teams ist die Teilnahme an der WRC nicht die Erste. So sind diese dementsprechend erfahren in der Abarbeitung der drei nachgestellten Unfallszenarien. Doch nicht nur für die neueren Teams ist das Grund genug, die Arbeitsweisen der anderen zu beobachten und sich Tipps & Tricks abzuschauen. Die Arbeit selbst wird von erfahrenen Schiedsrichtern bewertet und in einem anschließenden Feedback-Gespräch ausgewertet. Dabei wird großen Wert darauf gelegt, dass die guten Arbeitsweisen hervorgehoben werden, gleichzeitig sollten aber gerade die „Learning Points“ nicht zu kurz kommen. Hier geben die Schiedsrichter ihre Erfahrungen aus ihrem Feuerwehralltag, aber auch den verschiedenen Challenges weiter. Viele der Teams berichten über ihre Erfahrungen und was sie daraus für zu Hause lernen. Fotos: FF Zirl, LFB Grundsätzlich sind bei den Szenarien zwei Pkw beteiligt, bei denen aus einem Fahrzeug ein oder zwei Personen zu befreien sind. Ein Team besteht aus fünf oder sechs Mitgliedern die in einen „Incident Commander“ (Einsatzleiter), einem „Medic“ (innerer Retter) und drei bis vier „Technicals“ (Rettungs- und Werkzeugtrupp) eingeteilt sind. Je nach Szenario bleiben dem Team 10 bis 30 Minuten Zeit, die Person(en) zu befreien. Der Medic wird bei der Patientenbetreuung nach der Fahrzeugsicherung von einem der Technicals unterstützt. Compelx: Bei diesem Szenario hat ein sechsköpfiges Team 30 Minuten Zeit, zwei Patienten aus dem Fahrzeug zu befreien. Dabei muss vom Medic der Zustand der beiden Patientendarsteller beurteilt und, in Absprache mit dem Incident Commander (IC), der Rettungsweg und die Priorität der Patienten festgelegt werden. Standard: Hier besteht das Team aus fünf Mitgliedern und die Zeit für die Befreiung von einem Patienten beträgt 20 Minuten. Der Patient ist grundsätzlich stabil und bleibt dies auch, wenn die Maßnahmen richtig gesetzt werden. (Freihalten der Atemwege, sorgfältige Überwachung usw.) Rapid: Auch hier ist ein Patient zu befreien, dieser ist vital bedroht und das ebenfalls fünfköpfige Team hat für die Rettung des Patienten 10 Minuten Zeit. Die Bewertung FW_2012_30-32_TRT.indd 30 21.11.12 15:14 EINSATZobjektiv Technische unfallrettung 31 Feuerwehr 11/2012 Das erlangte Wissen können sie an ihre Kameradinnen und Kameraden in der eigenen Feuerwehr weitergeben. Safety First Vor allem in England wird sehr stark auf die Sicherheit geachtet. So auch bei der Befreiung eines im Fahrzeug eingeklemmten Patienten. Bei den Challenges wird besonderes Augenmerk drauf gelegt, dass sich die Teammitglieder nicht verletzen. Dabei geht es aber nicht nur um den Wettkampf selbst, sondern auch darum, dass die sichere Arbeitsweise in Fleisch und Blut übergeht, sodass man im täglichen Einsatz auch auf die eigene Sicherheit und auf die Sicherheit des Patienten achtet. Ja, auch trotz sauberem Fahrzeugunterbau und sicherer Stabilisierung sowie dem vollständigen Abdecken sämtlicher Schnittkanten, kann eine schonende Patientenrettung innerhalb von 20 Minuten bewerkstelligt werden. Dies haben viele der teilnehmenden Feuerwehren bewiesen. Wettkampf oder doch Schulungsveranstaltung? Nüchtern betrachtet mag es nach einem reinen Bewerb oder Wettkampf aussehen. Natürlich, eine Wertung bzw. Platzierung erweckt schnell diesen Eindruck. Hierzu muss man auch erwähnen, dass die Teams dies als Anhaltspunkt ihrer Leistung sehen. In weiterer Folge können die Mannschaften so ihre Verbesserungen in der Vergangenheit und in der Zukunft erkennen. Was aber sicherlich von einem herkömmlichen Bewerb abweicht, ist die Praxisnähe und dass im Grunde kein Szenario wie das andere ist. Hier kommen auch die Vorurteile auf, der Bewerb wäre nicht messbar, es gäbe keine genauen Richtlinien etc. Wozu auch, es ist ja kein Bewerb – oder ist jeder Verkehrsunfall gleich oder gibt es hier genaue Richtlinien? Nein. Dennoch, das ständige Training lässt die Teilnehmer besser, sicherer und routinierter werden. So berichten viele Mitglieder solcher Teams über ihre Trainingsphasen und dass sie in dieser Zeit rund 30 Autos bis zur letzten Möglichkeit und in den verschiedensten Lagen „zerlegen“. Die Teams versuchen möglichst viel aus den Fahrzeugen „herauszuholen“. Sie beginnen beispielsweise mit einer Seitenöffnung; dann wird das Auto genau auf diese Seite gelegt, um an anderen Stellen weiterzuarbeiten. Die Einsatzgeräte Die Gerätschaften, mit Ausnahme der persönlichen Schutzausrüstung, werden vom Veranstalter organisiert und von den verschiedenen Herstellern bereitgestellt. So kann jedes Team mit dem gewohnten Gerät seine Szenarien abarbeiten. Vor dem Antritt wird das jeweilige Team in einem Nebenraum untergebracht. In dieser Zeit wird das Unfallszenario aufgebaut und die Mannschaft bereitet ihre ausgewählten Geräte vor. Für die drei gestellten Szenarien gibt es vordefinierte Gerätelisten, damit jedes Team mit gleichwertiger Ausrüstung antritt. Auch in österreichischer Ausführung: 2297 AM gestimmt: g g - c c Das Ergebnis Ist so was auch in Österreich denkbar? Auch in österreichischer Ausführung: 2097 AM gestimmt: g - c In den letzten drei Jahren fanden bereits vier Veranstaltungen dieser Art statt. Begonnen hat 2010 und 2011 das Team der Feuerwehr Zirl, welche im Jahre 2009 darauf aufmerksam wurde. Mittlerweile wurden die so genannten THL-Tage auch schon zweimal in Ober- Anzeige Fotos: FF Zirl, LFB Am Ende der drei Tage kam es im ExCel Centre zur feierlichen Schlussveranstaltung, bei der die Teams mit den meisten Gutpunkten geehrt wurden. Den Weltmeistertitel holte sich abermals das Team „FRS Royal Berkshire“ (UK), dicht gefolgt von dem Team aus Spanien „Generalitat Catalunya“ und „FRS North Yorkshire“, ebenfalls UK. 43 FW_2012_30-32_TRT.indd 31 FEUERwehrOBJEKTIV 8/2009 21.11.12 15:14 32 Technische unfallrettung Feuerwehr 11/2012 österreich abgehalten. Immer mehr Feuerwehren finden Interesse an dem THL-Tag, so nahmen an dem THL-Tag 2012 in St. Georgen im Attergau bereits 12 Feuerwehren aus Österreich teil. Auch in Österreich werden die Teams von Schiedsrichtern, welche in der technischen Unfallrettung erfahren sind, beobachtet, und ihre Arbeit wird in einem anschließenden Feedback-Gespräch gemeinsam aufgearbeitet. Gerade diese sofortigen Gespräche nach dem Szenario sind den Teilnehmern sehr wichtig, um die Erinnerungen und Erfahrungen verinnerlichen zu können. Der Unterschied zwischen dem THL-Tag und den internationalen Veranstaltungen, wie zum Beispiel der World Rescue Challenge, ist eher gering. Einzig der Part des Medics, also des inneren Retters, wird anders gesehen. In Österreich sind die medizinische und die technische Rettung getrennt in Rettungsdienst und Feuerwehr. Daher werden beim THL-Tag auch nur die Basics der Patientenversorgung, welche jedes Feuerwehrmitglied können sollte, verlangt. Auch die österreichischen Feuerwehren, die auf diesen Zug aufgesprungen sind, lassen ihre Erfahrungen und Erkenntnisse aus dieser Veranstaltung in die eigenen Reihen mit einfließen. Der Nutzen für die Feuerwehr Ein Team der FF Zirl (Tirol) ging bei der World Rescue Challenge 2012 in London an den Start. Immer öfter sind Feuerwehren mit Problemen wie Tagesalarmbereitschaft usw. konfrontiert. Da dieses System aus dem amerikanischen bzw. englischen Raum kommt, ist auch der Personaleinsatz für ein Minimum konzipiert. Durch einen gezielten Personaleinsatz von fünf bis sechs Feuerwehrmitgliedern kann eine eingeklemmte Person, unter Berücksichtigung der Sicherheit für Patient und Personal sowie einer schonenden und schnellen Rettung aus dem Fahrzeug, befreit werden. Hier ist zwar der Brandschutz noch nicht berücksichtigt, aber auch dieser kann mit gezieltem Personaleinsatz sichergestellt werden, wie die Feuerwehren bei solchen Veranstaltungen immer wieder berichten. Keine Schmälerung der leistung von Feuerwehrschulen Oft wird die Vermutung laut, dass man mit solchen Veranstaltungen das Ausbildungsangebot der Feuerwehrschulen in Frage stellen will. Dem ist aber nicht so, denn die Ausbildung an den Schulen ist notwendig und hat ihre Berechtigung. Die Veranstaltung sollte ein Angebot für die Feuerwehren sein, ihr Wissen und Können beurteilen zu lassen und sich auch weiteres Wissen anzueignen. So muss man den Teil „Feuerwehrschule“ als Teil des Ganzen sehen, genau so wie die Ausbildung in der Feuerwehr. Neben den Ausbildungen an den Feuerwehrschulen werden auch Veranstaltungen wie die Rescue Days in Deutschland oder Österreich angeboten. Auch hier können Feuerwehrmitglieder ihr Fachwissen zum Thema technische Unfallrettung erweitern und vertiefen, wie auch bei den THL-Tagen. Außerdem zeigt die Erfahrung, dass mit dem erhöhten Trainingsaufwand auch das Handling routinierter wird. Die Erkenntnisse solcher Trainings werden dann von den Feuerwehren auch gerne bei den THL-Tagen oder anderen vergleichbaren Veranstaltungen an die Teilnehmer weitergegeben. Auch für 2013 ist bereits ein weiterer THL-Tag in Österreich geplant. Stattfinden wird diese Veranstaltung am 28. September 2013 in Meggenhofen (OÖ). Feuerwehren, die Interesse haben daran teilzunehmen, sind eingeladen, sich bei den bestehenden erfahrenen Teams zu erkundigen. Weiterführende Links zu diesem Thema: • http://worldrescue2012.com • http://www.trt-zirl.at • http://www.ff-haag.at • http://www.ff-st-georgen.at/thl FW_2012_30-32_TRT.indd 32 Fotos: FF Zirl THL-Tag 2013 in Österreich 21.11.12 15:14