Türkisblaue Mädchenträume
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Türkisblaue Mädchenträume
„Diamonds are a girl’s best friend“, wusste schon Hollywood-Star Marilyn Monroe. Seit 175 Jahren arbeitet und wirbt der US-amerikanische Juwelier Tiffany & Co. nach diesem Motto – erfolgreich. Türkisblaue Mädchenträume Text von Julia Drazdil-Eder Ob Audrey Hepburn als Holly in „Frühstück bei Tiffany“ oder Hollywood-Star Elizabeth Taylor: Es ist der amerikanische Frauentraum, Schmuck von Tiffany & Co. zu tragen. Diamantenfieber. „Zeit vergeht, die Jugend zieht vorüber, und Du kannst Dich nach dem Bücken nicht mehr aufrichten. Steifer Rücken hin, wehe Knie her, bei Tiffany’s stehst Du gerade.“ Ein Werbeslogan, getextet von Tiffany-Marketingprofis? Mitnichten. Es handelt sich hierbei um eine Textzeile des berühmten, von Marilyn Monroe gesungenen Lieds „Diamonds Are a Girl’s Best Friend“. Und um willkommene indirekte Werbung für die traditionelle amerikanische Juweliersmarke. Ein weiteres Beispiel gefällig? Die 18-jährige Holly steht, seitdem sie nach New York gekommen ist, immer wieder sehnsüchtig vor den Aus lagen des einladenden Juweliers Tiffany & Co. Und wünscht sich nur eines: Von hier möchte sie einmal ein Schmuckstück haben. Ein Werbespot für Tiffany & Co.? Keineswegs. Es ist dies eine Szene aus „Frühstück bei Tiffany“ mit Hollywood-Star Audrey Hepburn, ein Stück amerikanische Filmgeschichte. „Der Film war ausschlaggebend dafür, dass Tiffany & Co. in der ganzen Welt bekannt wurde“, lässt das Tiffany-Hauptquartier in New York zu diesem Thema ausrichten. Und Nils Maydell, CEO der österreichischen Agentur M2 und seit Eröffnung der Österreich-Nieder lassung mit den Tiffany-PR-Agenden hierzulande betraut, ergänzt: „Der Film war die beste, nicht bezahlte Werbung, die einem Unternehmen hätte passieren können.“ Erst der Film, ausgestrahlt Anfang der 1960erJahre, machte das Juwelierslabel weltbekannt. Davor war es vor allem der amerikanische Frauentraum, einen Tiffany- Diamantring zu tragen. Ein Traum, der auf das geniale Marketinggespür von Charles Lewis Tiffany zurückgeht, der 1837 gemeinsam mit seinem Freund John B. Young und einem geliehenen Startkapital von 1.000 Dollar in New York ein Geschäft für Schreibwaren und Geschenkartikel gründete. Von Beginn an sprach sich Charles Tiffanys Geschäft als jener Ort herum, an dem kostbare Accessoires erhältlich waren, die es nirgends sonst zu kaufen gab. Halsketten, Armbänder, Broschen, Schreibwaren oder Tafelsilber, später dann Gold- und Diamantschmuck – am ersten Geschäftstag setzte Tiffany 4,98 Dollar um, 70 Jahre später hinterließ er seinem Sohn ein Vermögen von 35 Millionen Dollar. Nicht zuletzt führte hier konsequente Markenführung zum Erfolg: Charles Lewis Tiffany ermutigte seine Kunden, seine Schmuckstücke jeden Tag zu tragen, anstatt sie in einem Tresor zu lagern. „Er pflegte zu sagen, dass schönes Design ein schönes Leben ausmache“, erinnert die Tiffany-Zentrale an ihren Gründer. Aus dem von Charles Lewis 1837 gegründeten kleinen Schreibwarengeschäft wurde binnen kurzer Zeit eine berühmte Marke – der New Yorker Flagship-Store in der Fifth Avenue ist mittlerweile auch Touristenattraktion. 10 Bestseller 5|6 2012 branding tiffany & Co (8) Jedes bei Tiffany & Co. erstandene Stück – etwa der „beliebteste Verlobungsring der Welt“ – wird in der typischen Blue Box verpackt. Ein Motto, nach dem er auch seine Marke gestaltete: Die bald eingeführte Markenfarbe – das charakteristische Tiffany-Blau, das „den Farbton von Rotkehlcheneiern hat“ – wurde bald zum Für damals 18.000 Dollar erwarb Charles Louis Tiffany Inbegriff des zeitlosen, wertvollen Designs der Waren. Wer ein den größten und reinsten gelben Diamanten der Welt – und machte sich damit zum „König der Diamanten“. Stück im Laden erstand, bekam es in der Blue Box verpackt – einer Schachtel, die so viel Gefallen fand, dass Menschen in den Laden kamen, um die Verpackung alleine zu kaufen. 1848 erregGesellschaft waren und sind Stammkunden des Unternehmens. te Tiffany erstmals weltweites Aufsehen, als er eine große SchaDer amerikanische Bankier J. P. Morgan etwa bestellte Goldtulle Diamanten von europäischen Aristokraten und entthronten und Silberservice, Präsident Lincoln fand wähMitgliedern von Königshäusern erwarb. Es folgrend der Wirren des Bürgerkriegs Zeit, eine ten das Design des berühmten Tiffany-Rings Zuchtperlenkette für seine Frau zu erstehen. mit sechs Krappen für Diamantsolitäre und die Das W eiße Haus ließ sich Porzellan anfertigen, Entdeckung des größten und reinsten gelben und Schauspieler Richard Burton beschenkte Diamanten der Welt in den Diamantfeldern von seine Frau Elizabeth Taylor mit der berühmten Kimberley in Südafrika, den Tiffany um damals Leguan Brosche. 18.000 Dollar erstand und der heute noch im Und trotzdem beschränkte sich der mittlerFlagship-Store auf der Fifth Avenue zu bewunweile berühmte Juwelier eben nicht nur auf die dern ist. 1887 wurde bekannt, dass Tiffany High Society. Wiederum ein besonderer Markenach Paris gereist war und die französischen tingstreich war der Eintritt von Tiffany & Co. ins Kronjuwelen gekauft hatte – seinen Ruf als Mail-Order-Geschäft: Per Katalog – natürlich „König der Diamanten“ hatte der Firmengründer großartig designt und im typischen Türkisblau somit endgültig etabliert. gehalten – konnten schon ab 1845 Ringe, „Im Bereich der Juwelen ist Tiffany & Co. Halsketten und Co. in den ganzen Vereinigten weltweit zum Symbol für Liebe, Romantik, VerStaaten bestellt werden. Die Marke wurde so lobung und Treue geworden“, weiß denn Nils auch außerhalb der Großstädte bekannt. Maydell, Tiffany-Kommunikator in Österreich. Bekanntheit schaffte man auch mit EngageDer Tiffany-Diamantring sei heute der beliebments abseits des Juwelenhandels: So werden teste Verlobungsring überhaupt – und das nicht etwa diverse Siegerpokale – darunter auch jener nur in den USA. Nicht zuletzt, weil der Juwedes Football-Superbowl – traditionell von T iffany lier immer demokratisch sein wollte: „Bei Tiffa- Marketinggenie: Die tägliche Anzeige in der New York Times bot 1972 den gefertigt. Und in New York gehört Tiffany so ny findet man immer ein wertiges Geschenk, unabhängig vom tatsächlichen Kaufpreis. Auch Tiffany-Diamanten zum Verkauf an – wieso zum täglichen Leben, „damit wächst man die Leser hielten es für einen Gag. auf“, weiß Agenturchef Maydell. Nicht zuletzt Käufer mit nicht so großem Budget können in aufgrund der seit den 1920er-Jahren täglich in der New York die Welt der Romantik eintreten“, erklärt sich Maydell den Times geschalteten Anzeige: Die obere rechte Ecke der Seite Erfolg der Marke. Dennoch: Vor allem die prominentesten Mitdrei ist tagein, tagaus für Tiffany & Co. reserviert. glieder der amerikanischen – und später der internationalen – Bestseller 5|6 2012 11