Lambrechter Geißbockspiel

Transcrição

Lambrechter Geißbockspiel
Textheft zum
Lambrechter Geißbockspiel
Epilog
Wieviel Jahrhundert voll Ungemach, voll Zank und Streit.
Wieviel Brautleut‘ standen all die Jahr bereit.
Nur um fortzuführ’n die Pflicht! Manch Hochzeitsnacht wart dafür nicht.
Doch immer hat es Leut‘ gegeben,
die den Bock geführt auf vorgeschriebnem Pfad,
vor Sonnenaufgang an der Stadtgrenz von Deidesheim gewart.
Andre auch nicht…
Manch armer Wicht verzweifelt gewesen und düpiert,
das störrisch Vieh in einen Karren bugsiert.
Abgelenkt vom rechten Weg sich nichts dabei gedenkt,
als dass nur zur rechten Stund er in Deisem angekummt.
Doch wehe wenn ertappt! Oh welch Not!
Dem Überbringer Schand und leerer Magen droht!
Nach beschwerlich Weg, Kein Brot, kein Wein!
Muss so der Empfang für Lambrechts jüngste Bürger sein?
Denn wer will es verdenken wenn ein Paar, frisch vermählt,
der Lieb und Leidenschaft folgend, den Weg des geringsten Widerstand‘s wählt?
Lasset uns froh sein, dass zu heut’gen Tagen,
Lambrechter und Deisemer Leut‘ gemeinsam es wagen
und die liebgewonn‘ Tradition zusammen in die Welt hinaus tragen.
Drum Menschen, macht Euch ein eigen Bild über unsren schönen Brauch.
Und tragt es hinaus in die Welt, dass alle erfahren
wie zwei Zankesbrüder die früher sich verklagten,
doch heute nun vertragen.
Text und © Hans-Werner Herrmann 30.10.2012
1
Das St. Lambrechter Geißbockspiel
von Ernst Schäfer
ergänzt von Luitpold Seelmann um das 4. Bild „Wallonenszene“ und das 6. Bild „Napoleonszene“,
In neun Bildern wird Lambrechts tausendjährige Geschichte lebendig. Fürstenherrlichkeit und
klösterliche Einsamkeit werden offenbar, der Geißbockvertrag zwischen St. Lambrecht und
Deidesheim wird im Beisein des Kaisers Ruprecht geschlossen, den entsetzlichen Jahren des 30jährigen Krieges, den Jahren des Hungers, der Not und der Pest folgt der Friede, der dem Lande
wieder Ruhe, neues Leben und Blüte bringt und den alten Brauch der Geißbocklieferung wieder
erstehen lässt. Aber auch Streit und Zank zwischen den Vertragspartnern bleiben nicht aus, die
jedoch mit echter pfälzischer Fröhlichkeit, mit Beschwingtheit und Volkswitz geschlichtet und
beendet werden.
Die Sprechrollen
1. Bild
Abt
Graf Otto
Schreiber
6. Bild
Napoleon
Minister
7. Bild
Bürgermeister von Lambrecht
Hochzeiter Jakob Kölsch
Lisbeth, seine Frau
Büttel
2. Bild
Äbtissin
Adelheid
Heinrich
Knecht
8. Bild
Bürgermeister von Deidesheim
Lacombe, Adjunkt
Steibock
Weisbrod
Schöffler
Dietz
Baader
Steinbach
Kathrin Dietz
Margreth Schauerer
Hochzeiter Jakob Kölsch
Lisbeth, seine Frau
Huber
3. Bild
Hofmeister
Bürgermeister von Lambrecht
Bürgermeister von Deidesheim
Kaiser Ruprecht
4. Bild
Schultheiß
Bürger von St. Lambrecht
Remacle
Pfarrer Dujon
Kurfürst Friedrich III.
Pfalzgraf Johann Casimir
Amtmann
5. Bild
Hauptmann
1. Landsknecht
2. Landsknecht
Wirt
Krieg
Hunger
Pest
2
Das Spiel beginnt mit einer Fanfare.
Prolog
Willkommen hier in dieses Tales Einsamkeit,
die Ihr von nah und fern zu diesem Spiel erschienen seid!
Wir wollen Euch ein buntes, altes Buch aufschlagen,
darin in Bildern wird erzählt von Lambrechts schicksalsvollen Tagen.
Von Tagen, die voll Sonnenschein und Festlichkeit,
voll Liebe, Lachen, Scherz - und auch voll düst'rem Leid!
Es wird erzählt, wie sich in der geschäftig regen Stadt
über 600 Jahr' ein schöner Brauch erhalten hat:
Die Geißbocklieferung an Deidesheim, in deren stürmische Geschichte
zwei Kaiser eingegriffen und Prozessgerichte.
Doch über allem Hader, Streit und manchem harten Wort
lebt dieser alte Pfingstbrauch heute noch in Ehren fort!
Das Spiel
Im Jahre 977 stiftete Graf Otto, Herzog von Worms, der Großvater von Kaiser Konrad II., zu
Ehren des heiligen Lambertus, des Bischofs von Maastrich, an dem Orte Gravenhusen, dem
heutigen Grevenhausen, ein Bethaus, in welchem Benediktinermönche für alle Zeiten leben und
wohnen sollten. Das Kloster, das von seinem Stifter und dessen Nachfolger reich beschenkt
wurde, erlangte Wohlstand und Ansehen und wirkte wohltätig auf die Kultur des Bodens und die
Bildung des Geistes ein.
(Das Kloster zu St. Lambrecht. Gediegene Fanfare.
Der Abt mit den Mönchen erscheint.
Graf Otto von Worms kommt mit Gemahlin und Gefolge angeritten.)
1. Bild
Abt:
Gott euch zum Gruß, Herr Otto, Graf von Worms,
und euch, vieledle hohe Frau Judith.
Ist’s nicht, als bräch’ der Himmel auf vor Freude
ob dieses Tages, der uns hier vereint?
Dies Klosters Weihestunde zu begehen,
das wir von euch, Erlauchte, zum Geschenk
und unvergänglichen Besitz erhielten,
seid ihr in diesem stillen Tal erschienen,
in dem der Friede und die Eintracht wohnen.
Nach eurem Wunsch, verehrte Frau Gräfin,
entstand dies Werk zu Ehren Sankt Lamberti.
3
Und seiner Bischof Gnaden vertraute uns,
den schlichten Söhnen Sankt Benedikts,
das Kloster und was ihm verschrieben an.
Bevor wir jetzt den Weiheakt vollziehen,
sag ich, als erster Abt, euch edlen Stiftern
im Namen und Empfehl des Allerhöchsten,
des meines Ordens und des ganzen Volks
von Grevenhausen Dank.
Die Sorge um dies Werks Gedeihen,
zum Fromm und Nutzen aller, die es lieben,
ist uns für alle Zeiten frohe Pflicht.
Wir wollen lehren, roden, bauen, pflügen
und Hüter sein des Rechts sowie des Friedens.
So möge wie der Frühlingssonnenschein
das Glück in diesem Tale heimisch sein.
Graf: Herr Abt, die Stunde sieht mich tief bewegt,
da endlich nach dem Wunsche meines lieb Gemahls das Kloster zu St. Lamberts Ehr
an diesem stillen Ort errichtet ist. Hier war ich einst auf wildverweg’ner Jagd
durch ein Verhängnis fast dem Tode nah,
doch in der Stunde größter Not war Gott
mit seiner Liebe mir unfassbar nah
und riss mich aus dem Tod zurück ins Leben.
Dies Kloster sag ihm dafür ewig Dank.
Die Urkund’, die vor’m Speyergaugericht
im Lutramsforste euch schon übergeben,
sie soll an jetzt im Beisein allen Volks
dahier noch einmal zur Verlesung kommen!
Schreiber: „Ich, Otto Graf in Rheinfranken, habe nach
dem Wunsche meines Eheweibes Judith,
im Einvernehmen und Befürwortung
mit Heinrich, Bruno, Cuno, meinen Söhnen,
mit Rat und Zulassung des Kaisers Otto dem Dritten
in Sankt Lambrecht, wie der Ort jetzt heißt,
zu Ehr des heiligen Lambertus, der 708 den Märtyrertod erlitt,
ein Kloster seines Nams gegründet.
Zum Schutzherrn und zum Schirmvogt dieses Klosters
bestimme ich jeweils den Ältesten
aus meiner Sippe, was hier festgelegt.
Das Kloster selbst hat folgende Begrenzung:
Die Brücke, da wo Hochspira und Spira
zusammenfließen, bis zur Spitze des Berges,
der Eisenberg genannt, von da nun bis
in Larbach, über’n Eichenberg hinweg,
das Azenthal ins Derenthal, dann über
den Fluss mit Namen Speyr, über Schurberg
allwo ein rundes Tal, das Krankenthal
genannt, von da nun über Brementhal
4
und Kirchberg, wo der Quell der Bernbach ist,
den Bubenberg zur obgedachten Brücke.
Der Abt des so umschriebenen Klosters hat
in dem Gebiet allein zu rechten und gebieten.
Graf: Hier, nehmt die Urkund’ zum Besitz, Herr Abt!
Und nun lasst uns mit dankerfülltem Herzen
zur Erstlingsweihe dieses Klosters schreiten.
Hierauf, Herr Abt, sorgt mir für Trank und Speisen!
Sind Spielleut schon bestellt für frohe Weisen?
Denn wisst, heut ist mir Traurigsein verhasst,
das ganze Tal sei heut bei mir zu Gast!
(G l o c k e n , A b z u g )
250 Jahre sind vergangen. Die Mönche sind den ihnen von ihrem Ordensstifter auferlegten
Verpflichtungen nicht mehr nachgekommen. Der Bischof Konrad von Speyer erwirkte daher
beim Papst Innozenz IV. ihre Vertreibung aus dem Kloster und die Übertragung desselben an
Dominikanerinnen. Die Nonnen erfreuten sich der Gunst der Kaiser und der Päpste, des Adels,
des Klerus und der Laien. Viele Töchter adliger Familien traten dem Orden bei oder wurden in
der weithin bekannten Schule des Klosters erzogen.
2. Bild
(Wuchtige Glocken. Frauenchor. Klostergarten. Die Mädchen spielen und
lachen, nur Adelheid sitzt schweigsam da. Romantische Fanfare vor der
Bühne. Die Äbtissin1 geht zu Adelheid hin.)
Äbtissin: Mein Kind, was ist mit dir?
Du träumst ins Tal
gleich einem Vogel, den man eingesperrt
und sich durch Gitter in die Freiheit sehnt.
Woher die bange Einsamkeit, sag an?
Weshalb kannst du nicht froh und heiter sein
wie diese Mädchen? Höre doch ihr Lachen!
Adelheid: Ehrwürdige Mutter, ich möchte weinen!
Verzeiht mir, dass ich euch betrüben muss.
Ja, wie der Vogel, den man eingesperrt,
so sehn ich mich hinaus ins frohe Leben!
Äbtissin: Du findest doch auch hier den Sonnenschein.
Aus jedem Auge lacht er dir entgegen.
Drei Jahre sollst du hier bei uns verleben,
sollst lernen, wie es deinem Stand entspricht,
dann darfst du wieder heim zu deinen Eltern.
Dünkt dich die kurze Zeit so grauenvoll?
Adelheid: Mutter, sprecht nicht so, Ihr wisst ja nicht,
wie sehr ich euch und alle hier im Haus
von ganzem Herzen liebe.
1
Die offizielle Bezeichnung für das Nonnenkloster war Priorat
5
Dennoch quält mich eine unerfüllte Sehnsucht,
die ihr nicht verstehen könnt, weil euer Herz
nicht einem Menschen, sondern Gott verschrieben.
Äbtissin: Du bist verliebt?
Adelheid: Ja, ehrwürdige Mutter,
ich bin verliebt, das will ich euch bekennen.
Seit meiner frühen Kindheit schon verzehrt
mein Herz sich ohne Unterlass nach ihm,
dem Besten, Liebsten auf der Welt!
Äbtissin: Nach wem, mein Kind, so du die Frage mir erlaubst?
Adelheid: Nach Heinrich, Ritter von der Spangenburg!
Äbtissin: Dem jungen Ritter von der Spangenburg?
Er ist doch schon mit Agnes von Bolanden verlobt!
Wie kannst du so vermessen hoffen?
Adelheid: Er liebt sie nicht, weil sie ihm aufgezwungen.
Sein ganzes Sehnen gilt nur mir allein.
Äbtissin: So schwor er dir?
Adelheid: Nein, so erlauscht’ ich es,
wenn sein Herz mir ganz geöffnet stand;
der Liebe Wurzeln haben sich verfangen
und trennt man sie, so sterben beide ab.
Äbtissin: Nun willst du hoffen?
Adelheid: Ja, nun will ich hoffen!
Will auf ihn warten, denn ich weiß, er kommt!
Das Wann nur martert mich und macht mich ruhelos.
Äbtissin: Und wirst vielleicht daran zugrunde gehn!
Nein, Adelheid, bau keinen Himmel dir
aus Träumen, die wie leichter Schaum zerstieben.
Zu diesem Glück fehlt dir der Eltern Segen.
Du bist bereits schon einem Mann versprochen.
Adelheid: Ich lieb ihn nicht.
Äbtissin: Du wirst dich auch an ihn gewöhnen.
Gräme dich darum jetzt nicht.
Verwehre deinem Herzen nicht das Lachen,
sei aufgeschlossen, strebsam und verträglich
und lass die Zukunft Gott empfohlen sein.
(Glocken läuten)
Die Glocken rufen! Lasst uns zur Andacht gehn. ( a b )
(Kirchgang, Chorgesang. — Heinrich von der Spangenburg, der diese
Szene belauschte, eilt auf die Bühne und ruft Adelheid leise zu)
Heinrich: Adelheid!
Adelheid: Du, Heinrich?
6
Heinrich: Adelheid! — Ich will dich holen!
In einer Woche soll ich Agnes von Bolanden
zum Eheweibe nehmen!
Da bin ich heute früh davongejagt,
um dich dem Kloster zu entführen.
Da unten steht mein Pferd. Entschließ dich schnell,
eh wir bemerkt und dran gehindert werden.
Adelheid: Wo willst du hin?
Heinrich: Auf meines Oheims Burg.
Dort lassen wir uns morgen heimlich trauen.
Und sind wir, du und ich, ein glücklich Paar,
dann soll die ganze Welt uns neidisch sein!
Willst du mir folgen, Adelheid? Entscheid dich!
Adelheid: Du Liebster, ja! Ich will dir folgen!
Heinrich: Komm!
(Ein Knecht kommt über den Platz, sieht die beiden fliehen und ruft die
Äbtissin)
Knecht: Die Jungfer Adelheid ist ausgerissen!
Die Jungfer Adelheid ist ausgerissen!
Äbtissin: Was redest du?
Knecht: Ich schwör’s euch, sie ist weg!
Mit einem fremden Manne ritt sie fort.
Hier meine Augen haben es gesehen!
Äbtissin: Mit einem Manne?
Knecht: Ja, mit einem Manne!
Sie saß mit ihm zu Pferd und ritt davon.
Man muss ihr nach!
Äbtissin: Lass sein, wer weiß, ob nicht
das Glück am Ziele ihres Rittes steht.
Sie saß doch willig auf des Pferdes Rücken?
Knecht: Und wie! Sie hielt den Mann ganz fest umschlungen!
Äbtissin: Dann war er’s auch. Die beiden lieben sich.
Knecht: Ei! Ei!
Äbtissin: Gott gebe, dass sie glücklich werden.
Knecht: Wenn sich die Sache so verhält . . .
Äbtissin: Es war der Ritter Heinrich von der Spangenburg.
Er hat sich nur geholt, was ihm gehörte.
Knecht: Wenn jede Maid sich so entführen lässt . . .
Äbtissin: Da sei nur unbesorgt, denn solche Lieb
ist rar und selten wie der Edelstein.
Nein, freu dich, dass zwei Herzen Frieden fanden.
Oh, möcht’ es allen so beschieden sein!
Hätte jede Liebe so Beweis gestanden,
es gäbe auf der Welt nur Sonnenschein! ( a b )
7
Um das Kloster hatte sich im Laufe der Zeit das Dorf St. Lambrecht gebildet, das im Jahre 1237 zum
ersten Male urkundlich erwähnt wurde und sich mit dem viel älteren Grevenhausen allmählich zu
einem Doppelort herausbildete, dessen Einwohner seit „urfürdenklichen Zeiten" das Recht besaßen, in
gewissen Teilen des Deidesheimer Waldes ihr Vieh zu weiden. Als Entgelt für dieses Weiderecht
mussten sie den Deidesheimern alljährlich an Pfingstdienstag einen Bock liefern. Dieses alte
Herkommen wurde im Jahre 1404 von Kaiser2 Ruprecht vertraglich festgelegt, was durch
Streitigkeiten zwischen beiden Parteien notwendig geworden war.
3. Bild
(Majestätische Fanfare. Kaiserpalast zu Worms. Sitzungssaal.
Der Hofmeister erscheint.)
Hofmeister: Die Herren von Deidesheim und von St. Lambrecht!
(Kölsch und Weißbrod treten auf.)
Des Kaisers Majestät wird gleich erscheinen! ( a b )
Kölsch: Ihr bleibt also besteh’n auf eurem Recht,
das, wie gesagt, von uns bestritten wird?
Weißbrod: Jawohl!
Kölsch: Und unsere Rechte?
Weißbrod: Rechte! Rechte!
Kölsch: Ja, wo in aller Welt gibts denn ein Recht, das nicht verpflichtet?
Weißbrod: Weidet ihr nicht Vieh auf unsren Plätzen?
Kölsch: Kühe ja! Wir fordern Weiderecht auch für das Kleinvieh!
Weißbrod: Wir halten uns nach dem Vertrag.
Kölsch: Den ihr nach euren Wünschen deutet und verdreht!
Weißbrod: Das ist doch stark!
Kölsch: Der Meinung sind wir alle!
Hofmeister ( E r s c h e i n t u n d s t a m p f t d r e i m a l m i t s e i n e m S t a b ) :
Ich muss um Ruhe bitten, meine Herren! ( a b )
Weißbrod: Man nennt euch nicht umsonst allorts die „Geißböck“.
Kölsch: Was soll das heißen?!
Weißbrod: Braucht’s der Deutung noch?
Ihr habt des Bockes Art: die Störrigkeit!
Kölsch: Nun wird mir’s doch zu bunt! Ihr Bauernpack!
Kauft euch das Vieh in Zukunft selbst!
Weißbrod: Das ist Beleidigung der schlimmsten Art!
Nehmt ihr das „Bauernpack“ zurück?
Kölsch: Ich denke nicht daran!
Weißbrod: Dann kommt die Sache vor Gericht!
Kölsch: Nur zu! Ihr werdet euch am Feuer selbst verbrennen!
2
König Ruprecht, vorm. Pfalzgraf Ruprecht III.
8
Hofmeister ( E r s c h e i n t w i e d e r u n d s t a m p f t d r e i m a l m i t s e i n e m S t a b . ) :
Ich muss um Ruhe bitten, meine Herrn!!! ( a b )
Kölsch: Und mit dem Holzrecht, dass ihr’s endlich wisst,
verfahren wir in Zukunft so:
Wenn ihr nicht willig uns das Lesen zugesteht,
dann schlagen wir den ganzen Wald zu Kleinholz!
Weißbrod: Das wollen wir doch sehn!
Kölsch: Ganz nach Belieben!
Hofmeister ( E r s c h e i n t w i e d e r u n d s t a m p f t d r e i m a l m i t s e i n e m S t a b . ) :
Des Deutschen Reiches Kaiser, Ruprecht!
Kaiser: Grüß Gott, Ihr Herren aus der schönen Pfalz!
Ihr seid mir ja ein streitbar, hitzig Völklein!
Macht das der Wein?
Kölsch: Zu dienen, Euer Gnaden, daran trägt einzig und allein . . .
Kaiser: Ich weiß! Ich weiß! Der andere trägt allein die Schuld, —
Ihr großen Kinder! Muss denn immer in den Sonnenschein
ein dunkler Schatten fallen?
Weißbrod: Wenn Euer Gnaden mir erlauben, will ich ...
Kaiser: Das könnt euch so gefallen, mein Schloss als euren Kampfplatz zu
erwählen. Ich lieb’ den Frieden meine Herren! Die Ruhe!
Versteht deshalb, dass ich die Bitte euch versage.
Hört mir lieber einmal zu:
Ich hab den Fall gewissenhaft geprüft und bin zu dem Ergebnis
nun gekommen, dass jeder von euch Recht und Unrecht hat.
Da staunt ihr, was?
Kölsch: Wenn die Stadt Deidesheim ...
Kaiser: Nicht gleich so hitzig! Immer ruhig Blut! —
Dass die Stadt Deidesheim betreffs des Holzrechts
Sankt Lambrecht Schwierigkeiten und Verdruss bereitet,
das steht fest und redet dem Vertrag entgegen!
Kölsch: Unsre Rede, Hoheit!
Weißbrod: Ich bitte aber zu bedenken, ...
Kaiser: Still! Ich bin noch nicht am Ende meiner Rede! —
Dass sich Sankt Lambrecht aber Rechte anmaßt,
die Weide auch mit Kleinvieh zu belegen,
das widerspricht in gleicher Weise dem Vertrag,
der allerdings noch nicht verbrieft.
Kölsch: Dem muss ...
Kaiser: Herrgott, Ihr Pfälzer Feuerköpfe!
Ihr kommt mir stets mit euren Widersprüchen!
So kann der Streit niemals geschlichtet werden.
9
Hört zu: Die alten Sitten und Gebräuche
sind heilige Güter unsres Volks
und müssen unbedingt erhalten bleiben!
Ein Volk, das kein Brauchtum kennt,
ist mit der Heimat nicht verwurzelt.
Drum lasst den Streit! Denkt immer groß und edel
und macht euch frei von kleinlichen Gedanken.
Ihr Deidesheimer sollt St. Lambrecht nicht das Lesen
dürren Holz’ verwehren, wo es doch verfault
und unnütz liegen bleibt.
Sankt Lambrecht aber soll auch nicht
- entgegen der alten mündlichen Vereinbarung die Weide auch mit kleinem Vieh und Schweinen belegen,
das Deidesheim die Eichelmast gefährdet.
Ich habe nun für alle Zukunft hier vertraglich festgelegt
und neu bestätigt, was seit Jahrzehnten Überlieferung war.
Eh ihr mit eurem Namen dies beglaubigt,
will ich den Text euch zur Verlesung bringen:
Hofmeister: „Ich, Ruprecht, Kaiser aller Deutschen, bestätige hiermit,
wie es Recht und Brauch von altersher schon ist,
dass in dem Wald von Deidesheim und zwar in jenem Teil,
der von der Aspenkehl bis Lohrbach
und von der Kreuzbrück bis kurz vor Spangenberg reicht,
des Klosters von St. Lambrecht Insassen das Recht der Weide haben,
doch Säu und kleines Milchvieh ausgenommen.
Ferner steht jedem Bürger von Sankt Lambrecht frei,
in diesem Wald an dürrem Holz soviel er braucht zu lesen.
Dafür hat Lambrecht am Dienstag nach der Pfingst
vor Sonnenaufgang an Deidesheim einen Geißbock,
der gut gehörnt und gut beschaffen ist, zu liefern.
Führer dieses Bockes sei der jüngste Bürger von Sankt Lambrecht.
Für die Mühe und Beschwerd
erhält er in Deidesheim ein Käsebrot zur Atzung
und zum Trunke zwei Maß Wein.
Kaiser: Nun setzet euren Namen unter meinen.
- Gottlob, das wäre geschaffen und erledigt.
Ich nehme jedoch an, ihr Herrn,
dass ihr auch inne haltet, was hier aufgestellt.
Gebt euch die Hand, ihr ewigen Streiter,
lacht jede Feindschaft aus dem Herz hinaus
und zeigt euch würdig eurer schönen Heimat.
- Jetzt lasset uns von eurem besten Weine
einen Trunk tun auf unser herrlich Pfälzerland,
dessen Menschen, Gärten, Burgen, Haine
ein goldner Sonnenhimmel überspannt.
10
Das 4. Bild stellt den Einzug der Wallonen dar. Die in den Jahren 1566 bis 1569 wegen der in
ihren Heimatländern Frankreich und dem heutigen Belgien herrschenden Religionskriege
vertrieben wurden und denen in dem von den Nonnen verlassenen Kloster durch Kurfürst
Friedrich III. und Pfalzgraf Johann Casimir3 Zuflucht gewährt wird. Es wird ihnen Grund und
Boden in Erbbestand gegeben und Glaubensfreiheit zugestanden. Sie bringen die Kunst des
Tuchmachens mit und damit Wohlstand und Glück.
4. Bild
(„Französische“ Fanfare. Auf der Bühne stehend die Bürger von
St. Lambrecht)
Schultheiß: Ihr Bürger Lambrechts! Eine frohe Kund’
vereinigt uns auf diesem Platze!
Herr Friedrich, unser Kurfürst, den man nennt den Frommen,
nebst Pfalzgraf Johann Casimir, sein Sohn,
sie wollen heute zu uns kommen,
um flücht’gem Volke Heimstatt zu bereiten.
Bürger: Ihr treibt wohl Scherz, Herr Schultheiß!
Neue Bürger?! In unserm Ort,
der noch von großer Kriegsfehd schwere Risse trägt
von dessen kargem Boden wir uns selbst kaum nähren
und bittre Not durch jedes Fenster aus den Stuben späht!
Schultheiß: Soviel mir kund, sind’s Brüder unserer neuen Lehr’,
die im Welschland unterm Kreuze sitzen,
die darum viel erduldet und erlitten,
und um des Glaubens willen zahlten teuren Preis.
Sie sollen keine Bauern sein, die zu uns kommen,
sie üben eine Handwerkskunst:
Sie spinnen Garn und weben Tuche
und walken, färben, handeln nach der Zunft.
Bürger ( a u f d i e W a l l o n e n z e i g e n d , d i e s i c h m ü d e u n d g e s e n k t e n B l i c k e s
aus einer Seitentür der Bühne nähern.):
Sind’s diese dort, auf die wir warten?
Beladen schwer mit Sack und Bündel
ziehn sie heran gen Lambrechts Flur!
Gebeugt und keuchend, schlürfend ihre Schritte!
Wohin mit diesem Elendsvolk denn nur?
So viele Bettler hab ich nie gesehn,
obwohl mein Haar ist nicht mehr blond,
wovon sollen leben sie denn hier?
Wir sind doch selbst ein armes Volk!
3
Pfalzgraf Friedrich III. 1515-1576, Kurfürst ab 1559. Dessen drittgeborener Sohn Johann Casimir 1543-1592,
nach dem Tod seines Vaters Landesherr der Ämter Neustadt, Kaiserslautern und Böckelheim sowie der Stadt
Frankenthal. Nach dem Tod seines Onkels Kurfürst Ludwig VI. 1583 Administrator des Kurfürstentums für dessen
minderjährigen Sohn Friedrich IV. "den Aufrichtigen"
11
(Nachdem die Flüchtlinge vor der Bühne angekommen sind, betreten aus
seiner Mitte der Pfarrer Dujon und der Bürger Remacle die Stufen der
Bühne.)
Remacle: Verzeiht! - O, habt die Güte lieber Mann,
und saget uns, ob diese Mauern, diese Tore
umschließen unsren neuen Heimatort.
Schultheiß: Wenn ihr die seid, die unser Landesherr uns angekündigt,
so wisset: Dies ist Sankt Lambrecht!
So genannt nach seinem einst’gen weit bekannten Kloster;
und ich bin Schultheiß dieser Bürger hier.
Remacle: Habt Dank! - Habt vielen Dank!
So sind wir endlich unserm Ziele nah! (u n d z u d e n W a l l o n e n g e w e n d e t )
Nun könnt ihr rasten, wir sind da!
(die Wallonen lassen sich auf den Stufen nieder. Nach kurzer Pause ihr
Pfarrer:)
Dujon: Habt nochmals Dank! Doch lasset mich berichten jetzt
von unserm Leidensweg, den wir gegangen:
Wir sind Wallonen!
Weit war der Weg, den wir in wochenlangen Märschen
mit Weib und Kind haben mühevoll geschafft.
Trotz Furcht im Nacken, Hunger in den Mägen,
war Gottes Hilfe stets uns nah. Wir kommen von der Niederlande Grenze,
wo eine blut’ge Hochzeitsnacht ihr Spinngewebe flocht.
Sie ließ uns nichts als Gott und Flucht und dieses Bündel Eigentum.
Wir sind gewandert, wochenlang auf staub’gen Straßen.
Wir teilten längst das letzte Stückchen Brot.
Wir mussten manche Frau und manches Kind am Wegesrand begraben
und solche Schicksalsschläge machten unser Denken tot.
Uns blieb nur eins:
Und dies war Gott und unsere Lehr.
Sie gaben Trost und Kraft in unserm Leid.
Sie führten uns auch eurem Herrn zur rechten Zeit entgegen,
der uns hier Fried und Heimat hält bereit.
(Signale! Der Kurfürst Friedrich III. und sein Sohn der Pfalzgraf J ohann
Casimir treffen mit Gefolge ein.)
Schultheiß; O, schrecket nicht!
Denn frohe Kund vermelden jene Töne:
Unser edler Herr und Fürst
will selbst den ersten Gruß entbieten seinen neuen Untertan’.
(Eintreffen des Kurfürsten und seines Sohnes mit Gefolge.)
Friedrich III: Gott euch zum Gruß, Ihr Bürger von Sankt Lambrecht!
Ich bin geeilt, um euch Wallonen zu empfangen,
und schätze glücklich mich,
dass in den leeren Mauern dieses Orts
bald Freud und Leben wieder wohnen werden.
12
Hier sollt ihr eine neue Heimat finden
und eurer Gotteslehre euch erfreun;
hier sollt ihr werken, schaffen, weben,
und eurer Handwerkskunst euch friedlich weihn.
Es soll kein Streit von Lambrecht mir gemeldet werden,
denn alle sind mir hier gleich lieb,
nur Diebespack, Gesindel, Gauner,
die sollen meine harte Hand verspüren.
Altbürger ihr - und ihr Wallonen,
seid Brüder, zieht am gleichen Strang.
Lebt, schafft und feiert frohe Feste,
das gibt dem Lebensrhythmus einen guten Klang.
Und meinen Sohn setz ich zum Herrn und Schützer.
Ich weiß es, meinem Willen wird er stets getreu,
den neuen Bürgern unsre Gunst bewahren,
dass Wohlstand blühe und aus Alt wird Neu.
Joh. Casimir: So sei’s! - Es soll mein ganzes Sinnen, Trachten
darauf gerichtet immer sein,
dass meines Vaters Wunsch ich als den eignen achte
und Friede, Eintracht kehren ein.
Doch da ihr Menschen seid, und alles auf der Welt vergänglich,
so hab zu Lautern, unsrer Burg,
dem Amtmann ich Befehl gegeben,
für ewig unsern Willen aufzuschreiben.
So kündet denn, was wir beschlossen!
Amtmann ( l i e s t v o r ) :
Wir Johann Casimir, der Pfalzgraf ist,
beschlossen, legten fest
und künden, was hiermit wird Gesetz:
Den Flüchtlingen, so sie verlassen
um ihres Glaubens Willen Heim und Gut,
soll, wie es auch mein Vater wünscht,
all Häuser, Gärten sowie sonst’ger Grund
in Erbbestand gegeben werden.
Sie sollen ihren Nutzen hieraus ziehen
und zahlen einen niedren Zins
in Zehentgaben und in barer Münz.
Mein Amtmann, der in Neustadt sitzet,
soll schauen hier, wie sonst, aufs Recht;
jedoch für die geringen Sachen
soll Lambrecht selbst sich einen Schultheiß küren,
dem sieben Schöffen stehn zur Seit.
Die sollen schlichten kleine Mängel
und in geringen Sachen Richter sein.
Auch eine neue Ordnung soll erhalten
die so entstand’ne neu Gemein’,
die einmal jährlich wird verlesen,
damit sie in Erinn’rung bleibt.
13
Und was die Gotteslehr betrifft,
so gilt mein Wort als heilger Eid,
dass alle, die sich ihr ergeben,
dies können tun ohn Furcht für Leib und Leben!
Nach meines Vaters Kirchenordnung
solln sie die Sakramente feierlich begehn,
und einen eignen Kirchendiener
will ich auch ihnen zugestehn.
Remacle: Habt Dank, oh Fürsten!
Ihr seht uns tiefbewegt,
da wir von eurer großen Gunst so reich beschenkt . . .
Joh. Casimir: Schon gut! - Zeigt euch in Taten ihrer wert
und dankt durch Fleiß und frohes Schaffen.
Remacle: Ja, wir wollen die von den Vätern uns vererbte Kunst
des Wollewebens hier entfalten.
Wir wollen wie sie eine Ordnung schaffen für die Zunft,
für alle bindend, die ihr angehören.
Sie wird Bestimmung treffen über
Länge, Breit und Fadenzahl des Tuchs,
sein Rahmen, Rauen, Walken, Färben,
und unser Siegel soll der Stücke Gütezeichen sein.
Dann werden Wohlstand, Glück und Freude,
in unserm Tale wieder kehren ein.
Kurfürst: Solche Worte freuen uns und ehren euch!
Und nun ist euer Platz nicht mehr auf diesen Stufen.
Kommt her, gesellt euch diesem Manne bei.
Reicht euch die Hand zum Zeichen eures guten Willens,
der Liebe, Friede, Eintracht sei!
(Die Wallonen steigen die Stufen hinauf, der Schultheiß reicht ihnen die
Hand. Dann tritt der Pfarrer vor den Pfalzgrafen.)
Pfarrer Dujon: Hochedle Herren!
Ich weiß, ihr wollet keine leeren Worte.
Doch lasst aus dankerfülltem Herzen
im Namen meiner Brüder dies mich sagen:
Die neue Lehre war es, die uns zwang,
die alte Heimat Gott zu opfern,
und arm und heimwehkrank in fremde Lande auszuwandern.
Gott sandte euch zur rechten Zeit,
denn Hunger, Not und Krankheit waren groß,
unsre Brüder starben an den Wegen
und unsre Zukunft war ganz grau und hoffnungslos.
Drum sei euch Dank, hochedle, gottgerechte Fürsten.
Er mag’s euch lohnen, himmelwärts.
Und unser Dank sei Treue, Liebe, Fleiß und Strebsamkeit.
Auch dich Vater, hoch im Himmel,
der du uns dieses neue Heimatglück beschert,
14
dich lass uns nie und nimmermehr vergessen,
und danken so, wie du uns einst gelehrt.
Auf unsre Knie lasst uns fallen, Brüder,
zu Gottes Ehr und Herrlichkeit,
und lasst uns sprechen, lasst uns beten,
voll Dank, voll Lieb, nach unsrer Lehr:
Vater unser im Himmel!
Geheiligt werde Dein Name, Dein Reich komme,
Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute und vergib uns unsre Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen!
Doch die Stürme des 30-jährigen Krieges sowie der pfälzische Erbfolgekrieg brachten Lambrecht
Elend, Not und Verwüstung.
5. Bild
(Kriegerisch-dissonante Fanfare. Aus der Ferne Kanonendonner und
Trompetensignale. Bald darauf Gewehrschüsse. Volk flieht über den Platz.
Ihm folgen Landsknechte)
Hauptmann: He! Lasst sie laufen!
Hier gibt’s Wein in Menge!
Wir haben heut schon Blut genug gerochen!
Jetzt soll ein bessrer Duft die Kehle würzen!
(Landsknechte kommen mit Krügen und Bechern, zwei von ihnen stoßen
den Wirt auf die Bühne)
Hauptmann: Sauft euch den Magen voll!
1. Landsknecht: (Z u m W i r t ) Komm her, du Wanst,
sonst stoß’ ich dir das Messer in den Bauch! Schenk ein!
Hauptmann: Bist du der Wirt?
Wirt: Ja, hoher Herr.
1. Landsknecht: Wir trafen ihn im Keller an.
Dort hat er ganz gewiss sein Wuchergeld versteckt!
2. Landsknecht: Ist’s nicht so, he? Du hast doch was vergraben!
Wirt: Nein, hohe Herren, ich bin ein armer Mann.
Hauptmann: Halt’s Maul! Die Wirte haben immer Geld.
1. Landsknecht: Dein fetter Bauch zeugt nicht von Hungerjahren!
Wirt: Die Spanier nahmen mir das Letzte weg.
Jetzt bin ich bettelarm.
2. Landsknecht: Du Lügenmaul!
Weshalb triebst du dich scheu im Keller rum?
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Wirt: Aus Angst!
Hauptmann: Aus Furcht, es könnte dir dein Geld gestohlen werden!
1. Landsknecht: Du hast’s versteckt! Gestehe, fettes Schwein!
Wirt: Gott ist mein Zeuge, dass . . .
Hauptmann: Halts Maul von Gott!
Zum letzten Mal: Wo ist das Geld versteckt?!
Wirt: So glaubt mir doch, ich bin aufs Letzte ausgeplündert.
Hauptmann (s c h ü t t e t i h m W e i n i n s G e s i c h t ): Verdammter Hund!
Du hältst uns wohl für Narren? Wo liegt das Geld?
2. Landsknecht: Willst du dein dreckig Maul jetzt endlich auftun!
1. Landsknecht: Wird’s bald!
Wirt: So glaubt mir doch, ich …
Hauptmann: Pest und Teufel! Führt ihn in den Keller!
Wenn er nicht gesteht, so hängt ihn an dem ersten Pfosten auf!
(Der Wirt wird weggebracht.)
1. Landsknecht: Sauf deinen Ärger runter! - Flüssig Gold!
Das rinnt wie Feuer in den Bauch!
2. Landsknecht: Sauf zu! (T r o m m l e r s i g n a l e , G e w e h r s c h ü s s e )
Hauptmann: Die Kaiserlichen!
1. Landsknecht: Also haben sie die Nachhut doch schon überrannt!
Hauptmann: Verdammt! Da fliehn sie schon wie aufgeschreckte Bienen!
2. Landsknecht: Kommt mit! Wir schlagen alle Fässer ein,
dass sie den Wein vom Boden saufen müssen.
Hauptmann: Lasst schnell zum Rückzug blasen.
Eh’ wir flieh’n, wird jedes Haus dem Feuer preisgegeben! (L a n d s k n e c h t e f l i e h e n )
Szene mit Hunger, Pest und Krieg
Krieg: Ich bin der Krieg!
Mit diesem Schwert, mit diesem Flammenband
zieh ich verheerend durch das deutsche Land!
Wo ich erscheine, bringe ich Verderben,
und hinter mir sind Blut und Trümmer, Not und Sterben!
Auch dieses Tal hab dreimal ich in Schutt gelegt
und alles Leben aus ihm weggefegt!
Und weiter geht die Jagd! Ich rase, brenne, morde
und mach aus Menschen eine wilde Horde!
(L a n d s k n e c h t e m i t T r o m m e l n )
So ziehen sie von Stadt zu Stadt, sie, meine Meute,
und trommeln ihrem Volk ein schaurig Grabgeläute!
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Hunger: Ich bin der Hunger!
Ich kam mit ihm, dem Krieg, ins Tal
und brachte Elend, Not und Qual!
Ich geisterte durch Trümmer und zerstampfte Felder,
und trieb die Menschen in die nahen Wälder!
Dort starben sie dahin, die Greise, Kinder, Frauen,
zurück blieb nur ein schaurig Todesgrauen.
Dreimal hat man das Tal von neuem aufgesucht,
dreimal zertrat mein Fuß die aufgekeimte Frucht!
Ich kannte kein Erbarmen.
Pest:
Ich bin die Pest!
Die Geißel in der kalten, fahlen Knochenhand,
husch ich gespenstisch durch das blutgetränkte Land!
Und wo sich Menschen, die dem Krieg entronnen, zeigen,
beginne ich mit meinem grauenvollen Todesreigen!
(Auf einer Bahre wird eine „Leiche“ an der Bühne vorbei getragen.)
Hier kommt ein Opfer von den vielen,
die unter meinen Geißelhieben fielen!
O Toren ihr! Ihr glaubt, mit Spuk und Räucherpfannen
mich aus dem Tal hier zu verbannen?
Ich hol euch alle! Merkt! So lange meine Geißel fliegt,
bis alles Leben unter meinem Fuß begraben liegt!
(Die Schrecken des 30jährigen Krieges sind zu Ende; die Verkündigung
des Friedens gibt den schwer geprüften Lambrechtern wieder Mut und
Kraft zu neuem Schaffen.)
Sprecher: Friede! Friede! Friede!
Wir hatten 30 Jahre Krieg im Tal!
Wir litten 30 Jahre Not und Qual!
Wir sahen 30 Jahre Rauch und Blut
und überall zerstörtes Heimatgut!
Wir hetzten 30 Jahre durch das Land,
durch Wälder, Dörfer, Glut und Feuersbrand!
Wir sehnten 30 Jahre uns nach Frieden,
nun zog er ein und brachte Licht und Blüten!
Friede! Friede! Friede!
Aus unsren Augen bricht ein heller Glanz,
und jede Stirne schmückt ein Frühlingskranz!
Wir lachen! Lachen! Jauchzen voller Lust,
denn neue Hoffnung schwillt in unsrer Brust!
(Glocken läuten)
Hört! Glocken! Glocken jubeln in das Tal,
sie künden: Friede, Friede überall!
Der Heimat, die in Blut und Asche lag,
strahlt nun ein zukunftsfroher Sonnentag!
Bald wird aus ihren Trümmern und Ruinen
ein neues, starkes, junges Leben grünen!
Auf, junges Volk! Drück in das Haar den Kranz
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und leb die Freude aus bei Spiel und Tanz!
Dann wollen wir, die Jungen und die Alten,
vereint und froh die Heimat neu gestalten!
(Friedenstanz)
6. Bild
Immer wieder flammte der alte Streit zwischen Lambrecht und Deidesheim um die Weide- und
Holznutzungsrechte auf. Nach langwierigen Verhandlungen kam es 1805 zu einem Vergleich,
der die alten Rechte regelte und im Jahre 1808 von Kaiser Napoleon I. in seinem Feldlager zu
Aranda de Duero in der spanischen Provinz Burgos in Altkastilien ratifiziert wurde.
(Ort der Handlung: Kaiserliches Feldlager zu Aranda de Duero in der
spanischen Provinz Burgos in Altkastilien – 1808.
Fanfare: Marseillaise.
Zwei Soldaten mit Gewehren betreten die Bühne und stellen sich links und
rechts von der Eingangstür auf, zwei Soldaten mit Trikoloren treten auf
und stellen sich links und rechts an die Bühnenwand.
Der Minister betritt die Bühne.
Minister: Attention Messieurs!
- Der Kaiser der Franzosen, Napoleon I.
(Alle grüßen den Kaiser. Die Soldaten durch Salutieren, die Zivilisten mit
Devotionsknicks.)
Napoleon: (B e t r i t t e i l i g e n S c h r i t t e s d i e B ü h n e , m i t t yp i s c h e r H a l t u n g .
E r i s t i n E i l e . ) Merci, Messieurs! Ich danke für Ihr Kommen.
Ich bin in Eile. Eine pressante Affäre zwingt mich, in einer halben Stunde abzureisen.
Wenn nichts Wichtiges vorliegt, betrachten Sie die Audienz für beendet!
Minister: Sire, gestatten Sie mir, Ihnen eine dringende Angelegenheit vortragen zu dürfen. Der
Kurier brachte sie aus dem Département Donnersberg!
Napoleon: Donnersberg! ? - Mon Dieu, immer diese renitenten Pfälzer.
Machten diese Starrköpfe wieder eine Provokation?
Dieses Mal werde ich ihnen zeigen, wer Herr über Kopf und Hals ist.
Herr Innenminister, ich erwarte Ihren Bericht!
Minister: Pardon, Sire! Zu solchen Befürchtungen liegt kein Grund vor.
Mitten im Département Donnersberg, im Arrondissement Speyer,
liegen zwei kleine Ortschaften: St. Lambrecht und Deidesheim.
Zwischen diesen beiden Orten ist ein harter Kampf ausgebrochen und zwar wegen - eines Geißbocks!
Napoleon: Wegen eines Geißbocks? ! Ich glaube, Sie wollen mich zum Narren halten, Monsieur!
Fühlt sich mein Präfekt nicht im Stande mit einem Geißbock fertig zu werden oder erwartet er, der Kaiser der Franzosen wird dort hinkommen
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und Geißenhirt spielen?
Ich glaube, ich habe wirklich andere Probleme!
Minister: Ich wusste, Sire, dass ich den Unmut Eurer Majestät heraufbeschwören würde.
Aber in diesem Falle handelt es sich nicht um einen gewöhnlichen Ziegenbock,
sondern um einen Tributbock für ein altes Weiderecht,
in welches bereits 1404 Kaiser Ruprecht vermittelnd eingegriffen hat.
Napoleon: So? ! - Na, da bin ich wohl in guter Gesellschaft!
Lassen Sie weiter hören, Minister!
Minister: Bei dem erneuten Streit handelt es sich um zwei alte Weiderechte,
um die Rau- und um die Schmalzweide...
Napoleon: Alte Rechte! Hört sich schon besser an!
Sie muss man schützen! Fahren Sie fort!
Minister: Die Verhandlungen, die der Unterpräfekt von Speyer geführt hat,
führten zu einem Vergleich: Lambrecht hat auf die Schmalzweide verzichtet,
es darf dagegen die Rauweide ausüben,
muss aber dafür jedes Jahr durch seinen jüngsten Bürger
am Pfingstdienstag - vor Sonnenaufgang einen wohl gehörnten Geißbock nach Deidesheim liefern.
Napoleon: Geben Sie den Vertrag!
( N i m m t i h n u n d b l ä t t e r t d a r i n , a b u n d z u „bon“ - „très bien“ s a g e n d )
Aha, hier: Die Rauweide darf Lambrecht mit seinem Großvieh
in den Deidesheimer Waldbezirken als Servitut ausüben,
und zwar in sämtlichen Waldungen auf dem rechten Ufer des Speyerbachs;
- links in der Zwerlenbach, Aspenkehl bis auf den Stoppelkopf schwere Namen - jedoch, dass die gewöhnliche Recognition
eines wohl gehörnten und wohl gebeutelten Geißbockes
- das ist très bien - auch fernerhin entrichtet …
- et cetera, et cetera ...
Messieurs, ich liebe das Ziegenvieh. Es erinnert mich an Korsika,
an meine Jugend und an mein Elternhaus.
Und nun muss ich mich, als Kaiser der Franzosen,
mit so einem gehörnten Vertreter beschäftigen!
Doch wenn ich mir vorstelle, dass der jüngste Bürger
durch die Überbringung vielleicht auf eine Hochzeitsnacht verzichten muss
- magnifique, wie der Souspräfekt das gemacht hat. ( G i b t d e n V e r t r a g z u r ü c k . )
Minister: Majestät werden auch gesehen haben, dass das
Beholzigungsrecht im Deidesheimer Wald entfällt und,
dass Lambrecht dafür 700 Morgen Wald in dem Vergleich kostenlos erhält.
Napoleon: Oui, oui, oui, Monsieur, ich bin in Eile!
Setzen Sie das Ratifikationsdekret auf. - Ich werde es später unterschreiben Und vergessen Sie nicht, der Bock muss sein:
bien cornu et bien capable! - bien cornu et bien capable!!
Napoleon (g e h t k o p f s c h ü t t e l n d a b - s a g t l a c h e n d ) : Diese Pfälzer!
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(Die Marseillaise klingt wieder auf. Die auf der Bühne befindlichen
Personen grüßen wie eingangs und gehen ebenfalls ab.
Reihenfolge: Innenminister, Fahnenträger, Posten an der Tür.)
Der von Kaiser Ruprecht erstellte, in den Jahren 1534, 1685 und von Napoleon I. 1808 erneuerte
Vertrag zwischen Lambrecht und Deidesheim lebt noch, nach welchem der jüngste Bürger von
Lambrecht an Pfingstdienstag den Tributbock nach Deidesheim führen muss.
7. Bild
Übergabe des Geißbocks an den jüngsten Bürger
Wie schon einige seiner vielen Vorgänger gab auch der 1851 abgelieferte Lambrechter Geißbock
in Deidesheim wieder Anlass zur Beanstandung. Weil sowohl die Eigenschaften des Bockes als
auch die Begleitumstände der Überbringung nicht den festgelegten strengen Bedingungen
entsprochen haben, hat der Deidesheimer Stadtrat damals die Annahme des Bocks verweigert.
„Das Lieben bringt groß Freud“, wird hinter der Bühne gespielt.
Lisbeth (d r e h t s i c h z u i h m , g ä h n t ):
Wu schteckscht dann du? - Ich will doch schloofe geh'!
Jakob: Was? Jetz schunn? Ich hab so en dolle Kopp vun dem lange Feiere.
Die bucklisch Verwandtschaft is jo ewisch hocke gebliwwe unn zwä Daach lang fascht
iwwerhaupt nimmie hämgange.
Lisbeth: Ja, awwer schä war se gewest, unser Hochzischfeier. Kumm, mer gehn ins Bett.
Uffraame unns Gscherr schbiele kann ich anoch morsche.
Jakob: Ich muss noch e bissel an de frische Luft bleiwe. Lesch dich derweil, ich kumm nooch!
Lisbeth: So frisch verheirat witt du mich allää losse? Sei doch nit so wiescht!
Jakob: 's is mer halt so hääß!
Lisbeth ( s t e h t a u f , w i l l i h m a u s d e r J a c k e h e l f e n ) :
Kumm her, ich ziech der de Schlobb unn de Kittel aus!
Jakob (w e h r t e n e r g i s c h a b , t r i t t i h r v e r s e h e n t l i c h s o g a r a u f d e n F u ß ):
Nää, loss norre.
Lisbeth: Bass doch uff, du tretscht jo härter wie e Gääß!
Jakob: Nix for ungut, awwer ich brauch den Wamsch noch. Drauß isses e bissel kiehl!
Lisbeth: Saach emool, was bischt dann du for enner! Ämol iss ders zu hääß
- dann widder zu kalt.
Jakob: Ich muss halt noch e bissel frischie Luft schnappe.
Lisbeth: Gut, dann mach was du witt. Ich geh schloofe!
Jakob: Was witt? 's iss doch noch gar nit dunkel!
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Lisbeth: Wieso, musses dodefor dunkel sei?
(wendet sich enttäuscht ab, zum Publikum):
Mer kennt jo grad määne, dass där Angscht vor seine eischne Kuraasch hätt.
(leise setzt Musik ein, durch den Saal nähern sich der
Stadtbürgmeister und der Büttel mit dem Bock.)
Jesses nä, wann des mei Mudder wisst.
Die hot glei gsaacht „Nemm kenner ausem Dal!“
Unn die Katrin, mei beschtie Freindin, saacht immer: „Prowiere geht iwwer Schdudiere“.
Vielleicht hätt ich besser uff se höre solle...
( h ö r t d i e l a u t e r w e r d e n d e M u s i k . ) ... Jakob, was issen des?!
Jakob (m e h r z u s i c h s e l b s t ): Ach du liewer Gott!
Lisbeth: Du, ich glaab, die wollen uns e Schtändel bringe.
Jakob: So uugfähr.
Lisbeth: Des is awwer mol nett.
Jakob: Ich dank schää!
Lisbeth: A die bringen jo ach noch en Gäßbock mit.
Jakob: A des is jo e Iwwerraschung!
(An dieser Stelle ist die Gruppe au f der Bühne angelangt, der Bürgermeister bereitet sich für seine Ansprache vor.)
Lisbeth: De Borschemääschter halt e Red'.
Jakob: Du wärrscht`s glei heere, warum.
Lisbeth: Wieso?
Jakob: Bass halt emool uff!
Bürgermeister: Liebes Brautpaar, im Namen der Gemeinde Lambrecht,
deren jüngste Bürger Ihr durch eure Heirat geworden seid,
sprech' ich euch die besten Glück- und Segenswünsche zu eurer Vermählung aus.
Büttel ( a p p l a u d i e r e n d , z u m P u b l i k u m g e w e n d e t , z u m M i t m a c h e n
a u f f o r d e r n d ) : Bravo!!
Bürgermeister: Nach althergebrachter Pflicht hat die Gemeinde Lambrecht dienstags nach
Pfingsten zur Abgeltung von uralten Waldweiderechten an die Stadt Deidesheim einen
Geißbock zu liefern.
Der muss vor Sonnenaufgang durch den letzten Hochzeiter dem dort versammelten Rat
übergeben werden. Ihnen, Herr Kölsch, obliegt also diesmal diese Aufgabe.
Ich vertraue Ihnen hiermit den Bock an.
(Büttel präsentiert dem Publikum den Bock von allen Seiten.)
Lisbeth: Was heer ich do? Du sollscht den Bock uff Deisem fiehre?
Jakob: Des sinn so Sitte hier. Do kannscht nix dra mache.
Lisbeth: Kaum dass die Hochzischgäscht fort sinn, willscht du mit dem schtinkische Bock uff
Deisem dipple? Bischt dann du noch recht gscheit?
Jakob: Nemm doch Vernunft an, Fraa, ich bin emool de jingscht Birscher unn
kumm nit drummrumm.
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Lisbeth: Unn do hemmer ausgerechelt an Pingschte heirate misse?
Jakob: A du hoscht's doch so gewollt!
Lisbeth: Was hab dann ich in Schbeier vun eire dumme Bosse gewisst!
Bürgermeister: Allo, Fraa Kölsch, jetz sinnse doch nit glei so bees. Des iss doch kä Schann,
wann Ehrn Mann den Bock uff Deisem bringt. Ich hab's vor 20 Johr ach du-e misse!
Lisbeth: Er hätt mer awwer doch ebbes devunn saache kenne!
Bürgermeister: Allerdings. Des wär sei Pflicht gewest.
Jakob: Ich hab halt nit ´s Herz ghatt, Schatz!
Lisbeth: Jetz mach kä Sach doher! - Los, zieh dich um!
Jakob: Ich muss den A(n)zuch a(n)behalte.
Lisbeth (z u m B ü r g e r m e i s t e r ): A gheert dann des ach dezu?
Bürgermeister: Des iss e uralter Brauch, Fraa Kölsch. Des is Tradition.
Des werd schunn seit 600 Johr so ghalte. Unn Sie als jungie Lambrechterin missten doch
eischentlich uff so e schäänie aldie Sitt schtolz sei! Sähnense, des iss Liebe zur Heimat.
Lisbeth: No ja! Meer is des halt alles so nei! Awwer recht hännse. Dann geh halt in Gotts Name,
Jakob! - Nä, waart emool! - (w e n d e t s i c h z u m B ü r g e r m e i s t e r )
Wie wär en des, Herr Borschemääschter, wann ich mein Mann uff Deisem begleide deht?
Jakob: Awwer Schatz!
Lisbeth (s c h n e i d e t i h m m i t e i n e m A r m s c h w e n k d a s W o r t a b ): Schtill!
Bürgermeister: Nadierlich, Fraa Kölsch, nadierlich kennense des!
Lisbeth: Dann geh ich mit!
B ü r g e r m e i s t e r , B ü t t e l , C l a q u e u r e a u s d e m P u b l i k u m : Bravo!
Lisbeth: ...Der käm mer nämlich schunscht vor drei Daach nimmie häm.
Ehr Männer liewen jo allminanner de Wei mäh wie die Fraa!
Jakob: Do brauchscht garkää Angscht zu hawwe...
Lisbeth: Sei mer schtill! Als wann ich dich nit kenne deet!
Bürgermeister: Do wollen meer uns ach erkenntlich zeische. Karl Philipp, du fahrscht dann mit
de Gemänescheeß uff Deisem unn holscht die zwää widder ab. Verschtanne?
Büttel: Jawoll!
Lisbeth: Ich dank schää, Herr Borschemääschter.
Allo, Jakob, dann wollen mer uns minanner uff die Bää mache.
Jakob: Wieso meer zu zwätt? Des betrefft mich, mich ganz allä.
Lisbeth: Nix do, ich geh mit uff Deisem! Herr Borschemäschter, ich hab vorhin de Sinn vunn
däre schääne Iwwerliwwerung nit verschtanne ghatt. Awwer jetzt wäß ich's:
Es is ebbes Wunnerbares, so sei Heimat zu liewe.
Bürgermeister: Alla hopp, Fraa Kölsch, des gfallt mer.
Jakob, do nemm de Bock unn bass mer uffen uff.
De Abmarsch iss am halwer Sechse uff de Brick.
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(Kulissenwechsel. Jetzt als Kulisse das Rathaus Deidesheim.
Der Rat von Deidesheim, nebst Frauen, treten auf.
An zentraler Stelle der Bühne ei n Stehpult, darauf Papierbogen,
Tintenfass und Gänsefeder. Dorthin begibt sich der Gemeindeschreiber
Lacombe immer wieder eilenden Schrittes zur fortlaufenden Niederschrift
eines Protokolls.)
8. Bild
Bürgermeister: Do heert sich doch alles uff! Jetz schtehn mer schon zwää Schdunn do rum
unn kriehn kenn Bock zu sähne. Sowas war jo noch nit do!
Lacombe ( v o m P u l t a u s ) : Das ist ein Vertragsbruch, meine Herren!
Wir sind nicht verpflichtet, den Bock anzunehmen.
Es heißt ausdrücklich vor Sonnenaufgang.
Und ich stelle hiermit fest, dass sie schon längst aufgegangen ist.
Bürgermeister: Traachense’s ins Buch ei(n), Herr Gemääneschreiwer: Der – dem Pingschtbock
– mit Ungeduld engegenharrende – Rat von Deidesheim – musste – henn Sie’s?
Lacombe: ...Rat von Deidesheim...
Bürgermeister: Der Rat von Deidesheim musste zwei Stunden lang
– auf dessen Erscheinen warten.4
Steibock: Do waaden doch erscht mol ab, ob er iwwerhaupt kummt.
Dietz: No, ddd.. des wär awwer n no noch schenner! Die hä henn hennen zu liwwere.
Steibock: Ehr wissen doch, wie die Lambrechter sinn. Denne kammer alles zutraue.
Die ganze Johre meckerense schunn, sie wollten kenn Bock mäh liwwere.
Lacombe: Dazu sind sie nicht berechtigt. Wir berufen uns auf unumstößliche Verträge.
Napoleon sagte ...
Weisbrod: Lossen Se doch de Napoljon in Ruh! Was unsern Ruprecht 1404 beschtimmt hot,
des iss for uns maßgebend. Lambrecht hot en Bock ze liwwere, unn domit Schluss!
Margarethe Schauerer: Lossense doch nimmie in de Wald! Was glaawen die eichentlich?
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Wortlaut: Protokoll. Heute den zehnten Juni 1851, des Morgens um halb acht Uhr erschien vor dem
Bürgermeisteramt Deidesheim: Andreas Hubmann, Taglöhner zu Lambrecht wohnhaft und überbrachte an das
unterfertigte Amt den auf Grund von Verträgen durch die Gemeinde Lambrecht auf Pfingst-Dienstag zu liefernden
Geißbock wobei er erklärte, daß er den Bock im Namen der Lambrechter Gemeinde und für den dortigen jüngsten
Bürger Jacob Wenz, Dreher, heute abliefere. Auf die Erklärung des unterfertigten Beamten, daß die Ablieferung
nicht nach der festgesetzten Norm stattgefunden habe und daß der Bock auch die vorgeschriebene
Körperbeschaffenheit nicht besitze, antwortete der Comparant Hubmann er wiße wohl, daß er den Bock vor
Sonnenaufgang habe abliefern sollen, allein es wäre ihm nicht möglich gewesen, auch habe er den Bock nicht
gesehen, daß er so gering beschaffen sey, ansonsten er die Ablieferung nicht übernommen haben würde. Hierauf
erklärte der unterzeichnete Beamte, daß er Namens der Stadt Deidesheim den Bock nicht abnehmen könne, indem
den Bedingungen nicht Genüge geleistet worden sey. Der Comparant Hubmann erklärte weiter, er habe den Bock
auch nicht auf dem vorgeschriebenen Weg durch den Deidesheimer Wald führen können indem er ihn nicht
gegangen sey, weshalb er den Bock das Gimmeldinger Thal herausgeführt, in Gimmeldingen einen Schubkarren
geliehen und den Bock von da an nach Deidesheim selbst geführt habe. Auf diese weitere Erklärung, erklärte der
unterfertigte Beamte, daß dieß noch ein weiterer Grund für die Nichtannahme des Bockes sey, weil derselbe nicht
den vorgeschriebenen Weg geführt und offenbar nicht nach Vorschrift der Verträge capable sey; der Comparant
müße also den Bock wieder zurücknehmen. Alle Rechte für die Gemeinden Deidesheim und Niederkirchen
vorbehaltend, um solche geeigneten Ortes geltend zu machen, wurde dieses Protokoll geschloßen zu Deidesheim.
Datum wie oben. Unterschriften:Andres Hubmann. Das Bürgermeisteramt 16.1 Cör(?)er adj.
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Katharina Dietz: Dofoor wär ich schunn lang.
Denne missten mer mol zeische, wer die Herre sinn!
Dietz: M m meer sinn die Herre!
Schöffler: Vorschie Woch hennse widder paar Bääm abghaache.
Die sollen sich bloß in Acht nemme, schunscht gebt’s widder e Krach wie 1778.
A l l e d u r c h e i n a n d e r : Unser iss de Wald! – So kann’s nimmie weider gehe!
– Kä Schtickel Holz kriechense mäh...
Bürgermeister: Ruhe! Herrschaft nochemol, seien doch nit glei so uffgereecht, Leit!
Baader: Ehr kennen doch de Lambrechter nit alles verbiede!
Was issen debei, wann die e bissel Holz holen?
Dietz: Die – die soll – die sollen ehr Holz in – in ehre Wälder hole.
Lacombe: Es ist im Vertrage nur vom Weiderecht die Rede.
Bitte das nicht zu vergessen, Herr Baader. Und auch das ist umstritten!
Baader: Ach, Sie alder Paragraafereiter! Des gebt’s jo gar nit, dass die ähnd Badei bloß Rechte
unn die anner bloß Pflichte hot. Geh mer doch weg mit denne Schbrich. Setzen eich emol
ä Schdunn mit de Lambrechter zamme, dann kummt ebbes debei raus. Awwer so nit!
Weisbrod: Dess hemmer nit neetisch. Gott sei Dank!
Baader: Setzen norr eiern Dickkobb uff!
Wann die Lambrechter mol wild wärren, dann isses aus mit de Gäßbockliwwerung.
Steibock: Wann dess grad so ging...
Dietz: ... Do häm – do hämmer ach – ach noch e Werdel – mitzuredde.
D – des – des geht nit grad s – so!
Lacombe: Jawohl! Nach Paragraph drei der Vereinbarung...
Baader: Quatschkobb!
Schauerer: Wie där zu Lambrecht halt! Mer määnt, där deht vunn denne bezahlt wärre!
Kath. Dietz: Unn so änner sitzt im Gemähnerat!
Schauerer: Där ghört raus. So Leit brauchen meer nit.
Kath. Dietz: Där soll sich zu de Lambrechter Gäßbeck schaffe.
Bürgermeister: Jetz awwer Schluss mit däre Schtreiterei! E Dunnerwedder noch emool!
Dietz – laafense nuff in de Wald unn guckense, ob de Bock nit ball kummt.
Mer schteht sich do jo die Fieß in de Leib!
Kath. Dietz: Do bleibcht, Adam, die sollen sich en Dummere suche!
Bürgermeister: Fra Dietz, Sie henn do nix nei zu redde!
Kath. Dietz: Guck emol do! Dess wär jo noch schenner.
Iss des mein Mann odder Ehrer? Där hot zu duh, was ich saach...
Steinbach: Hoscht’s gheert, Adam?
Dietz: Fraa, de – de – de Herr Borschemä- mäschder!
Bürgermeister: ’s iss schunn gut, Dietz, machen se, dass Se fortkummen! (D i e t z a b )
Kath. Dietz: Adam, gehscht dohär! Waart, du kummscht jo hääm.
Dann schlach ich der de Krumbeereschtembel uff deim Dickschädel rum!
Steinbach (r u f t n a c h ): Kä Angscht, Adam, ich helf der!
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Kath. Dietz: Mit Ihne wärr ich ach noch fertich.
Steinbach: Oho!
Kath. Dietz: Nix oho – des iss so!
Steibock: Ich bea(n)traach, dass die Weibsleit zeh Meter Abschtand nemme missen.
Des geht jo wie dehäm zu!
Die Männer (z u s t i m m e n d ) : Ganz recht – Fort mit ‘en – die sollen ehr Ärwet schaffe...
Bürgermeister: Allo, wanner do bleiwe wollen, dann machen wennigschtens kä Krach.
Dess muss ich mer schunn ausbidde.
Schauerer: Gehen häm, ehr blamieren eich jo!
Bürgermeister: Also, Fraa Schauerer, ich mecht Se dringend gebeede hawwe, endlich Ehrn
Schnawwel zu halde. Verschdanne?
Weisbrod: Ich wär jo ach defor, dass mer hämgehen. Do schteht mer rum wie klänne Kinner.
Schöffler: Dem Antraach schtimm ich zu. ’s iss glei halwer zehne uff de Kerchturmuhr. Wann
de Bock jetz noch nit do iss, dann kummt er ach nimmie. ( L e b h a f t e Z u s t i m m u n g )
Bürgermeister: Jetz waaden doch noch e Aacheblick, bis de Dietz zurickkummt.
Baader: Ehr wissen doch, wie Böck sinn. Die Viecher henn ehr Laune.
Vorsches Johr hot de Fihrer de Bock e Schtunn lang uffem Buckel hotzle misse,
weil er äfach nimmie laafe wollt. Nadierlich gebt’s do Verschbeedung.
Lacombe: Im Vertrage steht aber, dass der Bock der Stadt
vor Sonnenaufgang übergeben werden muss.
Baader: A, in de Bibel schteht ach: „Du sollscht nicht begehren deines Nächsten Weib!“
Lacombe: Mein Herr, was wollen Sie damit sagen?
Baader: Ich saach Ihne bloß, lossen Se sich nimmie bei meim Mädel verwische.
Dess kännt mol bees ausgehe, Sie parfimierter Windhund!
Lacombe: Sie, das gibt eine Beleidigungsklage!
Baader: Geh mer weg, schunscht muss ich der ennie lange!
Bürgermeister: Allo(n), jetz nit perseenlich wärre. Dess hot kenn Sinn.
Steibock: Sollen mer nit e bissel schbiele, bis de Gäßbock kummt?
Herrschaft nä, iss des langweilisch!
Steinbach: Jo, schbielen e bissel Schinkeblatschers.
( z u S t e i b o c k : ) Bick dich mol, Filb!
(Der Bürgermeister entfernt sich. Steibock bückt sich. Verschiedene schlagen
zu, ohne dass sie erraten werden. Lacombe wird gewaltsam herangezogen.
Einer ergreift seine Hand, schlägt damit zu. Lacombe wird erkannt und mit
großem Jubel nieder ge drückt. Steibock verschafft sich Platz und schlägt so
derb zu, da ss Lacombe winselnd zusammenbricht. Indessen er flucht und
s c h i m p f t , la c h e n i h n d i e a n d e r e n a u s . D e r B ü r g e r m e i s t e r g r e i f t e i n . )
Bürgermeister: Jetzt awwer Schluss! Ehr benemmen eich jo wie Kinner.
Was sollen dann die Weibsleit vunn uns denke?
Schauerer: Machen norr weider. Dess is ganz schä so
.
Bürgermeister: Nix! Jetzt wärd uffghört.
Des is e historischer Aacheblick, unn do henn so dumme Bosse zu unnerbleiwe.
Benemmen eich doch mol wie Gemeinderät.
25
Die Frauen: Do kummt de Dietz!
Dietz ( a u ß e r A t e m ): Er ku – ku – kummt. Uffn Läderwache hennsen ge – ge –gelade!
Bürgermeister: Uffn Läderwache?
Dietz: U – u- uff e Lä – Lä – Läderwächelche!
Lacombe: Das ist ein glatter Vertragsbruch!
Weisbrod: Do heert sich doch alles uff! Bringen die de Bock uff eme Läderwächelche.
Sowas war jo noch nit do!
Schöffler: Där wärd nit angenumme!
Dietz: Den – denn – denn kennse b – bhalde!
Lacombe: Meine Herren!
Schauerer: Meer sinn ach do!
Bürgermeister: Halden doch mol Sie endlich die Luft a(n)!
Lacombe ( v o m P u l t a u s , m i t d e r G ä n s e f e d e r i n d e r H a n d ): Also meine Herren,
in Anbetracht, dass der Bock sich um volle drei Stunden verspätet hat, ferner, dass er,
entgegen aller Vorschrift, die besagt, dass er zu Fuß über die Berge geführt werden muss,
nun in einem Leiterwagen eintrifft, beantrage ich Verweigerung des Bockes
und Klage gegen Lambrecht wegen Schadenersatz. ( A l l g e m e i n e Z u s t i m m u n g )
Baader: Ich mään, de Bock iss jetz do, unn domit kemmer zufriede sei(n).
Weisbrod: Nää, Lambrecht hot sich an de Vertraach zu halde.
Schöffler: ’s wärd nit nochgewwe!
Dietz: Bez – bezahle missense – hunn – hunnert Gulde!
Steinbach: Do bringen se’n!
(Huber, Kölsch und Lisbeth fahren den Bock heran, die beiden Männer
heben ihn aus dem Wagen, die Deidesheimer treten heran, Kölsch tritt mit
seinem Beglaubigungsschreiben vor.)
Kölsch: Als jingschter Bircher vunn Lambrecht bring ich de Schtadt Deisem
de hischtorisch Pingschtbock. Do sinn mei Babiere.
Bürgermeister: Die kennse b´halte. Unn de Bock ach.
Fahren Se´n widder häm unn saachense de Herre vun Lambrecht:
Des Weidere dehtense durchs Gericht erfahre.
Kölsch: Was wollener dann – do iss doch de Bock!
Lacombe: Aber die Lieferung entspricht nicht der Vorschrift. Sie hat vor Sonnenaufgang zu
erfolgen. Außerdem ist es eine gröbliche Verletzung des Vertrages, wenn der Tributbock
gefahren wird.
Die Deidesheimer Männer: Där hot zu laafe!
Kölsch: Wann awwer doch des dormlich Dier nit laafe will!
Was froocht dann des noch em Vertraach?
Bürgermeister: Dann henn Se so rechtzeitisch dehäm wegzugeh,
dass Se bei Sunne-Uffgang do sinn!
Kölsch: Ich bin jo schunn finf Schtunn uff de Bäh. Ich kann doch des Hornvieh nit dodschlache.
Wann ich im Wald net zufällisch de Huber mit seim Läderwäschel getroffe hätt, wären
mer heit owend noch unnerwegs.
26
Huber: Ich verschteh gar nit, wasses do zu dischbediere gebt. Machen doch die Leit nit lache.
Schöffler: Norr nit glei frech wärre, henn Se ghört?
Huber: Vor Ihne halt ich mei Gosch noch lang nit.
Bürgermeister: Ich muss Se bitte, Ehrn Ton zu mäßische. Meer sinn hier nit imme Wärtshaus.
Huber: E Dunnerkeidel, ’s iss doch ach wohr. Zwä Schdunn ärschern mer uns mit dem
Lumbevieh dorum, schwitzen uns die Hemmer nass, unn jetz, wu mer glicklich do sinn,
wärrn mer a(n)gschnauzt wie die Schulbuwe. Meer sinn doch nit eier Hanswärscht!
Baader: Leit, sinn verninftisch! Die Lambrechter henn ehr Schuldichkeit geduh.
Dess kannen nimmand abschtreide. De guude Wille war do. Des muss uns lange.
Steibock: Jo, dricken halt e Aach zu. ’s iss mol nit annerscht.
Dietz: Wann’s halt so iss – in – in Go – Gotts Name.
Bürgermeister: Allo gut. Die Sach iss erledischt. Sinn die Herre mit ei(n)verschdanne?
(Gemurmel)
Bürgermeister: Ja odder nä!
Dietz: Vu – vunn – vunn meer aus.
Lacombe: Ich protestiere!
Bürgermeister: Noch jemand? ( S c h w e i g e n )
Die Liwwerung vum Bock iss somit anerkannt.
Herr Adjunkt, priefen Se’n jetzt uff sei Beschaffenheide. ( K ö l s c h ü b e r g i b t d e m
Bürgermeister die Urkunde)
Lacombe (g e h t w i d e r w i l l i g u n d s i c h e i n T a s c h e n t u c h v o r d i e N a s e h a l t e n d
a n s e i n e A u f g a b e ): Meine Herren, die Hörner sind zu kurz!
Kölsch: Babblen Se doch kä Blech. Warum sollen die so korz sei?
Bürgermeister: E bissel korz sinn se jo.
Lacombe: Er muss aber größere haben!
Kölsch: Wanner awwer doch kennie hot.
Bürgermeister: Unnersuchen Se weider!
Lacombe (u n t e r s u c h t d e n B e u t e l , f ä h r t e n t s e t z t z u r ü c k ) :
Es ist ausgeschlossen, dass wir den Bock annehmen. Der ist ja gar nicht capable!
(Die Deidesheimer Männer überzeugen sich)
Weisbrod: Do hört sich doch alles uff. Dess nennen die gut gebeidelt!
Schöffler: E Krippl henn Se uns gschickt.
Steibock: Nä, dess geht nit!
Huber: Iss er nit noch e bissel korzsichtisch?
Bürgermeister: Uff jeden Fall iss dess doch kä Bock.
Huber: E Weiwel mol beschdimmt nit!
Lacombe: Nennen Sie das „bene cornutus et bene capabilis?“
Kölsch: Ja was dann annerscht!
Lacombe: Das ist eine Jammergestalt von Bock!
Huber: So schää wie Sie isser ganz beschtimmt.
27
Lacombe: Mein Herr, das ist ein – wie Sie sich auszudrücken belieben – ein Freckling!
Bürgermeister: Schluss, där Bock wärd nit a(n)genumme.
Steinbach: Die Lambrechter sollenen ei(n)salze!
Steibock: Machen Dörrfläsch draus!
Kölsch: Ehr wollen also de Bock nit?
Bürgermeister: Nä, des iss kenn Bock noch Vorschrift.
Huber ( z u K ö l s c h ) : Kumm, Jakob! Do wärd gar nit lang rumdischbediert.
Meer fahren den Bock widder häm.
Lacombe: Diesmal gibt es einen Prozess, der Sie teuer zu stehen kommt.
Huber: Odder eich: In Zukunft kenner eich eier Böck selwer kaafe.
(S i e l a d e n d e n B o c k w i e d e r a u f , b e g i n n e n s i c h z u e n t f e r n e n . )
Weisbrod: Eich bringen mer schunn Moores bei.
Schöffler: Ehr Lumbemacher, was glaawen ehr dann?
Dietz: Scha- Scha- Schadeersatz! Meer verlangen Schade-Ersatz!
Huber: Do kenner alt wärre.
Schöffler: Machen, dass er fortkummen!
Huber: Immer mit de Ruh! Meer gehen schunn vun allää.
Bürgermeister: Sachen Se dehäm, so ebbes wär uns iwwerhaupt noch nit bassiert.
Unn des mit dem Weiderecht, dess hätt jetzt sei End!
In unser Wald kummt kä Schtickel Vieh mäh.
Dietz: Unn Ho – unn Holz hole – Holz Hole gebts a – a nimmie!
Lacombe: Sagen Sie daheim, wir gingen jetzt mit aller Schärfe vor.
Huber: Meer awwer ach, do kenner Gift druff nemme.
(D i e L a m b r e c h t e r s e t z e n s i c h a b . )
Dietz: Wie die noch f - f r- frech sinn!
Weisbrod (r u f t i h n e n n a c h ): ’s negscht Johr sähnen mer zwä Böck!
Huber: Odder gar kenner!
Steinbach: Eich duhn mer schunn die Hörner zeiche!
Kölsch: Mit Gäßböck wissemer umzugeh‘!
Schöffler (w i l l i h m n a c h , w i r d d a r a n g e h i n d e r t ): Haltscht dei frechie Gosch!
Bürgermeister: Halt! Kä Krach a(n)fange! Die kriechenmer annerscht.
Steibock: ’s iss doch noch schenner worre wie ich mer’s gedenkt hab.
Steinbach: Des war emol e feierlichie Zeremonie.
Bürgermeister: Meer gehen jetz widder häm. Lossen die laafe.
Jetz wärd sofort ins Rothaus gange unn berotschlaacht, was mer geche die Lambrechter
unnernemme kennen. Kummen, Leit.
Lacombe ( n a c h r u f e n d ) : Sie, das gibt einen Prozess! ( E n t f e r n t s i c h e i l e n d s , b l e i b t
n o c h m a l s s t e h e n : ) Das gibt einen Prozess, sage ich Ihnen! - Einen Prozess!
(Endgültig ab.)
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Aktueller Stadtbürgermeister:
Und ich, liebe Gäste, rufe aus der mehr als tausendjährigen Geschichte unserer Stadt
für Sie nochmals alle auf, die uns diesen besinnlichen und vergnüglichen Nachmittag
bereitet haben:
•
Den fränkischen Grafen aus Worms und die Mitwirkenden der Eingangsszene.
•
Die Klosterschule.
•
Die mittelalterliche Bürgermeisterszene vor Ruprecht aus Heidelberg, dem Herrscher
aller Deutschen und Begründer des Geißbockbrauchtums.
•
Der Zuzug der wallonischen Flüchtlinge im 17. Jahrhundert.
•
Die Episode aus dem Dreißigjährigen Krieg mit den Allegorien seines Grauens und dem
alles überwindenden Friedens.
•
Und schließlich die Darsteller der freien Gestaltung des letzten ernsthaften Streits
zwischen den Städten Lambrecht und Deidesheim wegen des Lambrechter Geißbocks.
Stadtwerke Lambrecht (Pfalz) GmbH
Hauptstraße 14, 67466 Lambrecht (Pfalz)
Tel. 06325 - 1890 · [email protected]
Die Fachleute für Ihre Energieversorgung
Wir sind für Sie da mit:

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