WOHNEN

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Ein Fest
für
alle Sinne
Der Hamburger Inneneinrichter Thái Công
beherrscht die Kunst, Traditionen mit einem
Augenzwinkern zu interpretieren. Das zeigt auch
diese festlich dekorierte Villa in Pöseldorf
Fotos: Götz Wrage
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Der Frühstückserker
wird zum Weihnachtszimmer und
stimmt auf das
bevorstehende Fest
ein. Die Vorhangstoffe von Dedar und
die Lampe von
Jacques Garcia
interpretieren das
historische Flair
der Villa mit Referenzen an die
Gegenwart. LINKE
SEITE: Bei der Dekoration favorisiert
Thái Công die traditionellen Weihnachtsfarben Rot
und Grün und natürliche Materialien.
Die Kugeln fand
er bei Gerda Hüsch
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OBEN LINKS: Den Einbauschrank im Esszimmer ziert eine Rosette, deren Vorbild
Thái Công an der Hausfassade der Villa entdeckte. Sie findet sich nun als Leitmotiv in vielen Räumen wieder. OBEN RECHTS: Thái Công serviert zu Weihnachten
Truthahn. Der gebürtige Vietnamese, der seit über 30 Jahren in Deutschland
lebt, liebt diesen westlichen Brauch. Das weiß-goldene Service, das ebenfalls die
„Haus-Rosette“ schmückt, gab der Designer bei Sieger by Fürstenberg in Auftrag.
UNTEN: „Weihnachten“, sagt Thái Công, „ist auch das Fest der Liebe.“ Deshalb
kombiniert er zu Moos und Christbaumkugeln wundervolle rote Rosenbouquets
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hái Công lädt zum Essen ein. Oft und
gerne – und immer ist es etwas Besonderes.
Heute bittet der Hamburger Inneneinrichter zu einem vorweihnachtlichen Dinner
nach Pöseldorf in das Domizil des Unternehmers Lucas Meyer. Thái Công hat das
denkmalgeschützte Stadthaus von 1864 vor
zwei Jahren in eine Luxusherberge verwandelt. Seit damals sind er und Meyer Freunde,
das Haus steht Thái Công immer offen.
Einmal kurz geläutet, schon erscheint Thái
Công in der Tür – lächelnd, ganz der charmante Gastgeber, wie immer im Anzug mit
Einstecktuch und Krawatte. Beim Betreten
des Hauses duftet es nach frisch gebackenen
Plätzchen. Jeder Raum ist festlich dekoriert. Die Atmosphäre fühlt sich angenehm
vertraut an. Zugleich kommt man aus dem
Staunen nicht heraus – vor allem nachdem
Thái Công die schwarzen Flügeltüren zum
Esszimmer geöffnet hat. Im wohl spektakulärsten Raum des Hauses hat der Einrichter
zu schweren Samtvorhängen und luxuriösen
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Auf der festlich gedeckten Tafel funkeln
die Kristallgläser
von Saint-Louis, das
Silberbesteck von
Christofle und das
goldene Dekor des
Sieger-by-Fürstenberg-Porzellans im
Schein der Kerzen
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Dem Esszimmer verleihen schwarze
Fensternischen, Samtvorhänge
und die Grastapete mit Kupferfäden
seine intime Noblesse. Der Kristallleuchter ist ein Nachbau aus dem
Spiegelsaal von Versailles. Der goldene
„Sonnenspiegel“ stammt vom amerikanischen Hersteller Baker. Die
luxuriösen Medaillonstühle basieren
auf
Thái Côngs
80 eigenen
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OBEN LINKS: Santa Claus is on the way – das Kaminzimmer schmücken Äpfel,
Tannenzweige, Kerzenlicht und Nikolausstiefel. „Mehr bedarf es nicht,
denn das Interieur ist an sich komplett“, erklärt Thái Công. OBEN RECHTS: Den
Lieblingsraum des Hausherren charakterisiert klassische englische TownhouseEleganz. Der Mix aus Möbeln, Bildern und Büchern wirkt, als gäb’s ihn von jeher,
doch er ist neu komponiert. Für den Überraschungseffekt sorgt Tapete „Chinese
Dragon“ von Osborne & Little. UNTEN: Im Gartenzimmer mit der bequemen
Récamiere hängt über dem Sideboard eine Fotografie der „Verbotenen Stadt“
Kristalllüstern ein opulentes Stillleben aus
Moos, Weihnachtskugeln und roten Rosen
kreiert. Auf der festlichen Tafel funkeln Silber, Kristall und Porzellan im Kerzenschein.
Höhepunkt der Inszenierung ist der herrlich
duftende Truthahn, den Thai Cong später auf
einem Silbertablett servieren wird.
Der erste Eindruck ist: Ich kenne das. Der
zweite: Es wirkt irgendwie doch ganz anders. Thái Công erklärt diese Wirkung so:
„Mit der Weihnachtsdekoration in traditionellem Grün und Rot bediene ich zunächst
die Klischees, erzähle dann aber mit Attributen wie den modernen Baccarat-Vasen
und den Rosenbouquets in Buchsbäumchenform eine ganz eigene Geschichte.“
eschichten erzählen auch die
Räume, die der gebürtige Vietnamese gestaltet, der Anfang der
80er als Zehnjähriger mit seinen
Eltern von Saigon nach Hamburg
kam. Hierfür kombiniert er Materialien und
Möbel aus unterschiedlichen Stilen, Epochen und Kulturen. „Im Mittelpunkt jeder
Wohngeschichte steht jedoch der Bewohner und seine Biografie“, erklärt Thái Công.
Lucas Meyer, der lange in London lebte,
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Auch der Inneneinrichter selbst ist Teil
der Inszenierung.
Passend zur Tapete
von Dedar trägt er
einen schwarz-weißen
Anzug. Die Leuchten
von Jacques Garcia,
die das dreistöckige
Treppenhaus illuminieren, entdeckte
Thái Công im Hotel
„Victor“ in Miami
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OBEN LINKS: Auch im Schlafzimmer setzt sich das schwarz-weiße Farbschema fort.
Der Lampenfuß aus Büffelhorn und der lederbezogene Nachttisch sind Eigenkreationen des Interiordesigners, die sein Faible für natürliche und zugleich exquisite
Materialien zeigen. OBEN RECHTS: In Marmor schwelgen – im Bad setzt Thái Công
auf luxuriöse Exzentrik. Über der von ihm entworfenen Badewannne zieht eine Fotografie von Mario Testino die Blicke auf sich. UNTEN: Wie Paradiesvögel den klassischen englischen Stil beflügeln können – im Ankleidezimmer bringt die Tapete
„Grove Garden“ von Osborne & Little asiatische Akzente ins Spiel
wünschte sich eine Einrichtung, die das historische Flair eines viktorianischen Stadthauses
mit heutigem Zeitgeist vereint. Zudem sollte das Thema „Schwarz-Weiß“ verwirklicht
werden. Heraus kamen vielschichtige Räume, die wirken, als wären sie schon immer
da gewesen – gäbe es nicht Überraschungselemente wie die modernen Tapeten von Dedar,
Schwarz-Weiß-Fotografien oder grafische Möbel als Referenzen an die Gegenwart. hái Côngs Interieurs bewegen sich
wie sein Leben im Spannungsfeld von Tradition und Zeitgeist,
aber auch von europäischem und
asiatischem Kulturkreis. Davon erzählt auch sein „neues“ zweites Zuhause:
ein frisch renoviertes Kolonialhaus in Saigon. Dort wird der in Deutschland aufgewachsene Buddhist dieses Jahr Weihnachten feiern: „Mit vielen Freunden, festlicher
Dekoration – und ja, ich werde ebenfalls
einen Truthahn servieren.“
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INFO Thái Công, Eppendorfer Weg 161–
165, 20253 Hamburg, Tel. 040-4903311,
www.thaicong.com
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Wir danken Nanne Beil, Gerda Hüsch und dem „Landhaus Scherrer“ für die freundliche Unterstützung
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Mäander treffen auf
Rauten – und doch ist
der Gesamteindruck
harmonisch. „Dafür
gibt es keine Formeln“,
sagt Thái Công selbstbewusst. „Stil muss
man haben, den kann
man nicht erwerben“
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