Große Hilfe bei gynäkologischen Störungen

Phytoth Hausarzt Medizin
Große Hilfe bei
gynäkologischen
Störungen
Zyklusstörungen, ob Dysmenorrhö oder prämenstruelles
Syndrom, kennt fast jede menstruierende Frau. Danach, während
der Wechseljahre, leiden die meisten Frauen an klimakterischen
Beschwerden. Bei diesen gynäkologischen Problemen können
Phytopharmaka viel ausrichten.
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Frauen haben es schwer: Die typischen
gynäkologischen Störungen sind sehr
häufig. Mindestens 80 Prozent aller menstruierenden Frauen haben Probleme mit
dem Zyklus: etwa Schmerzen während
der Menstruation, Zwischenblutungen
oder prämenstruelle Beschwerden wie
Depression oder Kopfschmerzen – und
das jeden Monat. Solche Störungen werden allerdings oft nicht ernst genug genommen. Dabei gibt es sogar Auswirkungen auf die Volkswirtschaft: Zehn Prozent
der arbeitenden Frauen zwischen 20 und
40 Jahren sollen regelmäßig allein wegen
Dysmenorrhö ausfallen. Kommen dann
die Wechseljahre, stellen sich die typischen klimakterischen Beschwerden wie
Hitzewallungen, depressive Verstimmungen oder Schlafstörungen ein.
Bei solchen gynäkologischen Erkrankungen hat die Phytotherapie eine weitere Domäne. Experimentelle und klinische Studien haben bewiesen, dass
Phytos eine rationale, aber nebenwirkungsarme Alternative in der Gynäkologie sind. Manche dieser dopaminerg
wirksamen pflanzlichen Mittel werden
sogar „Phytoöstrogene“ genannt. Korrekter ist jedoch, sie als Phyto-SERM zu bezeichnen, also als pflanzliche selektive Östrogenrezeptormodulatoren. Diese
Pflanzenextrakte stimulieren
den Östrogen-β-Rezeptor, haEtwa 80 Prozent aller
menstruierenden Frauen
ben eine LH-supprimierende
haben Probleme mit dem
Wirkung und greifen teilweiZyklus.
se in zentralnervöse, endokrine Regulationsmechanismen
ein. Der genaue Wirkmechanismus dieser
hormonanalogen Wirkung ist allerdings
noch nicht geklärt. Phyto-SERM sind aber
so potent, dass häufig eine alleinige Phytotherapie ausreicht. Natürlich müssen
Der Hausarzt 01/2015
Foto: fmarsicano / fotolia
Serie Phytotherapie – Folge 12
von Ursula Armstrong
erapie
Hausarzt Medizin
Johanniskraut
gynäkologische Störungen vom Frauenarzt abgeklärt werden. Doch Hausärzte können bei leichteren und mittelschweren Beschwerden durchaus mit
einer pflanzlichen Therapie beginnen.
Mit wenigen Fragen findet man das jeweils besonders gut passende Phyto.
Fotos: fotolia, picture alliance / WILDLIFE / D.Harms
Ist der Zyklus gestört? Bleibt die
Periode aus? Haben die Frauen unregelmäßige oder starke Regelblutungen?
Haben sie Schmerzen während ihrer
Periode? Oder leiden sie unter den
typischen körperlichen und psychischen
Beschwerden eines prämenstruellen
Syndroms?
Mittel der Wahl sind die Früchte des
Keuschlamms (Agnus castus). Keuschlamm, auch Mönchspfeffer genannt,
ist einer der Phyto-SERM und hat eine
breite gynäkologische Anwendungspalette. Agnus castus gehört zu den best
untersuchten pflanzlichen Arzneimitteln. Die Wirkung ist sowohl in experimentellen, als auch in klinischen Studien nachgewiesen. Zu den Wirkstoffen
gehören Iridoidglykoside wie Agnusid
und Aucubin, lipophile Flavonoide wie
Casticin und bizyklische Diterpene.
Keuschlammfrüchte hemmen die Prolaktinsekrektion, haben eine dopaminantagonistische Wirkung und beeinflussen die Katecholaminausschüttung.
Einige Präparate mit einem Trockenextrakt aus Agnus-castus-Früchten sind
in Studien positiv getestet worden, darunter Agnolyt® (Madaus), Agnucaston®
(Bionorica) und Strotan® (Strathmann).
Auch Femicur® N (Schaper & Brümmer) und Cefanorm® (Cefak) enthalten
Keuschlamm.
Manche Agnus-castus-Präparate sind
speziell für Frauen mit PMS konzipiert,
Der Hausarzt 01/2015
zum Beispiel Sarai® (Aristo) oder Valverde® Prämenstruelle Beschwerden
(Sidroga) als Monopräparate sowie die
Kombi Femisana H (zusammen mit homöopathischer Cimicifuga Urtinktur;
Cheplapharm). Ein Kombipräparat, das
sich ebenfalls in In-vitro- und In-vivoStudien bei Dysmenorrhö und PMS bewährt hat und in dem Agnus-CastusUrtinktur mit anderen Homöopathika
aufbereitet ist, ist Mastodynon® (Bionorica).
Übrigens: Auch wenn die Pflanze „Agnus“ und Keusch-„Lamm“ heißt, hat der
Name nichts mit einem Schaf zu tun.
Dioskurides, der griechische Arzt aus
dem ersten Jahrhundert, hat der Pflanze den Namen „agnos“ gegeben, von „a“
(weg von) und „gonos“ (Nachkommenschaft). Der Mönchspfeffer galt nämlich
als Anaphrodisiakum. Diese Wirkung
konnte aber nie nachgewiesen werden.
Traubensilberkerze
Mönchspfeffer
(Keuschlamm)
Hirtentäschel
Ist die Periodenblutung sehr stark
und sehr lang?
In diesen Fällen kann man es auch mit
Hirtentäschel versuchen. Verwendet
wird das Kraut. Wie bei vielen der gynäkologisch wirksamen Arzneipflanzen steckt auch hier ein Komplex an Inhaltsstoffen, darunter Flavonoide wie
Rutosid und Diosmin, hinter der Wirkung, und auch wie bei anderen Pflanzen kann diese nicht genau erklärt werden. Hirtentäschelkraut steigert die
Kontraktion des Uterus. In niedriger
Dosierung wirkt es blutdrucksenkend,
in höherer Dosierung dagegen blutdrucksteigernd. Außerdem hat es positiv inotrope und positiv chronotrope
Effekte.
Ein Fertigpräparat mit Hirtentäschelkraut ist Styptysat® (Bürger).
Baldrian
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Leiden Frauen in den Wechseljahren unter den typischen klimakterischen
Beschwerden?
Fühlen sich die Frauen deprimiert, sollte man gleich zu Johanniskraut greifen. Hypericum wird als Ersttherapie
bei leichten bis mittelschweren depresDann ist natürlich die Traubensilbersiven Verstimmungen empfohlen und
kerze (Cimicifuga racemosa) angezeigt.
ist auch bei derartigen klimakterischen
Verwendet wird die Wurzel, was der
Beschwerden indiziert.
Pflanze auch den Namen Frauenwurzel
Es gibt viele Präparate mit Johanniseingebracht hat. Unter den Wirkstoffen
kraut, einige sind in Studien gut ungilt das Triterpenglykosid Cimigenol-3tersucht, etwa: Jarsin® (Cassella-med),
O-α-L-arabinosid als Leitsubstanz. CiLaif® (Steigerwald) oder Neuroplant®
micifuga ist ebenfalls ein Phyto-SERM,
(Schwabe). Speziell für Frauen in den
bindet also an Östrogenrezeptoren und
Wechseljahren ist die Kombination aus
wirkt östrogenartig. Aufsteigende HitTraubensilberkerze mit Johanniskraut
zewallungen und tachykarde Anfälkonzipiert, die etwa
le werden blockiert.
in Remifemin® plus
Der dahintersteckenArzt und Patientin
(Schaper & Brümmer)
de Wirkmechanismus
brauchen zunächst Geduld.
Meist
bessern
sich
enthalten ist.
läuft über eine Dämpdie klimakterischen Befung des hypothalaschwerden unter CimiTreibt die Frauen eher
mischen LHRH-Pulscifuga
erst
nach
vier
eine nervöse Unruhe
generators. So werden
Wochen. In der Praxis
um, ist Baldrian allein
die pulsatile LH-Sewird deshalb anfangs
oder in Kombination
kretion gesenkt und
oft mit einer Hormonangezeigt. Als Kombi
gleichzeitig die Aktivitherapie kombiniert.
bietet sich bei Unruhe
tät hypothalamischer
und Angst etwa MelisTemperatur- und Herzse an, ein mild wirkenKreislauf-regulierendes Sedativum. Ist das Hauptproblem
der Nervenzellen gehemmt. Außerdem
dagegen ein gestörter Schlaf, ist es sinnsind in Studien osteoprotektive und zyvoll, Baldrianwurzel mit Hopfen allein
tostatische Effekte nachgewiesen woroder mit Hopfen plus Passionsblume zu
den. Haupteinsatzgebiet von Cimicifukombinieren.
ga sind neurovegetative Beschwerden
im Klimakterium. Die Arzneipflanze
kann aber auch bei PMS oder DysmeReine Baldrian-Präparate sind zum Beinorrhö helfen.
spiel Sedonium® 300 mg (Cassella-med),
dessen Wirksamkeit in mehreren Studien nachgewiesen wurde, Euvegal® BaCimicifuga-Monopräparate gibt es vielance 500 mg Filmtabletten (Schwabe),
le auf dem Markt. In Studien gut untermit dem es ebenfalls Studien gibt, Balsucht sind zum Beispiel Klimadynon®
drivit® 600 mg (Rodisma Med), Baldri(Bionorica), Femikliman® uno (Hexal)
an-ratiopharm, Baldrian-Dispert® 45
und Remifemin® (Schaper & Brümmer).
mg (Solvay) und Kneipp® Baldrian ExAußerdem gibt es Cefakliman® (Cefak),
trakt. Kombinationen von Baldrian und
Feminon® C (Cesra), KoFemin® (RobuMelisse gibt es als Euvegal®-Präparate
gen), Sinei® (Aristo) oder Cimicifuga(Schwabe) und Plantival® (Schwabe).
ratiopharm®.
Kombinationen aus Baldrian und Hopfen sind zum Beispiel Allunapret® (BioStehen bei den prämenstruellen
norica), und Selon® Dragees (IPA), die
Beschwerden oder im Klimakterium vor
sich beide in Studien bewährt haben,
allem psychische Verstimmungen im
Ardeysedon® (Ardeypharm), BaldrianVordergrund?
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Dispert® Nacht (Solvay), Baldrian-Hopfen-Kapseln (Twardy), oder Vivinox®
Night (Bausch + Lomb).
Die Dreier-Kombination Baldrian,
Hopfen und Melisse ist etwa enthalten in Sedacur® forte Beruhigungsdragees (Schaper & Brümmer) und Pascosedon® Filmtabletten (Pascoe). Melisse ist
mit Baldrian und Passionsblume kombiniert in Phytonoctu® Filmtabletten
(Steigerwald) oder Vivinox Day Beruhigungsdragees (Bausch + Lomb). Und
Dreier-Kombinationen aus Baldrian,
Hopfen und Passionsblume sind etwa
Kytta Sedativum® Dragees und Moradorm® S Filmtabletten (Bouhon).
Literatur bei der Verfasserin.
Hauptquellen: Schilcher H et al: „Leitfaden Phytotherapie“ und Wiesenauer M: „PhytoPraxis“
Die Phytotherapie bzw. Pflanzenheilkunde ist eine der ältesten
Behandlungsmethoden und ihre Wirksamkeit wissenschaftlich
nachgewiesen. Gerade wenn es
um die symptomorientierte Behandlung geht, werden der Pflanzenheilkunde gute Behandlungserfolge bescheinigt.
Anfang des Jahres 2014 haben
wir mit unserer PhytotherapieSerie begonnen, die wir auch
2015 fortsetzten werden. Wir geben Empfehlungen, welche Heilpflanzen sich am besten bei
Hämorrhoiden, geriatrischen Störungen, Hauterkrankungen und
Rheuma eignen. Schwerpunkt in
Ausgabe 3: Männer und deren
Probleme (u.a. ED, BPH).
Der Hausarzt 01/2015