Probleme mit der Schulter

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Probleme mit der Schulter
Probleme mit der Schulter
Nichtoperative und operative Behandlung
Dr. med. Thomas Henkel
Facharzt FMH für orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates
Hirslanden Andreasklinik Zug/Cham · Rigistrasse 1 · CH-6330 Cham
Tel. 041 784 05 20 · Fax 041 784 05 29
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Dr. med. Peter Wirz
Facharzt FMH für orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates
MedMove ORTHO-PHYSIO-RHEUMA TEAM · Bernstrasse 1 · 3076 Worb
Tel. 031 832 43 53 · Fax 031 832 43 54
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2Inhalt
Einleitung
Die Behandlung der Schulter ist ein schwieriges Gebiet und bedarf viel Kenntnis und Erfahrung.
Die vorliegende Patienteninformation sollte Ihnen helfen die Schulter sowie die Behandungsmöglichkeiten bei Problemen besser zu verstehen.
Inhalt
1. Wie ist das Schultergelenk aufgebaut und wie funktioniert es? Anatomie und Biomechanik
2. Erkrankungen der Schulter
2.1 Enge unter dem Schulterdach: Engpasssyndrom (Impingementsyndrom) der Schulter
2.2 Die Abnützung des Schultergelenkes (Omarthrose)
2.3 Kalkablagerungen in der Sehnenplatte – Kalkschulter (Tendinitis calcarea)
3. Erkrankungen und/oder Verletzungen der Schulter
3.1 Risse in der Sehnenkappe über dem Oberarmkopf (Rotatorenmanschettenruptur)
3.2 Das lockere Schultergelenk: Instabilität oder Ausrenkung (Luxation)
4. Verletzungen der Schulter
4.1 Schlüsselbeinbruch (Klavikulafraktur)
4.2 Oberarmbruch (Humerusfraktur)
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1 Wie ist das Schultergelenk aufgebaut und wie funktioniert es? Anatomie und Biomechanik
Die Schulter besteht aus einer Pfanne (ähnlich wie ein
Teller mit überhöhtem Rand) mit fast senkrechter Stellung, in welcher der kugelförmige Oberarmkopf ruht.
Der Oberarmkopf wird durch die Kapsel und die Bänder
in der Pfanne gehalten. Die Überhöhung der Pfanne wird
durch eine zirkuläre Lippe (Labrum) gebildet, die der
Funktion eines Dichtungsrings entspricht und mithilft,
den Oberarmkopf in der Pfanne zu zentrieren. Diese
Überhöhung bietet einen zusätzlichen Schutz, dass der
Oberarmkopf in der Pfanne zentriert bleibt.
Oberarmkopf und Pfanne mit Gelenklippe
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Dr. med. Peter Wirz, MedMove ORTHO-PHYSIO-RHEUMA TEAM, Bernstrasse 1, CH-3076 Worb
Fachärzte FMH für orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates
1 Wie ist das Schultergelenk aufgebaut und wie funktioniert es? Anatomie und Biomechanik
3
Die Bänder und die Kapsel werden von den Sehnen des
inneren Muskelsehnenapparats der Schulter (sogenannte Rotatorenmanschette) umgeben. Diese Sehnen
sind mit den Muskeln verbunden, die die Schulter in alle
Richtungen bewegen: Die Supraspinatussehne zieht
die Schulter nach seitlich oben, die Infraspinatussehne
nach aussen, die Subscpularissehne nach innen und
hinten. Zusätzlich zieht der vom Ellbogen kommende
Bicepsmuskel mit seiner Sehne zum Oberrand der Pfanne.
Neben dem inneren Muskelsehnenapparat gibt es den
äusseren Deltoideusmuskel. Er bildet die sichtbare
Schulterkontur und unterstützt Schulterbewegungen in
alle Richtungen.
Schulter mit innerem Muskelsehnenapparat
Sehnen von der Seite…
…und von oben
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2.1 Enge unter dem Schulterdach: Engpasssyndrom (Impingementsyndrom) der Schulter
2 Erkrankungen der Schulter
2.1Enge unter dem Schulterdach: Engpasssyndrom (Impingementsyndrom) der Schulter
Allgemeines
Der Platz unter dem Schulterdach ist beschränkt.
Wird dieser zusätzlich eingeengt kommt es zur Enge
unter dem Schulterdach (Einklemmung der darunter
liegenden Sehnen und den Schleimbeutel =Bursa).
Schwache Bänder oder Sehnen, die den Oberarmkopf normalerweise nach unten drücken und
das Anschlagen verhindern, sind weitere mögliche
Ursachen. Überkopfarbeiten oder eine chronisch
vorgeneigte Haltung des Oberkörpers fördert die Entstehung des Engpasssyndroms. Das mechanische
Reiben der Sehnenkappe (Rotatorenmanschette) am
Haken des Schulterdachs kann die Sehnen schädigen und zu Teil- oder Vollrissen führen.
Beschwerden
Der Patient klagt sowohl über Schmerzen bei seitlichen, als auch bei Bewegungen nach hinten
oben. Häufig sind Nachtschmerzen vorhanden. Der
Patient hat das Gefühl, als klemme etwas ein, daher
der Name Engpasssyndrom (Impingementsyndrom)
der Schulter.
Diagnose
Der Arzt stellt die Diagnose aufgrund der Schilderungen
des Patienten, der klinischen Untersuchung und den
zusätzlichen Röntgenbildern. Eine Magnetresonanzuntersuchung (sog. MRI) ist meistens ebenfalls notwendig, um einen möglichen Riss in der Sehne erkennen zu
können. Häufig wird zusätzlich eine sogenannte Infiltration unter das Schulterdach mit einem Betäubungsmittel gemacht: Ist der Schmerz durch die Spritze vorübergehend (ca. 5 – 8 Stunden) deutlich reduziert, ist die
Diagnose zusätzlich gesichert.
Die häufigste Ursache für diese Enge ist eine Ausbildung eines knöchernen Hakens (Acromionhaken).
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2.1 Enge unter dem Schulterdach: Engpasssyndrom (Impingementsyndrom) der Schulter
Behandlung ohne Operation
Die Behandlung (Therapie) des Impingementsyndroms
ist bei fehlender Verletzung der Sehnen meistens ohne
Operation. Durch die Physiotherapie wird mittels gezielten Trainings der Schultermuskulatur der Oberarm
nach unten gezogen und somit mehr Raum unter dem
Schulterdach geschaffen. Meist stellt sich der Erfolg
nach 3 – 6 Monaten ein, es bedarf somit eines langdauernden Trainings, das vom Patienten z.T. auch selbstständig durchgeführt werden kann (unter Anleitung und
Überwachung des Physiotherapeuten).
Gleichzeitig oder im Anschluss an die Physiotherapie
kann eine Spritze (Infiltration) mit einem milden Cortison unter das Schulterdach gemacht werden.
Liegt nur ein Engpasssyndrom vor, so sind die Erfolgsaussichten gut. Bestehen jedoch zusätzlich Sehnenverletzungen, so sind die Chancen auf eine erfolgreiche
Behandlung ohne Operation deutlich geringer.
Behandlung mit Operation
Erst wenn alle obengenannten Massnahmen nicht zu
einer Besserung führen, ist die Indikation zu einer operativen Massnahme gegeben. Die sogenannte Acromioplastik ist ein Entfernen des Hakens am Schulterdach.
Dies wird in der Regel arthroskopisch (arthroskopische
Acromioplastik) durchgeführt, das heisst über ca. 6mm
lange Inzisionen werden eine Optik mit Verbindung zu
einer Kamera und Instrumente eingeführt. Diese Methode wird auch Gelenkspiegelung oder Knopflochtechnik
genannt. Die Operation kann entweder in Betäubung
seitlich am Hals (sogenannter Scalenusblock) oder
Allgemeinnarkose durchgeführt werden. Wir empfehlen
die Allgemeinnarkose. Der Spitalaufenthalt dauert zwischen 2 – 5 Tage. Nach der Operation wird eine Armtragschlinge mindestens 7 – 14 Tage getragen. Die Schulter
darf schon am Abend der Operation bewegt werden. Die
physiotherapeutische Betreuung beginnt am ersten Tag
nach der Operation. Sportarten mit Schulterbeteiligung
sind für 8 – 12 Wochen untersagt.
Entfernen des Hakens am Schulterdach offen
(Acromioplastik)
Arthroskopisch
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2.2 Die Abnützung des Schultergelenkes (Omarthrose)
2.2 Die Abnützung des Schultergelenkes
(Omarthrose)
Beschwerden
Die Arthrose des Schultergelenkes führt zu schmerzhafter eingeschränkter Beweglichkeit und unangenehmen Schwellungs- und Entzündungszuständen. Mit
der reduzierten Einsatzfähigkeit der Schulter sind auch
der Arm und die Hand im Alltag eingeschränkt: Anheben
des Unterarmes über Schulterhöhe, Kämmen, der Griff
zum Portemonnaie, das Anziehen und vielleicht sogar
das Essen werden schwierig und schmerzhaft.
Allgemeines
Die Gelenke sind Alterungs- und Abnützungsprozessen
unterworfen. Die Gleitflächen der Gelenke, der Knorpel,
haben nur ein beschränktes Selbstheilungsvermögen. Ist
der Knorpel durch die Abnützung aufgeraut, verdünnt oder
eventuell ganz abgerieben, spricht man von Arthrose.
Diagnose
Beschwerden, klinische Untersuchung und Alter geben
wichtige Hinweise. Das Röntgenbild gibt Klarheit. Neben der Arthrose muss noch der Zustand der Sehnen, die
über den Oberarmkopf ziehen (Rotatorenmanschette)
beurteilt werden. Dazu braucht es oft eine Untersuchung
in der Röhre (Magnetresonanzuntersuchung).
Behandlung ohne Operation
Allgemein bei Arthrose können Nahrungsmittelergänzungen für den Knorpelstoffwechsel, sogenannte Chondroprotektiva, eingenommen werden. Wichtig sind
die Bestandteile Chondroitinsulfat und Glukosamin.
Obschon die Wirkung teilweise umstritten ist, verwenden wir diese Substanzen häufig mit gutem Erfolg.
Manchmal ist zusätzlich die Einnahme von Schmerzmitteln und Entzündungshemmern notwendig. Mit Kortisonspritzen ins Gelenk kann die Entzündung ebenfalls
reduziert werden. Hier warnen wir aber vor rascher oder
wiederholter Anwendung wegen Beeinträchtigung der
Gewebefunktion und Regeneration. Mit Physiotherapie
ist meistens keine wesentliche Besserung zu erreichen.
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2.2 Die Abnützung des Schultergelenkes (Omarthrose)
Behandlung mit Operation
Wir unterscheiden 3 verschiedene Prothesensysteme:
1. Bei der Schulterkappenprothese wird nur die Gelenkfläche des Oberarmkopfes ersetzt.
3.Bei der inversen Schulterprothese erfolgt eine
Verlagerung des Drehpunktes mit Verlängerung des
Hebelarmes. Sie wird vor allem bei gleichzeitiger Verletzung der Sehnenkappe der inneren Schultermuskulatur verwendet. (siehe auch Kapitel 3.1.)
2. Bei der anatomischen Schulterprothese wird die
künstliche Gelenkfläche des Oberarmkopfes mit
einem Schaft im Markkanal des Oberarmknochens
verankert. Teilweise wird auch die Gelenkpfanne ersetzt.
Röntgenbild vor und nach Einbau einer inversen Schulterprothese
Die Nachbehandlung erfolgt bei allen Prothesen mit
einer Armtragschlinge für ca. 5 Wochen, mit der Physiotherapie kann funktionell nachbehandelt werden,
d.h. freie, passive Bewegungen ohne Belastung bis zur
Schmerzgrenze.
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2.3 Kalkablagerungen in der Sehnenplatte – Kalkschulter (Tendinitis calcarea)
2.3Kalkablagerungen in der Sehnenplatte – Kalkschulter (Tendinitis calcarea)
Allgemeines
Diese häufige Erkrankung tritt häufig zwischen 30. und
50. Lebensjahr auf. Aus noch nicht vollständig geklärten
Gründen kann es in der Sehnenkappe der inneren Schultermuskulatur (Rotatorenmanschette) zu Verkalkungen
kommen. Lokaler Druck, Durchblutungsstörungen und
biochemische Veränderungen werden als Ursache diskutiert. Lokale Druckerhöhungen führen zur Minderdurchblutung und Sauerstoffarmut des Sehnengewebes, was
wiederum zu Gewebsschäden und Verkalkungen führt.
Wir unterscheiden verschiedene Stadien und Grade der
Kalkschulter je nach Grösse des Herdes.
Beschwerden
In der chronischen Phase können die Beschwerden
als zuerst langsam zunehmender, dumpfer Schmerz
mit Ausstrahlung in den Oberarm, später als wechselhafter Schmerz in Erscheinung treten. Es bestehen auch
Nachtschmerzen und eine Einklemmungssymptomatik
(siehe auch Enge unter dem Schulterdach). Diese nehmen in der Regel mit der Menge der Kalkbildung zu.
Die akute Phase beginnt mit plötzlichen, sehr heftigen
Schmerzen, Schwellung und Erwärmung über einen
Zeitraum von 2 – 3 Wochen. Zur Schmerzlinderung
wird der Arm in Innenrotation gehalten. Ursache ist die
plötzliche Entleerung der cremigen Kalkansammlung
unter das Schulterdach (Subakromealraum) oder in das
Schultergelenk. Anschliessend bilden sich die Schmerzen ganz oder teilweise zurück.
Diagnose
Die Schilderung der Beschwerden erlaubt eine Verdachtsdiagnose. Mit Röntgenbildern von vorne nach
hinten in verschiedenen Rotationsstellungen des Oberarmes kann die Diagnose gesichert werden.
Magnetresonanzschnittblid mit Kalkdepot
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2.3 Kalkablagerungen in der Sehnenplatte – Kalkschulter (Tendinitis calcarea)
Behandlung ohne Operation
Der Kalk löst sich häufig entweder nicht oder nur sehr
langsam auf. Die Grösse des Kalkdepots kann aber auch
stetig zunehmen. Sowohl eine Grössenzunahme der Sehne infolge der Kalkeinlagerung, als auch freiwerdende
Kalkpartikel können zu einer Reizung und Entzündung
der Schulter führen. Zur Schmerzlinderung können Entzündungshemmer eingenommen werden.
Behandlung mit Operation
Arthroskopisches Entleeren des Kalkdepots
Durch die arthroskopische Optik und dem dazugehörigen
Spülsystem erreicht man eine direkte Sicht auf die Sehnenplatte, sowie eine intensivere Spülung. Das Kalkdepot wird unter Sicht vom Raum unter dem Schulterdach
aufgesucht und mit Nadeln und Manipulierhaken entleert. Dadurch kann die Behandlung gezielter und vollständiger durchgeführt werden.
Es kann zu plötzlichen Entleerungen des Kalkdepots
unter das Schulterdach oder in das Schultergelenk kommen verbunden mit starken Schmerzen. Der ausgetretene Kalk wird vom Körper selbstständig abgebaut.
Als Zwischenlösung von medikamentöser und operativer
Behandlung kommt das Needling in Frage. Dabei wird
unter Röntgenkontrolle wiederholt eine Hohlnadel in das
Kalkdepot gestochen, damit sich dieses entleert. Gleichzeitig wird über weitere Hohlnadeln ausgiebig gespült.
Eine vollständige Entleerung des Kalkdepots zu erzielen
ist aber insbesondere bei kleinen Verkalkungen schwierig.
Die Kalkzertrümmerung mittels neuerer Stosswellengeräte kommt in gewissen Fällen zur Anwendung.
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Arthroskopische Sicht eines grossen Kalkdepots
Stosswellenbehandlung der Kalkschulter
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3.1 Risse in der Sehnenkappe über dem Oberarmkopf (Rotatorenmanschettenruptur)
3 Erkrankungen und/oder Verletzungen der Schulter
3.1 Risse in der Sehnenkappe über dem Oberarmkopf
(Rotatorenmanschettenruptur)
Allgemeines
Die Sehnenkappe über dem Oberarmkopf der inneren
Schultermuskulatur (Rotatorenmanschette) wird durch
4 Sehnen gebildet, die am Oberarmkopf fixiert sind. Diese Sehnen sind mit Muskeln verbunden, so dass der Zug
der Muskulatur die Schulter in alle Richtungen bewegen
kann.
1. Arm seitlich anheben: Obere Sehne = Supraspinatussehne
2. Aussenrotation: Hintere Sehnen = Infraspinatusund Teres minor Sehne
3. Innenrotation und Rückführung des Armes: Vordere Sehne = Subscapularissehne (zieht die Schulter
nach innen und hinten)
Die Rotatorenmanschettenruptur ist das häufigste Problem der Schulter.
Ursachen der Rotatorenmanschettenruptur
Man unterscheidet Rupturen an Sehnen ohne Vorschädigung durch ein starkes Unfallereignis (Sturz auf
den Arm oder Schulter) und sogenannte traumatische
Rupturen. Bei Rupturen von Sehnen die eine abnützungsbedingte Vorschädigung haben, spricht man
von degenerativen Rupturen. Bei den degenerativen
Rupturen braucht es kein oder nur ein geringes Unfallereignis. Es sind anfänglich nur Mik­rorisse in den Sehnen
vorhanden, die langsam grösser werden. Oft führt dann
ein harmloses Trauma zu einer Vollruptur der Sehne. Am
häufigsten reisst die Supraspinatussehne.
halbmondförmige
Läsion
unregelmässige
halbmondförmige
Läsion
Läsion
Verschiedene Rissformen der Supraspinatussehne
Bei allen Rupturarten wird die Sehne vom Knochen abgerissen und kann sich mit der Zeit zurückziehen. Eine
spontane Heilung der Sehne ist in der Regel nicht möglich. Der mit der Sehne verbundene Muskel (= Motor) bildet sich zurück und kann sich später auch in Bindegewebe umwandeln. Dieser Umwandlungsprozess ist nicht
mehr rückgängig zu machen.
Beschwerden
Kleine Sehnenrupturen (Teilrupturen) können mit wenig
Schmerzen und geringer Funktionseinbusse einhergehen
und werden oft unterschätzt. Oft sucht der Patient erst
verspätet den Arzt auf. Grössere Sehnenrupturen führen
zu einem deutlichen Kraftverlust und Einbusse der Beweglichkeit. Nachtschmerzen sind häufig sowohl bei
kleinen, als auch bei grossen Rupturen vorhanden.
Reisst die obere Sehne (Supraspinatussehne), so ist die
Kraft für die Seitwärtsbewegung vermindert, bei der vorderen Sehne (Subscapularissehne) ist die Kraft für die
Bewegung nach innen und hinten eingeschränkt und bei
der hinteren Sehne (Infraspinatussehne) die Aussendrehung.
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Diagnose
Die Diagnose stellt der Arzt mit der klinischen Untersuchung und mittels MRI (Magnetresonanzuntersuchung), die zur exakten Diagnose unerlässlich ist.
Behandlung ohne Operation
Teilrupturen der Sehnen können in gewissen Fällen ohne
Operation behandelt werden. Wann der Teilriss aber in
einen Vollriss übergeht, kann nicht vorausgesagt werden. Bei sehr betagten Patienten oder Patienten mit
nur geringen Beschwerden können auch Vollrupturen
der Sehnen ohne Operation belassen werden. Die Behandlung beinhaltet eine regelmässige Physiotherapie
zur Auftrainierung der äusseren Muskulatur und zum
Erlernen von Techniken, die es ermöglichen den Alltag
trotz eingeschränkter Muskelfunktion zu meistern. Mit
Schmerzmedikamenten und ev. einer Kortisonspritze unter das Schulterdach kann die störende begleitende Entzündung gebremst werden v.a. wenn ein ausgeprägter
Nachtschmerz vorhanden ist. Kältetherapie (Kryotherapie) ist oft hilfreich.
Behandlung mit Operation
Frische, vollständige Sehnenrupturen sollten möglichst früh genäht werden, damit die Wiedergewinnung
der Kraft möglichst gross ist. Die Operation kann entweder arthroskopisch oder offen (mit einem zusätzlichen
Schnitt) geschehen. Bei diesen Verfahren wird als erstes
eine Arthroskopie der Schulter mit Sicherung der Diagnose durchgeführt. Während dieser Arthroskopie entscheidet der Arzt, ob er die Naht der Sehnen arthroskopisch
oder mit einem Schnitt (offene Technik) durchführt.
Dies geschieht nach Möglichkeit in derselben Operation.
Während der Operation wird meistens der enge Raum
unter dem Schulterdach erweitert (Acromioplastik). Zusätzlich muss oft das sogenannte Schultereckgelenk
(AC Gelenk) gereinigt werden (AC Gelenksresektion).
Arthroskopische Sehnennaht mit versenkten
Fadenankern
Offenes Verfahren mit Naht durch Sehnen und Knochen
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3.1 Risse in der Sehnenkappe über dem Oberarmkopf (Rotatorenmanschettenruptur)
Nachbehandlung
Die Art der Nachbehandlung hängt von der Grösse der
Ruptur und der Lokalisation ab:
Kleine Rupturen oder Rupturen der vorderen Sehne
(Subscapularissehne) können mit einer Schlinge behandelt werden. Grosse Rupturen müssen oft auf einem
Kissen oder sogar einer Schiene immobilisiert werden.
Die Dauer beträgt meistens 6 Wochen. Während dieser
Zeit darf die Schulter im Rahmen des Erlaubten (was
vom Operateur individuell festgehalten wird) bewegt
werden. Da die Sehnen sehr lange brauchen, bis sie vollständig eingewachsen sind, ist das Tragen von Gewichten frühestens nach 3 – 4 Monaten erlaubt. Somit wird
ein Wiederausriss der Sehnen verhindert.
Nachbehandlung mit einem Abduktionskissen bei grossen Rupturen
Alte, meistens degenerative Sehnenrupturen können
oft nicht mehr vollständig repariert werden, insbesondere bei erheblicher Rückzug (Retraktion) der Sehnen und
Umwandlung des Muskels in Bindegewebe (Verfettung
der Muskulatur). In diesen Fällen ist oft nur noch eine
Teilreparatur möglich.
a. Die arthroskopische Gelenksreinigung (sog. Gelenksdébridement):
Hier wird eine Reinigung mit der Gelenkspiegelung,
resp. in der Knopflochtechnik durchgeführt, die eine
sofortige Bewegungsfähigkeit der Schulter nach der
Operation erlaubt.
b. Die Muskelersatzplastik
Dabei wird eine gesunde Sehne bzw. Muskel als Ersatz nach oben gezogen. Für eine nicht reparable
vordere Sehne (Subscapularissehne) wird ein Teil
des Brustmuskels (Pectoralis major Transfer) verwendet. Ist die obere Sehne (Supraspinatussehne)
nicht mehr reparabel, so wird der lange Rückenmuskel verwendet (Latissimus dorsi Transfer).
c. Umkehrprothese
In ausgewählten Fällen muss bei Sehnenrupturen
mit gleichzeitiger Zerstörung des Gelenkes (Arthrose) eine sogenannte Umkehrprothese der
Schulter (Sonderform eines künstlichen Gelenkes,
z.B. Delta xtend Schulterprothese). Diese Umkehrprothese oder auch inverse Schulterprothese genannt, benützt den äusseren Muskel (M. deltoideus),
der noch intakt ist, als Motor. Durch den verschobenen Drehpunkt des Gelenkes entsteht ein längerer
Hebelarm und der äussere Muskel ist in der Regel
stark genug um das Schultergelenk zu bewegen.
Bei sogenannten Rotatorenmanschettenmassenrupturen (Ruptur fast aller Sehnen) ist keine Reparatur
mehr möglich. Es stehen hier verschiedene Operationsverfahren zur Verfügung:
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3.1 Risse in der Sehnenkappe über dem Oberarmkopf (Rotatorenmanschettenruptur) Umkehrprothese der Schulter
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3.2 Das lockere Schultergelenk: Instabilität oder Ausrenkung (Luxation)
3.2 Das lockere Schultergelenk: Instabilität oder Ausrenkung (Luxation)
Allgemeines
Wichtig ist die Schulterausrenkung bei der der Oberarmkopf vollständig aus der Pfanne rausspringt (Luxation) zu unterscheiden von der Schulterinstabilität
(Subluxation) wo der Kopf aufgrund einer Bandschwäche und ungünstiger Geometrie oft aus der Pfanne zu
springen droht. Die Schulterinstabilität ist ein begünstigender Faktor zur Schulterausrenkung.
Was ist eine Ausrenkung (Luxation)?
Bei einer Ausrenkung (sog. Schulterluxation) springt
die Oberarmkugel aus der Pfanne. Ausrenkungen ereignen sich in den meisten Fällen durch einen Unfall.
In 90% der Fälle springt die Kugel nach vorne unten
heraus. Der typische Unfallmechanismus ist eine forcierte Bewegung des Armes nach hinten oben, wie sie
bei einem Sturz beim Skifahren oder z.B. beim Handballspielen vorkommt (Gegner, der den Arm nach hinten
zieht). In seltenen Fällen luxiert die Kugel nach hinten.
Welche Verletzungen treten bei einer
Schulterluxation auf?
1. In den meisten Fällen werden die Bänder und die Kapsel, welche die Kugel in der Pfanne halten, gedehnt.
Zusätzlich wird oft die Pfannenlippe (Labrum), die
eine Überhöhung am Pfannenrand darstellt, auch
abgerissen (sogenannte Bankartläsion).
2.Der Knochen der Pfanne kann v.a. am Rand abbrechen (ossäre Bankartläsion).
3. In seltenen Fällen kann auch zusätzlich der Oberarmknochen brechen (Luxationsfraktur der Schulter).
4. Durch das Ausrenken verhakt sich die Oberarmkugel
am Pfannerand und es entsteht eine Delle am Kopf,
eine sogenannte Hill-Sachsläsion.
Bild einer typischen vorderen unteren Schulterluxation
Durch das Ausrenken der Kugel kann es zu Schäden
an den Nerven, die zur Schulter oder zur Hand ziehen,
kommen. Dabei kann es zu Lähmungen der Schulter
oder der Hand kommen. Diese bilden sich in den meis­
ten Fällen wieder zurück. Die Dauer der Lähmung kann
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3.2 Das lockere Schultergelenk: Instabilität oder Ausrenkung (Luxation)
durchaus mehrere Wochen betragen. In seltenen Fällen
bildet sich eine Lähmung nicht mehr zurück.
Über den Bändern und der Kapsel liegt die sogenannte
Sehnenkappe der inneren Schultermuskulatur (Rotatorenmanschette), die v.a. bei über 40-Jährigen wesentlich mitverletzt werden kann. Diese Sehnenverletzungen
werden oft übersehen und können zu einer wesentlichen
Beeinträchtigung der Schulterfunktion führen.
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Beschwerden bei der Schulterinstabilität
Der Patient hat meistens von sich aus das Gefühl, als
sei die Kugel bei gewissen Bewegungen kurz vor dem herausspringen. In gewissen Fällen luxiert die Kugel auch
kurzzeitig und springt spontan wieder in die Pfanne. Es
handelt sich hierbei um Teilausrenkungen (Subluxationen der Schulter). Bei gewissen Bewegungen nach
hinten oben kann es zu Schmerzen mit Ausstrahlung bis
in den Arm kommen. Vereinzelt treten kurzzeitige Lähmungen auf. Schnapp- oder Knackgeräusche sind nicht
selten.
Diagnose der Schulterausrenkung
Unfallmechanismus, Schonhaltung und Bewegungseinschränkung der Schulter mit Veränderung der Schulterkontur sind wegweisend. Sicherheit bringen Röntgenbilder von vorne und der Seite. Diese Röntgenbilder sind
auch wichtig zum Ausschluss von Zusatzverletzungen.
Zur weiteren Abklärung von Zusatzverletzungen sollte
bei entsprechendem Verdacht in den ersten 7 Tagen
nach Reposition eine Magnetresonanzuntersuchung
der Schulter durchgeführt werden.
Was ist eine Schulterinstabilität ?
Wird durch die Ruhigstellung der Schulter nach der Luxation die Schulter nicht stabil, so liegt eine Instabilität
der Schulter vor (posttraumatische Instabilität).
Bei einer Schulterinstabilität ist die Kugel somit nicht
mehr stabil in der Pfanne verankert, d.h. sie hat zu viel
Spiel und ist immer kurz vor dem Ausrenken.
Eine Schulterinstabilität kann auch ohne vorgängige
Ausrenkung (atraumatische Schulterinstabilität) entstehen:
Z.B. können bei einer vererbbaren Bindegewebsschwäche die Bänder der Schulter so schwach sein, dass sie
die Schulter nicht genügend in der Pfanne halten können.
Bei gewissen Sportarten wie z.B. Schwimmen, Speerwerfen, Handball mit starker Beanspruchung der Bänder können diese durch repetitive Mikrotraumen so auslockern, dass eine instabile Schulter ensteht.
Diagnose der Schulterinstabilität
Der Arzt führt verschiedene Stabilitätstests der Schulter
durch (z.B. Apprehension Test, Relokationstest u.a.).
Zusätzlich führt er Standardröntgenbilder und meistens eine Magnetresonanzuntersuchung der Schulter
durch.
Behandlung der Luxation ohne Operation
Bei einer Ausrenkung führt der Arzt ein Röntgenbild
durch und wird dann die Schulter wieder einrenken
(=reponieren). Das Einrenken gelingt manchmal mit
einer Beruhigungsspritze (Sedation), sonst wird eine
Kurznarkose durchgeführt.
Nach der Reposition wird die Schulter entweder mit einer
Schlinge oder einem Spezialkissen mit leichter Aussendrehung des Armes ruhiggestellt. Durch die Ruhigstellung können die Bänder vernarben, d.h. eine gewisse
Form der Selbstheilung tritt ein.
Die Dauer der Ruhigstellung ist altersabhängig: Beim
20-Jährigen beträgt diese 2 – 3 Wochen, beim 40-Jährigen nur 7 – 10 Tage. Nach der Ruhigstellungsphase
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3.2 Das lockere Schultergelenk: Instabilität oder Ausrenkung (Luxation)
wird in der Physiotherapie die Muskulatur so auftrainiert, dass die Schulter an Stabilität und Beweglichkeit
gewinnt.
Risikosportarten für die Schulter sollten frühestens nach
8 – 12 Wochen wieder begonnen werden.
Arthroskopische Schulterstabilisierung
Behandlung der Luxation mit Operation
Beim Vorliegen von gewissen Zusatzverletzungen muss
die Indikation zur Operation geprüft werden.
Gewisse Zusatzverletzungen wie grosse knöcherne
Abrisse an der Pfanne oder Frakturen des Oberarmkopfes sollten operiert werden.
Vollständige Abrisse von Sehnen sollten ebenfalls repariert werden. Ebenfalls werden wiederholte Ausrenkungen durch kleine Fehlbewegungen (Minortrauma)
operativ Behandelt.
Bei Hochleistungsportlern muss nach einer Luxation
ebenfalls besprochen werden, ob eine Operation notwendig ist oder eine bessere Stabilität bringen kann. Bei
einer nichtoperativen Behandlung kann oft eine geringe
Instabilität übrigbleiben, die die Leistungsfähigkeit der
Schulter beeinträchtigen kann.
Behandlung der Schulterinstabilität ohne Operation
Durch ein gezieltes Muskelaufbauprogramm gelingt es
oft, die Schulter in einen stabilen Zustand zu bringen.
Trainingshilfen wie das Theraband, Bodyblade oder Flexibar sind sehr hilfreich.
Behandlung der Schulterinstabilität mit Operation
Gelingt es trotz intensiven nichtoperativen Massnahmen
nicht die Schulter so zu stabilisieren, dass sie in allen
Situationen funktionstüchtig ist, so besprechen wir die
Operation mit dem Patienten.
Die Operation wird meistens mittels Gelenkspiegelung
resp. Knopflochtechnik (Schulterarthroskopie) durchgeführt, seltener offen über einen 6 – 8 cm langen
Hautschnitt.
Bei der arthroskopischen Schulterstabilisierung werden
3 – 4 kleine Öffnungen von 6 – 8 mm für die Instrumente
gemacht und anschliessend die Kapsel und das Labrum
am Pfannenrand fixiert (meistens mit auflösbaren Ankern). In gewissen Fällen wird die Kapsel gerafft (Plicatur).
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3.2 Das lockere Schultergelenk: Instabilität oder Ausrenkung (Luxation)
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Offene Technik
Die offene Technik kommt in 2 Situationen zur Anwendung:
1. In Fällen wo die Zerstörung der Kapsel so gross ist
oder Nebenverletzungen vorliegen, die arthroskopisch nicht behandelbar sind. Dabei wird vorne an
der Schulter ein Hautschnitt gemacht.
Refixation der Kapsel und der Pfannenrandlippe mit Fäden und Anker
Offene Refixation der Kapsel
2.In Fällen nach erneuter Schulterluxation trotz
vorgängiger arthroskopischer Behandlung. Dabei
wird oft ein Knochenzylinder vom Rabenschnabelfortsatz (Coracoid) am Pfannenrand der Schulter
angeschraubt, um eine knöcherne Rampe am Pfannenrand zu bilden (Knochenblockoperation nach
Latarjet).
Erfolgsaussichten nach Operation
Bei der arthroskopischen Schulterstabilisierung sind
nachher 85 – 95% der Schultern stabil. Dennoch kann
v.a. nach einem erneuten Trauma v.a. beim Sport die
Schulter wieder luxieren.
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4 Verletzungen der Schulter
4 Verletzungen der Schulter
Die häufigsten Verletzungen der Schulter sind untenstehend aufgeführt:
Beschreibungen finden Sie auch unter Kapitel 3: Erkrankungen und/oder Verletzungen des Schultergelenkes
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4.1 Schlüsselbeinbruch (Klavikulafraktur)
4.1 Schlüsselbeinbruch (Klavikulafraktur)
Allgemeines
Das Schulterblatt liegt auf der Brustwand auf und ist
vor allem muskulär gehalten. Allein das Schlüsselbein
(Klavikula) gewährleistet eine knöcherne Verbindung
zum Brustbein. Wenn das Schlüsselbein gebrochen ist,
hat das Schulterblatt mit dem Schultergelenk die Tendenz sich gegen das Brustbein zu verschieben.
Frakturen ereignen sich oft beim Sturz auf den ausgestreckten Arm oder auf die Schulter. Selten ist ein direkter Schlag Ursache des Bruches. Man unterscheidet
sogenannte Schaftfrakturen, die nicht in der Nähe der
Knochenenden lokalisiert sind, sowie äussere Schlüsselbeinfrakturen (laterale Klavikulafrakturen) – seltener
kommen innere Schlüsselbeinfrakturen (mediale Klavikulafrakturen) vor.
Behandlung ohne Operation
Schaftfrakturen mit keiner bis wenig Verschiebung
oder solche, die mit einem Rucksackverband in die
richtige Position gebracht werden können, kann man
ohne Operation behandeln. Nachteil ist, dass man den
Rucksackverband 6 – 8 Wochen tragen muss und dass
die Fraktur oft in Fehlstellung und mit einer Verdickung
(Kallus) verheilt.
Beschwerden
Die Arm- und Schulterbewegungen sind erschwert und
der Patient verspürt starke Schmerzen. Verformungen
des Schlüsselbeins sind von aussen oft gut erkennbar,
da der Knochen unmittelbar unter der Haut liegt; dies
kann auch zu Hautirritationen mit drohender Durchspiessung führen.
Diagnose
Ein entsprechender Sturz, Mühe den Arm zu bewegen,
lokaler Schmerz und Konturveränderungen mit Schwellung sind richtungsweisend. Ein Röntgenbild ermöglicht
die genaue Diagnose mit Frakturverlauf.
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4.1 Schlüsselbeinbruch (Klavikulafraktur)
Behandlung mit Operation
Bei Schaftfrakturen verwendet man biegsame Platten,
welche über die ganze Länge die gleiche Dimension haben (Abbildung).
Beide Systeme haben Möglichkeiten der Verschraubung
mit sogenannten Zugschrauben (der Knochen wird gegen die Platte gezogen, das Gewinde ist nur im Knochen)
als auch mit sogenannten winkelstabilen Schrauben
(die Schraube ist sowohl in der Platte als auch im Knochen je mit einem Gewinde verankert).
Nach der Operation kann man frühfunktionell nachbehandeln, das heisst man kann den Arm, die Schulter
und das Schlüsselbein ohne Belastung bis zur Schmerzgrenze frei bewegen und verhindert so Versteifungen des
Schultergürtels.
Eine Operation ermöglicht die Fixierung der anatomischen Stellung mit einer Platte und Schrauben.
Insbesondere bei den äusseren Schlüsselbeinbrüchen
(lateralen Klavikulafrakturen), die mit einem Rucksackverband schlecht anatomisch auszurichten sind,
empfiehlt sich meistens die Stabilisation mit speziell
geformten Platten (Abbildung).
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4.2 Oberarmbrüche (Humerusfrakturen)
4.2 Oberarmbrüche (Humerusfrakturen)
Allgemeines
Stürze auf den Arm oder die Schulter können Brüche
(Frakturen) des Oberarmknochens zur Folge haben. Wir
unterscheiden Frakturen des Oberarmkopfes (Humeruskopffraktur), Frakturen unterhalb des Kopfes (sogenannte subkapitale Frakturen) und Schaftfrakturen.
Subkapitale Fraktur
einfacher klinischer Test zum Prüfen ob eine Fraktur stabil ist erfolgt mittels Durchführen von Rotationsbewegungen im Oberarm durch Wegdrehen des Vorderarmes
vom Bauch und gleichzeitigem Abtasten ob sich der
Oberarmkopf mitbewegt. Falls dies vollumfänglich der
Fall ist handelt es sich um eine stabile Fraktur.
Behandlung ohne Operation
Ungefähr 80% der subkapitalen Frakturen und Schaftfrakturen können ohne Operation behandelt werden.
Dazu muss die Fraktur stabil und wenig verschoben
(disloziert sein). Durch das Tragen einer Bandage (Gilchristverband), die den Vorderarm auf dem Bauch fixiert, wird auch der Oberarm ruhiggestellt. Dies bringt
eine Schmerzlinderung und verringert die Gefahr von
zusätzlichen Verschiebungen. Nach einer Woche erfolgt
nochmals eine Röntgenabklärung in 2 Ebenen und eine
vorsichtige Stabilitätskontrolle. Wenn diese unauffällig
ist kann mit vorsichtigen Bewegungsübungen unter Anleitung und Kontrolle mit der Physiotherapie begonnen
werden. Dabei wird in der Anfangsphase der Arm nur
vorsichtig von vorne nach hinten gependelt.
Beschwerden
Oberarmbrüche beeinträchtigen die ganze Schulterund Armfunktion: Während 2 – 3 Monaten bis die Knochenheilung eine ausreichende Stabilität gewährleistet,
kann die Schulter und der Arm nicht voll eingesetzt werden und es besteht die Gefahr, dass eine Schultersteife
entsteht. Daher ist eine zeitgerechte professionelle Versorgung von grosser Bedeutung.
Diagnose
Unfallhergang, Schmerzen und Funktionseinschränkung
ergeben in der Regel einen starken Verdachtsmoment.
Die Röntgenabklärung in 2 Ebenen von vorne und von
der Seite (ap – Neer) geben Gewissheit und zeigen den
Frakturverlauf. Bei komplexen Frakturen mit starker Verschiebung der Bruchstücke (Frakturdislokation) sind
teilweise computertomographische Abklärungen mit
3-dimensionaler Rekonstruktion angezeigt. Darin wird
räumlich anschaulich die Lokalisation der Bruchlinien
und die Orientierung sowie Verschiebung der Bruchstücke
aus verschiedenen Blickwinkeln dargestellt.
Wir unterscheiden stabile und instabile Frakturen. Ein
Gilchristverband
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4.2 Oberarmbrüche (Humerusfrakturen)
Behandlung mit Operation
Bei instabilen und stark dislozierten subkapitalen
Frakturen sowie bei Gelenkfrakturen mit Stufenbildung ist das operative Vorgehen angezeigt. Bei subkapitalen Frakturen erfolgt meistens eine Stabilisation mit
Platten und Schrauben. Dies erlaubt eine sogenannte
funktionelle Nachbehandlung, d.h. das Schultergelenk
kann bald nach der Operation bis zur Schmerzgrenze
aber ohne Belastung durchbewegt werden.
Es kann auch eine Fixation über den Markraum erfolgen:
Entweder mit einem Marknagel
oder mit flexiblen Drähten
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4.2 Oberarmbrüche (Humerusfrakturen)
Eine alternative Behandlung ist das Fixieren der Fraktur
mit geraden festen Drähten durch die Haut hindurch,
sogenannte perkutane Kirschnerdrahtfixierung. Da
hier die Gefahr der späteren Verschiebung (sekundären
Dislokation) besteht, kann weniger schnell die volle Beweglichkeit erreicht werden.
Bei Gelenkfrakturen mit Stufenbildung macht man in
der Regel einen Gelenkersatz, eine sogenannte Endoprothetik. Auch hier ist eine funktionelle Nachbehandlung möglich.
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Probleme mit der Schulter – Nichtoperative und operative Lösungsansätze
Mitek
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