universitätsforschungen

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universitätsforschungen
UNIVERSITÄTSFORSCHUNGEN
ZUR PRÄHISTORISCHEN ARCHÄOLOGIE
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Aus dem Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität zu Köln
SFB 806 ´Our Way to Europe´
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Band 239
Homo empathicus
Versuch einer Evolutionären Anthropologie
der Empathie
von
Shumon T. Hussain
2013
www.sfb806.de
V E R LA G D R. R U D O L F H A B E L T G M B H, B O N N
Homo empathicus
Versuch einer Evolutionären Anthropologie der Empathie
Implikationen für die anthropologische Bestimmung des modernen Menschen
und das Verschwinden letzter Neandertaler
von
Shumon T. Hussain
2013
Verlag Dr. Rudolf Habelt GmbH, Bonn
shumon t. Hussain
Vorwort des Herausgebers
eine der spannendsten Fragen der Menschheitsgeschichte ist
bis heute ungeklärt und beschäftigt die aktuelle Forschungsdiskussion: das Verschwinden des Neandertalers und das
Überleben des modernen Menschen. was befähigte unsere
Vorfahren der spezies Homo sapiens sapiens, ihr ursprungsgebiet im osten oder süden afrikas vor etwa 200.000 Jahren
zu verlassen und den ganzen Kontinent zu besiedeln, dann
eurasien und australien und schließlich auch die Neue welt?
der Prozess des ursprunges und der ausbreitung des modernen Menschen wird immer deutlicher sichtbar, genetische
analysen, verbesserte datierungsmethoden sowie archäologische und anthropologische Neufunde verdichten den
menschheitsgeschichtlichen Plot zunehmend.
Im sonderforschungsbereich 806 der deutsche Forschungsgemeinschaft „our way to europe. Culture-environment
Interaction and Human Mobility in the Late Quaternary“
der universitäten Köln, bonn und aachen steht vor allem
der Zusammenhang zwischen naturräumlicher umgebung
und kultureller adaptation beim frühen modernen Menschen im Vordergrund.
Für den realitätsgehalt der szenarien, die in unserer Projektgruppe erarbeitet werden, ist es entscheidend, die humane
Handlungsoption („human agency“), die hinter – oder eigentlich eher über – dem adaptationsbegriff steht, möglichst
umfassend zu diskutieren. eine umweltgeschichtlich vorgegebene realität war durch die prähistorischen Menschen –
wesentlich kulturell – zu interpretieren. Hierbei sind die natürlichen Parameter nicht ursächlich von den sozialen und
kulturellen zu trennen, die elemente desselben adaptationssystemes sind.
die zugleich geowissenschaftliche und kulturwissenschaftliche Perspektive sFb 806 ist in den nächsten Jahren
(zweite Forschungsphase des sFb 806 in den Jahren
2013–2017) durch eine anthropologische Perspektive zu erweitern. die in tübingen als b.a.-arbeit entstandene und
vom Verfasser in Köln noch überarbeitete studie leistet einen
grundlegenden beitrag zu einer evolutionären anthropologie der empathie, die eine wesentliche essenz der menschlichen sozialität bildet. wir haben sie deshalb gerne in die
Publiksationsreihe unseres sFb aufgenommen.
dank gilt dr. ursula tegtmeier für die redaktion und Lutz
Hermsdorf-Knauth für die bildbearbeitung, aber auch Professor dr. Harald Floss, dem tübinger Mentor dieser arbeit,
und den zahlreichen Inhabern der bildrechte für ihre großzügigkeit, den abdruck in unserer reihe zu gestatten.
Jürgen richter
Köln, 15.6.2013
Vorwort VoN HaraLd FLoss
dem vorliegenden buch liegt eine unter meiner betreuung
gefertigte bachelorarbeit zu grunde, die unter dem titel
„Homo empathicus“, Versuch einer evolutionären anthropologie der empathie 2011 an der eberhard Karls universität tübingen zum abschluss gebracht wurde. Meines
wissens ist es an unserer universität noch nie vorgekommen, dass eine bachelorarbeit unmittelbar in eine monographische Publikation gemündet wäre. bereits aus dieser
beobachtung sollte das außerordentliche talent von shumon t. Hussain deutlich werden. auch wenn in der urund Frühgeschichtslandschaft sehr unterschiedliche talente zu erfolgreichen Karrieren führen können, so zählt
shumon t. Hussain ohne Zweifel zu den begabtesten studenten, die ich in meiner Zeit in tübingen bislang betreuen durfte. seit seinem wechsel an die universität zu
Köln hält unsere fruchtbare Kooperation an, und darüber
bin ich sehr froh.
seit langem bemüht sich die Forschung um die definition
von Kriterien, nach denen sich im weiteren sinne Menschen von sonstigen Lebewesen unterscheiden und im engeren sinne die anatomisch modernen Menschen, also wir,
von vorherigen Menschenformen, wie etwa den Neandertalern. Nach vielen Jahrzehnten der diskreditierung war
es nur normal, dass die Forschung eine berechtigte rehabilitierung dieser Vorläufer des modernen Menschen unternahm. allerdings hat man heute den eindruck, dass
diese bemühungen zuweilen zu weit gehen. so suggeriert
das ein oder andere in letzter Zeit veröffentlichte Paper, als
habe sich der Neandertaler in nichts von anatomisch modernen Menschen unterschieden und als sei der Übergang
vom Mittel- zum Jungpaläolithikum, mit anderen worten
grob der Übergang der von diesen beiden Menschenformen getragenen chronologischen Komplexe in europa,
nur ein x-beliebiger Moment der Menschheitsgeschichte.
dies ist natürlich falsch, jeder kenntnisreiche und intuitiv
veranlagte archäologe spürt unmittelbar, dass die welt des
europäischen Mittelpaläolithiums eine andere war als die
des darauf folgenden Jungpaläolithikums und dass diese
gesellschaften unterschiedlich funktionierten. Nicht von
ungefähr treten seither bedeutende beispiele der eiszeitkunst auf, man denke nur an die grotte Chauvet-Pont
d’arc in Frankreich oder die elfenbeinskulpturen von der
schwäbischen alb. diese offensichtlichen unterschiede im
künstlerischen schaffen wurden somit nicht von ungefähr
schon früh als conditio humana angesehen, wie es arnold
gehlen formulierte. Hans Jonas prägte in diesem Zusammenhang vor 50 Jahren den begriff des Homo pictor, ernst
Cassirer sprach vom Homo symbolicus. diverse andere, sich
in verschiedenen Homo-epitheta niederschlagende definitionen wurden als differentia des Menschen (nach Hans
Jonas) proklamiert, man denke hier nur an den Homo faber
eines Max scheler, der auf das handwerkliche geschick der
werkzeugherstellung des Menschen abzielt, oder an den
Homo ludens eines Johan Huizinga, nach dem der Mensch
seine spezifischen Fähigkeiten vor allem über das spiel entwickelt. all diese definitionen sind aber nicht frei von Kritik geblieben, und selbst der von Carl von Linné ins Leben
gerufene Homo sapiens ist heute nomenklatorisch zwar
nicht bedroht, erfährt allerdings durch die Frage der Zugehörigkeit der Neandertaler zu dieser art eine unerwartete
Identitätskrise. Mit diesem szenario als background hat
sich shumon t. Hussain aufgemacht, seine eigene definition dessen zu entwickeln, was uns anatomisch moderne
Menschen auszeichnet, und dies ist die empathie. Hussains Hauptthese liegt in der aussage, dass es die empathie
sei, die die modernen Menschen entscheidend von sonstigen Lebewesen bis hin zu den Neandertalern unterscheide.
er bewegt sich damit in einem Forschungsfeld, das sowohl
mit der sozialen wie kognitiven entwicklung des Menschen zu tun hat und von Hussain vereinigend „soziale
Kognition“ genannt wird, wobei offen bleibt, ob hier dasselbe gemeint ist, wie in Fiskes und taylors grundlegender
arbeit „social Cognition“ von 1991. Hussain korreliert
das Maß an empathie mit der spezifischen Life-History
des Menschen und im besonderen mit den spezifika des
Mutter-Kind-Verhältnisses, des Imitierens und der spielerischen erfahrung. und in diesem sektor, wie generell in
der entwicklung kollektiven Handelns, sozialer einheiten
und Netzwerke sieht er das spezifikum des Menschen.
bleibt die Frage, wie der Nachweis dafür im archäologischen Kontext gelingen kann. Hier dienen dem autor
zunächst die durch lithische rohmaterialien und schmuckelemente belegten Fernverbindungen als erstes Indiz für
verstärkten Kontakt und austausch im Jungpaläolithikum,
mit der grundidee des gabentauschs als akt der empathie. dem Neandertaler billigt der autor dieses Maß an
empathie explizit nicht zu. Interessant ist schließlich die
von Hussain gezogene Verbindung zwischen empathie
und der eiszeitlichen Höhlenkunst, die er nicht nur im
zwischenmenschlichen aspekt sieht, sondern auch mit animistischer Landschaftswahrnehmung korreliert sowie dem
sich einfühlen in die an sich unbelebte Fels- und Höhlenlandschaft der umgebenden Natur. durch das sich-Hineinfühlen in die Höhlenmorphologie, ein spezifikum der
eizeitkunst, wird das bereits Vorhandene ästhetisch hervorgehoben. Höhlen wie altamira, Lascaux oder die grotte
Chauvet sind somit ausdruck einer „empathisierten“ Lebenswelt, die sich mit beginn des Jungpaläolithikums entwickelt hat.
Hussain schließt seine bachelorarbeit mit folgendem
statement: „[...], dass empathie, Mitleid und nicht zuletzt
einfühlung aber als ganz wesentliche bestandteile eines
spektrums von anpassungen gelten müssen, die den Menschen so überaus erfolgreich gemacht haben. die Menschheitsgeschichte avanciert damit zu einem guten anteil zur
empathiegeschichte. einer geschichte, vor deren enthüllung wir gerade erst stehen. der Mensch ist und war
immer zuallererst empath: Homo empathicus.“
dem wollen wir nichts hinzufügen.
Harald Floss
tübingen, im Mai 2013
shumon t. Hussain
geLeItwort des autors
die vorliegende arbeit ist die originalfassung meiner 2011
an der Philosophischen Fakultät der eberhard Karls universität tübingen eingereichten b.a.-arbeit im Fach urund Frühgeschichte. Ich habe bewusst darauf verzichtet
neuere bibliographische angaben zu ergänzen, die die im
text vertretenen esen unterfüttern oder problematisieren; im angesicht einer Vielzahl von Neuerscheinungen,
die jährlich auf den teilgebieten der Primatologie, Paläoanthropologie, Neurowissenschaft, Kulturanthropologie,
Philosophie und archäologie zu verzeichnen sind und potenzielle relevanz für die hier verhandelten sachverhalte
haben, hätte dies mit einer grundlegenden Überarbeitung
und anreicherung des argumentationsgangs einhergehen
müssen. ergänzt wurden lediglich einige abbildungen
sowie eine kurze Zusammenfassung der einzelnen Kapitel
in englischer sprache.
Ich bin mir sehr wohl darüber im Klaren, dass die
arbeit ihre kritischen schwächen hat – insbesondere eine
zuversichtliche Perspektive auf die archäologische Nachweisbarkeit von „echten“ silex-tauschnetzen im frühen
Jungpaläolithikum ist an dieser stelle beispielhaft zu nennen – ich glaube jedoch, dass die eigentliche wichtigkeit
der arbeit im Versuch eines ersten integrativen gesamtentwurfs der langen und wechselvollen evolutionsgeschichte des empathischen Vermögens in der menschlichen
Linie begründet liegt. dieser entwurf – mit all seinen stärken und schwächen – kann auch zwei Jahre nach seinem
entstehen fruchtbarer ausgangspunkt für die diskussion
um eine empathisch katalysierte sozialevolution sein, wie
auch erneuter anstoßpunkt in der auseinandersetzung mit
der Frage nach dem spezifisch Menschlichen und seinem
gewordensein. Letztlich versuche ich zu zeigen, wie
fruchtbar eine explizite interdisziplinäre Öffnung für die
paläolithische archäologie und ihren inhärenten Fragenkorpus sein kann. eine Perspektive, die heute so aktuell
und dringend wie nie ist. Ich hoffe, dass zumindest einige
der vorliegenden Ideen und Überlegungen diese diskussionen inspirieren können.
Zu guter Letzt sei darauf hingewiesen, dass das vorliegende
buch ganz entscheidend durch jene abarbeitung an den
Motiven empathie und Mitleid inspiriert worden ist, der
gerade in der internationalen Literatur immer wieder zu begegnen ist. Insbesondere in abstrakten oder zeitinvarianten
Fiktionsräumen, in denen traditionell immer thematisiert
wird, was den Menschen eigentlich menschlich macht, spielt
das empathische eine erhebliche rolle. Man denke etwa an
J. J. r. tolkiens „der Herr der ringe“. eine Lesart dieses
Meisterwerks der fantastischen Literatur legt den schluss
nahe, dass Mittelerde letztlich nur deshalb gerettet und der
„eine ring“ zerstört werden kann, weil bilbo beutlin etliche
Jahre zuvor Mitleid mit gollum hat und ihn deshalb verschont. auch in gene roddenberrys sci-Fi-schöpfung „star
trek“ hat das empathische eine wichtige Funktion inne.
Nicht zuletzt, wenn es darum geht, den Menschen vom androiden – oder allgemeiner von artifiziellen Lebensformen
und Intelligenzen – abzugrenzen, tritt die Fähigkeit des emotionalen teilhaftigwerdens anderer Individuen an die stelle
des sine qua non von Humanität. besonders deutlich wird
das auch an den betazoiden, die als außerirdische spezies
eine besonders wichtige eigenheit des Menschen spiegeln
und dem rezipienten auf diese weise immer wieder vor
augen führen. die Frage nach dem status des empathischen
innerhalb des anthropos war also schon immer eine regulative
Idee der medialen aufbereitung. oft ist sie indes in kontrafaktische (fantastische oder zukunftsentwerfende) Kontexte
ausgelagert und erst dort explizit verhandelt worden. Meine
arbeit versteht sich in letzter Konsequenz als Fortsetzung
dieses diskurses innerhalb der wissenschaft mit den Mitteln
jener disziplinen, die seit jeher darum bemüht sind, die
„Natur des Menschen“ aus seiner Vergangenheit abzuleiten.
Mit den die einzelnen textabschnitte einleitenden Zitaten,
die in enger inhaltlicher beziehung zu den textaussagen stehen, soll deshalb angedeutet werden, wie das Motiv des
Homo empathicus nicht nur Zukunft und Vergangenheit,
sondern auch Fiktion und wissenschaft fruchtbar zu integrieren vermag.
Köln, 16.4.2013
Für alle, die mit mir empathisieren
For everyone who is empathizing with me
Pour tous ceux qui empathisent avec moi
shumon t. Hussain
INHaLt
danksagung
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einleitung evolutionäre anthropologie der empathie .................................................................................. 13
teil I warum Menschen empathische wesen sind ..................................................................................
I.1 empathie, eory of Mind und soziales erkennen ................................................................
was ist empathie? .................................................................................................................
das empathische und die eorie mentaler gehalte .............................................................
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I.2 Life-History, evolution und soziale Kognition .......................................................................
die kooperative Natur menschlicher brutpflege ....................................................................
die empathischen erfordernisse menschlicher brutpflege ......................................................
Paläoanthropologische belege für die evolution der menschlichen Life-History ....................
Neurologische Implikationen einer verlängerten Präadoleszenz ..............................................
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I.3 spiegelneurone, soziales Lernen, Mimetik und empathie ......................................................
die Pädagogik der empathie .................................................................................................
die mimetischen Voraussetzungen des sozialen Lernens ........................................................
die neuronalen grundlagen des verstehenden Lernens ..........................................................
die empathischen Implikationen spielerischer erfahrung ......................................................
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I.4 Kommunale Kultur und die evolution kultureller Kapazität ..................................................
die evolutionäre entwicklung menschlicher Kulturfähigkeit .................................................
der empathische aspekt geteilter Intentionalität ...................................................................
die ontogenetischen wurzeln geteilter Intentionalität ...........................................................
die anthropologische bedeutung kollektiver Intentionalität ..................................................
Identität als sublimat des kulturellen gedächtnisses ..............................................................
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I.5 empathische Positionalität, austauschnetze und die wurzeln der Zivilisation .......................
wo der Mensch in der welt zu verorten ist ............................................................................
die implizite reziprozität empathischer Verfasstheit ..............................................................
die anthropologische bedeutung der gabe ...........................................................................
die empathische genese transregionaler austauschnetze .......................................................
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summary Part I why humans are empathetic beings .............................................................................................
I.1 empathy, theory of mind and social epistemology .................................................................
I.2 Life-history, evolution and social cognition ...........................................................................
I.3 Mirror neurons, social learning, mimesis and empathy ..........................................................
I.4 Communal culture and the evolution of cultural capacity .....................................................
I.5 empathic positionality, exchange networks and the roots of civilization ................................
63
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teil II
summary Part II
teil III
warum der Neandertaler anders ist ......................................................................................
II.1 empathie, aggression und gruppenorganisation .........................................................
die empathische Komponente der Neandertalersozialität ............................................
die bedeutung der aggression als sozialer antagonist .................................................
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II.2 autismus, soziale Fragmentierung und positive selektion ............................................
der autist im Neandertaler? ........................................................................................
was beim Neandertaler fehlt .......................................................................................
warum der Neandertaler ausgestorben sein könnte .....................................................
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why Neanderthals are different ........................................................................................... 80
II.1 empathy, aggression and group organization ............................................................... 80
II.2 autism, social fragmentation and positive selection ..................................................... 80
was es mit Kunst und Ästhetik auf sich hat .........................................................................
III.1 Kunst, Ästhetik und empathische Verfasstheit .............................................................
der empathische aspekt ästhetischer erfahrung ..........................................................
der spiegelmechanismus als ästhetischer Mittler? ........................................................
der animismus als destillat holistischer empathieerfahrung ......................................
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III.2 Narration, Mythologie und Zeit .................................................................................. 88
die künstlerische Hervorhebung von Vorhandenem ................................................... 88
Narrative einbettung als empathiesymptom ............................................................... 95
das empathische Motiv der Handnegative .................................................................. 97
das Paradigma des Palimpsests .................................................................................. 100
summary Part III
and what about art and aesthetics? .................................................................................... 104
III.1 art, aesthetics and empathic constitution .................................................................. 104
III.2 Narration, mythology and time ................................................................................. 104
Zusammenfassung
summary
résumé
Menschheitsgeschichte als empathiegeschichte .................................................................. 107
Mankind’s history as history of empathy ............................................................................ 109
L’Histoire de l’humanité – l’histoire de l’empathie ............................................................. 111
bibliographie .......................................................................................................................................................... 114
107
ZusaMMeNFassuNg
MeNsCHHeItsgesCHICHte aLs eMPatHIegesCHICHte
If we’re going to be damned, let’s be damned for what we really are.
Picard zu riker über Q’s urteil über die menschliche rasse.
star strek tNg, „encounter at Farpoint“
was ist der Mensch? das war der ausgangspunkt der vorliegenden arbeit. es sollte deutlich geworden sein, dass
diese Frage eine evolutionär-anthropologische ist. es ist die
Frage nach der wesentlichen triebfeder der Hominisation.
wodurch unterscheidet sich die anthropogenese also von
anderen evolutionären entwicklungspfaden? die antwort
findet sich in der besonderen gestalt der wechselseitigen
Verschränktheit von sozialität und Kognition, die zu einem
spezifischen Vermögen ‘sozialer Kognition’ führt. einem
Vermögen, das einzigartig ist und den modernen Menschen
von anderen Lebewesen unterscheidet. Jene soziale Kognition ist wesentlich durch das Moment des empathischen
ausgezeichnet. als Humanspezifikum erhebt empathie den
Menschen zum modernen Menschen, und zwar eine Form
der empathischen Verfasstheit, die sehr viel weiter entwickelt und sehr viel elaborierter ist als die von nichtmenschlichen Primaten, Neandertalern oder sonstigen Lebewesen,
die die evolution im Laufe der erdgeschichte hervorgebracht hat. Höhere empathie in der gestalt rekursiver
Mind-reading-Fertigkeiten, das kompetente soziale erkennen anderer erst, macht den Menschen modern. erst jene
kognitive Modernität ist das substrat des Menschlichen.
Ich habe zunächst versucht, die entfaltungs- und
Hemmfaktoren sowie die dynamiken der soziokulturellen
Verschränktheit der empathie in der menschlichen Linie
zu verfolgen. Im Fokus stand dabei der kritische Zeitraum
zwischen 150 000 und 20 000 bP, weil dieser zum einen
grob mit der Herausbildung der taxonomischen ordnung
Homo sapiens parallelisiert werden kann, zum anderen die
wichtigen Übergangsprozesse mit einschließt, sei es nun die
schwelle vom Middle stone age (Msa) zum Late stone
age (Lsa) in afrika oder die vom Mittel- zum Jungpaläolithikum in europa. Ich habe letztlich im anschluss an die
arbeiten von Mcbrearty und brooks dafür argumentiert,
diese Übergänge als ausdrücke einer Intensifizierung gradueller tendenzen zu verstehen und keinesfalls als qualitative sprünge oder gar als revolutionen.335 auch die sozialkognitive Kompetenz der empathie ist einem solchen
entfaltungsprozess gradueller und evolutionärer art unterworfen. es handelt sich um ein präadaptives Potenzial,
streng genommen um ein sehr altes erbe der evolution,
weitaus älter als die menschliche Linie selbst, welches sich
aber erst im Nährboden menschlicher sozietäten richtig
entfalten konnte. betont werden sollte die kognitive Komponente der Hominisation, das Kognitive, was den Men-
schen zum Menschen macht. es sind nämlich keinesfalls
subsidiäre oder ökologische Faktoren, die am ende als entscheidend menschmachend gelten können, sondern vielmehr die eigentümlichen wechselwirkungen zwischen sozialität und Kognition. empathie ist ein Kulminat dieser
wechselseitigen eingelassenheit.336 empathie ist ein resultat der sozialen Komplexwerdung der gruppen moderner
Menschen, aber gleichzeitig eine starke formgebende Kraft
der sozialen evolution dieser einheiten. empathie entfaltet
sich in einem koevolutiven szenario.
es hat sich gezeigt, dass empathie in vielen arbeiten
immer wieder schon implizit mitgedacht worden ist, aber
nie explizit würdigung fand. um dies deutlich zu machen,
wurden zunächst die allgemeinen evolutionären drifttendenzen aufgezeigt, die die Menschwerdung kennzeichnen
und zugleich eine empathische Komponente artikulieren.
empathie ist zunächst als regulativ, als evolutionäre Problem-Lösung der entwicklung hin zur kooperativen aufzucht in der menschlichen Linie zu begreifen, die mit einem
markanten Life-History-einschnitt, namentlich insbesondere mit der Zerdehnung der postnatalen entwicklungsphase, einhergeht. dieser führt zu einer Verschärfung des
abhängigkeitsverhältnisses von Kind und Mutter, aber auch
vom Nachwuchs und den notwendig werdenden alloeltern.
empathie ist die synchronisationskraft dieser urszene. das
empathische Vermögen elaboriert sich parallel zur Hirnvergrößerung, die an eine solche Komplexwerdung des sozialen gekoppelt ist, weil die präfrontalen regionen des gehirns funktional daran gebunden sind. Neokortikale
expansion ist eine notwendige reaktion auf komplexer
werdende sozialverhältnisse. gepaart mit einer verstärkten
spielerischen Komponente des Menschseins – ebenfalls eine
direkte Folge jener Life-History-Zäsur –, ist das empathische gleichzeitig als Motor verbesserter Lehr- und Lernvorgänge innerhalb menschlicher gesellschaften zu verstehen.
es offenbart sich im Über-Imitieren bei gleichzeitigem Intentionsverstehen und hat damit weitgehende kulturtechnische Konsequenzen. Jedenfalls lassen sich jene allgemeinen
Parameter mit einer divergenzentwicklung innerhalb der
Life-History zwischen Neandertalern und anatomisch modernen Menschen korrelieren, die sich ab einen Zeitfenster
335 vgl. MCbrearty & brooKs 2000, 513ff.
336 vgl. zum Multi-ebenen-Charakter der kognitiven evolution
neuerdings FoLey 2010.
108
shumon t. Hussain
zwischen etwa 80 000 und 30 000 bP immer deutlicher abzeichnet.
worin aber mündet diese Pfaddivergenz? wo genau
zeigt sich empathie? das empathische erbe unserer Vorfahren zeigt sich noch im empathic bedding, in der intentionellen Niederlegung von Verstorbenen, die eine engere Verbundenheit einzelner sozialer akteure ebenso wie eine emotional
unterfütterte sozialstruktur signalisieren. beim Neandertaler
wird dieses präadaptive Potenzial aber noch von einem ausgeprägten aggressionsimpetus unterminiert, der zwischenmenschliche beziehungen, doch auch beziehungen zwischen einzelnen gruppen reguliert. anders beim modernen
Menschen: dieser kann mit einer sozialstrategie aufwarten,
die ganz wesentlich durch Netzwerkbildung gekennzeichnet
ist. Menschen rücken auf allen Interaktionsebenen näher zusammen. sozialität pulsiert im empathischen. das resultat
sind soziale einheiten mit autonomer Intentionalität, mit
einem wir-bewusstsein, welches darauf basiert, dass jeder
auf die absichten des anderen bezug nehmen kann und sich
auf diese weise eine Intentionskoordination einzustellen vermag. Im archäologischen befund zeigt sich das in der diskretwerdung sozialer einheiten, die Identitätsräume mit spezifischen kulturellen Markern ausbilden. Jene Kulturleistung
kulminiert in Kommunalität. Kommunale Kultur ist deshalb ein derivat der empathischen sozialzementierung. besonders eindrücklich zeigt sich dieses kommunale Moment
jedoch in der ausbildung transregionaler austauschsysteme,
welche paradigmatisch für die Netzwerkbildung der sozialen
Landschaft stehen. empathie resultiert in einer empathischen
Landschaft.
die totalität der empathischen erfahrung kondensiert
in einem weltzugang, der in erster Linie durch empathie
gekennzeichnet ist. das Motiv der einfühlung kann nicht
nur als konstitutiv für animistische alltags- und glaubenspraxen gelten, sondern führt ebenso zu einer belebung von
337 vgl. HubLIN 2009.
unbelebtem, indem dieses empathisiert wird. Insofern rücken empathie und Ästhetik sehr nahe aneinander. eine
empathische Positionalität – das ist eine der wichtigsten
aussagen – mündet in einem empathischen erkennen, welches die Jäger und sammler des eiszeitlichen eurasien dazu
motiviert hat, ihnen als lebendig erscheinende Formen in
Fels und gestein, ganz allgemein in der sie umgebenden
Landschaft, künstlerisch hervorzuheben. es handelt sich
um die Hervorhebung von schon Vorhandenem, streng genommen um ein wieder-erkennen. derartige Lichtungen
des empathischen finden sich zahlreich in der jungpaläolithischen Höhlenkunst, wo die Formen häufig der natürliche gestaltmorphologie und ihrem impliziten Verweisungszusammenhang nachempfunden sind. auch die berühmten
Handnegative ebenso wie die zahlreichen Palimpsestmotive
dieser Periode zeugen von einem empathischen weltzugang. all dies sind beispiele für eine globale empathisierung der Landschaft, die in altamira in Kantabrien, in Lascaux im tal der Vézère und in der grotte Chauvet im tal
der ardèche ihren vorläufigen Höhepunkt findet. diese
Höhleninszenierungen zeugen nicht zuletzt durch die dort
evidente narrative einbettung des bildkanons von einer elaborierten empathiekapazität ihrer schöpfer. des Menschen
Kultur und sozialität sind zu allererst empathischer Natur.
Mit Hublin lässt sich mit einiger Vorsicht festhalten,
dass die unterschiede zwischen Mensch und NichtMensch zwar letztlich vermutlich gar nicht so groß sind,
dass empathie, Mitleid und nicht zuletzt einfühlung aber
als ganz wesentliche bestandteile eines spektrums von anpassungen gelten müssen, die den Menschen so überaus
erfolgreich gemacht haben.337 die Menschheitsgeschichte
avanciert damit zu einem guten anteil zur empathiegeschichte. einer geschichte, vor deren enthüllung wir gerade erst stehen. der Mensch ist und war immer zuallererst
empath: Homo empathicus.
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suMMary
MaNKINd’s HIstory as HIstory oF eMPatHy
If we’re going to be damned, let’s be damned for what we really are.
Picard to riker on Q’s judgment of the human race.
star strek tNg, „encounter at Farpoint“
what does it mean to be human? is key question forms
the starting point of the present work. It should have become clear over the course of the previous chapters that
the question turns out to be an evolutionary anthropological one, characterized by the quest for the fundamental
motor or mover in the process of hominisation. How can
the specific evolutionary pathway which led to the genesis
of modern humans differentiated from other trajectories,
especially those which led to the extinction of our evolutionary relatives such as Neanderthals? I argue here that
the answer can be found in the unique entanglement of
sociality and cognition within our branch of the human
lineage – an entanglement which led to a particular capacity for social cognition which is unique and distinguishes
modern humans from other life forms, species or taxonomic units. e hallmark of this unique capability of social cognition is a special way of empathizing with others
and with the world. I argue that this empathic disposition
is an integral part of the set of specific traits that makes us
human. as modern humans, we are primarily empathic
beings. our empathic constitution is much more elaborated than in non-human primates, Neanderthals or other
beings, which evolution has brought to life during the
course of earth’s history. Higher empathy and its characteristic recursive mind reading abilities which enable us to
competently understand and interpret others in their actions, emotions and mental states, raises man to modern
man. only this cognitive modernity is the primary thread
in fabric of being human.
First, I attempted to outline the specific constraints and
boost factors that are critical to the evolutionary unfolding
of a unique empathic disposition in modern humans, as
well as the particular sociocultural dynamics of an empathic entanglement within the human lineage that shaped
it. e analysis focuses on the critical timeframe between
150 000 and 20 000 bP, because on the one hand, it can
roughly be paralleled with the emergence of Homo sapiens
as a taxonomic unit, and on the other hand, it encapsulates
important transitional processes, such as the threshold between the late Middle stone age (Msa) and the early Late
stone age (Lsa) in africa or the Middle to upper Palaeolithic transition in europe. In the end, I argue in accordance with Mcbrearty and brooks that these transitions
must be considered as an expression of a gradual intensification of general cultural evolutionary trends, but not as
saltatory or revolutionary processes. e social-cognitive capacity of empathy is also subjected to such a gradual process
of evolutionary unfolding. e pre-adaptive potential itself,
which led to the special form of empathy observable today
in modern humans is a very old evolutionary heirloom,
much older than the human lineage itself, but could be
fruitfully elaborated only in the matrix of modern human
societies and their cultural context. I attempted to emphasize the social-cognitive component of hominisation and its
catalytic role in the process of becoming human. In the end,
neither ecology nor subsistence factors can adequately explain human uniqueness and its evolutionary roots, but the
special interplay of sociality and cognition can. Human empathy is a culminant of this mutual embeddedness. empathy is thus a product of the growing complexity of social
groups, but at the same time shapes the evolutionary trajectories of these entities. is is why empathy always unfolds itself in a co-evolutionary scenario.
It is evident that empathy has been implicitly thematized in many papers, but has never been explicitly appreciated for its own virtue. on the way to establishing a view
which takes into account the significance of empathy as a
discrete trait, the general evolutionary drift tendencies
which characterize the trajectory of hominisation and articulate an empathic component must be revealed and
characterized. Firstly, empathy must be understood as a
regulative, as an evolutionary problem solving strategy on
the way to cooperative breeding within the human lineage,
which is accompanied by a critical life-history break,
namely by the pronounced expansion of the postnatal developmental stage. is expansion leads to an accentuation
of mother-child dependency, as well as necessitating the
dependency of offspring and alloparents. elaborated and
highly flexible empathic capacities reflect a synchronizing
force in this arche scene. empathy elaborates itself in parallel to the human brain expansion, which is linked to such
a sophistication of the social structure, because the prefrontal areas of the brain are functionally tied to it. Neocortical expansion is thus a necessary response to the
intensification of social complexity. Coupled with a pronounced importance of social play in human ontogenetic
development, which is also a direct consequence of the crucial life-history break, empathy becomes an important
motor of teaching and learning processes in human social
units. is phenomenon is today reflected in the human
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shumon t. Hussain
tendency to over-imitate together with intentional understanding and has tremendous cultural technical implications. Pivotally, these empathy tied parameters within evolutionary processes can be correlated with a divergent
development between Neanderthals and anatomical modern
humans, which is clearly visible at least from a timeframe
between 80 000 and 20 000 bP in the fossil record.
but where does this divergent evolutionary pathway
conclude? where exactly is empathy manifested? Most importantly, the empathic heirloom of our ancestors is reflected
in the practice of empathic bedding, in the intentional burial
of the deceased, which demonstrates a close attachment of
the involved social actors to each other as well as a strongly
emotionally interspersed social fabric. In the Neanderthal
case, this pre-adaptive empathic potential to socialize is undermined by an impetus of social aggression regulating both
intra-group and inter-group relations. almost the opposite
is true for modern humans: Homo sapiens seems to be characterized by a social strategy in which social networking is
an integral building block and social actors approach each
other on nearly every scale of the social world. sociality,
therefore, is pulsing in the empathic. e outcome is the development of groups with an autonomous intentionality,
with a “we”-awareness, based on social players who can relate
and adapt to the intentions and purposes of others – a situation which culminates in social coordination on the group
level. In the archaeological record, this phenomenon is manifested in social units becoming discrete which form an individual identity space with specific cultural markers. is
cultural performance culminates in communality. Communal culture is thus a derivate of this type of empathic social
solidification. Most impressively, such a communal moment
of sociocultural entities is mirrored in the emergence of
transregional exchange systems, which stand paradigmatically for the interconnectedness of the social landscape.
erefore, empathy culminates in an empathic landscape.
e totality of empathic experience condenses into a world
access which is primarily channeled by empathy. e motive of “einfühlung” is not only constitutive for an animistic everyday practice and practice of faith, but also results in the vitalization of previously dead matter through
empathizing. In this sense, empathy and aesthetics approach each other very closely. one of the key messages of
this book is the conclusion that an empathic positionality
gives rise to an empathic epistemology, which possibly motivated Ice age hunter-gatherers of eurasia to artistically
bring the perceived animated landscape with its rocks and
caves into prominence. It is nothing less than the accentuation of already existing shapes in natural formations by
painting or engraving; it is a case of recognition. such
glades of the empathic can be found numerously in upper
Palaeolithic cave art where motives often mirror the natural
morphology of the rock surface and thus imitate their implicit referential context. but also the prominent hand negatives and the various palimpsest motives of this cultural
phenomenon and its time testify to this global world access. ese are all examples of globally empathizing with
the landscape as a whole, which finds its tentative climax
in altamira in Cantabria, Lascaux in the Vézère valley, and
the grotte Chauvet in the ardèche valley. e evident narrative embeddedness of image stagings present in many
painted caves demonstrates the elaborate empathy capacity
of their makers. Human culture and sociality are first of
all empathic.
with Hublin can be carefully retained that the differences between human and non-human are after all not that
huge, but compassion and empathy need to be regarded
as integral parts of a special adaptive kit explaining much
of modern human success. e history of humankind is
thus promoted to a history of empathy whose exposure is
only to begin. Man is and has always been primarily empathetic: Homo empathicus.
111
résuMé
L’HIstoIre de L’HuMaNIté – L’HIstoIre de L’eMPatHIe
If we’re going to be damned, let’s be damned for what we really are.
Picard à riker, sur le jugement de Q sur la race humaine.
star strek tNg, „encounter at Farpoint“
Que signifie-t-il d’être humain ? Ceci est la question clé qui
marque le point de départ de cet ouvrage. À travers les chapitres précédents nous voyons que cette question relève de
l’anthropologie évolutive, et qu’elle nous met sur la quête
du moteur principal du processus de l’hominisation. Comment la voie évolutive spécifique, qui mena a la genèse de
l’Homme moderne se diffère-t-elle des autres trajectoires,
et plus particulièrement de ceux qui menèrent à la disparition des espèces qui nous furent les plus proches comme
les Néandertaliens? dans le présent ouvrage je propose que
la réponse puisse se trouver dans l’enchevêtrement unique
de la socialité et la cognition qui caractérise notre lignage
humain – un enchevêtrement qui mena à la capacité de
cognition sociale, une capacité unique et qui nous distingue de toute autre espèce. Le marqueur de cette capacité
est notre manière d’éprouver de l’empathie pour autrui.
J’argumente ici que cette aptitude d’empathie fait partie
intégrale de l’ensemble de traits spécifiques qui nous caractérisent en tant qu’humains. L’Homme moderne est
dans son essence un être empathique, et notre aptitude
d’empathie est, de manière décisive, plus élaborée que celle
de tous les primates non-humains qui ont existé, y compris
les Néandertaliens. L’empathie évoluée, qui nous permet
de comprendre et d’interpréter les émotions, les états d’esprit et les actions de l’autre, constitue la capacité qui distingue l’Homme moderne de l’Homme tout court.
dans un premier temps, j’ai voulu esquisser les principaux facteurs de montée et de contrainte pour un tel essor
évolutif de l’aptitude d’empathie chez l’Homme moderne,
ainsi que les dynamismes socio-culturels impliqués. Mon
analyse est concentrée sur un cadre chronologique limité
entre 150 000 et 20 000 ans bP. Ceci comprend un horizon temporel critique, correspondant grossièrement à
l’émergence de l’Homo sapiens, ainsi qu’à d’importants processus transitoires tels les transitions Msa-Lsa en afrique
et Paléolithique moyen-supérieur en europe. Finalement,
j’argumente en accord avec Mcbrearty et brooks que ces
transitions doivent être considérées comme des généralisations et consolidations graduelles de certains traits culturels
de manière évolutive, et non pas comme des sauts ou « révolutions ». ainsi, la capacité socio-culturelle d’empathie
doit également être vue comme le résultat d’un processus
évolutif graduel. Le germe évolutif de l’empathie qui caractérise l’Homme moderne est d’une ancienneté qui précède de loin notre lignage même. Pourtant, il n’a pu être
élaboré fructueusement que dans l’ère des sociétés de
l’Homme moderne et dans leurs contexte culturel. Mon
but a été de mettre l’accent sur le composant socio-cognitif
de l’hominisation, et sur son rôle catalyseur dans le processus du devenir humain. en fin de compte, ni l’écologie
ni les facteurs de subsistance suffissent pour expliquer de
manière intégrale le caractère unique de notre espèce et nos
racines évolutives – mais l’étude de l'interaction de la socialité et de la cognition le peut. L’empathie humaine est
le pinacle de cette interaction. étant à la fois le produit de
la complexité toujours croissante des groupes sociaux, ainsi
qu’un moteur de formation et de changement de ceux-ci,
l’empathie doit être considérée dans le contexte d’un tel
scénario co-évolutif.
L’empathie a été traitée implicitement dans de nombreux travaux scientifiques, mais elle n’a jamais fait l’objet
même de la problématique. Pour pouvoir établir une vue
sur l’hominisation qui prend en compte l’importance de
l’empathie en tant que facteur distinct, il est nécessaire de
retracer l’évolution de l’empathie et définir sa place dans
la trajectoire évolutive de l’hominisation. d’abord, l’empathie doit être comprise comme un régulateur, une stratégie pour résoudre des défis et qui mène vers une plus
grande coopération dans la reproduction. Ceci s’accompagne d’une rupture décisive dans l’hominisation: la prolongation prononcée du stade de développement postnatal. Cette prolongation entraîne à son tour une
accentuation de la dépendance entre mère et enfant, ainsi
que de la dépendance de ces derniers aux autres parents et
membres du groupe familial. Les capacités d’empathie, développées et très flexibles, représentent une force synchronisante dans cette évolution initiale de la famille. L’empathie s’est élaborée parallèlement à l’expansion du cerveau
humain; celle-ci est liée à une telle sophistication de la
structure sociale, étant donné que les zones pré-frontales
du cerveau y sont fonctionnellement associées. ainsi, l’expansion néo-corticale serait une réponse nécessaire à l’intensification de la complexité sociale. de plus, l’importance
prononcée du jeu social dans le développement ontogénétique humain – également une conséquence directe de
cette même rupture décisive dans l’hominisation – souligne
davantage comment l’empathie devient un moteur important pour les processus d’enseignement et d’apprentissage
dans les sociétés. Ce phénomène se reflète aujourd’hui dans
la tendance humaine de sur-imiter lors de l’apprentissage,
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shumon t. Hussain
et ses implications culturelles et techniques sont considérables. tous ces paramètres liés à l’empathie, considérés dans
leur processus évolutif, peuvent être corrélés avec le développement divergent entre les Néandertaliens et l’Homme moderne, clairement visible dans les vestiges fossiles du cadre
chronologique entre 80 000 et 20 000 ans bP.
où cette voie évolutive divergente devient-elle décisive ? où l’empathie est-elle précisément manifestée ? L’héritage empathique de nos ancêtres se retrouve surtout dans
la pratique d’enterrement intentionnel du décédé, ce qui
fait preuve d’une relation proche entre les acteurs sociaux
concernés, ainsi que d’une forte liaison émotionnelle de
ceux-ci envers la société elle-même. dans le cas des Néandertaliens, leur potentiel empathique pré-adaptif de socialiser semble avoir été retenu par leur penchant vers l’agression sociale, régulant les relations à la fois entre les
différentes groupes ainsi qu’au sein du groupe même. Chez
l’Homme moderne nous voyons presque le contraire:
l’Homo sapiens semble être caractérisé par une stratégie sociale dans laquelle la construction de réseaux sociaux fait
partie intégrale. ainsi, la socialité se développe-t-elle de
l’empathie. Le résultat en est l’émergence de groupes ayant
une intentionnalité autonome – une conscience du « nous »
– qui est soutenue par des acteurs sociaux capables de sympathiser et de s’adapter aux intentions et besoins d’autrui.
Ce développement culmine en la coordination sociale au
niveau du groupe. dans les vestiges archéologiques, ce phénomène est manifesté par les unités sociales qui deviennent
progressivement plus discrètes, s’attachent à des territoires
restreints et se caractérisent par des marqueurs culturels
spécifiques. La culture communale qui en surgit est donc
aussi un dérivé de la consolidation sociale rendue possible
par l’aptitude d’empathie chez l’Homme moderne. Vue
que l’émergence des systèmes d’échange inter-régionaux
doit être considérée comme un résultat de cette sophisti-
cation des unités sociales, nous pouvons voir également le
territoire social comme un produit de l’empathie.
La somme de l’expérience empathique constitue une
perspective sur le monde où l’empathie fait la grille d’interprétation principale. Non seulement le « einfühlung »
fait-il partie constitutive de toute pratique religieuse et animiste, mais il revitalise aussi le monde des morts par l’évocation empathique. de cette manière, l’empathie et l’esthétique se rapprochent très fortement. L’une des
principales conclusions du présent ouvrage est la vue
qu’une prise de position guidée par l’empathie entraîne une
véritable épistémologie empathique: tels les chasseurscueilleurs préhistoriques de l’eurasie ont-ils pu avoir l’idée
de valoriser artistiquement les formes animées qu’ils reconnaissaient sur les parois rocheux de leurs grottes et cavernes.
Cette pratique ne fut rien d’autre qu’une mise en accent,
par le biais de la peinture et de l’incision, des formes naturelles, que l’on associait avec des formes imaginaires. L’art
pariétal, manifesté sur de nombreux sites du Paléolithique
supérieur, et qui culmine avec les grottes d’altamira, de
Lascaux et de Chauvet, fait preuve de la capacité d’empathiser avec l’environnement que possédaient leurs créateurs. La culture et la socialité humaines sont avant tout
caractérisées par l’empathie.
Hublin nous apprend qu’il n’y a peut-être pas de hiatus
entre l’humain et le non-humain. Nous pouvons tout de
même considérer que les capacités de compassion et d’empathie font partie intégrale de l’ensemble d’avantages adaptifs qui a assuré le succès de notre espèce. L’histoire de l’humanité peut, dans cette perspective, être considérée comme
une histoire de l’empathie, et dont l’envergure reste largement à déterminer. L’Homme est depuis toujours un être
principalement empathique : Homo empathicus.
(traduit par Hallvard bruvoll)
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0049 (0)228 923830
[email protected]
Shumon T. Hussain
Versuch einer Evolutionären Anthropologie der Empathie
Universitätsforschungen zur Prähistorischen Archäologie 239 (Bonn 2013)
132 pages, numerous (16 coloured) illustrations.
Paperback:
21.0 x 29.7 cm / DIN A4
ISBN:
978-3-7749-3865-6
Price:
51,00 € (inkl.7% USt)
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