final BPI-Pressedienst Dez 2014
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Pressedienst Arzneimittel Sepsis: Der unterschätzte Notfall Liebe Kolleginnen und Kollegen, grundsätzlich kann jeder an einer Sepsis erkranken. Es muss nicht unbedingt eine ernste Infektion am Anfang stehen. Schon kleine Wunden, die sich infizieren, können zu einer Blutvergiftung führen. Je früher der Arzt die Krankheit und die Art des Erregers erkennt, desto größer sind die Heilungschancen für den Patienten. weiter > Was ist eigentlich eine Sepsis? Um zu verstehen, wie schnell und drastisch eine Blutvergiftung verläuft, muss man sich die Stadien der Krankheit einmal genauer anschauen. weiter > Foto: BPI e.V. Kampf gegen die Uhr: Therapien gegen Sepsis Unbehandelt verläuft eine Blutvergiftung sehr dramatisch. Je früher die Betroffenen mit entsprechenden Antibiotika behandelt werden, desto größer sind die Überlebenschancen. Ab 36 Stunden ohne Antibiotika sind über 95% der Betroffenen verstorben. weiter > Daten & Fakten Interview mit Prof. Dr. med. Konrad Reinhart Wussten Sie eigentlich, dass… Foto: Universitätsklinikum Jena Prof. Dr. med. Konrad Reinhart ist Direktor der Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie am Universitätsklinikum der Friedrich-Schiller-Universität Jena. weiter > Keine Sepsis ohne Ausgangsinfektion: In beinahe der Hälfte der Fälle entwickelt sich eine Blutvergiftung aus einer Lungenentzündung. Eine Wund- und Weichteilinfektion ist nur bei rund sieben Prozent der Sepsiserkrankungen der Auslöser. weiter > … der berüchtigte rote Strich, der sich von einer Verletzung in Richtung Herz zieht, allein noch kein Zeichen für eine Blutvergiftung ist? Er weist zunächst einmal auf eine Lymphgefäßentzündung hin, aus der sich jedoch eine Sepsis entwickeln kann. weiter > Impressum Pressekontakt: Joachim Odenbach BPI-Pressesprecher Tel. (030) 279 09 - 131 [email protected] Andreas Aumann BPI-Pressereferent Tel. (030) 279 09 - 123 [email protected] Dezember 2014 Pressedienst Arzneimittel Sepsis: Der unterschätzte Notfall Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie kann man die oft so dramatisch ablaufende Blutvergiftung bzw. Sepsis, an der nach Angaben des Kompetenznetzwerkes Sepsis in Deutschland täglich mehr als 160 Menschen versterben, am besten veranschaulichen? Versuchen wir es mit einem Bild: Stellen Sie sich eine mittelalterliche Burg vor, auf deren Zinnen und an deren Innenmauern Schulter an Schulter bewaffnete Ritter stehen. Die Krieger versuchen, den Angriff eines feindlichen, von außen gegen die Burg drängenden Ritterheeres mit allen Mitteln abzuwehren. Die Ritter in der Burg stehen bei diesem Bild für das menschliche Immunsystem, der Angriff des Feindes von außen ist eine durch Bakterien, Pilze, Viren oder Parasiten ausgelöste Infektion, zum Beispiel eine Lungenentzündung. Im Idealfall gelingt es den Rittern vom Immunsystem, ihre Festung „Körper“ effektiv zu verteidigen und die Invasoren, also die Infektion, zu besiegen, bevor sie den ganzen Körper einnehmen kann. Dann heilt die Lungenentzündung wieder ab, Begleitsymptome, wie zum Beispiel Fieber oder niedriger Blutdruck, gehen zurück, und der Körper erstarkt wieder. Gelingt es der zu schwachen Immunabwehr aber nicht, den Feind in die Flucht zu schlagen, dringt dieser mit seinen Schädlingen tiefer in den Körper ein und breitet sich über die Blutbahnen überallhin aus. Die Blutvergiftung nimmt so ihren Lauf und droht nach und nach die wichtigsten Schaltzentralen, die wichtigsten Organe zu zerstören. Dabei reagieren, um beim Bild zu bleiben, die Ritter vom Immunsystem auf fatale Art und Weise über: Sie mobilisieren noch einmal alle ihnen zur Verfügung stehenden Kräfte und schlagen blindwütig gegen alles und jeden im Körper los. Dadurch wirken sie wie ein Brandbeschleuniger. Die apokalyptisch anmutende Überreaktion der Immunabwehr legt nun gemeinsam mit den Eindringlingen die „Burg“ in Schutt und Asche. Nieren, Darm, Leber und Lunge – ein Organ nach dem anderen wird zerstört. So kann eine zunächst begrenzte Infektion schließlich zum Multiorganversagen und damit zum Tode des Patienten führen. Grundsätzlich kann jeder an einer Sepsis erkranken. Immungeschwächte ältere Menschen und insbesondere Patienten nach einer Operation oder während einer Chemotherapie haben jedoch ein deutlich höheres Risiko. Das Tückische ist, dass nicht unbedingt eine ernste Infektion wie eine Lungenentzündung am Anfang stehen muss. Schon kleine Wunden, die sich infizieren, können zu einer Blutvergiftung führen. Manchmal beginnt die Erkrankung Seite 2 von 22 Dezember 2014 Pressedienst Arzneimittel auch einfach nur mit leichten Grippesymptomen wie Fieber und Schüttelfrost. Wie kann der Arzt die Gefahr der Sepsis dann überhaupt erkennen? Genau das ist die entscheidende Frage, denn die Behandlung der Blutvergiftung ist ein Kampf gegen die Zeit. In wenigen Stunden kann sich die Blutvergiftung zum lebensbedrohlichen Notfall entwickeln. Je früher also der Arzt die Krankheit und die Art des Erregers erkennt und behandelt, desto größer sind die Heilungschancen für den Patienten. Wichtiges Anzeichen für eine Sepsis kann unter anderen das Symptom geistiger Verwirrtheit sein. Dies kann nämlich bedeuten, dass sich die Infektion bereits auf das Gehirn ausgeweitet hat. Auch die Blutwerte liefern wichtige Hinweise, zum Beispiel wenn die Zahl der weißen Blutkörperchen stark angestiegen ist. Jedoch dauert es in der Regel eine Weile, bis die genauen Laborergebnisse vorliegen. Schneller geht es mit Hilfe eines sogenannten Sepsis-Markers, mit dem man die Erkrankung im Blut früh und vor allem schnell feststellen und den Behandlungsverlauf überwachen kann. Trotzdem bleibt die rechtzeitige Erkennung und Therapie einer Blutvergiftung eine große Herausforderung. Ganz wichtig ist die schnelle Behandlung des Infektionsherds mit entsprechenden, auf den Erreger abgestimmten Antibiotika. Meistens ist eine Sepsis so bedrohlich, dass der Patient sofort in eine intensivmedizinische Station eingewiesen werden muss. Dort stehen unter anderem Flüssigkeits- und Nahrungszufuhr, Kreislaufstabilisierung und womöglich künstliche Beatmung und Dialyse im Vordergrund. In einigen Fällen versuchen Ärzte auch, den Infektionsherd, zum Beispiel ein infiziertes Bein, chirurgisch zu entfernen. Wir wollen Ihnen im Rahmen unseres Pressedienstes einen Überblick über das Krankheitsbild Sepsis geben und zeigen, welche Therapiemöglichkeiten es gibt. Als Experten haben wir Prof. Dr. Konrad Reinhart vom Universitätsklinikum Jena interviewt. Der Intensivmediziner erklärt uns, warum eine Sepsis so gefährlich ist, worauf es bei der Behandlung ankommt und warum wir optimistisch sein dürfen, dass die Forschung vorankommt. Wie immer können Sie das Text-, Audio- und Bildmaterial des Pressedienstes gerne unter Nennung der Quellen kostenlos redaktionell verwenden. Zudem stehen Ihnen auf unserer Homepage O-Töne aus dem Experteninterview zum Download zur Verfügung, die Sie natürlich auch für Ihre Berichterstattung nutzen können. Eine spannende Lektüre wünscht Ihnen Ihr BPI-Presseteam zurück zur Startseite Seite 3 von 22 Dezember 2014 Pressedienst Arzneimittel Was ist eigentlich eine Sepsis? Wer kennt sie nicht, die Schauergeschichte vom roten Blutvergiftungsstreifen, der nach einer Verletzung zum Beispiel am Finger von der Wunde bis zum Herz weiterwandert? „Und am Ende bist du tot“ sagen Kinder zueinander. Das ist natürlich so nicht ganz richtig, denn so ein roter Strich deutet zunächst einmal darauf hin, dass Lymphgefäße örtlich entzündet sind. Aus einer solchen Entzündung kann sich jedoch, wie aus jeder anderen Infektion auch, eine Blutvergiftung bilden. Besser also, man behandelt Infektionen so schnell und gezielt wie möglich, etwa mit Antibiotika. Denn kommt es zu einer Sepsis, dann kann sich das schnell zu einer lebensbedrohlichen Situation entwickeln, in der nur noch intensivmedizinisch therapiert werden kann. Und in der das Leben des Patienten in großer Gefahr ist. Viele Menschen wissen gar nicht, dass Sepsis eine der häufigsten Todesursachen in Deutschland ist. Nach Angaben des Kompetenznetzwerks Sepsis sterben hierzulande im Durchschnitt täglich 162 Menschen an einer Blutvergiftung. Trotzdem, beklagen Experten, wird die Krankheitsgefahr „Sepsis“ immer noch häufig unterschätzt, verkannt oder sogar ignoriert, insbesondere von Medizinern. Allerdings ist die Diagnose auch nicht ganz einfach, und der Infektionsherd als Ursache der Blutvergiftung ist in vielen Fällen gar nicht zu finden. Nach Angaben des Kompetenznetzwerks Sepsis (SepNet) stoßen die Mediziner nur in der Hälfte der Fälle auf den Auslöser. Verstirbt ein Patient an einer Sepsis, dann vermerken viele Ärzte in den Sterbepapieren nach wie vor nur die Grunderkrankung, wie zum Beispiel Lungen- oder Harnwegentzündung. Auch dadurch sind der Öffentlichkeit die vielen Sepsis-Fälle mitunter gar nicht bewusst. Wussten Sie zum Beispiel, dass Papst Johannes Paul II. nicht an Altersschwäche, sondern an einer Sepsis verstorben ist? Ist allgemein bekannt, dass Fürst Rainier von Monaco nicht an einer Lungenentzündung, sondern letztlich an einer Blutvergiftung gestorben ist? In beiden Fällen handelt es sich um ältere, durch Krankheiten geschwächte Patienten, und in der Tat sind ältere oder immungeschwächte Menschen auch stärker gefährdet als jüngere. Aber auch in der jüngeren Altersgruppe Seite 4 von 22 Dezember 2014 Pressedienst Arzneimittel gibt es prominente Fälle, zum Beispiel Guillaume Depardieu, der Sohn des französischen Schauspielers Gerard Depardieu. Guillaume Depardieu verstarb 2008 im Alter von nur 37 Jahren an einer Sepsis. Bereits Jahre vorher hatte er sich im Zuge einer Operation mit dem Krankenhauskeim MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) infiziert, der sich gegen bestimmte Antibiotika resistent zeigt. Das operierte Bein infizierte sich und musste schließlich amputiert werden. Doch geheilt werden konnte Depardieu nicht, er erkrankte während Dreharbeiten an einer Lungenentzündung und starb kurze Zeit später an einer daraus entstandenen Blutvergiftung. Das Beispiel zeigt, wie wichtig Hygienemaßnahmen wie zum Beispiel die Händedesinfektion in Krankenhäusern sind, denn das MRSA-Risiko lässt sich dadurch deutlich minimieren. Nach Angaben der Charité bekommen in Deutschland mehr als fünf Prozent der Krankenhauspatienten eine sogenannte nosokomiale Infektion, also eine Infektion, die im Zusammenhang mit stationären oder ambulanten Krankenhausbehandlungen entstehen. Etwa eine halbe Million Patienten erkranken jährlich an einer Krankenhausinfektion, die schlimmstenfalls zu einer Blutvergiftung führen kann. Grundsätzlich kann also jeder Mensch, insbesondere Neugeborene und immungeschwächte Personen, eine Blutvergiftung bekommen. Was ist eigentlich genau das Tückische an der gefährlichen Krankheit? Immunüberreaktion bringt Körper zu Fall Um zu verstehen, wie schnell und drastisch eine Blutvergiftung verläuft, muss man sich die Stadien der Krankheit einmal genauer anschauen: Seite 5 von 22 Dezember 2014 Pressedienst Arzneimittel Jede Blutvergiftung geht von einer Infektion aus, in fast der Hälfte der Fälle ist es eine Lungenentzündung. Auslöser kann aber ebenso gut eine Harnwegsinfektion, ein eitriger Zahn oder eine zunächst harmlos erscheinende Wunde sein. Im Normalfall bleiben Entzündungen örtlich begrenzt, können gezielt behandelt werden und heilen dann wieder ab. Anders bei der Sepsis. Hier breiten sich Krankheitserreger, also meistens Bakterien aber auch Viren, Pilze oder Parasiten über das Blut im ganzen Körper aus. Das menschliche Immunsystem reagiert auf die Eindringlinge mit einer heftigen Abwehrreaktion, Botenstoffe werden ausgeschüttet und Fieber tritt auf. Diese überschießende Entzündungsreaktion richtet sich jedoch nicht nur gegen die Erreger, sondern auch gegen die eigenen Organe. Der Organismus gerät völlig Seite 6 von 22 Dezember 2014 Pressedienst Arzneimittel außer Kontrolle. Lebenswichtige Stoffwechselprozesse geraten aus dem Gleichgewicht, zum Beispiel kann sich Wasser im Gewebe ansammeln oder plötzlich die Blutgerinnung einsetzen und das Blut verklumpt in den Gefäßen. Organe werden nicht mehr richtig mit Blut versorgt und können nicht mehr normal arbeiten. Der Blutdruck des Patienten sinkt kontinuierlich, das Herz rast und die Sauerstoffversorgung wird immer schlechter. Schlimmstenfalls setzt eine Kettenreaktion ein, Organe wie Herz, Lunge, Leber und Niere versagen nacheinander oder gleichzeitig. Mediziner sprechen dann von einem septischen Schock oder von „Multiorganversagen“. Das Leben des Patienten ist akut in Gefahr, er kann nur noch durch intensivmedizinische Maßnahmen gerettet werden. Quellen: http://www.apotheken-umschau.de/Infektion/Blutvergiftung-Symptome-11542_3.html http://www.news.de/tv/855053454/fast-wie-im-horrorfilm/1/ http://www.gesundheitsstadt-berlin.de/krankenhausinfektionen-deutschland-europaweit-nur-mittelmass-2654/ http://www.bmg.bund.de/praevention/krankenhausinfektionen/fragen-und-antworten.html http://www.sepsis-gesellschaft.de/DSG/Deutsch/Krankheitsbild+Sepsis http://www.sepsis-hilfe.org/de/informationen-zur-sepsis.html http://www.apotheken-umschau.de/blutvergiftung http://slideplayer.de/slide/888105/ zurück zur Startseite Seite 7 von 22 Dezember 2014 Pressedienst Arzneimittel Kampf gegen die Uhr: Therapien gegen Sepsis (Quelle: Foto: NicoLeHe / pixelio.de) Noch dringlicher als bei anderen Krankheiten gilt bei der Sepsis: Je eher diagnostiziert und behandelt wird, desto höher sind die Heilungschancen für den Patienten. Unbehandelt verläuft eine Blutvergiftung in jedem Fall sehr dramatisch, manchmal tödlich. So kann ein eben noch leicht erschöpfter Mensch mit Grippesymptomen in wenigen Stunden in akute Lebensgefahr geraten. Es zählt also jede Minute. Je früher die Betroffenen mit entsprechenden Antibiotika behandelt werden, desto größer sind die Überlebenschancen. Nach Daten des internationalen Gesundheitsinformationsdienstes Lippincott Williams & Willkins sinkt die Überlebensrate bereits in der ersten verstrichenen Stunde rapide von über 80 Prozent Überlebenden bei sofortiger Antibiotikagabe auf rund 70 Prozent. Nach vier verstrichenen Stunden überleben nur noch rund 40 Prozent der Sepsispatienten, nach 12 Stunden ohne Antibiotika leben nur noch etwa 20 Prozent. Ab 36 Stunden ohne Antibiotika sind über 95 Prozent der Betroffenen verstorben. Seite 8 von 22 Dezember 2014 Pressedienst Arzneimittel Diese Statistiken machen deutlich, dass der Arzt bei Sepsisverdacht sofort handeln muss. Wie aber diagnostiziert man eine Sepsis am besten? Wichtig ist zunächst, die oft unbestimmten Symptome wie etwa Fieber oder Herzrasen richtig zu deuten und möglichst früh die Ausgangsinfektion zu finden. Nach Angaben des amerikanischen Sepsis-Forschers Derek C. Angus entwickelt sich eine Blutvergiftung in beinahe der Hälfte der Fälle aus einer Lungenentzündung. Weitere Auslöser können eine Bakterieninfektion im Blut, Infekte der Harnwege, der Geschlechtsorgane oder Bauchinfekte sowie Katheter- oder Herzklappenentzündungen sein. Entgegen der landläufigen Vorstellung ist eine Wund- und Weichteilinfektion nur bei rund sieben Prozent der Sepsiserkrankungen die Ursache. Bei etwa jedem zehnten Patienten gibt es andere als die genannten Ursachen, z. B. ein eitriger Zahn oder eine Blinddarmentzündung. Grundsätzlich kann also jede auch noch so versteckte Infektion mit Bakterien, Viren, Pilzen oder Parasiten zu einer Sepsis führen. Deshalb fällt es Ärzten oft schwer, den so wichtigen Herd zu finden. Die Sepsisdiagnose und -behandlung Es gibt zahlreiche Symptome, die auf eine Blutvergiftung hindeuten können, aber nicht müssen. Dazu gehört in erster Linie Fieber (über 38 Grad Celsius), das häufig von Schüttelfrost begleitet wird. Häufig ist auch der Herzschlag stark erhöht (mehr als 90 Schläge pro Minute) und der Blutdruck sehr niedrig (systolisch unter 90 mmHg). Der Verdacht auf eine Blutvergiftung kann sich auch dadurch erhärten, dass der Patient Probleme bei der Harnausscheidung hat, weil die Nierenfunktion bereits gestört ist. Ein sehr deutliches Anzeichen für eine Sepsis können außerdem geistige Verwirrungserscheinungen sein, die darauf hindeuten, dass bereits das Gehirn betroffen ist. In jedem Fall sollte man sich sofort an einen Arzt wenden. Dieser wird dann normalerweise zuerst die Blutwerte überprüfen und anhand der Anzahl der weißen Blutkörperchen nach möglichen Entzündungen suchen. In der Regel kann der Mediziner auch bereits aus den Blutwerten auf mögliche Organschädigungen, zum Beispiel an der Niere, schließen. Auch eine Übersäuerung des Blutes und ein geringer Sauerstoffgehalt sind Warnsignale. Die Krux ist jedoch, dass derartige Auffälligkeiten im Blutbild womöglich zunächst gar nicht auftreten, obwohl bereits eine Blutvergiftung vorliegt. Andersherum kann es auch Patienten mit auffälligen, also auf Sepsis hindeutenden Laborwerten geben, die aber gar nicht daran erkrankt sind. Deshalb ist es unerlässlich, die Patienten laufend, engmaschig und umfassend zu kontrollieren. Dabei müssen neben dem Blut auch andere Körperflüssigkeiten, zum Beispiel Urin oder Gewebewasser, untersucht werden. In Seite 9 von 22 Dezember 2014 Pressedienst Arzneimittel der Regel liegen belastbare Laborergebnisse nicht kurzfristig vor, etwa weil der Erreger sich erst in der Blutkultur vermehren muss, damit er nachweisbar ist. Schneller geht es mit Hilfe eines sogenannten Sepsis-Markers, mit dem man die Erkrankung im Blut früh und vor allem schnell feststellen und den Behandlungsverlauf überwachen kann. Ein solcher, von der vormaligen B.R.A.H.M.S. GmbH in Deutschland entwickelter Biomarker namens Procalcitonin (PCT) wurde zum Beispiel 2005 in den USA zugelassen. Aktuell werden weitere Sepsis-Marker erforscht und entwickelt, die insbesondere Aufschluss über die Verlaufsprognose geben können. Trotzdem bleibt die rechtzeitige Erkennung und Therapie einer Blutvergiftung eine große Herausforderung. Ist der Infektionsherd, der die Sepsis ausgelöst hat, gefunden, geht es vor allem darum, die Art des bakteriellen, viralen Erregers, Parasiten oder Pilzes festzustellen, um sofort die richtigen Arzneimittel dagegen einsetzen zu können. Wenn erforderlich, wird manchmal auch der Entzündungsherd operativ entfernt, zum Beispiel durch Amputation. In jedem Fall ist eine Sepsis ein medizinischer Notfall und muss im Krankenhaus, meistens sogar auf der intensivmedizinischen Station, behandelt werden. Dort versuchen die Ärzte, unter anderem den Kreislauf und Flüssigkeitshaushalt des Patienten zu stabilisieren. Oft werden die Betroffenen künstlich beatmet, viele erhalten eine Blutwäsche (Dialyse). Quellen: http://www.ccm.pitt.edu/sites/default/files/ebm/duration_of_hypotension_before_initiation_of_effective_antimicrobial..._septic_sh ock.pdf http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11445675 http://www.apotheken-umschau.de/Infektion/Blutvergiftung-Diagnose-11542_4.html http://www.pharmazeutische-zeitung.de/?id=40662 http://www.apotheken-umschau.de/Infektion/Blutvergiftung-Symptome-11542_3.html http://www.uni-jena.de/Mitteilungen/Archiv/Archiv+1_2013/PM130207_Procalcitonin.html zurück zur Startseite Seite 10 von 22 Dezember 2014 Pressedienst Arzneimittel „Früherkennung und sofortige richtige Therapie senkt Sterberate um 50 Prozent“ Interview mit Prof. Dr. med. Konrad Reinhart Der Anästhesist und Intensivmediziner Prof. Dr. med. Konrad Reinhart ist Direktor der Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie am Universitätsklinikum der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Unter www.bpi.de/presse/pressedienst-arzneimittel/ finden Sie einzelne O-Töne aus dem Interview auch im Audioformat Prof. Dr. med. Konrad Reinhart (Foto: Universitätsklinikum Jena) PD Arzneimittel: Herr Professor Dr. Reinhart, meistens hört man eher von älteren Sepsis-Patienten, aber es gibt durchaus auch jüngere Sepsis-Opfer. Sind wir alle gefährdet? Prof. Dr. Reinhart: Es ist wichtig, zu wissen, dass die Ursache von Sepsis immer eine Infektion ist. Sie kann von jedem banalen Halsinfekt oder auch von einer Grippe, von einer Lungenentzündung, Bauchfellentzündung oder von einer Harnwegsinfektion ausgehen. Ja, Sepsis trifft Jung und Alt. In den hoch entwickelten Ländern sind Früh- und Neugeborene am meisten gefährdet. In den ärmsten Regionen der Welt, wo schlechte Hygiene- und Ernährungsverhältnisse herrschen, ist Sepsis die Haupttodesursache bei Kindern unter fünf Jahren. In den Industrieländern steigt das Sepsis-Risiko insbesondere ab dem 50. Lebensjahr exponentiell an. Die Zunahme der Sepsis im Alter hängt vor allem damit zusammen, dass zunehmend ältere Menschen auf Grund von chronischen Erkrankungen, wie z. B. Diabetes, chronischen Leber-, Lungen oder Nierenerkrankungen anfälliger für Infektionen sind als Seite 11 von 22 Dezember 2014 Pressedienst Arzneimittel junge Menschen. Auch die Einnahme von Medikamenten, die das Immunsystem schwächen, wie bestimmte Rheumamittel, Krebstherapien oder solche, die bei Organtransplantationen nötig sind, führen häufiger zu Infektionen und damit auch Sepsis. PD Arzneimittel: Immer mehr Menschen erleiden eine Sepsis, trotzdem wissen selbst Ärzte kaum über die Krankheit Bescheid. Warum? Prof. Dr. Reinhart: Weil die Krankheit lange vernachlässigt wurde. Man glaubte, mit der Möglichkeit von Impfungen und mit der Entwicklung von Antibiotika habe man die Infektionskrankheiten im Griff. Dem ist aber nicht so. Aktuell muss man weltweit von insgesamt rund 30 Millionen Sepsis-Fällen ausgehen und zirka 30 Prozent dieser Patienten versterben auch an einer Sepsis. Also reden wir von 8 Millionen SepsisToten weltweit. Wir haben gerade mit einer Anfrage an das DESTAT überprüft, wie viele Sepsis-Fälle die deutschen Krankenhäuser im Jahr 2013 an das Deutsche Statistische Bundesamt gemeldet haben. Demnach gab es im Jahr 2013 über 250.000 Sepsis-Fälle. Im Jahr 2011 waren es ca. 175.000 Fälle. Das sind mittlerweile weit mehr Fälle als wir bei Schlaganfall oder Herzinfarkt haben. Vielen ist das gar nicht bewusst, dies gilt auch für Teile der Ärzteschaft. Häufig nennen Ärzte im Gespräch mit Angehörigen oder in der Sterbeurkunde nur die Infektion, welche die Sepsis ausgelöst hat, zum Beispiel Lungenentzündung oder Nierenbeckenentzündung. Dies ist auch oft der Fall, wenn Medien über den Tod eines Prominenten berichten, dann ist er/sie eben an einer Lungenentzündung gestorben und nicht an einer Sepsis. Gerade erst haben Zeitungen berichtet, dass die brasilianische Fußballlegende Pele wegen eines Harnweginfekts ins Krankenhaus von Sao Paolo eingeliefert wurde. Tatsächlich hat sich bei ihm aber auf Basis eines Harnwegsinfekts eine Sepsis entwickelt, die dann auch zu einem Nierenversagen, als typische Sepsisfolge, geführt hat. Eine Sepsis unterscheidet sich von einer Infektion dadurch, dass die Infektion nicht begrenzt bleibt, sondern durch das Übertreten von Erregern und Giftstoffen des Erregers in die Blutbahn das Abwehrsystem des Körpers überschießend reagiert, was zum Zusammenbruch des Kreislaufs und zum Ausfall von wichtigen Organsystemen führen kann. Ein Frühzeichen für Sepsis ist oft eine Störung des Bewusstseins bzw. Verwirrtheit und Apathie, die Atmung wird schnell und schwer, weil die Lunge versagt, die Niere scheidet keinen Urin mehr aus und der Blutdruck fällt ab. Auch bei der Erkrankung bzw. dem Tod von Fürst Rainier von Monaco, der in Folge einer Lungenentzündung eine Sepsis entwickelt hatte, haben die Medien damals das Wort Sepsis nicht erwähnt. Im Handelsblatt war stattdessen Seite 12 von 22 Dezember 2014 Pressedienst Arzneimittel in der Überschrift zu lesen, dass er an einer Erkrankung der Lunge, des Herzens, der Nieren und der Leber verstorben sei. PD Arzneimittel: Und wie lässt sich das ändern? Prof. Dr. Reinhart: Gerade bei der Ausbildung von Ärzten und Pflegekräften, aber auch für Laien, muss das Krankheitsbild besser vermittelt werden. Wir müssen es eben auch schaffen, dass die Öffentlichkeit über Sepsis genauso aufgeklärt wird, wie über AIDS. Woran kann ich eine Sepsis erkennen? Wie kann ich eine Sepsis verhindern? Und vor allem muss darüber aufgeklärt werden, dass es sich bei Sepsis um einen Notfall handelt, bei dem man schnell handeln muss, bei dem jede Stunde zählt, genauso wie beim Schlaganfall oder Herzinfarkt oder schwerem Unfall. All diese Punkte sind in der Öffentlichkeit immer noch zu wenig bekannt, wie auch eine Umfrage unter Laien zeigt, die in diesem Jahr in verschiedenen Ländern, darunter in Deutschland, durchgeführt wurde. Ein Meinungsforschungsinstitut hat dazu jeweils über 1.000 Bürger nach dem Begriff „Sepsis“ gefragt. In Deutschland hatten immerhin etwa 50 Prozent der Befragten schon einmal davon gehört, in einem Land wie zum Beispiel Brasilien waren es nur rund 7 Prozent. Deshalb fordern wir, dass die Bundeszentrale für Medizinische Aufklärung, die in Sachen AIDS und Krebsvorsorge eine sehr gute Arbeit geleistet hat, entsprechende Aktivitäten zur Aufklärung unternimmt. Das war ein wesentlicher Grund warum wir in Deutschland 2001 die Deutsche Sepsis Gesellschaft gegründet haben und uns im Rahmen des Kompetenznetzwerkes SepNet wissenschaftlich mit diesem Thema befasst haben. Auf internationaler Ebene haben wir mit der gleichen Zielsetzung die Globale Sepsis Allianz gegründet und in diesem Jahr zum dritten Mal einen Welt-Sepsis-Tag organisiert. Diese Initiative richtet sich auf allen Kontinenten an Laien, Ärzteschaft, Politik und Medien um auf dieses unterschätzte medizinische Problem aufmerksam zu machen. PD Arzneimittel: Wie kann man eine Sepsis eigentlich am effektivsten behandeln? Prof. Dr. Reinhart: Hier gibt es zwei Komponenten: Zum einen muss man die auslösende Ursache bekämpfen. Man muss, wenn die Sepsis durch einen Virus bedingt ist, mit antiviralen Substanzen die Infektion behandeln. Wenn der Auslöser eine bakterielle Infektion ist, wird mit Antibiotika behandelt, bei einer Pilzsepsis mit einem Antipilzmittel. Zum anderen muss man gegen die Schäden vorgehen, die eine Seite 13 von 22 Dezember 2014 Pressedienst Arzneimittel Sepsis im Körper anrichtet. Dort werden über die Aktivierung des Immunsystems starke Gegenreaktionen gegen die Erreger ausgelöst, die jedoch auch dazu führen, dass der Kreislauf zusammenbrechen kann und lebenswichtige Organfunktionen beeinträchtigt werden bzw. ausfallen. Der Notarzt und der Intensivmediziner müssen also versuchen, den Kreislauf zu stabilisieren, dazu brauchen die Patienten intravenös viel Flüssigkeit, teilweise vier oder fünf Liter, meist kristalloide Infusionslösungen innerhalb von wenigen Stunden. Außerdem werden kreislaufstabilisierende Medikamente gegeben. Wenn die Nieren ausgefallen sind, muss man eine Nierenwäsche machen, viele dieser Patienten müssen künstlich beatmet werden. All das bedeutet, dass die Patienten von der Notaufnahme oder einer Normalstation schnell auf die Intensivstation gebracht werden müssen, weil nur dort die Voraussetzungen dazu gegeben sind, eine Sepsis adäquat zu behandeln. Es ist also eine schwer und aufwendig zu behandelnde Erkrankung. Das zeigt sich übrigens auch aktuell bei Ebola. Auch hier kommt es bei den Betroffenen zu einer Sepsis, die Gerinnung bricht zusammen, der Kreislauf bricht zusammen, auch diese Patienten haben ein Organversagen. Und bisher haben wir außer den kreislaufstabilisierenden, sogenannten symptomatischen Behandlungen keinen Therapieansatz, der diese Form einer Virussepsis bekämpfen kann. Hier gilt es, entsprechende Substanzen zu entwickeln, die die Vermehrung des Virus stoppen bzw. zu einer Normalisierung des außer Kontrolle geratenen Immunsystems führen. PD Arzneimittel: Welche Rolle spielt eigentlich die Früherkennung bei der Sepsis? Prof. Dr. Reinhart: Eine sehr wichtige Rolle. A und O ist, dass jeder Arzt, aber auch jeder Laie bei gewissen Symptomen an Sepsis denkt. Dabei müssen in der Regel mehrere dieser Symptome vorliegen: Zum Beispiel Schüttelfrost oder Fieber, schweres Krankheitsgefühl, Verwirrtheit, sich plötzlich krank wie nie zuvor fühlen, schwere, schnelle Atmung, erniedrigter Blutdruck und erhöhte Herzfrequenz. Wenn man Laboruntersuchungen macht, dann wird man feststellen, dass die Patienten eine erhöhte Zahl an weißen Blutkörperchen haben. Inzwischen gibt es auch einige Marker, die darauf hinweisen, wie das Procalcitonin oder auch das C-reaktive Protein. Diese Untersuchungen dienen zur Sicherung der Diagnose. Nicht immer finden sich in der Blutkultur Sepsis-Erreger. Man muss als Arzt unbedingt an Sepsis denken, wenn ein Patient wenigstens 2 - 3 der oben beschriebenen Symptome aufweist. Nicht selten wird z. B. eine neu auftretende Verwirrtheit als Alkoholentzug Seite 14 von 22 Dezember 2014 Pressedienst Arzneimittel oder psychische Erkrankung fehlinterpretiert, vor allem nach einer Operation oder im Kontext einer Infektion ist dies oft ein Frühzeichen einer Sepsis. PD Arzneimittel: Wird Sepsis an Schrecken verlieren? Was ist von Medizinern und Forschern zu erwarten? Prof. Dr. Reinhart: Ich glaube, man muss an verschiedenen Ebenen ansetzen, auch bei der Vorbeugung. Es ist zum Beispiel wichtig, zu wissen, dass man sich gegen gewisse Sepsis-Erreger impfen lassen kann, zum Beispiel gegen Pneumokokken, die eine Lungenentzündung auslösen oder auch Erreger, die eine Hirnhautentzündung/Meningitis verursachen. Auch gegen Grippe, die ja gar nicht so selten in eine Sepsis übergeht, sollte man sich impfen lassen. Impfen ist vor allem dann wichtig, wenn man älter ist, Medikamente einnimmt, die das Immunsystem schwächen oder wenn man seine Milz verloren hat. Gesund leben, Nikotin meiden und Alkohol nur in Maßen zu sich zu nehmen, macht auch weniger infekt- und damit auch weniger sepsisanfällig. Mit Früherkennung und sofortiger richtiger Therapie lässt sich die Sterberate um 50 % reduzieren. Fünf bis zehn Prozent der im Krankenhaus auftretenden Sepsis-Fälle lassen sich durch strikte Beachtung der Hygienevorschriften vermeiden. Für die Öffentlichkeit und die Politik ist es aber auch wichtig zu verstehen, dass nahezu die Hälfte der Sepsis-Patienten bereits mit einer Sepsis ins Krankenhaus kommt. Der Großteil der Patienten, die im Krankenhaus eine Sepsis entwickeln, tun dies, weil ihr Immunsystem durch den operativen Eingriff, andere medizinisch notwendige invasive bzw. belastende Maßnahmen, wie zum Beispiel eine aggressive Chemotherapie, geschwächt wird. Dadurch werden die Abwehrkräfte beeinträchtigt und dann überwuchern Bakterien, die wir ja überall auf der Haut, im Darm und in der Mundhöhle haben und können zu einer Sepsis führen. Die Forschung zur Entwicklung von dringend benötigten Methoden, welche die Diagnose schneller und sicherer machen, ist in vollem Gange. Jahrzehnte wurde die Entwicklung von potenten Arzneimitteln, auch solche gegen bisher multi-resistente Infektionserreger, vernachlässigt. Dies gilt insbesondere für gegen Bakterien gerichtete Antibiotika. Es fehlen derzeit aber auch effektive Substanzen gegen viele gefährliche Viren, nicht nur gegen das Ebolavirus. Auch die bisher gegen Grippe gerichteten verfügbaren Substanzen sind nicht sehr effektiv. Weitere wichtige Forschungsanstrengungen sind auf Substanzen gerichtet, die a) die initial bei einer Sepsis bestehende überschießende Immunantwort hemmen können und b) die bei Patienten, die in der späteren Phase einer Sepsis einen Immundefekt aufweisen, in der Lage sind, das Immunsystem zu stärken. Ich bin optimistisch, dass hier in den Seite 15 von 22 Dezember 2014 Pressedienst Arzneimittel nächsten 5-10 Jahren ein Durchbruch gelingt. Derzeit muss die Hauptaufmerksamkeit darauf gerichtet werden, dass man das vorhandene Wissen wirklich an den Patienten bringt. Zwei vor wenigen Monaten im New England Journal of Medicine publizierte Studien haben gezeigt, dass selbst bei Patienten im septischen Schock mit Früherkennung und sofortigem Therapiebeginn – d. h. kurz nach dem Zeitpunkt des Eintreffens des Patienten in der Notaufnahme – die Sterberate unter 20 % gedrückt werden kann. Wir haben in einem Memorandum für einen Nationalen Aktionsplan gegen Sepsis aufgezeigt, dass durch die konsequente Umsetzung der bekannten, effektiven Maßnahmen zur Vorbeugung und Therapie der Sepsis alleine in Deutschland jährlich 15-20.000 weniger Patienten an einer Sepsis sterben würden. Leider ist bisher das Bundesministerium für Gesundheit unserer Aufforderung, die Moderation dieses dringend benötigten Plans zu übernehmen, nicht gefolgt. PD Arzneimittel: Vielen Dank Herr Professor Reinhart für das interessante Gespräch. Unter www.bpi.de/presse/pressedienst-arzneimittel/ finden Sie einzelne O-Töne aus dem Interview auch im Audioformat. Weitere Informationen zum Thema Sepsis finden Sie unter: http://www.world-sepsis-day.org/?MET=HOME&vLANGUAGE=DE http://www.world-sepsis-day.org/Memorandum.pdf http://www.sepsis-gesellschaft.de/ http://www.sepsis-hilfe.org/ Zurück zur Startseite Seite 16 von 22 Dezember 2014 Pressedienst Arzneimittel Daten und Fakten Keine Sepsis ohne Ausgangsinfektion: In beinahe der Hälfte der Fälle entwickelt sich eine Blutvergiftung aus einer Lungenentzündung. Eine Wundund Weichteilinfektion ist nur bei rund sieben Prozent der Sepsiserkrankungen der Auslöser. Bei etwa jedem zehnten Patienten gibt es andere als die in der Grafik aufgeführten Ursachen, z. B. ein eitriger Zahn oder eine Blinddarmentzündung. Grundsätzlich kann jede Art von Infektion mit Bakterien, Viren, Pilzen oder Parasiten zu einer Sepsis führen. Deshalb fällt es Ärzten oft schwer, den so wichtigen Herd zu finden. Nach Angaben des Kompetenznetzwerks Sepsis (SepNet) stoßen die Mediziner nur in etwas mehr als der Hälfte der Fälle auf den Auslöser. Seite 17 von 22 Dezember 2014 Pressedienst Arzneimittel Die Sepsis-Therapie ist ein Kampf gegen die Uhr: Je früher die Betroffenen mit entsprechenden Antibiotika behandelt werden, desto größer sind die Überlebenschancen, denn eine Blutvergiftung kann extrem schnell verlaufen. Bereits in der ersten verstrichenen Stunde sinkt die Überlebensrate rapide von über 80 Prozent Überlebenden bei sofortiger Antibiotikagabe auf rund 70 Prozent. Danach sinken die Überlebenschancen weiter kontinuierlich. Nach vier verstrichenen Stunden überleben nur noch rund 40 Prozent der Sepsis-Patienten, nach 12 Stunden ohne Antibiotika leben nur noch etwa 20 Prozent. Ab 36 Stunden ohne Antibiotika sind über 95 Prozent der Betroffenen verstorben. Zurück zur Startseite Seite 18 von 22 Dezember 2014 Pressedienst Arzneimittel Wussten Sie eigentlich, dass… der berüchtigte rote Strich, der sich von einer Verletzung in Richtung Herz zieht, allein noch kein Zeichen für eine Blutvergiftung ist? Er weist zunächst einmal auf eine Lymphgefäßentzündung hin, aus der sich jedoch eine Sepsis entwickeln kann. Papst Johannes Paul II. und zum Beispiel auch Fürst Rainier von Monaco an einer Blutvergiftung verstorben sind? Der Popstar George Michael und der ehemalige Bundespräsident Walter Scheel hingegen überlebten die Krankheit knapp. das Wort Sepsis angeblich auf Hippokrates, den berühmtesten Arzt der Antike zurückgeht? Das griechische Wort bedeutet so viel wie „faul machen“, denn Hippokrates diagnostizierte bei den Betroffenen eine „Fäulnis des Blutes“. eine überstandene Blutvergiftung bei vielen Patienten auch seelische Spuren hinterlässt? Nach Angaben der Weltsepsistag-Initiatoren leidet jeder fünfte Überlebende an einer posttraumatischen Störung. Ignatz Semmelweis, der Pionier der modernen Sepsis-Forschung, selbst an einer Wundinfektion mit Blutvergiftung verstarb? Der Gynäkologe hatte die Händedesinfektion vor gynäkologischen Untersuchungen eingeführt, die sich aber zu seinen Lebzeiten nicht durchsetzen konnte. der Infektionsherd als Ursache der Blutvergiftung in vielen Fällen gar nicht zu finden ist? Nach Angaben der Charité in Berlin stoßen die Mediziner nur in der Hälfte der Fälle auf den Auslöser. Seite 19 von 22 Dezember 2014 Pressedienst Arzneimittel die Behandlung von Sepsis-Patienten auf Intensivstationen nach Angaben von SeptNet pro Jahr etwa 1,7 Milliarden Euro kostet? Das entspreche etwa 32 Prozent der Kosten, die auf deutschen Intensivstationen insgesamt anfallen. die Sepsis häufig gar nicht als Todesursache angegeben wird? Sehr oft vermerken Ärzte in den Sterbepapieren nur die Grunderkrankung wie zum Beispiel Lungen- oder Harnwegentzündung. Senioren statistisch viel häufiger an Sepsis erkranken als jüngere Menschen? Nach Angaben der Initiatoren des Weltsepsistages trifft es in den USA rund 1.200 von 100.000 Einwohnern über Fünfundsechzig, bei den unter fünfundsechzig-Jährigen sind es 95 Fälle pro 100.000 Einwohner. zurück zur Startseite Seite 20 von 22 Dezember 2014 Pressedienst Arzneimittel Weitere Themen im Pressedienst Arzneimittel unter: www.bpi.de Rheuma: Das vielgestaltige Leiden http://www.bpi.de/presse/pressedienst-arzneimittel/ansicht/rheuma-das-vielgestaltige-leiden/ Impfung: Nichts schützt besser vor Infektionskrankheiten http://www.bpi.de/presse/pressedienst-arzneimittel/ansicht/impfung-nichts-schuetzt-besser-vor-infektionskrankheiten/ Männer- und Frauengesundheit: Gleichbehandlung zwecklos http://www.bpi.de/presse/pressedienst-arzneimittel/ansicht/maenner-und-frauengesundheit-gleichbehandlung-zwecklos/ Arzneimittelinnovationen: Über Hürden zum Patienten http://www.bpi.de/presse/pressedienst-arzneimittel/ansicht/arzneimittelinnovationen-ueber-huerden-zum-patienten/ Herbstspezial: Erkältungskrankheiten und Grippe http://www.bpi.de/presse/pressedienst-arzneimittel/ansicht/herbstspezial-erkaeltungskrankheiten-und-grippe/ Nutzen versus Risiko: Arzneimitteltherapie während der Schwangerschaft http://www.bpi.de/presse/pressedienst-arzneimittel/ansicht/nutzen-versus-risiko-arzneimitteltherapie-waehrend-derschwangerschaft/ Einer unter Vielen: Seltene Erkrankungen werden zu wenig beachtet http://www.bpi.de/presse/pressedienst-arzneimittel/ansicht/einer-unter-vielen-seltene-erkrankungen-werdenzu-wenig-beachtet/ Diabetes: Weltbekannt und doch unterschätzt http://www.bpi.de/presse/pressedienst-arzneimittel/ansicht/diabetes-weltbekannt-und-doch-unterschaetzt/ Palliativmedizin: Würde und Selbstbestimmung am Lebensende http://www.bpi.de/presse/pressedienst-arzneimittel/ansicht/palliativmedizin-wuerde-und-selbstbestimmung-am-lebensende/ Risiko Reisekrankheiten: Wer vorbeugt, hat mehr vom Urlaub http://www.bpi.de/presse/pressedienst-arzneimittel/ansicht/risiko-reisekrankheiten-wer-vorbeugt-hat-mehr-vom-urlaub/ Leukämietherapie bei Kindern: Eine Erfolgsgeschichte http://www.bpi.de/presse/pressedienst-arzneimittel/ansicht/leukaemietherapie-bei-kindern-eine-erfolgsgeschichte/ Aids im Jahr 2011: Eine behandelbare Krankheit http://www.bpi.de/presse/pressedienst-arzneimittel/ansicht/aids-im-jahr-2011-eine-behandelbare-krankheit/ zurück zur Startseite Seite 21 von 22 Dezember 2014 Pressedienst Arzneimittel Pressekontakt: Andreas Aumann Joachim Odenbach BPI-Pressereferent BPI-Pressesprecher Tel. 030 279 09 123 Tel. 030 279 09 131 [email protected] [email protected] HINWEIS: Die Artikel im Pressedienst Arzneimittel enthalten nur allgemeine Hinweise und dürfen nicht zur medizinischen Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. 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