Fachbericht - Marketing.ch
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Fachbericht Multisensorische Kommunikation 6-Sinne-Marketing oder wie Sie Ihren Kunden Schmetterlinge in den Bauch texten Begreifen Ihre Kunden den Grund- und Zusatznutzen von Konsumprodukten, Services und Dienstleistungen, die Sie vermarkten? Schenkt man Investitionsgütern, deren Vertrieb oder Absatzförderung in Ihren Händen liegt, ausreichend Gehör? Schöpfen Sie wirklich bereits alle Marketingfeinheiten aus, die Ihre Umsatz- und Ertragskurve mit Lorbeeren krönen können? Oh, oh. Vermutlich sind Sie schon längst reif für das 6-Sinne-Marketing. Von 11 Millionen Sinneseindrücken pro Minute bleiben nur 40 übrig Wahnsinn, oder? Professor Dr. Henning Plessner (Heidelberg) führte ein Experiment durch, das zu dieser Erkenntnis führte. Von 11 Millionen Sinneseindrücken bleiben nur 40 übrig, so der Sportpsychologe. Nur die wichtigsten Eindrücke werden gespeichert, alle anderen aussortiert. Finden Sie, Ihre Werbebotschaften, Ihre Korrespondenz und Ihre gesamte Marketingkommunikation ist für Ihre Zielgruppe kaufanregend? Jaja. Provokant. Aber zur Einschätzung der Bedeutung und Wirkung Ihres Tuns ist diese Frage von großer Relevanz. Haben Sie eine berechtigte Hoffnung, unter diesen beneidenswerten 40 Eindrücken zu landen? Weiterlesen zahlt sich auf jeden Fall für Sie aus! Triebe statt Hiebe: Steinzeit-Instinkte wirken noch immer „Ich kann den nicht riechen“ oder „Wir sollten die Flucht ergreifen“. Befürchtungen, Ängste und Instinkte, die das Leben einst verlängerten, kennen wir noch genauso wie unsere frühzeitlichen Artverwandten. Biologen, Sozialwissenschaftler und Psychologen leiten aus jenen Tagen noch die meisten für die Werbung gültigen Verhaltensweisen ab. Gelerntes bestimmt unser Denken. Auch wenn wir Höhlen gegen Eigentumswohnungen tauschten. Auch wenn heute statt angsteinflößender Skalps bei manchem sündteures Allradgetriebenes in der bewachten Tiefgarage steht. Die wesentlichen Triebe, die Sie vorteilhaft in Ihrem Marketing einsetzen können, finden Sie hier in der Infografik, die Ihnen die sechs Sinne zeigt. Inhalt zur Verfügung gestellt von: Gerhard J. Ernest, Werbebetriebswirt BAW, Fachjournalist DFJV, Longcopywriter, Ghostwriter 1 | 32 Fachbericht Multisensorische Kommunikation Inhalt zur Verfügung gestellt von: Gerhard J. Ernest, Werbebetriebswirt BAW, Fachjournalist DFJV, Longcopywriter, Ghostwriter 2 | 32 Fachbericht Multisensorische Kommunikation Haptisch texten? Gibt es so was? Ja, das gibt es. Darunter versteht der Autor dieses Fachbeitrags eines der Werkzeuge, die Sie sich aus dem Neuromarketing-Baukasten greifen können. Nochmals zum Mitschreiben: e i n e s . Allerdings ein wesentliches – wie auch immer Sie das Thema für sich erschließen, nutzen oder interpretieren werden. Haptik als Leuchtturm im Meer der Produkt- und Reizüberflutung „Die Zeiten für gedruckte und gesprochene Worte werden immer schwerer“, so der Begründer der Konsumentenforschung in Deutschland, Professor Dr. Werner Kroeber-Riel (Universität des Saarlands). Der scharfsinnige Geist erklärt: „Die Informationen werden immer bruchstückhafter aufgenommen. Wer Menschen heute und in Zukunft überzeugen will, muss vor allem auffällig verpacken und sich besserer Informationstechniken bedienen.“ Ob Print oder Internet – für Personen, Produkte und Marken, die auf dem Markt bestehen wollen, gilt: Dünne Argumente, holprige Werbestrategien und multisensorische Defizite rächen sich. Arnold Full, Inhaber eines Planungsbüros für Shopkonzepte und Ladenbau, stellt fest: Haptik gewinnt wegen Reizüberflutung mehr und mehr an Bedeutung. Fulls Schätzungen zufolge ist die Anzahl der Reize, die auf Auge und Ohr treffen, seit etwa 1990 auf das 32-fache gestiegen. Christian Rauch vom Zukunftsinstitut lenkt den Blick zusätzlich auf das Überangebot an Waren. So suche und vermisse der heutige Konsument Einzigartigkeit als Qualitätsmaßstab. Der Soziologe und Medienwissenschaftler sieht Design, Haptik, Optik und Bedienerfreundlichkeit als Chancen, Qualität sichtbar zu machen. Multisensorische Kommunikation bügelt Ferne und Kälte aus Das Internet gilt in den meisten Branchen als Akquisitions-Motor, als Ersatz für eine 24-Stunden-Telefon-Mamsell, als günstiger Kundenbinder, Preis-Informant, Verkäufer ohne Urlaubsanspruch, Crossmedia-Karussell, Vergleichs- und Bewertungsinstrument sowie als Leistungskatalog. Vollständig sind solche Auflistungen nie. Wichtig ist immer, welchen Stellenwert Personen, Institutionen oder Verbände datengetriebener Kommunikation einräumen. Was das Netz nicht erfüllt – und auch nie leisten wird: – Überbrückung räumlicher und menschlicher Distanz: Chat, Hangout, E-Mail, Download, 99,5 Produkte im Onlineshop. Ein warmer Händedruck, die in Falten geworfene Stirn, ein Naserümpfen, die Unsicherheit im flackernden Blick oder gar eine prompte Ablehnung dem jeweiligen Angebot gegenüber entgehen Absendern, die sich ausschließlich des Internets bedienen. Inhalt zur Verfügung gestellt von: Gerhard J. Ernest, Werbebetriebswirt BAW, Fachjournalist DFJV, Longcopywriter, Ghostwriter 3 | 32 Fachbericht Multisensorische Kommunikation – Multisensorische Kommunikation: Mehrwert für die wichtigste Person überhaupt – nämlich für ‚König Kunde‘. Und zwar durch sinnliche Erlebnisse, die Sie ihm im Idealfall bescheren. Das Wort ‚Erlebnis‘ wird viel strapaziert. Konzentrieren Sie sich deshalb auf Sinnesreize, die zum Angebot, der Art des Werbemediums und des genutzten Kanals passen. Vanilleduft, ein kurzer Ohrwurm, der exquisite Umschlag einer Imagebroschüre, die man selbst gerne streicheln würde. Text, der dem Adressaten spiegelt: Ah, da bemüht sich jemand wirklich um mich. Weiterhin: Da spart ein Unternehmen nicht am falschen Fleck, sondern investiert in außergewöhnliche werbliche ‚Buhlschaften‘. Ob ein Mailing, dessen Bestandteile druckveredelt wurden, ein Salesfolder, der nach Ihren Teeprodukten duftet, oder eine Nasenspitze Marrakesch, mit dem Sie Ihr Ladengeschäft befluten. Fragen, die Ihnen helfen, multisensorische Fühler auszustrecken: Welches Ihrer Werbe- oder Marketingziele eignet sich zur gezielten Ansprache von Tastsinn, Sehsinn, Geschmackssinn, Geruchssinn und Hörsinn? Vergessen Sie bitte nie, dass die Summe aller Sinne den sechsten Sinn, das meist untrügliche Bauchgefühl, ergibt. Welche wichtigen Sinneseindrücke enthalten Sie Ihren Kunden vor? Zu welchem Zeitpunkt innerhalb Ihrer Akquisition oder Anstoßkette beeindrucken Sie Ihre Entscheider, Leads, Kunden im Sinne eines unerwarteten, außergewöhnlichen Aha-Effekts? Diese drei Fragen sind ein Vorgeschmack auf die Checkliste, die am Ende dieses Fachbeitrags auf Sie wartet. Den Bauch, den Chef aller Sinne, ansprechen! Nur Figurbewusste denken, ohne Bauch geht es auch. Bewahren Sie sich lieber diese Geisteshaltung für die Zeit nach 18.00 Uhr vor. Hirnforscher weisen seit langer Zeit darauf hin: Die besten Entscheidungen trifft der Mensch intuitiv. Wie denken Sie über das viel zitierte Bauchgefühl? Verzeihung, aber wie oft haben Sie (unwissentlich?) Ihren Verstand ausgeschaltet? Seit langer Zeit wissen Experten, dass das menschliche Bewusstsein nur einen Bruchteil unserer Entscheidungen beeinflusst. Professor Gerd Gigerenzer, Direktor des Max-Planck-Instituts (Berlin), geht davon aus, dass gute Intuition Informationen ignoriere. Dank Neuromarketing lässt sich die Werbewirkung draschtisch steigern. Dachten Sie als Marketer bisher, Ratio schlägt Emotion? Weit gefehlt. Den Bauch als sechsten Sinn zu behandeln ist bei Geschäften jeder Größe von entscheidender Bedeutung. Inhalt zur Verfügung gestellt von: Gerhard J. Ernest, Werbebetriebswirt BAW, Fachjournalist DFJV, Longcopywriter, Ghostwriter 4 | 32 Fachbericht Multisensorische Kommunikation Umfrageergebnis: Eine repräsentative Umfrage der comdirect bank gewährt einen höchst interessanten Einblick. 85 (!) Prozent der Frauen, die eine Immobilie kaufen, treffen eine Bauchentscheidung. Und die Männer? Hier sinkt dieser Wert auf 76,9 Prozent. Marketing-Schocker bezeichnet Werbung als „lächelndes Aas“ „Die Werbung ist ein lächelndes Aas“, so schockierte Oliviero Toscani schon vor vielen Jahren die Werbewelt. Bumm, dieser Pfeil sticht wohl jeden Marketer ins Herz. Toscani, der Starfotograf, wurde Mitte der 80er Jahre Werbechef des italienischen Modeimperiums Benetton. Darauf angesprochen, weshalb seine Kampagnen so spektakulär sind, antwortete der Mailänder damals: „Ich mache keine Werbung. Ich verkaufe nicht. Ich versuche nicht das Publikum zu überreden. Ich nutze die Möglichkeiten, die Wirkungskraft einer unausgeschöpften und verachteten Kunst, nämlich der Werbung. Ich kratze die Öffentlichkeit dort, wo sie es juckt.“ Bestimmt rufen Toscanis zynische Motive wie „Nonne, die Priester küsst“ oder „blutender Soldat“ bei dem einen oder anderem Leser noch Erinnerungen wach. Dem Provokateur waren gängige Werbeklischees zuwider. Vielmehr entwickelte er eine eigenständige Bildsprache. Toscani klagte, die Werbung habe kein soziales Verantwortungsbewusstsein, diskriminiere und sei verschwenderisch. Sie fragen sich, was der Gedankenausflug mit dem Thema ‚Haptisch texten‘ zu tun hat? Toscanis Streitlust bezog sich schon vor vielen Jahrzehnten auf mangelnde Intelligenz in der Werbung – und auf die wirkungslose Werbesprache. Nun drängt sich die Frage auf, ob das Marketing nach rund 35 Jahren Fortschritte gemacht hat. Tipp: Beantworten Sie sich diese Frage bitte in aller Ruhe selbst. Natürlich anhand Ihrer eigenen Werbemittel, Texte, Content-, Dialog- und Social-Media-Strategien. Spricht all das eine einheitliche Wort- und Bildsprache? Zielt Ihre Kommunikation auf Auge, Ohr, Nase, Mund, Tastsinn? Nicht zu vergessen ist der häufig unterschätzte sechste Sinn, nämlich der Bauch Ihrer Zielgruppe. Werbewirkung steigern heißt: Tschüss, Kokolores Inhalt statt Show, so lässt sich die Forderung der Jury des in der Werbebranche heiß begehrten „Cannes Lions 2013“ zusammenfassen. Experten fragen sich oft, ob Kreativpreise dieser Art nur den Agenturen oder auch deren Auftraggebern messbaren Nutzen bringen. So mancher dieser Preisträger feiert sich selbst. 2013 bekannte sich die Cannes-Lions-Jury dazu, dass trotz zunehmender Technisierung von Werbebotschaften und trotz wachsender Zahl der Werbekanäle die kreative Idee das Herzstück jeder Kampagne sei. Jurypräsident Dan Wieden betonte, Botschaften müssen die Konsumenten ernst nehmen. Die Forderung lautete: Respektiert den Konsumenten. „Viele klassische Werbebotschaften ziehen an ihrer Zielgruppe vorbei wie ein Schiff in der Nacht. Ungesehen und ungehört“, so David Ogilvy, erfolgreicher Texter und Agenturgründer. Inhalt zur Verfügung gestellt von: Gerhard J. Ernest, Werbebetriebswirt BAW, Fachjournalist DFJV, Longcopywriter, Ghostwriter 5 | 32 Fachbericht Multisensorische Kommunikation Tipp: Prüfen Sie, ob Ihre Kommunikation gebührend wahrgenommen wird. Machen Ihre Texte Lust zum Lesen? Sprechen Ihre digitalen, gedruckten, viralen und crossmedialen Botschaften eine leicht verständliche, aber gehaltvolle, sinnliche Sprache? Ist Ihre Geschäfts- und Akquise-Korrespondenz be-greif-bar? Spiegeln Ihre Konzepte und Strategien für Ihre Zielgruppe die Wertigkeit oder den Mehrwert, den Sie bieten? Testen Sie, welchen der sechs menschlichen Sinne Ihre Kommunikation stiefmütterlich behandelt. Wie unsere Sinne ticken Martin Lindstrom, weltweit angesehener Marketing-Guru und Autor des Buches „Brain Washed“. Die Unterzeile bringt den Inhalt schnörkellos auf den Punkt: „Was du kaufst, bestimmen die anderen.“ Der Autor, der internationale Unternehmen wie The Walt Disney Company, Nestlé und American Express berät, beschreibt in seinem Buch wegweisende Methoden des Neuromarketings. Anhand von Beispielen aus seiner Beratertätigkeit gibt Lindstrom geldwerten Einblick in die raffinierten Methoden der Werbeindustrie. So erklärt Lindstrom, dass wir bereits im Mutterleib beeinflusst werden. Doch auf welche äußeren Eindrücke reagieren wir? Wie verarbeiten wir Codes, die über einzelne Sinne zu uns dringen? Hier einige interessante Beispiele, die Ihnen zeigen, warum multisensorisches Marketing wirkt und wo es erfolgreich eingesetzt wurde. Rausch für alle Sinne Auf der EuroShop 2011 stellten fünf Aussteller unter Beweis, dass multisensorisches Marketing wirkt. Besucher konnten sich selbst davon überzeugen, wie Wohlgeruch, Farbe und Bildmotive einen sinnlichen Gesamteindruck ergeben. So tauchte man Bilder von Lavendel in blau-violettes Licht, wozu beruhigende Musik erklang. Kräftiges, grünes Licht wurde mit Minze und einem leichten Klang demonstriert. Dynamischer – in rotes Licht getaucht – wirkten die beiden gegensätzlichen Elemente Yin und Yang. Die Beduftung erfolgte jeweils über die Bodenplatte des Messestands. So gelang es der Aussteller-Kooperation, Messebesucher mit einem Mix aus Licht, Farbe, Geruch sowie haptischen und akustischen Erlebnissen zu beeindrucken. Geschmack Forscher der Oxford University fanden heraus, dass Farbe und Beschaffenheit des Bestecks vermutlich unser Geschmacksempfinden beeinflussen. Die Briten wollten ermitteln, ob und in welcher Weise Gewicht und Aussehen des Bestecks Auswirkungen auf den Geschmackssinn haben. Man führte drei Experimente durch: – Versuchspersonen bewerteten einen Joghurt von einem Teelöffel als süßer als von einem Esslöffel. Fazit der Forscher: Das Äußere des Bestecks steht in direktem Zusammenhang mit der Bewertung des Geschmacks von Speisen. Inhalt zur Verfügung gestellt von: Gerhard J. Ernest, Werbebetriebswirt BAW, Fachjournalist DFJV, Longcopywriter, Ghostwriter 6 | 32 Fachbericht Multisensorische Kommunikation – Außer Gewicht und Größe wirkte sich auch die Besteckfarbe auf den Geschmack aus. Testteilnehmer, die einen weißen Joghurt mit unterschiedlich farbigen Löffeln aßen, waren der Überzeugung, bei den Joghurtsorten gebe es keinen geschmacklichen Unterschied. – Untersuchungsteilnehmer, die weißen Joghurt von einem weißen Löffel aßen, empfanden diesen als am süßesten. Fazit der Studie: Eine Verbindung zwischen der Farbe von Lebensmitteln und dem Geschmackssinn ist nicht auszuschließen. Duft Die Universität St. Gallen (HSG) ermittelte in einer Studie, dass sich Düfte positiv auf Emotionen der Käufer auswirken. Professor Dr. Andreas Herrmann gelang es, an der Forschungsstelle für Customer Insight nachzuweisen, dass „einfache und zum Produkt passende Düfte dessen Absatz je nach Produkt und Laden um drei bis acht Prozent steigern können“. Als Ursache nannten die Forscher Austauschbarkeit von Sortimenten sowie zunehmend identische Produkte und Geschäfte. Tendiert der gesellschaftliche erlebnisorientiertes Wertewandel Marketing hin in der zu größerer Lebens- Konsumforschung an und Konsumfreude, Bedeutung. Außer gewinne Preis und Qualitätskriterien fließen auch emotionale Aspekte in die Kaufentscheidung ein – sowohl in die Produktbewertung als auch in das Einkaufserlebnis, so die entsprechende Presseerklärung der Universität St. Gallen. Bernd Ohlmann, Geschäftsführer des Handelsverbandes Bayern, sagt: „Der Einsatz von Düften ist im Einzelhandel seit vielen Jahren üblich.“ Ein bekanntes Beispiel für die Beduftung von Geschäftsräumen ist die amerikanische Modekette Abercrombie & Fitch, die in Filialen den hauseigenen „corporate scent“ versprüht. Doch auch Supermärkte, Reisebüros und Fluggesellschaften bedienen sich der Macht des Duftes. Ob Sie Ihr Branding festigen oder messbar mehr Umsatz erwirtschaften wollen: Düfte profilieren und differenzieren. Und lassen die Kassen kräftig klingeln. Tastsinn Das SWR Fernsehen zeigte in „Die große Show der Naturwunder“, zu welchen Urteilen und Entscheidungen der Tastsinn führt. Gegenstand der unter wissenschaftlicher Aufsicht geführten Experimente: Macht gefühlte Wärme warmherziger? Versuchspersonen erhielten die Aufgabe, sich in die Rolle eines Personalleiters zu versetzen, um ein kurzes Bewerbungsgespräch zu führen. Man drückte einer Testperson unter einem Vorwand ein Getränk in die Hand. Die Hälfte der Testpersonen erhielt einen handwarmen Becher Kaffee. Die andere Hälfte erhielt einen eiskalten Becher Wasser. Für das Fühlen von Wärme oder Kälte blieb Inhalt zur Verfügung gestellt von: Gerhard J. Ernest, Werbebetriebswirt BAW, Fachjournalist DFJV, Longcopywriter, Ghostwriter 7 | 32 Fachbericht Multisensorische Kommunikation somit nur ein kurzer Moment. Können Sie sich vorstellen, dass sich 100 Prozent der ‚Personalleiter‘ für Testpersonen mit dem Heißgetränk entschieden? ‚Bewerber‘, die das Kaltgetränk erhielten, wurden nur in 40 Prozent der Fälle ausgewählt. Interpretation der Wissenschaftler: Der heiße Becher Kaffee erinnerte möglicherweise an erste frühkindliche Erfahrungen. Wärme stimmt positiv und ließ vermutlich die Entscheidung bei diesem Test zugunsten der Personen, die den heißen Kaffeebecher in Händen hielten, ausfallen. Haptik Experten raten dazu, Bewerbungen oder wichtige Marketing- und Werbeinformationen, aber auch Geschäftspost, ein Mehr an Gewicht zu verleihen. Wie das geht? Verwenden Sie dickes, hochwertiges Papier. Bis zu 60 Prozent Umsatzplus mit multisensorischer Kommunikation Text, der mehr Sinne als das Auge einbezieht, bindet Interessenten und Kunden stärker. Millward Brown, eines der weltweit größten Marktforschungsunternehmen, fand bei einer Studie, die in 13 Ländern durchgeführt wurde, heraus: Können sich Konsumenten an mehrere Sinneseindrücke erinnern, liegt die Loyalität gegenüber einer Marke bei rund 60 Prozent. Wird nur ein Sinneseindruck erinnert, sinkt dieser Wert auf 30 Prozent. ‚Haptische Texte‘ bringen Ihre Botschaften zum Leben Beginnen Sie mit einem Wort-TÜV. Greifen Sie sich wahllos einen der letzten Texte aus Ihrer (Unternehmens-)Feder. Noch besser: Befragen Sie dazu Personen, die weder mit Ihnen noch mit Ihrem Unternehmen in Kontakt stehen. Fragen Sie gezielt, ob alle Ihre Wörter einleuchten. Vergewissern Sie sich, ob man auf Anhieb, ohne Nachfragen, plausible Gründe erkennt, bei Ihnen zu kaufen – oder Sie zu beauftragen. Vermutlich werden Sie so etwas zu hören bekommen wie: „Diesen Satz verstehe ich gar nicht.“ Oder: „Das Argument ist unlogisch.“ Sie befinden sich in bester Gesellschaft. Weltkonzerne oder Ein-FrauStehcafés um die Ecke haben erschreckend viel gemeinsam: Ein Großteil ihrer Marketingtaler versinkt auf Nimmerwiedersehen im Sumpf unverständlicher Wörter. Endmark, eine Kölner Agentur für Namensgebung, ermittelte, dass viele deutsche Hersteller ihren potenziellen Kunden unverständliche Inhalt zur Verfügung gestellt von: Gerhard J. Ernest, Werbebetriebswirt BAW, Fachjournalist DFJV, Longcopywriter, Ghostwriter 8 | 32 Fachbericht Multisensorische Kommunikation Kernbotschaften zumuten. So rätseln beispielsweise 84 Prozent der Zielgruppe einer namhaften französischen Automarke, was mit dem aktuellen Slogan jener Marke gemeint ist. Die volle Sprachwirkung entfaltet sich erst durch die Ansprache aller fünf Sinne – plus des sechsten Sinns, des Bauchgefühls. Ob nutzenstarker Text für einen einseitigen Werbebrief, einen pfiffigen EMail-Newsletter, einen Unternehmens-Blog, eine mehrstufige Dialogkampagne oder für das Content Marketing: Haptisches Texten schlägt unachtsam aneinander gereihte Buchstabenketten haushoch. Eine Checkliste, die Ihnen hilft, haptisch zu texten, finden Sie am Ende dieses Beitrags. Damit Sie einen ersten Einblick in das interessante, aber komplexe Thema ‚multisensorische Kommunikation‘ gewinnen können, hier die weiteren Vorteile: Multisensorisches Marketing eignet sich hervorragend zur Kundenbindung, meint Martin Lindstrom. Der in den USA lebende Schwede interviewte innerhalb seines Forschungsprojekts „Brand Sense“ Neurowissenschaftler und Verbraucher auf verschiedenen Kontinenten zum Thema ‚sensorisches Branding‘. Lindstrom, der seine Studienerkenntnisse im gleichnamigen Buch veröffentlichte, kam zu folgendem Schluss: Je mehr Sinne von einer Marke emotional positiv angesprochen werden, desto höher ist der Wert der Marke – und auch die Verbundenheit gegenüber der Marke. Alleinstellungsmerkmale lassen sich durch das Ausreizen sinnlicher Elemente wie beispielsweise Papier, Farbe, Videos fokussieren und nachhaltig multisensorisch vermitteln. Die Entwicklung von Akquisitions- und Verkaufsstrategien kann zur Spielwiese von Ideen werden. Betriebswirtschaftliches ROI-Denken vorausgesetzt. Storytelling wird erst durch das Ziehen aller Sprach-Register tragfähig. IT-Dienstleistungen, techniklastige Produkte oder Verfahren sowie Investitionsgüter lassen sich durch den Einsatz aller oder unterschiedlicher Sinnesreize verständlicher und buchstäblich begreifbarer erklären. Es wird Ihnen gelingen, anspruchsvolle Zielgruppen, Premium-Leads und hochkarätige Entscheidungsträger zu begeistern. Setzen Sie je nach Ihrem Marketingziel individuell aufeinander abgestimmte multisensorische ‚Transportmittel‘ ein. Je außergewöhnlicher Ihre Leitidee, desto größer der Return on Investment. Messen Sie dem Text die gleiche Bedeutung bei wie beispielsweise dem Papier einer Imagebroschüre oder der Druckveredelung Ihrer Geschäftsausstattung. Inhalt zur Verfügung gestellt von: Gerhard J. Ernest, Werbebetriebswirt BAW, Fachjournalist DFJV, Longcopywriter, Ghostwriter 9 | 32 Fachbericht Multisensorische Kommunikation Bündelt ein Werbemittel optische, verbale und haptische Reize mit positiver Anmutung, ist es überdurchschnittlich effektiv. Klaus Wenderoth, Gründer und Inhaber des Druckereivergleichportals europadruck.com, bringt die Vorteile auf den Punkt: „Mit haptischer Werbung holen Sie die Konsumenten auf emotionaler Ebene ab und führen sie zu dem von Ihnen gewählten Ziel.“ Sie können den Wert von Luxusprodukten fühlbar machen. Und erfolgreich verkaufen. Angenommen, Sie verkaufen Luxusimmobilien für Investoren oder vermieten handgefertigte englische Nobelkarossen. Den Mehrwert, ein dickes Plus an Exklusivität, können Sie in diesem Falle beispielsweise durch die Schwere des Kartons des Verkaufsprospektes oder eine beduftete Einladung zur Probefahrt, die angenehm nach Leder riecht, dokumentieren. Crossmediale Kampagnen wirken besser. Besonders wenn multisensorische Mailings eingesetzt werden. Olaf Hartmann, Geschäftsführer der Firma Touchmore, erklärt: „Multisensorisches Marketing ist inzwischen kein Trendthema mehr, sondern Pflichtwissen und -beschäftigung für alle Marketeers.“ Anlässe und Möglichkeiten sind fast unbegrenzt. Mittlerweile setzt jedes vierte Unternehmen in Deutschland Dialogmarketing ein. Simone Wastl, Geschäftsbereichsleiterin Vermarktung der Deutschen Post, sagt: „Mailings werden immer öfter genutzt, um Kunden auf die Website oder in den Onlineshop zu führen. Bislang werden Print und Online im Dialogmarketing aber noch nicht genügend verzahnt.“ Sie können innerhalb Ihrer 6-Sinne-Kommunikation einzelne Bestandteile betonen. Beispiele: hochgeprägte Bilder auf Verpackungen lackierter Text auf einem Kuvert konturgestanzte Produktanhänger, die duften Broschüren, die aus unterschiedlichem Papier/Material bestehen Kugelschreiber, die leuchten Text, der als Puzzle angelegt ist Videofilm, den Sie statt eines Werbebriefs auf USB-Sticks versenden Papierhülsen, die vermutlich im Poststapel obenauf liegen und aus Neugier zuerst geöffnet werden individuell gefertigte Pralinen oder Schokolade, deren ‚artfremder‘ Geschmack samtig auf der Zunge zergeht Kekse, die beim Hineinbeißen signalisieren: Ich bin knackfrisch. Stationäre Händler, die Onlineshops betreiben und somit Multi-Channel-Strategien nutzen, können ihren Kunden per haptischer Kommunikation zusätzliche Entscheidungs- und Kaufanreize liefern. „So werden Kunden auch auf anderem Weg als ausschließlich über das Internet sensibilisiert und in anderen Lebenssituationen erreicht“, resümiert Christoph Wenk-Fischer, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Versandhandels. Wussten Sie, dass 16 Prozent der Käufer von Onlineshops in einem gedruckten Katalog den entscheidenden Impuls zur Wahl des Anbieters bekommen? Diesen Wert ermittelte das ECC Handel am Institut für Handelsforschung in der Studie „Von Multi-Channel zu Cross-Channel“. Ulrike Abratis, Pressesprecherin bei OTTO, sagt über diesen Vertriebskanal: „Der Printkatalog erhält den Stellenwert eines Appetitmachers für unseren Onlineauftritt und für die Onlinekataloge.“ Inhalt zur Verfügung gestellt von: Gerhard J. Ernest, Werbebetriebswirt BAW, Fachjournalist DFJV, Longcopywriter, Ghostwriter 10 | 32 Fachbericht Multisensorische Kommunikation Sie verändern den Blickwinkel Ihrer Zielgruppe. Wir alle nehmen äußerliche, aber auch Reize aus dem Körperinneren wahr. Schließlich spricht die Marketingwelt verstärkt von „Wahrnehmung“. Einen Großteil an Informationen, Eindrücken und Reizen erfassen wir über die Sinne subjektiv. Unser Gehirn verarbeitet blitzschnell sämtliche Wahrnehmungen und gleicht sie mit dem Gelernten, also unserer Vorstellungswelt, ab. Das heißt, Sie können mit dem 6-Sinne-Marketing die Aufmerksamkeit Ihrer Zielgruppen gezielt steuern. Im Idealfall erreichen Sie damit eine weitaus höhere Beachtung als bei normaler Kommunikation. E-Commerce, Distanzhandel sowie Vertrieb und Verkauf von Waren lassen sich geschickt mit gedruckten Werbemitteln verknüpfen. Beispielsweise durch Zusendung klassischer Kataloge, unterstützender Mailings und Werbebriefe. Im Modebereich ist etwa das Zusenden von Stoff- und Ledermustern möglich. Soll Werbung im Sinne von Crossmedia greifen, gilt: „Nach einer gewissen Zeit braucht auch ein Onlinekunde eine auffallende Erinnerung“, appelliert Gerrit Heinemann, Professor und Leiter des eWeb Research Centers der Hochschule Niederrhein (Krefeld), an Marketingfachleute. Sinnliche Kommunikation weckt den angeborenen Spieltrieb. Emotionale Texte, verpackt in überzeugendes Storytelling, werden bei B2B- und auch bei B2CZielgruppen zum Erinnerungs-Anker. Vorausgesetzt, die Wortwahl ist präzise und kreativ. Multisensorische Elemente in der Kommunikation tragen wesentlich zur Wiedererkennung von Botschaften, Unternehmen, Marken und dem damit gefühlten Mehr-Wert-Empfinden bei. Direkt- und Dialogmarketing-Kampagnen, die aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse über Haptik nutzen, ermöglichen automatisch höhere Response- und Wandlungsquoten. Während normale (Massen-)Mailings durchschnittlich 0,8 bis 3 Prozent Rücklauf generieren, bringen Mailings, die multisensorisch konzipiert und realisiert wurden, oft 20, 30, 40, 50 Prozent Response und mehr. Gezielter Einsatz von Mailingverstärkern regt zur Auseinandersetzung mit dem Text des Angebots an. Welche Mailingbeilagen oder Giveaways Sie auch immer planen mögen: Sie liegen damit goldrichtig. Einer Studie der Deutschen Post zufolge können Sie die Erinnerung eines Mailings um bis zu 365 Tage verlängern, wenn Sie Ihren Aussendungen Werbeartikel beilegen. Sie differenzieren sich vom Mitbewerb. Mit dem 6-Sinne-Marketing schaffen Sie für Ihre B2B- und B2C-Zielgruppen ein Erlebnis. Viel besser noch: Sie erzeugen mit Ihrer Botschaft oder Ihrem Angebot Wohlgefühl – und wecken im Idealfall Begehren, bis hin zum Kauf. Bingo! „Im Gegensatz zu einem rein verbal vermittelten Nutzenversprechen hat daher eine ‚miterlebte‘ Produktnutzung eine deutlich höhere Überzeugungskraft“, so die Auffassung des Branding- und Markenexperten Dr. Oliver Nickel. Inhalt zur Verfügung gestellt von: Gerhard J. Ernest, Werbebetriebswirt BAW, Fachjournalist DFJV, Longcopywriter, Ghostwriter 11 | 32 Fachbericht Multisensorische Kommunikation Praxiserprobte Einsatzmöglichkeiten multisensorischer Kommunikation Absatzförderung für Konsumgüter: Komisch, komisch. Zärtliches, liebevolles Flüstern unter Verliebten gilt landauf, landab als normal. Bestimmt erinnern Sie sich noch gut an die Zeit erster Schmetterlinge im Bauch, oder? Übertragen auf die Überlegung, künftig dreidimensional, also begreif-bar(er) zu texten, stellt sich die Frage: Was hält Sie oder Ihre Mitarbeiter davon ab, auch Ihre Wunsch- oder Bestandskunden emotionaler zu umgarnen? Buchhandlungen, E-Book-Portale, Unternehmensberater und Verkaufstrainer predigen 24 Stunden am Tag die Vorzüge des modernen Märchen-Erzählens, des Storytelling. Schon mal probiert? Anlässe und Gelegenheiten dazu bieten sich bestimmt auch Ihnen fünf Tage in der Woche. Vermutlich lauschten schon unsere steinzeitlichen Ahnen, an prasselnden Lagerfeuern sitzend, fasziniert den besten Geschichtenerzählern. Wir alle lieben Geschichten. Fast jeder unter uns hörte in Kinderstubentagen die Märchen der Gebrüder Grimm. Sie auch? Akquisition, Verkauf und Vertrieb von Investitionsgütern: Auf Business-to-Business-Werbung klebt noch allzu oft das verstaubte Etikett „Vorsicht, knochentrocken“. Fragen Sie sich deshalb, ob ‚Ihre‘ B2B-Entscheider wirklich ganz andere Menschen sind. Schließlich heißen die Kommunikationsziele wie beim B2C-Marketing auch hier: Interesse wecken, Sympathie gewinnen, Vertrauen schaffen, Verkauf abschließen. Menschlicher Kopf liebt Werbepräsente: Welches ist Ihr Lieblingsstück vom letzten Messebesuch? Welchen Werbeartikel in Ihrem beruflichen oder privaten Umfeld möchten Sie nicht mehr missen? Der Gesamtverband der Werbeartikel-Wirtschaft (GWW) ermittelte in einer Studie: 75 Prozent aller Kaffeetassen, Taschenrechner, Kalender, Bleistifte & Co. Bleiben über ein halbes Jahr im Besitz des Empfängers und werden rund einmal täglich verwendet. „Der Werbeartikel als Träger einer Werbebotschaft ist immer willkommen, während andere Werbung häufig als lästig und störend empfunden wird.“ Das ist die wesentliche Erkenntnis der Erhebung des Bundesverbandes der Werbemittel-Berater und Großhändler. Die Studie in überzeugenden Zahlen: 76 Prozent der Empfänger freuen sich über Werbeartikel. 73 Prozent ärgern sich, viel zu selten Werbeartikel zu erhalten. 70 Prozent stufen Unternehmen, die Werbeartikel einsetzen, als sympathisch ein. Vertriebsexperten schwören auf be-greif-bare Kommunikation: Sie kennen das. Ein schriftliches Angebot Ihrer Versicherung mogelt sich in Ihren täglichen Poststapel. Was Sie beim Überfliegen auf Inhalt zur Verfügung gestellt von: Gerhard J. Ernest, Werbebetriebswirt BAW, Fachjournalist DFJV, Longcopywriter, Ghostwriter 12 | 32 Fachbericht Multisensorische Kommunikation den ersten Blick verärgert: Der vermeintliche Nutzen, den Sie damit erhalten sollen, erschließt sich Ihnen weder im Text noch per Bild. Ein Beispiel aus dem Geschäftsalltag: Der Vertrieb von Börsen- und Finanzprodukten erfordert angesichts zunehmend kritischer Kunden von Bankberatern, Consultern und Investmentexperten Überzeugungskraft. Und rhetorisches Geschick. Oft sind mündliche Entscheidungshilfen sowie digitale und gedruckte Informationen sehr dürftig. Die Lösung: Haptische Verkaufshilfen. So bieten die Coaches und Businesstrainer Jan Schmidt und Ernst Biedermann mit ihrem Unternehmen Creastixx® haptische Verkaufshilfen und spezielle Beratungskonzepte für Banken und Versicherungen an. Beide verfügen über 20-jährige Erfahrung im Finanzwesen. Creastixx® entwickelte solche Verkaufshilfen wie Vorsorgebausteine, ein Würfelspiel, den Vorsorgebaum und einen Taschenrechner im iPad-Style. „Erfolg muss messbar sein“, schreibt der Buchautor, Trainer und Sprecher Karl Werner Schmitz. Der Slogan Schmitz’, dessen Innovationskraft dreifach ausgezeichnet wurde: „5 Sinne verkaufen mehr.“ Auf sympathische, laut Selbsteinschätzung „manchmal kölsche Art“ vermittelt der Vollblut-Haptiker namhaften Großkunden aus den Bereichen Finanzen, Investment und Versicherung, wie man durch die gezielte Ansprache aller Sinne mehr verkauft. Offensichtlich lassen Erfolge nicht lange auf sich warten. Schmitz wirbt auf seiner Website: „50 Prozent mehr Verträge pro Kunde – schneller und einfacher denn je.“ Der Inhaber von KWS Haptische Verkaufshilfen bietet mittlerweile auch haptische Software, CDs und DVDs, Bücher und Seminare an. Die Mitarbeitersuche Personalverantwortlicher ist in so erfolgreich Industrie oder wie der Text bei einem der Stellenbeschreibung: internationalen Markenartikler, Ob ob Selbstständiger, Startup-Gründer oder Inhaber eines klein- oder mittelständischen Unternehmens – ein Ziel haben alle, die sich auf Mitarbeitersuche begeben. Man wünscht sich für den freien Stuhl nur Idealkandidaten. Stellenbeschreibungen im Internet, in Wirtschaftsmedien und Tageszeitungen ufern meist in Selbstbeweihräucherung und eine Liste unerfüllbarer Qualifikationen aus. „Wir sind die Nr. 1 ... Marktführer seit 1865 ... unsere Kunden lieben uns ... Suaheli, Esperanto und Russisch sollten Sie fließend in Wort und Schrift beherrschen, eine Promotion an der Stanford University haben“ und, und, und. Klar, das ist bewusst stark überspitzt. Oder doch nicht? Professor Personen, Produkte, Marken und Unternehmen bleiben in Erinnerung: Amir Kassaei, internationaler Kreativchef der Werbeagentur DDB, erklärt: „Marke ist nicht das, was ein Unternehmen darunter versteht. Marke ist das, was in den Köpfen von Menschen entsteht“. Katastrophal in diesem Zusammenhang ist, dass die von den Herstellern gebotenen Marken- und vermeintlichen Mehrwerte bei weitem nicht den Erwartungen der Verbraucher entsprechen. „Konsumenten halten 73 Prozent aller Marken für überflüssig“, berichtet die Studie der Kommunikationsagentur Havas Media. Die Tendenz zur Bedeutungslosigkeit von Marken ist offensichtlich steigend. Lastet die Verantwortung der Führung einer Marke auf Ihren Schultern? Empfinden Sie sich als Marke? In beiden Fällen gilt: Laden Sie Ihre Marketing-Batterien neu auf. Publizieren, werben, sprechen und telefonieren Sie verständlicher, be-greif-barer und emotionaler. Inhalt zur Verfügung gestellt von: Gerhard J. Ernest, Werbebetriebswirt BAW, Fachjournalist DFJV, Longcopywriter, Ghostwriter 13 | 32 Fachbericht Multisensorische Kommunikation SOS: Gleich treffen Sie auf Wortleichen Ihre gedruckte, digitale und crossmediale Werbung kann noch so mit sinnlichen Reizen angereichert sein: Gelingt es Ihnen, Ihren Marketingverantwortlichen oder Ihren externen Kreativen nicht, Ihre Worte zu stanzen, hochzuprägen, zu beduften oder zu lackieren, investieren Sie für die Katz. Mal ehrlich, wie oft stolpern Sie täglich über Marketingstroh? Quer durch alle Branchen, Marktsegmente und Kanäle geistert Hölzernes und Blutleeres. Die folgenden Wörter prägen die heutige Marketingwelt. Werten und interpretieren Sie diese Beispiele bitte stellvertretend für weitere, heute übliche Wortleichen: Authentisch Werbung muss authentischer werden! Authentische Gespräche führen. Nur zwei von unzähligen Rufen, die durch die Medien rauschen. Fragen: War die ganze Marketingkommunikation bisher etwa gekünstelt oder unwirklich? Haben Sie vor Gesprächspartnern, die Ihnen schriftlich versichern, sie würden mit Ihnen „authentisch“ sprechen und Geschäfte abwickeln, mehr Respekt? Empfinden Sie „authentische“ Unternehmen als attraktiver? Big Data „Big“-Datenproduktion an allen Orten. Die Datenflut ist nicht mehr zu bremsen. Fragen: Sind Daten künftig wirklich „bigger“? Lässt sich dieser Begriff noch steigern? Cloud Hybrid Cloud. Die Mission Critical Cloud. Frage: Wissen Sie sofort, was Ihnen dieses Unternehmen sagen oder verkaufen will? Empfinden Sie diesen Text als Lockstoff? Intelligent Regierung will intelligente Autobahnen intelligente Technik für Senioren intelligente Tore. Fragen: Sollten technische Produkte, IT-Lösungen oder sonstige Produkte, Leistungen & Co. nicht generell „intelligent“ entwickelt werden? Weiterhin: Das Prädikat „intelligent“ trifft, wenn überhaupt, nicht auf das jeweilige Produkt zu, sondern auf die Entwickler. Wie denken Sie darüber? Mensch In Zukunft rückt der Kunde in den Mittelpunkt der Kommunikation. Er entscheidet, wann und wo, über welchen Kanal und zu welchem Thema kommuniziert wird. Fragen: Ist das nicht mindestens seit der Frühsteinzeit so? Wirkt diese bahnbrechende Erkenntnis visionär oder besonders kreativ auf Sie? Inhalt zur Verfügung gestellt von: Gerhard J. Ernest, Werbebetriebswirt BAW, Fachjournalist DFJV, Longcopywriter, Ghostwriter 14 | 32 Fachbericht Multisensorische Kommunikation Performance Wurde noch vor einigen Jahren der Begriff „Performance“ überwiegend mit der Unterhaltungsbranche in Verbindung gebracht, schwirrt das Wort heute überall herum. Ob Reichweitensteigerung einer Social-Media-Strategie oder die Auswertung einer Statistik von Fachmessebesuchern unter dem ROIBlickwinkel. „Performance“, hallt es in den Ohren. Fragen: Welche Art von Performance möchten Sie künftig steigern? Haben Sie dieses Wort persönlich ausgesprochen und wann zuletzt? Relevanz Relevanz für die Patientenversorgung. Frage: Ist Patientenversorgung nicht sowieso „relevant“? Unique Alles. Außer. Gewöhnlich. Eingedeutscht büßt dieser Slogan fast noch mehr an Wirkung ein. Frage: Ist die Worthülse „unique“ wirklich ein Geschmacksverstärker für Ihren Sehsinn? Wertschätzend Wertschätzend und einfühlsam kommunizieren wertschätzend miteinander umgehen Kritik wertschätzend vorbringen. Fragen: Hat man die Wertschätzung neu erfunden, ohne vorher per Presseerklärung darauf hinzuweisen? Sollten mündige, gebildete Geschäftsleute diese Gabe nicht von Haus aus besitzen? Fühlen Sie sich mehr wertgeschätzt, wenn Sie dieses Wort in der Firmenphilosophie eines B2B-Geschäftspartners lesen? Setzen Sie das nicht generell voraus? Ist es im Geschäftsleben nicht schon zu spät, wenn man über diesen menschlichen Grundwert sprechen muss? Wollen Sie bunter, origineller und präziser texten? So geht’s! Produktbeschreibung in einem Fitnessmagazin für Männer „Manche Deos riechen ja schlimmer als das, was sie bekämpfen sollen. Die Lösung: in der Umkleidekabine aufrüsten. Zum Beispiel mit einem Luxus-Deostick. Dieser Achselhöhlenschmeichler von (...).“ USP eines Hautpflegemittels für Frauen „Die erste Schönheitstechnologie mit natürlicher Anti-Aging-Wirkung. Hervorgegangen aus der Raumfahrtforschung.“ Inhalt zur Verfügung gestellt von: Gerhard J. Ernest, Werbebetriebswirt BAW, Fachjournalist DFJV, Longcopywriter, Ghostwriter 15 | 32 Fachbericht Multisensorische Kommunikation Kampagnentext einer führenden deutschen Wohnzeitschrift „Bloß nicht zu viel Harmonie unter den Möbeln. Die rotten sich zusammen und machen Sie fertig.“ Klappentext eines Taschenbuchs für Manager „Das vorliegende Buch ist aus einer Vielzahl von Beratungsgesprächen mit Führungskräften in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft entstanden. Die Nöte, in denen viele Menschen durch ihre beruflichen Aufgaben stecken, und die daraus entstehenden verheerenden Folgen werden von den Autoren angesprochen. Sie berichten aber auch über Lösungen, die gemeinsam gefunden wurden.“ Anzeige für eine Hundekeks-Fertigbackmischung in einem Tiermagazin „Was aus dem Ofen kommt, das kommt von Herzen! Wir glauben an die Kraft eines Lächelns, an die einfache Magie, Dinge im Ofen zu kreieren und sie mit anderen zu teilen. Daran, wie sie uns das warme und gute Gefühl geben, von innen heraus zu strahlen!“ Newsletter eines deutschen Weinversandhandels Muss digitaler Text wirklich ideenlos daherkommen? Eine gelungene Buchstabenkombination, die sich wohltuend von lieblos zusammengeschusterten Satzmonstern abhebt, könnte lauten: „Konsumpropaganda. Captains Weinpaket – greif zu! Der Zahlmeister (machthungrig und korrupt) beherrscht vorübergehend das Schiff. Und nutzt die Gelegenheit für Kommerz. Zum Wohle der Matrosen (denkt er) und in der Schiffskasse stehen ab sofort drei Weine zum Verkauf, die der Captain selber gut findet“. Captain Cork, der Newsletter-Absender, verlinkt als Beweis rechts neben dem kreativen Text ein Video. Zum Wohl! Slogan, den eine bekannte deutsche Baumarktkette crossmedial einsetzt Geboren aus Panzerstahl. Gemacht für die Ewigkeit. Produktbeschreibung in einem Frauenmagazin „Die Haare rund um die Augen haben dieselben Vorlieben wie die auf dem Kopf: Sie wollen sanft von Staub, Schüppchen und Kosmetika befreit werden! Augen-Make-up Entferner, z. B. (...)“ Erster Satz eines Artikels in einem Buchhandelsmagazin „Schreiben ist für ihn, wie einen Film gucken, sagte Stephen King in einem seiner seltenen Interviews.“ Kapitel in der Imagebroschüre einer Benediktiner-Klosterdruckerei „Druckkunst ist Sorgfalt. Sorgfalt ist heute wie damals das Markenzeichen der Druckkunst, für das wir uns aus tiefster Überzeugung wirklich Zeit nehmen. Mit unseren Dienstleistungen und Produkten möchten wir das Bestmögliche erbringen, denn die hohe Qualität stärkt die Zufriedenheit unserer Kunden und fördert unsere Freude an der Arbeit.“ Inhalt zur Verfügung gestellt von: Gerhard J. Ernest, Werbebetriebswirt BAW, Fachjournalist DFJV, Longcopywriter, Ghostwriter 16 | 32 Fachbericht Multisensorische Kommunikation Schlagzeile in einer Kundenzeitschrift, die zum Spenden aufruft „Lieber Körbe füllen als sie in der Bar kassieren!“ Dazugehöriger Slogan: „Die Tafeln. Essen wo es hingehört.“ Schlag- und Unterzeile in einem Kochmagazin für Frauen „Die Schüssel zum Glück. Unser perfekter Sommerbegleiter ist jung, knackig und sehr vielseitig: Er steht auf Ziegenkäse, Hühnchen, Fisch und – unsere Figur. Ach, lieber Salat, was wären wir bloß ohne dich? Hier ein paar tolle Rezepte (...).“ Reflexion im gedruckten Informationsbrief einer Akademie „So habe ich mir das nicht vorgestellt! Immer nur putzen. Als einzige Abwechslung das Kochen. Ich kann mehr, das weiß ich. Gerne würde ich mehr Verantwortung übernehmen. Warum sehen die anderen das nicht?“ Journalistischer Text eines Lifestyle-Hundemagazins „Eine Handvoll BLEIB. Diese fünf Schritte helfen, einem Hund zu erklären, was er eigentlich nicht machen will: allein zurückbleiben, während Frauchen sich entfernt. Doch die Zeit, Geduld und der richtige Trainingsaufbau machen stressfreies Lernen möglich.“ Texte aus einem Kochmagazin für Männer „Sau, lecker! Sind Sie ein echter Kerl am Herd? Dann wagen Sie Sich an unser 4-Gänge-Menü: köstlich, unvergesslich – aber echt anspruchsvoll.“ „Heiliger Bimbam! Drei festliche Gänge für sechs Personen auf Sterneniveau – SIE schaffen das!“ „Schärfer. Sieht cool aus, schreckt Vegetarier ab, macht schlank (nicht, dass Sie das nötig hätten ...) und beweist Geschmack: Das schwarze T-Shirt (...)“ Inhalt zur Verfügung gestellt von: Gerhard J. Ernest, Werbebetriebswirt BAW, Fachjournalist DFJV, Longcopywriter, Ghostwriter 17 | 32 Fachbericht Multisensorische Kommunikation Beispiele für das Geschichtenerzählen auf Lebensmittel-Verpackungen „Ich kann weder essen noch schlafen“, gestand Admiral Horatio Nelson. „Liebste, ich mag nicht einmal mehr Pudding.“ Kennen Sie einen gefühlvolleren und leidenschaftlicheren Vergleich zwischen Gaumenkitzel und Herzeleid? Von Neuromarketing sprach zu Zeiten des legendären Anführers der Schlacht von Trafalgar noch niemand. Doch Horatio schrieb bereits damals aus tiefster Seele überzeugend. Und anrührend! Wer weiß, vielleicht doch aus Kalkül, um seinem Produkt, der aufrichtigen Liebe, Dramatik zu verleihen? Das Essen und Trinken, das Rühren in Töpfen und Hantieren mit Stielpfannen verfolgt uns privat sowie beruflich auf Schritt und Tritt. Buchhandlungen bieten jährlich meterweise Neuerscheinungen rund um die gestärkte weiße Kochmütze und die Schneebesen in Landhausküchen. Digitale ‚Kalorien-Liker‘ wälzen heute bevorzugt Blogs, nutzen Apps oder gönnen sich Kochkurse mit Starköchen zum Entspannen. Fragt sich, wer wohl die Berge an Gluten- und-Co.-geschwängerten Fertiggerichten in die (Online-)Einkaufswägen stapelt? „Macht Storytelling!“, plärrt es heute aus jeder Ecke. Dieser Fachbeitrag liefert Ihnen Impulse, wie Sie durch die gezielte Ansprache aller Sinne deutlich mehr verkaufen können. Weil die Ernährung uns alle betrifft und findige Hersteller fast auf allen Lebensmitteln mit Geschichten um unsere Aufmerksamkeit als Konsumenten buhlen, warten hier einige Beispiele auf Sie, die Sie vielleicht zum haptischen Texten inspirieren. Stellen Sie sich jetzt bitte vor, Sie würden durch die Lebensmittelabteilung ihres LieblingsSupermarktes schlendern. Welche der folgenden Erzeugnisse hätten aufgrund der Produktbeschreibungen eine Chance in Ihrem Einkaufswagen zu landen? Hafergebäck: Sie halten ungewollt einen weißen, dezent bedruckten Karton in der Hand, dessen knuspriger goldbrauner Inhalt Sie durch eine geschmeidige durchsichtige Schutzfolie anlächelt. Seufz. Mündig und als Herr Ihres freien Willens lesen Sie auf der Rückseite der 600-GrammPackung: „Die zarten Plätzchen von Gillebagaren werden in Örkeljunga, einem kleinen Ort im nördlichen waldreichen Teil von Schonen, hergestellt. Sie sind aus besten Zutaten nach alten traditionellen schwedischen Rezepten gebacken. Gesunde Haferflocken werden in vielen von Gillebagarens Sorten mit verarbeitet.“ Fleisch: 08/15-Produkt- und Verarbeitungshinweise waren gestern. Heute gilt stellvertretend für Fleischwarenfachverkäufer, die Kauferlebnisse schaffen: „ (...) mit viel Liebe sorgsam von Hand geschnitten.“ Klingt doch gleich weniger blutig, stimmt’s? Inhalt zur Verfügung gestellt von: Gerhard J. Ernest, Werbebetriebswirt BAW, Fachjournalist DFJV, Longcopywriter, Ghostwriter 18 | 32 Fachbericht Multisensorische Kommunikation Röstkaffee, gemahlen: Ein wirklich haptisches Vergnügen, der matte, griffige Rechteck-Karton. „Sansibar“, ertasten Sie durch die Drucklackierung oben auf dem Deckel. Vorne prangt weiß, hochgeprägt unter zwei gekreuzten Säbeln „SANSIBAR“. Effektvoll in eleganter Typografie darunter lesen Sie: „Caffè FILTRO 100% Arabica.“ Ihr Auge schweift auf drei Zeilen englischer, drucklackierter Schreibschrift, die Vorfreude auf den Inhalt macht: „Eine Mischung edelsten Arabica Kaffees der besten Hochland-Anbaugebiete. Angenehm weiches mildes Klima.“ Harmonisch schließt diese Produkterklärung mit dem Wort „GEMAHLEN“. So sinnlich wie das Äußere lockt das Verpackungsinnere, welches durchgängig mit dem oben beschriebenen Markenlogo bedruckt ist. Der Verschluss des Deckels? Ein elastisches schwarzes Gummiband. Noblesse oblige. 100 g Vollkorn-Natur: Jedes Brot dieser Bäckerei trägt eine Bauchschleife, die Produkt und Fertigung erklärt sowie zur Interaktion mit dem Hersteller einlädt. Die in warmem Braun und Rotton gehaltene Schleife gliedert sich in fünf kleine Textblöcke mit Aussagen wie diesen: „Erlesene Zutaten. Wie im Spitzenrestaurant achten wir peinlich genau darauf, dass wir unsere Backwaren, Snacks und unsere Getränke ausschließlich aus Rohstoffen erster Qualität herstellen. Das fängt beim Mehl an, das wir bei heimischen Mühlen Norddeutschlands beziehen. Wir verwenden hauseigene, dreistufige Sauerteige für mehr Geschmack. Selbst unser Wasser wird mit einem speziell für uns entwickelten, natürlichen Verfahren durch Verwirbelung über Edelsteinen aufbereitet. Unser Meersalz wird ökologisch kontrolliert geerntet. Komplett ohne chemische Zusätze enthält es besonders wertvolle Mineralien und Spurenelemente. Fragen zum Inhalt? Wenn Sie Fragen zu Zutaten, Inhaltsstoffen oder Allergenen haben, fragen Sie bitte unser geschultes Verkaufspersonal, oder informieren Sie sich unter (...).“ Welchen Joghurt würden Sie kaufen? Viele Produkte, die in Regalen, Kühltruhen und Internetläden präsentiert werden, rufen: kauf mich! Die Entscheidung für XY fällt meist schwer. Ob Markenprodukt, Handelsmarke oder Noname, was Appetit macht und oft schon beim Überfliegen der Verpackung den sensiblen Kaufknopf im Kopf drückt, ist T e x t. Hersteller, die Produkte optisch aufwerten wollen, setzen außer mehr oder weniger gelungenen formatfüllenden Abbildungen Text ein, der auch flüchtigen Lesern den subjektiven Mehrwert verdeutlicht. Auf der Internetseite des Handelsverbands Deutschland (HDE) wird berichtet, ein SB-Warenhaus biete durchschnittlich 50.000 Artikel an. In Supermärkten locken etwa 10.000 Artikel zum Kauf. Bei Discountern sind immerhin noch 2.000 Artikel gelistet. Erkennen Sie bei diesem Überangebot den Wert eines Textes? Inhalt zur Verfügung gestellt von: Gerhard J. Ernest, Werbebetriebswirt BAW, Fachjournalist DFJV, Longcopywriter, Ghostwriter 19 | 32 Fachbericht Multisensorische Kommunikation Machen Sie gleich den Text-Blindtest: Welchen der folgenden Joghurts würden Sie kaufen? Wohlgemerkt, Inhalt und Füllgewicht sind bei beiden Produkten identisch. 4 x Bourbonvanille und Sahne: Matter, braun, blau, beige bedruckter Umkarton. Darin vier durchsichtige Joghurtbecher, die Ihnen den Inhalt zeigen. Die landläufige Vorstellung von Vanille und Sahne spiegelt sich in der vorderseitigen Abbildung. Der einzige produkterklärende Text auf der Packungsvorderseite, außer den lebensmittelrechtlichen Angaben: „Bourbon Vanille und Sahne.“ Oder würde eher der folgende Joghurt Ihr Konsumentenherz erobern? Sahne, Pudding, Vanille: Die Vorderansicht dieses Joghurts ist von Farbgebung und Bildaussage her stark reduziert. Sie sehen gelben Vanillepudding in einer Glasschüssel. Darin steckt ein Löffel, der Sie zum Probieren auffordert. Rechts daneben eine Vanilleschote. Im Hintergrund ein mit Milch befüllter Glaskrug. Im Umfeld erkennen Sie zwei arrangierte Vanilleschoten. Der produkterklärende Text, außer den lebensmittelrechtlichen Inhaltsangaben, lautet: „Sahne Pudding Vanille. Aus Milch von ausgewählten Bauernhöfen. Sorgfältig zubereitet. Mit erlesenen Zutaten. Lecker wie immer!“ Übertragen Sie diesen kleinen Ausflug in die üppige Konsumentenwelt bitte auch auf die Akquisition sowie die Bindung oder Rückgewinnung von B2B-Zielgruppen. Checkliste: Wie Sie haptisch texten lernen Sind Sie beim Lesen dieses Fachbeitrags ins Grübeln gekommen? Verstehen Sie jetzt, dass Texte bei der Akquisition und Präsentation, beim Verkauf und Vertrieb eine gewaltige Schlagkraft haben sollten? Wie Sie hier erfahren haben, sprechen Neuromarketing-Experten von einem Umsatzplus von bis zu 60 Prozent. Bingo. Dann sind Sie der gleichen Meinung wie der Neuromarketingexperte Dr. Hans-Georg Häusel: „Unternehmen müssen die Emotionen der Kunden beim Marketing besser berücksichtigen.“ Sie haben bis jetzt viel trockene Theorie über die Vorteile der Nutzung des multisensorischen Marketings erfahren. Außer einigen in der Marketingpraxis bewährten Werkzeugen, über die Sie am Beginn dieses Fachbeitrags lesen konnten, ist auch Text ein wichtiger, wenn auch häufig unterschätzter betriebswirtschaftlicher Faktor. Denn Sprache ist der Klebstoff, der alle multisensorisch möglichen Bestandteile Ihres Marketings erklärt und zusammenhält. Was hält Sie jetzt noch davon ab, Ihren Texten mehr Sinn und Sinnlichkeit zu verleihen? Inhalt zur Verfügung gestellt von: Gerhard J. Ernest, Werbebetriebswirt BAW, Fachjournalist DFJV, Longcopywriter, Ghostwriter 20 | 32 Fachbericht Multisensorische Kommunikation Fangen Sie gleich damit an: Schmieden Sie eine außergewöhnliche Leitidee, die auf den Tastsinn, das Sehen, den Geschmackssinn, auf Gerüche und Geräusche abzielt. Ob B2B- oder B2C-Text, eins gilt immer: Beschaffen Sie sich vor Beginn das aktuelle Marketingmaterial Ihrer Mitbewerber. Bewerten Sie deren Bild- und Text-Wirkung. Analysieren Sie deren Defizite unter dem Blickwinkel des multisensorischen Marketings. Klopfen Sie alles auf Verständlichkeit, den berühmten roten Faden und auf kreative Sprache ab. Leiten Sie daraus mögliche Sprachwirkungs-Defizite ab. Notieren Sie Ansatzpunkte über die Entwicklung Ihrer persönlichen oder einer unternehmerischen haptischen Kommunikation. Prüfen Sie in Ruhe Materialen und Druckmöglichkeiten. Fallweise auch den Einsatz des audiovisuellen oder des Duftmarketings. Bündeln Sie Ihre Ideen, je nach Werbeziel, Budget und Werbemitteln. Denken Sie an die Vernetzung digitaler, gedruckter und weiterer von Ihnen eingesetzter Kanäle. Inhalt zur Verfügung gestellt von: Gerhard J. Ernest, Werbebetriebswirt BAW, Fachjournalist DFJV, Longcopywriter, Ghostwriter 21 | 32 Fachbericht Multisensorische Kommunikation Beziehen Sie alle Informationen, die Sie über Markt, Zielgruppe und haptische Werbemittel rechtzeitig im Vorfeld beschafft haben, in die Entwicklung Ihres multisensorischen Konzepts ein. Stürzen Sie sich nicht Hals über Kopf in die Ausarbeitung oder Produktion, sondern testen Sie Akzeptanz und Wirkung einzelner Texte oder multisensorisch angelegter Konzepte bei Dritten. Achten Sie darauf, dass die gewählte Leitidee konzeptfähig, idealerweise crossmediafähig ist. Lassen Sie sich bei Bedarf von Fachleuten über die Möglichkeiten, Ihre Werbewirkung zu erhöhen, gründlich beraten. Sinnliche Transportmittel wie haptischer Text, Druckveredelung, Audiobranding, Papiergrammatur, Duftpartikel usw. sind komplexe Themen, die gerade bei Multisensorik-Einsteigern viele Fragen aufwerfen. Bauen Sie möglichst einen Dummy Ihres Werbemittels. Oder lassen Sie sich intern oder extern von Kreativen einen herstellen. Gleiches gilt selbstverständlich auch für Internet- und Dialogmarketing, für Messestände sowie persönliche und Event-Kommunikation. Sensibilisieren Sie sich per Moodboard für Ihre Zielgruppe. „Mood“ bedeutet auf Englisch ‚Stimmung, Laune, Gemüts- oder Stimmungslage‘. Karl May, dem legendären Autor der WinnetouRomane, ist es gelungen, in seinen Fantasiereisen schillernde Figuren wie Old Shatterhand zu entwickeln. Der im sächsischen Radebeul geborene May beschrieb im Blindflug Landschaft, Szenen, indianische Stammesrituale, ohne jemals im Wilden Westen gewesen zu sein. Hut ab vor dieser Vorstellungskraft! Sie schätzen sich weniger kreativ ein, wenn es darum geht, sich Ihre Zielgruppe bildlich vorzustellen? Entwickeln Sie ein Moodboard. Außer Inneneinrichtern, Architekten, Film- und Modemachern nutzen auch viele Kreative und Marketer das Moodboard als wichtiges Arbeitsmittel für die optimale Zielgruppenbestimmung. Vorteile: Ihre Zielgruppe wird für Sie sichtbar. Sie spüren förmlich die private oder geschäftliche Alltagswelt, in der sich Ihre potenziellen Kunden aufhalten. Kleben Sie auf einen großen Kartonbogen Zeitungs- oder Magazinausschnitte. Ergänzen Sie die Collage mit Bildern von Gegenständen oder Leistungen, die Sie dieser Zielgruppe verkaufen möchten. Inhalt zur Verfügung gestellt von: Gerhard J. Ernest, Werbebetriebswirt BAW, Fachjournalist DFJV, Longcopywriter, Ghostwriter 22 | 32 Fachbericht Multisensorische Kommunikation Pinnen Sie auf diese Collage die Leitidee oder das Marketingwerkzeug, das Ihre Zielgruppe sensibler anspricht und das Sie zur Entwicklung oder Umsetzung Ihres multisensorischen Konzepts einsetzen wollen. Ordnen Sie prägnante Texte, die Ihre Zielgruppe ansprechen sollen, einzelnen Bereichen zu, in denen Sie die Nutzung des beworbenen Produkts vorstellen. Je lebensnaher Ihr Moodboard wird, desto mehr Fingerspitzengefühl bekommen Sie für die wahren Bedürfnisse Ihrer Zielgruppe. Ergänzen Sie das Moodboard kontinuierlich. Beispielsweise mit Fotos, Materialmustern und geplanten Marketingwerkzeugen. Verwenden Sie dafür Papier, Stoff, Karton usw. So spüren Sie relativ schnell, ob Ihre Idee, die geplante Strategie und die Tonalität Ihrer Worte passend sind. Sie erfassen intuitiv, ob Ihre haptische Kommunikation – oder auch nur die unter Berücksichtigung haptischer Überlegungen entwickelte Textstrategie – greifen wird. Verpacken Sie Text, den Sie plakativ herausstellen möchten, in Tabellen, Listen und Reihenfolgen. Vermeiden Sie Ich- oder Wir-zentrierte Botschaften à la „Wir sind die Nr. 1“. Weg damit! Falls das zutrifft, sollten Sie Alleinstellungsmerkmale im Fließtext untermauern. Hüten Sie sich vor Verallgemeinerungen. Nennen Sie, für welches Segment, welche Branche oder für welche Zielgruppe Ihre USP (Unique Selling Proposition) zutrifft. Argumentieren Sie nie aus Ihrem persönlichen Blickwinkel: Auch nicht aus Unternehmenssicht, sondern immer mit den Augen des Kunden. Unausgesprochene Fragen wie „Was bringt mir das?“ oder „Kann ich diesem Unternehmen trauen?“ kennen Sie bestimmt aus eigener Erfahrung. Legen Sie fest, welche Sinne Ihr Text ansprechen soll: Genießen Sie als Immobilienmakler den Ruf, luxusgewohnten Klienten außergewöhnlich stilvolle Villen, Chalets und alte Landhäuser feilzubieten, ist es wenig sinnvoll, nur auf den Geschmackssinn abzuzielen. Sie verstehen? Verwenden Sie Sprachbilder, die zu Ihrer Zielgruppe passen: Wenn Sie internationale Großreedereien für Containerschifffahrt ansprechen, ist es wenig sinnvoll, Ihre Werbekonstanten wie Konzept, Text und Bild in den Schweizer Alpen anzusiedeln. Außerdem empfiehlt es sich, jeweils nur ein Sprachbild zu verwenden. Inhalt zur Verfügung gestellt von: Gerhard J. Ernest, Werbebetriebswirt BAW, Fachjournalist DFJV, Longcopywriter, Ghostwriter 23 | 32 Fachbericht Multisensorische Kommunikation Unterscheiden Sie rationale und psychologische Versprechen: Ihre Kunden interessieren sich ausschließlich für den Nutzen, den sie bekommen. Angenommen, Sie sind Experte für Gesichtschirurgie und wollen mit VIP-Klienten Ihren OP-Saal auslasten: Erzählen Sie, wie geschmeidig und straff sich die Haut Ihrer Patienten nach dem schönheitschirurgischen Eingriff anfühlt. Betonen Sie auch, dass Ihre Patienten auf andere Menschen danach viel dynamischer, attraktiver und vitaler wirken. Merke: Fakten über Ihre Hightech-OP-Ausstattung sind für Ihre Klientel zweitrangig. Text-Ikone David Ogilvy schrieb: „Das Versprechen, das große Versprechen, ist die Seele der Werbung.“ Streichen Sie Wortballast. Hinterfragen Sie Ihre Sprachmuster: Inspiration zur Auswahl alternativer Wörter geben Ihnen Synonym-Wörterbücher, Recherchen in entsprechenden Internetportalen – oder ein längerer Bummel durch die nächstgelegene Bücherei. Eine bessere kostenlose Sensibilitäts-Schulung für Haptik finden Sie nicht. Tipp: Orientieren Sie sich an Julia Cameron. Die US-Bestsellerautorin und Drehbuchschreiberin weiß: „Schreiben ist wie Atmen. Man kann die Qualität von beidem verbessern.“ Halten Sie Ordnung in Ihren Gedanken: Nur dem aufgeräumten Hirn gelingt es, sich intensiv in die Denkstrukturen, Präferenzen und Bedürfnisse fremder Menschen, ihre Abneigungen und Hemmnisse reinzudenken. „Der Gedanke ist es, der das Wort adelt“, so Gottfried Keller, einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Schriftsteller. Zwingen Sie sich nie dazu, möglichst feinfühlig zu texten: Schlechter Text, der seine Zielgruppe verfehlt, kann sieben Ursachen haben: generell ein mangelndes Schreibtalent des digitalen Bleistifthalters Fehleinschätzung des täglichen Bedarfs der umworbenen Personen zu wenig oder kein Feingespür, um Nutzen und Zusatznutzen des jeweiligen Angebots präzise, aber leserfreundlich zu erklären oberflächliche Recherche Zeitnot Briefings, die erschlagen oder zu dünn sind zu viele Semiprofessionelle oder Quacksalber, die sich dazu befähigt fühlen, das Zustandegebrachte zu verschlimmbessern. Ob Sie sich selbst zu außergewöhnlich sensiblen verbalen Zielgruppentreffern ermahnen oder von Dritten dafür Geld erhalten, vertrauen Sie der Einschätzung des US-Philosophen, Didaktikers und Mathematikers Professor Morris Kline: „Kreativität lässt sich nicht willentlich oder gar durch Opfergaben ‚abrufen‘. Sie scheint sich tatsächlich dann am ehesten einzustellen, wenn der Geist entspannt ist und die Phantasie frei umherschweifen kann.“ Was leiten Sie daraus ab? Genau! Nicht gleich resignieren, aber eigene Grenzen anerkennen. Delegieren Sie entsprechende Textprojekte intern oder extern. Lassen Sie langen Absätzen oder Gedanken kurze folgen. Inhalt zur Verfügung gestellt von: Gerhard J. Ernest, Werbebetriebswirt BAW, Fachjournalist DFJV, Longcopywriter, Ghostwriter 24 | 32 Fachbericht Multisensorische Kommunikation Investieren Sie 100 Prozent Energie in multisensorisches Marketing. Der Versuch, zielgruppenspezifisch, pointiert und sensibel zu texten, führt gelegentlich dazu, dass man sich im Gestrüpp des (Un-)Wesentlichen verliert. Die Liste der zugkräftigsten Nutzenargumente liegt auf Ihrem Tisch, Sie haben sich in unterstützende Fachliteratur eingelesen, vielleicht sogar in das ein oder andere externe Angebot zur Steigerung der Schlagkraft Ihres Text-Talents investiert. Und doch fühlt sich jeder Buchstabe plötzlich bleischwer an. Kennen Sie das auch? Energie auf den Punkt gebracht bedeutet: Je größer das Recherchepaket auf Ihrem Tisch, desto schreibsicherer werden Sie sich fühlen. Je weniger Informationen Sie gesammelt haben, desto mehr werden Sie sich vor der Wirkung Ihrer Worte fürchten. Je mehr Angst Sie davor haben, Ihr Text könne die sinnliche Wellenlänge Ihrer Zielgruppe verfehlen, desto schneller stehen Sie vor dem Erfolg ihres Textprojekts. Erst wenn Sie diese Gefühle selbst zig Mal erlitten haben, dürfen Sie sich auf die Schulter klopfend einflüstern: Mein Text ist auf einem guten Weg. Wenn Sie sich tief in multisensorisches Texten reinknien, werden Sie zuerst während des Schreibens einen Flow spüren und nach getaner Arbeit auch einen auf Ihrem Konto. Oder Ihr Brötchengeber auf seinem. Zwar nicht sofort im gewünschten Umfang, jedoch immer öfter. Das versichert Ihnen der Schreiber dieser Zeilen, der Robert de Niros Einschätzung teilt: „Wirklich gut sein heißt, an eine Sache sein Herz zu verlieren.“ Ein bemerkenswerter Ansporn durch den Schauspieler, zweifachen Oscar-Preisträger und Filmproduzenten, oder? Wählen Sie ein Werkzeug, das beim haptischen Texten ermuntert und hilft. Möchten Sie multisensorisch werben oder sachlich informieren? Planen Sie eine Spendensammlung? Schauen Sie sich um, was Seminaranbieter, Internet und Fachverlage zum Themenkreis Neuromarketing, hypnotische Sprachmuster, Texten generell, neurolinguistischem Programmieren, der NLPSprache und zur Verkaufsrhetorik anbieten. Verwechseln Sie bitte hypnotische Sprachmuster nicht mit reißerischen Offerten, die einreden, man könne im Internet ohne Idee, ohne Kapital, aber mit dem digitalen Produkt XY über Nacht Millionen scheffeln. Lächeln Sie deshalb nicht gleich das vermeintlich günstigste Werkzeug an. Sie werden auf ein unüberschaubares Angebot stoßen. Bewerten Sie in allen Fällen mit Argusaugen das Kosten-Nutzen-Verhältnis. Achten Sie bei didaktischen Angeboten auf Verständlich- und -Umsetzbarkeit in Ihrem Arbeitsalltag. Inhalt zur Verfügung gestellt von: Gerhard J. Ernest, Werbebetriebswirt BAW, Fachjournalist DFJV, Longcopywriter, Ghostwriter 25 | 32 Fachbericht Multisensorische Kommunikation Sprechen Sie Ihre Texte mehrmals laut vor sich hin. Beth Ditto, US-amerikanische Sängerin und Songwriterin, erklärte dem Magazin „Interview“: „Ich mag den Klang von Wörtern.“ Und: „Ich mag es auch, dass Wörter in unterschiedlichen Kontexten ganz andere Dinge bedeuten können.“ Die Diva legt seit frühester Kindheit größten Wert auf sorgfältige Sprache. Das ist auch für SprachHaptiker sehr zu empfehlen. – Sie brauchen für Ihre Hotline zu Ihrem Produkt einen Text, der zur Überbrückung telefonischer Wartezeiten dient? Wählen Sie Worte mit angenehmen Vokalen wie O oder I. – Als Manufaktur, die englische Nobelkarossen tunt, möchten Sie bei über 50-jährigen Herren, die Ihre Werkstat zu 80 Prozent auslasten, bei jedem Öffnen und Schließen des Handschuhfachs ein unvergessliches Audio-Branding einbauen. Verzichten Sie auf Worte! Entscheiden Sie sich für ein unverwechselbares, angenehmes Geräusch. Holprige sowie unschlüssige Texte oder einzelne Passagen enttarnen Sie beim Nachahmen solcher Übungen sofort. Üben Sie während des Schreibens Disziplin und Kampfgeist: Geben Sie sich auch unter Zeitdruck nicht mit den erstbesten Textergebnissen zufrieden. Bedenken Sie, dass auch professionelle Texter, Dialogmarketing-Spezialisten und ideenreiche Conceptioner oft lang über einem gelungenem Skript brüten. Notieren Sie zuerst Inhalte, schreiben Sie danach eine Rohfassung und lassen diese möglichst über Nacht – falls zeitlich machbar, einige Tage – ungelesen liegen. Eine alte Texter-Weisheit besagt: „Text muss gut abhängen.“ Erfahrungsgemäß klärt sich Unausgegorenes oft wie von Zauberhand. Und frische ungewohnte Sichtweisen, die Ihrem Text Präzision, Charme und Witz einflößen, fliegen Ihnen vielleicht auch außerhalb des Büros beim Gärtnern, Tanken oder einem morgendlichen Fußmarsch durch Wald und Wiese zu. Strecken Sie Ihre Fühler überall aus! Denken und formulieren Sie präzise: Ertappen Sie sich dabei, dass Sie statt eleganter oder emotionaler Sätze nur grauen Wortbrei fabrizieren? Dann sind Ihre Gedanken noch unausgegoren. Informieren Sie sich, ob und welchen (firmen-, branchen-, landesspezifischen oder regionalen) Fachjargon Ihre Zielgruppe benutzt. Inhalt zur Verfügung gestellt von: Gerhard J. Ernest, Werbebetriebswirt BAW, Fachjournalist DFJV, Longcopywriter, Ghostwriter 26 | 32 Fachbericht Multisensorische Kommunikation Wählen Sie herkömmliche Termini nur, wenn Sie vermuten, Ihre Zielgruppe verträgt keine Frischzellenkur. Interessant, was der US-Schriftsteller James Thurber dazu sagte: „Genauigkeit in der Kommunikation ist wichtiger denn je in unserer hektischen Zeit, in der ein falsches oder missverständliches Wort genauso viel Schaden anrichten kann wie eine plötzliche unbedachte Handlung.“ Setzen Sie mit Typografie Akzente: Zu Gutenbergs Zeiten und noch Jahrhunderte später galten Lettern, damals hölzerne Schriftzeichen, als Schwarze Kunst. Mit der Digitalisierung der Druckindustrie und wegen des Einzugs von Computern in moderne Schreibstuben wurde der Schrift besonders von Laien nur noch eine untergeordnete Rolle beigemessen. Sie lesen diesen Beitrag, weil Sie sich für 6-Sinne-Marketing interessieren. Sollten Sie für Druckvorlagen, MailingAktionen, Korrespondenz oder auch für digitales Marketing verantwortlich sein, gilt die Empfehlung: Hinterfragen und bewerten Sie die Wirkung Ihrer gedruckten, digitalen und crossmedialen Kommunikation. Beauftragen Sie externe Dienstleister wie Agenturen, Lettershops, Landing-Page-Experten, Designer, Texter oder (Digital-)Druckereien? Binden Sie alle Beteiligten rechtzeitig in die Optimierung Ihres Marketings ein. Besonders wenn es um haptische Werbung oder die psychologisch wirksamste Darstellung Ihrer Texte geht. Eine Studie der Göttinger GeorgAugust-Universität untersuchte die gefühlsmäßige Bild-/Text-Wirkung. Je größer die Schrift einer Botschaft, desto stärker ihre emotionale Wirkung, so das Studienergebnis. – Setzen Sie, wo angebracht, Text kursiv. – Setzen Sie zur Hervorhebung und bei Auflistungen Bullet Points ein. – Strukturieren Sie den Text mit brillanten Zwischenüberschriften. – Gewichten Sie Schlüsselbotschaften durch Großbuchstaben. Messungen der Hirnströmungen zeigen, dass Emotionen auf diese Weise an Bedeutung gewinnen. – Achten Sie bei der Schriftwahl auf gute Lesbarkeit, besonders wenn Sie ältere Menschen anvisieren. – Dramatisieren Sie gekonnt durch Doppelpunkt, Ausrufezeichen und Strichpunkt. – Steigern Sie die Attraktivität Ihrer Texte durch Flatter-, wo passend durch Blocksatz. – Verwenden Sie aus Gründen der Wiedererkennung (Corporate Identity) möglichst wenige, ausgewählte Schrifttypen. Inhalt zur Verfügung gestellt von: Gerhard J. Ernest, Werbebetriebswirt BAW, Fachjournalist DFJV, Longcopywriter, Ghostwriter 27 | 32 Fachbericht Multisensorische Kommunikation – Lassen Sie sich bei Zweifeln von (Druckvorstufen-)Fachleuten oder Designern beraten. Verwenden Sie einheitliche Begriffe und bleiben Sie konsequent bei der favorisierten Tonalität: Käufer von Konsumprodukten, aber auch B2B-Zielgruppen sind schnell genervt, wenn sie ihre kostbare Zeit mit Marketingkauderwelsch vergeuden sollen. Durchforsten Sie deshalb vorhandene Textberge auf Widersprüche und uneinheitliche Verwendung von Begriffen. Sie sollten Produkte und Dienstleistungen auf allen Kanälen einheitlich benennen. Gleiches gilt übrigens auch für Beratung, Telefonate, Webinare und Erklärvideos. Informieren Sie sich über die messbaren Vorteile, die eine Firmensprache (Corporate Wording) bringt. Entwickeln Sie klare, emotionale Konzepte: Printanzeigen, Werbebriefe, Internetpräsenzen, Social-Media-Profile und Co. wirken auf den ersten Blick zwar zeitgeistig und kreativ. Trotzdem schadet die Rückbesinnung auf alte Werberegeln nicht. So wird beispielsweise die Wirkung von Bildern durch eine erklärende Unterzeile gesteigert. – Zielen Sie bei der Entwicklung von Konzepten auf unvergessliche Momente, die sich uns Erdenbürgern fest einbrennen. Das menschliche Gehirn erinnert sich lebenslang an prägende Momente: Geburt des ersten Kindes Hochzeitstag Firmengründung erstes eigenes Auto erster Urlaub Abiturfeier finanziell lukrativer Geschäftsabschluss erster Kindergartenoder Schultag besondere Weihnachtsfeiern usw. Formulieren Sie so, dass der Leser sich in Ihrem Text wiederfindet. Stichwort Kommunikation mit über 50-Jährigen: Stellen Sie im Zusammenhang mit unvergesslichen Momenten beim Texten die Verbindung zu Erinnerungen her, die lange zurückliegen. Als Idee: Lassen Sie Woodstock, das legendäre 1969er Rockfestival, Revue passieren. Wer damals in Bethel (US-Staat New York) nicht dabei war, kennt zumindest den gleichnamigen Kinofilm. So lassen sich Zeitgeist und das Flower-Power-Lebensgefühl einer ganzen Generation mit einem oder zwei Sätzen erklären. Hersteller von Retromode erreichen mit diesem Anker außer älteren mittlerweile auch viele Jüngere, die Gefühlswelten vergangener Tage zum Kult erheben. – Stichwort Handlungs-Aufforderungen: Planen Sie für alle Textformate an passender Stelle Call-to-Action-Elemente ein. Sie bieten über QR-Codes weitere Informationen? Sie loben Gewinnspiele aus? Ihr Ziel ist es, Aktionen viral zu bewerben? Sagen Sie, was Ihre Kunden, Follower, Social-Media- oder Geschäftspartner erwartet. Sagen Sie aber auch, wie all diese Menschen mit Ihnen in Kontakt kommen. Inhalt zur Verfügung gestellt von: Gerhard J. Ernest, Werbebetriebswirt BAW, Fachjournalist DFJV, Longcopywriter, Ghostwriter 28 | 32 Fachbericht Multisensorische Kommunikation – Stellen Sie Ihre zugkräftigsten Argumente oder Ihr Werbeziel Nummer eins jeweils an den Anfang. Ob Whitepaper, Leistungsdarstellung in einer Internetpräsenz oder Werbebrief. Beginnen Sie jeweils mit starken Worten. – Stichwort mobile Werbung: Texte für Smartphones, Mini-iPads, Tablets und Laptops im Handtaschenformat müssen präzise sein. Noch mehr als bei Papierwerbung, StandaloneMailing, Landing Page oder Website gilt hier: kurz, konkret, kaufanregend. Schneiden Sie Wortfett weg. Packen Sie Grund- und Zusatznutzen sowie glutheiße Kaufargumentation hinein. Texten Sie Call-to-Action-stark! – Statt sich über beneidenswert informative Informationsgrafiken Ihrer Mitbewerber zu ärgern, sollten Sie im Rahmen Ihrer Kommunikations-, Text- und Content-Strategie selbst welche einsetzen. Denken Sie dabei an die Wahl richtiger Keywords. Integrieren Sie in Ihren Text häufig verwendete Suchbegriffe für Produkte und Dienstleistungen. Reduzieren Sie den Text für Infografiken auf das Notwendige. – Texten Sie Schlagzeilen und Zwischenüberschriften so, dass diese Neugier auf den Text wecken und einen direkten Bezug zum folgenden Text herzustellen. – Legen Sie Ihre Text-Strategie so an, dass in jedem Absatz oder Textblock jeweils nur ein Gedanke steckt. – Achten Sie besonders bei schwierigen Themen oder umfangreichen Werbemitteln durchgängig auf den berühmten roten Faden. Sprechen Sie Markenpräferenz gezielt an: Nehmen wir an, Sie sind Marketingleiter einer Facheinzelhandelskette für Surf- und Wanderbekleidung. Nehmen wir weiterhin an, Ihre Datenbank erlaubt Rückschlüsse über Marken- und Produktpräferenzen. In diesem Fall ist es empfehlenswert, den Werbetext zu individualisieren. Bei einer Mailingaussendung, die neue Herbst- oder Frühjahrskollektionen vorstellt, sollten Sie die mehrfach von Kunden gekauften Marken per Text in Szene setzen. Verknüpfen Sie Ihre Werbeargumente mit dem Begriff ‚Zeit‘: Neuromarketing-Experte Martin Lindstrom fragte Marketeers: „Wussten Sie, dass allein schon die Erwähnung von Zeit in einer Werbekampagne die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass ein Produkt gekauft wird?“ Derart clevere Argumente haben den Vorteil, dass die Umworbenen eine persönlichere, stärkere Bindung zum Produkt empfinden. Lindstrom leitet daraus ab: Assoziationen, die die Zeit reflektieren, spiegeln die Flüchtigkeit des Lebens. Umworbene würden nach dem Motto ‚Ich sollte mir das besser gönnen, bevor es zu spät ist‘ schneller kaufbereit sein. Inhalt zur Verfügung gestellt von: Gerhard J. Ernest, Werbebetriebswirt BAW, Fachjournalist DFJV, Longcopywriter, Ghostwriter 29 | 32 Fachbericht Multisensorische Kommunikation Als Impuls zwei Branchenbeispiele Lindstroms, wie Sie den Faktor Zeit erfolgreich im Text einbinden können: – Kaffeeanbieter: „Es ist Espressozeit.“ – Kofferhersteller: „Es ist Zeit für einen neuen Satz Rollen.“ Setzen Sie Wörter ein, die angenehme Gefühle hervorrufen: „Wenn etwas leicht zu lesen ist, dann war es schwer zu schreiben“, erkannte der argentinische Schriftsteller Jorge Luis Borges. Was das für Text heißt, der alle Sinne ansprechen soll? Ganz einfach. Tauchen Sie Ihre Botschaften und Werbeziele in emotionale Sprache. Darüber wird viel geforscht. Sprachinhalte werden von Männern, Frauen, Kindern oder älteren Menschen unterschiedlich aufgenommen. Weiterhin werden Sie beispielsweise bei einem Metzgermeister durch gefühlvolle Sprache völlig andere Reaktionen hervorrufen als bei der Inhaberin eines Ayurveda-Hotels. Ungeachtet soziodemografischer Aspekte, trotz Bildungsunterschieden und der Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Kulturkreisen werden Sie durch gefühlvollen Text messbar mehr erreichen als durch langweiligen Text. Wortbeispiele, die positiv und freudig stimmen Glück geborgen Liebe lustig Mutter selig Wochenende treu Urlaub entzückt Baby fleißig Vater mutig Freude friedlich Lust gesund Sex aufgeregt Weihnachtsgeld kostenlos Vermeiden oder streichen Sie negatives Vokabular. Wortbeispiele, die meist Angst, Rückzug oder Vorsicht auslösen: Streit traurig Atomkrieg depressiv Ärger gelähmt Inhalt zur Verfügung gestellt von: Gerhard J. Ernest, Werbebetriebswirt BAW, Fachjournalist DFJV, Longcopywriter, Ghostwriter 30 | 32 Fachbericht Multisensorische Kommunikation Börsenchaos blockiert Sarg vergewaltigt Kindstod unpünktlich Inflation hungrig Schulden sorgenvoll Autounfall bitter Arbeitsloser hässlich Flugzeugabsturz gequält Wecken Sie durch haptisches Texten Urinstinkte: Seit Dinosaurierzeiten entwickelt der Homo sapiens kraft innerer Bilder Angst. Heute flüchten wir nicht mehr vor bestialischen Raubtieren. Sondern aus Angst vor Überarbeitung und davor, bestimmten Karriere-, Umsatz- und Einkommensansprüchen nicht zu entsprechen. Thilo Spahl, Diplom-Psychologe und Co-Autor des Buches „Die Steinzeit steckt uns in den Knochen“, stellt fest: „Körperlich und geistig sind wir bei der Geburt im Grunde mit Menschen identisch, die vor 10.000 oder auch 100.000 Jahren gelebt haben.“ Verständlich, dass in einer Zeit, die uns täglich rund 10.000 Werbekontakten aussetzt, mit zunehmender Tendenz Neuromarketing zur Kundengewinnung eingesetzt wird. Haptisches Texten gelingt Ihnen, wenn Sie Ihre Textstrategie, Tonalität, Konzept und gegebenenfalls das Material sowie die Veredelung gedruckten Werbematerials auf menschliche Urinstinkte ausrichten. Schließlich wird unsere ganze Motivation, gleich zu welcher Handlung, von Urinstinkten gesteuert. Welche menschlichen Urinstinkte Sie beim Texten und Konzipieren gezielt multisensorisch ansprechen sollten, sehen Sie hier: Sexualtrieb Reproduktions- oder Fortpflanzungstrieb Von Geburt an gilt der Sexualtrieb als natürlicher Trieb des Menschen. Überlebenstrieb Selbsterhaltungstrieb Gerät ein Mensch in Gefahr, aktiviert das Gehirn den Instinkt: rette dich! Aber auch Innere und äußere Konflikte werden Kraft dieses Instinkts angesprochen und gelöst. Lerntrieb Forscherdrang, Neugier, Motor zur Weiterentwicklung Inhalt zur Verfügung gestellt von: Gerhard J. Ernest, Werbebetriebswirt BAW, Fachjournalist DFJV, Longcopywriter, Ghostwriter 31 | 32 Fachbericht Multisensorische Kommunikation Kampfinstinkt Aggressionstrieb, Beherrschen- und Besitzen-Wollen Unterwerfungstrieb Selbsterniedrigung, Regulation des Selbstwertgefühls Fürsorge Mutterinstinkt, Nachkommen, Andere Selbstbehauptungstrieb Dominanzinstinkt Herdentrieb Drang, dasselbe wie unsere Mitmenschen zu tun, Verhaltensmuster Schaffenstrieb Arbeitseifer, Energie, Tüchtigkeit, Diensteifer, Tatkraft Texten/schreiben Sie immer mit einer positiven Einstellung: Wahrscheinlich sind die Begriffe Haptik, multisensorisches Marketing, 6-Sinne-Marketing und haptisches Texten für Sie Neuland. Vielleicht wirken diese Möglichkeiten zur Steigerung der Rentabilität Ihres Marketings momentan noch wie ein unüberwindbarer Berg. Bedenken Sie, auch Lohnschreibern wird nichts geschenkt. Nehmen wir mal an, Sie haben Blut geleckt. Das Texten, Konzipieren und Werben nach dieser Checkliste wird Ihnen garantiert messbaren Umsatz-Zuwachs bescheren. Ein letzter Rat für Unentschlossene. Motivieren Sie sich mit Goethes Worten, die der Dichter in „Faust I“ zum Besten gibt: „Ich bin des trocknen Tons nun satt.“ Wohin damit? Plakativ vor Ihre Augen! Inhalt zur Verfügung gestellt von: Gerhard J. Ernest, Werbebetriebswirt BAW, Fachjournalist DFJV, Longcopywriter, Ghostwriter 32 | 32