Von der Idee zum 1 2 - VR
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Von der Idee zum 1 2 - VR
Kristalle züchten, Windräder bauen, Urzeitkrebse beobachten und vieles mehr: Mit Experimentierkästen lässt sich vieles spielerisch erforschen. Doch wie entstehen solche Kästen? Was müssen die Hersteller genau überlegen, probieren und berechnen? Von der Idee zum Experimentierkasten 25 Grad Celsius! Mit einem Thermometer kontrolliert Luca, ob das Wasser warm genug ist. Letitia schüttet vorsichtig ein wenig Spezialfutter ins durchsichtige Becken. Erst vor zwei Wochen hatten die beiden darin winzige Eier eingesetzt. Schon nach wenigen Tagen schlüpften daraus Larven. Mittlerweile sind die Larven zu Urzeitkrebsen herangewachsen. „Triops-Aquarium“ heißt der Experimentierkasten von Kosmos. PRIMAX schaute sich im Stuttgarter Verlag um. 1 . . . . Nachdenken und ausprobieren ? Tiere beim Wachsen beobachten: Ist so ein Experimentierkasten möglich? Welche Tierart eignet sich dafür am besten? Wie kann das Experiment immer und bei jedem Kind klappen? Was sollte im Handbuch genau beschrieben werden? ? Schritt für Schritt voran: Diese Fragen sind wichtig! „Sie sind winzig wie Sandkörner und seit Jahren ausgetrocknet. Trotzdem können sich aus diesen Eiern Lebewesen entwickeln. Faszinierend!“ Wenn Annette Büchele einige Eier auf ihre Hand rieseln lässt, ist sie immer noch begeistert. Dabei wurde die Idee zum TriopsExperimentierkasten bereits vor 13 Jahren in ihrer Redaktion geboren. Seit 11 Jahren gehört dieser Experimentierkasten zu den Verkaufshits des Kosmos-Verlages. In der Redaktion arbeiten zehn Frauen und Männer. Fast jeder ist Naturwissenschaftler oder Techniker. Das ist wichtig, um Experimentierkästen aus der Welt der Chemie, Physik, Elektronik oder Biologie zu erfinden. So war es möglich, die Tierart der Urzeitkrebse auszuwählen, Dutzende von Tests mit Triops-Eiern zu unternehmen, nach und nach die optimalen Bestandteile des Experimentierkastens herauszufinden und die Idee schließlich der Verlagsleitung vorzustellen. Stimmen die Chefs zu, dann schließen sich Fachleute mehrerer Abteilungen zusammen, um die Feinheiten eines Experimentierkastens auszutüfteln. 2 „Vom Gebirg zum Ozean: Alles hört der Radiomann!“ So lautete 1934, also vor 80 Jahren, der Werbespruch für den Experimentierkasten „Radiomann“. Mit einem solchen selbst gebauten Radio konnten Kinder nicht nur Musik und Sprache empfangen, sondern auch senden. Den weltweit ersten Experimentierkasten gab es schon 1922: Ein junger Lehrer aus der Schweiz hatte den „Baukasten Elektro“ erfunden. Seitdem entwickelte der KosmosVerlag Hunderte von Experimentierkästen. Probieren und Kapieren . . . . Entwerfen und planen Wie müssen die Einzelteile aussehen, damit alles funktioniert? Lassen sich diese Teile tausendfach produzieren? Worauf sollen die Hersteller der Teile besonders achten? Wie kann alles sicher verpackt werden? ? Was sich die Redaktion ausdenkt, bekommt in der Abteilung Technische Produktentwicklung eine Form. Wenn ein Wassergefäß für einen Triops-Kasten gebraucht wird, entwirft Monika Schall ihre Ideen zuerst grob auf Papier. Sind alle damit einverstanden, kommen feinere Zeichnungen am Computer dazu. Schließlich schickt sie einen millimetergenauen Bauplan an den Betrieb, der das Wassergefäß herstellen soll. Monika Schall kennt sich mit Kunststoffen genau aus: Welche Formen können gesägt und geklebt, gepresst oder gegossen werden? „Ich darf den Betrieben ja keine Aufgaben stellen, die sie gar nicht erfüllen können.“ Sind alle Einzelteile beisammen, geht es darum, wie sie sicher in der Verpackung untergebracht werden können. Was muss extra in Tüten oder Kästchen verpackt werden? Wo sind kleine Trennwände nötig? „Wenn die Experimentierkästen zu den Geschäften transportiert werden, darf nichts durcheinanderfallen oder kaputtgehen.“ Probieren und Kapieren so alt wie Dinosaurier Der Urzeitkrebs Triops gilt als älteste lebende Tierart der Welt. Schon vor 220 Millionen Jahren schwammen Triopse zum Beispiel in den Pfützen, die sich nach Regen in den Fußstapfen von Dinosauriern bildeten. Um zu überleben, brauchen die 6 bis 8 Zentimeter langen Triopse nicht viel: ein Wasserloch, Wärme, Futter und Sand. Sie vertilgen kleine Tiere genauso wie Pflanzen. In Pfützen zu leben hat gute und schlechte Seiten. Dort gibt es keine hungrigen Fische und nur wenig Konkurrenz um Nahrung. Allerdings können auch große Pfützen in kurzer Zeit austrocknen. Die Natur hat sich etwas einfallen lassen, um dieses Problem zu lösen: . . . Wenn aus den Eiern Larven geschlüpft sind, wachsen sie sehr schnell. Das ist nötig, denn Triopse leben höchstens 90 Tage lang. Nach wenigen Wochen sind sie zu erwachsenen Tieren gereift, die selbst Eier legen können. Einen Partner zu suchen, um für Nachwuchs zu sorgen, kostet Tiere viel Zeit und Kraft. Triopse sparen sich diese Mühe: Fast alle Urzeitkrebse sind Weibchen und können ohne Männchen Eier legen. Triops-Eier sind sehr robust: Wenn sie ausgetrocknet sind, können mehrere Jahrzehnte vergehen, bis sich ihre Erdmulde wieder mit Wasser füllt. Sobald das geschieht, erwacht in den Eiern neues Leben. Wie kamen die Urzeitkrebse zu ihrem Namen? Triops ist griechisch und bedeutet „der Dreiäugige“. Außer zwei schwarzen Augen vorn am Panzer haben Triopse ein drittes Auge im Inneren. Mit ihm unterscheiden die Tiere nur Hell und Dunkel. Da das Licht in ihrer Welt immer von oben kommt, wissen sie so, wo oben und unten ist. 3 . . . . Rechnen und verhandeln 5 Welche Firmen können die Einzelteile herstellen? Wie hoch sind die Preise dafür? Wie teuer muss der Experimentierkasten sein, damit der Verlag etwas verdient? Gibt es genug Kunden, die einen solchen Preis bezahlen? . . . . ? Um den Mitarbeitern des Verlags ein Gehalt zahlen zu können, muss mit den Experimentierkästen Geld verdient werden. Darauf achten die Abteilungen, die sich mit dem Einkaufen der Einzelteile und dem Verkaufen der gesamten Kästen befassen. Sie rechnen immer wieder, verhandeln mit Herstellerfirmen und besprechen ihre Ergebnisse mit den Kollegen der anderen Abteilungen. 4 . . . . Testen und tüfteln ? Funktionieren alle Experimente? Können sich Kinder dabei verletzen? Gehen manche Einzelteile leicht kaputt? Ist das Handbuch für jeden verständlich? Michael Höfelmann ist ein Tüftler. Er geht mit Mikroskopen und Messgeräten um und baut Testmodelle. Doch wenn es darauf ankommt, stellt er sich sehr ungeschickt an. „Nur so finde ich heraus, was bei Kunden schiefgehen kann.“ In der Abteilung Qualitätsprüfung ist es seine Aufgabe, in Experimentierkästen nach Fehlern und Schwachstellen zu suchen und zu überlegen, wie etwas noch besser gemacht werden kann. Zum Beispiel, ob das Wassergefäß dicht ist und ob die Triopse wie versprochen auch in Mineralwasser heranwachsen. Er ist immer dabei: beim Entwickeln von Experimentierkästen, aber auch wenn frisch gelieferte Einzelteile getestet werden. „Viele Schwächen lassen sich am Computer nicht erkennen. Deshalb gehe ich mit Experimentierkästen so um, als hätte ich sie noch nie in der Hand gehabt.“ Und wenn im Handbuch ein Experiment nicht eindeutig beschrieben ist, bittet er die Kollegen in der Redaktion, den Text vor dem nächsten Drucken zu ändern. Messen und kontrollieren Sind die Verpackungen mit den richtigen Farben bedruckt? Lassen sie sich ohne Probleme falten und zusammenkleben? Sind die Handbücher sauber gedruckt und gebunden? Lassen sich alle Texte gut lesen? ? Wer sich für einen Experimentierkasten interessiert, sieht zuerst die Verpackung. Wer die Experimente ausprobiert, braucht dafür das Handbuch. Ralf Paucke und seine Kollegen in der Abteilung Herstellung sorgen dafür, dass Verpackungen und Handbücher gut und preiswert produziert werden. Zuerst informieren sie sich bei Druckereien über die Preise. Später kontrollieren sie Probedrucke mit Farbtafeln und speziellen Lupen: „Wir achten darauf, dass alles so aussieht, wie es die Grafiker entworfen haben.“ Erst dann gibt Ralf Paucke das Startsignal für die Herstellung. Am Ende werden sämtliche Einzelteile der Experimentierkästen in die Verpackungen gefüllt. Kosmos vergibt diesen Auftrag häufig an Werkstätten für Menschen mit Behinderungen. Nun ist nur noch eines zu tun: Die fertig verpackten Experimentierkästen werden zu Geschäften in Europa und in den USA transportiert. Von der Idee bis zur ersten Auslieferung vergehen bei Kosmos rund eineinhalb Jahre. Die Verlagsteams arbeiten gleichzeitig an bis zu 35 neuen Experimentierkästen.