Glückliches Rotvieh - Tännesberger Rotvieh
Transcrição
Glückliches Rotvieh - Tännesberger Rotvieh
AUFGETISCHT MITTELBAYERISCHE ZEITUNG U3 SAMSTAG, 25. / SONNTAG, 26. AUGUST 2012 Glückliches Rotvieh Das Weideochsenfleisch einer uralten Rinderrasse aus der Oberpfalz begeistert Thomas Kellermann S ehr saftig, sehr frisch und auf jeden Fall speziell“ – so beschreibt Thomas Kellermann den Geschmack von Rotvieh. Als der Zwei-Sterne-Koch im Restaurant „Kastell“ auf der Burg Wernberg vor ein paar Jahren den Namen „Rotvieh“ zum ersten Mal hörte, dachte er erst spontan an Wild. Doch beim „Roten Höhenvieh“, so die offizielle Bezeichnung, handelt es sich um eine uralte Oberpfälzer Rinderrasse. Auf seinen Streifzügen durch die Region entdeckte sie der Gourmetkoch in Tännesberg (Landkreis Neustadt a. d. Waldnaab) – und war begeistert. Ihm schmeckten das Hobelfleisch, die Salami und die frischen Stücke vom Weideochsen, die er am liebsten schmort oder jetzt im Sommer lauwarm auf einem Salat anrichtet. Die Tiere wachsen langsam, sind das komplette Jahr über draußen, fressen würzige Gräser und Kräuter. Ihr feinmarmoriertes Fleisch lagert die Aromen des Grünfutters ein und enthält wesentlich mehr ungesättigte – also „gesunde“ – Fettsäuren als das Fleisch von Tieren aus intensiver Mast. Stressfrei, ruhig und kurz ist schließlich der Weg in die Schlachterei. Dort hängt das Fleisch mindestens drei Wochen im Schlachtkörper ab. Ob man Glück schmecken kann? Vielleicht – wenn man Fleisch vom Rotvieh-Weideochsen nach einem Rezept von Thomas Kellermann zubereitet. Und daran denkt, wie glücklich das Tier sein Leben verbracht hat. (asa) tal bei Tännesberg grast eine beinahe ausgestorbene Rasse auf renaturierten Hängen. ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● VON ANGELIKA SAUERER, MZ ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● H ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● orst senkt sein kleines, braunes Köpfchen und stupst Leika in die Seite. „Mei, der Horst, immer muss er die anderen tratzen“, sagt Irmi Schwarz und lacht. „Gleich wie er auf die Welt gekommen ist, hab’ ich gesehen: Das ist ein echter Horst.“ Heino dagegen ist von Geburt an ein ganz braver, ein anschmiegsamer. Neugierig trabt das drei Wochen alte Kälbchen auf die Gruppe zu und holt sich ein paar Streicheleinheiten. Seit zehn Jahren züchten Irmi und Alois Schwarz aus Tännesberg im Rahmen eines Naturschutzprojektes des LBV (Landesbund für Vogelschutz in Bayern e. V.) und gefördert durch den Bayerischen Naturschutzfond das vom Aussterben bedrohte „Rote Höhen- ● ● ● TATAR ROH UND GEBRATEN VOM ROTVIEH MIT CREMIGER MARINADE UND HOBELFLEISCH VOM ROTVIEH ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Tatar vom Rotvieh ➜ Zutaten: ➤ 50 g roher Rücken vom Rotvieh ➤ 50 g medium gebratener Rücken vom Rotvieh ➤ 10 g Eigelb ➤ 5 g Kapern ➤ 1/2 Sardellenfilet ➤ 10 g Ofentomaten ➤ 0,2 g Majoran ➤ 10 g blanchierte Schalotten ➤ 10 g feingeschnittene Cornichons (kleine Gewürzgurken) ➤ weißer Pfeffer aus der Mühle ➤ etwas Honig ➤ etwas Piment d’Espelette (eine ChilliVariane) ➤ Salz ➤ 10 g Olivenöl ➜ Zubereitung: Das rohe und das gebratene Rindfleisch müssen für die Zubereitung zunächst kleingeschnitten werden. Anschließend werden sie vermengt. Auch Kapern, Sardellenfilet, Tomaten, Majoran, Schalotten und Cornichons müssen kleingeschnitten und unter das Tatar gehoben werden. Nun kommen das Eigelb, Honig, weißer Pfeffer, Piment d’Espelette und das Olivenöl dazu. Das Tatar wird nun gesalzen und gegebenenfalls nochmals nach individueller Vorstellung abgeschmeckt. Cremige Marinade Das „Rote Höhenvieh“ gab es bis vor zehn Jahren in der Oberpfalz nicht mehr. Dank eines Naturschutzprojektes Foto: Sabine Franzl und engagierter Züchter weidet es wieder auf den Wiesen rund um Tännesberg. Wo das „Rote Höhenvieh“ daheim ist NATURSCHUTZ Im Kainzbach- ● SEITE W3 vieh“, kurz „Rotvieh“ genannt. Vor hundert Jahren standen die Tiere dieser Rasse noch überall auf den Weiden in der Oberpfalz. Schlank, zäh, stark, widerstandsfähig und intelligent wie sie waren, zogen sie die Karren der Bauern, gaben Milch und Fleisch, konnten das ganze Jahr über draußen bleiben, brachten ihre Kälbchen selbständig zur Welt, grasten auf den Weiden und pflegten und prägten auf diese Weise das Landschaftsbild. Bereits die Kelten, erzählt Irmi Schwarz, hielten sich Rinder dieser Rasse. Der „Allrounder“ hatte ausgedient Dass sie beinahe verschwunden sind, hängt mit der Spezialisierung und Technisierung der Landwirtschaft zusammen. Den Pflug zog nicht mehr der Ochs, sondern der Dieselmotor. Ein Dreinutzungsrind, quasi einen „Allrounder“, konnte man nicht mehr brauchen, als es um Milchmengen und Schlachtgewichtsrekorde ging. Das Fleckvieh verdrängte das Rotvieh aus der Oberpfalz. Mit drei Tieren fingen Irmi und Alois Schwarz an. Sie stammten aus Restbeständen im Harz, im Vogtland und der Tschechischen Republik. Jetzt tummeln sich 25 Kühe, Ochsen, Jungstiere und Kälber auf ihrer rund acht Hektar großen Weide im Kainzbachtal. Insgesamt halten drei Landwirte etwa 80 Tiere auf den kräuterreichen Hängen rund um Tännesberg. Sie vermarkten ihre Produkte als „Rotvieh aus der Oberpfalz“. Als Thomas Kellermann 2008 das „Kastell“ auf der Burg Wernberg übernahm, war er in der ersten Zeit viel unterwegs, um regionale Produkte für seine anspruchsvolle Küche zu suchen. Das Rotvieh lief ihm quasi vor der Haustür über den Weg: Tännesberg ist nur ein paar Kilometer von Wernberg entfernt. Den naturverbundenen Gourmetkoch überzeugte nicht nur die Fleischqualität, sondern auch das ganzheitliche Konzept, das hinter der Rettung dieser alten Rinderrasse steht. „Es ist einfach schön, zu sehen, wie natürlich und glücklich die Tiere dort leben“, sagt er. Er ist übrigens nicht der einzige, der sich vor Ort anschaut, wo das Fleisch, das er verarbei- tet, herkommt. „Wir haben Kunden aus Regensburg, die schon extra hergefahren sind, um sich die Herde anzuschauen“, erzählt Alois Schwarz, der im Hauptberuf Metzger ist und mit Thomas Kellermann nebenbei über die Fleischreifung fachsimpelt. „Mindestens drei Wochen, besser fünf“ sollte Rindfleisch abhängen – da sind sich die beiden schnell einig. Die schönen, muskulösen Rinder mit dem glänzenden Mahagoni-Fell sind nicht die einzige Attraktion in Tännesberg. Sie runden ein Landschaftsbild ab, das ebenfalls gerettet wurde: Anfang der 90er Jahre begann die Renaturierung des Kainzbachtals, das durch Begradigung, Entwässerung und Aufforstung seinen ursprünglichen Charakter verloren hatte. Toni Wolf, der Bruder von Irmi Schwarz, trieb das Projekt voran. Fichten, die nicht hierher gehören, wurden gerodet, Feuchtflächen wiederhergestellt. Nach der Selbstbegrünung säumen Moor- und Streuobstwiesen den Bach. Ursprünglich hier lebendende Tiere, darunter gefährdete Arten, erobern sich nach und nach ihren Lebensraum wieder zurück. Lehrpfade machen die Besucher mit dem Anliegen vertraut. Der Abend am Rand der Weide Das Rotvieh ist ein wichtiger Puzzlestein im Gesamtbild. Es hilft dabei, ökologisch wertvolles Grünland zu erhalten – indem es auf den Flächen weidet. Mehrmals täglich besuchen Irmi und Alois Schwarz ihre Tiere und sehen nach dem Rechten. Oft sitzen sie am Abend am Rand der Weide, blicken ins Tal hinunter und sind glücklich. Urlaub? Brauchen sie keinen. Sie schauen der Bärbel und den anderen beim Grasen zu und den Kälbern beim Herumtollen. Sie wundern sich über die Klugheit der Leitkuh Blümle, die genau die Kräuter frisst, die ihr guttun. Und sie schmunzeln über Horst, der mit seinem jugendlichen Ungestüm alle in Atem hält. !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Thomas Kellermann (r.) besucht mit Alois und Irmi Schwarz das Rotvieh auf der Weide im Kainzbachtal. Foto: Franzl ➜ www.taennesberger-rotvieh.de ➜ Zu beziehen zum Beispiel bei „heimatlich“ in der Markthalle Regensburg ➜ Zutaten: ➤ 7 g feingeschnittene Aprikosen ➤ 7 g Ofentomaten ➤ Abrieb von ½ Limone ➤ Etwas Limettensaft ➤ 22 g Sauerrahm ➤ 60 g Mayonnaise ( 100 g Traubenkernöl, 1 Eigelb , Prise Salz) ➜ Zubereitung: Die Aprikosen und die Ofentomaten werden für die Zubereitung der Marinade zunächst kleingeschnitten und danach vermengt. Der Masse wird anschließend der Sauerrahm hinzugegeben. Danach kommt die Mayonnaise in die Schüssel. Anschließend braucht die Marinade nur noch individuell mit Limettensaft und Salz abgeschmeckt zu werden. Garnitur ➜ Zutaten: ➤ Korianderblätter feingezupft ➤ Kerbelblätter ➤ Grüne Staudensellerieblätter ➤ Minzblätter Die Garnitur dient der Abrundung des Tatars. Um sie zu erhalten werden die Blätter von Koriander, Kerbel, Minze und Staudensellerie in kleine, mundgerechte Stücke gezupft. Anschließend wird das Blattgrün mit Olivenöl und Salz abgeschmeckt. Anrichten Das Rindfleischtatar wird mit Hilfe eines Ausstechers in die gewünschte Form gebracht. Danach wird das Fleisch auf einem flachen Teller angerichtet. Die cremige Marinade aus Aprikose, Tomate und Sauerrahm gesellt sich dazu. Auf das Tatar werden einige Scheiben des Hobelfleisches vom Rotvieh gelegt. Dafür müssen sie so dünn wie nur möglich ausgeschnitten werden. Anschließend wird das Fleisch noch mit Olivenöl bestrichen, bevor es schließlich auf dem Tatar drapiert wird. Das gesamte Gericht bekommt nun noch eine Dekoration mit Kräutern – schließlich isst das Auge immr mit. Das Tatar wird mit Marinade und einer Garnitur aus Kräutern und HobelFoto: Sabine Franzl fleisch serviert.